Deutsch für Fortgeschrittene! In kurzen Episoden spricht Annik Rubens langsam über deutsche Themen. Es gibt auch einen Premium Podcast mit Lernmaterial!
In this podcast, German podcaster Annik Rubens talks slowly about topics of everyday German life, from beergardens to recycling. More information and Premium Podcast with learning materials on Slow German at https://slowgerman.com. You can read the complete transcript of each episode on this internet-site or in the ID3-Tags.
John Rabe – SG #260
John RabeShow Podcast Information
John Rabe war ein deutscher Geschäftsmann, der in China gelebt hat. Er wird manchmal als „Oskar Schindler Chinas“ bezeichnet - ich erzähle Dir, warum.
John Rabe wurde 1882 in Hamburg geboren und ist 1950 in Berlin gestorben.
Als junger Mann hat Rabe in verschiedenen Unternehmen gearbeitet. Er hat später für die deutsche Firma Siemens in China gearbeitet. Er lebte in der Stadt Nanjing, die früher als Nanking bekannt war. In dieser Stadt hat es im Jahr 1937 einen großen Krieg gegeben. Japan hat die Stadt angegriffen und viele Menschen getötet. Heute spricht man vom Massaker von Nanking.
Rabe hat selbst viel Leid in dieser Zeit erlebt. Er hat aber auch viele Menschen in Not gesehen und wollte ihnen helfen. Rabe war besorgt um die Sicherheit seiner Mitarbeiter und Freunde.
Er hatte Angst, dass sie in Gefahr waren. Deshalb hat er seine deutschen Mitbürger aufgerufen, ihm zu helfen. Er sagte ihnen, sie sollen alle zusammenarbeiten, um den Menschen in der Stadt zu helfen.
Rabe arbeitete eng mit anderen ausländischen Einwohnern auf dem Gebiet zusammen und gründete das "Internationale Sicherheitszone Komitee". Dieses Komitee sollte die Sicherheit von Zivilisten gewährleisten. Eine zwei mal zwei Kilometer große Schutzzone wurde eingerichtet, um die chinesische Zivilbevölkerung vor den japanischen Soldaten zu schützen.
Rabe hat auch sein eigenes Haus in Nanjing genutzt, um Menschen zu helfen. Er hatte einen Schutzraum in seinem Haus, in dem viele Menschen untergebracht werden konnten. Dort konnten die Menschen sicher sein, weil die Japaner das Haus von Rabe respektierten. Warum? Weil Rabe eine Hakenkreuzfahne in seinem Garten aufgespannt hat. Diese Fahne konnten die japanischen Piloten von oben sehen. 650 Menschen soll Rabe auf seinem Grundstück untergebracht haben.
Rabe konnte vielen Menschen helfen, aber natürlich nicht allen. 300.000 Menschen sollen in diesem Krieg ums Leben gekommen sein.
1938 verließ John Rabe China und kehrte nach Deutschland zurück. Er schrieb viele Berichte über das, was in Nanjing passierte. Diese Berichte sind heute noch wichtig, um die Geschichte Chinas besser zu verstehen.
Rabe ist heute als "Gutmann in Nanjing" bekannt. Das kommt von einem Buch, das Rabe über seine Erfahrungen in Nanjing geschrieben hat. Es wurde später verfilmt.
Somit ist ein Deutscher ein Teil der chinesischen Geschichte und wird von vielen Menschen in China als Held verehrt. Seine Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, anderen zu helfen und Solidarität zu zeigen, wenn es nötig ist.
Interessant finde ich, dass mich ein Slow German-Hörer auf diese Geschichte aufmerksam gemacht hatte - ich hatte von John Rabe vorher noch nie etwas gehört.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg260kurz.pdf
11/28/2023 • 4 minutes, 30 seconds
Beliebte Sportarten – SG #259
Beliebte SportartenShow Podcast Information
Sport ist für viele Menschen in Deutschland ein wichtiger Teil des täglichen Lebens. Laut einer Umfrage des Bundesministeriums für Gesundheit aus dem Jahr 2020 treiben rund 60% der deutschen Bevölkerung im Alter von 18 bis 79 Jahren regelmäßig Sport. Hier sind die beliebtesten Sportarten der Deutschen:
Fußball ist zweifellos die beliebteste Sportart in Deutschland. Hunderttausende von Menschen spielen in Vereinen, in Parks und auf Schulhöfen. Es gibt viele Fußballligen für verschiedene Altersgruppen und Fähigkeiten. Die deutsche Nationalmannschaft hat viele Erfolge auf internationaler Ebene erzielt, insbesondere bei der Weltmeisterschaft, die sie viermal gewonnen hat. Viele Kinder fangen bereits in Fußballvereinen an, regelmäßig zu spielen.
Lieber Sport machen ohne Mannschaft? Geht natürlich auch! Joggen ist eine der einfachsten und kostengünstigsten Sportarten. Alles, was man braucht, sind ein paar bequeme Schuhe und ein gutes Paar Beine. Joggen kann überall ausgeübt werden - im Park, auf der Straße oder sogar auf dem Laufband im Fitnessstudio. Es ist eine großartige Möglichkeit, Körper und Geist gesund zu halten.
Platz drei: Radfahren. Radfahren ist eine ausgezeichnete Übung für alle Altersgruppen und Fitnesslevels. Es eignet sich für Pendler, die zur Arbeit radeln möchten, aber auch für Radtouristen, die lange Strecken fahren möchten. Es gibt viele Fahrradclubs, in denen man sich mit anderen Radfahrern treffen und gemeinsam fahren kann. Vor allem seit der Pandemie fahren noch mehr Menschen in Deutschland Rad. Laut einer Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) fahren in Deutschland etwa 45 Prozent der Bevölkerung regelmäßig (mindestens einmal pro Woche) Fahrrad. Das entspricht etwa 38 Millionen Menschen.
Schwimmen ist eine der besten Ausdauersportarten und es ist auch eine großartige Möglichkeit, Stress abzubauen. Es gibt rund 6000 Hallenbäder und Freibäder in Deutschland, die für Training und Fitness genutzt werden können.
Und dann sind da noch die Fitnessstudios. Sie sind die beliebteste Wahl für Menschen, die auf der Suche nach strukturierten und organisierten Sportaktivitäten sind. Es gibt viele Fitnessstudios in Deutschland, die eine Vielzahl von Aktivitäten wie Aerobic, Gewichtheben, Yoga und Pilates anbieten. Fitnessstudios sind auch eine gute Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen und sich in einer Gruppe fit zu halten.
Insgesamt gibt es viele verschiedene Sportarten, die man in Deutschland ausüben kann. Jeder kann eine Sportart finden, die ihm Spaß macht und ihm dabei hilft, gesund und fit zu bleiben. Ob man nun in einem Verein spielt oder einfach nur Freizeitsport treibt, Sport sollte ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens bleiben.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg259kurz.pdf
11/17/2023 • 4 minutes, 17 seconds
Deutsche auf Geschäftsreise – SG #258
Deutsche auf GeschäftsreiseShow Podcast Information
Viele Deutsche gehen auf Geschäftsreisen. Das bedeutet, dass sie für ihre Arbeit in ein anderes Land oder in eine andere Stadt reisen. Es kann eine gute Möglichkeit sein, neue Leute zu treffen, neue Orte zu besuchen und Erfahrungen zu sammeln.
Im Jahr 2019 unternahmen deutsche Geschäftsreisende rund 96 Millionen Geschäftsreisen, davon rund 55 Millionen innerhalb Deutschlands und 41 Millionen ins Ausland. Geschäftsreisen machen in Europa rund 30% aller Flüge aus.
Um eine Geschäftsreise zu planen, musst Du einige Dinge berücksichtigen. Zunächst einmal musst Du ein Budget haben. Du musst wissen, wieviel Geld Du ausgeben kannst, um die Reise zu machen. Du musst auch die Unterkunft und die Transportkosten berücksichtigen.
Es ist auch wichtig, Deine Reisedokumente vorzubereiten. Du solltest sicherstellen, dass Du einen gültigen Reisepass hast und wissen, ob Du ein Visum benötigst. Ich prüfe auch immer, ob ich Impfungen benötige, bevor ich in ein anderes Land reisen kann.
Wenn Du auf Geschäftsreise gehst, solltest Du auch die lokalen Gesetze und Bräuche des Landes kennen, in das Du reist. Du solltest Dich darüber informieren, welche Kleidung angemessen ist, welches Essen Du essen kannst und wie Du Dich gegenüber anderen Menschen verhalten solltest.
Sobald Du Dein Reiseziel erreicht hast, solltest Du Deine Zeit gut nutzen. Du solltest Deine Arbeit schnell und effektiv erledigen und Dir auch Zeit nehmen, um die lokalen Sehenswürdigkeiten und Kulturen zu erkunden. Das ist nicht immer möglich, aber falls es geht, mach das unbedingt. Zumindest, wenn Du in einer interessanten Region bist und dort noch nicht warst.
Während einer Geschäftsreise kannst Du auch viele Leute treffen. Du kannst andere Geschäftsleute, Einheimische oder andere Personen treffen, die für ihre Arbeit reisen. Es ist in vielen Berufen wichtig und enorm nützlich, viele Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen, die für die Zukunft gut sein können.
Wenn Du auf Geschäftsreise gehst, solltest Du auch auf Deine Gesundheit achten. Du musst sicherstellen, dass Du genügend Schlaf bekommst und Dir genug Zeit für Entspannung und Erholung nehmen. Du solltest auch darauf achten, dass Du genug Wasser trinkst und regelmäßig isst.
Geschäftsreisen können für viele Menschen sehr aufregend sein, aber sie erfordern auch eine sorgfältige Planung und Vorbereitung. Du solltest sicherstellen, dass Du Dich vor Deiner Reise gut informierst und alle notwendigen Vorkehrungen treffen.
Insgesamt können Geschäftsreisen eine großartige Möglichkeit sein, neue Erfahrungen zu machen und berufliche Beziehungen aufzubauen. Wenn Du gut vorbereitet bist und auf Deine Gesundheit achtest, kannst Du eine erfolgreiche Geschäftsreise erleben und eine positive Erfahrung machen.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg258kurz.pdf
10/24/2023 • 4 minutes, 25 seconds
Vor- und Nachteile der Zweisprachigkeit – SG #257
Vor- und Nachteile der ZweisprachigkeitShow Podcast Information
Ich bin zweisprachig aufgewachsen. Meine Mutter hat Deutsch mit mir gesprochen, mein Vater Armenisch. Es wird also Zeit, dass wir hier bei Slow German über Zweisprachigkeit sprechen!
Zweisprachigkeit bezeichnet die Fähigkeit, zwei Sprachen fließend sprechen und verstehen zu können. Es gibt Menschen, die von Geburt an in einer bilingualen Umgebung aufwachsen und automatisch beide Sprachen erlernen. Andere lernen eine zweite Sprache durch Sprachkurse, Auslandsaufenthalte oder den Kontakt zu sprechenden Menschen.
Es gibt viele Vor- und Nachteile von Zweisprachigkeit. Einer der größten Vorteile ist, dass man mit mehr Menschen kommunizieren und interagieren kann. Wenn man zum Beispiel eine zweite Sprache spricht, kann man besser mit Menschen sprechen, die diese Sprache sprechen. Das erleichtert Reisen und macht es einfacher, neue Freundschaften zu schließen.
Ein weiterer Vorteil von Zweisprachigkeit ist, dass es berufliche Vorteile mit sich bringen kann. Immer mehr Unternehmen arbeiten mit Kunden und Lieferanten im Ausland zusammen, und die Fähigkeit, eine zweite Sprache zu sprechen, kann ein wichtiger Faktor bei der Einstellung sein. Zweisprachigkeit erhöht auch die Chancen auf beruflichen Erfolg im Ausland.
Auch im akademischen Bereich gibt es viele Vorteile von Zweisprachigkeit. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die zweisprachig aufwachsen, bessere kognitive Fähigkeiten haben als einsprachige Kinder. Zweisprachigkeit fördert die Gehirnentwicklung und kann dabei helfen, bessere Lernfähigkeiten, ein besseres Gedächtnis, bessere Problemlösungsfähigkeiten und sogar bessere Noten zu erreichen.
Neben den Vorteilen gibt es jedoch auch Nachteile von Zweisprachigkeit. Einer der größten Nachteile kann sein, dass es schwieriger sein kann, beide Sprachen perfekt zu beherrschen. Auch wenn man beide Sprachen fließend sprechen kann, kann es schwierig sein, in beiden Sprachen auf dem gleichen hohen Niveau wie Muttersprachler zu schreiben und zu reagieren.
Ein weiterer Nachteil von Zweisprachigkeit ist, dass es vermehrten Aufwand bei der Erhaltung beider Sprachen bedeuten kann. Um beide Sprachen auf hohem Niveau zu erhalten, erfordert dies möglicherweise zusätzlichen Aufwand wie regelmäßiges Lesen, Schreiben und Sprechen in beiden Sprachen. Dies kann zu einem höheren Lernaufwand und Zeitaufwand führen.
Es kann auch vorkommen, dass Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, Schwierigkeiten haben, die richtigen Wörter in der richtigen Sprache zu finden. In manchen Situationen kann dies dazu führen, dass man im Gespräch nicht so flüssig ist wie in der Muttersprache oder sich nicht so gut ausdrücken kann.
Ein weiterer Nachteil kann sein, dass es möglicherweise schwieriger sein kann, eine Sprache zu erlernen, wenn man bereits eine zweite Sprache beherrscht. Es kann zu Verwechslungen zwischen den Sprachen kommen oder eine Sprache kann vernachlässigt werden, wenn man sich eher auf die andere Sprache konzentriert.
Zusammengefasst gibt es Vor- und Nachteile von Zweisprachigkeit. Vorteile sind zum Beispiel eine größere Vielfalt an sozialen und beruflichen Möglichkeiten, bessere kognitive Fähigkeiten und eine bessere Gehirnentwicklung. Nachteile können zum Beispiel vermehrter Aufwand bei der Erhaltung beider Sprachen bedeuten, Schwierigkeiten bei der flüssigen Sprachverwendung und möglicherweise Schwierigkeiten, eine Sprache zu erlernen, wenn man bereits eine zweite Sprache beherrscht. Mit der richtigen Pflege und Aufmerksamkeit können jedoch die Vorteile von Zweisprachigkeit überwiegen und Menschen in vielen Lebensbereichen große Vorteile bringen. Schön, dass Du Deutsch lernst!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg257kurz.pdf
9/28/2023 • 5 minutes, 48 seconds
Die Reederei Hapag-Lloyd – SG #256
Die Reederei Hapag-LloydShow Podcast Information
Hapag-Lloyd ist eine große Reederei aus Deutschland. Hast du den Namen schon einmal gehört? Der Name Hapag kommt von Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft. Das klingt kompliziert, ist aber nur der alte Name der Reederei. Lloyd hingegen bezieht sich auf die Norddeutsche Lloyd Reederei.
Hapag-Lloyd ist heute eine der größten Reedereien der Welt. Sie transportiert jedes Jahr Millionen von Containern von einem Ort zum anderen auf der ganzen Welt. Im Jahr 2020 waren das 12,2 Millionen TEU, das steht für Twenty-foot Equivalent Unit. Darunter konnte ich mir auch nichts vorstellen, also habe ich es mir umrechnen lassen und es sind 146 Millionen Tonnen Fracht. Gut, das können wir uns auch nicht wirklich vorstellen, oder? Es ist einfach wahnsinnig viel. Das Unternehmen hat 234 eigene Schiffe und arbeitet auch mit anderen Reedereien zusammen.
Die Geschichte von Hapag-Lloyd ist sehr interessant. Die Reederei ist schon sehr alt. Sie wurde im Jahr 1847 gegründet. Zu dieser Zeit wollten viele Menschen aus Deutschland in die USA auswandern. Darüber habe ich ja auch schon eine Episode Slow German gemacht. Die Reederei transportierte diese Menschen und ihre Sachen über den Ozean. Damals noch auf Segelschiffen. Eine Reise nach New York dauerte in der Regel 40 Tage, die Rückreise 29 Tage. Die Zeit an Bord verkürzte sich für eine Hin- und Rückfahrt auf zwei Wochen, als 1856 das erste Dampfschiff der Hapag, die Borussia, seine Einweihungsfahrt absolvierte.
In den Jahrzehnten danach hat sich Hapag-Lloyd gewandelt und erweitert. So hat die Reederei zum Beispiel auch Luxuskreuzfahrten angeboten.
Im Jahr 1914 begann der Erste Weltkrieg. Es war sehr gefährlich auf dem Meer. Die Schiffe von Hapag-Lloyd wurden von Kriegsschiffen und U-Booten angegriffen. Viele Schiffe gingen dabei verloren. Nach dem Krieg musste das Unternehmen wieder von vorne anfangen. Doch Hapag-Lloyd schaffte es, sich zu erholen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Reederei wieder stark betroffen. Die meisten Schiffe wurden zerstört oder beschädigt. Heute ist Hapag-Lloyd ein wichtiger Arbeitgeber. Es arbeiten über 11.000 Menschen für das Unternehmen. Die Reederei hat auch einen großen Umweltschutzplan. Sie will den Treibstoffverbrauch ihrer Schiffe reduzieren und setzt auf Recycling und erneuerbare Energien.
Es gibt auch viele kuriose und witzige Fakten rund um Hapag-Lloyd. Zum Beispiel hatte eine Containerverladung in Hamburg einmal eine Pause, weil ein Pinguin am Terminal entdeckt wurde. Der kleine Pinguin war in Hamburg gelandet und hatte sich auf ein Containerschiff verirrt. Das Unternehmen hat den kleinen Vogel gerettet und ihn wieder in die Freiheit entlassen.
Hapag-Lloyd hat übrigens einst das größte Containerschiff der Welt betrieben, die Oxford Mærsk. Dieses Schiff war so groß, dass es schwierig war, es in Häfen anzulegen. Es war 400 Meter lang und hatte Platz für über 15.000 Container.
Insgesamt ist Hapag-Lloyd also eine sehr wichtige und spannende Reederei. Sie hat eine lange Geschichte und ist immer noch sehr erfolgreich. Und das wichtigste: Ein Hörer von Slow German arbeitet auf einem Schiff dieser Reederei - sonst wäre ich nie auf die Idee gekommen, mich mit der Geschichte von Hapag-Lloyd zu beschäftigen. Danke dafür!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg256kurz.pdf
6/28/2023 • 5 minutes, 24 seconds
Noch mehr deutsche Musik – SG #254
Noch mehr deutsche Musik - normal schnell gesprochen
Wenn Du eine Sprache lernen möchtest, dann ist es gut, wenn Du Dich mit dieser Sprache umgibst. Schau deutsche Filme mit deutschen Untertiteln. Lies deutsche Bücher oder Zeitungen oder Comics. Und höre deutsche Musik! So bekommst Du ein Gefühl für die Sprache. Und Spaß macht das auch.
Du weißt vielleicht, dass Slow German ein sehr alter Podcast ist. Ich produziere ihn seit 2007. Mehr als 250 Episoden sind über die Jahre entstanden zu allen möglichen Themen. Daher gibt es auch so manche alte Episode, die nicht mehr ganz aktuell ist. Zum Beispiel die Folge über deutsche Musik von 2008.
Heute gebe ich Dir daher ein paar neuere Tipps für deutsche Musik! Ich gehe dabei nicht nach Vollständigkeit und auch nicht unbedingt nach meinem persönlichen Geschmack. Ich möchte Dir vielmehr zeigen, wie vielfältig deutsche Musik ist. Und ich hoffe Du findest etwas, das Dir gefällt.
Auf slowgerman.com werde ich YouTube-Videos einbinden, dann kannst Du die Musik auch gleich hören. Hier im Podcast darf ich sie aus urheberrechtlichen Gründen leider nicht spielen. Ich habe auch eine Spotify-Playlist (https://open.spotify.com/playlist/5lYTTMBqIx2QlPYeZ5cOTD?si=c78646e0e41e450b&pt=69dad6243fb75bc4903b7128d8970c1d) zusammengestellt mit ganz viel deutscher Musik - den Link findest Du ebenfalls auf slowgerman.com. Und die Liste wird wachsen.
In dieser Folge stelle ich dir drei Musikerinnen vor und drei Musiker beziehungsweise Bands. Ich habe auch jeweils ein Lied ausgesucht, damit Du Dir gleich ein Bild machen kannst.
Wir fangen an mit den Männern. Da sind drei Männer, die als AnnenMayKantereit bekannt sind. Der Bandname setzt sich aus den drei Nachnamen der Bandmitglieder zusammen. Sie heißen Christopher Annen, Henning May und Severin Kantereit. Sie waren zu dritt als Straßenmusiker in Köln unterwegs. Heute füllen sie große Konzerthallen. Die Lieder der Band sind schnell zu erkennen an der tiefen, kratzigen Stimme des Sängers Henning May. Hör also mal rein in „Barfuss am Klavier“. Na, verstehst Du etwas?
„Barfuss am Klavier“
https://www.youtube.com/watch?v=tERRFWuYG48
Moop Mama sind zehn Musiker aus München, die Blasinstrumente spielen und damit richtig gute Laune machen. Hier in München sind sie ohne Ankündigung draußen auf der Straße aufgetreten, einfach irgendwo in der Stadt - und machten tolle Stimmung. Hör rein in das Lied „Liebe“.
„Liebe“
https://www.youtube.com/watch?v=N6xd8542AVg
Dann kommen wir zu Jan Delay. Das ist ein Typ aus Hamburg, den Du sofort an seiner Stimme erkennen wirst. Er singt nasal, wirkt sehr lässig und macht eine Mischung aus Rap, Hiphop, Funk - ach es ist schwer zu beschreiben. Hör einfach mal rein. Aber wundere Dich bitte nicht, wenn Du nichts verstehst - das geht mir auch so.
„Klar“
https://www.youtube.com/watch?v=3JG6yipKXVA
Kommen wir zu den Frauen. Da fange ich an mit Shirin David. Sie hat mich sehr überrascht. Als ich Bilder von ihr sah und kurz ihre Musik hörte dachte ich, da ist eine sehr künstliche, oberflächliche junge Frau, die versucht, mit sexy Auftritten Erfolg zu haben. Ich fand sie doof. Dann habe ich sie in einer Spielshow gesehen und war begeistert wie lustig, klug und ehrgeizig sie ist. Wie es sich für Rap gehört sind die Texte nicht immer jugendfrei.
„Gib ihm“
https://www.youtube.com/watch?v=XM8iKElUkXg
Dann noch ein Ohrwurm von Namika namens „Lieblingsmensch“. Das war im Jahr 2015 ein Hit. Mehr muss ich dazu gar nicht sagen, hör einfach rein und Du wirst den Song die ganze Zeit summen.
„Lieblingsmensch“
https://www.youtube.com/watch?v=3ryohiCVq3M
Und zuletzt noch etwas ganz aktuelles, denn Nina Chuba ist gerade sehr, sehr erfolgreich. Als Kind wurde sie als Schauspielerin bekannt, jetzt hat sie es auf Platz 1 der deutschen Singlecharts geschafft mit dem Song „Wildberry Lillet“. Als ich das hier schreibe ist der Song seit drei Monaten auf YouTube und hat schon 11 Milli...
3/16/2023 • 6 minutes, 6 seconds
Gute Vorsätze – SG #252
Gute Vorsätze - Slow German - Annik Rubens
Am Anfang des Jahres haben viele von uns das Gefühl, dass jetzt etwas Neues beginnt. Eigentlich ist zwar jeder Tag gleich und der Jahresbeginn nur eine Definition von uns Menschen - aber dennoch fühlt es sich irgendwie gut an, wenn ein neues Jahr beginnt. Die Tage werden wieder länger. Zumindest hier in Deutschland und auf der Nordhalbkugel ist das so. Auch die Vögel beginnen wieder zu zwitschern. Der Winter ist zwar noch nicht vorbei, aber wir haben die dunkelste Zeit hinter uns.
Viele Menschen sehen daher den Jahreswechsel als einen Neubeginn. Sie nehmen sich vor, ab jetzt anders zu leben. Sie wollen besser leben. Daher sprechen wir heute mal über die sogenannten guten Vorsätze. Gute Vorsätze sind Dinge, die wir uns vornehmen, die wir machen möchten. Ein guter Vorsatz ist zum Beispiel, mehr Sport zu treiben. Viele von uns bewegen sich zu wenig. Wir sitzen viel am Computer. Auch in unserer Freizeit sitzen wir gerne auf der Couch. Noch dazu essen wir gerne und viel - und manchmal auch zu viele ungesunde Dinge. All das gehört zusammen zu einem einzigen guten Vorsatz: Gesünder leben, für eine bessere Ernährung sorgen und endlich mehr Bewegung. Manche setzen sich auch ein bewusstes Diät-Ziel. Sie wollen in diesem Jahr abnehmen. Dünner werden. Ich bin sicher, auch Du hast Dir schon einmal vorgenommen, besser auf Deinen Körper zu achten, oder?
Der nächste beliebte gute Vorsatz ist, eine Gewohnheit zu verändern. Viele Menschen möchten aufhören zu rauchen. Oder sie möchten weniger oder gar keinen Alkohol mehr trinken. Manche nehmen sich vor, kein Fleisch mehr zu essen. Für mich sind diese drei Vorsätze nicht interessant, weil ich nicht rauche, kein Fleisch esse und nur sehr selten Alkohol trinke. Aber ich habe mir vorgenommen, weniger Süßigkeiten zu essen. Mal sehen, ob ich das schaffe. Ich glaube eher nicht…
Wir möchten auch andere Gewohnheiten verändern, wenn wir das Gefühl haben, etwas falsch zu machen. Zum Beispiel möchten viele Menschen weniger Instagram oder TikTok schauen und dafür zum Beispiel mehr Bücher lesen. Oder eine Sprache lernen, so wie Du es gerade mit Slow German tust. Bravo!
Und dann sind wir schon beim Punkt Achtsamkeit. Wir wollen besser leben. Weniger Stress. Weniger Arbeit. Mehr Yoga machen, lernen zu Meditieren, öfter Freunde treffen. Mehr Zeit mit der Familie verbringen. Hier sage ich: Ja, mach all das, wenn es Dir gut tut!
Und genau das ist eigentlich der wichtigste Vorsatz für uns alle: Wir sollten mehr von dem tun, was uns gut tut. Und weniger von den Dingen, die schlecht für uns sind. Also: Mach Dir keinen Stress wegen der guten Vorsätze. Und lass Dich von den ganzen perfekt erscheinenden Menschen auf Social Media nicht irritieren. Versuche einfach, Dinge zu tun, die gut für Dich sind.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg252kurz.pdf
1/5/2023 • 5 minutes, 8 seconds
Die Pest in Deutschland – SG #251
Wir alle haben eine Pandemie erlebt. Wir haben dabei einen großen Vorteil: Wir können uns über das Internet jederzeit informieren. Und die Wissenschaft hat große Fortschritte gemacht und kann vieles erklären. Deswegen war es auch möglich, sehr schnell einen Impfstoff zu entwickeln. Aber wie war das früher, bei anderen Pandemien? Wie war das zum Beispiel bei der Pest?
Wir reisen zurück in das 14. Jahrhundert. Der „Schwarze Tod“ ist unterwegs - viele Menschen bekommen Fieber und seltsame Beulen am ganzen Körper. Dann sterben sie. Es gab diese rätselhafte Krankheit zwar schon länger, aber nun wütet sie besonders schlimm und überall. Zwischen 1346 und 1353 sterben zwischen 25 und 50 Millionen Menschen in Europa, so schätzt man. Das war jeder dritte Mensch, der damals dort lebte. Es dauerte mehrere Jahrhunderte, bis Europa wieder die gleiche Bevölkerungsdichte hatte wie vor der Pest.
Die Menschen hatten Angst, sie standen vor einem Rätsel. Schnell suchte man die Schuld bei den Juden. Man warf ihnen vor, Brunnen vergiftet zu haben. Viele Juden wurden verfolgt und sogar getötet. Man vermutete auch, dass der Wind die Krankheit von einem Kontinent zum anderen wehte oder dass Dampf aus der Erde die Ursache war. Manche dachten übrigens auch, dass die Pest durch schöne Mädchen angezogen würde. Und eine Theorie besagte, dass eine ungünstige Konstellation von Mars, Jupiter und Saturn zur Seuche geführt hatte. Einige Menschen dachten natürlich auch, die Pest sei eine Strafe Gottes. Kurz: Man hatte keine Ahnung.
Die Ärzte versuchten, die Menschen durch den Aderlass zu heilen, also indem man ihnen viel Blut abnahm. Auch Kräuter sollten helfen oder das Versprühen von Essigwasser. Half natürlich alles nichts. Irgendwann merkte man, dass die Menschen sich gegenseitig ansteckten, und isolierte Kranke. Endlich hatte man eine Möglichkeit gefunden, die Krankheit einzudämmen. Auch in Venedig führte man eine Isolation ein, die 40 Tage dauerte. Und weil das italienische Wort für 40 „quaranta“ ist, heißt die Isolation von Kranken auch heute noch Quarantäne.
Die wahre Ursache, also das Bakterium, fand man erst viele Jahrhunderte später, im Jahr 1894. Heute wissen wir viel mehr. Zum Beispiel wissen wir, dass die Pest bei Menschen und Tieren durch ein Bakterium ausgelöst wird. Sie kann übertragen werden, indem mich zum Beispiel ein Tier beisst oder sticht, das dieses Bakterium in sich trägt. Zum Beispiel ein Floh. Von der Ratte ging damals der Pest-Erreger auf den Rattenfloh über, und der hüpfte auf den Menschen. Über 200 Säugetiere können die Pest bekommen, auch Hunde und Katzen.
Heute ist die Pest gut mit Antibiotika behandelbar, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. Es sterben aber immer noch Menschen an dieser Krankheit. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sterben pro Jahr immer noch bis zu 3000 Menschen an der Pest.
In Europa sieht man heute noch viele Denkmäler an die Pest. In Wien zum Beispiel steht eine große Pestsäule mitten in der Stadt, das ist ein riesiges Kunstwerk.
Seuchen und Pandemien gibt es also leider schon lange. Menschen reisen, sie haben Kontakt zueinander. Und so können sich auch Krankheiten verbreiten.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg251kurz.pdf
12/23/2022 • 6 minutes, 6 seconds
Wie unterscheiden sich Nord- und Süddeutsche? – SG #250
Ich bekomme oft Mails mit Fragen meiner Hörerinnen und Hörer. Am häufigsten werde ich gefragt: Gibt es einen Unterschied zwischen Menschen aus Nord- und Süddeutschland? Oder Menschen aus Ost- und Westdeutschland? Ich habe bis jetzt nicht darauf geantwortet, weil das eine Frage ist, die ich nur subjektiv beantworten kann. Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise. Aber ich versuche es Dir trotzdem aus meiner Sicht zu erklären.
Fangen wir mit dem Süden an, also mit den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg. Hier spielen zwei Faktoren eine Rolle: viele Menschen haben hier ihr Geld mit der Landwirtschaft verdient. Und in Bayern sind die Alpen zu finden, ein Teil der Menschen stammt also von Bergvölkern ab. Ich glaube das sind beides Gründe, warum die Menschen im Süden so sind, wie sie sind. Ich lebe in München, also in Bayern. Hier sind die Menschen im allgemeinen eher laut und herzlich, manchmal aber auch ruppig. Das heißt, dass sie nicht sehr sensibel sind.
Im Norden sind die Menschen im allgemeinen etwas ruhiger, einsilbiger. Das heißt sie reden nicht so viel. Natürlich gibt es auf beiden Seiten immer viele Ausnahmen, aber wir gehen jetzt mal von den bekannten Klischees aus. Auch hier spielt sicherlich die Umgebung eine Rolle. An den Küsten haben viele Menschen vom Fischfang gelebt. Auf einem Schiff muss man nicht viel reden. Das schlechte Wetter sorgte dafür, dass sie auch viel Zeit drinnen verbracht haben. Und in der Hamburger Gegend waren viele Kaufleute, es war sehr international. Daher sind die Menschen dort wahrscheinlich sehr offen und gastfreundlich. Ich finde, es dauert länger, bis man mit Norddeutschen warm wird - aber dann ist es toll. Eine Rolle spielt sicherlich auch, dass der Norden eher protestantisch geprägt ist, der Süden dagegen katholisch.
Und dann haben wir noch Westdeutschland, da nehme ich jetzt mal alles rund um das Bundesland Nordrhein-Westfalen. Das ist auch eine katholische Gegend, und dazu eine Gegend, die vom Bergbau gelebt hat. Hier haben die Menschen Spaß daran, Karneval zu feiern. Sie gelten als tolerant und fröhlich. Und sie reden gerne und viel.
Und der Osten Deutschlands wurde natürlich geprägt von der DDR. Ich habe oft den Eindruck, dass die Menschen durch das Erlebte misstrauischer sind, vorsichtiger als im Rest der Republik. Die Frauen im Osten gelten als selbständiger, viele von ihnen arbeiten und es ist üblich, die Kinder recht früh in eine Betreuungseinrichtung zu geben. Das ist im Westen noch nicht überall so. Und angeblich halten die Menschen auch mehr zusammen, sind nicht so egoistisch wie im Westen. Das kann ich aber nicht beurteilen. Polizeistatistiken zufolge gelten die Menschen in Ostdeutschland leider als rassistischer als in Westdeutschland.
Wenn ich das so schreibe und erzähle, dann denke ich mir: Es ist doch eigentlich egal, wie die Menschen in den verschiedenen Regionen sind. Es gibt überall nette und weniger nette Menschen. Wichtig ist, dass wir offen aufeinander zugehen und unsere Unterschiede akzeptieren. Erzähle mir gerne Deine Erfahrungen mit den Menschen in Deutschland! Am besten gleich hier in der Kommentarfunktion.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg250kurz.pdf
11/21/2022 • 5 minutes, 45 seconds
Das beschäftigt Deutschland im Oktober 2022 – SG #249
Ich habe eine lange Pause gemacht mit dem Podcast - das passiert. Slow German gibt es seit 2007, und manchmal habe ich einfach keine Zeit oder keine Lust auf dieses kleine Projekt. Umso mehr freue ich mich aber, dass Du dabei geblieben bist und mir weiter zuhörst und mich unterstützt!
Heute wollte ich Dir einfach mal erzählen, welche Themen in Deutschland gerade wichtig sind. Ich würde sagen das wichtigste Thema ist gerade die Energieversorgung. Durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat Deutschland ein großes Problem. Denn bislang hat Deutschland viel Erdgas aus Russland bekommen. Dieses Gas kam durch eine Pipeline namens Nord Stream 1 direkt durch die Ostsee. Jetzt aber nicht mehr. Also muss Deutschland sein Gas aus anderen Ländern beziehen - und sparen. Wir wurden also alle aufgefordert, Gas zu sparen, zum Beispiel indem wir weniger heizen. Durch die Knappheit wird auch erwartet, dass wir für Gas mehr zahlen müssen. Wieviel mehr, weiß niemand. Aber vielen Menschen macht das Angst.
Durch diese Energiekrise wird viel auf die Politik geschimpft. Wer ist schuld daran, dass Deutschland so abhängig von russischem Gas ist? Warum gibt es keine guten Alternativen? Warum haben wir Windkraft und Sonnenenergie nicht weiter ausgebaut in den vergangenen Jahren? Und dann ist da noch die Diskussion darüber, ob wir die Atomkraftwerke länger betreiben sollen. Eigentlich hat Deutschland den Ausstieg aus der Kernenergie längst beschlossen - aber nun brauchen wir sie wohl wieder. Also hat Bundeskanzler Scholz nun verkündet, dass drei Kernkraftwerke noch bis April weiterlaufen dürfen.
Der Ukraine-Krieg und die Pandemie haben auch dafür gesorgt, dass viele Dinge teurer geworden sind oder dass man viele Dinge gar nicht mehr im Geschäft kaufen kann. Es gibt Lieferengpässe und leere Regale. Zum Beispiel gibt es in manchen Supermärkten kein Katzenfutter zu kaufen. Während das in manchen anderen Ländern normal ist, ist es für uns in Deutschland sehr neu und dadurch macht es uns Angst. Wir sind es gewohnt, dass wir im Supermarkt alles kaufen können. Immer. Die Regale sind normalerweise immer voll. Wir sind sehr verwöhnt.
Die Menschen in Deutschland denken also derzeit an den kommenden Winter. An die kalten Temperaturen. Daran, ob sie es sich noch leisten können, die Wohnung zu heizen. Dadurch sind andere Themen in den Hintergrund gerückt. Zum Beispiel die Frage, wie es den ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland geht. Eine Million Menschen sind seit Februar im Zusammenhang mit dem Krieg nach Deutschland gekommen. Sie dürfen in der ganzen EU arbeiten, ihre Kinder in die Schule schicken, haben ein Recht auf Unterkunft und Sozialleistungen.
Und was ist mit Corona? Ich habe den Eindruck, die meisten Menschen sind nur noch genervt von der Pandemie. In München tragen wir in den Bussen und S-Bahnen immer noch Masken. Im Alltag sieht man nur noch wenige Menschen mit Maske, weder beim Einkaufen noch bei Konzerten oder anderen Veranstaltungen. Dennoch gab es großen Ärger, weil in München trotz hoher Inzidenzen das Oktoberfest erlaubt wurde. 17 Tage dauerte das Fest dieses Jahr. In den vergangenen zwei Jahren wurde es wegen der Pandemie abgesagt. Diesmal kamen 5,7 Millionen Menschen auf das größte Volksfest der Welt. Und seitdem sind sehr viele Menschen an Corona erkrankt.
Zum Schluss noch ein paar kleine aber wichtige Neuigkeiten. Der Mindestlohn ist seit Oktober auf 12 Euro pro Stunde erhöht worden. Das ist doch eine gute Nachricht, oder? Und im nächsten Jahr kommt das Bürgergeld, also ein Grundeinkommen für arbeitssuchende und bedürftige Menschen. Und: Im Sommer gab es drei Monate lang das 9-Euro-Ticket. Mit dem konnte man sehr billig regional mit dem Zug fahren. Das war gut für die Umwelt und gut für die Menschen. Jetzt wird es das 49-Euro-Ticket geben. Dann können wir für 49 Euro im Monat deutschlandweit mit der Regional-Bahn fahren. So wirklich billig ist das leider nicht, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung....
10/25/2022 • 7 minutes, 10 seconds
Leben auf dem Land oder in der Stadt? – SG #248
Ich diskutiere oft mit meinen Freundinnen, wo man besser leben kann: auf dem Land oder in der Stadt? Vielleicht magst du dir darüber ja auch einmal Gedanken machen?
Ich selber bin in einer kleinen Gemeinde mit damals ungefähr 8000 Einwohnern aufgewachsen. Es gab Geschäfte und man konnte mit der S-Bahn in ungefähr 20 Minuten in die Innenstadt von München fahren. Das war praktisch, denn so konnten wir ins Kino gehen, in Restaurants, ins Theater oder in eine Bücherei. Oder natürlich einkaufen gehen. Alles für den sogenannten täglichen Bedarf, also Lebensmittel, gab es direkt in unserer Gemeinde.
Dann bin ich zum Studieren nach München gezogen, also mitten in die Stadt. Das war eine super Zeit, denn als Studentin konnte ich so in Bars gehen, in Kneipen, in Cafés, ins Kino. Alles war nah zu erreichen, ich konnte mit dem Fahrrad zur Uni fahren und danach in den Englischen Garten, das ist der große Park mitten in München. Die Wege waren sehr kurz. Praktisch war natürlich auch der öffentliche Nahverkehr, also Busse und Bahnen. Ich brauchte in dieser Zeit kein Auto, weil ich öffentlich überall hinfahren konnte.
Und heute? Heute lebe ich eigentlich genau in der Mitte zwischen diesen beiden Orten. Ich lebe am Stadtrand, wir nennen das auch gerne den Speckgürtel der Stadt. Der große Vorteil: wir haben hier ein Haus mit Garten, und das ist für unser Kind natürlich toll. In der Stadt hatten wir nur eine Wohnung im dritten Stock ohne Aufzug. Das war sehr mühsam. Wir mussten alle Lebensmittel nach oben schleppen. Jetzt haben wir viel mehr Platz, die Miete ist günstiger als in der Innenstadt. Zur Arbeit kann ich fahren, ohne lange im Stau zu stehen oder abends ewig einen Parkplatz suchen zu müssen. Ich parke einfach in unserer Garage.
Ein Aspekt ist ein Vorteil und ein Nachteil zugleich, finde ich: auf dem Dorf kennen die Menschen einander, und das gilt auch für unsere Gemeinde hier am Stadtrand. Wenn ich spazieren gehe, treffe ich eigentlich immer jemanden, den ich kenne. Das kann nerven, weil es keine Anonymität gibt wie in der Stadt. Andererseits helfen wir einander, und das ist schön.
Auf dem Land ist es natürlich auch viel grüner, hier gibt es mehr Natur, mehr Bäume, mehr Felder, die Luft ist besser und es ist auch nicht so laut. Und für Kinder ist der Verkehr in einem kleinen Dorf nicht so gefährlich wie in der Stadt. Sie können sich hier mit dem Fahrrad selber fortbewegen und ihre Freunde treffen, sind selbständiger. Meistens ist auch die Kriminalitätsrate niedriger.
Das klingt, als würde ich lieber auf dem Land wohnen, oder? Das stimmt aber eigentlich nicht. Am liebsten hätte ich etwas dazwischen. Ein Häuschen in einem ruhigen Teil der Stadt, wo ich aber trotzdem schnell zur Eisdiele, zum Restaurant oder ins Kino gehen kann. Aber um mir das leisten zu können, müsste ich schon Millionärin sein, oder? Wie ist es bei Dir - wo möchtest Du lieber leben? Schreib mir gerne eine Mail an [email protected] oder in die Kommentare!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg248kurz.pdf
10/11/2022 • 5 minutes, 22 seconds
Auswanderung aus Deutschland – SG #247
In den Nachrichten hört man viel von Menschen, die nach Deutschland einwandern wollen. Aber wusstest du auch, dass jedes Jahr 180.000 Menschen Deutschland verlassen, um im Ausland zu leben? Drei Viertel von ihnen sind Akademiker.
Aber wie war das in der Vergangenheit? Ich habe die Geschichte von Franz Daniel Pastorius gefunden. Er wanderte mit einer Gruppe deutscher Siedler im Jahr 1683 nach Pennsylvania in den Vereinigten Staaten von Amerika aus. Mit 13 Familien aus Krefeld gründete er die Siedlung Germantown, die heute ein Vorort von Philadelphia ist.
In den kommenden Jahren verließen viele Deutsche ihre Heimat. Der Grund war eine große Hungersnot, später auch die Überbevölkerung der Gegend. Denn durch die Industrialisierung und Fortschritte in der Medizin starben immer weniger Kinder, die Familien waren also sehr groß. Es gab aber nicht für alle genug zu essen, die Arbeitslosigkeit war groß. Die Menschen hofften auf ein neues Leben in der Fremde.
Die USA waren das Hauptziel der deutschen Auswanderer. Manche zogen aber auch nach Brasilien, Kanada oder Argentinien. Und einige gingen in die deutschen Kolonien, das habe ich ja schon in einer anderen Slow German-Episode erzählt. In der ersten Phase bis 1865 wanderten meistens ganze Familien aus. Das heißt die Auswanderer hatten Kinder dabei. Die meisten von ihnen hatten einen Beruf erlernt und konnten im neuen Land daher gut arbeiten.
In den nächsten 30 Jahren waren es dann eher einzelne Menschen, die auswanderten. Sie hatten oft keinen Beruf. Auch wenn man meinen könnte, dass das vor allem Männer waren, stimmt das nicht: auch Frauen machten sich alleine auf den Weg in die Ferne.
Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs kamen noch viele Industriearbeiter nach Amerika. Zwei Drittel der Auswanderer waren alleine unterwegs, fast 40% von ihnen waren Frauen.
Im 20. Jahrhundert wurde es immer schwieriger, in andere Länder auszuwandern. Denn die weltweite Wirtschaftskrise sorgte dafür, dass zum Beispiel die USA die Immigration kontrollierten. Es gab neue Gesetze, damit nicht zu viele Menschen ins Land kamen.
Und dann waren da die beiden Weltkriege, vor allem der Zweite Weltkrieg mit der Judenverfolgung durch die Nazis. Viele Juden verließen Deutschland, dazu noch viele Künstler und Wissenschaftler oder Politiker. Eine halbe Million Menschen verließ Deutschland, weil sie die Gefahr zum Glück rechtzeitig erkannt hatten. Viele der Emigranten sind heute noch berühmt, Albert Einstein zum Beispiel, Marlene Dietrich, Thomas Mann oder Bertolt Brecht.
Nach dem Krieg blieb Nordamerika das Land, in das die Deutschen auswandern wollten. Eine halbe Million Menschen wanderten in den 50er-Jahren dorthin aus.
Was sind die Gründe dafür, sein eigenes Land zu verlassen, um woanders ein neues Leben zu beginnen? Man spricht in diesem Zusammenhang von Push- und Pullfaktoren. Entweder man wird aus dem eigenen Land sozusagen vertrieben durch Krieg, Bedrohung oder Hunger, oder man wird von einem anderen Land angezogen, beispielsweise weil es dort mehr Land gibt, ein besseres Klima oder andere Vorteile.
Die OECD schätzt, dass 3,4 Millionen in Deutschland Geborene in einem anderen OECD-Land leben. Sie arbeiten dort, viele von ihnen als Führungskräfte, als Akademiker, Techniker oder im Bildungs- und Gesundheitswesen. Wer von Deutschen im Ausland spricht, spricht heute also eher von hochqualifizierten Arbeitskräften.
Deutschland gilt als Migrationsland. Viele Menschen ziehen weg, andere kommen neu hinzu. Zum Beispiel die Gastarbeiter, aber davon habe ich dir ja schon erzählt.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg247kurz.pdf
4/5/2022 • 6 minutes, 22 seconds
Mental Load – SG #246
Ja, du hast recht: Der Titel dieser Podcastepisode ist nicht Deutsch, sondern Englisch. Aber wir hier in Deutschland benutzen nunmal gerne englische Wörter. Und für „Mental Load“ gibt es im Deutschen nur komische Übersetzungen, zum Beispiel „Kümmerarbeit“ oder „psychische Belastung“. Was das ist, erkläre ich Dir heute. Ich bin sicher, auch Du bist von Mental Load betroffen.
Stell Dir mal einen ganz normalen Tag vor. Wie sieht dieser Tag aus? Gehst du morgens zur Arbeit oder arbeitest im Homeoffice und abends hast du frei? Das ist schön! Für die meisten von uns sieht es aber anders aus. Denn wir müssen nicht nur arbeiten, sondern viele weitere Pflichten erfüllen. Wir müssen Wäsche waschen, den Rasen mähen, einen Kindergeburtstag organisieren, das Auto in die Werkstatt bringen, einkaufen gehen, kochen, Kinder in die Schule oder in den Kindergarten bringen und abholen, Rechnungen bezahlen und so weiter und so fort.
Das sind alles Kleinigkeiten. Sie brauchen weder viel Zeit noch müssen wir uns besonders konzentrieren, um sie zu erledigen. Aber dennoch verursachen diese vielen kleinen Dinge Stress. Es ist eine unsichtbare Verantwortung, die wir tragen. Es geht um Verantwortung, um Organisation, um Koordination. All diese Dinge sind unbezahlte Arbeit. Dazu gehört auch die Pflege von Angehörigen, also zum Beispiel von den kranken Großeltern.
Ich finde es fühlt sich manchmal so an, als wären all diese Aufgaben kleine Bälle, die wir in der Luft halten müssen. Passen wir einmal nicht auf, fällt ein Ball auf den Boden. Unsere To-Do-Liste im Kopf wird immer länger und länger, je mehr Aufgaben wir haben. Mit Kindern ist diese Liste meist länger als ohne Kinder.
Was passiert nun aber, wenn uns dieser Stress zu viel wird? Im schlimmsten Fall landen wir dann im Burnout, also in einem Zustand, der uns wirklich krank macht. Die französische Comic-Zeichnerin Emma hat dazu eine Graphic Novel gezeichnet, die sehr bekannt geworden ist.
Und du ahnst es schon: es leiden mehr Frauen als Männer unter dieser unendlichen To-Do-Liste im Kopf. Das soll sich aber ändern. Deswegen gibt es den Equal-Care-Day, der entweder am 29. Februar oder am 1. März stattfindet. Dieser Tag soll daran erinnern, wie ungleich die Last auf Männer und Frauen verteilt ist. Eine Oxfam-Studie hat ergeben, dass Frauen täglich mehr als 12 Milliarden Stunden unbezahlte Sorgearbeit übernehmen.
