Wir sprechen jede Woche mit Zeitgenossen, die auf einen besonderen Lebensweg zurückblicken: Sie sind Aktivist*innen, Künstler*innen oder Forscher*innen. Sie haben Zeitgeschichte erlebt und geprägt – und sie haben viel zu erzählen.
Ute Cohen: „Experimente sind immer wert, gelebt zu werden“
Von der Opulenz des Barock bis zum Minimalismus der Molekularküche: Ute Cohen untersucht in ihrer Geschichte der Kulinarik den „Geschmack der Freiheit“ – wie die europäische Restaurantkultur entstand und was sie uns heute bedeutet. In Paris war sie als Kommunikationsberaterin lange für amerikanische Unternehmensberatungen tätig. „Poor Dogs“ heißt ihr Roman über Menschen im Finanzkapitalismus, wo alles, auch das Privatleben, einer Kosten-Nutzen-Rechnung folgt. Und Business-Modelle selbst das Liebesleben prägen: „Sex war auch nichts anderes als Körperpflege“. Ute Cohen lebt in Berlin.
10/19/2024 • 44 minutes, 14 seconds
Mwangi Hutter: „Unterschiede sind Projektionen, die einem auferlegt werden“
Mwangi Hutter ist ein Künstler-Duo mit einer Persönlichkeit: „die Geschichte zweier Individuen, die zu einem Künstler verschmelzen“. So stellt sich das Paar auf seiner Website vor. In ihrer Kunst zeigen Mwangi Hutter, wie konventionelle Vorstellungen von Identität und Geschlecht, sozialer und kultureller Herkunft überwunden werden können. Geboren in Nairobi und in Ludwigshafen am Rhein, haben sich die beiden während des Studiums in Saarbrücken kennengelernt. Ihre Arbeiten wurden bei der documenta, bei der Biennale von Venedig, im Brooklyn Museum New York und im Centre Pompidou Paris gezeigt.
10/12/2024 • 43 minutes
Mirjam Zadoff: „Es gibt eine immer größere Gewaltbereitschaft“
Auf welche Erzählung kann sich eine Gesellschaft verständigen? Vor allem, wenn Menschen zusammenleben, die sehr unterschiedliche Erfahrungen mit Krieg oder Diskriminierung gemacht haben, in der eigenen Biografie und/oder in der Familie? „Gewalt und Gedächtnis“ heißt das Buch, in dem die Historikerin Mirjam Zadoff der Möglichkeit einer gemeinsamen Erinnerungskultur nachgeht. Als Direktorin des NS-Dokumentationszentrums in München war zuletzt die Kontinuität rechter Gewalt ein Schwerpunkt ihrer Arbeit: wie Rechtsextreme dadurch von 1945 bis heute versucht haben, ein Klima der Angst zu schaffen.
10/5/2024 • 44 minutes, 9 seconds
Ilko-Sascha Kowalczuk: „Wir brauchen wieder positivere Erzählungen in diesem Land“
Mit dem Mauerfall erlitten die Menschen in Ostdeutschland einen „Freiheitsschock“ – meint der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk. Und nennt so sein neues Buch mit dem Untertitel „Eine andere Geschichte Ostdeutschlands von 1989 bis heute“. Den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes 1990 und die Transformation des sozialistischen Staats in eine Demokratie mit kapitalistischer Wirtschaft bezeichnet er als „Übernahme“ durch die Bundesrepublik. Mit sozialen Narben, Entwertungen von Biografien und antidemokratischen Ressentiments, die bis heute in Ostdeutschland nachwirken.
10/3/2024 • 43 minutes, 40 seconds
Christian Baron: „Soziale Ungleichheit hat mich schon immer aufgeregt“
„Ein Mann seiner Klasse“. Heißt der Roman, den Christian Baron über seinen Vater schrieb. Vor allem über seine eigene Kindheit in Kaiserslautern. Was es bedeutet, in Armut aufzuwachsen. Deshalb diskriminiert zu werden. Und in einem reichen Land von Behörden quasi keine Hilfe zu bekommen. Wie er es schaffte, als erster seiner Familie die Armut zu verlassen, aufs Gymnasium zu gehen und Journalist zu werden. Warum das nur mit Glück gelang. Und mit Menschen, die an ihn glaubten. Als läge Döblins „Berlin Alexanderplatz“ in der Pfalz. Der SWR hat „Ein Mann seiner Klasse“ jetzt für die ARD verfilmt.
9/28/2024 • 44 minutes, 13 seconds
Lisa Weeda: „Die bombardieren alles kaputt“
Wie blickt man auf die Ukraine, wenn man eine eigene Geschichte mit ihr hat – mit einer Großmutter, die in Luhansk aufwuchs, 1942 von Deutschen deportiert und als Zwangsarbeiterin missbraucht wurde? „Aleksandra“ heißt das Jahrhundertpanorama, in dem die niederländische Autorin und Virtual-Reality-Regisseurin Lisa Weeda sich auf die Suche macht.
9/21/2024 • 44 minutes, 28 seconds
Ebele Okoye: „Ich bin eine Nomadin, immer noch“
Ebele Okoye hat einen weiten Weg gemacht: 1969 mitten im Bürgerkrieg Nigerias in großer Armut geboren, gelang ihr 2000 die legale Einwanderung nach Deutschland. Ab 2003 studierte sie in Köln ihr Wunschfach Trickfilm- und Animationszeichnerin. Heute nennt man sie „Mother of African Animation Movie“: die erste Trickfilmerin aus einem afrikanischen Land. Bekannt auch für ihre Social-Media-Videos. Seit Jahren engagiert sie sich in der Frauen- und Nachwuchs-Förderung, in Berlin wie in Lagos. Ein Gespräch über kindliche Einsamkeit im Dschungeldorf, zerlegte Radios und die Kraft der Fantasie.
9/14/2024 • 44 minutes, 7 seconds
Teresa Präauer: „Jedes Abendessen ist auch eine Versuchsanordnung“
Kochen im falschen Jahrhundert. Wie das geht, zeigt die Schriftstellerin Teresa Präauer in ihrem gleichnamigen Roman. Das Buch enthält viele Rezepte. Auch Kochrezepte. Vor allem aber Möglichkeiten – fast Anleitungen – wie man Leute einlädt und bewirtet. Wie Überraschungen entstehen. Situationen entgleisen. Und woran alles scheitern kann. Letztlich ein Abendessen mit Gästen in verschiedenen Variationen, als wär‘s ein Kammerspiel mit einer Vorliebe für Konjunktive. Und mit sehr viel Witz. Teresa Präauer hat Kunst studiert. Deshalb auch den Einband des Romans selbst gestaltet. Sie lebt in Wien.
9/7/2024 • 43 minutes, 46 seconds
Antje Boetius: „Unser Ozean ist immer noch dieser fremde Planet“
Das Meer. Für die Meeresbiologin Antje Boetius ist es vor allem die Tiefsee – eine geheimnisvolle Welt mit vielen Unbekannten. „Das dunkle Paradies“ nannte sie das Buch, das sie mit ihrem Vater darüber schrieb. In dem sie die Kindheit der Ozeane schildert. Das komplexe Ökosystem der Meere erklärt. Und weshalb Wasser nicht einfach nur Wasser ist. Sie ist selbst in 3.500 Meter Tiefe getaucht. Leitet das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Forscht zu Methan am Meeresboden. Und warnt davor, dass es die Klimakrise beschleunigt, wenn man es freigesetzt. Als Kind wollte sie Piratin werden.
8/17/2024 • 44 minutes, 28 seconds
Linus Giese: „Ich würde nie sagen, ich bin im falschen Körper geboren“
Das erste Mal oben ohne im Freibad – für Linus Giese war das „ein befreiendes Gefühl“. Oben ohne heißt in seinem Fall nicht nur ohne Shirt, sondern auch ohne Brüste. Die hat er sich nach langer und intensiver Überlegung abnehmen lassen. „Tatsächlich fühlt sich mein Leben wie eine Wiedergeburt an. Oder vielleicht sogar wie eine Neugeburt“. Schrieb er damals in seinem Blog. Sein Leben als trans Mann und sein Coming Out teilt der Buchhändler mit über zwanzigtausend Followern auf Instagram. Und er erzählt davon in seinem Bestseller „Ich bin Linus. Wie ich der Mann wurde, der ich schon immer war“.
8/3/2024 • 44 minutes, 8 seconds
Axel Smend: „Es ist schrecklich, vor einem Kranz der AfD zu sitzen“
Sein Vater gehörte zum Kreis der Widerstandskämpfer: Günther Smend war Offizier im Generalstab der Wehrmacht und versuchte – erfolglos – seinen Vorgesetzten zu überzeugen, sich am Staatsstreich vom 20. Juli 1944 zu beteiligen. Dafür wurde er zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee als Mitwisser hingerichtet. Da war Axel Smend vier Monate alt. Mit dem Widerstand gegen Hitler beschäftigt sich dieser seit seiner frühen Jugend. Seit Jahren beunruhigt ihn der Versuch der AfD, das Erbe der Verschwörer vom 20. Juli 1944 zu vereinnahmen. „Mich freuen die Demonstrationen gegen rechts“.
7/20/2024 • 42 minutes, 44 seconds
Klaus Kufeld: „Jede Reise ist ein Umweg zu sich selbst“
Reisen müssen für Klaus Kufeld nicht in die Ferne führen. Es sind auch „Nahreisen zu Bäumen“ möglich. Sogar eine „Reise zu einer Zikade“ hat er unternommen. Und sie als Abenteuer erlebt. Denn wie die Zikade mit ihren Scheren das Geräusch des Südens produziert, kann nur sehen, wer sich ihr langsam und behutsam nähert. „Als wäre ich nicht dagewesen“. Für Klaus Kufeld ist dieses Sich-Zurücknehmen, das empathische Reisen, die Zukunft. Außerdem ein „Versuch gegen das Missverstehen des Fremden“. Insgesamt eine Utopie. Bis 2018 leitete er als Gründungsdirektor das Ernst-Bloch-Zentrum in Ludwigshafen.
7/19/2024 • 43 minutes, 51 seconds
André Raatzsch: „Ich bin ein Roma-Intellektueller der dritten Generation“
„The Roma Image Studio“. Nennt André Raatzsch das Projekt, mit dem er gängige Klischees korrigieren möchte, die sich gegen Roma und Sinti richten. „Wir müssen lernen, Menschen nicht klassifizierend oder rassifizierend zu sehen“. Im RomArchive für Künste und Kulturen der Sinti und Roma ist er Kurator für Bilderpolitik. Und leitet das Referat Dokumentation im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Als Künstler nahm er 2007 am ersten Roma-Pavillon der Venedig-Biennale teil. Geboren wurde er 1978 in Ilmenau, Thüringen. Ein Gespräch zum 80. Jahrestag des Genozids.
7/13/2024 • 44 minutes, 32 seconds
Shida Bazyar: „Ich hatte nie dieses Gefühl von Zerrissenheit“
Als Tochter politischer Flüchtlinge aus Iran thematisiert Shida Bazyar immer wieder Erfahrungen mit Rassismus und Sexismus in ihren Romanen – auch Repressionen in Iran.
7/6/2024 • 44 minutes, 22 seconds
Najem Wali: „Ich durfte den Feind nicht als Mensch zeigen“
„Stadt der Klingen“. So heißt der erste in deutscher Sprache verfasste Roman von Najem Wali. Über den „Dolch der Liebe“. Vor allem über Auswanderung und Flucht. Und wie ein Unrecht Familien verändern kann. Geboren wurde Najem Wali 1956 in der irakischen Öl-Stadt Basra. Er studierte Germanistik in Bagdad. Wurde zu Beginn des Irak-Iran-Kriegs zum Militärdienst eingezogen. Desertierte nach Deutschland. Schrieb 1989 seinen ersten Roman „Der Krieg im Vergnügungsviertel“. Lebt heute in Berlin. Und ist Vize-Präsident des PEN-Zentrums Deutschland und Beauftragter des Programms „Writers in Prison“.
6/29/2024 • 44 minutes, 23 seconds
Steffen Mau: „Es gibt neue Verwerfungen im Ost-West-Verhältnis“
Die deutsche Gesellschaft – gespalten? Diese Vorstellung sei überzogen. Meint der Soziologe Steffen Mau. Und spricht stattdessen von „Triggerpunkten“ – Reizthemen wie Genderdebatte, Migration, Klimakrise und Klassismus, mit denen sich öffentliche Debatten schlagartig verschärfen. Aufgewachsen ist Steffen Mau – geboren 1968 in Rostock – in der Plattenbau-Siedlung „Lütten Klein“, wo er später gesellschaftliche Verwerfungen analysierte. In seinem neuen Buch „Ungleich vereint“ beschreibt der Leibniz-Preisträger, „warum der Osten anders bleibt“. Steffen Mau ist Professor an der HU Berlin.
6/22/2024 • 44 minutes, 27 seconds
Sophia Fritz: „Ich hätte gerne entspannte Frauen um mich herum“
Zuletzt sorgte Sophia Fritz mit ihrem Buch „Toxische Weiblichkeit“ für Aufsehen: über Verhaltensmuster von Frauen im Patriarchat.
6/15/2024 • 44 minutes, 1 second
Ofer Waldman: „Meine Erzählung der Welt gelingt mir nicht mehr“
„Man glaubt immer, der Krieg frisst die Menschen nur da, wo er stattfindet. Aber er frisst alle, die ihn spüren“. In einer solchen Zeit müsse man unbedingt das Leid der anderen wahrnehmen. Schreibt Ofer Waldman im Blog „Gleichzeit“, einem Dialog mit der Schriftstellerin Sasha Maria Salzmann, den die beiden direkt nach dem Terror der Hamas am 7. Oktober 2023 begonnen haben. Waldman war Hornist im „West-Eastern Divan Orchestra“, das israelische und arabische Musiker vereint. Schrieb darüber den Erzählband „Singularkollektiv“. Lebte lange in Berlin. Und jetzt als Autor wieder in Israel.
6/8/2024 • 44 minutes, 12 seconds
Anne Duk Hee Jordan: „Andere Ökosysteme sind viel wichtiger als wir“
Sie kreiert „essbare Tischlandschaften“, in denen alles kompostierbar ist, auch der Teller aus Birkenrinde. Zeigt in ihren raumfüllenden Installationen Sexualpraktiken in Unterwasserwelten, wo Schnecken Penisse abschießen und Fische ihr Geschlecht wechseln. Insgesamt Ökosysteme, in denen Lebewesen symbiotisch kooperieren. Außerdem lässt sie Roboter mit „Artificial Stupidity“ planlos durchs Museum fahren. Alles, damit wir unser Verhältnis zum Leben auf der Erde ändern. Anne Duk Hee Jordan, geboren 1978 in Korea, aufgewachsen in der Südpfalz, ist Professorin für Medienkunst an der HfG Karlsruhe.
6/1/2024 • 44 minutes, 27 seconds
Christoph Bangert: „Wir müssen die harten Realitäten der Kriege zeigen“
„War Porn“ heißt sein bekanntestes Fotobuch. Von 2005 bis 2007 dokumentierte er für die „New York Times“ den Irakkrieg, danach den Feldzug in Afghanistan. Oft mit schockierenden Bildern. Und mit der Frage: „Produziere ich Kriegs-Pornografie?“ In „War Porn“ zeigte er schließlich Fotos, die von den Redaktionen nicht veröffentlicht wurden. Um eine Debatte anzustoßen, welches Bild sich Medien-Nutzer*innen vom Horror des Krieges machen – jenseits von Symbolbildern der Zerstörung. Geboren wurde Christoph Bangert 1978 in Daun in Rheinland-Pfalz im Landkreis Vulkaneifel, einem Standort der Bundeswehr.