Früher war das etwas anders. In vielen Familien in Deutschland gab es eine klare Rollenverteilung. Der Mann ging in die Arbeit und brachte Geld nach Hause. Die Frau kümmerte sich um Haushalt und Kinder. Heute ist das anders. Sehr oft arbeiten beide Elternteile, und das nicht nur weil sie müssen, sondern weil viele Frauen das auch wollen. Sie möchten sich weiterentwickeln in ihrem erlernten Beruf, wollen unabhängig sein von ihrem Mann. So selbstverständlich das heute in Deutschland ist, leider ist es noch nicht selbstverständlich, dass auch alle anderen Haushalts- und Familienangelegenheiten gerecht aufgeteilt werden. Belastend ist das Gefühl, für alles alleine die Verantwortung zu tragen.
Wie ist das bei Dir? Es gibt eine interessante Tabelle, die du ausfüllen kannst um zu sehen, welche Aufgaben du alle erledigst, ich verlinke sie auf slowgerman.com: https://equalcareday.de/mentalload-test.pdf.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg246kurz.pdf
3/24/2022 • 6 minutes, 12 seconds
Das Brandenburger Tor – SG #245
Petra aus Holland hat mich gebeten, etwas über das Brandenburger Tor zu erzählen. Das hat mich neugierig gemacht, denn ich wusste selber nicht viel darüber. Also habe ich nachgeforscht und kann dir jetzt etwas erzählen.
Zunächst einmal: das Brandenburger Tor steht in Berlin. Und zwar genauer gesagt am Pariser Platz im Berliner Bezirk Mitte. Es ist eine Sehenswürdigkeit und das Wahrzeichen Berlins - und ein Symbol der deutschen Einheit. Ich erkläre dir gleich, warum das so ist. Aber erstmal ein wenig Geschichte.
Eigentlich war das Brandenburger Tor eines von 18 Stadttoren in Berlin. Es ist das einzige, das heute noch steht. Und weil es in Richtung Brandenburg wies beziehungsweise die Straße die hindurchführte, wurde es Brandenburger Tor genannt.
König Friedrich Wilhelm II. wollte ein Tor für den prächtigen Boulevard Unter den Linden. Das ist eine sehr breite Straße mit Bäumen und imposanten Häusern. Also gab er den Auftrag, ein Tor aus Sandstein zu bauen. Dieses sollte am Ende der Straße stehen. Von 1788 bis 1791 wurde es gebaut. Es ist 62,5 Meter breit, 20,3 Meter hoch und 11 Meter tief. Der Architekt orientierte sich dabei an der Athener Akropolis. Kennst du das Brandenburger Tor? Es hat zwei hohe Säulenreihen, die von einem Dach getragen werden. (Das ist natürlich falsch! Es ist andersrum: Es hat ein Dach, das von zwei hohen Säulenreihen getragen wird. Tut mir leid!) Die Säulen stehen aber nicht alleine da, sondern sind mit Mauern verbunden. Das war statisch nötig, sonst wäre das schwere Dach eingebrochen. Es ist eines der ersten klassizistischen Bauwerke in Preußen.
Zwei Jahre nach der Fertigstellung des Tores setzte man noch die Quadriga auf das Tor, also einen Streitwagen, der von vier Pferden gezogen wird. Im Wagen steht die Siegesgöttin Victoria. Die Quadriga ist 6 Meter hoch. Das Gespann sollte den Frieden symbolisieren, der in die Stadt kommt. In der Hand hielt sie einen Stab mit einem eisernen Kreuz und einem Lorbeerkranz sowie mit einem preußischen Adler. Diese Skulptur war übrigens nicht immer auf dem Brandenburger Tor. 1806 schnappte sich Napoleon die Quadriga und nahm sie mit nach Paris. Acht Jahre später kam sie wieder nach Berlin zurück. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Tor stark beschädigt, die Quadriga wurde in den Jahren danach entfernt und durch eine Kopie ersetzt. Vom Original ist nur noch ein Pferdekopf erhalten, der im Museum ist.
So, jetzt kommen wir zum wichtigen Teil: wie du weißt, wurde Berlin in zwei Teile geteilt. Da war der östliche Teil, der nach dem Krieg zur DDR gehörte, und der westliche Teil, der zur BRD gehörte. Die Berliner Mauer wurde 1961 gebaut. Mitten durch die Stadt. Und das Brandenburger Tor lag genau auf dieser Grenze und landete so im Sperrbereich. Niemand konnte mehr näher heran. Wenn du heute mal in Berlin unterwegs bist und zum Brandenburger Tor gehst, dann schau mal auf den Boden. Dort siehst du eine Linie aus Pflastersteinen, die hinter dem Tor verläuft. Dort stand die Mauer. Du kannst dir auch im Internet alte Fotos ansehen - für uns heute ist das kaum zu glauben, wie das Brandenburger Tor damals aussah.
Die DDR-Führung ließ damals den Adler und das Kreuz entfernen. Nach der Wiedervereinigung wurde beides wieder hinzugefügt und das Tor renoviert. Am 22. Dezember 1989 feierten 100.000 Menschen die Öffnung des Tores. Deswegen gilt es als Symbol der deutschen Einheit. Sie kletterten auch hoch bis zur Quadriga und stahlen zum Beispiel das Zaumzeug. Da das Bauwerk seit dem Mauerbau kaum gepflegt worden war, musste es restauriert werden. Heute kostet es 200.000 Euro im Jahr, um das Brandenburger Tor so zu erhalten, wie es ist.
Heute steht das Tor nicht mehr so alleine da wie zu Zeiten der Mauer. Außenrum sind viele Gebäude entstanden, es sind Banken, Botschaften, die Universität der Künste, Cafés und natürlich steht auch das berühmte Hotel Adlon in der Nähe. Auf der anderen Seite ist das Reichstagsgebäude,
2/11/2022 • 8 minutes, 4 seconds
Der große Zapfenstreich – SG #243
Angela Merkel war 16 Jahre lang die Kanzlerin von Deutschland. Jetzt wurde sie verabschiedet. Wie immer, wenn ein Kanzler oder eine Kanzlerin verabschiedet wird, wird das mit einer besonderen Zeremonie getan. Diese Zeremonie heißt „Der große Zapfenstreich“. Darüber möchte ich dir heute etwas erzählen.
Fangen wir mal mit dem Wort Zapfenstreich an. Was bedeutet das? Dieses Wort ist sehr alt. Damit wurden sozusagen die Soldaten oder Söldner abends ins Bett geschickt. Nach dem Zapfenstreich sollten sie in ihrem Quartier bleiben, also nicht mehr draußen sein. Auch heute noch wird das Wort beim Militär verwendet. Wenn ein junger Mann oder eine junge Frau bei der Bundeswehr die Grundausbildung macht, dann ist der Zapfenstreich um 23 Uhr. Als Hintergrund kann man sagen, dass die Soldaten eben schlafen gehen sollten, anstatt zum Beispiel Alkohol zu trinken. Sie sollten ja am nächsten Tag wieder fit für den Kampf sein.
Der erste „Große Zapfenstreich“ als Ehre bei einem besonderen Anlass fand 1838 statt. Damals war der russische Zar Nikolaus I. zu Besuch und das Militär ehrte ihn mit der Zeremonie. Dieser „Große Zapfenstreich“ ist bis heute eine Militärzeremonie am Abend, also im Dunkeln, bei der es sowohl Musik als auch Fackeln und Soldaten in Formation zu sehen und zu hören gibt. Es ist heute die höchste Auszeichnung, die das Militär einer nicht militärischen Person geben kann. Drei Politikerposten bekommen einen großen Zapfenstreich bei ihrer Verabschiedung: Die Bundeskanzlerin, der Bundespräsident und die Verteidigungsministerin. Aber natürlich bekommen auch wichtige Militärs wie Generäle eine derartige Verabschiedung. Die Zeremonie dauert ungefähr 20 Minuten und hat einen ganz genau festgelegten Ablauf.
Am 2. Dezember 2021 wurde Angela Merkel in Berlin mit dem „Großen Zapfenstreich“ aus dem Amt verabschiedet. Die Zeremonie wurde natürlich im Fernsehen übertragen. Zunächst hielt Angela Merkel eine kleine Rede, in der es um ihre Zeit als Kanzlerin ging, aber natürlich auch um die aktuelle Situation in der Pandemie. Sie hätte ihre Arbeit immer mit „Fröhlichkeit im Herzen“ erledigt, sagte sie.
Danach kam der Aufmarsch. Das bedeutet, dass die Soldaten zur Musik des „Yorckschen Marsches“ von Ludwig van Beethoven auf den Platz kamen. Die Musik kam natürlich nicht vom Band, sondern wurde vom Musikkorps der Bundeswehr und einem Spielmannszug live gespielt. Danach kamen drei Stücke, die sich Angela Merkel ausgesucht hatte: „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen, einer frühen deutschen Punk-Ikone. Dann „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, das Hildegard Knef gesungen hatte. Und am Schluss ein Kirchenlied.
Es ist immer interessant, welche Lieder sich die scheidenden Kanzler aussuchen. Merkels Vorgänger Gerhard Schröder beispielsweise ließ die Blaskapelle „My Way“ von Frank Sinatra spielen und „Summertime“ von George Gershwin. Bei Helmut Kohl war es 1998 die Europahymne.
Wegen der Pandemie waren weniger Gäste eingeladen als sonst. Die Gäste waren natürlich vor allem hochrangige Politiker und Politikerinnen. Sie saßen mit Abstand auf einer Tribüne und mit 2G+ - waren also alle genesen oder geimpft und zusätzlich getestet. Soweit ich sehen konnte trugen zudem alle eine Maske. Es war sehr kalt und windig, aber der Zapfenstreich dauert ja nicht lange.
Nach den drei Liedern, die Angela Merkel sich ausgesucht hatte, folgten weitere festgelegte Stücke - und dann natürlich die deutsche Nationalhymne. Danach fuhr Angela Merkel mit ihrem Mann in einer schwarzen Limousine davon und winkte ein letztes Mal. Sie ist 67 Jahre alt und geht jetzt nach turbulenten 16 Jahren im Amt in den wohlverdienten Ruhestand.
Ein Wort noch zum Schluss: Am großen Zapfenstreich wird oft Kritik geübt. Militärparaden, wie andere Länder sie kennen, sind in Deutschland unüblich. Also wird auch diese Militärzeremonie vor allem von Pazifisten kritisiert. Viele fühlen sich durch den Fackelmarsch in Berlin an die Nazizeit erinnert,
12/4/2021 • 8 minutes, 14 seconds
Die deutschen Kolonien – SG #242
Was für eine komische Vorstellung: Nach Afrika fahren und dort die deutsche Sprache zu hören. Die europäischen Kulturen haben sich gerne in der ganzen Welt ausgebreitet. So auch Deutschland. Über die deutschen Kolonien spricht aber heute kaum noch jemand. Ich erzähle Dir etwas darüber.
Was brauchte man, um eine Kolonie aufzubauen? Zunächst mal braucht man Schiffe, um überhaupt in die anderen Länder fahren zu können. Und natürlich politische Ziele, das eigene Land auszuweiten. Andere Länder wie England, Frankreich, Portugal und Spanien hatten beides und waren sehr erfolgreich mit ihren Kolonien. Deutschland nicht. Ein paar Versuche gab es, aber sie waren ohne Erfolg. Gut, eine einzige Kolonie schaffte es früh: 1683 wurde eine deutsche Festung in Ghana gebaut, um mit Gold und Sklaven zu handeln. Mehr passierte lange Zeit nicht. Gut, Deutschland war auch kein geeintes Land, sondern bestand aus vielen kleinen Einzelstaaten. Das war sicher ein Grund dafür. Erst 1871 wurde das Deutsche Reich gegründet - dazu gibt es mehr in der Slow German-Episode 172 zu Otto von Bismarck.
In der Verfassung des Deutschen Reiches gab es nun auch einen Artikel über "die Kolonisation". Also war der politische Wille jetzt da. Schiffe hatte man mittlerweile auch. Reichskanzler Otto von Bismarck war aber nicht begeistert vom Gedanken der Kolonien. Die Kosten für so eine Kolonie würden oft den Nutzen übersteigen, sagte er. Und die deutsche Marine sei noch nicht weit genug entwickelt.
Statt ganze Länder zu kolonialisieren, baute Deutschland einzelne kleine Stützpunkte auf. 1868 wurde ein deutsches Marine-Krankenhaus in Japan gebaut, es gab Stützpunkte in China und Japan für die deutschen Schiffe und Marinesoldaten. Später dann auch in Afrika. Im Deutschen Reich fanden immer mehr Menschen den Gedanken von deutschen Kolonien reizvoll. Es wurden Vereine gegründet, viele Menschen wollten auswandern. Nach der Reichsgründung im Jahr 1871 wanderten pro Jahr ungefähr 200.000 Menschen aus - viele von ihnen nach Amerika. Aber immerhin einige Zehntausend zogen auch in die neuen Kolonien in Afrika.
1884 gab es dann eine aus heutiger Sicht skurrile Konferenz in Berlin: Bei der "Kongo-Konferenz" verhandelten die USA, Deutschland und das Osmanische Reich darum, welche Bereiche Afrikas sie unter sich aufteilen könnten. Viel war nicht übrig, weil andere Länder sie schon kolonialisiert hatten. Der Rest wurde dann also verteilt. Die afrikanische Bevölkerung wurde nicht nach ihrer Meinung gefragt. Und so reisten einige Kolonialherren nach Afrika und nahmen sich das Land - entweder sie kauften es für wenig Geld oder sie nahmen es sich mit Gewalt.
So lief es oft ab: Privatmenschen, das waren meistens Kaufleute, gingen ins Ausland. Dort bauten sie sich etwas auf und baten dann Deutschland um Schutz. Bismarck nannte die Kolonien daher auch lieber "Schutzgebiete".
Deutsch-Südwestafrika war das heutige Namibia, Deutsch-Ostafrika war im heutigen Tansania, Burundi und Ruanda. Man schickte Polizisten und Beamte in die neuen Kolonien, baute Schulen, Kirchen und Kultureinrichtungen. Auch christliche Missionare waren unterwegs, um die Menschen in Afrika vom christlichen Glauben zu überzeugen.
Was gab es noch? In Afrika noch Togo und Kamerun. Im Pazifik Deutsch-Neuguinea und Deutsch-Samoa. Dort baute man Kaffee, Kakao und Kokosnüsse an. In den Kolonien gab es nunmal viele Dinge, die es in Deutschland nicht gab - für den Handel waren sie also sehr interessant. Einen Gewinn brachten die Kolonien aber dennoch nicht. Trotzdem war 1884 das deutsche Kolonialreich nach dem britischen und französischen flächenmäßig das Größte.
Ein geflügeltes Wort wurde der Ausspruch des späteren Kanzlers Bernhard von Bülow. Er forderte einen "Platz an der Sonne". Es wurden nur noch kleine Bereiche in China erworben und ein paar kleine Inseln. Ich möchte hier auch nicht alle Gebiete aufzählen, denn darum geht es nicht. Wichtiger ist, was eigentlich der Gedanke hinter diesen Kolonien war....
11/10/2021 • 10 minutes, 29 seconds
Bundestagswahl 2021 in Deutschland – SG #241
9/14/2021 • 0
Homosexualität in Deutschland – SG #240
In den vergangenen Monaten wurde in Deutschland viel über Homosexualität gesprochen. Der Grund war vor allem die Fußball-Europameisterschaft. München wollte zum Beispiel sein Fußballstadion in den Regenbogenfarben beleuchten, als die deutsche Mannschaft gegen Ungarn spielte. Um ein Zeichen der Toleranz zu setzen. Es wird also Zeit, auch dieses wichtige Thema in Slow German zu besprechen.
Fangen wir mal wieder bei den Nationalsozialisten an. Während der Nazi-Zeit wurde männliche Homosexualität als kriminell gehandhabt. Wer erwischt wurde, konnte vor Gericht oder gleich im Konzentrationslager landen. Bis 1945 wurden wohl 50.000 Männer verurteilt. Viele wurden in den Lagern getötet. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden homosexuelle Männer verurteilt. Denn im Strafgesetzbuch gab es den Paragrafen 175 - der bis 1969 in der Nazi-Fassung galt. Danach war schon ein Zungenkuss zwischen Männern strafbar. Und das führte natürlich auch dazu, dass es eine moralische Verurteilung gab. In der Gesellschaft galt es also als nicht normal, wenn sich zwei Männer liebten.
Natürlich wurde von einigen Menschen gegen dieses Gesetz gekämpft. Lange Zeit aber ohne Erfolg. Als Grund nannte man unter anderem die Verführungstheorie. Die Menschen hatten damals also Angst, dass Jugendliche zur Homosexualität verführt werden könnten. Das bedeutet, dass sie Angst hatten, Jugendliche könnten plötzlich schwul werden. Diese Theorie wurde weiter verbreitet, obwohl sie wissenschaftlich längst widerlegt war.
1985 gab es dann eine neue Partei, sie nannte sich "Die Grünen". Diese Partei stellte zum ersten Mal den Antrag, den §175 zu streichen. Die CDU/CSU weigerte sich aber lange. Das ist auch verständlich, denn das "C" in den Namen dieser Parteien steht für "christlich". Und die Kirche hat natürlich ein Problem mit Homosexualität. Ich spreche hier erstmal für Westdeutschland, denn Du weißt ja, dass Deutschland nach dem Krieg getrennt war in die BRD im Westen und die DDR im Osten. Und die DDR war in dieser Sache fortschrittlicher als die BRD: Homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen waren dort seit 1968 nicht mehr strafbar. Die Entwicklung in den folgenden Jahren ging so weit, dass Jugendliche immer besser vor sexuellen Handlungen geschützt werden sollten - egal ob homo- oder heterosexuell.
Und dann kam die Wiedervereinigung. Beide Seiten mussten sich in vielen Punkten einig werden, um ein Land zu werden. Auch in Sachen Homosexualität. Was also tun? Entweder auch in der DDR wieder zurück zu Strafbarkeit - oder in der BRD lockerer werden. Zunächst mal einigte man sich gar nicht. Man diskutierte lieber. 1994 beschloss endlich der Bundestag die Streichung des Paragraphen.
Nächster Schritt: Die sogenannte Homo-Ehe. Erstmal gab es so ein Mittelding, das nannte sich "Eingetragene Lebenspartnerschaft". Die gab es ab 2001. Seit 1. Oktober 2017 dürfen in Deutschland nun aber auch zwei Frauen oder zwei Männer richtig heiraten. Im Bürgerlichen Gesetzbuch steht dazu: "Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen". Das ist also alles noch relativ frisch - und das war jetzt auch alles nur die historische oder gesetzliche Seite. Kommen wir zu unserer Gesellschaft.
Ist es "ganz normal", in Deutschland schwul oder lesbisch zu sein? Ich glaube, so weit sind wir noch nicht. Es gibt große Unterschiede, was die Region angeht. Die Städte sind in der Regel durch ihre Anonymität offener und aufgeschlossener. In vielen Städten gibt es Straßen oder Viertel, in denen sich viele Bars und Clubs angesiedelt haben, die gerne von Homosexuellen besucht werden. In diesen Gegenden ist es ganz normal, zum Beispiel Männer zu sehen, die Händchen halten. Manchmal gibt es auch spezielle Ampelmännchen, die zwei Frauen oder zwei Männer zeigen mit einem Herzchen dazwischen. Auf einem bayerischen Dorf würden sich allerdings viele Menschen nach einem homosexuellen Paar umdrehen und das nicht unbedingt für normal halten.
Es gibt ein Bild von Adele Spitzeder. Da ist sie sehr züchtig gekleidet, mit einem hohen Kragen und einer Brosche am Hals. Um den Hals trägt sie ein großes Kreuz, die Frisur ist akkurat gescheitelt. 1832 wurde Adele Spitzeder in Berlin geboren. Sie war Schauspielerin und Sängerin - und vor allem war sie eine großartige Betrügerin. Ich erzähle Dir heute ihre Geschichte.
Ihr Leben fing prunkvoll an. Ihre Eltern waren Sänger und Schauspieler und schickten die Tochter auf teure Privatschulen. Sie wurde selbst auch Schauspielerin und trat auf verschiedenen Bühnen auf. Anstatt in einer Wohnung zu wohnen, lebte die Spitzeder in Hotels. Eine Angestellte kümmerte sich um sie. Adele hatte sechs Hunde und eine Lebensgefährtin. Das alles kostete natürlich viel Geld - und die Einnahmen aus der Schauspielerei waren nicht hoch. Sie war kein Star. Also musste Adele sich etwas ausdenken, um an mehr Geld zu kommen.
Sie begann mit Geldgeschäften. Sie versprach einem Zimmermann zehn Prozent Zinsen im Monat. Das machte der Mann natürlich sofort, es war ein gutes Geschäft für ihn. Er gab Adele also 100 Gulden und bekam dafür jeden Monat 10 Gulden Zinsen. Und zwar bar auf die Hand und zwei Monate im Voraus. Das war damals alles unüblich. Der Mann erzählte anderen Leuten von diesem Geschäft und so konnte Adele immer neue Kunden begrüßen. Sie konnte ihre eigenen Schulden endlich abbezahlen.
Gemeinsam mit ihrer damaligen Lebensgefährtin gründete sie eine Bank in München. Die "Spitzedersche Privatbank" wurde immer größer und erfolgreicher. Später hieß sie "Dachauer Volksbank". Adele konnte sich sogar ein eigenes großes Haus kaufen. Hinter den Kulissen herrschte das Chaos. Das Geld war in Säcken verstaut und lag zum Teil einfach so in ihrer Wohnung herum. Es gab keine ordentliche Buchführung, und aus heutiger Sicht kennen wir solche Betrügereien als Ponzi-System oder Schneeballsystem. Adele hatte sich ein kluges System ausgedacht, das sie reich machte.
Sie gab Journalisten Geld, damit diese positiv über die Bank schrieben. Sie zahlte hohe Provisionen und verteilte großzügige Spenden. Sie war beliebt bei den Menschen und hatte einen guten Ruf, sie kümmerte sich sogar um die Armen. Adele Spitzeder war eine beeindruckende Erscheinung, vielleicht auch wegen ihres schauspielerischen Könnens. Die Menschen vertrauten ihr. Sie hatte zu ihrer besten Zeit 83 Angestellte. Adele Spitzeder fing auch an, mit Immobilien zu handeln. Lange ging der Betrug gut und niemand kam ihr auf die Schliche. Zwei Jahre lang konnte sie ihre Bank betreiben. Insgesamt 32.000 Menschen legten ihr Geld dort an, für umgerechnet 400 Millionen Euro. Es waren meist Handwerker oder Bauern, die selber nicht viel Geld hatten.
Adele Spitzeder tat das nicht, weil sie böse war. Sie war in das Geldgeschäft hineingerutscht. Immer wieder fragte sie Anwälte, ob ihr Tun legal war. Die Anwälte sagten ja. Adele hatte also eine Grauzone entdeckt und diese für sich ausgenutzt. Sie sagte den Menschen auch immer, dass sie keine Sicherheiten bieten könne. Aber das war denen egal, sie sahen nur die hohen Gewinne.
Aber wie wir wissen geht so etwas meistens nicht lange gut. Es gab Menschen, die den Schwindel erkannten. Als 60 Gläubiger sich ihr Geld gleichzeitig auszahlen lassen wollten, brach die Bank von Adele Spitzeder zusammen. Kurz darauf wurde sie wegen Betrugs verhaftet und kam ins Gefängnis. Allerdings nur gut drei Jahre lang. Viele Bürger sahen ihr Geld nie wieder, manche von ihnen begingen sogar aus Verzweiflung Selbstmord. Ganze Gemeinden hatten bei Spitzeder Geld investiert und waren nun pleite.
Heute könnte so etwas nicht mehr so leicht passieren, weil es viele Aufsichtsgremien gibt. Außerdem ist es heute Pflicht, eine Buchführung vorweisen zu können. Und was geschah mit Adele Spitzeder? Nach dem Gefängnisaufenthalt ging sie ins Ausland, kehrte dann aber nach München zurück. Sie veröffentlichte ihre Memoiren, also ein Buch über ihr Leben. Sie versuchte noch einmal,
7/15/2021 • 7 minutes, 41 seconds
Was wären wir ohne Internet? SG #238
Vor einigen Wochen hatten wir knapp 24 Stunden lang kein Internet und kein Telefon. An diesem Tag haben wir als Familie gemerkt, wie abhängig wir mittlerweile von dieser Technologie sind. Du auch? Es fing mit der Unterhaltung an. Ich höre gerne und viele Podcasts - am Freitag immer einen Kinopodcast der BBC. Diesen konnte ich nicht herunterladen. Naja, das war natürlich nicht schlimm, aber ich dachte mir: Ok, dann höre ich eben Musik. Ich höre Musik mittlerweile immer über Spotify - auch das ist ein Internetdienst und war demzufolge nicht verfügbar. Kein Podcast, keine Musik. Auch kein Hörbuch von Audible, denn ich hatte keines heruntergeladen. Nichts zu hören! Selbst das Radio streamen wir heute über das Internet. CD-Player oder Schallplattenspieler haben wir nicht mehr. Nur ein DAB-Radio im Bad konnte uns helfen, kurz die Nachrichten zu hören. Mein Sohn konnte nicht Minecraft spielen, sein Tablet war nutzlos. Eine neue Episode Slow German machen oder ein neues Video für YouTube - auch nicht möglich.
Am Abend wollten wir einen Film sehen, aber auch da wurde uns klar: Unsere Fernsehgewohnheiten haben sich geändert. Während wir früher einfach das sahen, was gerade im Live-Fernsehen kam, schauen wir heute nur noch über Netflix oder Amazon Prime und all diese Dienste fern. Wir schauen gezielt Filme oder Serien im Stream. Auch das war ohne Internet nicht möglich. Die Mediatheken der großen Sender waren ebenfalls lahmgelegt. Also blieb nur das Live-Fernsehen, und das war an diesem Abend langweilig. Für mich alles kein Problem, denn ich bin eine Leseratte. Mein Buch funktionierte auch ohne Strom und Internet. Das von meinem Sohn auch. Aber mein Mann surft gerne abends im Internet, er liest viel auf dem iPad - ihm war also langweilig.
Der nächste Tag brachte dann noch mehr Probleme mit sich.Ich fange morgens immer an, erstmal eine halbe Stunde Yoga zu machen. Ich nutze dafür eine App, die mir die Asanas zusammenstellt. Ohne Internet konnte diese App nichts laden. Auch meine Meditations-App funktionierte natürlich nicht. Meine Arbeit ist komplett unmöglich ohne das Internet. Zum einen habe ich Konferenzen mit meinen Kolleg:innen, meistens über Microsoft Teams oder Zoom. Das war ohne Internet nicht möglich. Außerdem ist mein Job ja, dass ich als Community Managerin oder Social Media Managerin arbeite - aber Facebook, Instagram, Twitter und YouTube sind Dienste im Internet. Ich musste an diesem Tag also aufgeben und konnte nicht arbeiten, denn auch Mails erreichten mich nicht. Alleine anzurufen und meinem Chef zu sagen, dass ich kein Internet habe, war schwierig - denn normalweise rufe ich ihn über Teams an oder ich schaue in Teams nach seiner Telefonnummer. Jetzt musste ich sie anders herausfinden.
Auch die Videokonferenz mit meinen Eltern konnte nicht stattfinden, der Kontakt zu Freunden und Familie in Zeiten der Pandemie war abgebrochen. Unsere Bestellung bei einem Lieferdienst für Bio-Lebensmittel war nicht möglich, denn auch die geht immer über das Internet. Ich konnte keine neuen Bücher für meinen Sohn bestellen, denn auch das mache ich bei einem sozialen Buchversand über das Internet. Keine neuen Klamotten kaufen, kein Lego, kein Geschenk für den nächsten Kindergeburtstag. Das Internet hat sich mittlerweile in so viele unserer Lebensbereiche eingeschlichen! Wir sind abhängig von Online-Banking und Online-Shopping, Online-Arbeit und Online-Homeschooling.
Gut, ich gebe zu, ich habe hier etwas übertrieben. Denn natürlich habe ich sofort einen Hotspot über mein Handy eingerichtet und die wichtigsten Dinge dann über meinen mobilen Datentarif gemacht. Aber dennoch haben diese 24 Stunden uns die Augen geöffnet. Unser Leben hat sich in den vergangenen Jahren sehr geändert. Es ist normal geworden, eine gute Datenverbindung zu haben und Filme ohne Ruckeln im Stream anzusehen. Dabei ist Deutschland übrigens gar nicht so gut im Vergleich mit anderen Ländern! Was die Datenrate angeht ist Deutschland derzeit auf dem 31.
6/22/2021 • 7 minutes, 14 seconds
Das Schloss Neuschwanstein – SG #237
Auf besonderen Wunsch von Zuzka erzähle ich Dir heute etwas über das wahrscheinlich berühmteste Gebäude in ganz Deutschland: das Schloss Neuschwanstein. Wenn Du es auf der Karte suchen möchtest, dann liegt es im Süden von Deutschland, genauer gesagt in Bayern. Noch genauer gesagt im Allgäu, bei Füssen. Es ist ein Märchenschloss, das jedes Jahr viele Touristen anlockt. Es ist übrigens gar nicht so alt, wie Du vielleicht denkst - erst im Jahr 1869 begann der Bau. Aber ich erzähle Dir lieber die ganze Geschichte.
Hauptfigur in dieser Geschichte ist König Ludwig II. Ich habe schon eine Episode über ihn und seine Cousine Sissi gemacht. Er war jung und extravagant. Er liebte Richard Wagner. Und als sein Großvater starb, hatte Ludwig plötzlich eine Menge Geld zur Verfügung. Also baute er sich ein Schloss. Er wollte weg von München, er wollte in Ruhe leben und sich zurückziehen. Der Ort war schnell gefunden: In der Nähe war bereits ein anderes Schloss, das Schloss Hohenschwangau. Es diente als Sommerresidenz seiner Mutter. Er kannte die Gegend also seit seiner Kindheit.
Ein Münchner Theatermaler lieferte also die Vorlage einer romantischen Ritterburg. Ein Architekt setzte die Idee dann um. Ein einfacher Chef war der König sicher nicht, denn er ließ sich alle Pläne genau vorlegen und setzte seine Ideen durch. Er hatte immer neue Wünsche, das Schloss wurde immer größer - und immer teurer. Aus dem kleinen Arbeitszimmer wurde ein großer Thronsaal. 1869 begann der Bau, hoch oben auf einem Felsen.Das Gebäude hat Türme und Giebel, Balkone, Zinnen und viele Schnörkel und Skulpturen. 200 Handwerker arbeiteten hier jeden Tag, sie verbauten 465 Tonnen Marmor, 1550 Tonnen Sandstein, 400.000 Ziegelsteine und 2050 Kubikmeter Holz.
Das Geld wurde knapp, Ludwig bezahlte das Schloss aus der eigenen Tasche, er verschuldete sich und musste Kredite aufnehmen. Ab 1884 konnte er endlich darin wohnen. Leider starb er zwei Jahre später, er war also nur 172 Tage lang im Schloss, das immer noch nicht fertig war, sondern eher einer Baustelle glich. Fertig sah er es nie. Statt der 3,2 Millionen Mark wie zu Beginn geplant kostete es bis zu seinem Tod fast 6,2 Millionen Mark.
Das liebe Geld spielt leider eine große Rolle in dieser tragischen Geschichte: Weil der König so viele Schulden hatte, wurde er entmündigt und für Regierungsunfähig erklärt. Er musste das Schloss verlassen. Einen Tag später ertrank er im Starnberger See.
Der König selbst wollte nicht, dass das Schloss für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Sechs Wochen nach dem Tod war es aber so. Die Menschen, die ins Schloss wollten, bezahlten Eintritt. So konnten die Schulden des verstorbenen Königs langsam beglichen werden. Nachdem 1918 die Republik ausgerufen wurde und es also keine Könige mehr in Bayern gab, gehörte das Schloss dem Staat. Und so ist es auch heute noch. Die beiden Weltkriege überstand es zum Glück ohne Schaden.
Heute ist das Schloss ein Touristenmagnet, pro Jahr kommen ungefähr 1,5 Millionen Menschen hierher. Wenn ich Besuch von Verwandten aus den USA haben, wollen sie auch alle dieses berühmte Schloss sehen. Es ist nicht idyllisch oder romantisch, sondern es sind überall lange Warteschlangen und unglaublich viele Menschen dort. Zumindest im Sommer. Ich erinnere mich an meinen letzten Besuch. Erst wanderten wir die Straße nach oben und wurden dabei von Kutschen überholt, die von Pferden gezogen wurden. Oben gab es dann drei verschiedene Warteschlangen, für japanische, englischsprachige und deutschsprachige Touristen.
Drinnen ist es für meinen Geschmack absolut kitschig - viel Gold und einfach zu viel von allem.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg237kurz.pdf
6/16/2021 • 6 minutes, 56 seconds
Garten und Balkon in Deutschland – SG #236
Langsam kommt der Frühling. Ich sage langsam, weil es dieses Jahr wirklich lange dauert. Immer wieder war es in der Nacht sehr kalt. Die Bäume haben immer noch keine Blätter. Es gab zwar schon Tage, an denen ich im T-Shirt auf der Terrasse sitzen konnte, aber dann musste ich auch wieder meine Winterjacke rausholen, weil es nachts -6 Grad hatte und es tagsüber schneite. Aber so ist eben das typische April-Wetter. Es gibt einen Spruch dazu, der lautet: April, April, der weiß nicht was er will. Sobald es etwas wärmer wird, arbeiten die Menschen in Deutschland im Garten oder auf ihrem Balkon, um alles wieder schön zu machen.
Die ersten Blumen, die sich im Frühjahr zeigen, sind Krokusse und Schneeglöckchen. Nach dem langen Winter freut man sich sehr, ein paar Farbtupfer zu sehen! Denn der Winter ist in Deutschland sehr farblos. Die Bäume verlieren alle ihr Laub, das Gras wird braun oder gelb, die Büsche sind ebenfalls ohne Blätter. Bei uns im Garten gibt es violette und weiße Krokusse, gelbe Narzissen und bald kommen auch die Tulpen hervor. Das sind alles typische Frühlingspflanzen. Weil dieses Jahr so lange Winter ist, gibt es im Supermarkt schon länger Tulpen zu kaufen - so kann man sich den Frühling wenigstens ins Wohnzimmer holen.
Wie geht es weiter im typisch deutschen Garten? Normalerweise gibt es eine Rasenfläche, die regelmäßig gemäht werden muss. Viele Familien haben auch Mähroboter, die diese Arbeit erledigen. Ich mache das lieber noch per Hand. Das Gras lasse ich im Garten länger stehen, ich mähe erst ab Juni, damit die Insekten noch Blüten finden. Als Umrandung haben viele deutsche Gärten einen Zaun und eine Hecke. Die Hecke ist oft so dicht und so hoch, dass man nicht in das Grundstück blicken kann. Wer etwas für die Tiere tun möchte, hat eine Vogeltränke im Garten, also ein kleines Becken, aus dem die Vögel trinken können oder in dem sie auch baden können, wenn es heiß ist.
Forsythie
Auf älteren Grundstücken stehen oft noch hohe Bäume, manchmal Birken, oft Kiefern oder Buchen. Da die Grundstücke immer kleiner werden, ist mittlerweile dafür kaum noch Platz. Wir haben im Garten drei kleine Fliederbüsche, die in unterschiedlichen Farben blühen. Einen Baum haben wir nicht. Magnolien sind auch sehr beliebt in Deutschland, entweder als Strauch oder als Baum. Sie blühen ebenfalls im Frühling.
Jetzt kommen wir zu zwei Trends, die ich hier in meiner Umgebung beobachte. Trend Nummer eins: Viele Menschen haben keine Lust auf Gartenarbeit und legen sich daher einen sogenannten Schottergarten an. Das sieht im besten Fall japanisch und edel aus - meistens sieht es aber nur schrecklich tot aus. Insekten finden hier kaum Lebensraum. Daher haben manche Gemeinden und Städte diese Art von Gärten verboten. Es soll grün sein im Garten und nicht steinig. Der zweite Trend geht in Richtung Ernährung: Viele Menschen bauen ihr eigenes Obst und ihr eigenes Gemüse an. Oft werden dazu sogenannte Hochbeete angelegt. Das sind große Holzkisten, in denen dann oben der Salat wächst. Das ist praktisch, weil man sich zum "garteln", wie wir hier in Bayern sagen, also zur Arbeit im Garten, nicht bücken muss. Und Schädlinge wie Schnecken haben es auch schwerer. Angebaut werden gerne Tomaten, Paprika, Gurken, Salat, Karotten, Zucchini und Radieschen.
Apfelbaum
Ich habe ein anderes Hobby: Ich habe letztes Jahr mit meinem Sohn angefangen, Bonsai zu gestalten. Wir haben heimische Bäume im Miniformat. Also zum Beispiel einen kleinen, blühenden Apfelbaum - ein Foto stelle ich Dir auf slowgerman.com. Wir haben Ahorn, Buche, Eiche und viele andere Mini-Bäumchen. Es ist ein tolles Hobby. Die Bäume haben im Winter geschlafen, und jetzt fangen sie langsam wieder an zu leben. Das ist faszinierend und es macht uns noch ungeduldiger, dass endlich der Frühling kommen soll.
Wer übrigens keinen eigenen Garten hat, der zieht oft Obst und Gemüse oder andere Pflanzen auf seinem Balkon. Dafür gibt es extra Balkonkästen,
5/11/2021 • 8 minutes, 32 seconds
Siegfried und Roy, Magier in Las Vegas – SG #235
Im Januar ist Siegfried Fischbacher gestorben. Letztes Jahr starb Roy Horn an Covid-19. Berühmt wurden sie nicht einzeln, sondern zusammen: Als das großartige Zauberer-Duo Siegfried und Roy. Ich möchte Dir heute ihre Geschichte erzählen.
Siegfried Fischbacher wurde hier in Bayern geboren, und zwar im Jahr 1939, also zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Sein Vater geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Als er zurückkehrte, war er Alkoholiker. Als Siegfried acht Jahre alt war, begann er mit kleinen magischen Kunststücken und versuchte so, die Aufmerksamkeit seines Vaters zu bekommen. Er wurde zum Weber und zog mit 17 Jahren nach Italien an den Gardasee. Dort arbetiete er als Kellner. Mit 20 Jahren heuerte er auf einem Passagierschiff namens „Bremen“ an.
Roy Horn hieß eigentlich Uwe Ludwig Horn. Er wurde 1944 in Niedersachsen geboren, war also 5 Jahre jünger als Siegfried. Mit 13 Jahren brach er die Schule ab und begann auf dem gleichen Schiff zu arbeiten - auf der „Bremen“. Dort lernten sich die beiden jungen Männer kennen.
Eigentlich sollten sie beide auf dem Schiff als Kellner arbeiten, aber sie liebten Zaubertricks. Also unterhielten sie damit die Passagiere. Der Kapitän des Schiffes bekam das mit und ordnete an, dass die beiden Jungs gemeinsam als Zauberkünstler auftreten sollten. Roy hatte sein „Haustier“ Chico an Bord geschmuggelt, einen Gepard. Der durfte nach einiger Zeit auch mit auftreten. Der Anfang ihrer Karriere.
Vier Jahre später gingen Siegfried und Roy von Bord und traten in deutschen Theatern auf. Danach ging es auf Tournee durch Europa. In Monte Carlo traten sie vor Fürstin Gracia Patricia auf - besser bekannt als Grace Kelly. Das war ihr internationaler Durchbruch. Von da an ging es steil bergauf, sie traten am Lido in Paris auf und in Las Vegas. Dort blieben sie, weil sie ein Engagement bekamen. Nach einigen Jahren waren sie die bestbezahlten Künstler in der Geschichte von Las Vegas.
Sie bekamen als Magier mehrere Auszeichnungen, gingen für zehn Monate nach Japan, um dort aufzutreten. In ihren sieben Jahren im New Frontier in Las Vegas traten sie über 3500 Mal auf, vor insgesamt mehr als drei Millionen Zuschauern. Später im Mirage feierten sie die größte und teuerste jemals inszenierte Bühnenshow. Sie waren die Könige von Las Vegas. Ihre Show war von Anfang an familienfreundlich, es gab keine nackten Frauen zu sehen, und das war in Las Vegas ungewöhnlich.
1988 wurden sie amerikanische Staatsbürger. Knapp zehn Jahre später bekamen sie einen Stern auf dem „Walk of Fame“ in Hollywood. 1996 feierten sie ihren 15.000. Auftritt in Las Vegas. Insgesamt haben 25 Millionen Menschen ihre Auftritte in Las Vegas gesehen. 2009 sah man sie zum letzten Mal gemeinsam auf der Bühne. 2003 hatte ein weißer Tiger Roy bei einer Show an seinem 59. Geburtstag verletzt. Der Zauberer wurde schwer verletzt und war danach teilweise gelähmt. Ein trauriges Ende der Karriere.
Aber genau durch diese Tiere sind Siegfried und Roy berühmt geworden. Sie machten nicht nur Zaubertricks und riesige Illusionen, sondern sie arbeiteten mit Tieren, die durch ihre Seltenheit magisch wirkten. Sie züchteten weiße Königstiger. Hinter den Kulissen waren Tiertrainer beschäftigt, um den Raubkatzen etwas beizubringen. Weiße Tiger, Löwen und Leoparden lebten mit den beiden Deutschen in Las Vegas. Die beiden Männer waren übrigens viele Jahrzehnte ein Paar, was aber erst in ihrer Autobiografie 2007 öffentlich gemacht wurde.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg235kurz.pdf
4/28/2021 • 7 minutes, 38 seconds
Der Rattenfänger von Hameln – SG #234
Ich habe überlegt, welche die wohl bekanntesten Geschichten und Sagen aus Deutschland sind. Über die Loreley habe ich dir schon etwas erzählt - aber vom Rattenfänger von Hameln noch nicht!
Also: Wir schreiben das Jahr 1284 und wir sind in einem kleinen Dorf, das in Niedersachsen liegt, ungefähr 50 Kilometer von Hannover entfernt. Es heißt Hameln. Die Geschichte geht so:
Eines Tages kam ein Mann in dieses Dorf. Er war sehr bunt gekleidet und trug eine Flöte bei sich. Sein Beruf: Rattenfänger. Sein Name ist nicht bekannt, genannt wurde er aber „Bunting“, wegen seiner Kleidung.
In Hameln freute man sich über seine Ankunft, denn das Dorf war von Ratten und Mäusen geplagt. Sie sprangen am helllichten Tag auf Stühlen und Tischen herum, versteckten sich in Ecken und Gassen und waren einfach überall.
Also versprach man ihm viel Geld, wenn er das Problem lösen könnte. Der Rattenfänger zückte also seine Flöte und begann zu spielen. Sein Flötenspiel war so bezaubernd, dass die Ratten und Mäuse erstaunt aufhorchten. Sie folgten ihm. Der Rattenfänger spielte weiter und ging langsam aus dem Dorf hinaus und hinunter zur Weser. Das ist ein Fluss, der durch Hameln fließt. Er ging also hinein ins Wasser, und die Tiere folgten ihm. Weil sie nicht schwimmen konnten, ertranken sie im Fluss. Und Hameln war diese Plage endlich los!
Anstatt dem Mann aber dankbar zu sein und ihm sein Geld zu geben, verweigerten sie ihm den Lohn. Wütend ging der Mann davon. Aber er kam wieder. Diesmal an einem sehr frühen Sommermorgen. Er sah verändert aus, wie ein Jäger. Er fing wieder an, eine schöne Melodie zu pfeifen. Dieses Mal aber lockte er nicht Ratten und Mäuse aus den Häusern, sondern die Kinder des Dorfes. Sie folgten ihm, und er führte sie weg. Ein Kindermädchen sah es und erzählte den anderen Eltern davon. Doch so sehr sie auch suchten: Der Mann und die Kinder wurden nie wieder gesehen. Nur zwei Kinder kamen zurück, aber da das eine nicht reden konnte und das andere blind war, konnten sie nicht erklären, was aus den anderen Kindern geworden war. Das war also die Rache des Mannes: Er nahm den Menschen von Hameln ihre Zukunft.
Diese düstere Geschichte kennen viele Menschen auf der ganzen Welt. Die Gebrüder Grimm haben sie bekannt gemacht. Sie schrieben die Geschichte 1816 in ihrem Buch der Deutschen Sagen auf. Goethe hielt sie 1802 in einem Gedicht fest. Und auch Bertolt Brecht dichtete etwas dazu. Die Internetseite der Stadt Hameln hat übrigens all diese Originaltexte und Übersetzungen in verschiedene Sprachen parat.
Ist es wirklich nur eine Geschichte, oder gibt es eine historische Wahrheit dahinter? Das ist schwer zu sagen. Vermutet wird, dass hier zwei Geschichten verknüpft wurden. Wahrscheinlich ist der Teil mit den Ratten eine erfundene Geschichte. Denn Ratten und Mäuse scheinen nicht auf Flötentöne zu reagieren.
Aber den Auszug der Kinder könnte es gegeben haben. In dieser Zeit versuchte man, Menschen aus Deutschland im Osten anzusiedeln. Vielleicht waren die Kinder also nach Siebenbürgen, Mähren oder Pommern ausgewandert. Vielleicht gingen sie nicht ganz so weit - denn in Brandenburg gibt es viele Gemeinden, die einen ähnlichen Namen haben wie Hameln. Möglicherweise wanderten also junge Menschen aus Hameln nach Osten aus und ließen sich dann in Brandenburg nieder. Zur Erinnerung benannten sie die Orte dann nach ihrer alten Heimat. Eventuell machte der Rattenfänger einfach Werbung für den Umzug. Klingt nachvollziehbar, finde ich.
Noch heute lebt die Sage in der kleinen Stadt Hameln weiter - sie nennt sich auch offiziell die „Rattenfängerstadt Hameln“. Die Figur des Rattenfängers ist auf der Internetseite zu sehen und in Kunstwerken. Männer führen Touristen als Rattenfänger durch die Stadt. 57.000 Einwohner hat sie übrigens heute. Ein Haus heißt auch „Rattenfängerhaus“. Es steht an der Bungelosenstraße. Durch diese Straße soll der Rattenfänger die Kinder geführt haben. Bis heute ist daher in dieser Straße Tanz und Musik ve...
4/8/2021 • 9 minutes, 3 seconds
Teekesselchen – Wörter mit zwei Bedeutungen – Homonyme – SG #233
Heute erzähle ich dir etwas über die deutsche Sprache. Und zwar über Wörter, die genau gleich gesprochen und geschrieben werden, aber in verschiedenen Zusammenhängen etwas ganz Unterschiedliches bedeuten. Ich erkläre dir, was Teekesselchen und Homonyme sind. Diesen Text hat Matthias Knuth geschrieben, ich verlinke Dir seine Seite auf slowgerman.com. Ich habe den Text etwas abgeändert und erweitert.
Also, es geht um Wörter, die mehrere Bedeutungen haben. Zum Beispiel eine Bank, auf der man sitzen kann, und eine Bank, bei der man ein Konto hat. Oder ein Schloss in der Haustür, in das ich einen Schlüssel stecken kann, und ein Schloss, in dem früher einmal ein König oder Fürst gewohnt hat, also ein Gebäude.
In der Sprachwissenschaft werden solche Wörter “Homonyme” genannt. Das Tolle daran: Wir können mit solchen Wörtern gut spielen. Beispielsweise können wir ein Ratespiel mit diesen Wörtern machen, das man in Deutschland “Teekesselchen” nennt. Oder wir können für ein Thema absichtlich eine Überschrift wählen, die zwei Bedeutungen haben kann. Das kommt oft in der Werbung vor, aber auch bei Hashtags auf Twitter. Man erzielt damit mehr Aufmerksamkeit, weil die Leute für einen Augenblick darüber nachdenken müssen, was gemeint ist.
Ein weiteres solches Wort mit zwei Bedeutungen ist “Schimmel”. Ein weißes Pferd nennt man “Schimmel”. Aber Schimmel ist auch der Belag auf verdorbenen Lebensmitteln, der von Schimmelpilzen hervorgerufen wird. Wahrscheinlich kommt die Bezeichnung “Schimmel” für ein weißes Pferd sogar daher, dass diese Pferde nicht weiß geboren werden. Aufgrund eines besonderen Gens werden sie im Laufe ihres Lebens allmählich weiß, als ob sie von Schimmel überzogen würden wie ein Käse oder ein Stück altes Brot.
An was denkst du, wenn du an das Wort „Flügel“ denkst? Wahrscheinlich an einen Vogel, oder? Ein Vogel hat zwei Flügel, mit denen er fliegen kann. Aber auch dieses Wort ist ein Homonym, und zwar heißt auch ein großes Klavier „Flügel“. Und auch unser Planet, die Erde, ist ein Homonym. Denn in der deutschen Sprache grabe ich beispielsweise in der Erde, wenn ich im Garten arbeite. Da grabe ich nicht im ganzen Planeten, sondern in der braunen Masse, die wir auch Erde nennen.