5/18/2024 • 44 minutes, 5 seconds
Helena Waldmann: „Man muss wendig genug sein, um überleben zu können“
„Feierabend! Das Gegengift“ Heißt ein legendärer Abend von Helena Waldmann, mit dem sie dem Publikum beibringen wollte, wie man richtig feiert. Und weniger arbeitet. Immer wieder hat sie weltweit Tanzfilme realisiert, unter anderem in Iran, Thailand und Brasilien. Oft setzt sie sich dabei mit brisanten Themen auseinander, wie Ausbeutung („Made in Bangladesh“) und Demenz („Revolver besorgen“). Und macht daraus politisches Tanztheater. Helena Waldmann gilt als eine der wichtigsten Tanz-Regisseurinnen in Europa. In ihrem neuen Projekt „Berliner Hungerspiele“ wird Überlebenskunst selbst zur Kunst.
5/11/2024 • 44 minutes, 24 seconds
Kurt Tallert („Retrogott“): „Es ist wichtig, dass wir Freiheiten nicht rumliegen lassen“
„Retrogott“. Unter diesem Namen prägt Kurt Tallert mit seiner Sprachakrobatik seit mehr als zwanzig Jahren die deutsche Hip-Hop-Szene. Was seinen Fans weniger bekannt sein dürfte: Sein Vater Kurt Tallert wurde von der NS-Diktatur 1944 als sogenannter „Halbjude“ inhaftiert. Überlebte im Gestapo-Gefängnis. Wurde dann Journalist. Und war von 1965 bis 1972 als SPD-Politiker Mitglied des Deutschen Bundestags. In „Spur und Abweg“ erzählt der Sohn Kurt Tallert, heute 38 Jahre alt, die Verfolgungsgeschichte seiner Familie – bis zurück zur jüdischen Urgroßmutter. Und was das alles mit ihm zu tun hat.
5/9/2024 • 44 minutes, 16 seconds
Sarah Stricker: „Ich sehe meine Zukunft auf jeden Fall in Israel“
Wie sich der Alltag in Israel seit dem Terroranschlag der Hamas Anfang Oktober 2023 verändert hat, erfährt die Schriftstellerin und Journalistin Sarah Stricker jeden Tag. Geboren wurde sie 1980 Speyer. Seit 2009 lebt sie in Tel Aviv. Und hat 2014 während des Gazakriegs und der damaligen Bedrohung durch die Hamas für die Süddeutsche Zeitung ein Tagebuch geschrieben. „Sirene am Morgen“ beginnt ein Eintrag – „Sag ja zu Humus, sag nein zur Hamas“ steht im Imbiss. Dabei hat sie eigentlich anderes zu erzählen: Ihr erster Roman „Fünf Kopeken“ handelt von der Emanzipationsgeschichte einer jungen Frau.
5/4/2024 • 43 minutes, 14 seconds
Mona Ardeleanu: „Mir ist das Unheimliche ganz wichtig“
„Ich habe große Freude daran Fallen zu stellen“
Eine Manipulation der Wirklichkeit und very tricky: Mona Ardeleanu malt blau-weißes Delfter Porzellan so, als wäre es ein Tuch mit Faltenwurf. Und würde vor einfarbigem Hintergrund schweben. Irgendwo im kosmischen Nichts. Immer unheimlich. Alles auf ihren Gemälden ist realistisch dargestellt – aber nichts ist so in der Realität zu finden. Allerdings verwendet sie auch Muster rumänischer Stoffe. Und die verweisen auf ihre persönliche Geschichte: Mona Ardeleanu wurde 1984 als Kind rumänischer Einwanderer in Lörrach geboren, kommt eigentlich von Comic und Graffiti. Und lebt heute in Stuttgart.
5/1/2024 • 40 minutes, 26 seconds
Anna Staroselski: „Wir erleben eine ganz andere Dimension des Judenhasses“
„Ich möchte nicht akzeptieren, dass künftige Generationen immer noch in Angst in Deutschland leben“. Anna Staroselski, 1996 in Stuttgart geboren, ist Sprecherin des Vereins „WerteInitiative. jüdisch-deutsche Positionen“. Und begann früh, sich für politische Ziele und gegen Antisemitismus zu engagieren. Erst im Jugendrat der Stadt, später als Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland. „Das prominenteste Gesicht der jungen, jüdischen Generation“ hat die FAZ sie genannt. Sie versteht sich als Zionistin. Mit Extremismus habe das nichts zu tun, sondern mit jüdischer Emanzipation.
4/27/2024 • 44 minutes, 14 seconds
Renate Bender: „Mich fasziniert die Reduktion und das Meditative“
Konkrete Kunst ist die einzige Avantgarde des 20. Jahrhunderts, die überlebt hat – auch von jüngeren Künstler*innen wird sie bis heute praktiziert. Zugleich ist sie eine Nachkriegsmoderne, die als Gebrauchsgrafik auch die Alltagsästhetik prägte, etwa im Logo der Deutschen Bank, gestaltet vom Konkreten Künstler Anton Stankowski. Oder ehemals auf der Plastiktüte von Aldi Nord – entworfen von Günter Fruhtrunk. Renate Bender trägt mit ihrer Münchner Galerie stark dazu bei, dass die Konkreten Gegenwartskunst bleiben. Dabei hat sie sich erst spät dazu entschieden, Galeristin zu werden.
4/20/2024 • 43 minutes, 58 seconds
Thomas Röthel: „Ich behaupte, ich kann im Stahl denken“
Thomas Röthel ist einer der erfolgreichsten Stahlbildhauer in Deutschland. Manche seiner tonnenschweren Skulpturen scheinen regelrecht zu schweben. Immer bringt er Stahl in Bewegung. „Schichtung“, „Balance“, „Dialog“ oder „Vertikale Entwicklung“ heißen seine abstrakten Skulpturen. Poetisch wirken sie vor allem, wenn sie in einer Landschaft stehen und mit Naturformen kontrastieren. Zu seinem Erfolgsprogramm gehört auch, dass Thomas Röthel nachhaltig produziert – und oft Recyclingmaterial benutzt. Ab 2027 will der Bildhauer ausschließlich mit CO2-neutralem Stahl aus der Dillinger Hütte arbeiten.
4/13/2024 • 39 minutes, 22 seconds
Sookee: „Ich will mich keiner Leistungslogik hingeben“
„Dieser Track will was bewegen“. Als Rapperin steht Sookee gegen Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und Homophobie auf. Auch gegen Machos im Hip-Hop. Zum Beispiel in Songs wie „Pro Homo“ und „Queere Tiere“. 1983 wurde Sookee als Nora Hantzsch in Mecklenburg geboren. Ihr Vater war Wehrdienstverweigerer in der DDR. 1986 reiste die Familie nach West-Berlin aus. Zunächst war Sookee in der Graffiti-Szene unterwegs. 2015 offizielle „Botschafterin gegen Geschlechterdiskriminierung“ des Bundes. 2020, als sie ihre Rap-Karriere beendete, erhielt sie für ihr Engagement den Clara-Zetkin-Frauenpreis.
4/6/2024 • 44 minutes, 26 seconds
Benno Fürmann: „Ich habe eine Komödie, ein Riesendrama, einen Abenteuerfilm in mir“
Benno Fürmann ist Bergsteiger. Ja, auch das. In den Bergen, überhaupt in der Natur findet er Ruhe, Entschleunigung und zu sich selbst – letztlich alles dank Meditation. Insgesamt „viel innere Arbeit“. „Unter Bäumen“ heißt das Buch, das Benno Fürmann darüber mit Philipp Hedemann geschrieben hat. Vor allem jedoch ist er Schauspieler. Einer der Großen des deutschen Films. Bekannt etwa durch Christian Petzolds Film „Wolfsburg“. Legendär bereits 1998 in der Rolle als Boxer Bubi Scholz. 2003 feierte Benno Fürmann sein Hollywood-Debüt. Heute interessieren ihn auch leise Töne: als Lyrikrezitator.
4/1/2024 • 44 minutes, 23 seconds
Florence Gaub: „Es ist ein Irrglauben, dass Frieden auf friedliche Art kommt“
„Die Zukunft ist alles, was wir uns über sie vorstellen können“. Sagt die deutsch-französische Politikwissenschaftlerin Florence Gaub. In ihrem Bestseller „Zukunft. Eine Bedienungsanleitung“ plädiert sie für einen positiven Umgang mit dem, was auf uns zukommt. Trotz aller Krisen. Und entwickelt seit Jahren Szenarien. Zum Beispiel für die EU den Report „Global Trends to 2030“. Als Militärstrategin und Direktorin des NATO-Defense College in Rom beschäftigt sie sich auch damit, wie Konflikte erzählt werden. Und Narrative sich auf die Kriegsführung auswirken. Im Nahen Osten wie in der Ukraine.
3/30/2024 • 44 minutes, 16 seconds
Michael Triegel: „Wir dürfen das Abendland nicht den Brandstiftern überlassen“
„Sie sind also jetzt mein Raphael“. Sagte Papst Benedikt XVI., als er Michael Triegel begegnete, bevor dieser ihn 2010 porträtierte. Der Leipziger Maler war schon damals der wichtigste Künstler in Deutschland, der religiöse Motive in altmeisterlicher Manier darstellt. Und christliche Themen dabei neu interpretiert, oft mit drastischer Symbolik. Etwa wenn er Jesus beim Abendmahl gesichtslos zeigt – vereinsamt und verlassen. Oder das Lamm Gottes als gehäutete Kreatur. Fast immer malt er im Glauben auch den Zweifel. Bewusst in der Tradition des Abendlandes. 2014 ließ er sich katholisch taufen.
3/29/2024 • 44 minutes, 24 seconds
Dana Grigorcea: „Kunst ist für mich eigentlich immer ein Fremdgehen“
Diese Schriftstellerin erfindet sich mit jedem Buch neu: Die in Bukarest geborene Dana Gigorcea schrieb Reiseerzählungen und einen Schelmenroman, ließ Dracula in ihrem preisgekrönten Roman „Die nicht sterben“ wiederauferstehen, veröffentlichte Kinderbücher und begleitet im neuen Prosawerk „Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen“ einen Bildhauer im New York der 1920er Jahre. Was alle Bücher eint: Eine erstaunliche Fabulierlust und selbst bei ernsten Themen ein Gespür für die humoristische Fallhöhe. Dana Gigorcea schreibt seit 2003 ausschließlich auf Deutsch. Sie lebt und arbeitet in der Schweiz.
3/23/2024 • 44 minutes, 24 seconds
Viron Erol Vert: „Ich schaffe Rahmenbedingungen, wie Menschen sich begegnen können“
Mit seiner multikulturellen Prägung, einer griechisch-türkisch-italienisch-deutschen Migrationsgeschichte und einer langen Erfahrung als Türsteher im Berghain kreiert Viron Erol Vert Räume der Reflexion. Zum Beispiel in der Installation „Dreamatory“, einem öffentlichen Traumlabor, wo man sich einer Außenwelt voller Krisen und Kriege entziehen kann. Um von einer Gemeinschaft der Nicht-Angst zu träumen. Ohne Hass, Ausgrenzung und Paranoia. Bei all seinen Projekten in der Kunsthalle Mannheim, der Kunsthalle Baden-Baden, in Berlin, Frankfurt oder Istanbul arbeitet der Künstler ohne Galerie.
3/16/2024 • 43 minutes, 15 seconds
Christina Clemm: „Frauenhass wird bagatellisiert“
„Gegen Frauenhass“ heißt das aktuelle Buch der Strafverteidigerin Christina Clemm. Der Titel ist Programm. Schon in „AktenEinsicht“ erzählt sie Geschichten von Frauen, die körperlicher und sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren: in der Familie, bei der Arbeit, beim Arzt oder auf offener Straße. Ein alltägliches Phänomen: Jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau, weil sie von ihrem (Ex-) Partner umgebracht wird. Zentral ist für Christina Clemm die Frage: Wie können Frauen Selbstachtung und Selbstbestimmung wiedererlangen? Studiert hat sie in Freiburg und Berlin, wo sie heute lebt.
3/9/2024 • 45 minutes, 17 seconds
Joséphine Sagna: „Ich will Schwarze Frauen empowern“
„Grundsätzlich geht’s in meinen Arbeiten um die Identifikationsfrage einer Schwarzen Frau in einer weißen Mehrheitsgesellschaft“. Joséphine Sagnas Gemälde Schwarzer Frauen sind groß, laut, leuchtend, farbig, expressiv, emotional. Ein gesellschaftspolitisches Statement. Und pures Empowerment. Sie heißen „teach optimism“, „smash it“, „all eyes on me” oder „on my terms“. Joséphine Sagna, 1989 in Stuttgart geboren und in Ulm aufgewachsen, sagt über sich selbst: „Ich bin keine Künstlerin, die vorsichtig arbeitet“. Sie lebt und arbeitet in Südfrankreich.
3/2/2024 • 41 minutes, 24 seconds
Tijan Sila: „Meine Erfahrung mit Krieg ist der Verlust von Vertrauen“
Was macht die Erfahrung von Krieg und Gewalt mit jungen Menschen? Und welche Folgen hat sie ein Leben lang? Der Autor Tijan Sila, geboren in Bosnien, erlebte als Jugendlicher die Kriege in Ex-Jugoslawien. 1994 flüchtete die Familie während der Belagerung Sarajevos nach Deutschland. Da war er 12. Schon in seinem Debüt-Roman „Tierchen Unlimited“ und zuletzt wieder in „Radio Sarajevo“ beschreibt er „die Geschichte meiner Kindheit und meines Krieges“: zwischen Blauhelmen und Bon Jovi. Tijan Sila wuchs dann in Landau auf, spielte in einer Punkband und ist heute Berufsschullehrer in Kaiserslautern.
2/24/2024 • 45 minutes, 1 second
Nora Krug: „Wir können auch im Kleinen Widerstand leisten“
„Heimat“ heißt die Graphic Novel, in der sich Nora Krug mit der NS-Geschichte ihrer Familie beschäftigt. Sie ging nach dem Studium nach New York, heiratete in eine jüdische Familie und lebt seit 20 Jahren in den USA. Zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine erscheint die deutsche Ausgabe von „Im Krieg: Zwei illustrierte Tagebücher aus Kiew und St. Petersburg“. Dafür begleitete sie ein Jahr lang eine ukrainische Journalistin und einen russischen Künstler. Beide fragte sie einmal wöchentlich, was dieser Krieg für sie bedeutet. Nora Krug wuchs in Karlsruhe auf.
2/17/2024 • 44 minutes, 23 seconds
Nils Pickert: „Die Emanzipation des Mannes steht nach wie vor aus“
„Jungen verdienen mehr als das, was ihnen momentan angeboten wird“, schreibt Nils Pickert in seinem Buch „Prinzessinnenjungs“. Er kritisiert Männlichkeitsnormierungen jeder Art: Auch Jungen, meint er, dürften Röcke tragen. Für seinen fünfjährigen Sohn hat er das selbst in der Öffentlichkeit getan - weil der Kleine ein Vorbild brauche.
2/10/2024 • 44 minutes, 17 seconds
Hannah Cooke: „Ich wünschte, wir könnten das Patriarchat einfach hinter uns lassen“
Kann eine Frau im Kunstbetrieb nur Erfolg haben, wenn sie kinderlos bleibt? In ihrer Arbeit „Ada vs. Abramović“ kritisiert die Karlsruher Künstlerin Hannah Cooke ihre weltberühmte Kollegin Marina Abramović, nachdem die Performance-Künstlerin im Interview erklärte, Kinder würden Künstlerinnen daran hindern, genauso erfolgreich zu sein wie Männer. In einem Reenactment sitzt sie ihr gegenüber, hält ihre Tochter Ada im Arm und stillt sie. Damit wurde sie für den „Mother Art Prize“ nominiert. Auch den männlich geprägten Genie-Kult der Kunst, zum Beispiel bei Picasso, befragt sie in ihren Arbeiten.
2/3/2024 • 44 minutes, 16 seconds
Elke Gryglewski: „Antisemitismus ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“
„Die NS-Zeit hat sich bei uns bis in die vierte Generation ausgewirkt“, erklärt die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen. Deshalb sei Geschichtsarbeit zur Shoah nicht an eigenes Erleben geknüpft und auch nicht von Herkunft abhängig: „Die Grundlage ist Wissen, eine Frage der Ansprache“. Als Politikwissenschaftlerin hat Elke Gryglewski unter anderem über das Verhältnis muslimischer Jugendlicher zur NS-Diktatur geforscht. Die steigende Zahl von Anschlägen auf Gedenkstätten zeigt für sie, dass „die Forderung der Rechten nach einer anderen Erinnerungskultur salonfähiger wird.“
1/27/2024 • 42 minutes, 46 seconds
Matthias Brandt: „Man muss manchmal Dinge tun, vor denen man Angst hat“
Die deutsche Sprache ist Matthias Brandts Beruf – als Schauspieler, Autor und Sprecher. Daher ist es nur konsequent, dass er 2024 mit der Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland-Pfalz für „Verdienste um die deutsche Sprache" ausgezeichnet wird.
Das Fernsehpublikum kennt Matthias Brandt aus zahlreichen Filmen, zuletzt aus Christian Petzolds „Roter Himmel“ und als Polizeiruf-Kommissar Hanns von Meuffels. Seine beiden Bücher „Raumpatrouille“ und „Blackbird“ wurden Bestseller, seine Stimme prägte viele Hörbuch-Produktionen, immer ausgezeichnet durch Humor und eine Spur Melancholie.
1/20/2024 • 44 minutes, 10 seconds
Birgit Weyhe: „Ich habe gelernt, dass ich noch besser zuhören muss“
Was bedeutet kulturelle Aneignung? Die Graphic-Novel-Autorin Birgit Weyhe geht der Frage in ihrem Werk „Rude Girl“ nach. Sie erz ählt die Geschichte von Priscilla Layne, einer afroamerikanischen Germanistik-Professorin mit karibischen Wurzeln. Zugleich fragt sie: Kann sie als weiße deutsche Autorin diese Geschichte erzählen? In „Madgermanes“ hatte sie bereits über mosambikanische Vertragsarbeiter*innen in der DDR geschrieben. Ihre Kindheit verbrachte Birgit Weyhe in Uganda. Heute zählt sie zu den wichtigsten Zeichnerinnen Deutschlands. Für ihre Graphic Novels wurde sie mehrfach ausgezeichnet.
1/13/2024 • 43 minutes, 58 seconds
Jan Weiler: „Mit dem Älterwerden komme ich überraschend schlecht klar“
Jan Weiler ist einer der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller. Bekannt wurde er mit „Maria ihm schmeckt’s nicht“ über seine angeheiratete italienische Familie. Es folgten drei Bestseller über „Das Pubertier“ und die „Kühn“-Krimis. In seiner Kolumne „Mein Leben als Mensch“ erzählt der ehemalige Chefredakteur des SZ-Magazins seit 2007 von seinem Alltag, spricht über seine Ängste und über die Notwendigkeit von Humor. Zum Beispiel im Roman „Drachensaat“. So nennt sich dort eine Gruppe scheinbarer Psychotiker, die einen Industriellen entführt und auf eine bürgerliche Revolution hofft.
1/1/2024 • 44 minutes, 27 seconds
Michael „Curse“ Kurth: „Rap ist der intensivste Ausdruck für Gefühle“
Als Fünfjähriger hörte er zum ersten Mal Hip-Hop, mit Zwanzig war er ein berühmter Rapper: Curse, alias Michael Kurth. Lyrische Texte, tiefe Stimme. Manche nennen ihn den Erfinder des „Emo-Rap“. „Rap ist Musik, Musik ist Kunst und Kunst hat ‘nen Preis“, sang er um die Jahrtausendwende. Vielleicht ahnte er, dass er diesen Preis bezahlen würde: Depression, Schaffenskrise, ein später Neuanfang als systemischer Coach, Bekehrung zum Buddhismus. Rap macht Curse bis heute. Als Legende blickt er zurück auf 50 Jahre Hip-Hop. Und auf seine eigene Entwicklung.
12/31/2023 • 44 minutes, 18 seconds
Ewald Frie: „Ich will die Unselbstverständlichkeit der Gegenwart zeigen“
Wie bewältigt man Krisen? Im Kriegs- und Katastrophenjahr 2023 veröffentlichte der Tübinger Historiker Ewald Frie mit einem Kollegen den Band „Krisen anders denken“. Und fragt, wie Menschen früher mit Bedrohungen umgingen. Optimismus, Solidarität und Glauben, meint er, seien Muster, die auch wir anwenden können. Ewald Frie ist mit Landwirtschaft aufgewachsen: „Ein Hof und elf Geschwister“. Er hat sie interviewt und erzählt die Geschichte seiner Familie als stillen Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland – wie die Welt seiner Eltern unterging. Dafür erhielt er den Deutschen Sachbuchpreis.
12/30/2023 • 44 minutes
Kristin Jahn: „Glaube gibt mir Mut, aber auch Demut“
Kristin Jahn ist in einer Gegend aufgewachsen, die zu den am wenigsten religiösen Regionen Europas zählt – Thüringen. Kirchliches Leben war und ist dort etwas für Minderheiten. Auch Kristin Jahn studierte zunächst Literaturwissenschaft und hatte, „was den Glauben angeht, immer mehr Fragen als Antworten“. Vielleicht deshalb ihr zweites Studium: evangelische Theologie. Danach war sie Pfarrerin der Stadtkirche Lutherstadt Wittenberg. Jetzt ist sie Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags. Und fragt sich, „was Kirche verändern muss, um relevant zu bleiben“.
12/25/2023 • 43 minutes, 10 seconds
Sylka Scholz: „Man wundert sich, warum die Heilige Familie noch ein Rollenmodell ist“
Die Heilige Familie ist so etwas wie unser Urbild der Kernfamilie: Mutter, Vater, Kind. Wie sehr prägt die Weihnachtsszene unsere Vorstellung von Familie? Und wie sehr weicht sie, wegen der unehelichen Geburt, davon ab? Die Soziologin Sylka Scholz beschäftigt sich mit dem Wandel der Familienbilder: von Regenbogen, Co-Parenting und Patchwork bis Alleinerziehend. Gerade im Osten Deutschlands, wo sie forscht, wurden im Sozialismus die Modelle von Versorger versus Hausfrau aufgelöst. Was bedeutet das für die Vorstellungen von Männlichkeit? Auch das ist ein Schwerpunkt Ihrer Forschung.
12/23/2023 • 44 minutes, 23 seconds
Judith Hermann: „Der Erfolg hat mich vorsichtiger gemacht“
Als 1996 Judith Hermanns erster Erzählband „Sommerhaus, später“ erschien, interessierten sich Publikum und Kritik zunächst kaum für das Buch. Als das Debüt von Marcel Reich-Ranicki im Literarischen Quartett ausgiebig besprochen wurde, begann eine erstaunliche Literaturlaufbahn: Preise - darunter der Kleist-Preis und der Friedrich-Hölderlin-Preis - Lob und heftige Verrisse. In diesem Jahr kam mit "Daheim" Hermanns neuer Roman heraus, der nicht nur das Publikum, sondern auch die Kritik begeisterte.
12/20/2023 • 44 minutes, 20 seconds
Pierre Stutz: „Ich war auf der Flucht vor meinen homosexuellen Begabungen“
„Ich teile mein Leben mit, um anderen Mut zu machen“. Der katholische Theologe und Bestsellerautor Pierre Stutz stellte die Weichen nach einer Lebenskrise neu: Er arbeitete nicht mehr für die katholische Kirche – allerdings ohne auszutreten – und heiratete seinen Lebensgefährten. 2022 zählte er zu den Prominenten, die ihre queere Identität in der Aktion „#OutInChurch: für eine Kirche ohne Angst“ öffentlich machten. „Heute darf ich endlich zu mir stehen“. Seine mehr als 40 Bücher haben eine Auflage von einer Million Exemplare. Seine Autobiografie nennt er „Wie ich der wurde, den ich mag“.
12/16/2023 • 44 minutes, 25 seconds
Hannes Jaenicke: „Ohne Götz George wäre ich heute nicht da, wo ich bin“
Er ist viel mehr als einer der bekanntesten deutschen Schauspieler: Hannes Jaenicke ist auch Tierschützer und unermüdlicher Streiter für die Umwelt. Mit seiner preisgekrönten ZDF-Reihe „Hannes Jaenicke im Einsatz“ porträtiert er bedrohte Tierarten, prangert Umweltzerstörung an und zeigt die Folgen des Klimawandels. Doch selbst in seinen hocherfolgreichen Amsterdam-Krimis für die ARD, die er als sein „Baby“ bezeichnet, spielen Umweltthemen eine wichtige Rolle.
12/9/2023 • 44 minutes, 24 seconds
Alona Karavai: „Meine Generation kennt keine sicheren Zeiten“
Die Kuratorin und Kulturmanagerin Alona Karavai floh 2014 aus Donezk, acht Jahre vor dem russischen Angriff auf die ganze Ukraine – als der Krieg im Donbas begann und ihre Heimatregion zerstört wurde. Sie studierte später an der TU Kaiserslautern, gründete eine NGO und betreibt im Südwesten der Ukraine eine Artist Residence als Flucht- und Ausstellungsort. So trotzt sie einem Feldzug, der auch der ukrainischen Kultur gilt. Und rettet vom Krieg bedrohte Kunst. 2023 erhielt sie dafür den Kairos-Preis. „Wir haben viel verloren. Nach dem Krieg werden wir da stehen, wo wir vor 40 Jahren waren.“
12/2/2023 • 44 minutes, 25 seconds
Safiye Can: „Ich bin in die Welt geworfen worden als Dichterin“
„Lest Gedichte!“ Ihren Aufkleber drückt Safiye Can einem schnell mal in die Hand oder heftet ihn an den nächsten Laternenpfahl. Als Lyrikerin ist sie quasi Bestseller-Autorin: Ihr Gedichtband „Rose und Nachtigall“ ist inzwischen in der achten Auflage erschienen. Poesie und Politik gehen dabei Hand in Hand: Die studierte Philosophin schreibt Liebesgedichte, aber auch über die Diskriminierung von Frauen und über Rassismus. Das Gefühl ausgegrenzt zu werden, kennt sie. Safiye Cans Eltern sind aus der Türkei nach Deutschland eingewandert, ihre Familie hat eine tscherkessische Migrationsgeschichte.
11/25/2023 • 44 minutes, 25 seconds
Julian Rosefeldt: „Es geht darum, den Mythos mit der Realität abzugleichen“
„Eine Art von tragischem Humor“, so nennt der Filmkünstler Julian Rosefeldt eines seiner Stilmittel. Zum Beispiel, wenn eine Figur der Goldenen Zwanziger im Film „Deep Gold“ hinter den Kulissen ein Dixi-Klo benutzt. Oder wenn er in „Manifesto“, womit er weltberühmt wurde, Texte der Dadaisten von Cate Blanchett als Grabrede vortragen lässt. Oder zum Mythos des deutschen Walds eine Motorsäge aufheult. Und in „Euphoria“ Obdachlose über Vorteile des Neoliberalismus diskutieren. Mit seinen Filminstallationen für Museen von Melbourne bis New York will er stets „die Mythenmaschine dekonstruieren“.
11/18/2023 • 44 minutes, 3 seconds
Eva von Redecker: „Unser Freiheitsbegriff scheitert an der Weltlage“
„Revolution für das Leben“ nennt Eva von Redecker ihre „Philosophie der neuen Protestformen“. Unser bisheriger, liberaler Freiheitsbegriff, meint sie, sei für das Anthropozän ungeeignet. Angesichts weltweiter ökologischer Krisen plädiert sie für solidarische Formen des Handelns, auch im Umgang mit der Natur: Regenieren statt Ausbeuten, Pflegen statt Beherrschen, Teilhaben statt Verwerten. „Bleibefreiheit“ ist für sie die Lösung. Aufgewachsen auf dem Biobauernhof ihrer Eltern, lebt sie heute wieder auf dem Land: „Ich bin kreativ, weil ich die Bindungen zu meiner Herkunft nie gekappt habe.“
11/11/2023 • 44 minutes
Karina Urbach: „Der Antisemitismus von links hat mich entsetzt“
„Wie die Nazis das Kochbuch meiner Großmutter raubten“: Karina Urbach erzählt, wie der Bestseller ihrer Großmutter Alice, einer Wiener Jüdin, nach dem Anschluss Österreichs unter dem Namen Rudolf Rösch erschien – auch geistiges Eigentum wurde arisiert. Dabei wollte sie eigentlich über ihren Vater Otto Urbach schreiben. Er kam 1945 als US-Spionageoffizier nach Deutschland und deckte Nachkriegsnetzwerke der SS auf. Der Antisemitismus von links nach dem Terroranschlag der Hamas beunruhigt die Historikerin: „Dass man danach noch Leute hat, die das relativieren wollen, hat mich wirklich entsetzt“.
11/4/2023 • 43 minutes, 19 seconds
Irina Scherbakowa: „Wenn Putin gewinnt, haben wir alle verloren“
Die Mitbegründerin der Menschenrechtsorganisation „Memorial“ gilt als unermüdliche Kämpferin für ein demokratisches Russland. Als Historikerin setzt sie sich dafür ein, die Verbrechen der Sowjet-Ära aufzuarbeiten. Dafür ist sie mehrfach ausgezeichnet worden, zuletzt 2022 mit dem Friedensnobelpreis. Irina Scherbakowa lebt heute in Deutschland und Israel. Der russische Krieg gegen die Ukraine ist für die Jüdin und Tochter eines Kriegsversehrten eine Zäsur: „Ich kann gar nicht sagen, was das für mich und meine Generation bedeutet“. Dass auch in Deutschland Menschen der Propaganda des Kreml anhingen, ist für sie schwer erträglich: „Solange Putin da ist, werde ich niemals zurückgehen.“
10/28/2023 • 40 minutes, 1 second
Barbi Marković: „Humor ist für mich ein Mittel, um nachzudenken“
Barbi Marković, 1980 in Belgrad geboren, erzählt die Geschichte einer verlorenen Generation. Junge Menschen treffen im Nachkriegs-Serbien in „Die verschissene Zeit“ auf gleichgültige Alte, brutale Computerspielfiguren oder einen verrückten Forscher. Zugleich sind sie „Superheldinnen“ - sie entwickeln Superkräfte, führen einen irrwitzigen Selbstbefreiungskampf und nutzen dafür den „Blitz des Schicksals“. Hinter der Groteske und dem Jux lauert bei Marković stets der Abgrund. Auch in ihrem neuen Roman „Minihorror“ wird ein Paar ständig vom Grauen heimgesucht. Die Autorin lebt seit 2006 in Wien.
10/21/2023 • 44 minutes, 19 seconds
Mina Saidze: „Deutschland ist ein digitales Hinterland“
Geboren wurde die KI-Spezialistin, Big-Data-Analystin und Expertin für Algorithmen-Ethik Mina Saidze 1993 in Hamburg. Als Tochter afghanischer Einwanderer und politischer Aktivisten fühlte sie sich „oft wie ein Ausreißer im Datensatz, da ich nicht ins Bild des neuen Deutschlands passte“. Seit Jahren verfolgt die 30-Jährige das Ziel, mehr Diversität in die IT- und Tech-Branche zu bringen. Als Gründerin von Inclusive Tech setzt sie außerdem auf eine Demokratisierung von Wissen – nicht nur Nerds sollen etwas von Künstlicher Intelligenz verstehen: „Ich bilde eine Brücke zwischen Menschen und Tech.“
10/14/2023 • 44 minutes, 16 seconds
Gabriela Oberkofler: „Ich habe ein wahnsinnig inniges Verhältnis zu Pflanzen“
Die bedrohte, ausgebeutete Natur ist das große Thema der Künstlerin Gabriela Oberkofler. Sie sammelt tote Insekten, ausrangierte Christbäume und verwelkte Schnittblumen und gibt ihnen in Installationen ein zweites Leben. Außerdem schuf sie mitten in Stuttgart eine Alm mit Hühnern, Gemüsegarten und Atelier. Auf diese Weise untersucht sie Formen der Kooperation mit und in der Natur. In ihrer Südtiroler Heimat hat sie dafür einen Bauernhof in ein "Institut für alternative Landwirtschaft, zeitgenössische Kunst und Leben in der Peripherie" verwandelt. „Pflanzenpalaver“ heißt eine ihrer Serien.