Bleiben wir im Garten. Du weißt vielleicht, dass ich ein paar Bonsai als Hobby habe. Zum Beispiel eine Kiefer. Na, merkst du was? Genau, wieder ein Homonym. Denn nicht nur der Nadelbaum mit den langen Nadeln heißt Kiefer, sondern auch der große Knochen in unserem Gesicht. Was fällt mir noch ein? Der Ball zum Beispiel. Das kann ein rundes Sportgerät sein, also beispielsweise ein Fußball, aber ich kann auch auf einen Ball gehen - dann ist der Ball eine Veranstaltung, bei der getanzt wird. Und bei einer Birne denken zumindest die älteren von uns an eine Glühbirne und an ein Stück Obst. Die jüngeren kennen wahrscheinlich nur noch LED-Lampen, oder?
Du merkst aus diesen Beispielen, dass du keine Angst vor Homonymen haben musst. Denn auch wenn das Wort alleine mehrere Bedeutungen hat, wird aus dem Zusammenhang schnell klar, ob es sich um eine Bank mit Geld oder eine Bank mit Sitz handelt.
Spielen wir jetzt noch ein bißchen Teekesselchen?
Also: Mein Teekesselchen ist oben an jedem Zimmer dran. Mein Teekesselchen hält mich im Bett schön warm. Die Antwort ist: Die Decke.
Oder: Mein Teekesselchen ist sehr lästig, vor allem für Kühe. Mein Teekesselchen ist eine gute Alternative zur Krawatte. Die Antwort ist: Die Fliege.
Mein Teekesselchen ruft morgens auf dem Misthaufen, damit alle aufwachen. Mein Teekesselchen gibt mir immer frisches Wasser. Die Antwort ist: Der Hahn.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg233kurz.pdf
3/9/2021 • 6 minutes, 48 seconds
Das rätselhafte Findelkind Kaspar Hauser – SG #232
Heute erzähle ich dir die Geschichte von Kaspar Hauser. Ein junger Mann taucht plötzlich in Nürnberg auf, am 26. Mai 1828. Er ist ungefähr 16 Jahre alt. Der Junge wirkt geistig zurückgeblieben, redet wenig und hat zwei Briefe in der Hand. Er sagt: Er möchte ein Reiter werden wie sein Vater.
Er wird zur Polizei gebracht. Wer ist er? Wo kommt er her? Er spricht bayerischen Dialekt und hat eine Narbe von der Pocken-Impfung. Also vermutet man, dass er aus Oberbayern kam. Vielleicht aus Regensburg. Oder vielleicht auch aus Tirol, also aus Österreich. Genauer wird man es nie erfahren. Man bittet ihn, seinen Namen zu schreiben, und er schreibt: Kaspar Hauser.
In den Gesprächen erzählt er langsam mehr von sich. Er habe seine Kindheit und Jugend in einem dunklen Verlies verbracht, das nur mit Stroh ausgelegt war. Es sei sehr niedrig gewesen, er habe dort kaum stehen können. Ernährt habe er sich nur von Wasser und Brot. Andere Menschen habe er nie gesehen oder mit ihnen gesprochen. Zur Beschäftigung habe er nur ein kleines Holzpferd gehabt.
Saubergemacht wurden das Verlies und er selbst nur, wenn er schlief. Er bekam es nie mit. Ein Eimer war seine Toilette.
Kaspar Hauser wird erstmal wieder eingesperrt, und zwar im Gefängnisturm. Die Menschen machen Experimente mit ihm. Juristen, Theologen und Pädagogen interessierten sich für ihn. Ein Lehrer, sein Name ist Georg Friedrich Daumer, kümmert sich um ihn und Kaspar Hauser fängt sehr schnell an, lesen und schreiben zu lernen. Er beginnt zu malen und ist begabt. Er schreibt auch Gedichte.
Die Leute beginnen zu spekulieren: Ist er vielleicht ein Prinz? Ein Adeliger? Ein Thronerbe, den man loswerden wollte? Es wird recherchiert, welche Adeligen um das Jahr 1812 ein Kind verloren haben. Man wird fündig: In Baden soll ein adeliges Kind gestorben sein. War es ausgetauscht worden? War Kaspar das Kind dieser Adeligen, das mit einem kranken Kind vertauscht wurde? Das wäre politisch möglich gewesen, weil dann eine andere Familie den Thron geerbt hätte. Heute ist diese Theorie unwahrscheinlich. Damals wurde sie aber so kontrovers diskutiert, dass sogar der bayerische König seine Meinung dazu sagte.
Kaspar Hauser wird von den Menschen bestaunt, er wird „Das Kind Europas“ genannt. Menschen reisen extra nach Nürnberg, um ihn zu sehen. Es herrscht ein richtiger Hype um seine Person, würde man heute sagen. In ganz Europa kennt man die Geschichte, die Zeitungen berichten darüber.
Doch damals war es so wie heute: Jeder Hype hat seine Zeit. Irgendwann ist er vorbei. Also interessieren sich nach einem Jahr nicht mehr so viele Menschen für Kaspar Hauser. Aber dann wird er plötzlich angegriffen. Die Waffe hinterlässt eine Wunde auf seiner Stirn. So etwas ähnliches passiert später noch einmal, dann sogar mit einer Pistole. Er wechselt die Familien, in denen er lebt, nach diesen Angriffen. Zum Teil hat er sogar Bewacher, Polizeischutz nennt man das. Und ein englischer Lord nimmt ihn ebenfalls kurze Zeit unter seine Fittiche. Das Interesse an ihm wächst wieder.
Und dann kommt das Jahr 1833. Er wird wieder von einem angeblichen Attentäter mit einem Messer attackiert - drei Tage später stirbt er an den Folgen. Es zeigt sich, dass alle drei "Attentate" wahrscheinlich von ihm selbst verübt wurden. Vielleicht wollte er einfach wieder im Mittelpunkt stehen.
Was bleibt, sind die vielen Fragen, was die Prinzentheorie angeht. 1996 wird mit modernsten Untersuchungsmethoden geforscht. Kleidungsstücke von Kaspar Hauser werden untersucht, vor allem ein Blutfleck, der auf einer Hose zu finden war. Eine DNA-Analyse ergibt: Kaspar Hauser hatte nichts mit dem badischen Adelshaus zu tun.
2002 ist die Technik noch ein bißchen weiter und wieder wird geforscht. Diesmal nimmt man Haare und analysiert diese. Jetzt kann man plötzlich nicht mehr ausschließen, dass Kaspar Hauser mit dem Adelshaus Baden verwandt war. Viele Fragen bleiben offen. Eine wirklich wissenschaftliche Untersuchung war das allerdings n...
3/2/2021 • 8 minutes, 42 seconds
Wacken – das Heavy-Metal-Festival – SG #231
Thomas Jensen und Holger Hübner gehen ein Bierchen trinken in einer norddeutschen Gaststätte. Das war im Jahr 1989. Und während sie da so sitzen, haben sie eine Idee... Jahre später ist ihr Heimatdorf Wacken die Welt-Hauptstadt des Heavy Metal. Wie es dazu kam, erzähle ich dir heute.
Beide Freunde waren Heavy Metal-Fans. Ihr Heimatort war Wacken. Das ist eine kleine Gemeinde in Schleswig-Holstein. Heute hat sie 1840 Einwohner. Thomas und Holger jedenfalls hatten die Idee, in einer Kiesgrube ein Konzert zu veranstalten. Die Musikrichtung war klar: Rock und Metal sollten gespielt werden. Und das sollte nicht nur einen Tag dauern, sondern die Besucher und Besucherinnen sollten in Wacken campen dürfen. Sie durften also in Zelten übernachten.
Die Idee wurde im nächsten Jahr umgesetzt. 1990 gab es also das erste Festival in Wacken. Es fand im August statt und dauerte zwei Tage lang. Auf der Bühne waren ausschließlich deutsche Bands zu sehen. Wer als Zuschauer oder Zuschauerin dabei sein wollte, musste zwölf Mark Eintritt bezahlen.
Und weil das Festival so gut ankam bei den Leuten, wurde es im nächsten Jahr gleich wieder veranstaltet. Da kamen dann schon 1300 Menschen zu Besuch. Die Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf. Im dritten Jahr waren zum ersten Mal international bekannte Bands mit dabei, zum Beispiel "Saxon". 26 Bands traten auf, manche von ihnen aus Schweden, Amerika, Irland und Belgien. Reich wurden die Veranstalter in diesem Jahr nicht. Sie mussten so viel Geld für die Security und die Beseitigung des Mülls ausgeben, dass sie am Ende 25.000 Mark verloren.
Aber sie machten weiter. Jeden Sommer lockten neue Bands zum Festival. 1996 waren erstmals 10.000 Zuschauer mit dabei - und die Kiesgrube wurde zu klein. Also zog das Festival um - es blieb aber in der kleinen Gemeinde Wacken. Die nächsten Jahre erzähle ich dir im Schnelldurchlauf. 2006 waren schon 62.500 Besucher in Wacken, und die Veranstalter stießen an ihre Grenzen. Noch größer könnte es nicht werden, so dachten alle.
Jedes Festival war Monate im voraus schon ausverkauft. Das heißt, es gab keine Karten mehr zu kaufen. Man verlängerte die Dauer des Festivals auf drei Tage, also von Donnerstag bis Samstag. Natürlich sollen nicht alle Gäste mit dem Auto anreisen - also gibt es seit 2002 einen Sonderzug, der von Zürich über Stuttgart und München und andere Städte in den Norden fährt. Im Zug gibt es einen DJ - es ist wahrscheinlich der lauteste Zug Deutschlands!
Was noch? Es gibt ein Fußballturnier in Wacken, auch eine Art Gottesdienst. Es gibt 75.000 zahlende Besucher auf einem Gelände von 240 Hektar mit acht Bühnen. 1300 Toiletten werden für die Leute aufgestellt, dazu 500 Duschen. 5000 Menschen arbeiten für das Festival, 1800 davon sorgen für die Sicherheit und Ordnung. Ach, und seit 2017 gibt es eine Bier-Pipeline, die einen Kilometer lang ist und innerhalb einer Stunde 10.000 Liter Bier transportieren kann.
Wir erinnern uns: Beim ersten Wacken-Festival kamen 6 Bands und 800 Teilnehmer zusammen, und man musste umgerechnet 6,14 Euro Eintritt bezahlen. Beim letzten Wacken-Festival 2019 waren es 218 Bands vor 75.000 Besuchern und die Karten kosteten 221 Euro. Ausverkauft war es nach vier Tagen. 2020 fand das Festival aufgrund der Corona-Pandemie nur online statt.
Menschen wie ich, die mit Heavy Metal nicht viel am Hut haben, kennen das Festival nur aus den Nachrichten: Da sieht man dann im Sommer fröhliche Menschen im Matsch auf dem Campingplatz feiern. Eine tolle Erfolgsgeschichte.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg231kurz.pdf
2/23/2021 • 6 minutes, 53 seconds
Die „Sage“ der Loreley am Rhein – SG #230
Die Loreley ist ein Felsen am Rhein. Wer auf ihn hinaufklettert, hat einen wunderschönen Blick über die Landschaft. Der Rhein macht hier eine Biegung, man sieht das Wasser und die Wälder am Ufer. Daher ist die Loreley ein beliebter Ausflugsort, viele Touristen kommen hierher. Das hat aber auch mit der Geschichte des Felsens zu tun. Denn die Dichter Clemens Brentano und Heinrich Heine haben aus diesem Felsen eine Frau gemacht. Und diese Frau soll für zahlreiche Schiffsunglücke verantwortlich sein... Aber fangen wir von vorne an.
Es gibt also diesen Felsen Loreley in Rheinland-Pfalz. Der Rhein ist hier 160 Meter breit und bis zu 25 Meter tief. Es gibt viele Kurven auf dieser Strecke. Dazu kommen noch starke Strömungen - und eben viele Felsen. Damit war und ist diese Stelle für Schiffe gefährlich. Viele Schiffe gingen hier unter - erst in der jüngeren Vergangenheit wurden einige Felsen mitten im Wasser gesprengt, sodass es nicht mehr ganz so gefährlich ist, hier mit dem Schiff zu fahren.
Dennoch passieren auch heute noch Unfälle. Zum Beispiel lief 2003 ein Schiff mit 349 Passagieren auf Grund. Das bedeutet, dass das Schiff auf dem Boden des Flusses aufsetzte. Es ließ sich nicht mehr steuern und prallte nach der Kurve auf das Ufer. 41 Personen wurden verletzt, drei von ihnen schwer.
2011 dann das nächste Unglück an der Loreley, diesmal war es ein Frachtschiff, das 2400 Tonnen Schwefelsäure an Bord hatte. Zwei der vier Besatzungsmitglieder starben bei diesem Unfall.
Heute wissen wir, wie solche Unfälle passieren. Wir können die Strömung berechnen, wir haben Kameras, die unter Wasser funktionieren. Aber stell Dir mal vor, wie das früher war. Wenn an einer bestimmten Stelle immer wieder Menschen starben - dann dachte man nicht an Strömungen im Wasser, sondern an Zwerge oder an Geister.
Der Dichter Clemens Brentano war dann der Erste, der sich statt eines Zwerges lieber eine schöne Frau vorstellte. In seinem Buch war die Lore Lay eine Frau, die wunderschön war und sehr anziehend auf Männer wirkte. Deswegen hielten manche sie für eine Hexe oder eine Zauberin. Nur der eine Mann, den sie wirklich wollte, bekam sie nicht. Er verließ sie für eine andere Frau. Auf dem Weg ins Kloster bat sie darum, noch einmal den Rhein sehen zu dürfen. Vom Felsen aus blickte sie nach unten - und stürzte in die Tiefe. Sie starb. Die Figur der Lore Lay wird zu einer Art Sirene - sie lockt die Männer an und führt sie in den Tod. Viele Menschen denken, das ist eine uralte deutsche Sage - dabei schrieb Brentano sie im Jahr 1800. Er benutzte den Mythos um einen Felsen und schuf eine Geschichte daraus.
Mein Lieblingsdichter Heinrich Heine griff die Geschichte 24 Jahre später auf und schrieb sein wohl berühmtestes Gedicht dazu. Es geht so:
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
dass ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt,
und ruhig fließt der Rhein;
der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar;
ihr goldnes Geschmeide blitzet,
sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme
und singt ein Lied dabei;
das hat eine wundersame,
gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe
ergreift es mit wildem Weh;
er schaut nicht die Felsenriffe,
er schaut nur hinauf in die Höh.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
am Ende Schiffer und Kahn;
und das hat mit ihrem Singen
die Lore-Ley getan.
Hier sind schöne Aufnahmen der Gegend zu sehen:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg230kurz.pdf
2/16/2021 • 7 minutes, 7 seconds
Der Kaufhaus-Erpresser Dagobert – SG #229
Heute erzähle ich dir eine Geschichte, die im Jahr 1988 beginnt. Wir sind in Berlin. Dort steht das sehr bekannte Kaufhaus KaDeWe, das ist die Abkürzung für Kaufhaus des Westens. Ein Unbekannter fordert eine halbe Million D-Mark von diesem Kaufhaus. Das ist eine Erpressung. In der Nacht explodiert in diesem Kaufhaus eine Bombe. Vieles geht kaputt, aber verletzt wird niemand. Jetzt ist die Angst groß, dass so etwas noch einmal passieren kann. Also will das KaDeWe die Summe bezahlen. Der Geldbote bekommt über Funk Anweisungen vom Erpresser. Er soll in einen Zug einsteigen und das Geld an einer bestimmten Stelle aus dem Fenster werfen. Die Übergabe klappt - das Geld ist weg. Ein paar Jahre ist Ruhe.
Doch dann passiert in einem Hamburger Kaufhaus etwas ähnliches. Wieder explodiert nachts ein Sprengsatz nach einer Geldforderung. Und so geht es immer weiter. Ungefähr 30 Mal spielen Erpresser und Polizei Katz und Maus. Ich kann mich gut an diese Zeit erinnern, denn diese Fälle waren oft amüsant und irgendwie fieberten wir mit und hofften, er würde nicht erwischt werden. Der Erpresser ließ sich kreative Dinge einfallen, um an das Geld zu kommen ohne erwischt zu werden. Er hatte viel Fantasie. Zum Beispiel sollte das Geld mit einem Magnet an einem Zug befestigt werden und dann per Fernsteuerung abfallen. Oder das Geld sollte in eine Streusandkiste gelegt werden - und der Erpresser entkam durch die Kanalisation. Er hatte vorher alles genau vorbereitet - als Bauarbeiter verkleidet. Er benutzte viel Technik, von Richtmikrofonen über Bewegungsmelder. Seinen Spitznamen bekam er durch eine Zeitungsanzeige: "Dagobert", so wie die Comicfigur Dagobert Duck.
Auch wenn kriminelle Menschen etwas Falsches tun - irgendwie mochten wir Dagobert. Er war schlau, er nahm das Geld von Unternehmen und nicht von einzelnen Menschen, und er sorgte dafür, dass keine Menschen verletzt wurden. Das hatte schon etwas von Robin Hood, irgendwie. Auch wenn er das Geld für sich selber behielt und nicht den Armen gab.
Einmal war ein Polizist ihm so nah, dass er schon nach seinem Ärmel greifen konnte - doch dann rutschte er aus und Dagobert konnte wieder einmal entkommen.
Aber dann wurde er doch gefasst. Da die Polizei immer wusste, wann Dagobert anrufen würde, beobachtete sie zu diesem Zeitpunkt im Frühjahr 1994 viele Kartentelefone im Süden von Berlin. Dabei fiel den Beamten ein Auto auf, in dem ein Fahrrad war - genau mit diesem Fahrrad war der Erpresser einmal geflüchtet. Das Auto war ein Mietwagen, und schon hatten die Ermittler endlich Dagoberts richtigen Namen erfahren: Arno Funke. Beim nächsten Erpresseranruf wurde der observierte - also beobachtete - Funke festgenommen.
Die Bilanz: Schäden in Höhe von 10 Millionen D-Mark. Dazu noch viele, viele Polizeieinsätze und extrem hohe Telefonkosten. Neun Jahre lang musste Arno Funke ins Gefängnis, dazu musste er einen Schadensersatz von 2,5 Millionen D-Mark an die Kaufhauskette Karstadt bezahlen. Funke wurde dann aber doch frühzeitig entlassen, und zwar nach sechs Jahren und vier Monaten Haft.
Wer steckt also hinter Dagobert? Arno Funke wurde 1950 geboren. Er hat einen hohen IQ, er gilt als hochbegabt und handwerklich geschickt. Er arbeitete in verschiedenen Jobs, zum Beispiel als Fahrer, Fotograf und DJ. Dann auch als Kunstlackierer in einer Autowerkstatt. Dabei atmete er so viele giftige Gase ein, dass sein Gehirn geschädigt wurde. Das führte zu Depressionen und privaten Problemen. Nach eigener Aussage stand er kurz vor dem Selbstmord. Für das Gericht wirkte diese Tatsache schuldmindernd. Das bedeutet, dass seine Gefängnisstrafe wahrscheinlich länger gewesen wäre, wenn er keine psychischen Probleme gehabt hätte.
Schon im Gefängnis fing Arno Funke an, zu zeichnen. Daraus machte er einen Beruf - er illustriert auch heute noch die Zeitschrift "Eulenspiegel". Seine Karriere als Dagobert hat er in einem Buch festgehalten. Und 2013 nahm er an der Show "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" teil.
2/9/2021 • 8 minutes, 42 seconds
Der Marshallplan hilft Deutschland – SG #228
Hast Du schonmal etwas von dem amerikanischen Außenminister George C. Marshall gehört? Er hatte das Amt von 1947 bis 1949 inne. 1953 bekam er den Friedensnobelpreis für ein Programm, das für immer mit seinem Namen verbunden bleibt: Marshallplan.
Der Marshallplan hieß eigentlich European Recovery Program. Dabei handelte es sich um ein Wirtschaftsförderungsprogramm der USA. Europa sollte nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut werden. Viele Städte waren damals vollkommen zerstört, es gab keinen Wohnraum für die Menschen, keine Lebensmittel. Dazu mussten die vielen Flüchtlinge aus den ehemals deutschen Gebieten versorgt werden. Den Winter 1946/47 nennt man den "Hungerwinter". Auch anderen europäischen Ländern ging es schlecht. Der Kalte Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion begann - und in den USA wuchs die Angst vor Kommunisten.
Die Vereinigten Staaten hatten Angst, dass die Sowjetunion ihren Einfluss ausbauen könnte. Also wollte man Deutschland, Österreich und andere Länder wirtschaftlich wieder stärker machen. Man musste aber vorsichtig sein, denn immerhin war gerade ein großer Krieg zu Ende gegangen und Deutschland musste noch Entschädigungen zahlen, zum Beispiel an Frankreich.
Zwei Jahre nach Kriegsende, am 5. Juni 1947, hielt Außenminister Marshall an der Harvard Universität eine Rede. Er schlug darin ein Hilfsprogramm für alle europäischen Staaten vor. Man wolle gegen "Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos" kämpfen und dafür sorgen, dass Europa wieder stabil werde. Es sollte eine Hilfe zur Selbsthilfe werden. Die europäischen Länder sollten sich untereinander verständigen und ihren Beitrag leisten. Bald darauf gab es ein Treffen der Außenminister in Paris. Die Sowjetunion nahm nicht lange an der Konferenz teil - sie verkündete stattdessen den "Molotow-Plan" für die Länder Mittel- und Osteuropas.
Am 22. September 1947 wurde der Vertrag dann nach langen Verhandlungen unterzeichnet. Ein halbes Jahr später wurde er in den USA verabschiedet und von Präsident Harry Truman in Kraft gesetzt. Es ging um Hilfen in Höhe von 13 Milliarden Dollar bis 1952. Umgerechnet wären das heute knapp 142 Milliarden Dollar. Vor allem ging es um Darlehen und Kredite und die Lieferung von Rohstoffen und Lebensmitteln. 9,3 Milliarden Dollar der insgesamt 13 Milliarden Dollar waren Subventionen. Diese Subventionen mussten nicht zurückgezahlt werden. Das jeweilige Land musste aber den Gegenwert dieser Subventionen in einen Sonderfonds einzahlen - so wurde der nationale Wiederaufbau finanziert.
Um die Wirtschaft zu koordinieren, gründeten 16 europäische Länder die OEEC, die später zur heute noch aktiven OECD wurde. West-Deutschland bekam von 1948 bis 1952 insgesamt 1,4 Milliarden Dollar. 24 Prozent des Geldes aus dem Marshall-Plan flossen nach Großbritannien, 20 Prozent nach Frankreich. Jeweils 10 Prozent nach West-Deutschland und Italien.
Warum war Amerika so großzügig zu Europa? Das hat verschiedene Gründe. Zum Beispiel, weil die USA natürlich ein großes Interesse daran hatten, in der Zukunft wieder mit Europa Geschäfte zu machen. Man wollte dorthin Waren exportieren und war am freien Handel interessiert.
Übrigens: Deutschland hatte durch diese Hilfen nie richtiges Bargeld zur freien Verfügung. 70 Prozent der Waren, die nach Deutschland gebracht wurden, waren Tabak und Baumwolle aus den USA. Ein Hintergedanke der USA am Marshallplan war also offenbar, der amerikanischen Landwirtschaft zu helfen.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg228kurz.pdf
2/2/2021 • 6 minutes, 57 seconds
True Crime: Das Verbrechen von Hinterkaifeck – SG #227
Die Geschichte, die ich Dir heute erzählen möchte, ist wirklich so passiert. Heute nennt man das ja „True Crime“ - in der deutschen Sprache sagt man wörtlich übersetzt gerne „wahre Verbrechen“ dazu. Wenn du schwache Nerven hast oder wenn Kinder in der Nähe sind, solltest du diese Episode nicht anhören.
Wir bleiben hier in Bayern. Im Jahr 1922 steht in Hinterkaifeck ein Einödhof. Das ist ein Bauernhof, der nicht in einem Dorf steht, sondern alleine etwas außerhalb. Der nächste Nachbar ist weit entfernt. Es ist eine ländliche Gegend. Es leben nicht viele Menschen hier. Auf dem Einödhof selbst lebt das Ehepaar Gruber. Der Bauer Andreas Gruber ist 64 Jahre alt, seine Frau Cäzilia 72 Jahre alt. Ihre Tochter Viktoria Gabriel lebt auch hier, denn ihr Mann ist im Ersten Weltkrieg gestorben. Sie ist also mit 35 Jahren schon Witwe. Ihre beiden Kinder hat sie mitgebracht zu den Eltern. Ihr Sohn Josef ist zwei Jahre alt, ihre Tochter Cäzilia ist sieben Jahre alt. Es leben also drei Generationen auf dem Hof.
Dann geschehen plötzlich seltsame Dinge an diesem Ort. Es wird eine Münchner Zeitung gefunden, die es hier auf dem Dorf gar nicht zu kaufen gibt. Dann werden Spuren im Schnee entdeckt - sie führen zu dem Einödhof, aber nicht wieder weg. Es verschwindet ein Hausschlüssel. An einer Hütte wird das Schloss aufgebrochen und ein Rind losgebunden. Im Wald wird mehrmals ein Mann mit Bart gesehen, der den Hof beobachtet.
Aber das muss alles nichts bedeuten, oder? Im März kommt eine neue Magd auf den Hof. Eine Magd war damals eine weibliche Hilfskraft auf dem Bauernhof, eine männliche Hilfskraft nannte man Knecht. Maria Baumgartner ist 45 Jahre alt, als sie an einem Freitag auf den Einödhof kommt um dort zu arbeiten.
Am Sonntag darauf, also zwei Tage später, ist die Familie nicht in der Kirche. Das fällt auf, denn es ist üblich, am Sonntag zum Gottesdienst zu gehen. Am Montag kommt die siebenjährige Cäzilia nicht zur Schule. Der Postbote merkt, dass die Post vom Freitag noch im Briefkasten steckt. Was ist da los?
Letztlich werden zwei junge Männer losgeschickt, um nach der Familie zu sehen. Was sie finden, ist grausam: Alle Bewohner und Bewohnerinnen des Hofes sind tot. Sie wurden ermordet. Sogar die Kinder. Die Rekonstruktion des Verbrechens ergibt: Die junge Witwe war nachts in den Stall gegangen und dort erschlagen worden. Ihre Mutter wunderte sich, wo die Tochter blieb, und folgte ihr in den Stall - auch sie wurde ermordet. Danach folgten ihr Vater und ihre kleine Tochter. Der oder die Täter hörten aber nicht auf zu morden, sie gingen ins Haus und fanden dort die neue Magd und das Kleinkind - auch sie wurden getötet. Alle Leichen wurden mit der gleichen Waffe erschlagen und anschließend bedeckt, entweder mit Heu oder mit Bettzeug. Einige Tage lagen sie schon so, als sie gefunden wurden. Seltsam ist: Die Tiere auf dem Hof haben noch Futter, die Kühe wurden gemolken. Und auch im Backofen war noch etwas verbrannt worden. Der oder die Täter sind also nach dem Mord noch einige Zeit auf dem Hof geblieben.
Bald ist die Polizei verständigt und beginnt zu ermitteln. Die Leichen werden gleich vor Ort obduziert. Natürlich beginnt auch die Suche nach einem Motiv. War das Verbrechen ein Raubmord? Offenbar nicht, denn obwohl etwas Bargeld fehlt, und ein Zimmer durchsucht aussieht, sind Aktien und Wertpapiere noch da. Verdächtige werden vernommen - aber ohne Ergebnis. Im Zweiten Weltkrieg werden viele Akten zerstört - 1955 wird der Fall dann geschlossen. 16 Jahre später gibt es dann eine neue Spur, eine alte Frau beschuldigt ein Brüderpaar - doch bei der Vernehmung erweist sie sich als verwirrt.
Wer war der Täter? War es der Bürgermeister des Dorfes, der in Viktoria verliebt war? War es der Ehemann von Viktoria, den man für tot hielt, der es aber gar nicht war? Oder war es ein Korbmacher, der eine Affäre mit Viktoria hatte?
Auf dem Bauernhof wollte nach dem Mord niemand mehr wohnen. Es fand sich kein Käufer.
1/13/2021 • 9 minutes, 41 seconds
Wetter und Klima in Deutschland – SG #226
Angenommen, du triffst einen Menschen, den du noch nicht gut kennst. Dann redest du mit ihm natürlich nicht über deine privatesten Träume und Wünsche, sondern eher über allgemeine Themen. Sehr beliebt ist es, in dieser Situation über das Wetter zu sprechen.
Zunächst einmal gibt es natürlich die Temperatur. Findest du es sehr heiß heute, oder vielleicht auch sehr kalt? Die Hitze kann drückend sein, sie kann dich antriebslos werden lassen und müde. Klirrende Kälte kennen wir in Deutschland allerdings auch sehr gut. Du sagst also zu deinem Gegenüber zum Beispiel "Ganz schön heiß heute, oder?" oder "Ganz schön kalt heute, oder?" Zwei Worte, die dazu gehören sind "schwitzen" und "frieren". Du schwitzt, wenn dir heiß ist. Du frierst, wenn dir kalt ist.
Dann kommen wir zu Wolken und Sonne. Du kannst sagen: "Ein schöner Tag, die Sonne scheint!" oder "Schönes Wetter heute, oder?" Bei schlechtem Wetter und Wolken sagst du einfach: "Schade, es ist bewölkt".
Und dann kommen wir zum Niederschlag, das ist also all das Wasser, das aus dem Himmel kommt. "Es regnet schon den ganzen Tag!" kannst du dich beschweren. Oder "Heute morgen hat es sogar geschneit!". Vielleicht ziehen auch dunkle Wolken auf. Dann sagst du "Ich fürchte ein Gewitter zieht auf." oder "Da braut sich was zusammen". Das finde ich eine besonders schöne Redewendung. Etwas brauen sagt man eigentlich, wenn man Bier herstellt. Wenn sich etwas zusammenbraut dann ist das sozusagen die große Himmelsküche, in der die dunklen Wolken entstehen. Vielleicht sagst du dann auch "Ein Sturm zieht auf". Ein Sturm ist ein gewaltiges Gemisch aus starkem Wind, oft Regen und auch Gewittern.
Beim Wetterbericht, der zum Beispiel jeden Abend im Fernsehen gezeigt wird und uns vorhersagt, wie das Wetter am nächsten Tag wird, gibt es noch einige andere Faktoren. Zum Beispiel geht es dann um die Luftfeuchtigkeit und den Luftdruck. Ich mag zum Beispiel gar nicht, wenn die Luftfeuchtigkeit in unserem Haus im Winter sinkt. Die Luft wird trocken, weil die Heizung ihr die Feuchtigkeit entzieht. Das tut mir gar nicht gut. Den Luftdruck kann ich mit einem Barometer messen. Auch die Windstärke wird mit speziellen Instrumenten gemessen.
Hier in Bayern haben wir übrigens noch ein ganz besonderes Wetter-Phänomen: Den Föhn. Das ist ein warmer Wind, der über die Alpen zu uns kommt. So haben wir manchmal sehr klare Sicht und warmes Wetter, obwohl es ein paar hundert Kilometer ganz anders aussieht.
Das Klima ist natürlich etwas anderes als das Wetter. Beim Wetter geht es um eine Momentaufnahme. Um das, was Sonne und Wolken gerade so machen. Beim Klima schauen wir uns die großen Entwicklungen an.
Deutschland liegt in der kühlgemäßigten Klimazone. Wir haben sowohl das maritime Klima aus Westeuropa, also den Einfluss des Meeres, als auch das kontinentale Klima aus Osteuropa. Aus dem Westen kommt oft milde Meeresluft vom Atlantik nach Deutschland. Ganz im Westen des Landes gibt es daher nicht so kalte Winter. Die tiefste bestätigte in Deutschland gemessene Temperatur waren -37,8 Grad in Bayern im Jahr 1929. Die höchste Temperatur 2019 in Niedersachsen mit 42,6 Grad. Ich kann hier in München, also in Bayern, sagen, dass wir im Sommer bis zu 30 Grad haben und im Winter bis minus 15. Kälter und wärmer wird es selten.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg226kurz.pdf
1/5/2021 • 6 minutes, 57 seconds
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – SG #225
In Deutschland gibt es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es ist ein tolles System, wie ich finde - aber es wird momentan oft kritisiert. Daher erzähle ich dir heute davon.
Ich nehme dich erstmal wieder mit in die Vergangenheit. Wie so oft in der deutschen Geschichte geht es um den Zweiten Weltkrieg und um die Nazis. Der Krieg ist endlich vorbei und Deutschland ist in vier Teile aufgeteilt. Die Gewinner des Krieges werden die sogenannten „Besatzer“. Die Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und die USA sind jetzt in Deutschland. Es gibt viel zu tun, die alten Nazis müssen natürlich bestraft werden, aber es gibt noch eine Sache, die wichtig ist: Die Demokratisierung Deutschlands. Und dazu gehören auch die Medien. Während des Krieges hatten die Nationalsozialisten komplett alle Medien übernommen. Es gab nur noch Propaganda und keinen freien Journalismus mehr, denn dieser hätte ja das System kritisiert. Eine freie Presse ist aber wichtig für die Demokratie. Also musste so ein freies System aufgebaut werden.
Als Vorbild nahm man sich die britische BBC. Der britische Journalist Hugh Greene wurde der Leiter des neuen Radiosenders „Nordwestdeuscher Rundfunk“, der im September 1945 in Hamburg auf Sendung ging. Langsam wurden weitere Rundfunkanstalten aufgebaut, der Bayerische Rundfunk in Bayern, kurz BR genannt, der Hessische Rundfunk in Hessen, kurz HR genannt und noch einige weitere. 1950 schlossen sich sechs solche Rundfunkanstalten zur ARD zusammen, die es heute noch gibt. Und ab 1963 gab es dann noch das ZDF, das zweite deutsche Fernsehen.
Jetzt erstmal die Frage: Warum so viele Radiosender? Das ist ganz einfach zu beantworten: Damit es nicht wieder eine Gleichschaltung gibt. Wenn es also nur einen Radiosender für ganz Deutschland gibt dann ist die Gefahr groß, dass die Politik diesen wieder beeinflussen kann. So aber sind viele Sender unabhängig voneinander - und bleiben dadurch leichter unabhängig. Ihre Aufgabe ist es, die Menschen in Deutschland zu informieren. Mittlerweile machen sie aber viel mehr als das, sie unterhalten uns nämlich vor allem auch.
Diese Unabhängigkeit wurde auch extra als Auftrag festgeschrieben. Er muss staatsfern und unabhängig sein. Unabhängig übrigens auch von Firmen. Und damit das klappt, dürfen sie während der Woche bis 20 Uhr nur 20 Minuten Werbung ausstrahlen. Danach gibt es gar keine Werbung, außer eventuell Sponsoring.
Heute gibt es in Deutschland neun Landesrundfunkanstalten. An der Spitze jeder Landesrundfunkanstalt steht ein Intendant oder eine Intendantin, das ist also der Chef oder die Chefin. Diese Landesrundfunkanstalten betreiben 74 Radiosender und 21 Fernsehsender, darunter auch einen Kanal nur für Kinder. Die größten und bekanntesten Fernsehsender sind das ZDF und „Das Erste“, in dem beispielsweise auch die „Tagesschau“ läuft und der „Tatort“, der beliebte Fernsehkrimi. Die „Tagesschau“ ist die beliebteste Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen, und sie hat eines der größten Korrespondentennetzwerke der Welt mit 100 Funk- und Fernsehkorrespondenten also Reportern in 26 Ländern. Auch die Serie „Der Tatortreiniger“ kommt aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, genauer gesagt vom NDR.
Die meisten der Radiosender senden nur in einem Bundesland, sie sind also regional. Dazu gibt es noch den Deutschlandfunk für ganz Deutschland und die Deutsche Welle für die ganze Welt. Neben Fernsehen und Radio gibt es natürlich noch viele Angebote im Internet.
46.000 Menschen arbeiten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich arbeite auch dort, allerdings bin ich nicht fest angestellt, sondern eine sogenannte „feste Freie“. Ich bekomme also Urlaubsgeld und soziale Leistungen, kann aber jederzeit aufhören, dort zu arbeiten.
Zurück zum System. Bis hierhin klingt das alles ganz gut, oder? Jetzt kommen wir zum Geld, und das ist der Haupt-Kritikpunkt. Zum einen verdienen die Rundfunkanstalten natürlich durch Werbung ihr Geld - wobei das wie vorhin schon gesagt recht wenig ist....
12/29/2020 • 11 minutes, 31 seconds
Das Zukunftsdorf Feldheim – SG #224
Manchmal muss man sich gute Nachrichten suchen, damit die Welt nicht ganz so schlimm aussieht. Das habe ich heute getan. Ich habe etwas über das Dorf Feldheim in Brandenburg gelesen. Dieses Dorf ist winzig, es hat nur 130 Einwohner. Aber es ist trotzdem etwas ganz besonders. Und das ist zwar heute nur eine sehr kurze Geschichte, aber ich möchte sie dir trotzdem erzählen.
Feldheim ist nämlich ein Dorf, das energieautark ist. Das bedeutet: Es versorgt sich selbst mit Strom und Wärme. Es braucht kein Erdöl, kein Erdgas, keinen Strom aus einem Atomkraftwerk oder so etwas - es benutzt vor allem erneuerbare Energien. Feldheim ist der einzige Ort in Deutschland, der das geschafft hat. Und so fing das alles an:
Kurz nach der Wende, also nach der Deutschen Wiedervereinigung von Ost und West vor mittlerweile 30 Jahren, kam ein Student in dieses Dorf. Sein Name war Michael Raschemann. Und der hatte die Idee, in Feldheim Windräder aufzustellen. Die Menschen im Dorf überlegten kurz und sagten dann: Ja, das können wir probieren. Und sie stellten vier Windräder auf.
Später entstand ein ganzer Windpark und heute hat das Dorf 60 Windräder. So kann Feldheim seinen eigenen Strom erzeugen. Es ist unabhängig von den großen Strom-Konzernen. Der Strom ist zudem absolut umweltfreundlich erzeugt. Und der Strom ist nur ungefähr halb so teuer wie „normaler“ Strom in Deutschland. Einen Stromausfall gab es übrigens noch nie.
Aber den Feldheimern war das noch nicht genug. Sie überlegten, wie sie ihre Häuser heizen können ohne Heizöl oder Erdgas zu verbrauchen. Also wurde 2009 aus einer Biogasanlage in der Nähe die Wärme durch Leitungen in den Ort verlegt. Jedes Haus bekommt seither die Wärme der Biogasanlage geliefert. In einer Biogasanlage werden Mais und Gülle zu Gas und damit dann auch zu Strom und Wärme umgewandelt.
Außerdem gibt es im Ort ein Holzhackschnitzel-Kraftwerk, in dem Reste aus der Holzverarbeitung verbrannt werden, um Energie zu erzeugen. Geplant ist auch eine Photovoltaikanlage, um die Sonnenenergie zu nutzen. Die bisherigen Energiequellen wurden zu einem Versorgungsnetz geknüpft - und eine Elektrotankstelle gibt es auch in Feldheim.
Mittlerweile ist Feldheim eine Touristenattraktion. 3000 Besucher kommen jedes Jahr aus der ganzen Welt hierher, um von den Feldheimern zu lernen. Und der Student von damals ist immer noch in Feldheim und hat heute eine große Firma, mit der er in der ganzen Welt Windkraftanlagen baut.
Noch eine schöne Geschichte zu Feldheim: Für jeden neu geborenen Bürger und jede Bürgerin pflanzt das Dorf einen Baum.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg224kurz.pdf
12/22/2020 • 5 minutes, 13 seconds
Arm und reich in Deutschland – SG #223
Wie arm oder reich sind die Menschen in Deutschland? Ich habe es herausgefunden. Allerdings sind die Zahlen von 2017. Sie stammen aus dem 5. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Also: 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland leben in Armut oder an der Armutsgrenze. Das sind ungefähr 13 Millionen Menschen. Oft sind das kranke und alte Menschen, Menschen ohne Arbeit oder Familien mit vielen Kindern. Besonders betroffen sind auch Alleinerziehende, also Vater oder Mutter, die alleine mit den Kindern leben. Leider sind 19 Prozent aller Kinder arm, das ist also jedes fünfte Kind in Deutschland.
Aber was heißt denn überhaupt „arm“? Immerhin ist so etwas immer relativ. Denn Deutschland ist ein wohlhabendes Land, wenn man es mit vielen anderen Ländern der Erde vergleicht. Also berechnen wir aus allen Menschen in Deutschland erst einmal einen Durchschnitt. Wer dann viel weniger hat als diesen Durchschnitt, den nennen wir arm. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sagt, wenn ein Mensch weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens seines Landes hat, dann ist er arm. Die Berechnungen der Bundesregierung definieren Armut mit weniger als 60% des mittleren Einkommens.
Ein Beispiel mit Zahlen: 2015 war man in Deutschland arm, wenn man weniger als 12.192 Euro pro Jahr verdiente. Netto, also nach Abzug von Steuern und Abgaben. Reich war man mit 40,639 Euro netto pro Jahr.
In Deutschland lag die Armutsgrenze im Jahr 2018 für einen Erwachsenen bei 1135 Euro Einkommen pro Monat. Hungern muss in Deutschland kaum jemand, es gibt soziale Hilfen. Aber arme Menschen sind öfter krank und sterben früher, Frauen acht und Männer elf Jahre früher.
Sorgen macht mir, dass es immer mehr arme Menschen gibt. Und immer mehr reiche Menschen. Was weniger wird, ist die Mittelschicht. Also die Menschen, die ein mittleres Einkommen haben, denen es eigentlich ganz gut geht.
Die Menschen in Ostdeutschland sind sechs Mal so häufig von Armut betroffen wie die in Westdeutschland. Und so richtig reich sind vor allem Männer im Westen: 95 Prozent der Reichen sind Männer, die im Westen leben. 1,35 Millionen Menschen in Deutschland besitzen mindestens eine Million Euro. Und 2400 davon haben mehr als 100 Millionen Dollar.
Bleiben wir kurz bei den Reichen. Das reichste Prozent der Deutschen hat 35% des Gesamtvermögens auf ihrem Konto. Einem hundertstel der Menschen gehören also ein Drittel der Gelder. Wenn wir die obersten zehn Prozent nehmen, dann sind es sogar zwei Drittel des Vermögens.
Die reichsten Deutschen sind Beate Heister und Karl Albrecht Jr. und die Familie Theo Albrecht. Alle drei haben ihr Geld dem Lebensmittel-Discounter Aldi zu verdanken. Danach kommt Dieter Schwarz, ebenfalls Lebensmittel. Er ist die reichste Einzelperson Deutschlands mit einem geschätzten Vermögen von 41,5 Milliarden Euro. An Platz vier ist die Familie Reimann, von der ich ehrlich gesagt noch nie gehört hatte. Dahinter steckt die Chemiefirma Benckiser. Und an Platz 5 der reichsten Deutschen steht Susanne Klatten, die BMW-Erbin.
Bis 1996 gab es in Deutschland eine Vermögenssteuer. Besonders reiche Menschen mussten also einen Teil ihres Vermögens abgeben. Dann entschied allerdings das Bundesverfassungsgericht, dass das nicht gerecht sei: Die Menschen müssen laut dem Grundgesetz gleich behandelt werden.
Ich würde mir wünschen, dass viele der besonders reichen Menschen einen großen Teil ihres Vermögens abgeben. Freiwillig. Dass sie damit Gutes tun, arme Menschen unterstützen, für Bildung sorgen oder für gesundheitliche Aufklärung oder Forschung. Manche tun das - die meisten aber tun es nicht.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg223kurz.pdf
12/15/2020 • 7 minutes, 6 seconds
Der Untergang der „Wilhelm Gustloff“ – SG #222
Die Geschichte der Titanic kennst du sicher. Aber kennst du auch die Geschichte der "Wilhelm Gustloff"? Das war ein deutsches Schiff, das von einem U-Boot angegriffen wurde und sank. Zwischen 4000 und 9000 Menschen kamen ums Leben. Ich erzähle dir die ganze Geschichte.
Das Schiff wurde in Deutschland gebaut und war 1938 fertig. Adolf Hitler war bei der Schiffstaufe dabei. Es wurde auf den Namen "Wilhelm Gustloff" getauft, das war kurz gesagt ein Nazi. Das Schiff war für den Transport von Menschen gedacht. Es hatte Kabinen mit Kleiderschrank, Waschbecken mit fließendem Wasser, Tisch und Stühlen und einem Sofa. Toiletten, Duschen und Badewannen waren außerhalb der Kabine und wurden von verschiedenen Menschen benutzt. Man teilte sich also das Bad.
Außerdem hatte das Schiff noch ein Schwimmbad und einen Aufenthaltsraum, eine Turnhalle, eine Musik- und Theaterhalle, Speisesäle und eine eigene Bäckerei und Schlachterei. Es war also wie du dir vorstellen kannst ein großes Schiff. 208 Meter lang und 23 Meter breit. Zum Vergleich: Die Titanic war ungefähr 60 Meter länger und 5 Meter breiter.
Jetzt musst du dir vorstellen, dass die Welt gerade auf den Zweiten Weltkrieg zusteuert. Die Nazis werden immer mächtiger. Sie schicken die "Wilhelm Gustloff" 1938 nach London. Dort soll es die in England lebenden Deutschen besuchen und sie bei der Reichstagswahl wählen lassen. Danach fuhr das Schiff nach Portugal. Später ging es nach Italien, Norwegen, Spanien. Es war also einfach ein Kreuzfahrtschiff. Und dann begann der Krieg. Kreuzfahrten gab es nicht mehr. Die "Wilhelm Gustloff" wurde zum Lazarettschiff. Ein Lazarett ist ein Krankenhaus im Krieg, in dem Verwundete gepflegt werden. Das Schiff transportierte Verletzte und wurde grau gestrichen, damit es sich besser tarnen konnte, also nicht so gut sichtbar war.
Und jetzt schauen wir nach Ostpreußen. Das ist ein Gebiet, das heute zu Polen beziehungsweise Russland und Litauen gehört. Gegen Ende des verlorenen Krieges wurden die Menschen von dort evakuiert. Man brachte sie nach Deutschland. Die "Wilhelm Gustloff" half mit und transportierte viele Menschen. Am 30. Januar 1945 legte sie in Gotenhafen ab, sie hatte ungefähr 10.000 Passagiere an Bord. Ungefähr 8800 von ihnen waren Zivilisten, viele davon Kinder. Dazu noch Soldaten der Wehrmacht, einige von ihnen verwundet.
Vier Kapitäne waren an Bord. Sie wussten, dass es eine gefährliche Reise werden würde. Denn sowjetische U-Boote waren in dieser Region unterwegs. Was sollten sie tun? Sie überlegten, abgedunkelt zu fahren, also ohne Licht. Oder durch sehr flaches Wasser, wo die U-Boote nicht fahren konnten. Dafür war das Schiff aber zu schwer, es hatte zu viele Menschen geladen. Letztlich fuhren sie beleuchtet durch normal tiefes Wasser - und wurden am Abend von einem sowjetischen U-Boot gesichtet. Vier Torpedos wurden abgeschossen, drei davon trafen die "Wilhelm Gustloff".
Das Schiff wollte einen Notruf senden, aber die Anlage war kaputt. Sie versuchten es über ein UKW-Funkgerät, das aber nicht sehr weit funken konnte. Die Notrufe wurden nicht gehört. Die "Wilhelm Gustloff" schoss Leuchtsignale in die Luft, und das Begleitschiff "Löwe" sah diese Signale. Es sendete den Notruf - aber auf der falschen Frequenz. Man kann also sagen dass viele unglückliche Zufälle dazu führten, dass die Notlage des Schiffes viel zu spät bemerkt wurde.
Die helfenden Schiffe konnten nur 1252 Menschen retten. Eine Stunde später sank das Schiff. Man weiß nicht genau, wie viele Menschen an Bord waren, da sie in Panik auf der Flucht waren, da gab es keine genaue Registrierung. Schätzungen gehen aber davon aus, dass 9000 Menschen bei diesem Unglück ums Leben kamen. Wie bei der Titanic gab es zu wenige funktionierende Rettungsboote. Außerdem war es -20 Grad kalt in dieser Nacht.
War es ein Verbrechen, dieses Passagierschiff zu versenken? Nein. Damals galt das Kriegsvölkerrecht. Die "Wilhelm Gustloff" war eigentlich ein bewaffneter Truppentransporter,
12/8/2020 • 8 minutes, 58 seconds
Verschwörungsmythen und Verschwörungstheorien – SG #221
Im Moment verbreiten sich Verschwörungsmythen in Deutschland. Früher nannte man das auch eine Verschwörungstheorie. Was ist das? Es geht darum, dass manche Menschen versuchen, einen Zustand durch eine Verschwörung zu erklären. Eine Verschwörung ist also eine bewusste Aktion einer kleinen Gruppe, die etwas Böses will. Aktuell tauchen diese Verschwörungsmythen vor allem im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie auf.