10/7/2023 • 43 minutes, 9 seconds
Aron Boks: „Nackt in die DDR, ich hab’s gemacht“
Die DDR war für Aron Boks, geboren 1997 in Wernigerode, lange Zeit kein Thema. Bis seine Großmutter ihm ein Bild seines Urgroßonkels Willi Sitte zeigte, einem der umstrittensten Maler des sozialistischen Realismus. Als regimetreuer Kulturpolitiker verhinderte dieser in der DDR etliche Künstlerkarrieren, unter anderem die von A.R. Penck. Im Zweiten Weltkrieg desertierte der Kommunist Sitte von der Wehrmacht und schloss sich italienischen Partisanen an. So begann Aron Boks zu recherchieren über die DDR-Vergangenheit seiner Familie - und zur Frage: „Was hat die ganze Geschichte mit mir zu tun?“
10/3/2023 • 44 minutes, 21 seconds
Helena Janeczek: „Auschwitz wird reduzierbar auf ein Mutter-Tochter-Verhältnis“
„Mit historischem Personal zu operieren, ist ein Risiko“, sagt die Schriftstellerin Helena Janeczek. Genau dieses Risiko geht sie ein, wenn sie Romane über reale Personen schreibt und ihnen Gedanken und Gefühle zuschreibt, zum Beispiel der Kriegsreporterin Gerda Taro im Roman „Das Mädchen mit der Leica“. 2018 bekam sie dafür den wichtigsten italienischen Literaturpreis „Premio Strega“. Helena Janeczek, geboren 1964 in München als Tochter polnisch-jüdischer Eltern, lebt in Mailand und beschäftigt sich als Autorin vornehmlich mit persönlichen Geschichten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.
9/30/2023 • 44 minutes, 29 seconds
Senthuran Varatharajah: „Ich fühle mich nicht mehr bedroht als sonst.“
Wie ein Naturereignis hat Senthuran Varatharajah 2016 mit seinem Debutroman „Vor der Zunahme der Zeichen“ – über Brüche in migrantischen Biografien – die deutsche Literaturszene betreten. Heimat, sagt der aus Sri Lanka stammende Schriftsteller, sei für ihn ein Ort der Fremde: eine Kategorie, die keine Rolle spiele. In seinem aktuellen Roman „Rot (Hunger)“ beschreibt der studierte Theologe und Philosoph eine brutale Form der Sehnsucht: Einen monströsen Kriminalfall, in dem der Täter das Opfer, wie zuvor vereinbart, tötet, zerteilt und Teile davon isst, erzählt er als Liebesgeschichte.
9/16/2023 • 44 minutes, 23 seconds
Emil Steinberger: „Ich hab‘ einfach so viel Glück im Leben“
Über seinen „Emil“ haben viele Millionen seit den 70er-Jahren Tränen gelacht. In diesem Jahr wurde der Schweizer Kabarettist Emil Steinberger 90, war auf Tournee mit neuem Programm und schreibt seine Autobiografie. Seit 2014 lebt der Luzerner mit seiner Frau Niccel in Basel, mit der er auch immer wieder zusammen Kunst macht. Er erzählt von seiner langen Kabarettkarriere, seiner Zeit in New York, aber auch wie er es schafft, mit 90 noch voller Energie und Neugier zu sein.
9/9/2023 • 44 minutes, 28 seconds
Mirna Funk: „Porsche ist für Frauen gemacht“
Mirna Funk polarisiert: Sie schreibt über Sex, über ihr Leben als glückliche Single-Mutter, sie klärt über das moderne Judentum auf und studiert nebenbei Philosophie an der Humboldt-Universität. Zudem ist sie Autorin zweier Romane und zahlreicher Artikel. Mirna Funk wuchs als eine der wenigen Jüdinnen in der DDR auf. In Berlin lebt sie noch heute mit ihrer kleinen Tochter, doch auch Tel Aviv ist für sie Heimat. Für ihre Art zu leben, erfährt sie viel Anfeindungen, auch von linken Feministinnen.
8/28/2023 • 44 minutes, 15 seconds
Eckhart Nickel: „Pop ist für mich das Schönste.“
Kaum ein zeitgenössischer Schriftsteller schreibt so elegant, klug und sinnlich über das Reisen wie der 1966 in Frankfurt geborene Gentleman-Traveller Eckhart Nickel. Nickel, der mit seinem Roman „Hysteria“ für den Deutschen Buchpreis nominiert war, bereist naheliegende und weit entfernte Orte gleichermaßen, nutzt alle Verkehrsmittel stets in angemessener Kleidung und mit den passenden Büchern im Gepäck.
8/21/2023 • 40 minutes, 54 seconds
Aladin El-Mafaalani: „Für mich war es eine geile Strategie, das zu machen, was ich Scheiße fand.“
Er war Punk und hat mit Nazis geredet, ging als Pazifist zur Bundeswehr und wollte Lehrer werden, obwohl er die Schule als Zwangssystem erlebt hat – Widersprüche ziehen Aladin El-Mafaalani an. Als Soziologe hat der Sohn syrischer Einwanderer eine steile Karriere gemacht: „Ich habe Fragen gestellt, die andere nicht gestellt haben.“ Dass Integration zu mehr Streit führt, davon ist El-Mafaalani überzeugt – und auch, dass unsere Gesellschaft auf Rassismus beruht. Doch statt Empörung bräuchte es beim Thema Rassismus mehr Sensibilität, etwa bei der Frage ‚Woher kommst du‘: „Wir reden andauernd über unsere Herkunft, es muss nur im richtigen Kontext sein. So wie wir alle mal über Sex sprechen.“
8/15/2023 • 44 minutes, 17 seconds
Mareice Kaiser: „Ich hasse, wie wir als Gesellschaft mit Geld umgehen“
Wie viel Geld ist genug? Wie viel Geld macht glücklich? Und warum sind wir nicht alle Fußbodenheizende? Vermögen, Einkommen und Chancen sind in Deutschland ungleich verteilt: Die einen leben mit einer ständigen Mangelerfahrung, die anderen in der schönen Welt des Luxus. Mareice Kaiser hat Wohlhabende und Armutsbetroffene gefragt, was sie mit Geld machen und was Geld mit ihnen macht – und antwortet auch mit ihrer eigenen Biografie: kein Studium, weil das Geld fehlte, heute ist sie eine erfolgreiche Autorin. Was können wir tun, damit soziale Ungleichheit nicht weiter begünstigt wird?
7/29/2023 • 44 minutes, 13 seconds
Jackie Baier: „Transsexualität ist manchmal wie ein Messer im Bauch“
Die Berliner Fotografin und Filmemacherin Jackie Johanna Baier ist transsexuell. In dieser Eigenschaft hat sie eine in der Kunstwelt wohl einmalige Perspektive auf die Lebenssituation von Menschen, deren Identität und Geschlechtlichkeit vom Üblichen abweicht. „Es ist wie ein Messer im Bauch“, sagt Baier und berichtet von den immer noch bestehenden Schwierigkeiten, mit denen Transsexuelle zu tun haben - von Mobbing bis zu brutaler Gewalt. Ein Gespräch über Bilder, Liebe und die Sehnsucht nach einem Leben im Einklang mit sich selbst.
7/22/2023 • 44 minutes, 27 seconds
Sophie von Bechtolsheim: „Geschichte kann erbarmungslos über Familien und Schicksale hinwegrollen.“
Ein Buch brachte Sophie von Bechtolsheim ab von ihrer Arbeit als Mediatorin: Es verglich ihren Großvater, Claus Graf Schenk von Stauffenberg, mit islamistischen Attentätern. Empört schrieb die studierte Historikerin eine Entgegnung, die ein unverhoffter Erfolg wurde. Ein zweites Buch über die Last der NS-Verbrechen folgte. Nun hält sie Vorträge und wird zu Lesungen eingeladen. Wie ihre Familie die Geschichte ihrer Vorfahren weiterträgt und wie ihr Engagement für das Andenken an den 20. Juli 1944 immer weitere Kreise zieht, das erzählt Sophie von Bechtolsheim im Gespräch mit Rainer Volk.
7/11/2023 • 43 minutes, 52 seconds
Klaus Staeck: „Die DDR war damals natürlich auch Barbarei“
Klaus Staeck hat als Künstler, Grafikdesigner und auch als Jurist und Rechtsanwalt viel bewegt. Seine politischen und zeitkritischen Parolen auf Plakaten und Postkarten regen bis heute zur Gegenkritik und zum Nachdenken an. Sie beschäftigten oft die Gerichte und hingen in vielen Studentenbuden. Als SPD-Mitglied war Staeck auch politisch aktiv, etwa als Mitglied im Kultursenat von Sachsen-Anhalt. Von 2006 bis 2015 amtierte er als Präsident der Akademie der Künste in Berlin. Staeck lebt in Heidelberg, wo er zu seinem 85. Geburtstag mit der Ausstellung „Satire vor Gericht“ geehrt wurde.
7/8/2023 • 44 minutes, 22 seconds
Andreas Rödder: „Konservativ sein ist eine Frage der Haltung“
"Was wir im Moment erleben, spielt in der Champions-League der historischen Krisen", so der Mainzer Historiker Andreas Rödder. Zur Bewältigung von Krieg, Klimawandel und anderen Herausforderungen der Gegenwart, setzt er auf Demokratie, Marktwirtschaft und den Rechtsstaat. Konservativ sein heißt für den gebürtigen Rheinland-Pfälzer, den „Wandel der Zeiten verträglich zu gestalten“. Als erklärter Gegner der Identitätspolitik, leitet Andreas Rödder die „Denkfabrik Republik 21“, deren Ziel eine „neue bürgerliche Politik“ ist.
7/1/2023 • 44 minutes, 6 seconds
Thomas Hettche: „Wenn man sich `das Urmel`oder `Jim Knopf`anschaut, sind das doch eigentlich immer Geschichten von Patchworkfamilien.“
Mit seinem aktuellen Roman „Herzfaden“ hat der Berliner Autor Thomas Hettche die Kindheit vieler Generationen heraufbeschworen, indem er auf fantastische Art die Geschichte der Augsburger Puppenkiste erzählt. Und damit auch ein Stück deutsche Nachkriegsgeschichte. Das Surreale, das Märchenhafte, spielt in vielen seiner Romane und Texte eine wichtige Rolle. Für Thomas Hettche ist das Buch nach wie vor konkurrenzfähig, biete es doch die einzigartige Erfahrung, mit einer imaginären Welt allein zu sein. Beim Lesen gehe es um einen Freiheitsraum und dass Worte lebendig werden können.
6/24/2023 • 44 minutes, 41 seconds
Kateryna Mishchenko: „Die Ukraine gehört schon zu Europa“
Kateryna Mishchenko ist Autorin, Verlegerin und Übersetzerin. Die Ukrainerin (Jahrgang 1984) lebt mit ihrem Sohn in Berlin. Ihr Mann kämpft in der Heimat. Als der Krieg ausbrach, verließ sie Kiew. Das Wissenschaftskolleg zu Berlin gab ihr ein Fellowship. Mishchenko ist es wichtig, ihre Erfahrungen aufzuschreiben, denn Schreiben „ist einerseits eine Art Zeugenschaft und andererseits eine therapeutische Praxis und Selbstreflexion“. Zuletzt hat sie zusammen mit anderen einen Sammelband von Zeugen des Krieges herausgegeben. Es ist der Versuch, sich in unklaren Zeiten zu behaupten.
6/17/2023 • 44 minutes, 12 seconds
Parastou Forouhar: „So wie jetzt habe ich Iran noch nie erlebt“.
Parastou Forouhar gilt als eine der aktuell bekanntesten iranischen Künstlerinnen. Folter und die Unterdrückung von Frauen spielen in ihren Werken – zumeist digitale Zeichnungen – eine große Rolle, aber auch die Liebe zur persischen Dichtung. 1962 in Teheran geboren, lebt und arbeitet Parastou Forouhar seit 1991 in Deutschland. Ihre politisch aktiven Eltern wurden 1998 vermutlich vom iranischen Geheimdienst ermordet. Bis heute bemüht sich Parastou Forouhar um Aufklärung der Morde. Sie reist regelmäßig nach Iran und unterstützt die Proteste gegen das Mullah-Regime.
6/10/2023 • 44 minutes, 16 seconds
Torsten Braun: „Die Rolle des Künstlers akzeptiere ich voll und ganz.“
Wie beeinflusst Licht unsere Wahrnehmung, und dann vielleicht sogar unser Handeln? Das sind Fragen, denen der Lichtplaner Torsten Braun aus Limburg nachgeht. Der studierte Psychologe hat sich darauf spezialisiert, Räume ins gewünschte Licht zu setzen. Er hilft aber auch Licht-Kunstwerke anderer zu realisieren, wie etwa für den amerikanischen Künstler James Turrell. Seit 1999 arbeiten die beiden zusammen. "Ich bin kein Künstler", sagt Torsten Braun bescheiden. Er versteht sich eher als Dienstleister in Sachen Licht. Wie er das macht, erzählt er in SWR2 Zeitgenossen.
6/8/2023 • 44 minutes, 26 seconds
Hanno Rauterberg: „Viele Ideen, die mir wichtig sind, erodieren“
Hanno Rauterberg ist einer der wichtigsten Kunstkritiker Deutschlands. Der stellvertretende Feuilletonchef der ZEIT liefert immer wieder wichtige Debattenbeiträge zu aktuellen Themen - auch mit seinen Büchern: So fragt er angesichts der neuen Wokeness „Wie frei ist die Kunst?“ oder beleuchtet in „Die Kunst der Zukunft“ Möglichkeiten und Grenzen Künstlicher Intelligenz, die ja schon heute komplexe Texte schreiben, wie Rembrandt malen oder Beethovens 10. Sinfonie zu Ende komponieren kann. Auch der Kunstmarkt und Kunstmuseen werden beim Gespräch Thema sein.
6/3/2023 • 43 minutes, 46 seconds
Margarethe von Trotta: „Auch historische Filme müssen Gegenwart aufnehmen.“
Margarethe von Trotta ist die vielfach ausgezeichnete Regisseurin zahlreicher Filme und hat auch als Drehbuchautorin und Schauspielerin gewirkt. Thema ihrer Werke sind oft die deutsche Geschichte und Politik, prägend sind dabei Frauen in starken Rollen, etwa in den biografischen Filmen „Hannah Arendt“ (2012) oder „Rosa Luxemburg“ (1988). Von Trotta, 1942 in Berlin geboren, gewann 1981 als erste Frau den Goldenen Löwen der Filmfestspiele von Venedig mit dem RAF-Drama „Die Bleierne Zeit“. Bei der Berlinale 2023 feierte ihr neuester Film Premiere: „Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste“.
5/29/2023 • 44 minutes, 26 seconds
Klaus von Dohnanyi: „Als Politiker ist man nur Assistent der Geschichte.“
„20 Jahre – dann ist Schluss“ schwor sich Klaus von Dohnanyi, als er 1968 Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium wurde. Durch den Rücktritt 1988 als Bürgermeister von Hamburg hielt er die Vorgabe zwar ein. Doch der fast 95-Jährige mischt politisch bis heute mit, zuletzt durch sein Buch „Nationale Interessen“. „Die beste Zeit war die in der Kommunalpolitik“, sagt Dohnanyi. Er erzählt von seinem Vater Hans und dem Onkel Dietrich Bonhoeffer, die die Nazis im KZ ermordeten; wie er die SPD-FDP-Koalition Brandt-Scheel mitschmiedete – und von der Episode als SPD-Landeschef in Rheinland-Pfalz.
5/27/2023 • 44 minutes, 27 seconds
Tonio Kleinknecht: „Theater ist auch ein Stück weit Forschung.“
Der Chef des Aalener Theaters klettert zuweilen auch in den Aufzug, um dort mit einem Mini-Auftritt die neuen Produktionen vorzustellen. Nach dem Studium hat Tonio Kleinknecht als freier Regisseur Erfahrungen an den verschiedensten Bühnen in Deutschland gesammelt. 11 Jahre als Intendant am Rottweiler Zimmertheater haben ihn für seine Leitungstätigkeit in Aalen gestählt. In der SWR2 Zeitgenossen-Sendung von den 26. Baden-Württembergischen Theatertagen berichtet er u.a. über sein Anliegen, Institutionen, Vereine und Bürger*innen über Kunst, Musik und Tanz miteinander zu vernetzen.
5/20/2023 • 44 minutes, 16 seconds
Matthias Maurer: „Als Astronaut hat man eine Utopie vom perfekten Leben“
Früher dachte Matthias Maurer, Astronauten seien „Supermänner“, bis er verstand, dass Astronauten vor allem eines sind: Wissenschaftler – so wie er selbst. Der Materialforscher aus dem saarländischen St. Wendel bewarb sich bei der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA), als diese neue Astronauten suchte. Er wurde angenommen, bestand alle Tests, doch dann wurde er erst einmal aussortiert, blieb aber als Ingenieur bei der ESA. 2015 konnte Matthias Maurer – für ihn völlig unerwartet – als Astronaut nachrücken. So sollte sich sein Lebenstraum doch noch erfüllen. Knapp sechs Monate verbrachte er auf der Internationalen Raumstation (ISS).
5/18/2023 • 44 minutes, 27 seconds
Gabriel Zuchtriegel: „Die Toten von Pompeji, das sind wir alle“
Als er von seiner Berufung erfuhr, habe sich das angefühlt, als sei er Papst geworden oder Präsident der Vereinigten Staaten. Sagt Gabriel Zuchtriegel, der Direktor des Archäologischen Welterbes Pompeji. Seit zwei Jahren sorgt der 41-jährige Oberschwabe aus Weingarten für frischen Wind in der wichtigsten Ausgrabungsstätte des Landes. „Public archeology“ lautet seine Formel, mit der er die antiken Kulturstätten zu erlebbaren und belebten Orten machen möchte. Seine Philosophie beschreibt er in seinem neuen Buch: „Vom Zauber des Untergangs. Was Pompeji über uns erzählt“.
5/13/2023 • 43 minutes, 54 seconds
Christine Hannemann: „Wohnen ist die neue soziale Frage.“
Wie wollen wir in Zukunft wohnen? Mit dieser Frage beschäftigt sich Christine Hannemann. An der Universität Stuttgart hat sie den einzigen Lehrstuhl für Architektur- und Wohnsoziologie in Deutschland inne. Sie forscht zu gesellschaftlichen Veränderungen beim Wohnen Im Fokus stehen beispielsweise flexiblere Grundrisse für Wohnungen genauso wie der zu hohe Flächenverbrauch. Außerdem fordert die Wohnsoziologin, dass sich die Bau- und Wohnungspolitik wieder stärker am Gemeinwohl orientieren sollte.
5/6/2023 • 44 minutes
Norbert Bolz: „Ich war nie ein guter Linker“.
Norbert Bolz, Jahrgang 1953, ist eine Reizfigur. Bekannt geworden als Medientheoretiker des frühen Internet-Zeitalters, arbeitet sich der frühere Adorno-Anhänger heute am links-grünen Zeitgeist ab. Für seine Kritiker ist es gefährliche Polemik, wenn der pensionierte Professor einen Konformismus des Denkens beklagt, in Klimafragen vor einer Politik der Angst warnt und versucht, den alten weißen Mann zu rehabilitieren - Bolz dagegen nennt es Mut zur eigenen Meinung.
5/1/2023 • 44 minutes, 22 seconds
Artur Walther: „Man ist besessen, sonst funktioniert das nicht.“
Als Investmentbanker an der Wall Street ist er reich geworden. Der seit langem in den USA lebende Artur Walther hat in 25 Jahren eine beeindruckende Sammlung afrikanischer und asiatischer Fotografien aufgebaut.
4/29/2023 • 44 minutes, 26 seconds
Helga Breuninger: „Ich mache aus jedem Problem eine Geschäftsidee.“
„Was du gibst, kommt zu dir zurück“, sagt die Stifterin Helga Breuninger. Für ihr Engagement erhielt die heute 75-jährige Auszeichnungen wie das Bundesverdienstkreuz. Die gebürtige Stuttgarterin studierte Volkswirtschaft und promovierte in Psychologie. Ihr Vater vermachte das Familienunternehmen Breuninger nicht der Tochter, sondern überführte es in eine Stiftung. Was hat Helga Breuningers Kindheit mit ihrer Förderung von Bildung und Erziehung zu tun? Welche Rolle spielen Stiftungen für die Demokratie? Fragen, die Helga Breuninger in SWR2 Zeitgenossen und mit ihrem Lebenswerk beantwortet.
4/22/2023 • 44 minutes, 26 seconds
Stefanie Stahl: „Der reflektierte Mensch ist der bessere Mensch“
Sie sei „Psychologin aus Leidenschaft“ bekennt Stefanie Stahl. Die Bestsellerautorin sieht das Selbstwertgefühl des Menschen als Epizentrum der Psyche. Just dazu hat sie viele Bücher veröffentlicht, unter anderem „Das Kind in dir muss Heimat finden“. In Ihrer Trierer Praxis arbeitet die Frau, die als Deutschlands erfolgreichste Psychologin gilt, mittlerweile nicht mehr. Stattdessen füllt sie bundesweit Säle mit ihren Vorträgen, hat zwei Podcasts, einen YouTube Channel und einen Blog rund um psychologische Themen. Und das alles, obwohl sie sich selbst als „freizeitorientiert“ bezeichnet.
4/15/2023 • 44 minutes, 16 seconds
Jörg Bong: „Demokratie ist kein Normalzustand.“
Jörg Bong ist Literaturwissenschaftler und Schriftsteller, er war zudem bis 2019 verlegerischer Geschäftsführer der S. Fischer Verlage. Unter dem Namen Jean-Luc Bannalec veröffentlicht er seit 2012 Krimis rund um den französischen Kommissar Dupin, die regelmäßig auf den Bestsellerlisten stehen und für die ARD verfilmt worden sind. Jörg Bongs neues Buchprojekt ist allerdings seiner Leidenschaft als Historiker geschuldet. „Die Flamme der Freiheit“ ist der erste Band einer Trilogie über die Revolution von 1848/49, die sich 2023 zum 175. Mal jährt.
4/10/2023 • 44 minutes, 23 seconds
Yuval Lapide: „Jesus war viel judenfreundlicher.“
Die Verständigung zwischen Christen und Juden begleitet den jüdischen Religionswissenschaftler Yuval Lapide seit seiner Geburt. Er ist der Sohn von Ruth und Pinchas Lapide. Beide flohen vor Nazideutschland nach Palästina und profilierten sich dort als Kenner des Alten und des Neuen Testaments. Anfang der 1970er-Jahre zogen sie mit ihrem Sohn nach Deutschland, um Versöhnungsarbeit zu leisten zwischen Christen und Juden; oder, wie Ruth Lapide es ausgedrückt hat: „damit sich solch ein Übel niemals wiederhole“. Heute ist Yuval Lapide überzeugt: Die Religionen verbindet mehr als sie trennt.
4/7/2023 • 44 minutes, 25 seconds
Andreas Mühe: „Fotografie ist Überlisten der Zeit“.
Der Berliner Fotograf Andreas Mühe ist ein ganz besonderer Augenzeuge deutsch-deutscher Befindlichkeit: Geboren 1979 im damaligen Karl-Marx-Stadt als Kind einer Theater- und Schauspieler-Dynastie, unterzieht Mühe die Leitmotive und -figuren seiner Biografie einer unerbittlich präzisen Darstellung. Das Private und das Öffentliche inszeniert er mit den Mitteln von Bühne und Spotlight. Ein Gespräch über schwäbische Wurzeln eines Berliner Jungen, über verschlafene Theatertriumphe seines Vater Ulrich Mühe, Weihnachtsbaumdeko und eine Familienaufstellung mit Toten.
4/1/2023 • 44 minutes, 20 seconds
Katja Petrowskaja: „Jeder Krieg ist absurd, dieser ist nicht fassbar!“
Der Krieg in der Ukraine tobt in Katja Petrowskajas Geburtsland, der Ukraine. Aber auch wenn sie in Berlin ist, wo sie seit über 20 Jahren lebt, ist ihr dieser Krieg ganz nah: in unzähligen Bildern und Videos in den Nachrichten und in den sozialen Netzwerken. Als schmerzhafte Scherben hat Katja Petrowskaja diese Bilder einmal beschrieben. Aber sie hat einen Weg gefunden, mit diesen Scherben umzugehen: In ihrer Foto-Kolumne in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, in der sie Fotografien beschreibt, von ihnen erzählt und sie weiterträumt. Seit einem Jahr sind es vor allem Bilder aus dem Krieg, die sie beschäftigen.
3/18/2023 • 43 minutes, 37 seconds
Sebastian Heilmann: „Wir stehen vor einem zweiten kalten Krieg“
Sebastian Heilmann, Lehrstuhlinhaber an der Universität Trier für Politik und Wirtschaft Chinas, ist einer der profiliertesten deutschen Chinaexperten. Er war Gründungsdirektor der heute einflussreichsten China-Denkfabrik Europas. Sebastian Heilmann erklärt, wie China heute ist und warum das Land uns mit seiner Wirtschaftsmacht, seinen Ordnungs- und Wertvorstellungen viel grundsätzlicher herausfordert als Russland. Vor welchen Konflikten und Herausforderungen stehen wir, was müssen wir tun?
3/11/2023 • 44 minutes, 22 seconds
Saba-Nur Cheema: „Sensibilisierung für Rassismus und Antisemitismus hat zugenommen.“
„In einer pluralistischen Gesellschaft kommt es darauf an, die Widersprüche und die Mehrdeutigkeit auszuhalten“, sagt die Politikwissenschaftlerin Saba-Nur Cheema. Die Tochter muslimisch-pakistanischer Eltern ist als Geflüchtete nach Deutschland gekommen. Heute lehrt sie an der Frankfurt University of Applied Sciences und ist als Referentin an der Anne-Frank Bildungsstätte aktiv. Rassismus, Islamfeindlichkeit und die Pluralität der Religionen sind ihre Themen. Seit 2020 ist Saba-Nur Cheema Mitglied im „Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit".
3/4/2023 • 44 minutes, 20 seconds
Friedhelm Brebeck: „Ich habe keine Illusionen über die Menschen.“
Der alte Mann und der Krieg: Friedhelm Brebeck berichtete von 1992 bis 1995 als ARD-Korrespondent aus Sarajevo. Die belagerte Stadt wurde während des Bosnienkrieges systematisch ausgehungert und beschossen. Brebeck dokumentierte den täglichen Kampf ums Überleben. Er war seinerzeit eines der markantesten Gesichter im deutschen Fernsehen. Wo er war, war Krise. Was Brebeck an Katastrophen erlebt hatte, schien der Vergangenheit anzugehören. Er zog sich auf seine alten Tage ins beschauliche Ahrtal zurück. Doch im Sommer 2021 holte ihn das Unheil wieder ein. Die Ahrflut machte ihn selbst zum obdachlosen Opfer einer Katastrophe.
2/25/2023 • 43 minutes, 37 seconds
Roman Dubasevych: „Es ist ein Krieg historischer Traumata.“
„Sirenen des Krieges“ heißt das Buch, mit dem Roman Dubasevych, Professor für ukrainische Kulturwissenschaft in Greifswald, geboren in Lviv, bereits 2019 vor einer Zerstörung der Ukraine warnte. Indem er die Notwendigkeit militärischer Gegenwehr in Frage stellte, Versäumnisse der politischen und kulturellen Eliten in der Ukraine benannte und nichtmilitärische Optionen der Konfliktlösung anmahnte, wurde er zum Dissidenten des Mainstreams und als „Verräter“ bezeichnet. Den Ukraine-Konflikt nennt er einen „Krieg historischer Traumata. Ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffs zieht er Bilanz.
2/18/2023 • 44 minutes, 34 seconds
Wolfgang Ischinger: „Für Moskau ist nur wichtig, was Washington denkt“.
Sein ganzes Leben hat er der Außenpolitik und der Diplomatie gewidmet: ob bei UNO oder OSZE, im Außenministerium, als Botschafter in London und Washington oder als Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Wolfgang Ischinger, der als Honorarprofessor in Tübingen Krisendiplomatie lehrt, zeigt, was Diplomatie in diesen Zeiten leisten kann, wie sich Europa aufstellen muss und welche Rolle Deutschland dabei spielt.
2/11/2023 • 44 minutes, 27 seconds
Thomas von Danwitz „Wir wollen den Bürgern gute Rechtsprechung bieten“.
Das Oberste Gericht der EU bestimmt mit seinen Urteilen einen großen Teil unseres Lebens. Jedes Land entsendet einen Richter oder eine Richterin. Der deutsche Richter Thomas von Danwitz arbeitet schon seit 2006 in Luxemburg, weiß also, wie es beim EuGH zugeht. Amtierende Richter sind bei Interviews typischerweise sehr zurückhaltend, müssen auf ihre Neutralität achten. Trotzdem gewährt von Danwitz einen Einblick: Wie können die Menschen auf der Richterbank für ganz Europa eine gemeinsame Linie finden, obwohl sie ganz unterschiedliche Sprachen sprechen und aus verschiedenen Kulturen kommen?
2/4/2023 • 43 minutes, 55 seconds
Stefanie Dathe: „Erwarten Sie Wunder!“
Sie hat schon Kunst aus Fleisch und Süßigkeiten kuratiert und Tätowierungen zum Thema einer Ausstellung gemacht. Seit 2016 steht sie an der Spitze des Museums Ulm. Stefanie Dathe ist eine, die vollmundig Wunder verspricht - wie bei ihrer ersten Ulmer Ausstellung - und manche auch bewirkt. Sie bringt Schwung in das fast 100-jährige städtische Museum, das manche als kunterbunten "Gemischtwarenladen" sehen. Dabei setzt die Kunsthistorikerin auch auf modernes Marketing. Seit Kurzem ist beispielsweise der legendäre Löwenmensch, ein steinzeitliches Exponat des Museums, das Maskottchen der Ulmer Basketballer.
1/28/2023 • 44 minutes, 26 seconds
Margarete Klein: „Das Gefühl der Großmachtüberlegenheit ist in Russland tief verwurzelt“.
Ob Tagesschau oder Talkshows: seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist Margarete Klein, Leiterin der Forschungsgruppe Osteuropa bei der renommierten Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, vielgefragte Expertin und besticht durch tiefe Kenntnisse und klare Analysen. Im Gespräch antwortet sie schonungslos auf Fragen, die nicht jeden Tag in den Medien verhandelt werden. Zu Putin, Russland und dem Krieg, den Putin längst auch gegen uns führt.
1/21/2023 • 44 minutes, 17 seconds
Nino Haratischwili: „Ich darf mich nicht schonen“
Ihr großer Familienroman „Das achte Leben“ machte Nino Haratischwili 2014 einem breiten Publikum bekannt. Seit 2003 lebt die 1983 im georgischen Tiflis geborene Autorin und Theater-Regisseurin in Deutschland. Am 18. Januar erhält sie die renommierte Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland-Pfalz. Ministerpräsidentin Malu Dreyer lobte Nino Haratischwili als „große Geschichtenerzählerin“, deren Werke vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erschreckend aktuell seien. Nino Haratischwili beschreibt sich selbst als kulturelle Grenzgängerin. Sie lebt in Berlin.