Anstatt auf die Wissenschaft zu hören, glauben einige Menschen, dass es Corona gar nicht gibt. Dass es sich einige reiche Menschen wie Bill Gates ausgedacht haben, um damit die Menschen zu Sklaven zu machen, durch Zwangsimpfungen oder durch einen implantierten Chip. Oder durch Chemtrails, diese Streifen, die Flugzeuge am Himmel verursachen.
Verschwörungsmythen sind nichts Neues. Es gab sie schon in der Antike. Antisemitische Verschwörungsmythen halfen mit, den Holocaust möglich zu machen. Hitler verbreitete Angst und Hass auf das von ihm so genannte „Weltjudentum“. Immer gibt es ein Feindbild in diesen Mythen. Immer wird Hass geschürt und Angst, um danach mit Gewalt auf die betroffene Gruppe reagieren zu können. In den USA gibt es bekannte Verschwörungstheorien um das Attentat auf John F. Kennedy oder die Anschläge auf das World Trade Center im Jahr 2001. Und weil wir heute das Internet haben, verbreiten sich solche Ideen viel schneller als früher.
Aber wie entstehen solche Ideen? Es ist eigentlich ganz einfach. Unser Gehirn sucht nach Zusammenhängen. So funktionieren wir nunmal. Wenn wir gestresst sind oder eine Situation für uns nicht erklärbar ist, suchen wir eine Lösung. Wir greifen ein paar Fakten auf und versuchen, diese in einen Zusammenhang zu bringen. Weil wir verstehen wollen, was passiert. Und dann liegt der Gedanke nahe, dass es „wir“ und „sie“ gibt. Also „wir hier unten“ und „die da oben“. Dass es Gut und Böse gibt. Dass irgendjemand uns steuert.
Solche Mythen entstehen vor allem in Zeiten, in denen wir eine Krise haben. Wenn wir uns bedroht fühlen und Angst haben. Wenn wir Dinge nicht verstehen können, weil sie zu kompliziert sind. Es ist eben viel einfacher daran zu glauben, dass ein Bösewicht hinter den Dingen steht, als einfach nur ein Zufall.
Es ist ein sehr spezielles Denken. Den Zufall gibt es für Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, nicht. Alles wird gesteuert, nichts passiert einfach so. Und auch die Dinge, die wir sehen und normal finden, sind nur eine Tarnung. Dahinter passiert etwas anderes, so denken die Verschwörungstheoretiker. Sie sind auf der Suche nach einer geheimen Wahrheit, die wir anderen, dummen Menschen einfach nicht sehen wollen. Sie suchen geheime Muster, sie denken, alles hängt miteinander zusammen. Alles hat einen Sinn.
Es gibt kleine Verschwörungstheorien und sehr große. Die kleine, an die vielleicht auch du glauben kannst, ist zum Beispiel die Idee, dass die Mondlandung nie stattgefunden hat. Dann gibt es Verschwörungen, die Erklärungen nicht glauben, zum Beispiel die offizielle Erklärung zum Mord an John F. Kennedy. Sie denken, dass noch etwas anderes dahinter steckt. Vielleicht ist das so - wer weiß. Aber dann gibt es die großen Verschwörungsmythen, die einfach wie Märchen klingen. Zum Beispiel, dass es außerirdische Wesen gibt, die uns beherrschen, die sogenannten Reptiloiden. Oder dass die Erde eine Scheibe ist. Ich persönlich kann nicht verstehen, wie man so etwas glauben kann.
Jetzt zu den modernen Verschwörungstheorien, die gerade unterwegs sind. Da gibt es die Leugnung des menschengemachten Klimawandels. Alle Fakten werden bestritten. Es wird behauptet, die Forscher würden ihre Ergebnisse fälschen. Menschen wie Donald Trump machen eifrig mit, solche Ideen zu verbreiten. Er schrieb in einem Tweet 2012, das Konzept des Klimawandels wäre „von den und für die Chinesen erfunden, um der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in den USA zu schaden“.
Auch Covid-19 wird nicht einfach als Seuche gesehen, sondern als biologische Waffe,
12/1/2020 • 9 minutes, 40 seconds
Deutscher Film: „Der Schuh des Manitu“ – SG #220
Viele meiner Hörerinnen und Hörer haben sich gefreut, dass ich vor kurzem über den Film "Fack Ju Göhte" gesprochen habe. Also habe ich mir gedacht: Heute erzähle ich Dir etwas über den erfolgreichsten deutschen Film aller Zeiten! Er heißt "Der Schuh des Manitu".
Dazu muss ich einiges erklären, glaube ich. Fangen wir ganz vorne an: Seit Jahrzehnten sind die Bücher von Karl May beliebt in Deutschland. Karl May lebte von 1842 bis 1912 und schrieb Abenteuerromane. Sehr bekannt wurden seine Bücher über den "Indianer" Winnetou, der sich mit dem weißen Cowboy Old Shatterhand anfreundete. Die Bücher spielen im sogenannten Wilden Westen, also in den USA. Winnetou war in den Büchern ein Häuptling der Apachen. Er kämpfte für Gerechtigkeit und Frieden.
In den 1960er-Jahren wurden Filme gedreht, in denen die Figur des Häuptlings Winnetou die Hauptrolle spielte. Gespielt wurde er vom französischen Schauspieler Pierre Brice. Elf derartige Filme gab es in den 60er-Jahren, und sie waren sehr beliebt.
So, das war jetzt eine lange Vorgeschichte. Kommen wir zu "Der Schuh des Manitu". Denn dieser Film ist eine Parodie der Winnetou-Filme und des ganzen Genres der Westernfilme. Der Film ist eine Komödie. Hinter diesem erfolgreichen Film, der 2001 ins Kino kam, steht Michael "Bully" Herbig. Er ist ein erfolgreicher Komiker, Schauspieler, Regisseur und noch vieles mehr. In diesem Film schrieb er gemeinsam mit anderen Autoren das Drehbuch, er führte Regie, war Produzent und spielte die zwei Hauptrollen.
Worum geht es in dem Film? Der weiße Südstaatler Ranger hat den Häuptling der Apachen Abahachi gerettet. Seitdem sind sie Blutsbrüder. Dann wird es etwas chaotisch, es geht um einen toten Häuptlingssohn, um einen Schatz, um einen Bösewicht und um einen Marterpfahl. Eigentlich geht es aber einfach um die Freundschaft der beiden Männer. Vieles im Film ist einfach Slapstick, es sind einfach sehr viele Witze aneinandergereiht. Für dich wird der Film wahrscheinlich schwer zu verstehen sein - denn die meisten Figuren sprechen mit bayerischem Dialekt.
Und dann sind wir auch wieder beim Punkt der politischen Korrektheit. Ist dieser Film politisch korrekt? Ganz klar: Nein. Natürlich werden die "Indianer" als Klischeefiguren dargestellt. Und der Zwillingsbruder des Häuptlings ist ein in rosa gekleideter überzeichnet schwuler Mann. Natürlich ist das alles Quatsch - aber niemals bösartig. Fast 12 Millionen Menschen sahen den Film im Kino. Und Michael "Bully" Herbig machte danach mit seinen beiden Freunden Rick Kavanian und Christian Tramitz noch viele weitere, sehr erfolgreiche Filme, zum Beispiel "(T)raumschiff Surprise", eine Parodie auf Star Trek, das auf Deutsch "Raumschiff Enterprise" hieß.
Bekannt wurden die drei übrigens durch eine Fernsehsendung namens "Bullyparade" - hier ein Sketch daraus, der schon über 20 Jahre alt ist und in der die Figuren des Indianerhäuptlings und des Rangers schon vorkommen:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg220kurz.pdf
11/26/2020 • 5 minutes, 48 seconds
Muslime in Deutschland – SG #219
Deutschland ist ein christlich geprägtes Land. Ich habe Dir schon in einer anderen Episode von den Religionen hier erzählt. Heute möchte ich eine Religion herausgreifen, und zwar den Islam. In Deutschland leben ungefähr 4 Millionen Muslime. Das sind etwas mehr als 5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Knapp 2,5 Milionen dieser Menschen haben türkische Wurzeln. 45% der in Deutschland lebenden Muslime sind mittlerweile deutsche Staatsangehörige, haben also einen deutschen Pass. Nach 1961 kamen viele Menschen aus der Türkei nach Deutschland, um hier als sogenannte Gastarbeiter zu arbeiten. Viele von ihnen blieben für immer in Deutschland und bekamen hier Kinder. Deswegen gibt es hier schon viele Türkinnen und Türken in der dritten Generation, die perfekt integriert sind.
Die größte Glaubensrichtung der Muslime in Deutschland bildern die Sunniten mit fast drei Vierteln aller muslimischen Männer und Frauen in Deutschland. Ein Drittel der muslimischen Menschen in Deutschland ist stark gläubig, ihnen ist ihre Religion also sehr wichtig. 50% sind "eher" gläubig, also etwas weniger als die andere Gruppe. Es gibt mehr als 2000 islamische Gemeinden in Deutschland, in vielen ist ein Imam tätig. Die meisten dieser Imame kommen aus der Türkei für einige Jahre nach Deutschland und gehen dann wieder zurück. Es gibt zwar 159 Moscheen mit Kuppel und Minarett in Deutschland, viele andere Moscheen sind aber eher versteckt und oft am Stadtrand. Das Stadtbild prägen sie nicht - hier sind nur die vielen Kirchen zu sehen.
Um für einen Dialog zwischen den Kulturen zu sorgen, gibt es die Deutsche Islam Konferenz. Sie wurde 2006 vom Bundesministerium des Innern gegründet. Der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble sagte: "Der Islam ist Teil Deutschlands und Teil Europas. Er ist Teil unserer Gegenwart und er ist Teil unserer Zukunft. Muslime sind in Deutschland willkommen. Sie sollen ihre Talente entfalten und sie sollen unser Land mit weiter voranbringen".
In den Jahren 2011 bis 2015 kamen viele Menschen aus anderen Ländern nach Deutschland. 2015 war der Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise. In diesen vier Jahren kamen 1,2 Millionen muslimische Menschen nach Deutschland.
Es gibt immer wieder Konflikte, die in der deutschen Gesellschaft diskutiert werden. Gestritten wird zum Beispiel über das Kopftuch, das manche muslimische Frauen tragen. In einigen Bundesländern wurde verboten, dass Lehrerinnen an Schulen und Hochschulen ein Kopftuch tragen. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht, also das oberste Gericht Deutschlands, entschieden, dass so ein pauschales Verbot nicht möglich ist. Denn in Deutschland gibt es die Glaubensfreiheit. Menschen dürfen also nicht aufgrund ihrer Religion bestraft oder diskriminiert werden. Allerdings ist es seit 2017 verboten, beim Autofahren einen Gesichtsschleier zu tragen. Hier geht es natürlich um die Verkehrssicherheit.
Es gibt aber noch andere Unterschiede: Bei den Grundschulkindern ist es in Deutschland üblich, dass Jungen und Mädchen gemeinsam Sport machen. Das möchten viele Eltern von muslimischen Mädchen allerdings nicht. Es gibt auch Schwimmunterricht in vielen deutschen Schulen, an denen die muslimischen Mädchen oft nicht teilnehmen dürfen, weil ihre Familien das nicht möchten.
In den deutschen Schulen gibt es Religionsunterricht. Hier im katholischen Bayern haben die Kinder in der dritten und vierten Klasse drei Stunden Religionsunterricht pro Woche. Wer nicht in den evangelischen oder katholischen Religionsunterricht geht, der kann in einen Alternativunterricht gehen, der sich "Ethik" nennt. Hier werden die Weltreligionen durchgenommen und viele Philosophien. An 900 Schulen in Westdeutschland und Berlin gibt es mittlerweile auch islamischen Religionsunterricht. Diesen gibt es natürlich nur, wenn genug muslimische Kinder an einer Schule sind. Und wenn es überhaupt organisiert werden kann, einen Lehrer oder eine Lehrerin dafür zu bekommen. 60.
11/16/2020 • 8 minutes, 47 seconds
Die Hobbys der Deutschen – SG #218
Was sind die liebsten Hobbies der Menschen in Deutschland!? Darüber möchte ich dir heute etwas erzählen.
Eine Studie hat ergeben, dass mehr als 28 Prozent der Menschen in Deutschland ihre Freizeit im Garten verbringen. Kennst du das Wort Gartenarbeit? Das umfasst alles, was ich im Garten mache, zum Beispiel Obst und Gemüse anpflanzen und ernten, Unkraut jäten, den Rasen mähen oder Blumen düngen. Gut daran ist vor allem die frische Luft und die körperliche Anstrengung im Grünen. Das hält fit.
Auf Platz zwei der liebsten Hobbies ist das Shopping, also Einkaufen. Ob Lebensmittel oder Kleidung – viele Menschen gehen gerne shoppen. Ist schon wieder Schlussverkauf? Ab zum nächsten Klamottenladen! Oder man ist nur kurz bei E-bay, und Zack - gekauft. Online-Shopping ist einfach sehr verlockend. 27% der Menschen in Deutschland geben das als ihr Hobby an.
Rätsel zu lösen ist als Hobby ebenfalls sehr beliebt, 17% machen das gerne. Das Alter spielt dabei keine Rolle. Beliebt sind vor allem Sudokus und Kreuzworträtsel. Die sind übrigens auch sehr gut als Übung geeignet, um Deutsch zu lernen! Die nächste Gruppe passt besser zu mir als die Rätsellöser: 16 Prozent der Deutschen verbringen ihre Freizeit lieber in einem Restaurant. Das kann ich gut verstehen.
Bei diesem Hobby hätte ich selber vermutet, dass die Zahl größer ist: 13 Prozent der Menschen in Deutschland haben ein besonderes Interesse an Spielen. Dazu gehören Computerspiele und Glücksspiele. Am Computer zu spielen nennt man übrigens auch gerne zocken.
Einige Deutsche führen auch kleinere und einfache Reparaturen an ihrem Haus oder in ihrer Umgebung aus, sobald sie etwas Freizeit haben. Zum Beispiel streichen sie das Wohnzimmer oder tapezieren das Schlafzimmer. Da während der Corona-Pandemie alle Menschen viel Zeit zu Hause verbrachten, haben viele ihre Wohnungen renoviert und es sich gemütlicher eingerichtet. Ich habe das an den langen Schlangen im Baumarkt gemerkt.
Nur 9% der Menschen verbringen ihre Freizeit in Sportvereinen und Fitnessstudios. Und auch wenn viele Leute denken, dass Fußball eines der zehn besten Hobbys in Deutschland ist, sieht die Realität anders aus: Fußball ist keineswegs die beliebteste Hobby-Sportart in Deutschland. Es ist zwar beliebter als Mountainbiken und Rennrad fahren, Tanzen, Walking sowie Turnen und Gymnastik schneiden in der Statistik besser ab. Übrigens gehen mehr als 7% gerne in die Sauna oder das Dampfbad.
So, das waren die wichtigsten Hobbies der Menschen in Deutschland. Was fällt mir noch ein? Puzzles machen, Katze streicheln, reiten... Mein Hobby ist seit diesem Jahr Bonsai. Und ich lese gerne, komisch, dass das nicht in der Statistik aufgetaucht ist. Welche Hobbys hast du? Schreib mir gerne in die Kommentare!
Diese Episode hat mein Hörer Bahman recherchiert und als Entwurf geschrieben. Danke!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg218kurz.pdf
10/28/2020 • 5 minutes, 8 seconds
Konsum in Deutschland – SG #217
Ich habe eine interessante Tabelle gefunden, aus der ich dir heute etwas erzählen möchte. Es geht dabei um die Konsumausgaben privater Haushalte in Deutschland. Es ist also die Frage, wofür die Menschen in Deutschland ihr Geld ausgeben. Ich werde dir dabei die Originalbegriffe aus der Tabelle nennen und sie erklären.
Jeder Haushalt in Deutschland gibt pro Monat im Durchschnitt 2704 Euro aus. Vielleicht sollte ich das Wort Haushalt erklären. Wenn ich alleine in einer kleinen Wohnung wohne, dann ist das ein Haushalt. Wenn eine Familie mit drei Kindern in einem Haus wohnt, ist das auch ein Haushalt. Es ist also jeweils eine Wohneinheit.
Am meisten Geld, nämlich 908 Euro pro Monat, geben die Menschen für Wohnen, Energie und die Wohnungsinstandhaltung aus. Wohnen ist klar, das ist also die Miete für eine Wohnung oder der Kredit für ein Haus. Das ist ein Drittel aller Ausgaben. Energie ist auch klar, das sind Stromkosten oder Gas oder Heizöl. Und Wohnungsinstandhaltung sind Ausgaben, bei denen man etwas repariert oder modernisiert.
An zweiter Stelle steht der Verkehr, also das Fahrrad, das ich mir neu kaufe, oder das Auto, oder auch Bahnfahrkarten. 379 Euro gibt ein normaler deutscher Haushalt dafür jeden Monat aus. Und an dritter Stelle kommen in Deutschland dann Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren. Nahrungsmittel nennt man auch Lebensmittel, das sind also Obst, Gemüse, Fleisch, Nudeln und andere Dinge, die wir essen können. Getränke sind klar, und Tabakwaren sind Zigaretten und Zigarren. Das sind immerhin noch 360 Euro pro Monat.
Diese drei Posten waren jetzt eigentlich die wichtigsten, denn da geht es darum, dass wir ein Dach über dem Kopf haben, etwas zu essen und uns bewegen können. Mal sehen, was auf Platz vier steht. Da ist der Punkt „Freizeit, Unterhaltung und Kultur“. Wir möchten gerne Sport machen, auf ein Konzert gehen oder ins Kino gehen. Das kostet alles Geld. 304 Euro gibt ein deutscher Haushalt dafür pro Monat im Schnitt aus.
Ins Restaurant gehen, in einem Hotel schlafen oder in ein Café gehen - das kostet den deutschen Haushalt 168 Euro im Monat. Für Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände sind es 137 Euro, das sind also Möbel oder Küchengeräte. Für Bekleidung und Schuhe sind es 122 Euro pro Monat, für die Gesundheit 115 Euro. Handy und Telefon kosten im Durchschnitt 71 Euro pro Monat - und dann kommt etwas, was ich traurig finde: Für das Bildungswesen gibt ein normaler deutscher Haushalt nur 28 Euro aus. Das Bildungswesen, das sind alle Arten von Schulen. Bei größeren Haushalten ist das mehr, denn diese haben dann natürlich auch mehrere Kinder, die noch in die Schule gehen.
Jetzt weißt du, wofür die Menschen in Deutschland ihr Geld ausgeben. Wie ist das in deinem Land oder bei dir selbst? Schreib gerne eine Mail an mich oder einen Kommentar! Den Link zur Tabelle findest du auf slowgerman.com. Die Zahlen sind vom Statistischen Bundesamt, Stand Februar 2020.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Konsumausgaben-Lebenshaltungskosten/Tabellen/privater-konsum-haushaltsgroesse-evs.html
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg217kurz.pdf
10/13/2020 • 6 minutes, 19 seconds
Birkenstock – die Schuhe und die Firma – SG #216
Ich stelle dir immer wieder gerne deutsche Firmen vor. Du kennst das bestimmt: Eine Marke ist berühmt auf der ganzen Welt, aber irgendwie weiß niemand, wer eigentlich dahintersteckt! So ging es mir mit der Marke Birkenstock. Birkenstock stellt Schuhe her, vor allem Sandalen, also offene Schuhe. Man erkennt sie sofort. Ich wusste aber nicht, dass dahinter eine so alte Firma steckt!
Plakat des blauen Fußbetts von Birkenstock / Foto: BIRKENSTOCK
Wir reisen also zurück in das Jahr 1774. Ja, wirklich, 1774! Damals gab es einen Schuhmachermeister namens Johann Adam Birkenstock. Er lebte in einem kleinen Ort in Hessen. Recht viel mehr weiß ich nicht von ihm, aber immerhin wurden damals schon Birkenstock-Schuhe gemacht. 1896 hat dann ein Konrad Birkenstock zwei Schuhgeschäfte in Frankfurt am Main eröffnet. Er erfand das „Blaue Fußbett“. Ein Fußbett ist der Teil des Schuhs, den Dein Fuß berührt. Innen im Schuh. Bei normalen Schuhen ist das Fußbett einfach nur eine glatte Fläche, aber bei Birkenstocks blauem Fußbett passte sich das Fußbett an den Fuß des Trägers an. Eine Revolution! Heute haben das natürlich viele Schuhe. Damals war es neu.
Ein Enkel von Konrad, sein Name war Carl Birkenstock, führte diese Idee fort und verbesserte sie noch weiter. Er erfand das Kork-Fußbett, das heute berühmt ist für Birkenstock-Sandalen. Die erfand Carl übrigens 1964. Waren sie damals schon modisch und cool? Nein, überhaupt nicht! Erstmal trugen nur Ärzte und Ärztinnen oder Pfleger und Pflegerinnen diese Schuhe. Sie waren weiß und sahen eher langweilig aus. Aber sie waren bequem und man konnte gut den ganzen Tag damit laufen.
Dann entdeckten die amerikanischen Hippies die Sandalen und in den 1980er-Jahren fanden auch einige Deutsche die Schuhe super, und zwar vor allem Menschen aus der Friedensbewegung. Viele trugen die Schuhe aber nur zu Hause oder in ihrer Freizeit. Sie galten in Deutschland lange als „Ökolatschen“.
Die Produktion eines Schuhs / Foto: BIRKENSTOCK
Heute hat die Firma Birkenstock 3800 Mitarbeiter weltweit, 95% davon in Deutschland. Der Umsatz lag bei 770 Mio. Euro. im Jahr 2019. Die Sandalen sind heute bunt und beliebt, ich sehe sie an den Füßen von jungen Mädchen und alten Männern. Das Marketing hat schlau einen Imagewechsel bewirkt: Eine Mode-Designerin half mit, die Schuhe kamen auf den Laufsteg und sogar auf die Oscar-Verleihung - und plötzlich waren sie hip. Charlize Theron trug sie - was kann da noch schiefgehen? 30 Millionen Paar Schuhe verkaufte Birkenstock im Jahr 2019. Unglaublich, oder?
Ist mir die Firma sympathisch? Ich selber habe nur als Teenager Birkenstock-Sandalen getragen, und zwar als Hausschuhe in der Schule. Ja, sie waren bequem - aber ich mochte sie nicht. Ich habe gelesen, dass Birkenstock Frauen im Betrieb einen Euro weniger pro Stunde zahlte als den Männern - ein Minuspunkt in meiner Bilanz. Andererseits habe ich auch gelesen, dass Birkenstock sich mit Amazon angelegt hat - ein Pluspunkt. Außerdem werden die meisten Birkenstocks hier in Deutschland produziert. Birkenstock ist der größte Schuhhersteller Deutschlands. Brav. Also ist mein Verhältnis zu Birkenstock ausgeglichen. Und du? Magst du Birkenstock-Schuhe?
Danke an die Firma BIRKENSTOCK für die hier kostenlos bereitgestellten Fotos! Diese Fotos dürfen NICHT kopiert werden.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg216kurz.pdf
10/6/2020 • 6 minutes, 28 seconds
Die Gender-Debatte in Deutschland – SG #215
Es tut mir leid, dass ich in diesem Fall nicht so richtig vom Anglizismus wegkomme. Natürlich kann ich sagen, dass es in der heutigen Episode über die Geschlechterdebatte geht - aber das Wort Gender hat sich in Deutschland mittlerweile durchgesetzt. Es geht heute also um Männer, Frauen - und nicht nur das. Natürlich ist das mal wieder ein Thema, das ich nur oberflächlich besprechen kann. Immerhin gibt es ganze Forschungszweige darüber.
Denn wir reden heute auch über das dritte Geschlecht. So bezeichnen wir Menschen, die sich weder als „männlich“ noch als „weiblich“ einordnen möchten oder können. Seit 2018 dürfen sich diese Menschen in ihren Ausweis das Geschlecht „divers“ eintragen lassen. Der Bundestag hat das als Gesetz verabschiedet. Das bedeutet, dass bei der Geburt eines Kindes auch das „diverse“ Geschlecht eingetragen werden kann, wenn diese Kinder nicht eindeutig das männliche oder weibliche Geschlecht haben. Früher war es so, dass die Eltern sich entscheiden mussten. Seitdem ist es übrigens auch üblich, dass bei Stellenanzeigen zum Beispiel steht „Verkäufer (m/w/d).
Für viele Menschen in Deutschland war das alles ein großes Problem. Sie regten sich auf, als es Diskussionen über Toiletten gab. Ein Beispiel: Eine als Frau geborene Person fühlt sich eigentlich als Mann. Das nennt man transgender. Der Körper bleibt aber der einer Frau, wenn sich diese Person keinen Operationen unterzieht. Auf welche Toilette sollte die Person also gehen? Auf der Frauentoilette würde niemand etwas merken - aber die Person selber würde sich nicht wohlfühlen. Auf der Männertoilette würde sie sich selber gut fühlen, die Männer dort wären aber verwirrt. Daher wurde diskutiert, entweder wieder Unisex-Toiletten einzuführen, also Toiletten für alle Menschen, egal welchen Geschlechts. Oder man wollte spezielle Toiletten bauen, die für all jene wären, die sich weder als „Mann“ noch als „Frau“ sehen.
Als „Gender-Wahn“ oder „Gender-Gaga“ wurden Gespräche über das dritte Geschlecht oft abgetan. Sehr ernst wird auch eine andere Diskussion geführt, und zwar jene um die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen. Der sogenannte „Gender Pay Gap“ ist natürlich auch in Deutschland ein Thema. Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer mit der gleichen Qualifikation. Oft werden auch die höheren Posten mit Männern besetzt, nicht mit Frauen. In der Politik tut sich da zum Glück einiges: Angela Merkel ist schon sehr lange unsere Kanzlerin. 40 Prozent der Ministerposten sind mit Frauen besetzt. Im Parlament sitzen aber nur 30 Prozent Frauen. Weiterhin bleibt die Familie Frauensache in Deutschland: Nur 55 Prozent der Frauen arbeiten, bei den Männern sind es 78 Prozent.
Ein Thema, das mich gerade sehr beschäftigt, ist das Thema Sprache. Unsere deutsche Sprache geht in der Regel von Männern aus. Ein Beispiel: In den Nachrichten wird von einer aktuellen Forschung berichtet. Der Sprecher sagt dann: „60 Wissenschaftler haben eine Entdeckung gemacht“. Es sind also Wissenschaftler - nicht Wissenschaftlerinnen. Um das zu verhindern, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Lange Zeit sah man dann ein großes „I“ im Wort. Dann waren es also WissenschaftlerInnen. Dieses sogenannte Binnen-I sollte Männer und Frauen gleich behandeln und für eine geschlechtergerechte Sprache sorgen. In der offiziellen deutschen Rechtschreibung gibt es das große „I“ mitten in einem Wort nicht. Und ich hatte auch gerade beim Schreiben des Textes das Problem, dass meine Autokorrektur das große „I“ als Tippfehler entfernt hat. Außerdem sieht es immer aus wie ein kleines „l“, oder?
Wie kann ich denn dann kennzeichnen, dass ich alle Geschlechter meine? Viele verwenden das sogenannte Gendersternchen, also dann wären es die Wissenschaftler*innen. Aber das sieht auch immer komisch aus, finde ich. Es trennt das Wort. Und: Screenreader, die beispielsweise für blinde Menschen den Text vorlesen, lesen dann so wie ich gerade „Wissenschaftler*innen“.
9/29/2020 • 9 minutes, 8 seconds
Der Film „Fack Ju Göhte“ – SG #214
Es wird mal wieder Zeit für einen deutschen Kinofilm! Ich erzähle dir heute etwas über den Film „Fack Ju Göhte“, der 2013 in die Kinos kam. Es ist eine Komödie ab 12 Jahren, das bedeutet, dass er für Kinder unter 12 Jahren nicht geeignet ist. Das liegt vor allem daran, dass im Film sehr viel geflucht wird - Sex und Gewalt kommen auch vor. Und er ist garantiert nicht politisch-korrekt…
Der Film beginnt im Gefängnis. Ein junger Mann wird entlassen. Wieder draußen in der freien Welt will er als Erstes an das Geld kommen, das er bei seinem letzten Raubzug erbeutet hat. Aber das ist blöderweise unter einer neuen Schul-Turnhalle vergraben - und er kommt nicht mehr ran. Also wird er kurzerhand Aushilfslehrer an der Goethe Gesamtschule, um ungehindert nachts suchen zu können. Nachts sucht er also, und tagsüber macht er den Lehrer-Job. Den macht er aber natürlich ganz anders als die richtigen Lehrer und Lehrerinnen.
Es geht vor allem um Teenager und deren ganz normale Probleme im Schulalltag. Genauer gesagt um Teenager, die wenig Chancen für ihre Zukunft sehen und als Versager gelten. Und dann geht es natürlich noch um die Liebe. Und es geht darum, dass man ein besserer Mensch werden kann - wenn man es selber möchte. Also alles keine wirklich neuen Themen - aber gut umgesetzt. Der Film ist lustig und derb, er hat Tempo und gute Schauspieler.
Gespielt wird die Hauptrolle des Zeki Müller von Elyas M’Barek. Er muss gleich die schlimmste Klasse der Schule übernehmen. Das ist eine Klasse voller Verlierer, die den Lehrern Streiche spielen und nichts lernen möchten. Mit sehr unkonventionellen Mitteln bringt der Aushilfslehrer die Teenager dazu, mehr von ihrem Leben zu wollen. Die zweite Hauptrolle spielt Karoline Herfurth, die eine sehr gewissenhafte und idealistische Referendarin spielt, also eine Lehrerin in Ausbildung.
Die restlichen Rollen wurden entweder mit Nachwuchsschauspielern besetzt oder mit altbekannten Größen. Die Rektorin wird von Katja Riemann gespielt, eine Lehrerin von Uschi Glas. Beide Frauen kennt in Deutschland wahrscheinlich jeder Mensch über 30.
Der Film spielt übrigens in München, gedreht wurde auch an einer echten Schule in München. „Fack Ju Göhte“ war extrem erfolgreich. In den ersten 17 Tagen nach Kinostart hatten ihn schon drei Millionen Kinobesucher gesehen. Mittlerweile liegt er auf Platz 8 der erfolgreichsten deutschen Filme seit 1968 mit über 7 Millionen Zuschauern. Kein Wunder, dass gleich zwei Jahre später die Fortsetzung ins Kino kam und weitere zwei Jahre später Teil 3.
Hinter dem Film steckt Bora Dagtekin, der das Drehbuch geschrieben hat und Regie führte.
Ich bin sehr gespannt, wie du den Film findest. Wenn du ihn gesehen hast - in Deutschland ist er gerade bei Netflix zu sehen, dann schreib gerne in die Kommentare!
Hier kannst Du den Film bei Amazon Prime sehen: https://amzn.to/2G0Wsfu
Hier kannst Du den Film bei Netflix sehen: https://www.netflix.com/title/80014999
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg214kurz.pdf
9/22/2020 • 5 minutes, 25 seconds
Kinderrechte in Deutschland – SG #213
In Deutschland gelten alle Menschen bis 18 Jahre als Kind. Welche Rechte haben Kinder in Deutschland? Zum Glück viele! 1973 wurde verboten, dass Kinder in der Schule körperlich bestraft werden. Bis zu diesem Zeitpunkt durften Kinder in der Schule noch „gezüchtigt“ werden - so nannte man das damals. Meine Mutter hat das noch erlebt - wenn sie nicht brav war in der Schule, dann wurde ihr mit einem Stock auf die Finger geschlagen.
Seit 1989 gibt es die UN-Kinderrechtskonvention. Die Vereinten Nationen haben also festgelegt, wie wir Menschen mit Kindern umgehen sollen. Dazu gehören das Recht auf Schutz vor Gewalt, auf Bildung, auf Beteiligung, auf Gleichbehandlung und das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung. Fast alle Länder der Welt haben diese UN-Kinderrechtskonvention unterschrieben. Es geht vor allem um das Kindswohl. Dem Kind soll es gut gehen. Wir müssen versuchen, Kinder vor Diskriminierung, Gewalt und Mobbing zu schützen.
Familien stehen natürlich im deutschen Grundgesetz, also in unserer Verfassung. Die Ehe und die Familie werden vom Staat geschützt. Eltern dürfen und müssen ihre Kinder erziehen. Kinder dürfen nicht ohne Grund von ihren Eltern getrennt werden. Mütter werden geschützt. Uneheliche Kinder werden genauso behandelt wie eheliche Kinder. Das bedeutet: Es ist egal, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Spezielle Kinderrechte stehen allerdings nicht im Grundgesetz. Einige Vereinigungen möchten das ändern, beispielsweise das Deutsche Kinderhilfswerk. Auch die UN hat dies schon zwei Mal kritisiert. Die Politik möchte das nun ändern und ein Kindergrundrecht im Grundgesetz schaffen.
Welche Rechte sollten Kinder haben? Zunächst einmal gilt bei ihnen wie bei allen Menschen: Sie haben alle die gleichen Rechte. Kein Kind sollte wegen seiner Hautfarbe, seiner Religion, seines Geschlechts, seiner Sprache oder wegen anderen Unterschieden benachteiligt werden. Kinder haben ein Recht auf Spiel, Freizeit und Erholung und natürlich ein Recht auf Bildung. Sie dürfen sich informieren und ihre eigene Meinung bilden. Sie haben ein Recht auf Privatsphäre - das bedeutet, dass wir zum Beispiel nicht ohne ihre Erlaubnis Kinderbilder bei Facebook posten dürfen. Sie sollen keine Not leiden müssen und in Geborgenheit aufwachsen. Kinder haben ein Recht auf die bestmögliche Gesundheit, auf sauberes Trinkwasser, gesundes Essen und eine sichere Umgebung. Natürlich müssen auch Kinder mit einer Behinderung gefördert werden. Und Kinder sollen mitsprechen dürfen.
Das kann ich dir an einem Beispiel erklären: Kinder haben das Recht, beide Eltern zu sehen, wenn diese sich getrennt haben. Sie werden auch nach ihrer Meinung gefragt, wenn es um wichtige Entscheidungen geht, beispielsweise darum, wo sie nach einer Trennung der Eltern leben möchten.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich viel getan. Die Kinder haben mehr Rechte als früher. Zum Beispiel dürfen Eltern ihre Kinder in Deutschland seit dem Jahr 2000 nicht mehr schlagen oder anderweitig körperliche Gewalt anwenden. Kinder haben das Recht auf eine „gewaltfreie Erziehung“.
Seit 2013 haben Kinder beziehungsweise ihre Eltern auch einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr. Das bedeutet: Jedes Kind sollte in eine Kindertagesstätte, eine Krippe oder einen Kindergarten gehen können. Das klingt zwar super - funktioniert aber leider noch nicht wirklich. Außerdem gibt es eine Schulpflicht für alle Kinder.
Kinder dürfen übrigens bis zu ihrem 15. Lebensjahr nicht arbeiten. Ausnahmen gibt es dazu - zum Beispiel dürfen Kinder natürlich mal im Haushalt helfen und dafür ein wenig Geld bekommen. Oder sie dürfen kleine Tätigkeiten machen, wenn sie schon 13 Jahre alt sind. Aber ihr Hauptjob ist und bleibt die Schule.
Den Kindern in Deutschland geht es gut, wenn man die Situation mit vielen anderen Ländern vergleicht. Perfekt ist es aber nicht hier bei uns. Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Das sind 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche.
9/17/2020 • 7 minutes, 57 seconds
Die Schweiz – SG #212
Ich bin in Konstanz geboren und aufgewachsen. Das ist eine deutsche Stadt südlich des Bodensees - drumherum ist auf der einen Seite Wasser und auf der anderen die Schweiz. Wir konnten also zu Fuß über die Grenze gehen und in der Schweiz einkaufen. Manches war dort billiger als in Deutschland. Und weil man zumindest in einem Teil der Schweiz Deutsch spricht, stelle ich Dir heute unser Nachbarland vor.
Die Schweiz ist ein kleines Land, es ist von Norden nach Süden nur 220 Kilometer lang und von Osten nach Westen fast 350 Kilometer . Die Hälfte des Landes ist bergig, denn die Alpen führen mitten durch die Schweiz.
8,5 Millionen Menschen leben in der Schweiz. Die größten Städte sind Zürich, Genf, Basel, Bern, Lausanne, Winterthur und Luzern. In Zürich leben 415.000 Menschen, damit ist sie die größte Stadt der Schweiz. Aber nicht nur das: Zürich ist in der Liste der teuersten Städte der Welt auf Platz 4. Platz 5 ist Genf.
Dieses kleine Land hat gleich vier Amtssprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Fast 65% der Schweizer sprechen Deutsch. Aber Vorsicht, es ist ein anderes Deutsch, als ich es spreche. Denn in der Schweiz gibt es viele verschiedene Dialekte, die zusammengefasst als Schweizerdeutsch bezeichnet werden. Es gibt auch ein Schweizer Hochdeutsch. Auf slowgerman.com kannst Du hören, wie Schweizerdeutsch klingt:
Jetzt wird es noch komplizierter: Die Schweiz ist nämlich nicht nur sprachlich aufgeteilt, sondern auch noch in 26 Kantone. Kantone sind so etwas wie in Deutschland die Bundesländer. Die Regierung der Kantone trifft sich im Nationalrat, der ein Teil der Bundesversammlung der Schweiz ist. Parlament und Regierung befinden sich in Bern. Der Bundeskanzler heißt Walter Thurnherr.
Zum Thema Religion: 38 Prozent der Schweizer sind Katholiken, 25 Prozent gehören zur evangelisch-reformierten Kirche. Die Religionsfreiheit steht in der Verfassung. Interessant fand ich zu lesen, dass der Buddhismus in der Schweiz stärker vertreten ist als in anderen europäischen Ländern - es sind aber nur 0,33 Prozent der Schweizer Buddhisten.
Sausen wir noch kurz durch die Geschichte des Landes: Die Römer haben es erobert, davor waren die Kelten da. Danach kamen die Germanen und später die Franken. Ach, es ist zu kompliziert, das alles aufzuzählen. 1291 jedenfalls schlossen sich die ersten drei Kantone zusammen. Dies gilt als Geburt der Schweiz und wird auch heute noch am 1. August als Nationalfeiertag gefeiert.
Napoleon Bonaparte verordnete der Schweiz 1803 eine föderalistische Verfassung mit autonomen Kantonen. Warum er das so einfach konnte? Weil die Schweiz zwischenzeitlich zu Frankreich gehörte. Der Staatsname "Schweizerische Eidgenossenschaft" wurde festgelegt - er gilt bis heute. Dann wurden die Grenzen der Schweiz im Wiener Kongress international anerkannt. Und 1848 gab es eine neue Bundesverfassung.
Bei so vielen Sprachen und kulturellen Hintergründen frage ich mich, wie das Land sich eigentlich definiert. Wie hält es zusammen? Es ist nicht die Sprache, nicht die Kultur, sondern eher das Schweizer-Sein an sich. Die Schweizer glauben an die direkte Demokratie, dort werden viel mehr Entscheidungen direkt vom Volk getroffen als in Deutschland. Außerdem wird vieles regional entschieden, die Schweizer sind also sehr selbstbestimmt.
Und bei einer Straßenumfrage zu typischen Merkmalen der Schweiz würde wahrscheinlich noch ein Wort fallen: Neutralität. Das Land beteiligt sich nicht an Kriegen zwischen Staaten. 1647 beschlossen die Schweizer durch den schlimmen Dreissigjährigen Krieg "immerwährende bewaffnete Neutralität".
Das bedeutet aber nicht, dass das Land keine Armee hat. Es gibt ein Heer und eine Luftwaffe, um sich verteidigen zu können. Nur 5% der Soldaten sind allerdings bezahlte Soldaten - der Rest sind Bürger des Landes zwischen 20 und 34 Jahren. Sie haben ihre persönliche Ausrüstung und ihre Waffe zu Hause. Alle Männer müssen zum Militärdienst oder alternativ Zivildienst le...
8/11/2020 • 9 minutes, 34 seconds
Die Firma Siemens und ihr Gründer Werner Siemens – SG #211
Die Familie Siemens gibt es seit über 600 Jahren. Sie stammt aus Goslar in Niedersachsen. 14 Kinder bekamen Christian und Eleonore. Das vierte Kind nannten sie Werner. Er wurde 1816 geboren und um ihn geht es heute.
Bald zeigt sich, dass Werner besonders gut in Mathe ist. Einen Schulabschluss macht er aber nicht, er geht vorher von der Schule ab. Studieren kann er nicht, dazu haben seine Eltern zu wenig Geld. Also geht er zum Militär, denn dort gibt es auch eine Ingenieur-Schule. Dort wird er in vielen Fächern ausgebildet, zum Beispiel in Mathematik, Physik, Chemie und Geometrie.
Als seine Eltern sterben, muss Werner für seine jüngeren Geschwister sorgen. Er ist Leutnant in einer Artillerie-Brigade. Doch dann geschieht etwas: Werner ist Sekundant bei einem Duell. Bei einem Duell stehen sich zwei Männer gegenüber und schießen aufeinander. Der Sekundant ist sozusagen der Helfer eines der Männer, die sich duellieren. Duelle sind eigentlich verboten, und Werner Siemens kommt ins Gefängnis. Damals gab es verschiedene Arten von Gefängnissen. Werner Siemens kommt in sogenannte Festungshaft in eine Zitadelle, das ist ein Gebäude das wie eine Burg aussieht. Festungshaft war eine "ehrenhafte" Strafe, die Häftlinge durften dort rauchen und Besuch empfangen. Es war also nicht so schlimm.
Werner Siemens freut sich sogar über diese Zeit der Isolation. Er hofft, dass sie wie ein kleiner Urlaub ist. Er will die Zeit nutzen und Experimente machen. Also lässt er sich verschiedene Dinge dafür in seine Zelle schmuggeln und baut ein Versuchslabor auf. Die Zeit in Festungshaft ist dann aber kürzer als gedacht, und enttäuscht muss Siemens wieder als Soldat arbeiten. Das tut er einige Jahre, aber nebenher erfindet er weiter Dinge. Zum Beispiel ferngezündete Seeminen, Regler für Dampfmaschinen und eine Presse zur Herstellung von Kunststein.
1842 schafft er es, einen Teelöffel mit Hilfe von Gleichstrom aus Batterien zu vergolden oder zu versilbern. Er bekommt ein Patent auf diese Erfindung. Er hat viele Ideen, entwickelt sie mit seinen Brüdern und mit anderen Erfindern. Mit Georg Halske verbessert er einen Telegrafen - mit diesem neuen Zeiger-Telegrafen können nun auch Laien ihre Botschaften an andere Menschen schicken. Vorher konnten das nur Menschen, die extra dafür ausgebildet worden waren, denn sie mussten das Morse-Alphabet beherrschen. 1847 meldet Werner Siemens ihn zum Patent an. Eine Woche vorher hat er mit seinem Kollegen die Firma "Telegraphen-Bauanstalt Siemens & Halske" gegründet. Der heutige Weltkonzern war in einem Berliner Hinterhof geboren. Die Werkstatt hat zehn Mitarbeiter.
Siemens ist ein Vordenker im Bereich der Starkstromtechnik. Er ist ein kreativer Erfinder. Und er ist ein Unternehmer. 1848 legt das Unternehmen die Telegraphenleitung von Berlin nach Frankfurt. Danach kommen auch Aufträge aus Russland und England. Die Firma legt die erste Telegraphenleitung durch den Atlantik und bringt die elektrische Straßenbeleuchtung nach Berlin. 1881 schickt Siemens die erste elektrische Straßenbahn durch Berlin. Vorher wurden die Straßenbahnen von Pferden gezogen - das ist jetzt nicht mehr nötig.
Der Firma geht es gut - und Werner Siemens denkt nicht nur an sich selbst, sondern auch an seine Mitarbeiter. Leitende Mitarbeiter bekommen Prämien, werden also belohnt, wenn es der Firma gut geht. Die tägliche Arbeitszeit wird auf neun Stunden reduziert, drei Stunden weniger als üblich. Gearbeitet wird an sechs Tagen pro Woche.
Und privat? Werner Siemens heiratet und hat vier Kinder. Mit seiner zweiten Frau hat er zwei weitere Kinder. Er stirbt mit 75 Jahren 1892 in Berlin. Sein Bruder und zwei Söhne führen die Firma weiter. Werner Siemens wurde übrigens vier Jahre vor seinem Tod in den Adelsstand erhoben und durfte sich von da an Werner von Siemens nennen.
Heute ist der Konzern ein Mischkonzern. Vielleicht ist Dir auch schon ein Gerät aufgefallen, auf dem der Name "Siemens" steht. Vielleicht ein Geschirrspüler,
7/29/2020 • 7 minutes, 24 seconds
Die Uhrzeit – SG #210
Heute beschäftigen wir uns mit der Uhrzeit. Es ist gar nicht so leicht, in einer Fremdsprache zu sagen, wie spät es ist, oder? Wenn Du selber nicht weißt, wie spät es ist, kannst Du Menschen auf der Straße fragen indem Du sagst: "Entschuldigung, wie spät ist es?" oder "Entschuldigung, wieviel Uhr ist es?".
Jetzt erkläre ich Dir, wie wir Uhrzeiten benennen. Fangen wir an mit der sogenannten vollen Stunde. Eine volle Stunde ist, wenn der Minutenzeiger der Uhr oben steht, auf der 12. Wenn es also genau ein Uhr ist. Oder zwei. Oder drei Uhr. Ich sage dann: Es ist drei Uhr. In der Umgangssprache kannst Du auch einfach sagen "es ist drei". Das reicht.
Jetzt kommen die Minuten dazu, und dann wird es schon ein wenig komplizierter. Also sagen wir mal, es ist zehn Minuten nach drei. Dann sage ich: "Es ist zehn Minuten nach drei". Ich muss auch hier nicht "drei Uhr" sagen, denn bei der Zeitangabe versteht sich das von selbst. Noch kürzer kannst Du sagen: "Es ist zehn nach drei". Lassen wir fünf weitere Minuten verstreichen. Dann ist es 15 Minuten nach drei. Hier gibt es jetzt noch eine neue Möglichkeit. Ich kann sagen: "Es ist viertel nach drei".
Wandert der Zeiger der Uhr nach unten, dann ist eine halbe Stunde vergangen. Ich sage: "Es ist halb vier". Nach einer weiteren Viertelstunde sage ich: "Es ist viertel vor vier". Eine andere Möglichkeit für diese Uhrzeit ist "Es ist dreiviertel vier". Danach kann ich sagen: "Es ist fünf vor vier".
Bis hierhin ist es logisch. Es gibt aber einige Besonderheiten, die je nach Region unterschiedlich sind. Zum Beispiel sagen manche Menschen in Deutschland auch gerne "Es ist fünf vor halb acht." Da muss man erstmal rechnen, was das wirklich bedeutet, oder? Es ist 7:25 Uhr. Fünf vor halb acht. Noch eine Variante: Es ist fünf nach halb eins. 12:35 Uhr ist fünf nach halb eins. Für mich immer schwer zu verstehen ist es, wenn Leute sagen: "Wir treffen uns um Viertel sieben". Ist das dann 7:15 Uhr oder 6:15? Es ist 6:15. Das ist Viertel 7. Verwirrend, oder?
Dass der Tag 24 Stunden hat, wissen wir in Deutschland natürlich auch. Aber meistens ergibt sich aus dem Kontext, ob wir den Nachmittag und Abend meinen oder den Vormittag. Wenn es nicht so genau feststeht, sagt man es lieber dazu. Dann sagt man also: "Wir treffen uns morgen früh um acht". Oder: "Wir treffen uns morgen Abend um acht". In Deutschland halten die Menschen Verabredungen übrigens pünktlich ein. Meistens jedenfalls. Wenn Du betonen möchtest, dass Dein Partner pünktlich sein soll, sagst Du: "Wir treffen uns morgen Abend um Punkt acht".
Wenn offiziell über die Uhrzeit gesprochen wird, dann wird die 24-Stunden-Variante verwendet. Es gibt also alle Uhrzeiten von 0 bis 24 Uhr. 0 Uhr ist Mitternacht, dann werden die Zahlen hochgezählt bis mittags um 12 Uhr. Danach geht es aber normal weiter mit 13 Uhr - das ist dann 1 Uhr mittags. 23 Uhr ist 11 Uhr abends.
Der Nachrichtensprecher im Fernsehen wird also sagen: "Die Sondersendung beginnt um 20.15 Uhr". Das ist abends um Viertel nach acht. Wenn Du gerade den Text mitliest, dann wirst Du sehen, dass ich anders spreche als es dort steht. 20.15 Uhr ist die korrekte Schreibweise. Wir sagen aber 20 Uhr 15.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg210kurz.pdf
7/9/2020 • 6 minutes, 4 seconds
SG Dialog #11: Mein Kind ist krank
Diesen Dialog hat Oliver mit Ellen eingesprochen – die beiden leben bei Augsburg und haben einen eigenen Podcast, das "Morgenradio". Das ist eine gute Alternative zum Radio am Morgen. Keine hysterisch-gutgelaunte Moderatoren und keine schlechten Nachrichten aus aller Welt, sondern zwei echte Menschen und eine gute Geschichte.
Hier der Text des Dialoges:
Hast du heute Zeit für einen Spaziergang?
Leider nicht. Mein Sohn ist krank.
Oh je. Was hat er denn?
Er ist heute morgen mit Fieber aufgewacht. Er hat ein wenig Schnupfen und Husten. Und vorhin hat er gesagt, dass er Kopfweh hat.
Das klingt nach einer Grippe.
Ja, oder eine Erkältung. Er muss jetzt viel trinken. Ich habe ihn in der Schule entschuldigt.
Gehst du mit ihm zum Arzt?
Ich weiß es noch nicht. Wenn es ihm morgen nicht besser geht, werde ich mit ihm zum Kinderarzt gehen.
Würde ich auch so machen. Du kannst ihm gegen das Kopfweh ein Schmerzmittel geben.
Das werde ich tun. Ich habe einen Saft, der gegen Fieber und Schmerzen hilft.
Ich hasse das Gefühl, ein krankes Kind zu haben.
Ja, ich wäre auch lieber selber krank. Aber man kann es nicht ändern. Jetzt im Winter sind einfach viele Viren unterwegs. In der Schule haben die Kinder viel Kontakt zueinander. Da stecken sie sich dann halt auch an.
Aber als Kind war ich eigentlich ganz gerne krank, erinnere ich mich.
Kein Wunder! Mein Sohn darf den ganzen Tag fernsehen, ich bringe ihm Essen und Getränke und die Katze hat auch bei ihm geschlafen. Das ist doch perfekt, um gesund zu werden.
Stimmt! Na dann wünsche ich deinem Sohn gute Besserung.
Danke. Ich werde es ihm ausrichten.
Hoffentlich steckst du dich nicht an! Bleib gesund!
Ich gebe mir Mühe. Ich war erst vor zwei Wochen krank.
Wirklich? Das habe ich gar nicht mitbekommen!
Doch, da konnte ich zwei Tage nicht in die Arbeit gehen. Zum Glück war ich am dritten Tag wieder fit, sonst hätte ich ein Attest vom Arzt gebraucht.
Ich bin auch froh, wenn ich nicht zum Arzt muss. Im Wartezimmer zu sitzen mit lauter anderen kranken Menschen ist nicht so toll.
Stimmt, aber manchmal geht es eben nicht anders. Vor allem wenn man ein Rezept braucht für Medikamente.
Also dann - ich melde mich übermorgen nochmal bei dir. Vielleicht hast du dann Zeit für einen Spaziergang.
Gerne. Bis dann!
Bis dann!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg209a.pdf
6/23/2020 • 2 minutes, 55 seconds
Aberglaube in Deutschland – SG #209
Meine beste Freundin ist Chinesin. Mit ihr habe ich über Aberglaube gesprochen. Denn wenn wir zusammen essen gehen, dürfen wir nicht vier verschiedene Dinge bestellen - denn vier ist eine Zahl, die Unglück bringt. So ist das zumindest in China. Hier in Deutschland mögen wir die vier als Zahl. Viele Produkte sind so abgepackt, dass sie vier Einzelteile enthalten. Vier Brötchen, vier Stifte, vier Äpfel. Vier ist irgendwie eine schöne Zahl, finde ich, weil sie zwei Paare ausdrückt. In China klingt die Zahl aber so wie die Wörter von sterben und Tod - also schlecht.
Das alles ist aber nur die Vorgeschichte dafür, wie unterschiedlich die Kulturen und Nationen mit ihrem Aberglauben umgehen. Und natürlich gibt es auch Dinge, die in Deutschland abergläubischen Menschen Angst machen. Fangen wir mit den Zahlen an. Bei uns ist die 13 die Zahl, die Pech bringt. Es gibt im Flugzeug keine 13. Sitzreihe, im Hotel kein 13. Stockwerk.
Weiter geht’s mit dem Aberglauben: Ich selber liebe Katzen, vor allem wenn sie schwarz sind. Aber wenn eine schwarze Katze von links über den Weg läuft, dann kann das Pech bringen. Die Ursache dafür ist wie so oft das Mittelalter. Im Mittelalter verbrannte man Hexen, man hatte Angst, dass manche Frauen magische böse Kräfte hätten. Schwarze Tiere sollten ebenfalls dämonisch sein, zum Beispiel Raben oder eben schwarze Katzen. Also wurden diese oft getötet. Heute gibt es kaum Katzen, die komplett schwarz sind!
Dass es vor allem Pech bringt, wenn die Katze von links nach rechts läuft, ist auch interessant. Man sagt nämlich auch, wenn jemand schlechte Laune hat: „Der ist wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden“, und meint damit den linken Fuß.
Pech bringt es in Deutschland auch, wenn man unter einer Leiter hindurchgeht. Angeblich bilden Leiter, Wand und Boden ein Dreieck, und das Dreieck ist die heilige Form. Wer da durchgeht, der macht die Form kaputt, und dann erlebt er Böses. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Aberglauben aber einen ziemlich praktischen Ursprung hat: Wenn nämlich oben auf der Leiter ein Maler steht, wird man sicher ganz schön dreckig, wenn man direkt darunter hindurch läuft.
Wenn du Geburtstag hast und mit den Menschen an deinem Tisch anstoßen möchtest, nimmst du dein Glas in die Hand und hältst es den anderen Menschen hin. Sie tun das gleiche und stoßen mit dir an. Ganz wichtig: In Deutschland musst du deinem Gegenüber in die Augen schauen, während sich die Gläser berühren! Die Strafe ist sonst besonders schlimm: Sieben Jahre schlechter Sex… Das zumindest sagt der Aberglaube.
A propos sieben: Wenn du einen Spiegel kaputt machst, dann hast du sieben Jahre Unglück. Denn im Spiegel siehst du deine Seele, und die zerbricht dann mit dem Spiegel. Nach sieben Jahren ist sie wieder geheilt. Komischer Aberglaube, denn auf der anderen Seite haben wir das Sprichwort „Scherben bringen Glück“.
Du darfst übrigens auch keinem oder keiner Deutschen vor seinem eigentlichen Geburtstag zum Geburtstag gratulieren! Sag also ja nicht am Tag davor: „Alles gute zum Geburtstag!“ Sonst wird dich dieser Mensch sehr böse anschauen. Denn du hast das Schicksal herausgefordert. Wer weiß, was bis morgen noch passiert? Also erst gratulieren, wenn der Tag wirklich da ist.
Es gibt auch positiven Aberglauben: Wenn du in eine neue Wohnung oder ein neues Haus einziehst kann es sein, dass deine deutschen Nachbarn oder Freunde dir ein Brot und Salz mitbringen. Das sind die Geschenke, die dir Glück bringen sollen. Wenn du übrigens Salz verschüttest dann bringt das wieder Unglück - und zwar mal wieder sieben Jahre. Die arme Zahl sieben, was hat sie nur verbrochen…
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg209kurz.pdf
5/31/2020 • 6 minutes, 42 seconds
Corona / Covid-19 in Deutschland – SG #208
Ende Januar wurde ein Mann in München krank. Es war ein 33-jähriger Mann der bei der Firma Webasto arbeitete. Dieser Mann war der erste bestätigte Fall von Covid-19 in Deutschland. Danach wurden weitere Mitarbeiter dieser Firma getestet - viele landeten im Krankenhaus. Die Firma wurde geschlossen und alle Mitarbeiter mussten zwei Wochen in Quarantäne. München war also der erste Hotspot der neuen Krankheit in Deutschland. Eine Frau aus China hatte die Mitarbeiter bei einer Schulung angesteckt.
Man kann in der deutschen Sprache übrigens das Virus sagen und der Virus. Aber weiter in der kleinen Chronologie. Ende Februar waren nur so wenige Menschen erkrankt, dass die Gesundheitsämter eine gute Strategie anwenden konnten: Sie isolierten alle Menschen, die mit einem Kranken in Kontakt gekommen waren. So breitete sich die Krankheit erstmal nicht aus.
Aber dann passierte etwas in Deutschland. Und zwar der Fasching. Jedes Jahr im späten Winter feiern die Menschen Fasching. Und diejenigen, die Fasching blöd finden, freuen sich dennoch über die Faschingsferien. Dann fahren sie zum Beispiel gerne nach Österreich oder Italien zum Skifahren. Fasching und Skifahren - zwei Situationen, in denen viele fremde Menschen sehr eng aufeinandertreffen. Nach den Faschingsferien jedenfalls gab es viele neu angesteckte Patienten, vor allem in Bayern und Nordrhein-Westfalen.
Freitag der 13. März: Die Schulen werden geschlossen
An Freitag den 13. März erinnere ich mich noch gut. Das passt, denn Freitag der 13. gilt als Tag voller Pech und Unglück. An diesem Tag gab der bayerische Ministerpräsident Markus Söder eine Pressekonferenz. Und er verkündete: Die Schulen und Kindergärten in Bayern werden geschlossen. Dazu musst Du eines wissen: In Deutschland gibt es das sogenannte föderale System. Die Bundesländer dürfen viele Dinge selbst entscheiden. Daher ist es auch in Sachen Corona so, dass es in jedem Bundesland anders ist. Das ist für die Bürgerinnen und Bürger oft schwer zu akzeptieren.
Hier in Bayern ist es also nun so: Wir durften zwei Monate lang das Haus nur aus triftigen Gründen verlassen. Also nur um zum Beispiel zum Einkaufen oder in die Arbeit zu gehen. Wir durften keine Menschen treffen, die nicht zu unserem eigenen Haushalt gehörten. Also auch keine Oma, keine Freunde, keinen Onkel. Alle Großveranstaltungen wie Konzerte oder Theaterveranstaltungen sind bis Ende August abgesagt. Die Grenzen waren geschlossen. Beim Einkaufen galt Maskenpflicht und nur wichtige Läden wie Supermärkte waren offen - alles andere war geschlossen. Auch Hotels und Restaurants.
Ich sage das in der Vergangenheit, denn wir haben Glück: Da sich die Krankheit nicht weiter ausgebreitet hat, wurden viele Maßnahmen wieder gelockert. Manche Kinder dürfen wieder in die Schule gehen, zum Beispiel die Erstklässler. Die Geschäfte haben wieder geöffnet. Und die Biergärten freuen sich auch wieder über Gäste.
Wie das alles gesteuert wurde und wird kann ich auch noch kurz erklären. In Deutschland gibt es das RKI, das Robert-Koch-Institut. Es ist die Bundesbehörde für Infektionskrankheiten. Ihre Aufgabe ist es, die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten und auch zu forschen. Dieses RKI muss nun also auch Corona im Blick behalten. Jeden Tag hat es am Anfang der Epidemie über die neuen Zahlen informiert.
Wissenschaftler informieren in Podcasts
Weil die Menschen natürlich verängstigt waren, haben zum Glück auch einige Wissenschaftler sich dazu bereit erklärt, uns zu informieren und uns damit die Angst etwas zu nehmen. Zwei Virologen sind mittlerweile so bekannt wie Popstars: Christian Drosten von der Charité in Berlin und Alexander Kekulé von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Beide sind regelmäßig in Podcasts zu hören und beantworten dort Fragen zum Virus.
Die Podcasts:
Das Coronavirus-Update mit Christian Drosten
Kekulés Corona-Kompass
Wie gehen die Menschen in Deutschland nun mit der neuen Situation um?
5/15/2020 • 10 minutes, 56 seconds
Das deutsche Urheberrecht – SG #207
Ich habe bemerkt, dass viele Menschen im Internet meine Audios verwenden, um damit auf YouTube neue Videos zu erstellen und damit Geld zu verdienen. Das ist nicht ok. Also habe ich diese Urheberrechtsverletzungen gemeldet. Die Videos wurden entfernt.
In der Diskussion mit den Menschen, die meine Inhalte gestohlen hatten, ist mir aufgefallen, dass viele Menschen nicht wissen, dass es in Deutschland ein Urheberrecht gibt. Das amerikanische Copyright ist bekannt, aber das deutsche Urheberrecht nicht. Also möchte ich auf diesem Weg erklären, was es damit auf sich hat.
Stell dir vor, du hast einen Text geschrieben. Es ist ein wissenschaftlicher Text oder eine kleine Kindergeschichte oder vielleicht ist es auch kein Text, sondern ein gemaltes Bild. Ohne dass du etwas tust, besitzt du an dieser Schöpfung das Urheberrecht. Es geht hier um dein geistiges Eigentum. Es geht um ein Werk, das du geschaffen hast.
Wenn du ein Erfinder bist, dann schützt ein Patent deine Erfindung. Beim Urheberrecht geht es um die Wissenschaft, die Kunst und Literatur. Du bleibst Urheber deiner Werke. Erst 70 Jahre nach deinem Tod werden die Werke gemeinfrei. Bis dahin bekommen beispielsweise noch deine Erben das Geld, das du mit deinen Werken verdient hast. Das Urheberrecht kann also vererbt werden. Du kannst es aber nicht zu Lebzeiten an jemanden übertragen, es bleibt immer dein eigenes Urheberrecht.
In Deutschland wird dieses Recht sehr ernst genommen. Wer dagegen verstößt, kann eine Geldstrafe bezahlen müssen. Im schlimmsten Fall muss er für bis zu drei Jahre ins Gefängnis.
Erst im 19. Jahrhundert wurden die Werke von Autoren und Künstlern langsam geschützt. Erst gab es eine zehnjährige Schutzfrist des Werkes, dann eine die bis 30 Jahre nach dem Tod des Künstlers reichte. Das heute gültige deutsche Gesetz gibt es seit 1965.
Noch kurz zu pro und contra in dieser Sache: Gut am Urheberrecht ist, dass Autoren und Künstler geschützt werden. Wenn alles einfach kopiert werden dürfte, hätten die Kreativen keine Einnahmequelle mehr. So aber ist ihre Arbeit geschützt, in die sie viel Zeit und Energie investiert haben.
Kritisiert wird oft, dass die Kreativität durch das Urheberrecht eher gehemmt wird. Denn ein Musiker darf zum Beispiel nicht kleine Teile eines anderen Musikstückes verwenden, ohne die Erlaubnis des Urhebers zu haben. So etwas wie Mashups sind daher rechtlich schwierig.
Ich selber finde es wichtig, dass es das Urheberrecht gibt. Allerdings gibt es in Deutschland eine zweite Sache, die eng damit zusammenhängt: Abmahnungen. Zwei davon habe ich bereits für Slow German erhalten. Das bedeutet, dass ein Anwalt mir schreibt, ich hätte unrechtmäßig (also verboten) ein Foto benutzt. Ich muss Strafe zahlen und versprechen, das nie wieder zu tun. Oder ich kann vor Gericht gehen. Einige hundert Euro musste ich dafür schon bezahlen. Wie das passiert ist? Ich habe Fotos verwendet, die in der Wikipedia als gemeinfrei gekennzeichnet waren. Das stimmte aber nicht. Der Fotograf hat mich danach abgemahnt. Seitdem habe ich nur noch garantiert gemeinfreie Bilder auf meiner Internetseite oder Bilder, die ich selber gemacht habe oder Freunde von mir. Ich habe meine Lektion gelernt. Es gibt dazu ein passendes Sprichwort: Aus Schaden wird man klug.
Hier noch zwei interessante Videos zum Thema:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg207kurz.pdf
4/10/2020 • 6 minutes, 27 seconds
Brief schreiben – So schreibe ich einen Brief! SG #206
Normalerweise erzähle ich dir etwas über Deutschland und die deutsche Kultur. Jetzt habe ich mir aber eine andere Idee: Ich sage dir, wie du einen Brief schreiben kannst. Das ist wichtig im Alltag.
Wir nehmen an, du schreibst einen formellen Brief. Das ist ein Brief an eine Firma oder ein Amt. Kein Brief an einen Freund oder ein Familienmitglied. Vielleicht möchtest du dich irgendwo auf einen Job bewerben. Oder du möchtest eine Beschwerde loswerden. Dann schreibst du einen Brief.
Überlege dir zunächst gut, was du schreiben möchtest.
Alles was oben auf dem Brief steht, nennt man Briefkopf. Ganz oben links steht deine Adresse. Du bist der Absender. Schreibe deinen Namen auf und deine Adresse, vielleicht auch deine Mailadresse und Telefonnummer, wenn du so erreicht werden möchtest. Diese Daten können links oben stehen, du kannst sie aber auch rechts oben hinschreiben.
Dann schreibst du links auf die Seite, an wen du den Brief schicken möchtest. Diese Person nennt man Empfänger. Also erst Vorname und Nachname, dann die Straße und Hausnummer und in die letzte Zeile die Postleitzahl und den Ort.
Oben rechts, unter deiner Adresse, steht der Ort, an dem du den Brief schreibst, und das Datum. Also zum Beispiel München, 24. Februar 2020.
Dann kommt die sogenannte Betreffzeile. Du kannst diese fett schreiben, damit man sie gut sieht. Hier schreibst du in einer Zeile, worum es geht. Zum Beispiel: „Ihr Schreiben vom 13.1.2020 bezüglich meiner Kündigung“. Oder „Frage zu Ihren Produkten“.
Nach dem Betreff kommt die Anrede. Sie sollte höflich sein. Standard ist „Sehr geehrte Damen und Herren,“. Am Ende der Anrede kommt ein Komma, der nächste Satz wird klein geschrieben. Wenn Du weißt, welche Person den Brief bekommen soll, schreibst du „Sehr geehrte Frau Müller,“ oder „Sehr geehrter Herr Schmid“.
Als nächstes schreibst du kurz und knapp, worum es geht. Bleibe sachlich und schreibe höflich. Wenn du die Person ansprichst, dann duzt du sie nicht. Siezen ist wichtig. Schreib also „ich bitte Sie“ oder „ich möchte Ihnen mitteilen, dass…“.
Dann schreibst du, worum es geht. Also zum Beispiel „Ich möchte Ihnen mitteilen, dass mein Sohn Hans nicht mehr länger in den Schwimmunterricht kommen kann.“. Oder „Ich weise Sie hiermit darauf hin, dass ich nicht bereit bin, die Kosten für das Verfahren zu tragen.“
Am Ende kommt dann nur noch die Grußformel und deine Unterschrift. Standard ist als Grußformel „Mit freundlichen Grüßen“. Dann schreibst du deinen ganzen Namen. Wenn der Brief mit dem Computer getippt wurde, unterschreibst du anschließend noch einmal per Hand.
Jetzt ist dein Brief fertig. Hole dir einen Briefumschlag, ein Kuvert. Links oben schreibst du deinen Namen und deine Adresse hin, das ist der sogenannte Absender. Rechts unten schreibst du deutlich den Empfänger und seine Adresse hin. Rechts oben klebt dann die passende Briefmarke.
Übrigens: Wenn du sichergehen möchtest, dass dein Brief ankommt und dir das auch bestätigt wird, dann kannst du ihn per Einschreiben schicken. Das kostet dann zwar mehr, aber dafür kannst du beweisen, dass der Brief auch wirklich abgeschickt wurde. Frag einfach beim Postamt nach oder schau im Internet, dort kannst du dir eine Briefmarke ausdrucken.
Ein kleiner Tipp von mir: Schreib doch Menschen, die dir wichtig sind, einen netten Brief und schicke ihn per Post! Sie werden sehr erstaunt sein und sich freuen. Und für dich ist es eine gute Übung.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg206kurz.pdf
3/24/2020 • 6 minutes, 5 seconds
DAX, der Deutsche Aktien Index – SG #205
Wenn es in den deutschen Nachrichten um Finanzen und vor allem um die Börse geht, dann hört man immer wieder das Wort „DAX“.
DAX ist die Abkürzung für Deutscher Aktien Index. Das ist ein Verzeichnis von 30 Aktiengesellschaften. Eine Aktiengesellschaft ist eine Firma, von der man Anteile kaufen kann, also Aktien. Abgekürzt wird Aktiengesellschaft mit AG.
Die 30 AGs sind die wichtigsten und größten Aktiengesellschaften aus Deutschland. Man nennt die DAX-Aktien in der Fachsprache auch Blue Chips. Diese 30 Aktiengesellschaften machen ungefähr 80 Prozent des Grundkapitals aller deutschen Unternehmen aus, die an der Börse notiert sind. Man nennt so etwas in der Finanzsprache Leitindex. In den USA ist das vergleichbar der Dow Jones.
Den DAX gibt es seit 1. Juli 1988. Damals startete er mit 1000 Punkten. Heute hat er etwa 12.000 Punkte. An jedem Börsentag zwischen 8.50 Uhr am Morgen und 22 Uhr am Abend wird der Index immer wieder neu berechnet.
Zum DAX gehören solche Unternehmen wie BMW, Bayer, Siemens, adidas, SAP, Wirecard, BASF, Henkel, Volkswagen, Deutsche Telekom oder die Deutsche Bank (hier gibt’s die aktuelle Liste der Unternehmen und ihren Wert). Nicht alle Unternehmen sind gleich wichtig in der Berechnung: Siemens hat zum Beispiel einen stärkeren Einfluss auf den Index als die Deutsche Bank.
Der DAX zeigt sehr gut, wie es der deutschen Wirtschaft gerade geht, weil eben diese großen und wichtigen Unternehmen zusammengerechnet werden. Auch wenn es manchen gerade schlecht geht, geht es hier um den Durchschnitt aller 30 Unternehmen. Der DAX ist also so etwas wie ein Barometer: Er zeigt an, wie gut oder schlecht es Deutschland gerade an der Börse geht. Wenn der DAX über längere Zeit steigt, dann geht es der Börse in Deutschland gut. Wenn er längere Zeit fällt, geht es der Börse schlecht.
Natürlich bleiben die 30 Unternehmen nicht für immer und ewig gleich: Jedes Jahr im September entscheidet die Deutsche Börse darüber, welche Unternehmen im DAX sein dürfen. Manche werden aus dem Index genommen, andere kommen neu hinzu. Es ist natürlich klar geregelt, wie das entschieden wird. Da ist zum Beispiel die Größe des Unternehmens: Es muss einen bestimmten Umsatz und Gewinn erwirtschaften. Es muss auch einen Sitz in Deutschland haben.
Weil das aber sehr allgemein ist, gibt es auch spezielle Aktienindizes für einzelne Branchen. Zum Beispiel den TecDAX für Unternehmen aus der Computerbranche.
Jeden Abend vor der Tagesschau um 20 Uhr gibt es die Sendung „Börse vor acht“. Dann berichtet ein Finanzjournalist aus dem Börsenstudio, wie sich der DAX und andere Aktien über den Tag entwickelt haben.
Wer sich für Aktien interessiert, der behält den DAX genau im Auge. In einen DAX-Fonds zu investieren hat ein relativ geringes Risiko. Allerdings gab es auch Krisen, in denen der DAX sehr stark an Wert verloren hat: Anfang 2009 war sein Wert auf die Hälfte gefallen, weil die Finanz- und Bankenkrise die Unternehmen erschüttert hatte. Mittlerweile hat er sich zum Glück wieder erholt.
Der DAX reagiert natürlich nicht nur auf die Situation in Deutschland, sondern auch auf internationale Krisen. Der Kurs brach zum Beispiel nach dem Terroranschlag am 11. September 2001 auf das World Trade Center ein. Auch als der Corona-Virus die chinesische Wirtschaft lahmlegte, merkte man das deutlich am DAX.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg205kurz.pdf
3/6/2020 • 6 minutes, 49 seconds
SG Dialog #10: Jobsuche
Diesen Dialog hat Oliver mit Ellen eingesprochen – die beiden leben bei Augsburg und haben einen eigenen Podcast, das "Morgenradio". Das ist eine gute Alternative zum Radio am Morgen. Keine hysterisch-gutgelaunte Moderatoren und keine schlechten Nachrichten aus aller Welt, sondern zwei echte Menschen und eine gute Geschichte.
Hier der Text des Dialoges:
Sag mal, ich wollte dich mal was fragen.
Was denn?
Ich bin gerade auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle. Und ich dachte mir, vielleicht weißt du was?
Oh. Nein, leider nicht. Was ist denn mit deiner alten Stelle?
Da wurden leider einige Mitarbeiter entlassen.
Entlassen? Wieso denn?
Weil das Geschäft nicht gut läuft. Also hat man die Mitarbeiter, die noch nicht so lange im Betrieb waren, entlassen.
Geht das einfach so?
Nein, ganz so war es auch nicht. Ich habe eine gute Abfindung bekommen.
Was ist eine Abfindung?
Eine Abfindung ist Geld, damit ich nicht von heute auf morgen ohne Einkommen dastehe.
Aha, verstehe. In welchem Bereich suchst du denn?
Ich würde gerne weiter im Bereich Marketing arbeiten. In den letzten Jahren habe ich mich vor allem auf Social Media Marketing spezialisiert.
Und möchtest du Vollzeit arbeiten?
Nein, Vollzeit kann ich leider nicht arbeiten, weil ich drei Kinder habe. Aber Teilzeit wäre super. Dann kann ich vormittags arbeiten und mich nachmittags um die Familie kümmern.
Hast du sonst noch Einschränkungen?
Ich habe leider kein Auto, daher wäre es gut, wenn ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Arbeit fahren könnte. Ansonsten ist eigentlich alles flexibel. Das Geld ist mir nicht so wichtig. Ich hoffe natürlich auf nette Kollegen, aber das zeigt sich ja erst später, wenn man dort arbeitet.
Ich habe da eine Idee. Ein Bekannter von mir arbeitet in einer recht großen Firma, und er hat erst vor kurzem gesagt, dass sie zu wenig im Bereich Facebook und so machen.
Oh, das wäre super! Könntest du ihn mal fragen, ob ich mich vorstellen kann?
Das mache ich! Schick mir doch mal deine Initiativbewerbung per Mail, dann gebe ich sie weiter.
Gerne. Ich danke dir tausend mal!
Kein Problem. Bis bald!
Bis bald!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg204a.pdf
2/25/2020 • 2 minutes, 42 seconds
Österreich – SG #204
Ich war gerade für ein paar Tage in Wien. In vier Stunden kann man von München mit dem Zug nach Wien reisen. Und weil man natürlich auch in Österreich die deutsche Sprache spricht, erzähle ich heute etwas über dieses Nachbarland. Das dortige österreichische Deutsch unterscheidet sich in der Aussprache sehr - und auch viele Wörter sind anders. Während wir Aprikosen essen, essen die Österreicher Marillen. Tomaten heißen Paradeiser, Pfannkuchen Palatschinken und Taxifahrer sind dort die Taxilenker. Zudem gibt es natürlich noch unterschiedliche österreichische Dialekte - manche davon sind auch für mich schwer zu verstehen.
Fast drei Viertel des Landes sind gebirgig, denn die Alpen ziehen sich durch Österreich. Der höchste Berg ist der Großglockner mit 3798 Metern. Am westlichen Ende des Landes gehört ein Teil des Bodensees zu Österreich.
Österreich hat 8,8 Millionen Einwohner und neun Bundesländer: Das Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, die Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien. Wien ist die größte Stadt des Landes und gleichzeitig die Hauptstadt. Andere große Städte sind Salzburg, Innsbruck, Linz und Graz.
Wer durch Wien geht, der sieht im Zentrum die Hofburg. Das ist ein imposantes Schloss. Denn ab 1246 herrschten die Habsburger, das war eine adelige Familie. Vielleicht kennt Ihr auch die bekannte bayerische Prinzessin Sisi, die später zur österreichischen Königin wurde und dann sogar zur Kaiserin? Sie lebte in diesem Schloss.
Ich kann nicht die gesamte Geschichte Österreichs in einer Episode dieses Podcasts wiedergeben. Kurz gesagt war es einmal ein großes und mächtiges Land. Denn ab 1804 gab es hier das Kaisertum Österreich, ab 1867 sogar die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn - es war damit der zweitgrößte Staat Europas. Eine wichtige Rolle spielte Franz Joseph. Er war erst 18 Jahre alt und löste den kranken Kaiser ab. Unter ihm wurde das Land zur konstitutionellen Monarchie. 68 Jahre lang regierte er das Land.
Heute ist Österreich keine Monarchie mehr. Der Adel wurde abgeschafft. Die Republik gibt es seit dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918. Österreich-Ungarn hatte den Krieg verloren. Südtirol ging an Italien über und gehörte nicht mehr zu Österreich. Auch Ungarn trennte sich. Die Landesgrenzen wurden neu gezogen.
Zwanzig Jahre später herrschten die Nazis in Österreich, Adolf Hitler war Österreicher. 1938 waren die Deutschen einmarschiert. Auch hier gab es die Judenverfolgung. Nach dem Kriegsende 1945 und dem Ende der Besatzung wurde Österreich 1955 wieder ein eigener Staat. Politisch ist Österreich eine föderale, parlamentarisch-demokratische Republik. Es gibt ein Zweikammersystem, das aus Nationalrat und Bundesrat besteht. Regiert wird das Land heute von Bundeskanzler Sebastian Kurz und es ist Mitglied in der Europäischen Union.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg204kurz.pdf
2/18/2020 • 5 minutes, 44 seconds
Die deutsche Polizei – SG #203
Es gibt eine Sache, die wechselt gerade die Farbe in Bayern. Und damit meine ich nicht die Politik. Ich meine die Polizei. Früher waren die Polizeiautos nämlich grün-weiß. Später dann grün-silber. Jetzt werden die Polizeiautos langsam silber-blau. Das ist doch ein schönes Zeichen dafür, etwas mehr über die Polizei in Deutschland zu erzählen, oder?
Die Polizei ist verantwortlich für die innere Sicherheit. Sie sorgt dafür, dass wir hier sicher leben können und dass Gesetze eingehalten werden. Sie ist die sogenannte Exekutive.
Es gibt verschiedene Arten von Polizei in Deutschland. Fangen wir an mit der Bundespolizei. Bis 2005 hieß diese Polizei "Bundesgrenzschutz", denn das war ihre Hauptaufgabe. Sie musste die Grenzen Deutschlands schützen. Die Bundespolizei siehst Du auch am Flughafen oder am Bahnhof. Sie sichert Ministerien und ist auch im Ausland unterwegs und sie hilft bei Katastrophen. Rund 47.000 Menschen arbeiten hier.
Ebenfalls deutschlandweit arbeitet das Bundeskriminalamt. Hier geht es kurz zusammengefasst um schwere Kriminalität und Terrorismus sowie den Staatsschutz. Die Terrorismus-Abteilung wurde 1975 aufgebaut, um gegen die RAF zu ermitteln. Der Generalbundesanwalt kann das abgekürzt BKA genannte Bundeskriminalamt mit Ermittlungen beauftragen. Das BKA ist auch für DNA-Analysen zuständig: Hier werden die DNA-Daten von Kriminellen und Tatorten gespeichert. Das BKA ermittelt, wenn es um Drogen, Waffen, Sprengstoff oder Falschgeld geht. Das BKA schützt Bundespräsident und Kanzlerin und weitere wichtige Personen. In den verschiedenen Standorten des BKA arbeiten rund 5500 Menschen.
Die dritte deutsche Polizeibehörde ist die, die am wenigsten bekannt ist. Sie nennt sich "Polizei beim Deutschen Bundestag" oder einfach nur Parlamentspolizei. Sie ist wie der Name schon sagt für das Gelände und die Gebäude des Bundestages verantwortlich. 210 Beamte arbeiten hier. Die Parlamentspolizei wurde nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen. Sie soll gewährleisten, dass die Politiker sicher und ungestört ihrer Arbeit nachgehen können.
Jetzt kommen wir zu den einzelnen Bundesländern. Die Länder haben die Polizeihoheit - das steht in der deutschen Verfassung, also dem Grundgesetz. Das hatten die Alliierten nach dem Krieg schon so angeordnet. Vieles hat man aus der Nazizeit gelernt. Daher wurden einige Bereiche voneinander getrennt, damit nicht zu viel Macht an der gleichen Stelle ist. Es gibt Polizeigesetze, in denen genau festgehalten ist, welche Aufgaben die Polizei hat, was sie darf und was nicht. Ihre Hauptaufgabe ist die sogenannte Gefahrenabwehr. Das sind die Polizisten, die man durch die Gegend fahren oder gehen sieht. Sie sorgen für die Sicherheit der Menschen. Man nennt das übrigens "auf Streife gehen".
Die zweite Zuständigkeit ist die Strafverfolgung. Wenn eine kriminelle Tat geschehen ist, zum Beispiel ein Diebstahl, dann versucht die Polizei, diese Tat aufzuklären. Sie versucht also, den Täter zu finden, damit er bestraft werden kann.
Du merkst schon: Die Polizei hat viele verschiedene Aufgaben. Sie macht zum Beispiel Alkoholkontrollen bei Autofahrern, hilft bei Unfällen, nimmt Drogendealer fest und sichert große Veranstaltungen wie das Oktoberfest in München. Aus eigener Erfahrung kann ich Dir aber auch sagen, dass die Polizisten an Schulen gehen um dort den Kindern sicheres Fahrradfahren beizubringen. Manchmal spielen sie sogar ein kleines Puppentheater, um den Kindern die Verkehrsregeln zu erklären.
Die alte Uniform der Polizisten waren übrigens eine sandfarbene Hose und ein grünes Oberteil, eine Art Jacke. Die neuen Uniformen sind moderner und dunkelblau. Es gibt uniformierte Polizisten und Polizisten in Zivil, die nicht erkannt werden. Polizisten sind Beamte auf Lebenszeit, sie sind also beim Staat angestellt. Insgesamt sind rund 300.000 Menschen bei der Polizei beschäftigt.
Erst seit den 80er-Jahren dürfen übrigens auch Frauen die Polizeiuniform tragen. In Bayern dauerte es sogar bis 1990.
2/11/2020 • 8 minutes, 31 seconds
Nachhaltigkeit und Klimawandel – SG #202
Ich weiß, dass Slow German auf der ganzen Welt gehört wird. Das freut mich sehr. Du weißt sicher, dass der Klimawandel fast nicht mehr aufzuhalten ist. Er wird das Leben auf der Erde stark verändern. Und weil wir alle zusammen nun dafür sorgen müssen, dass unsere Erde auch für unsere Kinder und Enkel bewohnbar bleibt, möchte ich heute über die Dinge sprechen, die jeder einzelne von uns tun kann. Was meinst Du - hast Du Lust, mitzumachen? Überdenke Dein Leben und versuche eine Kleinigkeit zu verbessern. Das reicht schon!
Fangen wir an mit der Müllvermeidung. Bei uns sind die Mülltonnen immer sehr voll. Und ich bringe viel Plastikmüll zum Container. Wie kann ich das ändern? Ich versuche schon beim Einkauf darauf zu achten, wie Dinge verpackt sind. Ich versuche, Plastikverpackungen zu vermeiden. Zum Beispiel kaufe ich festes Shampoo und Zahnputz-Tabletten. Beide sind in Papier verpackt. Ich kaufe Tomaten unverpackt und nehme meine eigenen kleinen Netze mit, um sie zu transportieren. Und ich kaufe Dinge im Laden, anstatt sie mir schicken zu lassen - so wird auch Verpackungsmüll und Transport-Energie gespart. Ganz wichtig: Nur so viel kaufen, wie wir auch brauchen. So landen nicht so viele Lebensmittel im Müll. Denn diese wurden mit viel Energie hergestellt und transportiert, also sollen sie nicht im Müll landen. Ich habe übrigens immer eine kleine Stofftasche dabei, wenn ich einkaufen gehe. So vermeide ich Plastiktüten für den Transport.
Nächster Punkt: Der Konsum. Es macht Spaß, Dinge zu kaufen. Das ist für viele Menschen so. Wir denken oft nicht darüber nach. Frust in der Arbeit? Shoppen gehen ist für manche Menschen die Lösung. Das sollte nicht so sein. Wir sollten überlegen, was wir kaufen. Ich habe begonnen, Dinge wieder zu reparieren, wenn sie kaputt sind. Früher habe ich sie weggeworfen. Ich teile mir auch Dinge - zum Beispiel die Heckenschere. Früher hätte ich meine eigene gekauft. Überlege Dir vor dem Kauf, ob Du die Dinge wirklich brauchst, und versuche, weniger zu kaufen. Ist es unbedingt nötig, alle zwei Jahre ein neues Handy zu haben? Nein. Das hat uns nur die Werbung so gesagt.
Beim Energie sparen macht die Sache schon fast Spaß: Ich versuche jedes Jahr, weniger Strom zu verbrauchen. Denn in Deutschland kommt viel Strom noch aus Kohlekraftwerken, und die sind für das Klima schädlich. Ich beziehe zwar Ökostrom, also Strom der aus regenerativen Energien wie Wind und Sonne kommt, aber trotzdem geht es ums Sparen. Mach das Licht aus, wenn Du einen Raum verlässt. Kaufe Dir LED-Lampen, die viel weniger Strom brauchen als Glühbirnen. Und wenn Du das nächste Mal einen Kühlschrank oder ein anderes Gerät kaufst achte darauf, dass es wenig Strom verbraucht. Vielleicht kannst Du auch Deine Wäsche in der Wohnung oder im Garten aufhängen, anstatt einen Trockner zu benutzen. Das spart sehr viel Strom! Gehe durch Deine Wohnung und überprüfe, wo Strom verschwendet wird. Zum Beispiel durch Standby-Geräte. Viele Geräte sind nie ganz aus, sondern auf Standby. Auch das verbraucht Strom. Bei uns hängen diese Geräte an einer abschaltbaren Steckerleiste. Wenn sie aus sind, sind sie aus. Auch der Computer wird ausgeschaltet, statt die ganze Nacht auf Standby zu sein.
Am schwierigsten finde ich es, mein Verhalten zu ändern, was den Verkehr angeht. Aber genau hier geht es um die sogenannte CO2-Bilanz und den Klimawandel. Wir sollten weniger unterwegs sein. Vor allem weniger fliegen. Ich werde versuchen, dieses Jahr gar nicht zu fliegen - oder sehr wenig. Ich werde mehr mit der Bahn fahren. Auch versuche ich, seltener mit dem Auto zu fahren. Kleine Strecken gehe ich zu Fuß oder fahre mit dem Fahrrad, auch wenn das länger dauert und bei schlechtem Wetter unbequem ist. Ich versuche, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Kannst Du das auch probieren? Kannst Du versuchen, weniger zu fliegen oder weniger mit dem Auto zu fahren? Das wäre toll!
Drei Punkte habe ich noch für Dich. Einer davon sind Bio-Produkte. Ich weiß nicht,
2/4/2020 • 9 minutes, 41 seconds
Thomas Mann – SG #201
Wenn Du mich ein wenig kennst, dann weißt Du, dass ich eine Leseratte bin. So nennt man einen Menschen, der gerne Bücher liest. Ich liebe Bücher. Und daher habe ich hier in Slow German auch schon oft über deutsche Literatur gesprochen. Zum Beispiel über Hermann Hesse, Heinrich Heine oder Schiller und Goethe. Eine große Figur habe ich bislang ausgelassen, und das hole ich heute nach: Thomas Mann.
Thomas Mann wurde 1875 in Lübeck geboren, das liegt im Norden von Deutschland. Sein Vater war ein Kaufmann. In der Schule war Thomas nicht gut, er blieb sitzen und schrieb auch in Deutsch schlechte Noten. Aber er schrieb schon als Teenager gerne Geschichten. Nach dem Tod des Vaters wurde die Firma verkauft. Der Vater hatte im Testament angeordnet, dass das geschieht. Offenbar traute er seinen Söhnen nicht zu, das Unternehmen weiterzuführen.
Also zog die Mutter mit ihren Kindern nach München. Thomas arbeitete in einem Büro und langweilte sich. Er hatte Glück und seine erste Novelle wurde 1894 veröffentlicht. Der Erfolg tat ihm gut: Er kündigte seinen Job und ging mit seinem Bruder nach Italien. 1901 folgte dann Manns erster Roman: "Buddenbrooks". Es ist die Geschichte einer Familie. Thomas Mann verarbeitet darin die Geschichte seiner eigenen Familie und anderer Menschen, die er aus Lübeck kannte. Das Buch ist so erfolgreich, dass Thomas Mann ab jetzt keine finanzielle Unterstützung seiner Familie mehr braucht. 28 Jahre später bekam er für dieses Buch den Nobelpreis für Literatur. Es gilt als ein wichtiges Werk der Weltliteratur.
Thomas Mann heiratete und bekam mit seiner Frau sechs Kinder. Heute werden ihm "homoerotische Neigungen" zugeschrieben, aber wahrscheinlich war die Zeit einfach noch nicht reif, um diese auch offen zu leben. Seine Frau Katia unterstützt ihn sehr. Die Kinder sagen später, dass es eine glückliche Ehe war.
Sein Roman "Der Zauberberg" wurde ein großer Erfolg. Als Hitler an die Macht kam war Thomas Mann ein wichtiger Gegner des Nationalsozialismus. Er nannte ihn barbarisch. Die Nazis nahmen den Manns Großteile ihres Vermögens weg, später auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Schriftsteller rief jeden Monat über die BBC die Deutschen zum Widerstand auf.
Die Familie emigrierte zuerst nach Frankreich und dann in die Schweiz. 1938 zogen sie dann endgültig in die USA. Es war schwer für die Familie, ihre Heimat zu verlassen. Thomas Mann fühlte sich entwurzelt, sagte aber in einem Interview mit der New York Times: "Wo ich bin, ist Deutschland. Ich trage meine deutsche Kultur in mir." Er arbeitete sehr diszipliniert. Jeden Vormittag schrieb er drei Stunden lang, dann machte er einen Spaziergang und aß zu Mittag. Danach widmete er sich Recherchen für neue Projekte und nach einer kleinen Pause schrieb er Briefe. Abends wurde erst gegessen, dann las er seiner Familie vor, was er vormittags geschrieben hatte.
1952 zog er wieder in die Schweiz zurück. Dort starb er im Alter von 80 Jahren.
Insgesamt hat Thomas Mann acht Romane geschrieben. Schon zu seinen Lebzeiten war er sehr erfolgreich. Aber nicht alle mochten ihn. Viele Leser warfen ihm vor, zu intellektuell zu sein. Manchen war er zu deutsch oder zu bürgerlich. Ich habe seine Bücher sehr gerne gelesen, aber man braucht Zeit dafür: Der Zauberberg beispielsweise ist über 1000 Seiten lang.
Das Foto: Bundesarchiv, Bild 183-H28795 / CC-BY-SA 3.0
"Buddenbrooks" wurde mit vielen berühmten deutschen SchauspielerInnen verfilmt. Hier der Trailer:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg201kurz.pdf
1/28/2020 • 6 minutes, 33 seconds
Frühstück und Arbeit / Kleiner Alien Dialog #3
Ein kleiner Außerirdischer kommt auf die Erde. Er möchte mehr über Deutschland lernen. Also stellt er Fragen.
Guten Morgen!
Zacki, so früh schon auf den Beinen?
Ja, ich habe mir extra den Wecker gestellt, um zu Dir zu kommen.
Das ist nett von Dir.
Finde ich auch.
Und warum musste es heute so früh sein?
Weil ich wissen wollte, was Ihr Deutschen morgens so macht.
Ach so. Also die meisten Deutschen lassen sich von ihrem Wecker wecken und dann stehen sie auf. Sie machen sich fertig: frühstücken, putzen die Zähne, duschen und ziehen sich an.
Was frühstücken die Deutschen denn?
Viele Deutsche trinken zum Frühstück Kaffee. Denn von Kaffee wird man wach. Es gibt aber natürlich auch Leute, die Tee oder Saft trinken. Dazu gibt es meistens Brot. Manche mögen süße Dinge frühstücken, also zum Beispiel Marmelade oder Honig, andere eher Wurst und Käse.
Und nach dem Frühstück?
Nach dem Frühstück verlassen viele Leute das Haus oder die Wohnung. Sie gehen in die Schule, zur Uni oder in die Arbeit. Die Schule und die meisten Jobs beginnen um 8 Uhr morgens. Mittags gibt es eine Pause. Nach acht Arbeitsstunden haben die meisten Menschen in Deutschland dann Feierabend.
Sie feiern den Abend?
Naja, ein bißchen schon. Sie freuen sich, frei zu haben. Feierabend nennt man einfach das Ende der Arbeitszeit. Die Menschen gehen dann von ihrer Arbeit nach Hause und essen zu Abend. Oder sie gehen noch mit Freunden weg, zum Beispiel ins Kino. Nach der Arbeit kommt die Freizeit.
Freizeit klingt schön. Wie ist das mit dem Abendessen? Gibt es da auch Marmelade?
Vielleicht. Aber ich kenne niemanden, der abends Marmelade isst. Abends essen viele Deutsche das sogenannte Abendbrot. Sie essen also Brot mit Wurst und Käse, dazu Gurken und Tomaten und solche Dinge. Es ist ein kaltes Abendessen. Viele Familien haben das aber umgestellt und essen auch abends warm.
Ich mag es, wenn mein Bauch warm ist.
Das mag ich auch! Vor allem im Winter. Ich muss aber auch noch etwas erklären: Nicht alle Menschen arbeiten tagsüber. Es gibt auch viele Menschen, die nachts arbeiten und am Wochenende. Krankenschwestern zum Beispiel. Oder Busfahrer. Viele Menschen arbeiten im Schichtdienst, das bedeutet dass sie zu verschiedenen Zeiten arbeiten, mal früh und mal spät.
Ist das nicht sehr anstrengend?
Doch, absolut. Aber in manchen Berufen geht es eben nicht anders. Wir brauchen zum Beispiel auch am Wochenende Ärzte in den Krankenhäusern. Also musste eine Lösung gefunden werden.
Ihr seid komisch.
Ich weiß.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg200akurz.pdf
1/21/2020 • 5 minutes, 1 second
SG #200: Menschen mit Behinderung
Das hier ist die 200. Episode meines Podcasts Slow German.
Ich habe lange überlegt, über welches Thema ich sprechen soll. Besonders wichtig ist die Frage, wie es Menschen mit Behinderung in Deutschland ergeht.
In Deutschland leben rund 10 Millionen Menschen mit einer Behinderung, davon sind mehr als 7,6 Millionen schwerbehindert. Einer von ihnen ist Steffen Prey (Foto links). Mit ihm habe ich gesprochen, um mehr zu erfahren.
Eine Besonderheit: Das Original-Interview kannst Du Dir hier anhören:
Es ist nicht leicht zu verstehen - wir sprechen normal schnell und durchs Telefon. Daher habe ich es auch abgetippt - hier kannst Du den Text mitlesen (--> PDF).
Noch eine Besonderheit: Zu dieser Folge siehst Du das Premium-Material, auch wenn Du kein Abonnent bist. Also Lernmaterial als PDF am Ende dieser Seite und einen zweiten Player mit der schnelleren Version. Viel Spaß!
Fangen wir mit der Sprache an. Wie spreche ich überhaupt korrekt über dieses Thema? Früher sagte man "Behinderte". Heute ist es richtiger, "Mensch mit Behinderung" oder "Mensch mit Beeinträchtigung" zu sagen. Der Hintergrund dazu: Jeder Mensch ist unterschiedlich. Er definiert sich nicht ausschließlich dadurch, dass er eine Behinderung hat, sondern über viele verschiedene Faktoren. Ein Behinderter ist in erster Linie behindert. Ein Mensch mit Behinderung ist in erster Linie ein Mensch. Auch das englische Wort Handicap wird oft benutzt. Du kannst also auch sagen: Ein Mensch mit Handicap. Oder sogar eingedeutscht "ein gehandicappter Mensch".
Noch ein Wort hat sich geändert. Während früher Menschen die nicht hören konnten oft als "taubstumm" bezeichnet worden sind, gilt das heute als Beleidigung. Der richtige Ausdruck ist "gehörlos". Und dann gibt es natürlich noch die blinden und sehbehinderten Menschen.
Bleiben wir bei den Begriffen, die wir für dieses Thema brauchen. Das Wort Barrierefreiheit fasst viele Dinge zusammen. Zum einen geht es darum, wie zum Beispiel Menschen im Rollstuhl sich in der Stadt fortbewegen können. Gibt es einen Lift zur U-Bahn oder nur eine Rolltreppe? Ist der Gehweg an der Ampel abgesenkt oder hoch? Hat der kleine Laden an der Ecke eine schwere Eisentür oder eine Schiebetür, die sich von selbst öffnet? Zur Barrierefreiheit gehören aber auch andere Bereiche des Lebens, zum Beispiel im Internet. Hat ein Video Untertitel, damit gehörlose Menschen mitlesen können? Gibt es Bildbeschreibungen für Sehbehinderte? In all diesen Bereichen müssen wir darauf achten, dass sie für alle Menschen zugänglich sind.