1/14/2023 • 44 minutes, 26 seconds
Jaroslav Rudiš: „Ich warte im Wirtshaus immer auf einen Erzähler.“
Während sich die Jugendlichen seines Alters für die angesagten Hits aus dem Westen begeisterten, legte sich Jaroslav Rudiš lieber eine Kassette mit Dampflokgeräuschen ein. Züge durchkreuzen daher immer auf eine Art die Werke des tschechischen Schriftstellers, der ein Tausendsassa ist: ein leidenschaftlicher Geschichtensammler, Musiker, Comic- und Bühnenautor. Sein Rezept für alle Lebenslagen: in die Sauna gehen und ein Bier trinken.
1/7/2023 • 44 minutes, 11 seconds
Best of Zeitgenossen 2022
Viele spannende, anregende Persönlichkeiten waren 2022 zu Gast in „SWR2 Zeitgenossen“. Menschen, die Überraschendes, Unterhaltsames, Nachdenkliches zu sagen hatten: Zum Beispiel der Kabarettist Florian Schroeder, die Journalistin und Kriegsreporterin Antonia Rados, der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun, die Schriftstellerin Marjana Gaponenko, die Schauspielerin Lara Sophie Milagro oder der Schlagersänger Roland Kaiser. Am letzten Tag des Jahres ein „Best of SWR2-Zeitgenossen“ - ein kleiner exquisiter Querschnitt mit verschiedensten Ausschnitten aus den Sendungen der vergangenen 12 Monate
12/31/2022 • 52 minutes, 25 seconds
Patrick Bebelaar: „Popmusik ist so etwas wie das Kunstlied der Gegenwart“.
Der Musiker Patrick Bebelaar versteht sein Metier als ein weites Feld. Er veranstaltet Workshops in südafrikanischen Townships, kooperiert mit Schriftstellern, improvisiert auf jüdischen Friedhöfen und komponiert über den Beginn der abendländischen Musik zu Lebzeiten von Friedrich II. Mit Andreas Langen spricht Bebelaar, der unter anderem mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurde und eine Professur für Kirchenmusik innehat, über den Reiz von Musik auf Vinyl, gekappte Verbindungen nach Moskau und Kontrollverlust als Glücksmoment.
12/26/2022 • 54 minutes, 10 seconds
Felicitas Hoppe: „Zurücklehnen gilt nicht“
Die Frau hat Mut. Oder um es mit Scholz'scher Dialektik auszudrücken: Sie hat mindestens den Doppel-Wumms. Felicitas Hoppe erkundet sprachlich, literarisch und geografisch abenteuerliche Welten, krönt sich selbst, findet und erfindet die Wahrheit. Eine katholische Draufgängerin, die mit Witz, Fantasie und magischer Sprachkunst bewaffnet, stets zu einer neuen Schatzsuche aufbricht.
12/25/2022 • 54 minutes, 19 seconds
Theresia Walser: „Von der Anarchie fühle ich mich angezogen“
Dass Männer immer die besseren Pointen haben sollen, war für Theresia Walser nicht einzusehen. Also wechselte sie das Fach: Aus der Schauspielerin wurde eine gefeierte Theaterautorin, die „deutsche Meisterin der Bühnengroteske“, die das Widerborstige, das Unberechenbare liebt. Als Dramatikerin sei sie auch Architektin von Nervenzusammenbrüchen. Heute werden ihre Stücke landauf landab und auch im Ausland gespielt. Und immer wieder entstehen gemeinsame Arbeiten mit Schriftsteller und Ehemann Karl-Heinz Ott.
12/17/2022 • 44 minutes, 27 seconds
Erica Fischer: „Der Feminismus hat mich gerettet.“
Die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Erica Fischer ist 1943 im Exil der Eltern geboren, die vor den Nazis aus Österreich nach England fliehen mussten. In dieser Zeit spielt auch ihr Buch „Aimée & Jaguar“ über die Liebe zweier Frauen im Nationalsozialismus, das zum Welterfolg wurde. Die Mitbegründerin des österreichischen Feminismus kämpft seit den 70er Jahren gegen Unterdrückung, Rassismus und Diskriminierung. „Mir wurde bewusst, dass mein Leben geeignet ist, die großen Themen des 20. Jahrhunderts zu illustrieren“ schreibt Erica Fischer in ihrer Autobiografie kurz vor Ihrem 80. Geburtstag.
12/3/2022 • 44 minutes, 9 seconds
Cornelia Weigand: „Wir gehen von Haus zu Haus und helfen beim Antragstellen“.
„Lücken und Brachen in unserem Tal sind auch in unseren Herzen spürbar. Dort wieder Leben entstehen zu lassen, erfordert Kräfte, von denen wir jetzt kaum glauben, dass wir sie haben", sagte Cornelia Weigand bei der Gedenkfeier zum 1. Jahrestag der Flutkatastrophe im Ahrtal. 134 Menschen waren allein in Rheinland-Pfalz ums Leben gekommen. Die parteilose Politikerin und Biologin erlebte die Katastrophe als Bürgermeisterin von Altenahr. Jetzt ist sie Landrätin des Kreises Ahrweiler. Um den Aufbau der zerstörten Infrastruktur geht es Cornelia Weigand, aber auch um die Fortentwicklung des Tales bei Klimaschutz und Tourismus.
11/26/2022 • 44 minutes, 28 seconds
Zahra Deilami: „Ich bin eine Mehrheimische“.
Zahra Deilami floh als junge Frau mit ihrer Familie aus dem Iran nach Deutschland. Hier musste sie das Abitur nochmal machen und studierte dann Kulturpädagogik. Die Fragen, wie das Zusammenleben verschiedener Kulturen gelingen kann, wurde zum Schwerpunkt ihrer Arbeit: zuerst an der Universität Hildesheim, später als Coach für Interkulturelle Kompetenz und dann als Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragte, in Peine und seit 2015 in Mannheim. Seit vielen Jahren setzt sich Zahra Deilami auch ehrenamtlich besonders für die Stärkung von Frauen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ein.
11/12/2022 • 44 minutes, 20 seconds
Meron Mendel:„Mein Ziel ist, dass wir alle vorurteilsbewusst werden.“
„Dass die Künstler aus dem globalen Süden uns provozieren, ist an sich nicht zu kritisieren“, sagt Meron Mendel, der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank Frankfurt. Rund um die Antisemitismusvorwürfe gegen die diesjährige Documenta hat sich der Publizist, Historiker und Pädagoge unermüdlich für den Dialog eingesetzt. Ohne Erfolg. „Der Dialog ist tot, es lebe der Dialog“, so sein Fazit. Und so geht die Arbeit Mendels weiter: Migrationsgesellschaft, Erinnerungskultur und Identitätspolitik sind Themen, für die er sich, auch als Professor an der Frankfurt University of Applied Science, einsetzt.
11/5/2022 • 44 minutes, 21 seconds
Karl-Josef Kuschel: „Wir können die Welt nicht ohne den Einfluss der Weltreligionen verstehen.“
Ein "guter" Theologe kennt sich in seinen Heiligen Schriften aus und kann Auskunft geben über deren Werden und ihre Bedeutung damals und heute. Das ist schließlich auch die Pflicht eines Theologen. Die Kür macht den "sehr guten" Theologen aus, wenn er über den eigenen Tellerrand schauen kann, wenn er Bezüge herstellen kann zu anderen theologischen Schriften, zur Literatur, zu gesellschaftlichen Strömungen, zum Zeitgeist, möglichst verständlich und verständnisvoll, aber auch kritisch und immer auf der Hut vor sich selbst. Karl-Josef Kuschel ist ein solch "sehr guter Theologe", der sich vor allem mit dem interreligiösen Trialog zwischen den monotheistischen Religionen beschäftigt hat
11/1/2022 • 44 minutes, 20 seconds
Burkhard C. Kosminski: „Autokraten greifen immer als erstes Kultur und Medien an“.
Wie kann attraktives Theater heute aussehen? Burkhard C. Kosminski lotet das seit 2018 als Intendant am Schauspiel Stuttgart aus. Mehrsprachige und spartenübergreifende Produktionen bereichern den Spielplan. Vor allem junges, aktuelles, zeitgenössisches Theater liegt ihm am Herzen. In diese Richtung weist auch der mit 75.000 Euro dotierte Europäische Dramatiker:innen-Preis, der vor allem auf seine Initiative zurückgeht. Die zuständigen Gremien halten Burkhard C. Kosminski für den richtigen Mann um, nach zwei schwierigen Jahren wegen Corona, das Publikum wieder ins Theater zurückzuholen.
10/29/2022 • 44 minutes, 27 seconds
Stefan Schwarz: „Ich weiß wie man nicht verzweifelt.“
Stefan Schwarz ist einer der ganz wenigen wirklich komischen deutschen Autoren. Das hat der Autor und Journalist aus Leipzig zuletzt mit seinem witzigen wie zeitkritischen Roman „Da stimmt was nicht“ bewiesen. In seinem neuen Buch widmet er sich einem todernsten Thema: In „Bis ins Mark“ erzählt er, „Wie ich Krebs bekam und mein Leben aufräumte“. Mit großer Klarheit und seinem einzigartigen Humor. Darüber hinaus erzählt er im SWR2 Zeitgenossen-Gespräch auch von seinem Leben als Sohn eines Stasi-Generals nach dem Mauerfall und kommentiert den Wahnsinn unserer Zeit.
10/22/2022 • 44 minutes, 27 seconds
Heinz Mack: „Ich wollte immer eine neue Kultur des Sehens“.
Der Wahlslogan von Konrad Adenauer lautete 1957 „Keine Experimente!“ Heinz Mack strich das Wort „Keine“ auf den Düsseldorfer Litfaßsäulen durch – bis ihn die Polizei verhaftete. Zurück auf Null: Das war Macks Idee eines Experiments und auch die Idee der Künstlergruppe ZERO, die in der Kunst die Rückbesinnung auf elementare Kräfte wie Licht und Bewegung forderte. Mack vertrat Deutschland auf der Biennale in Venedig und nahm zweimal an der Documenta teil. Mittlerweile ist er 91 Jahre alt und arbeitet noch täglich in seinem Atelier. Mit scharfem Verstand und wachem Geist blickt er zurück auf das 20. Jahrhundert und auf sein Lebenswerk. Dabei bewegen ihn bis heute auch die großen politischen Themen.
10/15/2022 • 44 minutes, 25 seconds
Axel Meyer: „Der neue Rassismus kommt eher von links als von rechts“
„Ich war ein Junge, der immer einen Frosch in der Hostentasche hatte“, sagt Axel Meyer, „alles Natürliche hat mich fasziniert.“ Mit 29 war er Professor in den USA, seitdem lehrt der international renommierte Evolutionsbiologe in Deutschland – wo er sich teilweise immer noch wie ein Außenseiter fühlt. „Es ist wichtig den Mund aufzumachen und auch unpopuläre Sachen zu sagen“, ist Meyer überzeugt und meldet sich immer wieder kritisch zu Wort: ob beim Thema Atomkraft, in Geschlechterfragen oder zum Kulturkampf „woker“ Aktivisten an den Universitäten: „Der neue Rassismus kommt eher von links als von rechts“.
10/8/2022 • 44 minutes, 13 seconds
Stefan Creuzberger: „Putin ist nicht Hitler, ist nicht Stalin“.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine schränkt auch Wissenschaftler ein. Das spürt die Deutsch-Russische Geschichtskommission, der Stefan Creuzberger angehört. Trotzdem versucht der gebürtige Nordschwarzwälder, der an der Uni Rostock lehrt, weiter Kontakte nach Russland zu pflegen.
10/3/2022 • 44 minutes, 25 seconds
Lara-Sophie Milagro: „Schauspiel ist eine Überlebensstrategie für mich.“
„Sich nicht erklären müssen, sei das größte Privileg“ hat die afrodeutsche Schauspielerin Lara-Sophie Milagro mal gesagt. Denn sie muss und musste sich in ihrem Leben immer wieder erklären: als einziges schwarzes Mädchen in ihrer Schule, die trotz sehr guter Noten eine Realschulempfehlung bekam; als schwarze Schauspielerin, der in den ersten Jahren zunächst nur stereotype Rollen angeboten wurden, der man sagte, dass sie ja als Schwarze „Lady Macbeth“ nicht spielen könne.
10/1/2022 • 44 minutes, 19 seconds
Antonia Rados: „Ich weiß, was Risiken sind“
„Für die Opfer ist es dasselbe, ob man in Afghanistan oder in der Ukraine ist“, sagt die Kriegsberichterstatterin Antonia Rados. 40 Jahre lang hat sie aus den Krisengebieten dieser Welt berichtet und ist dafür vielfach ausgezeichnet worden.
9/24/2022 • 44 minutes, 25 seconds
Ilona Hartmann: „Ich habe kein Interesse an Provokation.“
Ihr Leben findet auf Instagram und Twitter statt: Ilona Hartmann steht auf Trends, Zeitgeist, Pop und Texte. Und schreiben kann die in der Nähe von Stuttgart geborene Autorin. Über Kennenlernspiele im Flugzeug oder wie in ihrem Roman „Land in Sicht“ über eine junge Frau, die sich auf einer Flusskreuzfahrt auf die Suche nach ihrem Vater macht. Eine Geschichte mit autobiografischen Zügen.
9/17/2022 • 44 minutes, 28 seconds
Mehmet Daimagüler: „Wir müssen den Schmerz spüren.“
Für die Sinti und Roma, die den Nationalsozialismus überlebt haben, gab es keine „Stunde Null“. Sie wurden auch im Nachkriegsdeutschland weiter diskriminiert, sagt der erste Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler. Der ehemalige FDP-Politiker mit türkischen Wurzeln engagierte sich u. a. als Opferanwalt im NSU-Prozess. Seine eigene Migrationsgeschichte hat er in seinem Buch „Kein schönes Land in dieser Zeit“ verarbeitet. Er spricht dort vom „Märchen von der gescheiterten Integration“.
9/10/2022 • 44 minutes, 8 seconds
Pia Lamberty: „Man darf nicht unterschätzen, wie stark Ideologien sind“.
Als Geschäftsführerin des Berliner Centers für Monitoring, Analyse und Strategie bündelt Pia Lamberty, Expertin für Verschwörungsmythen, das Wissen zu Verschwörungsideologien und Rechtsextremismus. Dabei entlarvt sie mit ihrer Arbeit nicht nur die Erzählungen von Corona-Protestlern und Impfgegnern, sondern hat in ihrem Buch „True Facts“ auch Tipps zusammengetragen, wie man sich gegen Verschwörungserzählungen wehren kann.
8/27/2022 • 44 minutes, 17 seconds
Harald-Alexander Korp: „Ich will zeigen, dass Lachen Trost spenden kann.“
Aufs Lachen ist Harald Alexander Korp während seines Studiums in Tübingen gekommen, als er die großen Weltreligionen auf ihren Humor überprüft hat. Der Religionswissenschaftler hat sich zum Humor-Coach und Lachyoga-Trainer ausbilden lassen, ist nach Berlin gezogen und arbeitet an einem Ort, wo es für Viele nichts zu lachen gibt: als Sterbebegleiter in einem Hospiz. Und wenn er einmal nicht von der tröstenden Kraft des Lachens erzählt, unterrichtet er in Kursen Meditation und Achtsamkeit.
8/20/2022 • 43 minutes, 58 seconds
Jakob Schwerdtfeger: „Für mich war die Mona Lisa wie Sex am Strand. Hab ich mir geiler vorgestellt.“
Der Kunstcomedian Jakob Schwerdtfeger begeistert mit seinem Soloprogramm „Ein Bild für die Götter“ bundesweit. „Gute Kunst muss mich berühren – auf irgendeiner Ebene“ sagt der bekennende „Kunstjunkie“. Seine Festanstellung am Frankfurter Städel-Museum hat der Kunsthistoriker, der schon als Poetry Slammer und Rapper bekannt war, dafür aufgegeben.