Wenn ich ins Einkaufszentrum fahre, dann gibt es bestimmte Parkplätze in der Tiefgarage, die mit einem Rollstuhl-Symbol gekennzeichnet sind. Das sind spezielle Parkplätze für Menschen mit einer Behinderung. Hier dürfen aber nicht alle Menschen mit Behinderung parken. Reserviert ist der Parkplatz für blinde Menschen (die natürlich nicht selber fahren, sondern gefahren werden) und für stark gehbehinderte Menschen, also zum Beispiel Rollstuhlfahrer.
Und weil in Deutschland die Behörden alles sehr exakt regeln, gibt es für Menschen mit Behinderung einen sogenannten Schwerbehindertenausweis. Dieser Ausweis zeigt an, welchen Grad einer Behinderung ein Mensch hat. Steht dort beispielsweise ein "G" bedeutet das, dass der Mensch nicht gut laufen kann, sich also nicht normal bewegen kann. Steht dort ein "H", dann bedeutet das, dass der Mensch hilflos ist. Das kann beispielsweise bei Demenzerkrankungen so sein. Dann gibt es noch weitere Einstufungen für blinde oder gehörlose Menschen und einige andere. Dieser Ausweis bringt einige Vergünstigungen. Steffen darf zum Beispiel mit einer Begleitperson kostenlos mit dem Bus oder der U-Bahn fahren. Er muss auch weniger bezahlen, wenn er ins Kino geht, denn der Schwerbehindertenausweis ermöglicht ihm günstigere Tickets. Bei manchen Behinderungen müssen die Betroffenen weniger Steuern für ihr Auto bezahlen. Oder sie bekommen kostenlos Hilfe im Alltag von einer so genannten Assistenz...
12/31/2019 • 10 minutes, 15 seconds
SG #199: Jakob Fugger und die Fugger-Familie
Jeff Bezos und Bill Gates sind die beiden reichsten Männer der Welt. Ich möchte Dir aber heute etwas von einem Mann erzählen, der in seiner Zeit noch viel reicher war als diese beiden Herren: Jakob Fugger. Wenn Du es auf heutige Verhältnisse umrechnest, betrug sein Vermögen 400 Milliarden Dollar. Und: Er war der erste dokumentierte Millionär überhaupt.
Geboren wurde Jakob Fugger 1459 in Augsburg, das liegt in Bayern. Seine Familie waren erfolgreiche Handelsleute. Sie hatte ihr Geld hauptsächlich mit dem Baumwollhandel mit Italien verdient. Jakob war also bereits wohlhabend, als er zur Welt kam. Er hatte in Venedig gelernt, ein guter Kaufmann zu sein, er lernte über das Bankwesen und über das Metallgeschäft. Danach baute er das Familienunternehmen aus, er machte es also größer. Die Fugger bauten Silber und Kupfer ab und andere Bodenschätze. Sie lieferten es bis nach Indien.
Aber es gab noch einen weiteren Geschäftszweig: Jakob Fugger wurde Bankier. Er finanzierte den Aufstieg eines Kaisers und lieh den herrschenden Adeligen Geld. Dadurch konnte Jakob Fugger die damalige Politik in Europa beeinflussen. Er war eng mit den Habsburgern verbunden, und als diese an die Macht kamen lieferte Fugger ihnen Waffen und Geld.
Um immer gut informiert zu sein, schuf Fugger einen eigenen Nachrichtendienst. So wusste er als Erster, wenn ein Schiff gesunken war oder etwas anderes nicht geklappt hatte. Er arbeitete viel, knüpfte Kontakte und ging auch Risiken ein, um Gewinn zu machen. So wurde er immer reicher.
Bis hierhin klingt das noch nicht so toll, oder? Jakob Fugger stiftete eine Kapelle in der Augsburger St. Anna-Kirche. Es ist der erste Renaissancebau Deutschlands und dort wurden die Fugger-Brüder später auch begraben. 1521 wurde die Fuggerei gestiftet. Das war eine Armensiedlung in Augsburg, in der Handwerker leben konnten. Sie existiert noch heute und ist die älteste erhaltene Sozialsiedlung der Welt. 52 Reihenhäuser waren es zu Beginn, später dann 67. Heute leben hier 150 Menschen. Nicht jeder Mensch darf hier wohnen, denn es gibt Regeln, die seit 1521 eingehalten werden müssen. Einziehen dürfen nur arme Augsburger. Sie müssen katholisch sein und täglich drei Gebete für die Familie Fugger sprechen. Dafür bezahlen sie für eine 60 Quadratmeter große Wohnung weniger als einen Euro Miete - pro Jahr. Dazu kommen noch Heizkosten.
Jakob Fugger kaufte Grafschaften und wurde durch seinen Landbesitz in den Adelsstand erhoben. Dass ein Kaufmann zum Grafen werden konnte, das war damals noch nie dagewesen. Die Menschen nannten ihn "der Reiche". Sein Einfluss reichte bis in den Vatikan: Als es einen neuen Papst gab, finanzierte Fugger die Anwerbung der Schweizergarde, also die Bewacher des Papstes, die es heute noch gibt.
Und privat? Nun, privat heiratete Jakob Fugger im Alter von 39 Jahren eine 18-Jährige. Kinder bekamen sie keine. 1525 starb Jakob Fugger im Alter von 66 Jahren. Sein Vermögen ging an die beiden Neffen über.
Komm mit in die Fuggerei - so sieht es da aus:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg199kurz.pdf
12/24/2019 • 6 minutes, 15 seconds
SG #198: Banken und Finanzen in Deutschland
Die Stadt Frankfurt am Main ist das Finanzzentrum Deutschlands. Hier haben die großen Banken ihre Zentrale. Es wird höchste Zeit, dieses Thema mal anzupacken, auch wenn Wirtschaft und Finanzen eher trocken sind. Wenn ein Thema trocken ist bedeutet das, dass es nicht sehr spannend ist, sondern sehr theoretisch. Ich versuche es trotzdem für Dich so spannend wie möglich zu machen, ok? Das Bankensystem nennt man übrigens Bankwesen. Und das deutsche Bankwesen ist eines der größten der Welt. Was Du genau bei einer Bank machen kannst, darüber habe ich schon in Episode 54 von Slow German geredet.
Es gibt aber eine Sache, die ist im deutschen Bankwesen anders als im Rest der Welt. Bevor ich Dir verrate, was das ist, muss ich Dir erstmal erklären, welche drei wichtigen Arten von Banken es in Deutschland gibt. Man nennt das auch ein Dreisäulensystem.
Erstens: die öffentlich-rechtlichen Banken. Das sind Banken wie die Sparkasse. Diese Banken gehören der Gemeinde, dem Landkreis oder dem Bundesland. Sie sind regional beschränkt, arbeiten also nicht in ganz Deutschland, sondern in ihrem kleinen Gebiet. Sparkassen siehst Du überall, in jedem kleinen Dorf. Hier tragen Kinder ihr Taschengeld hin und zahlen es auf das erste Sparkonto ein. Denn die Sparkasse ist wie der Name schon sagt dafür da, dass die Menschen ihr Vermögen vermehren durch Sparen. Sparkassen geben aber natürlich auch Kredite.
Zweitens: die Genossenschaftsbanken. Bei einer Genossenschaftsbank kannst Du nicht nur Kunde sein, sondern Mitglied. Du kannst sogenannte Genossenschaftsanteile kaufen. Dadurch gehört Dir dann ein kleiner Teil der Bank. Die bekannteste Genossenschaftsbank in Deutschland ist wohl die Volks- und Raiffeisenbank. Auch sie arbeitet regional und hat in vielen kleinen Gemeinden eine Filiale.
Drittens: die Privatbanken. Zu den Privatbanken gehören die großen internationalen Banken aber auch deutsche Banken wie die Commerzbank und die Deutsche Bank.
Und was ist jetzt anders in Deutschland als im Rest der Welt? Ich verrate es Dir: In Deutschland haben die Privatbanken einen sehr niedrigen Anteil. Fast 1900 Geldinstitute gibt es in Deutschland, insgesamt mit mehr als 32.000 Filialen. Sind die Deutschen gut, was das Bankwesen angeht? Nein. Verglichen mit anderen Ländern sind die deutschen Banken nicht sehr profitabel.
Kurz ein paar Worte zur Geschichte der Banken: Die erste deutsche Bank gab es schon 1486. Es war die Fugger-Bank. Wer die Fugger waren, muss ich Dir unbedingt bald erzählen, das ist eine sehr interessante Familie. Später entstanden die ersten Sparkassen. Ihr Sinn war es, dass ärmere Menschen ihr Geld einzahlen konnten und dieses dann durch Zinsen mehr wurde - damit sie im Alter oder bei Krankheit darauf zurückgreifen konnten.
Auch die ersten Genossenschaftsbanken wollten etwas Gutes für die Menschen tun. Nachdem es im Jahr 1842 eine sehr schlechte Ernte gab, bei der die Bauern kaum Gewinne einfahren konnten, rief ein Herr namens Friedrich Wilhelm Raiffeisen eine Kreditgenossenschaft ins Leben. Hier sparten die Mitglieder Geld an, konnten sich aber auch Geld günstig leihen, wenn sie zum Beispiel Vieh oder Geräte kaufen wollten. Die Menschen halfen einander.
Und die Großbanken, die wir heute kennen, sind auch schon sehr alt: 1870 entstand die Commerzbank, einen Monat später die Deutsche Bank und zwei Jahre später die Dresdner Bank.
Die Commerzbank übernahm 2008 für fast 10 Milliarden Euro die Dresdner Bank. Zwei Wochen später ging Lehman Brothers pleite - und die Finanzkrise war da. Die Commerzbank musste vom deutschen Staat gerettet werden. Viele Milliarden Euro an Steuergeldern wurden investiert. Seither gehören 15% der Commerzbank dem deutschen Staat. 2019 wurde über eine mögliche Fusion von der Commerzbank mit der Deutschen Bank berichtet - aus der wurde aber nichts.
So, und jetzt noch ein Satz zur sogenannten Bundesbank. Das ist die Zentralbank von Deutschland. Sie ist eine Bundesbehörde.
12/17/2019 • 8 minutes, 43 seconds
SG #197 – Gewerkschaft und Betriebsrat
Zunächst einmal möchte ich erklären, was eine Gewerkschaft ist. Eine Gewerkschaft ist eine Gruppe von Arbeitern, die sich freiwillig zusammengeschlossen haben. Diese Gewerkschaft kämpft meistens für eine bestimmte Branche. Ihre Ziele sind höhere Löhne, die Verkürzung der Arbeitszeit oder die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Denn stelle Dir diese Situation vor: Du bist ein kleiner Arbeitnehmer und Dein Chef verlangt von Dir plötzlich, für die Hälfte zu arbeiten. Du kannst Dich natürlich wehren - aber Du hast nur eine kleine Stimme. Daher wird Dir in Verhandlungen nicht zugehört. Wenn aber eine Gewerkschaft verhandelt, dann ist diese viel stärker als ein einzelner Arbeitnehmer. Daher schließen sich Menschen aus dem gleichen Berufszweig zusammen.
In Deutschland gibt es viele verschiedene Gewerkschaften. Man kann sie auch Interessensvertretung nennen, weil sie für die Interessen der Arbeiter kämpfen. Es gibt acht besonders große Gewerkschaften. Über ihnen steht der DGB, der Deutsche Gewerkschaftsbund. Man nennt den DGB eine Dachorganisation. Und jetzt kommen die acht großen Gewerkschaften: IG Metall, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, IG Bergbau, Chemie, Energie, IG Bauen-Agrar-Umwelt, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die Gewerkschaft der Polizei. Du merkst schon, die meisten Berufe sind hier schon abgedeckt.
Die Gewerkschaften verhandeln oft mit den Arbeitgebern über so genannte Tarifverträge. In solchen Verträgen steht drin, dass für die gesamte Branche einheitliche Löhne bezahlt werden. In die Verhandlungen darf sich der Staat nicht einmischen. Das geht nur die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer etwas an. Oft führen die Verhandlungen zu einem Streik der Arbeitnehmer, wenn sie mit den angebotenen Bedingungen nicht einverstanden sind. Das kann ein Warnstreik sein, bei dem die Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit die Arbeit niederlegen. Es kann aber auch länger dauern. Gemerkt haben das viele, als zum Beispiel die Erzieher von Kindergärten gestreikt haben. Oder wenn mal wieder die Fluglotsen streiken und niemand in den Urlaub fliegen kann. So ärgerlich das für viele Menschen ist - es ist wichtig, dass die Angestellten sich durch einen Streik gegen schlechte Arbeitsbedingungen wehren können.
Früher waren die deutschen Gewerkschaften übrigens wichtiger als heute. Immer weniger Menschen organisieren sich heute in Gewerkschaften. In den DGB-Gewerkschaften sind es noch rund 6 Millionen Arbeitnehmer. Entstanden sind die nationalen Gewerkschaften in Deutschland in den Jahren 1848/1849. Die älteste noch existierende Gewerkschaft ist die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer. Gewerkschaften sind aus den Arbeiterkämpfen der industriellen Revolution entstanden.
Weißt Du, wie die Gewerkschaften sich finanzieren? Durch Mitgliedsbeiträge. Jedes Gewerkschaftsmitglied zahlt einen jährlichen Mitgliedsbeitrag.
Kommen wir zum zweiten Thema dieser Episode: Dem Betriebsrat. Das ist nämlich auch eine gute Sache für die Arbeitnehmer. Sobald ein Betrieb größer ist als fünf ständige Mitarbeiter, darf er einen Betriebsrat wählen. Dieser Betriebsrat ist dann sowas wie eine kleine Gewerkschaft für den Betrieb. Der Betriebsrat verhandelt mit den Arbeitgebern und versucht, einen guten Weg für die Arbeiter zu finden. Natürlich auch im Hinblick auf Tarifverträge und Gewerkschaften. Der Betriebsrat wird für vier Jahre gewählt. Er bekommt dafür kein Geld. Der Chef darf den Betriebsrat nicht einfach kündigen - auch dafür gibt es Regelungen. Wenn ein Arbeiter gekündigt werden soll, muss der Betriebsrat davon erfahren. Er kann dieser Kündigung dann in wichtigen Fällen sogar widersprechen.
Betriebsrat und Gewerkschaft sollen den Arbeitnehmer stärken. Sie sollen für ihn kämpfen und ihn unterstützen. Durch diese Einrichtungen soll sozusagen ein Gleichgewicht hergestellt werden zwischen den Angestellten und ihren Chefs.
12/10/2019 • 0
SG #196 – Juden in Deutschland
Ich habe letztens eine Zahl gelesen, die mich überrascht hat. In Deutschland leben weniger als 100.000 Juden. Ich dachte, die Zahl wäre viel höher. Es macht mich traurig, das zu lesen. Zum Vergleich: Es leben über vier Millionen Muslime in Deutschland.
Welche berühmten deutsch-jüdischen Menschen fallen mir ein? Albert Einstein, Heinrich Heine, Karl Marx? Aus der neueren Zeit denke ich an Michel Friedman, den man oft in Talkshows sieht, wenn es um das Thema geht. Er war Politiker und Moderator, er schreibt Bücher und ist Jurist.
In dieser Folge möchte ich über die Geschichte der Juden in Deutschland sprechen. Es ist nicht leicht, alles so kurz zusammenzufassen. Aber es ist wichtig, das Thema nicht zu ignorieren.
Juden leben schon sehr lange in Deutschland. Es gibt Beweise, dass es sie in Köln schon im Jahr 321 gab. Damals war die Stadt noch von den Römern besiedelt. Im 10. und 11. Jahrhundert stieg die Zahl der jüdischen Bürger auf 20.000 an. Jüdische Kaufleute kamen an den Rhein. 1012 wurde die erste Synagoge in Köln gebaut, es wurden jüdische Schulen und Friedhöfe gegründet. Da die Christen damals keine Zinsen verlangen durften, weil es so in der Bibel stand, übernahmen die Juden das Kreditgeschäft. Beide Religionen lebten damals friedlich zusammen beziehungsweise nebeneinander.
Das blieb leider nicht so. Die Kreuzzüge begannen 1096. Menschen zogen in Europa los, um Palästina zu erobern. Auslöser war die Predigt des damaligen Papstes. Bereits auf ihrem Weg wurden Juden ermordet, so auch in der Region um Köln. Sie wurden als Gottesmörder beschimpft. Einige Jahre später wurde beschlossen, dass sie keine Waffen tragen durften. Nochmal hundert Jahre später wurden alle Juden zu unfreien Knechten des Kaisers. Sie mussten sich kennzeichnen. Im 14. Jahrhundert wurden Tausende von ihnen umgebracht.
1348 war die Zeit der Pest. Viele Menschen starben an der Seuche. Wie sich die Krankheit übertrug verstanden sie nicht. Also wurden die Juden verantwortlich gemacht. Ihnen wurde vorgeworfen, Brunnen vergiftet zu haben. Viele von ihnen wurden verfolgt und getötet.
Es ging immer so weiter: Christliche Prediger wetterten gegen Juden. Auch die Schriften von Martin Luther waren antisemitisch. Die Bevölkerung handelte danach und verfolgte sie. Sie wurden vertrieben, auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder auf andere Art getötet. Bis 1520 waren sie aus den großen Städten verschwunden. Ghettos entstanden. Wer konnte, der floh nach Böhmen, Polen und Osteuropa.
Um das Jahr 1600 lebten bis zu 10.000 Juden in Deutschland. Auch wieder in den Städten. Das Verhältnis zu den Christen entspannte sich etwas. Nach dem Dreißigjährigen Krieg und der Aufklärung ging es ihnen besser in Deutschland. Weil sie an ihren Namen aber sofort erkannt wurden, gaben sich im 18. Jahrhundert viele von ihnen neue Familiennamen.
Napoleon brachte ihnen erst die Emanzipation, später wieder Einschränkungen. So war es auch später, mal bekamen sie neue Rechte, dann wurden sie ihnen wieder genommen. 1847 wurde ein einheitliches Judengesetz geschaffen. Juden durften danach manche Staatsämter übernehmen und in manchen Fächern als Professoren unterrichten. Juden waren Staatsbürger. Sie begannen, ihre Religion zu reformieren, es gab zum Beispiel erste Predigten auf Deutsch.
Die Reichsverfassung 1871 machte alle deutschen Juden zu gleichberechtigten Bürgern. Der Antisemitismus der Menschen blieb jedoch erhalten. Die jüdischen Gemeinden blühten auf, vielen Juden ging es finanziell sehr gut. Sie waren erfolgreich. Das brachte Neid und Hass. Es gründeten sich erste politische Parteien gegen die Juden. Antisemitismus wurde gesellschaftsfähig.
1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler und die systematische Judenverfolgung begann. Ziel war die Vertreibung und Vernichtung der deutschen Juden. 1938 wurden in der Reichspogromnacht Synagogen und jüdische Geschäfte zerstört. Juden wurden in Vernichtungslagern systematisch umgebracht.
12/3/2019 • 10 minutes, 1 second
Universität / Studieren – Kleiner Alien Dialog #2
Ein kleiner Außerirdischer kommt auf die Erde. Er möchte mehr über Deutschland lernen. Also stellt er Fragen zum Thema Universität.
Hallo!
Oh, Hallo Zacki! Was machst Du denn hier?
Ich wollte Dich besuchen.
Das freut mich.
Was machst Du hier?
Das ist eine Uni. Uni ist die Kurzform für Universität. Ich studiere hier. Ich bin Studentin. Neudeutsch sagt man dazu auch Studierende. Ich bin eine Studierende.
Wieso sagt man das so?
Damit man am Wort selber nicht mehr das Geschlecht erkennt. Früher war es der Student und die Studentin. Heute sind beide einfach die Studierenden.
Ah. Und was bedeutet Studieren?
Studieren bedeutet, dass ich hier etwas lerne. Es ist wie eine Schule. Aber nicht für Kinder, sondern für Erwachsene. Ich habe mir einen Studiengang ausgesucht. Also ein Fach, das mich besonders interessiert. In diesem Fach lerne ich jetzt viel. Das kann Jura sein, Englisch, Mathematik oder auch Sport und Musik.
Und warum lernst Du das?
Für meinen späteren Beruf! Wenn ich zum Beispiel Lehrerin werden möchte oder Rechtsanwältin, dann muss ich vorher studieren. Ich lerne dann alles, was ich für diesen Beruf brauche. Am Ende mache ich eine Prüfung. Dann darf ich in diesem Beruf erst arbeiten. Ich kann auch selber an der Uni arbeiten und Dozentin werden oder Professorin.
Darf jeder Mensch in Deutschland studieren?
Nein, leider nicht. Erst geht jeder Mensch in Deutschland neun Jahre lang in die Schule. Mindestens. Die höchste Schule ist das Gymnasium, die dauert sogar 13 Jahre lang. Und danach gibt es eine Prüfung, das Abitur. Das Abitur nennt man auch Hochschulreife. Erst wenn ich dieses Abitur habe, darf ich an der Uni studieren.
Das ist ganz schön kompliziert. Studierst Du jeden Tag?
Nein, ich habe manchmal auch Semesterferien. Jedes Jahr hat zwei Semester. Ein Wintersemester und ein Sommersemester. In dieser Zeit finden Vorlesungen statt. Und Seminare, das sind dann Arbeitsgruppen mit weniger Studierenden. Manche Seminare sind Pflicht, ebenso manche Vorlesungen. Ich muss Scheine machen. Das bedeutet, dass ich eine bestimmte Anzahl an Vorlesungen und Seminaren besuchen muss, um Scheine zu bekommen. Nur wenn ich diese Scheine habe, darf ich das Studium später abschließen. Zwischen den Semestern habe ich Semesterferien.
Was machst Du dann?
In den Ferien arbeite ich meistens. Denn ich muss Geld verdienen, um mir meine Studentenbude leisten zu können.
Bude?
So nennt man die kleine Wohnung, in der ein Student lebt. Oder oft ist es ein Zimmer in einem Studentenheim.
Ich habe Hunger.
Kein Problem, dann lass uns in die Mensa gehen.
Mensa?
Ja, die Mensa ist der Ort, wo die Studierenden essen gehen können. Es ist sehr billig. Es kostet also nicht viel Geld. Dafür schmeckt es auch meistens nicht so toll.
Dann habe ich doch keinen Hunger. Was machst Du jetzt?
Ich gehe in die Bibliothek. Dort kann ich mir Bücher ausleihen oder in den Büchern lesen, die dort vorhanden sind. Im Lesesaal hab ich meine Ruhe. Auch vor Außerirdischen.
Ihr seid komisch.
Ich weiß.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg195akurz.pdf
11/26/2019 • 6 minutes, 31 seconds
SG #195: Der Mediziner Robert Koch
Robert Koch wird 1843 geboren. Er hat zwölf Geschwister. Er möchte Entdecker werden. Sein großes Vorbild ist Alexander von Humboldt. Also studiert Robert Koch Naturwissenschaften. Doch dann wechselt er zur Medizin. Er arbeitet als Arzt. Eine Krankheit begegnet ihm besonders häufig: Der Milzbrand. Es ist eine Seuche. Viele Bauern und ihre Tiere sind krank. Niemand weiß, wie sich die Krankheit überträgt.
Im Blut der Tiere entdeckt man winzige stäbchenförmige Körper. Robert Koch schafft es zu beweisen, dass diese Stäbchen Lebewesen sind - und dass sie die Krankheit auslösen. Robert Koch hat es geschafft, die kleinen Lebewesen außerhalb eines Körpers zu kultivieren. Er legt eine sogenannte Bakterienkultur an. Dann beobachtet er die Bakterien und hält fest, wie sie leben und sich vermehren. Er infiziert gesunde Tiere mit den Bakterien und kann so zeigen, wie sie krank werden. Der französische Wissenschaftler Louis Pasteur entwickelt daraufhin einen Impfstoff gegen die Krankheit. Und Robert Koch darf in Berlin an Bakterien forschen. Er wird Professor. Allerdings möchte er nicht gerne unterrichten, er möchte lieber forschen.
1882 entdeckt er wieder einen Erreger, diesmal den von Tuberkulose. Er warnt davor, dass die Tuberkulose über die Atemluft übertragen wird. Die Tuberkulose ist damals eine gefährliche Krankheit in Deutschland: jeder siebte Deutsche stirbt an ihr.
1890 denkt Koch, einen Impfstoff gegen Tuberkulose entwickelt zu haben - er nennt ihn Tuberkulin. Er testet das Mittel an Meerschweinchen und an seiner Geliebten. Das Mittel hilft aber nicht. Viele Patienten sterben. Für Robert Koch ist das ein Skandal. Er lässt sich beurlauben und reist nach Ägypten.
Später reist er nach Südafrika, Indien, auf Java und Neuguinea. Er erforscht die Schlafkrankheit, Pest, Rinderkrankheit und Malaria und geht auf eine große Weltreise. Er forscht auch am Erreger der Cholera und findet heraus, dass diese Krankheit über verseuchtes Wasser übertragen wird.
Koch erhält 1905 den Nobelpreis für Medizin. Der Preis ist allerdings noch nicht so wertvoll wie heute, er existiert erst seit vier Jahren.
Leider hat seine Forschung einen Nachteil: Durch den ständigen Kontakt mit Bakterien infiziert er sich selbst immer wieder mit Tropenkrankheiten. Auch Malaria bekommt er. Er stirbt 1910. Noch heute ist sein Name in Deutschland sehr bekannt. Unter anderem durch das nach ihm benannte Robert-Koch-Institut. Das ist eine Behörde in Deutschland, die sich um Infektionskrankheiten kümmert. Diese Behörde ist die zentrale Forschungseinrichtung Deutschlands und empfiehlt beispielsweise, welche Impfungen es geben sollte. Ihr Hauptanliegen ist die Gesundheit der Menschen in Deutschland.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg195kurz.pdf
11/19/2019 • 5 minutes, 50 seconds
SG #194: Das deutsche Schulsystem (aktualisiert)
Das Schulsystem war bereits Thema in Slow German #025 vom 29. April 2008. Dies hier ist eine aktualisierte Folge.
In Deutschland gibt es eine Schulpflicht. Jedes Kind muss also eine Schule besuchen. Das so genannte Homeschooling, also den Unterricht zu Hause, gibt es nicht. Alle Jungen und Mädchen gehen in die Schule.
Mit sechs Jahren kommt ein Kind hier in die Schule. Das nennt man Einschulung. Manche Kinder kommen auch schon mit fünf Jahren in die Schule - oder erst mit sieben Jahren. Darüber entscheidet entweder das Gesetz, oder die Eltern gemeinsam mit den Lehrern. Im Schuljahr 2016/2017 wurden 721.000 Kinder in Deutschland eingeschult. Insgesamt gingen in diesem Jahr 8,4 Millionen Kinder in die Schule. 9 Prozent der Kinder gehen in eine private Schule, der Rest in staatliche Schulen. Diese staatlichen Schulen kosten nichts. Sie werden durch Steuern finanziert.
Mindestens neun Jahre lang müssen alle Kinder in Deutschland in die Schule gehen. Wenn ein Kind nicht in der Schule erscheint, kann es passieren, dass die Polizei zu Hause auftaucht und das Kind abholt.
Die Schule ist nicht in jedem Bundesland gleich. Jedes Bundesland darf selber entscheiden, wie es die Kinder unterrichtet. Hier in Bayern zum Beispiel gibt es viel Religionsunterricht in der Grundschule. In der dritten und vierten Klasse sind es drei Stunden pro Woche. Die Lehrpläne sind unterschiedlich. Ein Lehrplan ist ein aufgeschriebenes Dokument, an das sich alle Lehrer halten müssen. Hier steht geschrieben, was die Kinder in den verschiedenen Schuljahren lernen müssen. Schwierig ist es also für Kinder, deren Eltern umziehen. Denn überall ist die Schule anders.
Und so funktioniert das Schulsystem: Die Kinder gehen zunächst in die Grundschule. Das Schuljahr beginnt nach den großen Ferien im Sommer, also je nach Bundesland im Juli bis September. In den meisten Bundesländern dauert die Grundschule vier Jahre lang - in manchen auch sechs Jahre lang.
Danach müssen die Eltern entscheiden, wie es für das Kind weitergeht. Sind die Noten sehr gut? Oder eher nicht? Die Noten werden in Deutschland von 1 bis 6 vergeben. Eine eins ist die beste Note, eine sechs die schlechteste. In der vierten Klasse der Grundschule geht es also um den so genannten Übertritt in eine weiterführende Schule. Es gibt die Hauptschule, Realschule, das Gymnasium und die Gesamtschulen.
Aber das ist nicht alles, denn auch die Art der Schulen ist wieder in jedem Bundesland anders. In Bayern gibt es zum Beispiel die Mittelschule, in Bremen die Oberschule, in Thüringen die Regelschule. Kompliziert, oder?
Merkt Euch folgendes: Nach der Grundschule entscheiden die Noten des Kindes, wie es weitergeht. Es kann dann entweder einen Weg wählen, der in Richtung eines handwerklichen Berufes führt, oder in Richtung eines akademischen Berufes.
Der schnellste Abschluss ist nach neun Jahren möglich. Danach kann der Teenager eine Berufsausbildung anfangen. Die höchste Form der weiterführenden Schulen ist das Gymnasium, das bis zur 12. oder 13. Klasse dauert und die Schüler und Schülerinnen auf ein Studium an der Universität vorbereiten soll. 44 Prozent der Kinder wollen auf das Gymnasium.
Im Gymnasium lernen die Kinder Fremdsprachen, Chemie, Physik und ähnlich komplizierte Fächer. Der Schüler oder die Schülerin spezialisiert sich immer mehr auf die eigenen Interessen. Die letzten zwei Jahre auf dem Gymnasium bezeichnet man als Kollegstufe. Hier hat man so genannte Leistungskurse und Grundkurse. Ich hatte zum Beispiel als Leistungskurse Deutsch und Englisch, jeweils 6 Stunden pro Woche. Fächer, die man überhaupt nicht mag, kann man abwählen. Das heißt, man muss sie nicht mehr machen. Das geht aber natürlich nur begrenzt. Ich hatte Glück und konnte Chemie abwählen.
Wer das Gymnasium mit dem so genannten Abitur abschließt, darf an einer Universität studieren. Das Abitur machen die deutschen Jugendlichen mit 18 oder 19 Jahren. Danach können sie studieren.
11/12/2019 • 10 minutes, 20 seconds
SG #193: Gastarbeiter in Deutschland
Heute erzähle ich Dir etwas über Gastarbeiter. Das sind die Menschen gewesen, die ab 1955 freiwillig aus anderen Ländern nach Deutschland kamen, um hier zu arbeiten. Es war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. In Deutschland herrschte ein Arbeitskräftemangel. Viele Männer waren im Krieg gefallen oder verwundet nach Hause zurückgekehrt. Dazu kam die Zeit des Wirtschaftswunders, der jungen Bundesrepublik ging es immer besser, es wurde viel produziert.
Vor allem in der Industrie wurden Gastarbeiter gebraucht. Also hatte die deutsche Politik mit Italien ein Abkommen unterzeichnet. Sie einigten sich darauf, dass Italiener nach Deutschland kommen sollten, um hier zu arbeiten. Solche so genannten Anwerbeabkommen schloss Deutschland noch mit anderen Ländern ab. 1960 mit Spanien und Griechenland, 1961 mit der Türkei, 1963 mit Marokko und Südkorea, 1964 mit Portugal, 1965 mit Tunesien und 1968 mit dem damaligen Jugoslawien. Vor allem nach dem Bau der Mauer, als aus dem Osten des Landes keine Arbeitskräfte mehr kamen, waren Gastarbeiter wichtig für Deutschland.
Die Gastarbeiter hatten zu Beginn der 60er-Jahre ein schweres Leben. Sie waren meist ungelernte Arbeiter. Sie mussten schwere und schmutzige Arbeit in der Industrie machen. Oft arbeiteten sie für wenig Geld im Schichtsystem, also zu verschiedenen Tageszeiten. Sie standen zum Beispiel am Fließband in einer Fabrik. Dafür bekamen sie weniger Geld als deutsche Arbeiter - für die Unternehmen war es also ein Gewinn, ausländische Arbeiter anzustellen. Untergebracht waren die Gastarbeiter oft in einfachen Holzbaracken.
1964 kam der millionste Gastarbeiter nach Deutschland. Als Geschenk bekam er damals ein Moped. Sein Name war Armando Rodrigues de Sá aus Portugal. Er wurde feierlich vom Bundesinnenminister begrüßt.
Wie der Begriff Gastarbeiter schon sagt, wollten die Menschen aus den Nachbarländern damals eigentlich nur für ein paar Jahre in Deutschland bleiben. Sie wollten hier arbeiten, gutes Geld verdienen und dann wieder nach Hause zurückkehren. Viele von ihnen hatten Heimweh. Sie hatten Sprachprobleme, fühlten sich fremd und waren oft fern von ihren Familien. Einen großen Teil ihres Einkommens schickten sie nach Hause oder sie sparten.
1973 gab es eine Wirtschaftskrise in Deutschland und daraus folgte ein Anwerbestopp. 14 Millionen Gastarbeiter kamen zwischen 1955 und 1974 nach Deutschland. Elf Millionen gingen wieder zurück in ihre Heimatländer.
Viele der Gastarbeiter in Deutschland entschlossen sich zu bleiben. Ihre Arbeitskraft wurde gebraucht, sie holten ihre Familien ins Land. Die ersten Kinder der Gastarbeiter wurden in Deutschland geboren, eine neue Generation wuchs heran. Diese Kinder hatten keine Sprachprobleme, sie fühlten sich hier schnell zu Hause. Und für die Eltern war das ein weiterer Grund zu bleiben. Viele wurden deutsche Staatsbürger.
Noch heute ist deutlich zu merken, woher die meisten Gastarbeiter kamen. Die größte Gruppe unter den Ausländern in Deutschland machen die Türken aus. 1,6 Millionen Türken leben heute in Deutschland. Manche von ihnen schon in der dritten Generation. Viele sind gut integriert, aber nicht alle. Jeder fünfte Türke spricht die deutsche Sprache nur mangelhaft, was dann wieder Probleme mit sich bringt wenn es um Schule oder Beruf geht.
Hier im Video siehst Du Mustafa Akci, einen Gastarbeiter, der aus der Türkei nach Deutschland kam und blieb:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg193kurz.pdf
11/5/2019 • 6 minutes, 47 seconds
SG #192: Online-Shopping
Vor elf Jahren habe ich eine Slow German-Episode über das Einkaufen aufgenommen. Heute erzähle ich Dir etwas über das Online-Shopping in Deutschland. Denn es wird immer wichtiger für die Deutschen, sich etwas im Internet zu bestellen. Entschuldige bitte, dass ich diesen Anglizismus verwende, aber er hat sich in der deutschen Sprache längst für das Einkaufen im Internet eingebürgert.
Ungefähr 50 Millionen Menschen in Deutschland sind Online-Käufer. Besonders oft kaufen sie Schuhe und Kleidung. Was nicht passt, wird einfach wieder zurückgeschickt. Aber auch Möbel, Spielzeug und andere Dinge werden gerne per Online-Shopping bestellt. Wer bald in den Urlaub fährt, der bucht gerne sein Hotel oder den Flug im Internet, nachdem er die Preise verglichen und den günstigsten Anbieter gefunden hat. Und auch für Eintrittskarten wird online viel Geld ausgegeben.
Vor allem wenn der Winter kommt und das Weihnachtsfest vor der Tür steht, sind die Lieferungen praktisch. Am Abend auf der Couch bestelle ich kurz die Geschenke, ein paar Tage später stehen sie bei mir vor der Tür. Das ist das Online-Shopping-Wunder. Allerdings genießen es auch viele Menschen, einen entspannten Einkaufsbummel in der Fußgängerzone zu machen. Dort kann man sich besser als im Internet inspirieren lassen, wenn man eigentlich noch keine Idee für ein Geschenk hat. Und gemeinsam einen Shopping-Bummel zu machen macht auch mehr Spaß als alleine am Computer zu sitzen, oder?
Mir selber ist aufgefallen, dass es immer schwieriger wird, etwas zu verschenken. Früher habe ich oft Musik verschenkt, also CDs. Oder auch DVDs von guten Filmen. Heute haben meine Freunde aber ein Spotify- oder Netflix-Abo, da fallen diese Art von Geschenken komplett weg.
Auch wenn viele Läden anbieten, Lebensmittel nach Hause zu liefern, gehen die Deutschen aber nach wie vor lieber selber in den Supermarkt, um ihr Essen einzukaufen. Ich selber lasse mir einmal pro Woche viele Lebensmittel über die sogenannte Ökokiste liefern. Das ist ein Lieferdienst für regionale und ökologisch angebaute Produkte. Sie werden mir in großen Plastikkisten ohne Verpackung geliefert und in der nächsten Woche werden die leeren Kisten wieder mitgenommen. Für Milchprodukte gibt es eine extra Kühlkiste mit Styropor, damit alles frisch bleibt. Ich finde das sehr praktisch. Den Rest der Lebensmittel kaufe ich im Supermarkt.
Das Online-Shopping ist sehr bequem, aber viele Menschen haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie online einkaufen. Denn da sind zum Beispiel die Fahrer und Fahrerinnen, die das Paket zu mir bringen müssen und dafür sehr schlecht bezahlt werden. Dann schade ich durch den Einkauf den kleinen Läden in meiner Nähe, die dadurch Verluste haben. Ich verursache Verpackungsmüll. Und vor allem sind riesige Online-Shops wie Amazon fast schon übermächtig, weil man bei ihnen alles auf einen Klick bekommt. Die Registrierung wird immer einfacher, das Bestellen immer schneller. Aber die Mitarbeiter werden oft nicht gut behandelt. Deswegen versuche ich, bei kleinen Online-Shops zu kaufen. Auch wenn das länger dauert und oft teurer ist. Und ich lasse mir keine Ware aus China oder anderen entfernten Ländern schicken. Sonst haben wir wieder ein Problem mit dem Umweltschutz…
Unschlagbar ist der Verkauf im Internet, weil es dort einfach alles gibt. Mir ist es schon oft passiert, dass ich im Laden etwas bestimmtes kaufen wollte und es dort einfach nicht gefunden habe. Ein paar Klicks im Internet und ich hatte es bestellt. Genauso mit Hosengrößen, bestimmten Sammlerobjekten oder größeren Mengen von Dingen. Ich lese auch gerne Bewertungen von Produkten, auch wenn ich weiß, dass diese manchmal nicht echt sind. Was es im Internet aber eben nicht gibt, das sind echte Menschen, mit denen ich sprechen kann. Wenn ich zum Beispiel ein Buch kaufen möchte, dann finde ich es toll, wenn mich eine Buchhändlerin oder ein Buchhändler mit einem Buch überrascht, auf das ich selber nie gekommen wäre,
10/29/2019 • 8 minutes, 4 seconds
Bus und Bahn / Verkehr – Kleiner Alien Dialog #1
Ein kleiner Außerirdischer kommt auf die Erde. Er möchte mehr über Deutschland lernen. Also stellt er Fragen zu den Themen Bus und Bahn.
Hallo!
Hallo? Wer bist du denn?
Ich bin Zacki. Ich komme vom Planeten 511.
Ein Außerirdischer?
Ja. Genau.
Ah. Und was suchst Du hier in Deutschland?
Ich möchte Deutschland verstehen.
Das möchten viele Menschen auch. Kann ich Dir helfen?
Ja. Kannst Du mir alles zeigen?
Gerne. Wo fangen wir an?
Gleich hier. Wo sind wir hier?
Wir stehen auf dem Gehweg. Das ist dieser Streifen neben der Fahrbahn für Autos. Hier dürfen die Fußgänger sich aufhalten. Hier passiert uns nichts.
Gehweg?
Ja. Man nennt das auch Bürgersteig.
Komisches Wort.
Stimmt.
Und das da?
Das ist ein Auto. Hier fahren viele Autos. Das größere, lange Auto da hinten nennen wir Bus. Da passen mehr Menschen rein. Die Busse fahren jeden Tag die gleiche Strecke, immer zur gleichen Zeit. Wenn sie keine Verspätung haben.
Und das mit den Rillen am Boden?
Das ist eine Straßenbahn. Sie holt sich oben an den Leitungen ihren Strom. Und sie fährt auf Schienen. Das sind die Rillen im Boden. Und unter der Erde fahren noch die U-Bahnen. Es gibt auch Züge, die dann aber schneller und weiter fahren. Sie fahren zur nächsten Stadt. Züge verbinden alle Städte in Deutschland miteinander.
Praktisch. Darf ich da einfach einsteigen?
Schon, aber Du musst dafür bezahlen. Du musst eine Fahrkarte kaufen. Entweder vor Deiner Fahrt im Internet oder am Schalter im Bahnhof oder auch an Automaten am Bahnsteig. Meistens sind die Tickets billiger, wenn Du sie vorher kaufst.
Ah. Und wieso bewegt Ihr Menschen Euch so viel? Wieso bleibt Ihr nicht einfach, wo Ihr hingehört?
Das hat viele Gründe. Wir fahren zum Beispiel in die Arbeit. Oder zum Einkaufen. Oder wir treffen Freunde. Die Kinder fahren in die Schule, um etwas zu lernen. Manchmal gehen wir auch einfach nur spazieren.
Spazieren? Wozu das denn?
Na, um uns zu bewegen. Wir gehen dann langsam. Am Liebsten mit Freunden oder der Familie. Und natürlich lieber dort, wo es schöne Natur gibt. An einem See zum Beispiel. Wir gehen spazieren, atmen die frische Luft und unterhalten uns.
Und was ist das Ziel?
Das Ziel ist am Sonntag meistens Kaffee und Kuchen. Wir setzen uns gemütlich zusammen, essen ein Stück süßen Kuchen und trinken Kaffee oder Tee dazu.
Ihr seid komisch.
Ich weiß.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg191akurz.pdf
10/22/2019 • 4 minutes, 39 seconds
SG #191: Umweltschutz und Klimawandel
Eines der größten Themen unserer Zeit ist der Umweltschutz. Ich möchte Dir heute erzählen, welche Rolle das Thema in Deutschland spielt.
In den 80er-Jahren haben die Deutschen begonnen, ihren Müll zu trennen. Heute tut das fast jeder, der hier lebt. Umweltschutz durch Recycling ist normal geworden. Papier wird einzeln gesammelt, hier in München habe ich vor meinem Haus eine blaue Mülltonne nur für Papier. In anderen Gemeinden stehen dafür Container bereit. Auch Glas wird in Containern gesammelt. Und Metall. Und natürlich Kunststoffe. Außerdem habe ich auch eine eigene Mülltonne für Biomüll, also für Obstschalen und ähnliches. Es gibt eine ganze Episode Slow German zum Thema Recycling.
Dennoch landet vieles von diesem Müll in der Müllverbrennungsanlage, denn nicht alle Stoffe können gut recycelt werden. In diesen speziellen Kraftwerken wird aus Müll Energie gemacht. Bei der Verbrennung entsteht Wärme, die in Strom umgewandelt werden kann. Mit der Wärme, die so entsteht, können auch die Häuser der Menschen geheizt werden.
Da sind wir schon bei einem wichtigen Thema: Energie. Deutschland hat sich ein Ziel gesetzt für die sogenannte Energiewende. Bis zum Jahr 2050 soll der Strom zu 80 Prozent aus erneuerbarer Energie bestehen. Erneuerbare Energien sind zum Beispiel Sonne und Wind. Die Stromversorgung in Deutschland soll also "grüner" werden. Im Jahr 2000 lag der Anteil der erneuerbaren Energien noch bei 6 Prozent, 2018 ist er bei 38 Prozent gelandet. Zum einen soll also die Energie aus Quellen kommen, die sich immer wieder aufladen. Man nennt das Nachhaltigkeit. Zum anderen sollen wir aber auch einfach weniger Energie verbrauchen.
Du erinnerst dich sicherlich an die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima 2011. Nach diesem Unglück waren die Menschen auch in Deutschland schockiert. Die Mehrheit wollte keine riskanten Kernkraftwerke mehr in der Nähe haben, denn so ein Unglück könnte auch hier passieren. Also wurde von der Politik festgelegt, dass Deutschland bis 2022 komplett aus der Atomkraft aussteigt.
Und schon sind wir bei einer Energieform, die in Deutschland heftig diskutiert wird: Die Kohlekraft. Vor allem im Westen Deutschlands spielt sie eine große Rolle. Viele Menschen arbeiten in dieser Industrie und haben Angst davor, ihre Jobs zu verlieren. Fast die Hälfte der Energie in Deutschland kommt nach wie vor aus Kohlekraftwerken. In diesen Kraftwerken wird Kohle verbrannt, um Strom zu erzeugen. Eine Katastrophe für den Umweltschutz. Deutschland hat den Kohleausstieg bis 2038 beschlossen.
Kommen wir zu den sogenannten erneuerbaren Energien. An Neujahr 2018 morgens gegen 6 Uhr wurde ein Rekord aufgestellt. Zum ersten Mal wurde der deutsche Stromverbrauch komplett durch erneuerbare Energien gedeckt. Zumindest rechnerisch. 85% konnte der Wind schaffen, der Rest Wasserkraft und Biomasse. In der Realität sieht es noch anders aus. Aber wir sind immerhin auf einem guten Weg. 2018 waren es 16,7 Prozent der Energie. Viele von uns versuchen, Strom zu sparen. Wir haben in unseren Wohnungen alte Glühbirnen durch LED-Lampen ersetzt. Wir versuchen beim Kauf neuer Geräte besonders stromsparende Modelle zu wählen. Auch bei der Wärmeerzeugung wird umgedacht. Neu gebaute Häuser haben immer öfter sogenannte Wärmepumpen, damit sie nicht mit Heizöl geheizt werden müssen. Unser Haus hat so eine Pumpe, und beim Nachbarn ist eine Anlage auf dem Dach, die das Wasser durch Sonnenstrahlung erwärmt - so haben wir im Sommer immer warmes Wasser und müssen dies nicht mit Strom erhitzen. Der Staat hat viele Anlagen gefördert, also sie für den Bürger billiger gemacht. So wird der Umweltschutz attraktiver.
Natürlich wird auch in Deutschland mit Sorge auf den weltweiten Klimawandel geschaut. Wir sind ein kleines Land, aber wir versuchen unseren Teil dazu beizutragen, dass es nicht noch schlimmer wird. Ich wundere mich immer ein wenig darüber: Zum einen ist die politische Partei "Die Grünen" in Deutschland so erfolgreich wie noch nie.
10/16/2019 • 12 minutes, 16 seconds
SG #190: Der Erste Weltkrieg – WW1
Der Erste Weltkrieg fand von 1914 bis 1918 statt. 17 Millionen Menschen starben in diesem Krieg. Wer kämpfte gegen wen? Es kämpften Deutschland, Österreich und weitere Staaten gegen Russland, Frankreich und Großbritannien.
Wie kam es zum Krieg? Darüber sind sich die Wissenschaftler bis heute nicht einig. Machen wir also eine Reise in die damalige Zeit. Es gibt wenige kleine Länder, sondern vor allem einige große Länder wie Frankreich und Großbritannien oder das Deutsche Reich. Diese Länder misstrauen sich. Jedes Land möchte noch mehr Macht haben. Es gibt kein friedliches Europa, sondern Einzelstaaten, die große Armeen haben und bewaffnet sind. Manche Staaten schließen sich zusammen. Sie sagen: Wenn das eine Land angegriffen wird, dann helfen wir und halten zusammen. Sie sind Verbündete. Frankreich und Großbritannien haben sich schon 1904 zusammengeschlossen. Auch Russland kam später dazu.
Titelblatt Sonntagsbeilage des Corriere della Sera vom 5. Juli 1914 - Attentat von Sarajevo
Am 28. Juni 1914 wurde dann ein österreichischer Prinz in Sarajevo erschossen. Es war der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand. Sarajevo war eine Stadt in Österreich-Ungarn - heute ist es die Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina. Getötet wurde der Prinz von einem serbischen Studenten. Hatte ihm sogar die serbische Regierung geholfen? Die Menschen waren wütend. Serbien begann, die Sache zu untersuchen - Österreich-Ungarn wollte eigene Polizisten nach Serbien schicken. Österreich-Ungarn erklärte Serbien den Krieg.
Hinter Österreich-Ungarn stand Deutschland. Hinter Serbien stand Russland. Deutschland erklärte am 1. August 1914 Russland den Krieg. Viele Länder kamen nach und nach dazu, sogar die heutige Türkei und die USA. Die geografische Lage von Deutschland war schlecht: An der Ostfront kämpften die Deutschen gegen Russland, an der Westfront gegen Frankreich und Großbritannien.
70 Millionen Soldaten kämpften in diesem Krieg. 10 Millionen von ihnen starben. Letztlich verloren Deutschland, Österreich und Ungarn. Am 11. November 1918 wurde der Waffenstillstand beschlossen. Es wurden Friedensverträge unterzeichnet. In diesen Verträgen stand auch, dass die Verlierer viel Geld zahlen mussten und Land an die Gewinner abgeben mussten. Nach dem verlorenen Krieg dankte Wilhelm II. ab - er war der letzte deutsche Kaiser. Es folgte die Weimarer Republik.
Vom Zweiten Weltkrieg haben wir viele Bilder gesehen. Wir können uns ungefähr vorstellen, wie die Soldaten damals aussahen und wie sie kämpften. Der Erste Weltkrieg ist aber natürlich viel länger her. Wie sah dieser Krieg aus? Gekämpft wurde vor allem an Land und auf dem Meer. Kriegsschiffe kämpften gegeneinander, die ersten U-Boote waren im Einsatz.
An Land wurde mit Maschinengewehren gekämpft. Um sich vor den Kugeln in Sicherheit zu bringen, wurden Schützengräben gegraben. Das waren tiefe Gräben, in denen sich die Soldaten verstecken konnten. Auch Giftgas und Panzer gab es damals schon.
Hier ein kleines Video, das alles zusammenfasst:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg190kurz.pdf
10/8/2019 • 5 minutes, 58 seconds
SG #189: Charité – das Berliner Krankenhaus
Es gibt ein Krankenhaus in Deutschland, das kennt jeder. Zumindest seinen Namen. Es heißt Charité. Aber warum ist dieses Krankenhaus so berühmt?
Die Charité, 1740 Nosocomium regium militare majus quod a charitate nomen habet = Das große königliche Militärhospital, das seinen Namen von der Barmherzigkeit hatCharité ist natürlich kein deutsches Wort, sondern französisch für "Nächstenliebe und Barmherzigkeit". Wir müssen jetzt in der Geschichte ganz weit zurückgehen. 1709 erkrankten viele Menschen an der Pest. Es herrschte große Angst, dass die Seuche sich ausbreiten würde. Der damalige König Friedrich I. beschloss also, dass es am Rand der Städte extra Häuser geben sollte, in denen diese Pestkranken im Notfall versorgt werden konnten. Er ließ Lazarette bauen. Ein Jahr später gab es dann dieses vorsorglich gebaute Haus für Berlin. Die Pest-Epidemie kam aber zum Glück nicht bis Berlin. Also wurde das Lazarett erst ein Armenhaus für Bettler, unehelich Schwangere und Prostituierte.
17 Jahre später war ein neuer König an der Macht, Friedrich Wilhelm I. Der hatte eine andere Idee für das Haus: Es sollte ein Krankenhaus für die Bürger werden. Auch der Name "Charité" kam von ihm. Sein Leibarzt wurde der Direktor. In den folgenden Jahren wurde das einstige Pesthaus immer mehr erweitert. So alt ist also die Charité schon! Kein Wunder, dass wir sie alle kennen.
An der Charité arbeiteten auch viele berühmte Mediziner und Forscher, zum Beispiel Robert Koch, Hermann von Helmholtz und Paul Ehrlich. Das Krankenhaus wurde international bekannt.
In der Nazi-Zeit wurden viele jüdische Mitarbeiter entlassen, im Zweiten Weltkrieg wurde auch die Charité teilweise zerstört. Nach dem Krieg und der Teilung Deutschlands fand sich das Krankenhaus in Ost-Berlin wieder, im Stadtbezirk Mitte. Heute ist Deutschland längst wiedervereint und damit ist auch die Charité eine Berliner Institution, auf die ganz Deutschland stolz ist. Denn hier werden nicht nur kranke Menschen gepflegt, sondern auch viele Forschungen betrieben.
Jetzt noch einige Zahlen. Im Jahr 2017 wurden fast 150.000 Patienten stationär hier behandelt, etwa 700.000 ambulant. Wisst Ihr, was das bedeutet? Stationär bedeutet, dass der Patient im Krankenhaus geblieben ist, er hat also auch in der Nacht dort geschlafen. Ambulant bedeutet, dass er nur für die Behandlung in die Klinik kam und danach wieder nach Hause gehen konnte. 2018 wurden übrigens 5644 Kinder hier geboren.
Klar, dass bei diesen Patientenzahlen viele Menschen hier arbeiten, oder? 14.500 Mitarbeiter hat die Charité und ist damit einer der größten Arbeitgeber in Berlin. Der Lehrspruch der Charité lautet "Forschen, Lehren, Heilen, Helfen". 7500 Studierende lernen hier etwas über Medizin.
Über das berühmte Berliner Krankenhaus wurden einige Dokumentationen gedreht (hier ein Beispiel), aber auch eine fiktive Fernsehserie. Die erste Staffel erschien 2017, sie spielt im Jahr 1880. Die zweite Staffel erschien 2018 und behandelt die Zeit des Nationalsozialismus. Zu sehen ist die Serie derzeit bei Netflix und YouTube. Mehr über die Dreharbeiten (Webspecial) findet Ihr zudem hier.
Hier der Trailer zur ersten Staffel der TV-Serie:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg189kurz.pdf
10/1/2019 • 6 minutes, 11 seconds
SG #188: Heinrich Hoffmann und sein Struwwelpeter
Habt Ihr schon einmal etwas vom Struwwelpeter gehört? Dieses Buch gehört zu den erfolgreichsten deutschen Kinderbüchern und wurde in viele Sprachen übersetzt. Mark Twain hat das Buch beispielsweise ins Englische übersetzt ( Titel: Slovenly Peter). Der Struwwelpeter ist die Titelfigur des 1845 veröffentlichten Buches von Heinrich Hoffmann. Er war Arzt, Psychiater und Zeichner. Das Bilderbuch "Der Struwwelpeter" enthält Geschichten über unvorsichtige oder ungehorsame Kinder, die durch ihren Leichtsinn Schaden erleiden.
Wie kam nun Heinrich Hoffmann auf die Idee, dieses Buch zu schreiben? Im Dezember 1844 war sein Sohn Carl drei Jahre alt. Sein Vater wollte ihm ein Bilderbuch zu Weihnachten schenken, fand aber keines, das ihm gefiel. Er kaufte sich kurzerhand ein Schreibheft und beschloss, selber ein Kinderbuch zu basteln. Da er ein begabter Zeichner und Schriftsteller war kam dabei ein Buch heraus, das seinem Kind gut gefiel, und später auch dem gesamten Bekanntenkreis. Hoffmann wurde von vielen dazu aufgefordert, das Buch drucken zu lassen, und zu veröffentlichen. Und genau das tat er.
Bei der Veröffentlichung hieß das Buch noch "Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3–6 Jahren" und der Autor verwendete das Pseudonym Reimerich Kinderlieb. Jetzt seid Ihr bestimmt neugierig geworden, welche Geschichten in dem Buch stehen. Die Titelgeschichte ist die kürzeste. Der Struwwelpeter wehrt sich gegen Schere und Kamm. Deshalb hat er lange, ungepflegte ("struwwelige") Haare und sehr lange Fingernägel. Er ist eine sehr ungepflegte, garstige Erscheinung, mit der niemand etwas zu tun haben will.
Es gibt auch die Geschichte des Tierquälers Friedrich. „Der Friederich, der Friederich der war ein arger Wüterich!“ Er quälte Tiere zu seinem Vergnügen, bis er an einen großen Hund geriet: „Da biss der Hund ihn in das Bein, Recht tief, bis in das Blut hinein.“
Die Moral von dieser Geschichte - also das, was man daraus lernen kann: Quäle keine Tiere!
Im Buch wird auch deutlich gegen Rassismus Stellung bezogen: Ein schwarzes Kind, ein "Mohr", wird von drei Kindern verspottet. Die Kinder werden ermahnt, das bleiben zu lassen. Sie gehorchen nicht und werden daraufhin in ein Tintenfass gesteckt, und sind hinterher noch "viel schwärzer als das Mohrenkind."
Eine weitere Geschichte: Der Zappel-Philipp, der auch im Buch beschrieben wird, gilt als erstes Beispiel eines Kindes mit ADHS, also mit der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Er zappelt am Tisch herum und zieht dabei die Tischdecke mitsamt des Essens herunter. Die Eltern sind daraufhin wütend, weil sie nichts mehr zu essen haben.
Als es in den 1970er Jahren zu großen Veränderungen bei der Kindererziehung kam, wurde der Struwwelpeter kritischer gesehen als zuvor. Es wurde kritisiert, dass mit den Kindern schlimme Dinge passieren. Beispielsweise wurde dem Jungen, der ständig den Daumen in den Mund steckte, der Daumen mit einer Schere abgeschnitten. So wie dem Daumenlutscher geht es vielen Kindern im Buch - viele von ihnen kommen zu Schaden. Der Suppenkasper stirbt, weil er nichts mehr essen will, der fliegende Robert geht bei einem Sturm mit einem Schirm ins Freie und wird vom Wind davongetragen und ward nicht mehr gesehen und Paulinchen verbrennt, weil sie mit Streichhölzern spielt. Der Struwwelpeter wurde also der "schwarzen Pädagogik" zugerechnet, die mit empfindlichen Strafen und Gewalt arbeitet, und bei der die Kinder gebändigt und gekränkt werden. Ein beliebter Satz der schwarzen Pädagogik war: "Wer nicht hören will, muss fühlen."
Heinrich Hoffmann tut man aber damit unrecht. Er war ein Menschenfreund und liebevoller Vater. Die einzelnen Geschichten werden bewusst übertrieben dargestellt. Vergleichbar sind sie eher mit den klassischen Märchen, die man sich heute noch erzählt. In manchen Zeichentrickfilmen für Kinder geht es weitaus gewalttätiger zu.
Was meint Ihr zum Struwwelpeter? Sollte man ihn Kindern auch heute noch vorlesen,
9/24/2019 • 7 minutes, 20 seconds
SG #187: Der Kindergarten
Dieses deutsche Wort kennst du, oder? Kindergarten. Wir verwenden es alle, aber ich habe erst jetzt darüber nachgedacht, was es eigentlich bedeutet. Sind die Kinder im Garten? Oder pflanzen wir dort Kinder an? Sehen wir Kindern beim Wachsen zu, so wie wir es mit Blumen im Garten tun? Den Begriff Kindergarten gibt es seit 1840. Damals hat ihn Friedrich Fröbel erfunden, er war ein deutscher Pädagoge und der Gründer des ersten Kindergartens.
Heute gibt es sehr viele Kindergärten und Kinderbetreuungs-Einrichtungen in Deutschland. Genauer gesagt über 55.000. Fast 94% der Kinder zwischen drei und fünf Jahren gehen in einen Kindergarten. Die jüngeren Kinder gehen in eine Krippe. Wenn in der Einrichtung Krippe und Kindergarten zusammengefasst sind, nennt man das KiTa, Kindertagesstätte. Aber dazu mehr in der Episode über Kinderbetreuung.
Im Kindergarten werden die Kinder von Erziehern betreut. Das heißt, dass dort nicht nur auf sie aufgepasst wird - der Kindergarten ist eine Bildungseinrichtung für kleine Kinder. Hier lernen sie zum Beispiel, was die Jahreszeiten bedeuten, wie man in einer Gruppe miteinander umgeht oder welche Feste es in unserer Kultur gibt.
Entstanden sind die Kindergärten aus einer großen Veränderung in der Geschichte. Zunächst lebten die meisten Deutschen als Bauern auf dem Land. Sie lebten in einer Großfamilie, also mit mehreren Generationen zusammen. Dann kam die industrielle Revolution. Auch Frauen arbeiteten oft in Fabriken, die Menschen zogen in die Städte. Um die Kinder kümmerte sich niemand mehr, viele von ihnen verwahrlosten. Daher gab es einige Pädagogen, die das verhindern wollten. Es entstanden immer mehr Einrichtungen, in denen man sich um die Kinder kümmerte.
Die Nazis fanden Kindergärten toll - denn hier konnte man die Kinder so heranziehen, wie man es im System brauchte. Starke, gehorsame Jungs, die gute Soldaten werden sollten, und brave Mädchen, die später fleißige Mütter sein sollten um für Nachwuchs zu sorgen. Nach dem Krieg wurde Deutschland geteilt - und auch die Kinderbetreuung veränderte sich in Ost und West. Im Westen versuchte man, die Kinder zu freien Persönlichkeiten zu erziehen. Im Osten war wichtig, dass die Kinder lernten, im sozialistischen System zu leben.
Heute gehen wie gesagt fast alle Kinder in Deutschland in den Kindergarten. Es gibt Kindergärten, die von der Stadt oder Gemeinde betrieben werden, also bezahlt werden. Es gibt Kindergärten, die von der evangelischen oder katholischen Kirche finanziert werden. Und es gibt so genannte Elterninitiativen - hier schließen sich Eltern zusammen, um die Betreuung ihrer Kinder zu gewährleisten. Es gibt Kindergärten, die sich nach den Ideen von Maria Montessori richten oder nach denen von Emmi Pikler oder Friedrich Fröbel. Es gibt auch Waldkindergärten - dort sind die Kinder nicht in einem Haus untergebracht, sondern meistens draußen in der Natur. Und es gibt natürlich auch Kindergärten, die von Firmen betrieben werden - und in denen die Kinder gleich eine Fremdsprache lernen oder Yoga.
Ganz unterschiedlich sind daher auch die Kosten für einen Kindergartenplatz: In manchen Gemeinden ist die Betreuung umsonst, in anderen und vor allem in privaten Kindergärten kann sie viele hundert Euro im Monat kosten.
Seit 2013 gibt es in Deutschland einen Rechtsanspruch auf einen Kindergarten- oder Krippenplatz vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung. Das heißt dass eigentlich alle Kinder betreut werden sollten, wenn die Eltern es wünschen. Vor allem in Großstädten funktioniert das leider nicht: es gibt zu wenig Räume und zu wenig Personal für neue Kindergärten.
Wer sein Kind in den Kindergarten bringen möchte, der muss also erst versuchen, einen Platz zu bekommen. Das ist in Großstädten oft damit verbunden, dass man wie für einen Job zu verschiedenen Bewerbungsgesprächen gehen muss. Hat man dann einen Platz bekommen, gibt es eine Zeit der Eingewöhnung. Hier begleitet ein Elternteil das Kind in den ersten Tagen oder Wochen - ...
9/17/2019 • 8 minutes, 55 seconds
SG #186: Sucht und Abhängigkeit
Wie sieht es eigentlich in Deutschland mit der Sucht aus? Eine Sucht nennt man umgangssprachlich eine Abhängigkeit von etwas. Wenn ich süchtig bin, möchte ich etwas bestimmtes immer wieder unbedingt haben und kann nicht mehr an etwas anderes denken. Oft führt die Sucht dazu, dass ich immer mehr von dem haben möchte, wovon ich abhängig bin.
Jetzt aber zu Deutschland. Ich habe aktuelle Zahlen für dich gesucht. Deutschland hat momentan fast 83 Millionen Einwohner. 12 Millionen davon rauchen. 1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig. Außerdem schätzt man, dass 2,3 Millionen Menschen in Deutschland von Medikamenten abhängig sind. 600.000 nehmen zu viele Drogen - wobei dazu auch Cannabis gezählt wird. Und immerhin eine halbe Million Menschen in Deutschland ist süchtig nach Glücksspielen. Die neueste Sucht ist die Internetsucht - es wird vermutet, dass in Deutschland etwa 560.000 Menschen onlineabhängig sind.
Das Bundesministerium für Gesundheit sagt: 120.000 Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr an den Folgen des Rauchens. Es wurde viel unternommen, um die Menschen vom Rauchen abzuhalten. Seit 2007 darf man in öffentlichen Gebäuden nicht mehr rauchen, also auch nicht in Restaurants. Viele Arten von Zigarettenwerbung sind verboten. Und auf jeder Zigarettenschachtel gibt es Bilder, die abschrecken sollen. Beispielsweise von amputierten Beinen oder einer schwarzen Lunge. Die Zukunft sieht gut aus: Immer weniger Jugendliche rauchen. 2001 waren es noch 27 Prozent, heute sind es 7 Prozent. Rauchen ist nicht mehr so cool wie früher. Und das Handy hat dafür gesorgt, dass man in nervösen Situationen etwas in der Hand halten kann, das kein Nikotin enthält.
Und Alkohol? 9,5 Millionen Menschen in Deutschland trinken zu viel Alkohol. Alkohol gilt in der Gesellschaft als positiv. Man denkt an das „Feierabendbier“, also eine Art Belohnung nach der Arbeit. In Bayern gilt das Zusammensitzen bei einem Bier als „gemütlich“. Wein wird ebenso als Genuss gesehen. Alkohol kann in jedem Supermarkt gekauft werden, wenn man alt genug dazu ist. Das heißt: Ab 16 Jahren dürfen Teenager in Deutschland Bier, Wein oder Sekt kaufen und trinken. Getränke mit mehr Alkohol, also Whisky oder Wodka, dürfen ab 18 Jahren gekauft und getrunken werden. Mit 18 Jahren ist man in Deutschland volljährig. Eine Ausnahme gibt es übrigens: Wenn die Eltern dabei sind, dürfen auch Jugendliche ab 14 schon Bier, Wein oder Sekt trinken. Für Fahranfänger gilt übrigens ein absolutes Alkoholverbot am Steuer. Erfahrene Fahrer dürfen bis 0,5 Promille im Blut haben.
Immer mehr Menschen sind in Deutschland auch vom Internet abhängig. Während die Frauen eher in sozialen Netzwerken zu finden sind, begeistern sich die Männer eher für Online-Computerspiele. Für diese Sucht gibt es Beratungsstellen - wie für alle anderen Suchtprobleme auch. Wenn ich zugeben kann, dass ich Probleme in einem dieser Bereiche habe, kann ich entweder anonym bei einer Hilfestelle anrufen oder zu Treffen gehen. Es gibt Therapiemöglichkeiten und Informationsmaterialien. Übrigens nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Angehörigen - denn die leiden meistens genauso unter der Sucht wie die Abhängigen. Seit 1968 ist die Alkoholabhängigkeit als Krankheit anerkannt. Das bedeutet, dass die Krankenkasse die Kosten für die Behandlung übernimmt.
In der Umgangssprache wird das Wort „Sucht“ übrigens ziemlich oft verwendet. Ich kann zum Beispiel „süchtig nach Schokolade“ sein, wenn ich einfach besondere Lust darauf habe.
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9/10/2019 • 7 minutes, 21 seconds
SG #185: Alexander von Humboldt
Ich war vor kurzem in Berlin. Dort fiel mir auf, dass überall der Name „Humboldt“ auftaucht. Es gibt die Humboldt-Universität, das Humboldt Forum, ein Humboldt-Denkmal und natürlich auch eine Humboldt-Straße. Wer steckt hinter diesem Namen? Es ist ein Herr namens Alexander von Humboldt, der in diesem Jahr seinen 250. Geburtstag feiert und ein deutscher Naturforscher war.
Ich erzähle dir etwas von seinem Leben. Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt wurde am 14. September 1769 in Berlin geboren. Er hatte einen zwei Jahre älteren Bruder namens Wilhelm. Sie lebten auf einem Schloss und waren adelig.
Alexander beschäftigte sich als Kind gerne mit Insekten, Steinen und Pflanzen. Er zeichnete gerne. Beide Brüder landeten nach einigen Umwegen in Göttingen, um dort zu studieren. Alexander studierte Staatswirtschaft, besuchte Vorlesungen in Physik, Medizin und anderen Fächern. Dann wurde er Bergwerks-Experte.
1799 folgte die erste Forschungsreise, und zwar nach England und zurück über Paris. Als die Mutter starb, erbten die Söhne genug um finanziell unabhängig zu sein. Alexander wollte reisen und forschen. Er ging nach Paris und später nach Spanien - und dann bekam er die Chance mit einem Botaniker zusammen fünf Jahre lang durch Süd- und Mittelamerika zu reisen.
Unterwegs sammelten sie unzählige Daten und Proben. Alexander interessierte sich eigentlich für alles. Für Vulkane und Landkarten, Magnetismus und Botanik, Zoologie und Ethnologie, Wirtschaft und Bergbau bis Meteorologie und Meereskunde. Er war das, was wir heute ein Universalgenie nennen. Er wollte verstehen, wie alle Dinge zusammenhängen. Deswegen schrieb er auch lange an seinem Lebenswerk, dem „Kosmos“, in dem er das gesamte Wissen der Welt aufschreiben wollte.
Nach der großen Amerika-Reise schrieb er ein mehr als 30-bändiges Werk über seine Erlebnisse. Seine zweite große Expedition brachte ihn nach Russland, da war er aber schon 60 Jahre alt.
Der Forscher war durchaus ein politischer Mensch. Er kritisierte die Sklaverei. Er war für die Gleichheit aller Menschen. Ihm waren die Menschenrechte wichtig. Wilhelm und Alexander lernten übrigens Goethe und Schiller kennen - nur damit du dir vorstellen kannst, zu welcher Zeit sie lebten. Alexander starb am 6. Mai 1859, er wurde also 89 Jahre alt.
Heute ist der Name Humboldt überall zu finden. Eine Pinguinart wurde nach ihm benannt, ein Kaktus, ein Segelschiff, ein Berg, ein Fluss, eine Bucht, viele Schulen, ein Gletscher, ein Nationalpark, zwei Asteroiden, ein Mondkrater, ein Schnellzug und noch viele andere Dinge.
Es gibt zwei Bücher, die ich dir zum Thema empfehlen kann. Das eine ist 2005 erschienen. Der Autor ist Daniel Kehlmann. Der Roman heißt „Die Vermessung der Welt“. Darin hat Daniel Kehlmann Humboldt und den Mathematiker Carl Friedrich Gauß zusammengebracht. Es war lange ein Bestseller. Ebenso ein Bestseller ist „Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur“ von Andrea Wulf. In diesem Buch wird gezeigt, dass der große Naturforscher ein ganz neues Denken propagierte - und die Natur in den Mittelpunkt stellte.
Es gibt übrigens einen interessanten Humboldt-Twitter-Account: @AvHChrono.
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8/14/2019 • 5 minutes, 50 seconds
SG #184: Das Gasthaus und die Gaststätte
In Deutschland gibt es viele Gasthäuser. Man nennt sie auch Gasthof. Beide Wörter bedeuten aber das Gleiche: Ein Gasthaus ist ein Gebäude, in dem Menschen schlafen können - gegen Geld. Es ist also kein normales Wohnhaus, sondern so etwas wie ein Hotel. Früher gab es die Unterscheidung beider Wörter: Der Gasthof war so etwas wie ein Bauernhof, der Gäste aufnahm. Hier konnten auch Kutschenpferde unterkommen. Das Gasthaus war ein normales Haus.
Der Unterschied zwischen Gasthaus und Hotel ist schnell erklärt: Gasthäuser gibt es schon viel länger als Hotels. Sie entstanden zum Beispiel entlang der Strecken, auf denen die Postkutsche unterwegs war. Unterwegs konnte der Kutscher hier übernachten und die Pferde austauschen oder pausieren lassen. In vielen kleinen Gemeinden auf dem Land gibt es ein Gasthaus, es liegt meist an der Straße und heißt dann zum Beispiel "Zur Post", weil die Gasthäuser eben aus der Zeit der Postkutschen stammen. In Städten sind sie seltener zu finden. Außerdem sind Gasthäuser lange nicht so luxuriös und komfortabel wie manche Hotels. Gasthäuser sind im ursprünglichen Sinn eher schlicht und bieten weniger Service. Aber natürlich vermischt sich das in unserer Zeit alles sehr.
Gasthäuser sind in zwei Bereiche aufgeteilt. Es gibt einen Bereich, in dem gegessen und getrunken wird, das ist die Gaststätte. Und dann gibt es noch die Schlafzimmer für die Gäste. Oft steht an der Fassade dieser Gasthäuser groß das Wort "Fremdenzimmer" - das ist etwas veraltet, und es klingt nicht sehr einladend, oder?
Gaststätten bieten nicht nur ihren Übernachtungsgästen Essen und Getränke an, sondern auch anderen Besuchern. Hier gibt es meist traditionelles Essen aus der Region. Man wird also eher keine Pizza oder indisches Essen in einer Gaststätte finden. Die Einrichtung ist meistens eher rustikal. Aber natürlich gibt es auch modern eingerichtete Gaststätten. In Bayern haben Gaststätten oft einen Kachelofen, also einen großen Ofen, der mit Kacheln verkleidet ist. Außen am Kachelofen ist eine Bank, auf die man sich setzen kann. Denn die Kacheln speichern Wärme und im Winter ist es sehr angenehm, hier zu sitzen.
In kleineren Gemeinden sind die Gasthäuser oft auch Treffpunkt für die Bevölkerung. Hier sitzen die älteren Herren am Stammtisch - das ist ein Tisch, der extra für die Gäste reserviert ist, die regelmäßig kommen. Und es gibt oft einen kleinen Nebenraum oder einen Bereich, in dem sich zum Beispiel Vereine treffen können, wenn sie Veranstaltungen abhalten. Wenn sie also zum Beispiel einen neuen Vorstand wählen möchten. Die Gasthäuser sind meist im Zentrum zu finden, also entweder an der wichtigsten Straße des Ortes oder in der Nähe des Rathauses, in Bayern auch meistens in der Nähe des Maibaums.
Wo steht nun das älteste Gasthaus der Welt? Darüber sind sich nicht alle einig. Manche sagen, es ist die Gaststätte Röhrl bei Regensburg, denn sie steht im Guinness-Buch der Rekorde als seit 1658 durchgehend geöffnet. Aber auch die Gaststätte "Zum Riesen" in Miltenberg, "Zum roten Bären" in Freiburg und die "Herberge zum Löwen" am Schönberg möchten das älteste Gasthaus Deutschlands sein - und auch der Stiftskeller in Salzburg. Letztlich ist es ja egal, welches Gasthaus das älteste ist - wichtig ist, dass man sich dort als Besucher wohlfühlt, oder? Das bekannteste Gasthaus der Welt ist wahrscheinlich das Hofbräuhaus in München.
Wart Ihr schon einmal in einem typisch deutschen Gasthaus? Wie hat es Euch gefallen? Schreibt gerne in die Kommentarfunktion!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg184kurz.pdf
7/22/2019 • 7 minutes, 5 seconds
SG #183: Die Stasi
Hast Du schonmal von der Stasi gehört? Stasi ist eine Abkürzung. Eigentlich steckt dahinter der Staats-Sicherheitsdienst, oder noch genauer das Ministerium für Staatssicherheit. Die Stasi gibt es heute nicht mehr. Sie war der Geheimdienst und die Geheimpolizei der DDR.
Gegründet wurde das Ministerium 1950, also wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und ein Jahr nach Gründung der DDR. Als Geheimdienst versuchte die Stasi herauszufinden, ob das Ausland der DDR gefährlich werden könnte. Als Geheimpolizei arbeitete die Stasi im eigenen Land. Sie überwachte die Bürger der DDR. Sie kontrollierte die eigenen Bürger. 100.000 Menschen arbeiteten für die Stasi. Aber das waren nur die offiziellen Mitarbeiter. Dazu kamen noch einmal doppelt so viele inoffizielle Mitarbeiter, kurz IMs genannt. Sie waren Spitzel. Wenn du damals in der DDR gelebt hättest, dann hätte dein bester Freund, dein Arbeitskollege, dein Chef, dein Lehrer oder dein Nachbar ein IM sein können. Wenn du etwas getan hättest, das gegen die Regeln war, dann hätte dieser IM dich gemeldet. Und du hättest Ärger bekommen. Menschen wurden verhaftet und ins Gefängnis gesperrt. Es gab Entführungen und körperliche Gewalt.
Die IMs schrieben Berichte und gaben diese weiter. Sehr eindrucksvoll gezeigt wird das im Film "Das Leben der Anderen". Menschen wurden abgehört und beobachtet und sie wurden eingeschüchtert. Dahinter steckte die SED, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, die 40 Jahre lang in der DDR regierte. Es gab keine freien, demokratischen Wahlen. Die SED kontrollierte die Stasi. Und diese kämpfte gegen die "Feinde des Sozialismus".
Stasi-Akten / Bild: BStU
Verboten war damals vieles. Es durfte beispielsweise kein Westfernsehen geschaut werden. Es durfte auch keine Musik aus dem Westen gehört werden. Kritik am eigenen System war verboten. Eine freie Presse gab es nicht. Als die Mauer fiel und die DDR nicht länger existierte, hörte auch die Stasi auf zu arbeiten. Es gibt aber ein Amt, in dem weiterhin alle noch vorhandenen Akten aufgehoben werden. Das sind mehr als 111 Kilometer Papier und mehr als 1,4 Millionen Fotos. Da viele Akten zerstört wurden, sind neun Menschen damit beschäftigt, diese wie ein großes Puzzle wieder zu rekonstruieren.
Unter bestimmten Umständen können Menschen die Stasi-Akten einsehen, wenn sie selbst darin vorkommen. Ich kann also lesen, was über mich geschrieben wurde. Zwei Millionen Menschen haben das seit 1992 getan. Die Akten zu lesen kann aber schrecklich sein, denn dann erfährt man vielleicht, dass Menschen, denen man vertraut hat, eigentlich Stasi-Spitzel waren. Vielleicht der nette Nachbar, vielleicht aber auch die eigene Ehefrau.
Fotos: BStU
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5/16/2019 • 5 minutes, 27 seconds
SG #182: Deutsche Berge und Gebirge
Ich wohne in München. München liegt im Süden von Deutschland. Wenn ich von hier aus eine Stunde mit dem Auto fahre, bin ich mitten in den Bergen. Genauer gesagt in den Alpen. Die Alpen sind ein sehr hohes Gebirge. Es gibt kein Gebirge in Europa, das höher ist. Ein Gebirge ist eine Landschaft mit vielen Bergen. Berge sind sehr hoch. Niedrigere Erhebungen nennt man Hügel. Unterhalb der hohen Berge befinden sich oft Täler. Ein Tal ist ein tiefer liegendes Gelände zwischen Bergen oder Hügeln.
Die Alpen sind 1200 Kilometer lang und 150 bis 250 Kilometer breit. Wer von München aus nach Süden fährt, kommt erst in die deutschen Alpen, dann in die österreichischen Alpen und schließlich sogar nach Italien. Und das sind nur drei der acht Länder, durch die diese Bergkette führt.
Aber bleiben wir bei den deutschen Bergen. Berge haben Gipfel. Ein Gipfel ist der höchste Punkt des Berges. Auf dem Gipfel steht fast immer ein Gipfelkreuz, also ein hohes Holzkreuz, das den höchsten Punkt des Berges markiert. Deutschlands höchster Berg ist die Zugspitze. Sie ist 2962 Meter hoch. Man kann mit einer Bahn bis nach oben und natürlich auch wieder nach unten fahren. Das kostet für eine Familie mit einem Kind 121 Euro. Oben ist es kalt, man muss also unbedingt eine warme Jacke mitnehmen. Die Zugspitze ist ein Berg, der genau auf der Grenze zwischen Österreich und Deutschland liegt. Der höchste Berg, der ganz in Deutschland liegt, ist der Watzmann. Er ist 2713 Meter hoch.
Hier könnt Ihr kurz mit der Bahn auf die Zugspitze fahren:
Die höchsten Berge Deutschlands sind alle am südlichen Rand von Bayern gelegen, also dort wo die Grenze zwischen Deutschland und Österreich verläuft. Die Gipfel haben teilweise lustige Namen. Zum Beispiel Biberkopf, Großer Hundstod oder Hochvogel. Wer gerne in die Berge geht und sie aus sportlichem Interesse besteigt, der ist ein Bergsteiger. Ein Bergsteiger hat viel Erfahrung und muss auf dem Berg auch klettern oder manchmal gefährliche Wege gehen. Wer lieber nur zu Fuß und ohne Gefahr in den Bergen spazieren geht, der ist ein Bergwanderer.
Manche Gebirge haben eine Hochebene. Das heißt, dass hoch oben auf dem Berg ein Bereich ist, auf dem man in der Ebene spazieren gehen kann. Es geht also nicht bergauf und nicht bergab. Besonders schön finde ich auch Gratwanderungen. Da spaziert man hoch oben eine Kante entlang. Und das Beste an den Alpen sind ihre Hütten. Es gibt viele Holzhäuser in den Alpen. Hier kann ich zum Beispiel ein Bier oder eine Limo trinken und mich vom Aufstieg erholen. Ich kann einen Kaiserschmarrn oder Würstchen essen und mich stärken. Es gibt auch Hütten, auf denen ich die Nacht verbringen kann. Zum Beispiel in einem Matratzenlager. Das ist ein großer Raum, in dem viele Menschen auf einmal schlafen können. Diese Hütten sind wichtig, weil das Wetter in den Bergen oft sehr schnell wechseln kann. Man sagt dann, das Wetter schlägt um. Es kann sein, dass ein Sturm aufzieht, ein Gewitter. Dann suchen die Wanderer und Bergsteiger Schutz in einer Hütte und warten, bis sich das Wetter beruhigt hat.
Die Alpen sind aber nicht die einzigen Gebirge in Deutschland. Die deutschen Mittelgebirge sind der Harz, das Erzgebirge, das Fichtelgebirge, der Hunsrück und der Bayerische Wald. Wer sich eine Karte von Deutschland ansieht, dem wird auffallen, dass die unteren zwei Drittel, also im Süden, gebirgig sind. Das nördliche Drittel Deutschlands ist eher flach.
Noch ein paar Sätze zu den Bergsteigern in Deutschland. Die Zugspitze wurde 1820 zum ersten Mal bestiegen, der Watzmann sogar schon 1799. Der bekannteste Bergsteiger in Europa ist Reinhold Messner. Er stammt aus Südtirol. Er war der erste Mensch, der alle 14 Berge, die über 8000 Meter hoch sind, bestiegen hat - ohne zusätzlichen Sauerstoff. Den Namen Luis Trenker kennt hier auch fast jeder. Trenker stammte aus Österreich und drehte viele schöne Filme über die Alpen. Er ist 1990 verstorben. Noch zwei Namen: Thomas und Alexander Huber sind Extremkle...
4/15/2019 • 7 minutes, 47 seconds
SG #181: Die deutsche Sprache – Geschichte der Sprache
Mehr als 100 Millionen Menschen sprechen die deutsche Sprache. Vor allem in Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein. Aber auch in Teilen von Belgien, Luxemburg, Dänemark und Italien wird deutsch gesprochen. Aber wie ist diese Sprache eigentlich entstanden?
Reisen wir also in die Vergangenheit. Sprachforscher haben herausgefunden, dass viele Sprachen in Europa und Asien einen gemeinsamen Ursprung haben. Sie nannten diese Sprachen deswegen indogermanische Sprachen. Dazu gehörte auch die ursprüngliche Sprache, die im heutigen Deutschland gesprochen wurde. Die verschiedenen Sprachen entwickelten sich natürlich immer weiter. Aber das dauerte sehr lange. Man schätzt, dass es sogar ein bis zwei Jahrtausende dauerte, bis sich die germanische Sprache aus dem Indogermanischen entwickelte.
Wir müssen uns das alles aber so vorstellen: Die Welt war damals überhaupt nicht dicht besiedelt. Es lebte hier ein Grüppchen Menschen, dann kam lange nichts, also nur Wiesen und Wälder, und dann viele Kilometer entfernt lebte wieder ein Grüppchen Menschen. Die verschiedenen Völker und Stämme blieben also unter sich. Sie vermischten sich nicht. Sie trafen sich so gut wie nie. Es wurde natürlich wenig gereist. Wenn man doch reiste, dann zu Fuß - und nicht besonders weit. Wozu auch? Die Menschen hatten in dieser Zeit wenig Gründe, zu reisen. Jeder germanische Stamm sprach daher seine eigene Stammessprache. Sie hatte sich über Jahrhunderte entwickelt und verändert. Die Sprache hatte außerdem damals keine festgelegten Regeln wie heute.
Doch dann änderten sich die Zeiten. Und immer wenn sich die Geschichte änderte, sich also das Leben der Menschen merklich veränderte, änderte sich natürlich auch die Sprache. Es gab zum Beispiel Völkerwanderungen, die Menschen legten jetzt große Strecken zurück - und sie nahmen ihre Sprache natürlich mit auf die Reise. Dann gab es noch andere Einflüsse für jede Sprache - zum Beispiel kamen die Römer in das Gebiet, das heute Deutschland ist. Also übernahmen die Germanen viele lateinische Wörter von ihnen.
Nach dem Zerfall des Römischen Reiches wurde alles wieder anders. Die germanischen Stämme wurden christianisiert. Die christliche Kirche hatte danach einen großen Einfluss auf die Menschen. Die gemeinsame Volkssprache wurde wichtiger, damit man sich auch verständigen konnte. Also wurde aus vielen kleinen Sprachen in einer Region sozusagen eine größere Sprache, genannt Dialekt.
Und jetzt sind wir auch schon in der Zeit, in der das Wort "deutsch" zum ersten Mal geschrieben auftaucht. Im Jahr 786 ist es soweit. Die älteste schriftlich überlieferte Sprachform des Deutschen nennt man Althochdeutsch. Es wurde zwischen 750 und 1050 verwendet. Wir würden heute nichts davon verstehen, es war eine komplett andere Sprache. Und Ihr als Deutschlernende werdet Euch wahrscheinlich ärgern, dass es das Althochdeutsche jemals gab. Denn in dieser Zeit erschienen plötzlich die Artikel, die es vorher noch nicht gegeben hatte. Deswegen müsst Ihr Euch heute also mit "der", "die" und "das" herumärgern. Auch das System der Zeiten hatte sich geändert, die Grammatik wurde insgesamt etwas komplizierter.
In der Sprachgeschichte wird oft das Wort "Lautverschiebung" verwendet. Das ist recht kompliziert, und wir müssen hier nicht lange darauf eingehen. Es bedeutet aber letztlich, dass sich die Aussprache stark verändert hat und bestimmte Buchstaben anders ausgesprochen wurden als vorher. So klang die Sprache nach der Lautverschiebung völlig anders. Gegenden, in denen die Lautverschiebung nicht stattfand, sprachen weiter so wie vorher. Und so entwickelten sich verschiedene Sprachgruppen voneinander weg. Deswegen können wir hier in Deutschland heute die Niederländer nicht wirklich verstehen - obwohl die Sprachen den gleichen Ursprung hatten.
Von 1050 bis 1350 gab es dann im Mittelalter das Mittelhochdeutsch. Es wurde in dieser Zeit auch immer mehr geschrieben und nicht nur gesprochen,
3/18/2019 • 12 minutes, 11 seconds
SG #180: Kurorte und auf Kur gehen
Habt Ihr schon einmal etwas von Kur gehört? Bei einer Kur geht es um die Gesundheit.
Im Jahr 2000 gab es eine große Gesundheitsreform in Deutschland. Seitdem gibt es das Wort "Kur" eigentlich nicht mehr im medizinischen Gebrauch - aber wir sprechen alle trotzdem noch davon. Eine Kur kann ich zur Vorsorge machen. Wenn es also darum geht, meine Gesundheit zu erhalten. Also vorzusorgen, dass ich gar nicht erst schlimmer krank werde. So eine Kur dauert in der Regel rund drei Wochen.
Wenn ich eine Operation hatte oder einen Unfall, dann kann ich auch auf eine Kur gehen, das nennt sich dann aber Rehabilitation oder kurz Reha. Hier bin ich so lange, bis es mir wieder körperlich besser geht. Dafür sorgen Ärzte, aber auch spezielles Personal, das mit mir beispielsweise Sportübungen macht.
So eine Kur machen die Menschen vor allem in Kurorten. Das sind Orte, die zum Beispiel eigene Quellen mit Thermalwasser oder durch das Meer gereinigte Luft haben. Dadurch geht es den Menschen dann besser als zum Beispiel in einer stinkigen Stadt.
Manche Deutsche fahren auch ins Ausland, zum Beispiel in Kurorte in Tschechien, Polen, Ungarn oder Italien. Wer unter Allergien oder Asthma leidet, für den ist zum Beispiel das Klima im Gebirge sehr gut geeignet. Oder auch am Meer. Dafür gibt es sogenannte Luftkurorte. Hier ist die Luft also so gut, dass das medizinisch gut für die Menschen ist. Das muss nachweisbar sein.
Bad Schönborn / Foto: Albert Braun
In Deutschland gibt es viele kleine Städte und Gemeinden, die sogar das "Bad" im Namen tragen. Zum Beispiel Bad Wörishofen, Bad Pyrmont oder Bad Kissingen. In solchen Orten gibt es zum Beispiel wenig Verkehr, damit die Menschen nicht gestört werden. Die Kurorte haben eine lange Geschichte. Viele reiche Menschen fuhren hier hin, um sich etwas Gutes zu tun. Dadurch wurden die Kurorte selber sehr reich - und das sieht man auch. In den meisten Kurorten stehen wunderschöne alte Gebäude.
Vor rund hundert Jahren war es vor allem für Soldaten wichtig, wieder gesund zu werden: Viele von ihnen kamen nach dem Ersten Weltkrieg in einen Kurort, um nach der dortigen Behandlung wieder ein normales Leben beginnen zu können. Das Wort "Kur" kommt aus dem Lateinischen, denn das Wort "cura" heißt dort Sorge und Fürsorge. In der Kur sorgt man sich also um kranke Menschen.
In solchen Orten gibt es dann Kurhotels, in denen die Menschen leben. Sie haben dann einen festen Plan, wann sie zum Beispiel zu bestimmten Behandlungen gehen.
Eine besondere Form der Kur ist die Mutter-Kind-Kur (die es natürlich auch für Väter gibt). Hier können sich Mütter oder Väter gesundheitlich helfen lassen, während die Kinder zwar mitgereist sind, aber vor Ort versorgt werden. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse. Warum sie das tut? Weil es darum geht, die Mütter und Väter so zu stärken, dass sie wieder arbeiten und Geld verdienen können. Eltern lernen bei ihrem Aufenthalt, wie sie mit Stress besser umgehen können.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg180kurz.pdf
3/1/2019 • 5 minutes, 31 seconds
SG #179: Die Berlinale, das deutsche Filmfestival
Die Berlinale findet gerade statt, und darüber muss ich Euch etwas erzählen! Eigentlich ist der ganze Name des Festivals "Internationale Filmfestspiele Berlin". Und es ist neben den Filmfestivals in Cannes und Venedig eines der wichtigsten auf der ganzen Welt. Dieses Jahr findet die 69. Berlinale statt.
In zehn Tagen laufen auf der Berlinale mehr als 400 Filme. Sie laufen in verschiedenen Schwerpunkt-Programmen. Es gibt also eine spezielle Sektion für Kinderfilme, kurze Filme oder für deutsches Kino und so weiter.
Die Berlinale ist ein wichtiger Wettbewerb für Filme. An diesem Wettbewerb dürfen nur Filme teilnehmen, die im Jahr vor der Berlinale produziert wurden und noch nicht im Ausland gezeigt wurden. Ungefähr 20 Filme nehmen an diesem Wettbewerb teil. Eine internationale Jury entscheidet darüber, wer am Ende den Goldenen Bären und den Silbernen Bären erhält. Insgesamt werden acht Preise verliehen, nicht nur für die Filme an sich, sondern zum Beispiel auch für die Darsteller und das Drehbuch.
Das Festival wird von 3700 Journalisten besucht, dazu kommen noch Fachbesucher und rund 300.000 Kinobesucher. Und natürlich viele Stars: Schauspieler und Regisseure kommen nach Berlin, um Werbung für ihre aktuellen Filme zu machen. Sie beantworten bei Pressekonferenzen die Fragen der Journalisten. Diese Pressekonferenzen können auch im Internet angesehen werden. Ein roter Teppich wird ausgerollt und bei eisigen Temperaturen lassen sich die Stars fotografieren und feiern.
1951 gab es die erste Berlinale. Also wenige Jahre nach Kriegsende. Damals noch im Sommer. Erst seit 1978 findet sie im Februar statt und die Stars müssen frieren. Aber drinnen im Kino ist es ja zum Glück warm. Nochmal zurück zum Anfang: Damals stand Berlin unter der Militärregierung der Vereinigten Staaten, weil es die ersten Jahre nach dem verlorenen Weltkrieg waren. Es gab einen amerikanischen Film Officer, der die Berliner Filmindustrie überwachte und auch dafür sorgte, dass es Geld für neue Projekte gab. Zum Beispiel für die neuen Filmfestspiele.
Die erste Berlinale fand am 6. Juni 1951 statt. Zu sehen gab es als ersten Film "Rebecca" von Alfred Hitchcock. Auch damals wurde schon der Goldene Bär verliehen - der Bär ist das Wahrzeichen der Stadt Berlin. Allerdings entschied in den ersten Jahren nicht eine Expertenjury, sondern das Publikum, wer den Bären erhalten sollte.
Und dann kamen die Stars nach Berlin: Gary Cooper, Sophia Loren, Henry Fonda, Errol Flynn und Cary Grant. Die Berlinale wurde zum Glamour-Festival. Einige Jahre später wurde es dann durch den Vietnamkrieg wieder politischer.
Hauptkino ist seit dem Jahr 2000 das Theater am Potsdamer Platz. Hier können 1800 Menschen sitzen und sich Filme ansehen. Von 2001 bis 2019 wurde das Festival von Dieter Kosslick geleitet. Dieses Jahr findet seine letzte Berlinale statt. Jury-Präsidentin ist in diesem Jahr die französische Schauspielerin Juliette Binoche.
Fotos: Ali Ghandtschi @ Berlinale 2008 / Berlinale
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg179kurz.pdf
2/15/2019 • 5 minutes, 49 seconds
SG #178: Der Tatortreiniger
Es wird Zeit, dass ich Euch mal wieder etwas aus dem deutschen Fernsehen empfehle. Diesmal ist es eine Fernsehserie. Sie heißt „Der Tatortreiniger“. Darin geht es um einen Mann, der Schotty heißt. Also eigentlich heißt er Heiko Schotte, aber alle nennen ihn nur Schotty. Schotty wird immer dann gerufen, wenn ein Verbrechen passiert ist und die Polizei ihre Arbeit bereits erledigt hat. Am Tatort ist dann zum Beispiel Blut auf dem Teppich - und Schotty muss alles wieder saubermachen. Dabei trifft er oft Angehörige der Toten und redet mit diesen.
Es geht also nicht so sehr um das Putzen selbst, sondern um die Gespräche, die Schotty mit den Angehörigen oder Bekannten der Toten führt. Das ist dann wie ein Theaterstück - mit wunderbaren Dialogen und oft sehr schrulligen Charakteren. Schrullig bedeutet, dass die dargestellten Menschen sehr eigen sind, also anders als normale Menschen. Sie sind exzentrisch oder haben besondere Angewohnheiten, die nicht sehr häufig sind.
Ob Ihr es glaubt oder nicht, die Fernsehserie "Der Tatortreiniger" ist kein Krimi, sondern eine Komödie. Sie ist sehr skurril. Ende 2011 lief die erste Folge der Serie im NDR Fernsehen, das ist ein öffentlich-rechtlicher Sender im Norden Deutschlands. Mittlerweile gibt es 27 Episoden und ich hoffe sehr, dass es noch mehr werden.
Gespielt wird Schotty von dem deutschen Schauspieler Bjarne Mädel. Er trägt in der Serie einen Schnauzbart und einen Pferdeschwanz. Am Tatort zieht er einen weißen Schutzanzug an und oft auch eine Atemmaske. Meistens kommen pro Folge nur zwei Schauspieler vor. Oft spielen hier sehr bekannte deutsche Schauspieler mit. Geschrieben werden alle Folgen von Mizzi Meyer. Das ist das Pseudonym einer Frau, die eigentlich Ingrid Lausund heißt.
Es gibt übrigens einen kleinen Gag in der Serie: Der Klingelton von Schotty ist die Titelmelodie des „Tatort“. Das ist eine deutsche Krimiserie, über die ich Euch schon etwas erzählt habe.
Foto: NDR/Thorsten Jander
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg178kurz.pdf
1/31/2019 • 3 minutes, 39 seconds
SG #177: Das Mittelalter in Deutschland
Das Mittelalter ist eine Epoche der europäischen Geschichte. Davor gab es die Antike, danach begann die Neuzeit. Das Mittelalter dauerte im heutigen Deutschland von ungefähr 800 bis ungefähr 1500. Was war das für eine Zeit? Wir denken beim Mittelalter an eine dunkle Zeit mit viel Krieg, Krankheit und Gewalt. Aber war es wirklich so?