8/13/2022 • 47 minutes, 28 seconds
Neven Subotić: „Ich bin auf dem richtigen Weg.“
Mit Trainer-Star Jürgen Klopp wurde Neven Subotić bei Borussia Dortmund zwei Mal Deutscher Meister und galt als einer der besten Innenverteidiger der Bundesliga. Aber auf die Meisterpartys folgte die große Ernüchterung. In seinem aktuellen Buch „Alles geben“ beschreibt Neven Subotić den Fußball als „abgehobenes System“. Seine Erfahrungen als Profi haben ihn zum gesellschaftspolitischen Aktivisten gemacht. Seit 2012 kümmert sich Neven Subotić mit seiner Stiftung um Brunnenbau-Projekte in Äthiopien, wofür ihn das Europäische Parlament 2019 auszeichnete.
8/6/2022 • 44 minutes, 23 seconds
Christian Jankowski: „Vielleicht kann ich es nicht besser.“
Christian Jankowski ist so etwas wie der Till Eulenspiegel der zeitgenössischen Kunst. Dass er als angehender Kunststudent nie an einer Hochschule angenommen wurde, ist rückblickend die ideale Voraussetzung für sein Werk: Jankowskis Leitmotiv ist das Spiel mit unseren Erwartungen an Kunst. In seinen Projekten lässt er Wahrsager, Fernseh-Verkäufer und Zauberkünstler agieren, stellt leere Räume aus und Moderatoren auf den Kopf; und wenn's der Wahrheitsfindung dient, spielt sogar der Vatikan mit.
7/30/2022 • 44 minutes, 3 seconds
Ulrike Rosenbach: „Glauben Sie nicht, dass ich eine Amazone bin.“
Ulrike Rosenbach war eine der ersten, die Anfang der 70er-Jahre mit dem damals neuen Medium „Video" künstlerisch arbeitete. Sie beschäftigte sich vor allem mit dem Thema weibliche Identität und der traditionellen Darstellung von Frauen in der Kunst. So wie in dem Video“"Glauben Sie nicht, dass ich eine Amazone bin“ (1975), in dem sie mit Pfeil und Bogen auf ein Madonnenbild schießt. Als Meisterschülerin von Joseph Beuys kam sie früh in Kontakt mit Happening-Kunst. Ulrike Rosenbach versteht sich als politische Künstlerin und setzt sich bis heute aktiv für die Gleichberechtigung von Künstlerinnen ein.
7/16/2022 • 40 minutes, 29 seconds
Klaus Kastberger: „Ich war immer schon ein Besserwisser“.
„Vor allem liebe ich Texte, die ich mir nicht erklären kann“, sagt Klaus Kastberger, Doyen der deutschsprachigen Literatur in Österreich. Kaum jemand prägt den literarischen Betrieb in unserem Nachbarland derzeit auf so kreative Weise wie der 1963 im oberösterreichischen Gmunden geborene und heute in Graz lebende Germanistikprofessor, Literaturhausleiter, Veranstaltungserfinder, Ausstellungsmacher, Wissenschaftler und Publizist.
7/11/2022 • 44 minutes, 18 seconds
Jörg Karrenbauer: „Ich bin gegen den Boykott von Gastspielen in politisch schwierigem Kontext.“
Den Mantel an der Garderobe abgeben, noch ein Schlückchen Sekt, bevor es dann zwei Stunden lang in einen dunklen Theatersaal geht - mit diesem traditionellen Theaterverständnis hat die Arbeit von Regisseur Jörg Karrenbauer wenig zu tun. Zusammen mit dem Theaterkollektiv Rimini Protokoll arbeitet er an einem Theater, das nicht von der Bühne herab, sondern in der Wirklichkeit spielt, nahe an den Menschen. So beim Audiowalk "Remote X", bei dem 50 Personen, ausgestattet mit einem Kopfhörer, von einer künstlichen Stimme durch eine Stadt gelenkt werden.
7/9/2022 • 44 minutes, 24 seconds
Marjana Gaponenko: „Vielleicht schreibe ich nie wieder“.
„Es ist einfach ein Zorn in mir“, sagt die Schriftstellerin Marjana Gaponenko. Sie wurde 1981 im ukrainischen Odessa geboren. Dort studierte sie Germanistik und wurde Schriftstellerin. Spätere Stationen: Dublin, Krakau und Wien, derzeit wohnt Gaponenko in Mainz. Jetzt ist Krieg in ihrer Heimat Ukraine – eine schwere Zäsur in ihrem Leben. Das Schicksal ihrer Familie in Odessa kann sie leider nur aus der Ferne beobachten, literarisches Schreiben ist unmöglich.
7/2/2022 • 44 minutes, 20 seconds
Elisabeth Bronfen: „Mich interessieren die Ränder dessen, was wir begreifen können.“
Wie viel Shakespeare steckt im Netflix-Boom unserer Tage? Warum müssen Frauen in der Kunst so oft sterben - von Richard Wagners Isolde bis zur Femme fatale im Film noir? Und was verraten uns Zombie- und Vampir-Filme über unseren Umgang mit der Corona-Pandemie? Die Fragen, die die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen stellt, sind ungewöhnlich, manchmal unheimlich und immer originell. Und sie überschreitet dabei Grenzen, zwischen Literatur, Oper und Film. Und auch zwischen Europa und den USA, denn Elisabeth Bronfen lehrt an der Universität Zürich und an der New York University.
6/18/2022 • 43 minutes, 50 seconds
Marie Bäumer: „Ich bin an der Schauspielschule mit Brecht erzogen worden“.
Marie Bäumer ist seit Filmen wie „Männerpension“ von Detlef Buck oder der Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ von Dominik Graf eine der bekanntesten deutschen Schauspielerinnen. Als Romy Schneider hat sie in dem Film „3 Tage in Quiberon“ das Publikum und die Filmkritik begeistert. Danach ist sie für ein Dokumentarfilmprojekt auf dem Rücken eines Pferdes quer durch die USA gereist. Pferde gehören seitdem fest zu ihrem Alltag und im „Atelier Escapade“ bietet sie in der Nähe von Avignon Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung an.
6/16/2022 • 44 minutes, 26 seconds
Gisela Stuart: „Die Queen traf als einzige in Großbritannien während der Corona-Pandemie den richtigen Ton“.
Die britische Politikerin sitzt seit 2020 als Baroness Stuart of Edgbaston im Britischen Oberhaus und ist damit die erste deutschstämmige Lady im House of Lords. Mit 19 Jahren kam die in Bayern geborene Gisela Gschaider zum Englisch lernen auf die britische Insel, studierte, heiratete und zog 1997 als Labour-Abgeordnete ins Parlament ein. Später positionierte Gisela Stuart sich als EU-Skeptikerin und kämpfte an der Seite des aktuellen Premierministers Boris Johnson leidenschaftlich für den Brexit.
6/11/2022 • 44 minutes, 26 seconds
Friedemann Schulz von Thun: „Wie gelingt ein erfülltes Leben?“
Friedemann Schulz von Thun ist einer der einflussreichsten Psychologen der Gegenwart. Viele Jahre lang war er Professor in Hamburg, dort ist er 1944 geboren. Bekannt gemacht haben ihn seine Modelle zum zwischenmenschlichen Kommunikationsverhalten, die längst auch in Schulen unterrichtet werden. Er schreibt Bestseller über die „Kunst des Miteinander-Redens“, über das „Innere Team“ im Menschen oder darüber, was ein Leben zu einem erfüllten Leben macht.
6/6/2022 • 44 minutes, 6 seconds
Wolfgang Streeck: „Die Frage muss sein: Wie wollen wir leben?“
„Ein vernünftiger Linker“ - so hat ihn die FAZ einmal genannt, weil er Dinge sagt, die Linke sonst nicht gerne hören: dass es den Nationalstaat braucht, dass der Brexit gar nicht so schlimm ist und eine allgemeine Wehrpflicht vielleicht eine gute Idee. Wolfgang Streeck, ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, bezeichnet sich selbst als „Wirklichkeitswissenschaftler“. Bis heute beschäftigt er sich mit der Frage: Wie schützen wir die Demokratie vor dem Kapitalismus und seinen Krisen?
6/4/2022 • 44 minutes, 22 seconds
Jochen Sandig: „Ich bin stetig auf der Suche nach dem glücklichen Moment“.
Jochen Sandig wurde in Esslingen am Neckar geboren. Es studierte Psychologie und Philosophie in Berlin. In Berlin lernte er auch die Choreografin Sasha Waltz kennen. Mit ihr hat er zwei Kinder und rief 1993 die Kompanie Sasha Waltz & Guests ins Leben. Der Kulturmanager ist im Rahmen seines gesellschaftspolitischen Engagements einer der drei Mitbegründer*innen des World Human Forums in Delphi, Griechenland. Seit 2019 ist er außerdem Intendant der Ludwigsburger Schlossfestspiele.
5/28/2022 • 43 minutes, 39 seconds
Joo Kraus: „Ich will die Leute mit meiner Musik berühren“.
„Ich bin halt wirklich so ein bunter Hund und glaube tatsächlich, dass mir Musik deswegen immer noch so viel Spaß macht“, hat Joo Kraus mal in SWR2 gesagt. Der Trompeter, Sänger und Komponist, der seit 30 Jahren Musik macht, solo und in unterschiedlichen Ensembles, gehört zur internationalen Jazz-Elite und hat viele Preise bekommen. Seine Musik lässt sich in keine Schublade stecken, wie das aktuelle Album „We are doing well“ beweist.
5/26/2022 • 44 minutes, 26 seconds
Dmitrij Kapitelman: „Ich bin Demokratiedeutscher“.
Dmitrij Kapitelman ist in Kiew geboren, träumt und spricht auf Russisch und Deutsch. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ist die Frage, ob jemand Ukrainisch oder Russisch spricht, ein hochpolitische. Kapitelmans Geburtsstadt Kiew, die er im Roman als widersprüchliche und pulsierende Metropole beschreibt, ist plötzlich der Ort seiner Alpträume. Er fürchtet er um das Leben seiner Kindheitsfreunde.
5/21/2022 • 44 minutes, 25 seconds
Maja Göpel: „Wir müssen die Fakten ehrlich auf den Tisch legen“
„Krisenmomente sind immer auch Fenster der Möglichkeit“, sagt die deutsche Politökonomin Maja Göpel. In ihrer wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt sie sich mit der Frage, wie wir einen nachhaltigen Lebensstil praktizieren können, um so den Klimawandel zu stoppen. Dabei setzt sie auf den Blick für das Wesentliche und auf das, was sie "mutige Menschlichkeit" nennt.
5/14/2022 • 44 minutes, 28 seconds
Herlinde Koelbl: „Man kann von allen etwas in die eigene Welt mitnehmen“.
Herlinde Koelbl ist eine der bekanntesten und wichtigsten Fotografinnen in Deutschland. Ihr vielfältiges Werk, zu dem auch Dokumentarfilme und Interviews gehören, ist geprägt von großer Nähe zu Menschen und der Art wie sie leben und arbeiten. Koelbls Porträts von Menschen in der Politik und ihre Reportagen über Medienleute zeigen, wer auf welche Weise Macht und Einfluss ausübt und wie Menschen sich dadurch verändern.
5/7/2022 • 44 minutes, 26 seconds
Maren Urner: „Unsere Stärke steckt im Neugier-Modus.“
Schlechte Nachrichten von Kriegen, Skandalen oder Hungersnöten bereiten uns definitiv Stress, sagt die Neurowissenschaftlerin Maren Urner. Deshalb müssten wir lernen, besser damit umzugehen und uns gegen die „Vermüllung unserer Gehirne“ wehren. Die Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln gilt als Vertreterin des Konstruktiven Journalismus, der nicht nur Probleme aufzeigt, sondern gleichzeitig auch Lösungen anbietet.
4/30/2022 • 44 minutes, 4 seconds
Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger: „Es muss für den Historiker möglich sein, Gegenwart auszustellen.“
Gefühle ausstellen?! Was auf den ersten Blick ganz unwissenschaftlich und wenig museumstauglich erscheint, wird für Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger erst recht zur spannenden Herausforderung. Geschichte kontrovers und lebendig erzählen, lautet ihr Motto, es darf noch „qualmen“. Und das tut es. Denn die Ausstellungen, ob zur „RAF“ oder zur „Gier“, werfen nicht einfach nur den Blick zurück. Der Historikerin ist es wichtig, die großen Linien bis ins Heute sichtbar zu machen.
4/23/2022 • 44 minutes, 27 seconds
Vincent Klink: „Wer nicht denkt, kocht auch nicht gut.“
Vincent Klink ist Koch, Flaneur, eher Bauch- als Bedenkenträger, gleichwohl kritischer Zeitgenosse, Buchautor, Fernsehfigur, Musiker, Unternehmer, Imker, Bildender Künstler, Humorist, Bogenschütze, Gelegenheitsfotograf – und Schwabe, gourmettechnisch sozialisiert von einer Wiener Köchin
4/18/2022 • 49 minutes, 27 seconds
Monika Helfer: „Kritik ist immer brutal“
Die 1947 im Bregenzerwald geborene Schriftstellerin Monika Helfer veröffentlicht seit Jahren Romane, Erzählungen und Kinderbücher. Aber erst mit ihren autobiografisch grundierten Bestsellern „Die Bagage“ und „Vati“ wurde sie einem breiten Publikum bekannt. In ihrem vorerst letzten Erinnerungsbuch schreibt sie über ihren Bruder Richard. „Löwenherz“ ist nicht nur die berührende Geschichte eines liebenswerten Sonderlings. Helfer hat auch einen Abgesang auf unsere Gesellschaft vorgelegt, in der Lebenswege abseits der Norm kaum eine Chance haben
4/16/2022 • 44 minutes, 9 seconds
Annette Kurschus: „Der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Krise wird uns etwas kosten.“
Gleich in der ersten Rede nach ihrer Wahl zur EKD-Ratsvorsitzenden hat Annette Kurschus das Missbrauchsthema zur Chefinnensache erklärt. Sie zeigt sich offen selbst für eine staatliche Aufarbeitungskommission in den Kirchen. Klimaschutz, Migration, soziale Gerechtigkeit – Theologie und Glaube seien immer auch politisch, meint die 59-Jährige, "doch wir sind nicht diejenigen, die Politik machen".
4/15/2022 • 49 minutes, 25 seconds
Romani Rose: „Das Zigeunerschnitzel ist nicht unser Problem.“
Seit 1982, also 40 Jahre schon, ist Romani Rose Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. Für sein Engagement gegen Diskriminierung hat der gebürtige Heidelberger viel Anerkennung erfahren. Nach wie vor aber beobachtet Romani Rose Vorurteile gegen Sinti und Roma in der Gesellschaft.
4/9/2022 • 44 minutes, 27 seconds
Roland Kaiser: „Wer zu mir kommt, wird gut unterhalten“.
„Ich hadere mit nichts“ sagt Deutschlands bekanntester Schlagersänger Roland Kaiser kurz vor seinem 70. Geburtstag im Rückblick auf ein Leben mit Höhen und Tiefen. Das größte Glück: die liebevolle Pflegemutter, bei der das Findelkind in Westberlin aufgewachsen ist. Der größte Zufall: die unvermutete Karriere als Schlagerstar, die in einem Autohaus begann, und die Ronald Keiler erst zu Roland Kaiser machte.
4/2/2022 • 43 minutes, 50 seconds
Volker Schlöndorff: „Ich habe einfach viel Glück gehabt, mich aber auch immer dem Glück in den Weg gestellt“.
Volker Schlöndorff hat dem deutschen Film weltweites Ansehen geschenkt, wurde für „Die Blechtrommel“ mit dem Oscar und der Goldenen Palme ausgezeichnet. Am 7. April bringt der 82-Jährige seinen ersten Dokumentarfilm in die Kinos: „Der Waldmacher“ über den Agrarwissenschaftler Tony Rinaudo. Schlöndorff erzählt von seinem Film, von den Chancen, die das Projekt des Alternativen Nobelpreisträgers bietet, von den Problemen Afrikas im Klimawandel, von seiner Sicht auf die Welt und das Kino.
3/26/2022 • 44 minutes, 10 seconds
Markus Müller: „Das Tollste am Theater ist die Möglichkeit des Scheiterns.“
Markus Müller, Intendant des Mainzer Staatstheaters, hat das Haus zu einem Erfolgsmodell gemacht. Er etablierte neue Formate, wie zum Beispiel ein Tanzfestival. Der einst jüngste Intendant Deutschlands gilt als engagierter Netzwerker. Außerdem machte er mit politischen Aktionen auf das Theater aufmerksam. Etwa als der Theaterchor durch offene Fenster Beethovens Europahymne sang, während draußen eine AfD-Kundgebung standfand.
3/19/2022 • 44 minutes, 26 seconds
Hella Pick: „Mit dem polnischen Papst Johannes Paul II wurde der kalte Krieg wärmer“.
Hella Pick ist Österreicherin und Britin, Journalistin und Weltenbummlerin. Sie hat 35 Jahre lang für den britischen Guardian berichtet. In Afrika, den USA und Europa hat sie viele historisch prägende Momente der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts miterlebt. Als Zehnjährige kam Hella Pick mit einem Kindertransport aus Wien nach London, wo sie heute lebt.
3/5/2022 • 44 minutes, 32 seconds
Juan Moreno: „Wenn ich Mist esse, werde ich krank. Und wenn ich Mist lese, werde ich blöd.“
Er hat den Fälschungsskandal um den SPIEGEL-Reporter Claas Relotius aufgedeckt, einen der größten Medienskandale der letzten Jahrzehnte. Dabei ist er selbst einer der bekanntesten Autoren des SPIEGEL: Juan Moreno. In seinem Nr. 1-Bestseller „Tausend Zeilen Lüge“ hinterfragt er auch den deutschen Journalismus. In seinem neuen Buch „Glück ist kein Ort“ erzählt der erfahrene Auslandsreporter „Geschichten von unterwegs“.
2/26/2022 • 44 minutes, 15 seconds
Ernst Seidl: „Bereits der Homo sapiens schuf Kunst.“
Auf Schloss Hohentübingen thront Prof Ernst Seidl als Herr über unterschiedlichste Schätze: fragile Eiszeitkunst, UNESCO Weltkulturerbe, ein Rekord-Riesenweinfass mit Guinness-Eintrag oder das Schlosslabor, wo die DNA entdeckt wurde. Über 70 Sammlungen gehören zum MUT, dem Museum der Universität Tübingen. Mit Verve und Expertise arbeitet der profilierte Kunsthistoriker Seidl daran, dieses Potential einem breiteren Publikum zu erschließen.
2/12/2022 • 44 minutes, 27 seconds
Petra Gerster: „Feministin bis zum Lebensende“
Während 1989 in Berlin die Mauer fiel, war die Journalistin Petra Gerster auch an einer Revolution beteiligt. Sie gehörte zum Gründungsteam von „ML-Mona Lisa“, des ersten bundesweiten TV-Frauenmagazins. Qualitätsjournalismus und feministisches Engagement waren seither ihre Markenzeichen, die sie später als Anchorwoman zum Heute-Journal führten. Als eine der Ersten setzte sie sich dort für eine gendergerechte Sprache ein – und genderte in den Abendnachrichten konsequent bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2020. „Gendern macht Frauen sichtbar“, davon ist die 67-Jährige bis heute überzeugt.
2/5/2022 • 44 minutes, 15 seconds
Florian Schroeder, Kabarettist: „Die Meinungsfreiheit ist nicht bedroht.“
Mehr Hirn und weniger Hysterie – das fordert der Kabarettist, Moderator, Promi-Imitator und Autor Florian Schroeder in seinem neuesten Buch. Auf der Bühne und in seinen Texten setzt sich der 1979 in Lörrach geborene Künstler mit den menschlichen Abgründen auseinander und hat keine Scheu davor, sich unbeliebt zu machen. Unbeliebt ist er unter anderem bei der sogenannten Querdenken-Bewegung, weil er deren Podium genutzt hat, um ihre eigenen Argumente gegen sie zu verwenden.
1/29/2022 • 44 minutes, 27 seconds
Hans von Storch: „Das eigentliche Problem ist die Besserwisserei“
Er hat den Klimawandel erforscht, war an den Berichten des Weltklimarats IPCC beteiligt und wurde für seine Arbeit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet: Hans von Storch lebt für die Wissenschaft, warnt aber auch vor ihrem politischen Missbrauch, wenn junge Klimaschützer von Fridays for Future fordern "Follow the Science". "Wissenschaft produziert nicht Wahrheit", ist von Storch überzeugt. Im Kampf gegen den Klimawandel fordert er weniger Panik und moralische Überheblichkeit und mehr Rationalität.
1/22/2022 • 44 minutes, 12 seconds
Rafik Schami: „Durch Erzählen will ich Zusammengehörigkeit herstellen.“
„Ich erzähle nicht orientalisch, ich erzähle rafik-schamisch“, hat Rafik Schami selbst einmal über seinen Stil gesagt. In seinen Romanen, Kinderbüchern, Erzählungen und Essays vermittelt er ein facettenreiches Bild von Syrien, aber auch davon, was es bedeutet, als Exilschriftsteller in Deutschland eine neue Heimat zu finden. Immer dabei: Eine gute Prise Humor.
1/15/2022 • 44 minutes, 27 seconds
Eckart Conze: „Fortschritt wird an der Lösung globaler Probleme gemessen.“
Die Debatte um die Rolle deutscher Diplomaten im Holocaust und ihre Karrieren nach 1945 machte Eckart Conze bekannt. Denn der Marburger Historiker führte das Herausgeber-Gremium der Studie an. Seither ist der Diplomatie- und Adels-Experte ein streitbarer Diskutant in den Medien – aktuell in der „Hohenzollern-Debatte“.
1/8/2022 • 44 minutes, 27 seconds
Wolfgang Thierse: „Freiheit ist auch immer die Freiheit der anderen“
23 Jahre nach seiner ersten Wahl zum Präsidenten des Deutschen Bundestages ist die SPD von Wolfgang Thierse wieder stärkste politische Kraft. Wie steht es heute um die Demokratie und die gesellschaftliche Einheit in Deutschland? (50 Jahre SWR2 Zeitgenossen)
1/1/2022 • 44 minutes, 9 seconds
Best of 2021
Viele spannende, anregende Persönlichkeiten waren in 2021 zu Gast in „SWR2 Zeitgenossen“. Menschen, die Überraschendes, Nachdenkliches zu sagen hatten: Zum Beispiel die Umweltaktivistin Luisa Neubauer, die Theologin Margot Käßmann, die Schriftstellerin Nora Bossong, der Ballettdirektor John Neumeier, der Kulturwissenschaftler Klaus Theweleit oder der Schauspieler Daniel Donskoy.
12/31/2021 • 52 minutes, 44 seconds
Alice Bota: „Ich hab ein Faible für Osteuropa“
Ob in Georgien, Armenien oder auf dem Maidan in Kiew - als Journalistin berichtet Alice Bota über politische Protestbewegungen weltweit, bevorzugt allerdings aus Osteuropa. Besonders beeindruckt ist die Leiterin des Moskau-Büros der Zeitung DIE ZEIT von den Anführerinnen der Proteste in Minsk, die sie in ihrem Buch „Die Frauen von Belarus“ porträtiert.
12/18/2021 • 44 minutes, 11 seconds
Cornelia Weigand: „Es geht nicht nur ums Überleben“.
„Das Leben an Flüssen muss neu gedacht werden“ - mahnt Cornelia Weigand, parteilose Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, beim Staatsakt für die Opfer der Flutkatastrophe an. Mitte Juli waren bei den Überschwemmungen im Norden von Rheinland-Pfalz mehr als 130 Menschen getötet worden, tausende Häuser wurden zerstört. Die 50-Jährige ist seitdem pausenlos im Einsatz, um den Wiederaufbau voranzutreiben.
12/11/2021 • 44 minutes, 27 seconds
Cornelius Meister: „In meinem Ohr sind Klänge, seitdem ich denken kann.“
Er fährt nur mit dem Rad zur Arbeit und hält sich beim Marathon fit: Stuttgarts Generalmusikdirektor Cornelius Meister. Mit 24 Jahren wurde der Hochbegabte Deutschlands jüngster Generalmusikdirektor am Theater Heidelberg. Seit 2018 ist er GMD des Stuttgarter Staatstheaters und ein international bekannter und gefragter Dirigent. Mit seiner Frau und drei Söhnen lebt er in Stuttgart. In der Pandemie-Pause initiierte Cornelius Meister Balkonkonzerte und trat in Krankenhäusern auf.
12/4/2021 • 44 minutes, 19 seconds
Karl-Heinz Ott: „Wenn man liest, ist man nie allein“
Der Schriftsteller Karl-Heinz Ott ist diesjähriger Preisträger des renommierten Joseph- Breitbach-Preises. Karl-Heinz Ott wurde 1957 im baden-württembergischen Ehingen geboren, besuchte ein katholisches Internat und studierte Philosophie, Germanistik und Musikwissenschaft. Er war unter anderem Dramaturg am Theater in Freiburg, Basel und Zürich, hatte später eine Poetikdozentur an der Universität in Mainz inne. 1998 erschien sein Debütroman „Ins Offene“. Karl-Heinz Ott gilt als behutsamer Beobachter mit Hang zu Ironie und Komik.
11/20/2021 • 44 minutes, 12 seconds
Gunter Demnig: „Stolpersteine sind eine Verneigung vor den Opfern.“
Gunter Demnig arbeitet seit etwa einem halben Jahrhundert als Künstler, hat einen Faden von der Kassler documenta zur Biennale in Venedig gezogen und eine Farbspur von Köln nach Paris, doch bekannt ist er nur für ein einziges Werk: Die „Stolpersteine" zur Erinnerung an NS-Opfer in Europa, das wohl größte dezentrale Mahnmal der Welt.
11/13/2021 • 44 minutes, 26 seconds
Jórunn Ragnarsdóttir: „Man baut nicht in der Stadt, sondern an der Stadt“
Es ist noch immer ungewöhnlich, dass Frauen unter den Architekten in der ersten Reihe stehen. Die isländische Architektin Jórunn Ragnarsdóttir gehört zu denen, die das geschafft haben. Die Arbeiten die sie im erfolgreichen Stuttgarter Büro Lederer Ragnarsdóttir Oei mitverantwortete, sind vielfach preisgekrönt. Es entstanden herausragende Bauten, die in den letzten Jahren für viel Aufsehen gesorgt haben. Das Ravensburger Kunstmuseum, der Umbau des Hospitalhofes in Stuttgart, das Diözesan-Archiv und Bischöfliche Ordinariat Rottenburg.
10/30/2021 • 44 minutes, 13 seconds
Hanns-Josef Ortheil: „Eigentlich bin ich ja mein eigener Therapeut“.
Als Hanns-Josef Ortheil 1951 geboren wurde, war auf tragische Weise klar, dass er etwas zu erzählen hatte. Seine Eltern erlitten vor seiner Geburt den Verlust von vier Kindern. In der tieftraumatisierten Familie lernte Hanns-Josef Ortheil das Schreiben vor dem Sprechen, Musik war die Sprache zwischen ihm und der stumm gewordenen Mutter. Über 70 Bücher über das Leben, die Kunst und den Genuss hat der Autor geschrieben.
10/23/2021 • 44 minutes, 19 seconds
Ariane Müller: „Erst wenn wir etwas total Sexistisches umgedreht machen, wachen die Leute auf.“
Ariane Müller steht auf der Bühne, seit sie 15 ist. Als Musikerin, Komikerin und Entertainerin, die auch komponiert und textet: Ariane Müller aus Ulm. Im vorigen Jahr hat sie den Deutschen Kleinkunstpreis in der Kategorie Chanson gewonnen, als eine Hälfte des weiblichen Duos „Suchtpotenzial“.
10/16/2021 • 44 minutes, 28 seconds
Sasha Waltz: „Kunst war meine erste Leidenschaft.“
Die Tänzerin, Choreografin und Opernregisseurin Sasha Waltz zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlerinnen. Ihren ersten Tanzunterricht erhielt sie im Alter von fünf Jahren. Anfang der 1990er-Jahre entstanden erste choreografische Arbeiten. Sasha Waltz gründete zusammen mit Jochen Sandig 1993 die Compagnie „Sasha Waltz&Guests“.
10/9/2021 • 44 minutes, 29 seconds
Georg Stefan Troller: „Sprache ist die einzige Heimat”
Georg Stefan Troller, geboren 1921 in Wien, hat sich seit den 60ern einen Namen als Schriftsteller, Fernsehjournalist, Drehbuchautor, Regisseur und Dokumentarfilmer gemacht. Mit 16 floh er wegen seiner jüdischen Herkunft über Frankreich in die USA. 1949 zog er nach Paris, wo er seitdem lebt.
8/7/2021 • 44 minutes, 26 seconds
Nora Bossong: „Literatur ist eine sehr intime Kunst“
Sie gilt als eine der wichtigsten Autorinnen ihrer Generation. Nora Bossongs Roman „Schutzzone“ von 2019 über eine Mitarbeiterin der Vereinten Nationen in Genf machte die 39jährige einem breiten Lese-Publikum bekannt. Für den Roman sowie ihr literarisches Werk erhielt sie vergangenes Jahr gleich mehrere Preise.
6/12/2021 • 44 minutes, 21 seconds
Helga Schubert: „Ich habe auch Diktaturfolgen“
Die meiste Zeit war Helga Schubert nur Literatur-Experten ein Begriff: In der DDR gehörte sie zu den unbequemen Literaten, musste beispielsweise 1980 eine Einladung zum Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt ablehnen. Diesen Sommer wurde ihre Kurzgeschichte „Vom Aufstehen“ dort preisgekrönt. Späte Genugtuung?
11/7/2020 • 44 minutes, 10 seconds
Zum Tod von Wolfgang Schäuble - „Vater des Einheitsvertrags"
Am 26.12.2023 verstarb der frühere Präsident des Deutschen Bundestages Wolfgang Schäuble. Er gilt als „Vater des Einheitsvertrags". Zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit 2020 hat Schäuble im SWR2 Zeitgenossen-Gespräch auf diese Zeit zurückgeblickt.
10/3/2020 • 44 minutes, 15 seconds
Josef H. Reichholf: „Umwelt- und Naturschutz sind teilweise gescheitert“
Prof. Dr. Josef Helmut Reichholf ist einer der bekanntesten, aber auch streitbarsten Zoologen in Deutschland. Zusammen mit Bernhard Grzimek und Horst Stern gehört er zu den Gründungsvätern des heutigen Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Für seine allgemeinverständlichen Beiträge zur Ökologie hat Reichholf den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa erhalten.
8/22/2020 • 44 minutes, 13 seconds
Karin Kneffel: „Schönheit ist ein Kriterium in der Kunst”
„Malerei war damals sehr männerdominiert”, erinnert sich Karin Kneffel an ihr Studium an der Kunstakademie Düsseldorf in den 1980er Jahren. Und es gab viele Verbote, gerade was Gegenständliche Malerei betraf. Doch Karin Kneffel hat sich davon nicht beirren lassen. Bekannt wurde sie mit einer Serie von kleinformatigen Tierporträts und ihren monumentalen Bildern von knackigen Früchten. „Für mich war das Thema Schönheit, weil ich immer noch der Meinung bin, dass Schönheit noch ein Kriterium in der Kunst ist”, sagt Karin Kneffel. In Gerhard Richter fand sie einen Professor, der sie unterstützte und sie zu seiner Meisterschülerin machte. Heute gilt Karin Kneffel als eine der bedeutendsten zeitgenössischen Künstlerinnen aus Deutschland.
4/4/2020 • 44 minutes, 21 seconds
Jan Wagner: „Alles kann ein Gedicht werden”
„Wir zeigen den Schatz Europas, den Reichtum an unwahrscheinlich schönen und eigenwilligen Sprachen”, sagt der Lyriker Jan Wagner