Damals lebten rund vier Millionen im deutschen Gebiet. Aber alles war anders als heute. Zunächst einmal war Deutschland kein eigenes Land, sondern es war unterteilt in viele Fürstentümer. Viele Volksgruppen kämpften gegeneinander.
Dann gab es ein Ständesystem. Das heißt, dass alle Menschen in verschiedene Kategorien einsortiert wurden. Es gab eine klare Hierarchie. Ganz oben stand der König, die Herzöge und Grafen. Darunter standen die Mönche und Ritter. Ritter war ein Beruf, den es ab dem 9. Jahrhundert gab. Sie waren Soldaten, die auf Pferden saßen. Sie waren durch eine Rüstung aus Eisen geschützt. Dazu gibt es eine eigene Slow German-Folge, also machen wir weiter.
Weiter unten standen die Kaufleute und Handwerker, dann kamen die Bauern. Die meisten Menschen waren damals Bauern. Manche von ihnen hatten eigenes Land und verteidigten sich mit Waffen. Wenn Krieg war, mussten diese freien Bauern für ihren König kämpfen. Wenn sie das nicht wollten, waren sie auch nicht mehr frei. Dann arbeiteten sie für einen Grundherrn. Diesem gehörte dann das Land. Der Bauer durfte einen Teil der Ernte für sich behalten. Den Rest gab er an den Grundherrn ab.
Die Stände blieben so, wie sie waren. Ein Bauer konnte also zum Beispiel nicht zum Ritter aufsteigen. Er blieb ein Bauer. Ab dem 12. Jahrhundert änderte sich das etwas, denn dann wurden die Städte wichtiger. Sie wurden meistens dort gegründet, wo es einen Markt gab, wo also gehandelt wurde. Wenn nun ein unfreier Bauer in die Stadt zog und ein Jahr lang nicht zurückgerufen wurde, war er ein freier Mann.
Rund 200 Städte schlossen sich im Mittelalter für den Handel zusammen. Sie waren „die Hanse“. Noch heute gibt es in Deutschland Hansestädte wie Rostock, Hamburg, Bremen und Lübeck.
Das Mittelalter war auch die Epoche der Kreuzzüge. Christliche Europäer wollten damit heilige Orte wie Jerusalem von der islamischen Herrschaft befreien. Es wurden aber auch gute Dinge gemacht, zum Beispiel Universitäten gegründet und Liebeslieder gesungen (das nannte man Minnesang).
Und dann war da noch die Pest. Sie wurde als Schwarzer Tod bezeichnet. Zwischen 1346 und 1353 gab es eine schwere Pestepidemie. Im heutigen Deutschland starb jeder zehnte Bürger an der Krankheit.
Ich könnte noch so viel über das Mittelalter erzählen. Gar nicht so einfach, eine ganze Epoche in einige Minuten zu quetschen. Aber ich hoffe, Ihr habt jetzt einen Eindruck bekommen, wie die Menschen damals lebten.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg177kurz.pdf
1/17/2019 • 5 minutes, 26 seconds
SG #176: Albert Einstein
1879 wurde ein Mann geboren, der die Wissenschaft für immer verändert hat: Albert Einstein. Jeder, der seinen Namen hört, denkt sofort an die Relativitätstheorie. Nicht jeder hat verstanden, worum es dabei geht. Oder?
Albert Einstein war ein Genie. Er interessierte sich für viele verschiedene Dinge, nicht nur für die Physik oder die Forschung. Neben seinem Interesse für Naturwissenschaft setzte er sich auch für den Frieden und die Völkerverständigung ein. Wer war dieser außergewöhnliche Mann?
Albert wurde in einer jüdischen Familie groß. Seine Kindheit verbrachte er in München, er war ein guter Schüler und las viele Bücher. Mit fünf Jahren begann Albert, Geige zu spielen. Als Teenager verließ er die Schule ohne Abschluss und zog nach Mailand. Dort war seine Familie mittlerweile. Nach einer Schulpause wollte er mit 16 Jahren in Zürich studieren. Das ging aber nicht: Es gab eine Aufnahmeprüfung, die Albert Einstein nicht schaffte. Er konnte nicht gut genug Französisch. Er ging wieder zur Schule, um das Abitur nachzuholen. Solange lebte er bei einer Familie in der Schweiz. Seine deutsche Staatsangehörigkeit gab er auf - er war staatenlos.
Mit dem Abitur in der Tasche (in der Schweiz heißt es „Matura“) konnte Albert Einstein endlich studieren. Mit 21 Jahren war er fertig und hatte ein Diplom als Lehrer in der Tasche - für die Fächer Mathematik und Physik. Er arbeitete als Lehrer und wurde Schweizer Staatsbürger. Später arbeitete er als technischer Experte beim Patentamt. Er heiratete eine Kommilitonin, also eine Frau mit der er studiert hatte. Sie bekamen zwei Söhne und eine Tochter.
Mit 26 Jahren veröffentlichte er einige seiner wichtigsten Werke, unter anderem auch die Abhandlung, in der die berühmteste Formel der Welt auftaucht: E=mc². Natürlich blieb Einstein kein Angestellter am Patentamt. Er wurde Dozent an der Universität Zürich, dann auch Professor. Einstein unterrichtete an der deutschen Uni in Prag und wurde österreichischer Staatsbürger. Ein ganz schönes Durcheinander, oder?
Einstein zog nach Berlin und wurde 1917 Direktor eines Instituts für Physik. Er ließ sich von seiner Frau scheiden und heiratete seine Cousine. Für die Entdeckung des Gesetzes des photoelektrischen Effekts bekam er 1922 den Nobelpreis. Als die Nationalsozialisten in Deutschland immer stärker wurden, äußerte sich Einstein kritisch. Schließlich emigrierte er in die USA und lebte von 1935 bis zu seinem Tod in Princeton. Er suchte nach der großen Weltformel, die er aber nie fand - wie auch bis heute kein Wissenschaftler. 1940 wurde Einstein amerikanischer Staatsbürger. Mit Deutschland und den Deutschen wollte er nach dem Holocaust nichts mehr zu tun haben. Albert Einstein starb 1955 im Alter von 76 Jahren.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg176kurz.pdf
11/19/2018 • 5 minutes, 11 seconds
SG #175: Die deutsche Raumfahrt
Im Moment ist ein Deutscher im All. Er heißt Alexander Gerst. Am 8. Juni 2018 ist er für ein halbes Jahr zur Internationalen Raumstation ISS gereist. Seit Oktober hat er das Kommando auf der ISS, er ist also der Chef. Das hat vor ihm kein anderer deutscher Astronaut geschafft. Am 13. Dezember soll Gerst wieder auf die Erde zurückkehren. Für ihn ist das nicht der erste Ausflug ins All - Gerst war bereits 2014 auf der ISS. Aber ich möchte Euch heute nicht nur etwas über Astro-Alex erzählen, sondern generell über die deutsche Raumfahrt.
Die deutsche Raumfahrt begann 1928. Damals gab es den ersten bemannten Raketenflug. Der Flug dauerte 80 Sekunden - und brachte den Piloten gerade mal 1,5 Kilometer weit. Finanziert wurden diese Flugversuche mit Raketenantrieb von Opel. Das ist heute eine bekannte Automarke.
Wie so oft wurde die neue Technologie durch den Krieg vorangetrieben. Es wurden neue Raketentypen für das Militär entwickelt. Raketen sollten damals vor allem Zerstörung bringen - oder Raketen der Feinde abwehren.
Der wichtigste Entwickler war damals der heute sehr umstrittene Wernher von Braun. Gemeinsam mit anderen Forschern zog er nach dem Krieg in die USA, um dort weiter zu arbeiten. Dort war er am Mondlandungsprogramm Apollo beteiligt.
Bleiben wir bei der deutschen Raumfahrt. Sigmund Jähn war der erste Deutsche im All. Er war ein Kosmonaut der DDR. 1978 flog er zu einer sowjetischen Raumstation und blieb 7 Tage dort. Fünf Jahre später startete Ulf Merbold ins All - insgesamt war er drei Mal im Weltraum.
Später wurden die Europa- und Ariane-Raketen gebaut. Allerdings nicht von Deutschland alleine, sondern von der ESA, einem europäischen Raumfahrtprogramm.
Mittlerweile geht es im All um die wissenschaftliche Forschung. Nach der politischen Wende konnten die verschiedenen Länder zusammenarbeiten. 1995 flog der deutsche Astronaut Thomas Reiter für ein halbes Jahr auf die MIR, um dort zu forschen. 2006 war er nochmals ein halbes Jahr dort.
Und Alexander Gerst? Er ist vor allem für viele deutsche Kinder ein Vorbild. Sie kennen ihn, weil er jedes Mal viele Auftritte in der „Sendung mit der Maus“ hat und sogar eine kleine Plüschmaus mit ins Weltall nimmt. Er erklärt den Kindern, was es mit der Schwerkraft auf sich hat und wie es ist, im Weltall auf die Toilette zu gehen oder zu schlafen. Die Kinder dürfen ihm Fragen stellen, die er dann beantwortet.
Schaut doch selber mal rein!
https://www.dlr.de/next/desktopdefault.aspx/tabid-11738/20536_read-48056/
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11/19/2018 • 4 minutes, 50 seconds
SG Dialog #9: Mutter und Kind
Diesen Dialog habe ich mit meinem Sohn eingesprochen. Er stand zum ersten Mal vor dem Mikrofon. Hier der Text des Dialoges:
Mutter: Na, wie war es heute in der Schule?
Kind: Schön!
Mutter: Geht es etwas genauer? Was habt Ihr gemacht?
Kind: Weiß nicht.
Mutter: Immer muss ich Dir alles aus der Nase ziehen!
Kind: In Deutsch haben wir das „T“ gelernt. Und in Sport haben wir Fußball gespielt.
Mutter: Das klingt gut. Hast Du in der Pause mit Deinen Freunden gespielt?
Kind: Ja, wir haben Fangen gespielt.
Mutter: Wer hat gewonnen?
Kind: Ich habe gewonnen!
Mutter: War sonst noch irgendwas?
Kind: Ja. Mein Freund Carlo hat sich in der Pause verletzt.
Mutter: Oh je! Was ist ihm passiert?
Kind: Er ist von der Schaukel gefallen und hat sich das Knie aufgeschlagen.
Mutter: Hat es geblutet?
Kind: Ja, es hat geblutet. Die Lehrerin hat ihm ein Pflaster gegeben.
Mutter: Dann ist ja gut.
Kind: Bald gibt es Zeugnisse.
Mutter: Stimmt. Ich bin gespannt, welche Noten Du bekommst.
Kind: Ist das wichtig?
Mutter: Noten sind wichtig, damit man weiß, wie gut oder schlecht man in einem Fach ist. Also was man noch besser machen kann oder wo man noch mehr üben muss.
Kind: Aber weißt Du, was das beste am Zeugnis ist?
Mutter: Was denn?
Kind: Dass danach die Ferien anfangen!
Mutter: Da hast Du recht!
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10/29/2018 • 2 minutes, 5 seconds
SG #174: Die deutschen Bundesländer
In Deutschland gibt es 16 Bundesländer. Vor der Wiedervereinigung waren es 11. Berlin, Bremen und Hamburg sind sogenannte Stadtstaaten.
Das größte Bundesland ist Bayern im Süden von Deutschland. Die Hauptstadt ist München, die Stadt in der ich lebe. In Bayern sind Firmen wie BMW und Audi zu Hause. Und der Fußballverein FC Bayern. Bayern ist sehr ländlich, hier gibt es viel Landwirtschaft. Bayern grenzt an Österreich - wir teilen uns sozusagen die Alpen. Viele Touristen kommen nach Bayern, um hier das Schloss Neuschwanstein zu sehen oder das Oktoberfest. Bayern ist ein Freistaat - ebenso wie Sachsen und Thüringen. Das klingt gut und sehr frei - hat aber eigentlich nichts mehr zu bedeuten.
Kommen wir zu Nordrhein-Westfalen. Das ist ein Bundesland im Westen des Landes. Hier leben die meisten Menschen, und zwar fast 18 Millionen. In Nordrhein-Westfalen gibt es viele große Städte wie Köln, Düsseldorf oder Essen. Das Land grenzt an die Niederlande. Es wurde lange Zeit geprägt vom Bergbau.
Baden-Württemberg ist ebenfalls im Süden von Deutschland, direkt neben Bayern. Hier wohnen die Schwaben und die Badener. Aus Baden-Württemberg kommt die Automarke Daimler-Benz.
Niedersachsen ist flächenmäßig das zweitgrößte Bundesland. Es liegt in Norddeutschland. Aus Niedersachsen kommt die Automarke VW, also Volkswagen. Niedersachsen hat eine Küste, die Nordseeküste. Die Niedersachsen sind stolz darauf, das reinste Hochdeutsch zu sprechen.
Hessen verwirrt so manche Deutsche. Denn eigentlich denkt jeder bei Hessen an die Stadt Frankfurt am Main. Dort ist das Finanzzentrum Deutschlands, viele Banken haben hier ihr Quartier bezogen. Aber die Hauptstadt ist Wiesbaden.
Rheinland-Pfalz liegt am westlichen Rand von Deutschland. Zwei berühmte Persönlichkeiten aus der Pfalz sind Helmut Kohl, der von 1982 bis 1998 deutscher Kanzler war, und Karl Marx. Sehr lecker sind übrigens die Weine aus dieser Gegend.
Sehr klein ist das Saarland, das direkt an der Grenze zu Frankreich liegt. Hier leben viele Katholiken: Fast 60% der Menschen im Saarland gehören zur katholischen Kirche.
Wieder zurück in den Norden - hier fehlt uns noch Schleswig-Holstein. Es grenzt an Dänemark und hat auf einer Seite die Nordsee und auf der anderen die Ostsee. Hier gibt es die kleinste Stadt Deutschlands: Arnis hat rund 300 Einwohner.
Kommen wir zu den fünf „neuen“ Bundesländern. Wir hier in Westdeutschland nennen diese ostdeutschen Bundesländer wirklich immer noch so, obwohl sie seit der Wiedervereinigung längst wieder zu uns, also zum Westen gehören. Blöd, oder?
Also, da ist zum Beispiel Sachsen mit seiner Hauptstadt Dresden. In Sachsen werden am meisten Kinder geboren - pro Frau im Schnitt 1,57 Kinder. 72 Prozent der Sachsen sind nicht religiös. Im schönen Leipzig übrigens gibt es eine Buchmesse, die wirklich einen Besuch lohnt.
Brandenburg ist das Bundesland, das sich um Berlin herum schmiegt. Es hat den geringsten Ausländeranteil von ganz Deutschland - und zwar nur 3,6 Prozent. Im Osten leben übrigens generell viel weniger Ausländer als im Westen - im Durchschnitt sind es 3,8 Prozent im Osten und 11,8 Prozent im Westen. Dennoch ist die Ausländerfeindlichkeit im Osten leider höher als im Westen. Interessant: In Berlin, also mitten in Brandenburg, ist der Ausländeranteil bei 15,5 Prozent am höchsten.
Kommen wir zu Sachsen-Anhalt, dem Bundesland, das fünf UNESCO-Welterbestätten hat, unter anderem das Bauhaus. Es ist schon interessant, welche Rekorde man so im Internet findet: Sachsen-Anhalt hatte 2006 nämlich die niedrigste Selbstmordrate in Deutschland.
Jetzt fehlen noch zwei Bundesländer. Eines ist Mecklenburg-Vorpommern. Es liegt ganz im Norden und hat eine lange Küste an der Ostsee. Hier liegen drei der 16 deutschen Nationalparks und die großen Inseln Rügen und Usedom gehören auch dazu.
Bleibt noch Thüringen übrig, das Bundesland, in dem die Goethe- und Schillerstadt Weimar liegt. Und noch ein großer Name ist mit Thüringen verbunden: Ma...
10/20/2018 • 7 minutes, 11 seconds
SG #173: Der Duden
Auf vielen deutschen Schreibtischen steht ein dickes, gelbes Buch. Es ist der Duden. Das ist ein Rechtschreibwörterbuch. Wenn ich also nicht weiß, wie ich ein Wort richtig schreibe, kann ich hier nachsehen.
1880 wurde das erste dieser Wörterbücher veröffentlicht. Sein Erfinder war Konrad Duden. Auf 187 Seiten standen 27.000 Stichwörter. Warum war so ein Buch wichtig? Damals schrieb jeder so, wie er wollte. Dadurch wurde es ganz schön schwer, manche Dinge zu lesen. Eine Vereinheitlichung musste her. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es im geteilten Deutschland auch zwei Bücher: Den Ostduden und den Westduden. Die Schreibweise der Wörter war zwar gleich, aber der Wortschatz war ein anderer.
1955 wurde beschlossen, dass die Rechtschreibung aus dem Duden verbindlich ist - sie war also die richtige Rechtschreibung, an die sich von nun an alle halten sollten. Man nannte das auch das Dudenmonopol - das Buch hatte also ein Monopol darauf, die Rechtschreibung zu regeln.
Das ist heute nicht mehr so - 1996 gab es nämlich in Deutschland eine große Rechtschreibreform. Vieles wurde geändert. Das Monopol gibt es seitdem nicht mehr. An Wörterbüchern kann jeder sofort erkennen, dass sich die deutsche Sprache ständig verändert. Es kommen neue Wörter hinzu, andere werden nicht mehr verwendet und verschwinden dann auch aus dem Wörterbuch.
Im August 2017 erschien die aktuelle Ausgabe. 145.000 Stichwörter sind darin zu finden. 5000 neue Wörter wurden aufgenommen, zum Beispiel „Brexit“ oder „Flüchtlingskrise“. Aber auch Anglizismen wie „Fake News“ oder „Selfie“ stehen jetzt im Duden. Das längste deutsche Wort ist laut Duden das Wort „Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung“, also ADHS.
Die Redaktion betont, dass sie die Sprache beobachtet und dann im Buch abbildet. Sie achtet also darauf, wie wir alle sprechen - und genau diese Wörter werden wir dann auch im Wörterbuch finden.
Mittlerweile gibt es den Duden natürlich auch online - Ihr könnt ihn gerne mal testen! Die Adresse lautet duden.de.
Falls Ihr das Buch kaufen wollt würde ich mich freuen, wenn Ihr es über diesen Link tut - dann bekomme ich etwas davon ab (Affiliate-Link):
Amazon USA / Amazon Deutschland
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg173kurz.pdf
9/29/2018 • 3 minutes, 46 seconds
SG #172: Otto von Bismarck
Wenn wir über deutsche Geschichte sprechen, müssen wir unbedingt auch über Bismarck reden! Das war eine der wichtigsten Personen der deutschen Geschichte. Noch heute sieht man in vielen deutschen Städten sein Denkmal. Man sieht einen Mann mit Schnauzbart und einer Pickelhaube auf dem Kopf. Aber langsam - fangen wir vorne an.
Otto von Bismarck lebte von 1815 bis 1898 und er war ein deutscher Politiker. Er war Ministerpräsident von Preußen und erster Reichskanzler des Deutschen Reiches. Man nannte ihn damals den „Eisernen Kanzler“.
Geboren wurde er 1815 in der Nähe von Berlin. Seine Eltern waren adelig. Er studierte Rechtswissenschaften, fing an zu arbeiten, heiratete und wurde Mitglied einer Partei. Er setzte sich für die Monarchie und den Adel ein und natürlich für seine Heimat Preußen. Der damalige König Wilhelm I. machte ihn zum Ministerpräsidenten von Preußen.
Bundesarchiv, Bild 183-R68588 / P. Loescher & Petsch / CC-BY-SA 3.0
Hier muss ich noch etwas erklären: Damals gab es nicht wie heute ein Land namens Deutschland, sondern viele deutsche Einzelstaaten, die sich zum „Deutschen Bund“ zusammengeschlossen hatten. Dieser Deutsche Bund beinhaltete auch das Kaiserreich Österreich. Bismarck wollte einen vereinten deutschen Nationalstaat - mit einem starken Preußen. Sein Motto war: Nicht viel reden, sondern „Eisen und Blut“ entscheiden lassen - den Krieg.
1866 folgte der Deutsche Krieg zwischen Preußen und Österreich. Preußen gewann. Der Deutsche Bund wurde aufgelöst, der Norddeutsche Bund wurde gegründet - und Preußen übernahm die Führung. 1870/71 gab es dann wieder Krieg - diesmal mit Frankreich. Preußen gewann wieder. Danach wurde das Deutsche Reich gegründet - wieder unter preußischer Führung. 1871 wurde Wilhelm I. im Schloss Versailles zum Kaiser gekrönt. Bismarck wurde Reichskanzler.
Im neuen Deutschland durfte sehr
fortschrittlich gewählt werden, aber die Politiker hatten dennoch nichts zu sagen. Bismarck und der Kaiser waren die Chefs. Bismarck übte sich im Frieden mit den Nachbarländern. Und in seinem eigenen Land führte er einen neuen Kampf, und zwar gegen die katholische Kirche. Manches, was für uns heute ganz normal ist, stammt aus dieser Zeit: Zum Beispiel, dass wir standesamtlich heiraten. Nur eine Heirat vor dem Staat ist gültig - die Heirat in einer Kirche ist zwar schön, aber sie gilt nicht.
Damit die armen Arbeiter keine Revolution in Gang setzen, gab es 1878 ein neues Gesetz gegen sozialistische und kommunistische Vereinigungen. Dazu machte Bismarck aber auch etwas Gutes: Er führte Krankenversicherung, Unfallversicherung und Rentenversicherung ein. Übrigens: Als das Sozialistengesetz 1890 auslief, wurden die Sozialdemokraten die stärkste politische Partei im Reichstag.
1888 starb der Kaiser - sein Nachfolger schickte Bismarck in den Ruhestand. Zehn Jahre später starb der Eiserne Kanzler.
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9/16/2018 • 5 minutes, 22 seconds
SG #171: Glashütte Uhren
Heute erzähle ich Euch eine Geschichte, die vor langer Zeit begann. 1845 ging es den Menschen in Sachsen schlecht. Vorher hatten sie vor allem vom Silber in der Region gelebt - aber es wurde immer weniger Silber gefunden. Also hatte Ferdinand A. Lange in der Stadt Glashütte eine Idee: Er gründete ein Uhrenunternehmen. Die Kunst der Uhrmacherei kannte er aus Frankreich, England und der Schweiz.
Copyright: NOMOS Glashütte
Die sächsische Landesregierung half ihm: Sie ermöglichte den Bergarbeitern und Strohflechtern eine Ausbildung zum Uhrmacher. Schon bald wurde der Ort Glashütte in Sachsen berühmt für seine edlen, hochwertigen und vor allem handgemachten Uhren. So etwas kannte man sonst nur aus der Schweiz. Glashütte wurde zu einer Uhrenstadt.
Während des Zweiten Weltkriegs mussten Uhrmacher auch Dinge herstellen, die für den Krieg wichtig waren - also bauten sie zum Beispiel Zeitzünder. Nach dem Krieg wurden die Uhrenfirmen in Glashütte enteignet und verstaatlicht. Sie gehörten also fortan dem Staat, denn in der DDR galt der Sozialismus. Alle Betriebe, die in Ostdeutschland Uhren herstellten, wurden zu einem großen Betrieb zusammengefasst.
Dann kam 1990 die Wiedervereinigung, und der staatliche Uhrenbetrieb wurde wieder in die freie Wirtschaft eingegliedert.
Verschiedene Firmen aus Glashütte stehen weiterhin für traditionelles Uhrhandwerk:
"Mühle Glashütte" ist eine Firma, die seit 1869 in Familienbesitz ist. Gegründet wurde sie von Robert Mühle. Er hatte in der Uhrmacherschule in Glashütte sein Handwerk gelernt.
Der „Glashütter Uhrenbetrieb" ist das, was vom DDR-Betrieb übrigblieb: Die Arbeiter schlossen sich zusammen und begannen, die neu-alte Marke wieder herzustellen. Sie bauten Uhren unter dem Markennamen "Glashütte Original". Und dann? Dann wurde der "Glashütter Uhrenbetrieb" von dem Schweizer Unternehmen Swatch gekauft.
Copyright: NOMOS Glashütte
"Nomos Glashütte" wurde erst 1990 gegründet und dementsprechend modern sind auch die Uhren.
Und was wurde aus den "A. Lange & Söhne"-Uhren? Sie gibt es heute wieder, nachdem es 1990 eine Neugründung der Marke gab. Schön ist, dass die Uhren auch heute noch klassisch aussehen. Natürlich wurden sie weiterentwickelt, aber es sind edle Uhren, die sich viele Männer in Deutschland wünschen. Wenn Ihr mal nachschaut werdet Ihr sehen, dass manche dieser Uhren 150.000 Euro kosten.
Würdet Ihr so viel Geld für eine Uhr ausgeben? Viele Menschen tun das, denn eine Uhr ist und bleibt ein Statussymbol. Ob es die berühmte Rolex ist oder eine Glashütte Uhr, das könnte viel über den Träger aussagen, oder? Egal wie teuer eine Uhr aber ist, eines kann sie nicht: Sie kann uns nicht mehr Zeit verschaffen für all die Dinge, die wir noch gerne in unserem Leben tun würden.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg171kurz.pdf
7/21/2018 • 5 minutes, 10 seconds
SG #170: Kinderbetreuung in Deutschland
In Deutschland werden viele Kinder von klein auf von Erziehern betreut. Erzieher sind Menschen, die sich beruflich um Kinder kümmern. Sie haben gelernt, sie zu betreuen, sie zu fördern und sie zu unterstützen. Viele Kinder in Deutschland haben keine Geschwister oder nur einen Bruder oder eine Schwester. Daher ist es gut, wenn sie mit anderen Kindern in Berührung kommen. So lernen sie, wie wir Menschen miteinander umgehen.
Ganz kleine Kinder kann man in einer Krippe anmelden. Eine Krippe ist für Kinder unter drei Jahren gedacht. Meistens starten Kinder mit einem Jahr in der Krippe - manche aber auch schon mit drei Monaten. Wenn ein Baby neu in die Krippe kommt, gibt es eine Phase der Eingewöhnung. Die Mutter oder der Vater ist mit dabei. Jeden Tag. Erst nach und nach verlassen die Eltern den Raum für ein paar Minuten, später länger, bis sie ganz weggehen. Das ist für beide Seiten oft keine einfache Sache! Bei mir und meinem Sohn hat es vier Wochen gedauert. Aber dann hat es uns beiden wirklich gut getan.
Wer sein Kind nicht in eine Krippe geben möchte, kann sich auch eine Tagesmutter suchen. Das sind Frauen, die bis zu fünf Kinder bei sich zu Hause betreuen. Sie haben eine spezielle Ausbildung und werden auch kontrolliert.
Ab drei Jahren können Kinder dann in den Kindergarten gehen. Das letzte Jahr des Kindergartens nennt man Vorschule - hier werden die Kleinen schon auf die Schule vorbereitet. Es gibt auch Einrichtungen, die KiTa heißen. Kindertagesstätte. Hier werden Kinder von 0 bis 6 Jahren betreut.
Mit 6 Jahren beginnt die Schulpflicht - und die ersten Schuljahre sind noch sehr locker. Da gehen die Kinder pro Tag vier bis fünf Schulstunden in die Grundschule. Eine Schulstunde dauert 45 Minuten. Es kann also sein, dass das Kind um halb zwölf schon wieder fertig ist mit der Schule. Da ist es schwierig, wenn beide Eltern arbeiten! Also gibt es auch für Schulkinder eine Betreuung.
Mein Kind geht beispielsweise in ein Tagesheim. Diese Einrichtung ist direkt in der Schule untergebracht. Nach dem Unterricht essen die Kinder zusammen und spielen, und sie machen Hausaufgaben. Betreut werden sie von gelernten Erziehern. Die Kinder sind in einer Gruppe mit Gleichaltrigen untergebracht. Andere Kinder gehen in eine Mittagsbetreuung, auch hier wird gegessen und gespielt. Betreut werden sie dann aber meist von anderen Eltern oder von ungelernten Kräften.
Wieder andere Kinder gehen in einen Hort. Dort sind auch Erzieher für die Betreuung zuständig - aber die Kinder aller Altersstufen sind zusammen. Wichtig sind solche Einrichtungen auch für die Ferien. Denn deutsche Kinder haben 14 Wochen Ferien - so viel Urlaub hat kein Angestellter.
Mancherorts gibt es auch Ganztagsschulen, das ist aber in Deutschland noch nicht sehr verbreitet. Nur drei Bundesländer haben die Ganztagsschule eingeführt.
Eigentlich klingt das alles sehr gut, oder? Leider ist es nicht ganz so toll: In München zum Beispiel gibt es kaum Plätze in Kindergärten oder Horten. Es gibt zu wenige Plätze für zu viele Kinder. Wir haben 25 Absagen bekommen und sind schließlich aus der Innenstadt weggezogen, weil es keine Kinderbetreuung gab. Das ist ein großes Problem für viele Eltern.
Die Einrichtungen sind übrigens zum großen Teil städtisch, sie werden also von der Stadt bezahlt. Einen Teil zahlen die Eltern pro Monat, das ist vor allem Geld für das Essen. Für ein Kind sind es ungefähr 150-200 Euro pro Monat. Es gibt aber auch private Träger. Das sind Firmen, die sich auf Kinderbetreuung spezialisiert haben. Dort kann ein Platz auch 1300 Euro für ein Kind kosten! Es hat dann aber Yoga und Englisch…
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg170kurz.pdf
6/18/2018 • 6 minutes, 16 seconds
SG Dialog #8: Haustiere
Diesen Dialog hat Oliver mit Ellen eingesprochen – die beiden leben bei Augsburg und haben einen eigenen Podcast, das "Morgenradio". Das ist eine gute Alternative zum Radio am Morgen. Keine hysterisch-gutgelaunte Moderatoren und keine schlechten Nachrichten aus aller Welt, sondern zwei echte Menschen. Unter jeder Sendung finden Premiumhörer übrigens das Skript - gut zum Mitlesen, wenn man die Sprache lernen will! Hier der Text des Dialoges:
Hey, schön Dich zu sehen. Sag mal, wie geht es Deinem Hund?
Danke dass Du fragst. Schon viel besser.
Was hatte er denn genau?
Er hatte sich am Rücken verletzt und musste genäht werden.
Oh, das klingt gar nicht gut.
Es war zum Glück halb so schlimm. Die Wunde ist schnell verheilt. Er musste halt eine zeitlang einen Trichter um den Hals tragen, damit er sich die Fäden nicht selber zieht. Das hat ihn genervt.
Das kann ich mir vorstellen. Sieht man eine Narbe?
Ja, noch sieht man die Narbe leider sehr gut. Aber wenn das Fell wieder nachgewachsen ist fällt es sicher nicht mehr auf.
Das war bei meiner Katze damals auch so.
Ach stimmt ja, Du hast eine Katze.
Ja, sie ist schon sehr alt. Fast 20 Jahre alt. Aber sie ist zum Glück sehr gesund. Nur ein bißchen schwerhörig.
Na mit 20 Jahren darf man ruhig schwerhörig sein. Als Katze zumindest.
Finde ich auch. Der Tierarzt war jedenfalls ganz erstaunt, dass sie so fit ist.
Ist sie denn ein Freigänger?
Ja. Früher hat sie nur in der Wohnung gelebt, weil ich in der Stadt im dritten Stock lebte. Aber seit ein paar Jahren darf sie auch nach draußen. Ich bin froh, dass Katzen so selbständig sind!
Warum?
Na, ich hätte keine Lust, andauernd Gassi zu gehen.
Da gewöhnt man sich daran. Ich glaube auch, dass ich deswegen so selten erkältet bin, weil ich bei Wind und Wetter raus gehe.
Das kann gut sein. Dann wünsche ich Dir viel Spaß draußen, während ich drinnen gemütlich mit einer Tasse Tee sitze, die Katze auf dem Schoß und ein Buch in der Hand.
Du bist gemein!
War nicht so gemeint. Bis bald!
Bis bald!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg169a.pdf
6/6/2018 • 2 minutes, 9 seconds
SG #169: Grillen
Es ist warm. Die Menschen gehen wieder nach draußen. Sie sitzen auf der Terrasse oder auf dem Balkon und genießen die Sonnenstrahlen. Wisst Ihr, was zu jedem warmen Tag in Deutschland gehört? Zwei Dinge: Irgendwo mäht immer jemand den Rasen. Man hört also das Geräusch eines Rasenmähers. Und irgendwo grillt immer jemand. Man riecht also den Geruch von Holzkohle und gegrilltem Fleisch.
Die Deutschen grillen sehr gerne. Vor allem wenn dieses Jahr wieder die Fußball-Weltmeisterschaft ansteht, wird wieder kombiniert: Fußball schauen und Grillen. Die meisten grillen Fleisch, also Steak oder Schnitzel. Vor allem die Kinder mögen lieber Würstchen. Das Fleisch oder die Spieße kann man schon fertig mariniert beim Supermarkt oder beim Metzger kaufen.
Am Liebsten mögen deutsche Grill-Freunde einen Holzkohlegrill. Elektro und Gas haben nur wenige. In vielen Vorgärten sieht man vor allem den Kugelgrill - er sieht aus wie eine Kugel und die obere Hälfte lässt sich öffnen. Zum Fleisch gehören meistens auch Nudelsalat oder normaler Salat, Brot und Soßen. Natürlich legen viele Deutsche auch Gemüse auf den Grill, beispielsweise Maiskolben. Gegrillt wird gerne mit Freunden oder mit der Familie - alleine grillen macht keinen Spaß.
Bleibt noch die Frage, warum das Grillen so viel Spaß macht. Ich denke, weil hier die Zubereitung von Essen ein Event ist. Es steht nicht ein Mann oder eine Frau alleine in der Küche. Es steht jemand am Grill. Die anderen kommen dazu, sprechen mit dem Koch oder der Köchin, es ist gesellig und man nimmt sich Zeit für die Zubereitung. Oft wird auch gefachsimpelt. Das bedeutet, dass jeder sein Wissen zum Thema Grillen erzählt. Jeder weiß besser als der andere, wie man richtig grillt. Beim Grillen kann man einen ganzen Abend essend verbringen - immer wieder holt man sich etwas. Das gehört für viele zum Sommer dazu.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg169kurz.pdf
5/18/2018 • 3 minutes, 37 seconds
SG #168: Elternzeit und Elterngeld
Wer in Deutschland ein Kind bekommt, profitiert vom Mutterschutz. Ist das Kind dann geboren, darf man Elternzeit nehmen. Das bedeutet: Ich darf dann bei meiner Arbeit Pause machen. Pro Kind kann ich 36 Monate Elternzeit beantragen. Das sind drei Jahre. 24 Monate davon, also zwei Jahre, dürfen auch zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes sein.
Also nochmal genauer: Ich bekomme ein Kind. Dann bleibe ich zum Beispiel im ersten Lebensjahr des Kindes zu Hause und gehe nicht in die Arbeit. Mein Mann bleibt im zweiten Jahr zu Hause. Und im sechsten Lebensjahr des Kindes bleiben wir beide nochmal ein halbes Jahr zu Hause. Das sind zusammen drei Jahre.
Meinen Job verliere ich dadurch nicht - er wird sozusagen für mich reserviert. Es kann aber sein, dass es nicht genau der gleiche Job ist, sondern ein anderer in der gleichen Firma. Es besteht auch Kündigungsverbot - mein Arbeitgeber kann mir also nicht kündigen, während ich in Elternzeit bin.
Ich kenne viele Männer, die Elternzeit nehmen - aber das ist glaube ich nicht die Regel. Meistens sind es immer noch die Mütter, die bei den Kindern zu Hause bleiben, wenn sie klein sind. Und es ist natürlich auch eine Frage des Geldes. Nicht jeder kann sich leisten, drei Jahre nicht zu arbeiten.
Und schon sind wir beim Thema Elterngeld. Wenn ich arbeite und ein Kind bekomme, kann ich (oder der Partner) in den ersten Monaten nicht arbeiten. In die Krippe gehen Kinder meistens erst mit einem Jahr. Daher gibt es das Elterngeld. Man bekommt es für die ersten 12 Monate nach der Geburt. Wenn der Partner auch Elternzeit nimmt, sind es zwei Monate mehr. Die Höhe berechnet sich nach dem, was man vor der Geburt verdient hat. Man bekommt dann in den meisten Fällen 67 Prozent des Nettoeinkommens. Höchstens bekommt man aber 1800 Euro.
Dieses Modell kommt bei den deutschen Familien gut an: 2014 nahmen 96% der Mütter Elternzeit und fast jeder dritte Vater. Ich hoffe sehr, dass noch mehr Väter diese Chance nutzen, denn so können sie eine sehr enge Bindung zu ihren Kindern aufbauen.
Es gibt übrigens seit 2015 auch eine weitere Möglichkeit, und zwar das ElterngeldPlus. Hier können die Eltern in Teilzeit weiterarbeiten, bekommen dann die Hälfte des Geldes - aber doppelt so lang. Auch eine gute Idee, oder? Schreibt mir gerne, wie das in Eurem Land ist!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg168kurz.pdf
5/12/2018 • 4 minutes, 6 seconds
SG Dialog #7: Beim Sport
Diesen Dialog hat Oliver mit Ellen eingesprochen – die beiden leben bei Augsburg und haben einen eigenen Podcast, das "Morgenradio". Das ist eine gute Alternative zum Radio am Morgen. Keine hysterisch-gutgelaunte Moderatoren und keine schlechten Nachrichten aus aller Welt, sondern zwei echte Menschen. Unter jeder Sendung finden Premiumhörer übrigens das Skript - gut zum Mitlesen, wenn man die Sprache lernen will! Hier der Text des Dialoges:
Hallo, Dich habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen!
Stimmt, ich Dich auch nicht. Was machst Du hier?
Das siehst Du ja, ich jogge.
Seit wann joggst Du denn? Ich dachte, Du magst keinen Sport?
Mag ich auch nicht. Aber mein Arzt hat gesagt, ich soll mehr Sport machen.
Da hat er natürlich recht. Und, macht es Dir Spaß?
Nein, Spaß kann ich nicht behaupten. Aber es ist schon ok. Ich merke, dass es mir gut tut. Und Du, was machst Du so?
Ich finde Sport toll. Ich gehe regelmäßig Laufen. Ich habe mich letztes Jahr sogar für einen Halbmarathon angemeldet und es hat gut geklappt!
Wow. Gratuliere!
Danke. Das war echt eine Überwindung. Ich musste mich überwinden, immer weiter zu laufen. Aber danach war ich wirklich glücklich.
Ich bin glücklich, wenn ich zwei Runden um den See schaffe.
Vielleicht ist ja Laufen nichts für Dich. Es gibt ja noch andere Sportarten. Ich gehe jeden Mittwoch zum Schwimmen und zwei Mal pro Woche ins Fitnessstudio.
Wo nimmst Du nur die Zeit dafür her?
Ach, das geht schon. Dafür sehe ich so gut wie nie fern.
Also ich versuche eher, mich im Alltag zu bewegen. Ich nehme die Treppe statt den Aufzug und ich fahre mit dem Fahrrad in die Arbeit statt mit dem Auto.
Das sollte jeder so machen, wie er möchte. Ich freu mich jedenfalls, wenn wir uns hin und wieder hier beim Joggen sehen. Bis bald!
Bis bald!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sgdialog7.pdf
5/4/2018 • 2 minutes, 6 seconds
SG #167: Playmobil
Damit die Themen bei Slow German nicht zu ernst werden, geht es heute um Spielzeug! Und zwar um Playmobil. Das sind kleine Figuren aus Plastik, mit denen Kinder spielen können. Sie sind vor allem dafür geeignet, Rollenspiele zu machen. Das heißt, dass die Kinder mit diesen Figuren ganze Geschichten spielen.
Erfunden hat diese Figuren 1974 ein Mann namens Hans Beck. Er arbeitete damals in einer Spielzeugfirma im Norden von Bayern, genauer gesagt in der Nähe von Nürnberg. Beck dachte sich damals Figuren aus, mit denen die Kinder spielen konnten.
Als erstes gab es Bauarbeiter, Indianer und Ritter. Damals waren die Figuren noch sehr schlicht, sie hatten nur eine einzige Farbe und Kinder konnten sie nur wenig bewegen. Die Hände waren zum Beispiel fest mit den Armen verbunden. Heute kann man sie drehen.
Später gab es dann alle möglichen Welten aus Plastik, zum Beispiel den Wilden Westen, die Polizei und die Feuerwehr oder den Zirkus. Und natürlich auch "Kinder" als Figuren. Man kann den Figuren heute auch Bärte oder Ohrringe anstecken und natürlich Hüte aufsetzen. Eine große Figur ist 7,5 Zentimeter groß und somit perfekt für kleine Kinderhände.
Pro Jahr werden 100 Millionen solcher Figuren hergestellt. Ich habe den Eindruck, dass die Kinder entweder gerne Lego spielen oder Playmobil. Bei Lego können sie mehr gestalten und bauen, bei Playmobil stehen die Rollenspiele im Vordergrund.
Heute arbeiten über 4000 Menschen für die Spielwaren-Firma. Drei Viertel des Umsatzes werden außerhalb von Deutschland erzielt, denn Playmobil gibt es schon längst auf der ganzen Welt.
Erst seit kurzem gibt es von Playmobil auch bekannte Lizenzfiguren, zum Beispiel Doctor Who oder die Ghostbusters oder die Teenage Mutant Ninja Turtles. Und zu besonderen Anlässen gibt es Playmobil-Männchen im Andenken an bekannte Persönlichkeiten. Zum Beispiel gab es Martin Luther als Playmobil-Mann, über eine Million Mal wurde Luther verkauft. Und auch eine Angela Merkel-Figur gab es. Ich werde diesen Sommer auf jeden Fall mal nach Zirndorf fahren, denn dort gibt es den Playmobil-Freizeitpark, das ist also sozusagen unsere bayerische Variante von Disneyland.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg167kurz.pdf
4/27/2018 • 4 minutes, 1 second
SG #166: Im Garten
Endlich ist der Frühling da und wir können wieder in den Garten gehen. Es gibt viel zu tun, wenn man einen eigenen Garten hat! Zuerst muss ich die Blätter entfernen, die im Herbst auf den Boden gefallen sind und nun alles bedecken. Ich nehme also einen Rechen und reche die Blätter zusammen. Dann kommen die Blätter in unsere braune Mülltonne, die extra für Bio-Abfall gedacht ist. Alle zwei Wochen wird diese Tonne ausgeleert.
Dann dürfen auch die Pflanzen wieder ausgepackt werden. Da es hier im Süden von Deutschland sehr kalt werden kann, auch diesen Winter war es wieder -15 Grad kalt, habe ich die empfindlichen Pflanzen eingepackt. Das heißt ich habe ihnen spezielle Stoffbeutel übergestülpt, damit sie nicht frieren. Die Rose habe ich mit einem Erdhügel bedeckt. Das kann ich jetzt langsam alles wieder entfernen.
Bald werden die Bäume wieder neue Blätter bilden und die ersten Blumen werden aus dem Boden kommen. Die Rose hat hoffentlich bald wieder neue Knospen und auch die Hecke wird wieder Blätter bekommen und nicht mehr so durchsichtig sein wie jetzt.
Wenn dann alles wieder grün ist, beginnt die Arbeit wieder von vorne. Wir müssen dann alle zwei Wochen den Rasen mähen, damit er nicht zu lang wird. Einen kleinen Teil des Gartens lassen wir absichtlich verwildern, damit dort Insekten leben können. Dort wird nicht gemäht.
Wir müssen dann auch unsere Terrasse wieder putzen und die Gartenmöbel aus dem Keller holen. Dann können wir endlich wieder auf der Terrasse sitzen und im Freien essen. Ich werde auch die Liegestühle wieder aus dem Keller holen, dann kann ich mich draußen in den Garten legen und ein Buch lesen.
Manche Pflanzen freuen sich auch, wenn ich ihnen etwas Dünger gebe. Das ist eine Flüssigkeit mit vielen Nährstoffen.
Meine Topfpflanzen aus dem Haus dürfen über den Sommer auch nach draußen. Manche von ihnen brauchen einen größeren Topf, also werde ich sie umtopfen.
Im Frühjahr pflanze ich auch neue Pflanzen an. Ich habe Samen gekauft und werde zunächst einen schönen großen Topf mit verschiedenen Kräutern bepflanzen, die ich zum Kochen brauche. Thymian, Salbei, Basilikum, Schnittlauch und Petersilie. Dann werde ich etwas später Sonnenblumen pflanzen, die im Hochsommer sehr schön aussehen werden. Und vielleicht auch wieder Tomatenpflanzen. Eine Paprikapflanze von letztem Jahr habe ich ins Haus geholt - und sie hat den ganzen Winter über Früchte getragen. Diese Pflanze darf im Sommer natürlich wieder nach draußen und Sonne tanken.
In Deutschland kann es vor allem nachts noch lange im Frühjahr kalt werden. Zu kalt für Pflanzen, die das nicht gewöhnt sind. Es kann sogar noch zu Bodenfrost kommen. Daher stellen wir die Pflanzen erst nach den "Eisheiligen" nach draußen. Diese Tage finden Mitte Mai statt.
Gerade in Ländern wie Deutschland, wo es fast ein halbes Jahr lang kalt ist, freuen wir uns alle auf den Frühling und die wärmeren Temperaturen. Wir verbringen dann wieder viel Zeit draußen, gehen in den Biergarten, fahren Fahrrad und machen lange Spaziergänge.
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4/20/2018 • 5 minutes, 24 seconds
The Family. Absolute Beginner #11
Welcome to a typical German family! Let’s see what everybody is called. Let’s start with the parents. Parents are called „Eltern“ by the way. Eltern. Father and mother are very similar to the English words, they are „der Vater“ und „die Mutter“. Always learn the article with the words, that makes it so much easier later on!
Then there is the child, „das Kind“. Das Kind. Very important in almost every family are the grandparents. „Die Großeltern“. Die Großeltern. They are „der Großvater“ and „die Großmutter“. Kids often call them „Oma“ and „Opa“. Oma is Grandma, Opa is Grandpa.
Maybe the kid has siblings. Siblings are called „Geschwister“. Die Geschwister. There is the sister, „die Schwester“, and the brother, „der Bruder“. Schwester und Bruder.
On Sunday there will be a visit by an uncle. „Der Onkel“ is coming to visit. He is bringing his wife, „seine Frau“. Die Frau. Or to be more precise: Die Ehefrau - if they are married. He is also bringing his kids, who are the cousins of the kid we are talking about. Der Cousin und die Cousine. There are German words for the cousins, but they are very outdated and we use the French words with French pronunciation. Cousin und Cousine.
Let’s make it a little more complicated. If I have a sister and she is married, then her husband is my „Schwager“. Der Schwager. If I have a brother and he is married, then his wife is my „Schwägerin“. Die Schwägerin.
If I am an aunt myself, eine „Tante“, die Tante, then I have nieces and nephews. They are called Nichten und Neffen. „Die Nichte“ is the niece and „Der Neffe“ is the nephew.
4/13/2018 • 3 minutes, 10 seconds
SG #165: Ludwig van Beethoven
Die Musik von Ludwig van Beethoven kennt Ihr alle. Vor allem wahrscheinlich die berühmte 9. Sinfonie, in der er das Gedicht "An die Freude" von Schiller vertont hat und das heute die Europahymne ist.
Aber kennt Ihr auch den Lebenslauf dieses großen Komponisten? Geboren wurde er 1770 in Bonn. Sein Vater war Sänger und Musiklehrer. Er merkte, dass sein Sohn Ludwig musikalisch war - und förderte ihn. Ludwig bekam eine gute Musikausbildung. Mit sieben Jahren trat er dann zum ersten Mal auf und spielte Klavier. Als Teenager wurde er fest angestellt als Organist, er spielte auch Cembalo und die Bratsche.
Als Beethoven 14 Jahre alt war sagte ihm sein Musiklehrer voraus, er werde "ein zweiter Mozart" werden. Ludwig durfte nach Wien reisen, um Kompositionsschüler von Mozart zu werden. Zum Vergleich: Mozart war 14 Jahre älter als Beethoven. Ob die Männer sich jemals wirklich kennengelernt haben, ist unbekannt. Nach einigem Hin und Her blieb Beethoven also in Wien. Seine beiden Brüder zogen ebenfalls dorthin.
Wovon lebte der Musiker in dieser Zeit? Er hatte das Glück, dass viele Menschen sein Talent erkannten. Ein Fürst, der Mozart gekannt hatte, verschaffte ihm eine Wohnung und zahlte ihm ein jährliches Gehalt - so konnte Beethoven unabhängig bleiben und an seiner Musik arbeiten. Als er sich später mit diesem Fürsten stritt und der seine Zahlungen einstellte, sprangen zum Glück andere Adelige ein, die ihm ein Gehalt zahlten und ihn so in Wien hielten.
Er nahm Kompositionsunterricht bei Joseph Haydn, der 38 Jahre älter war. Ludwig van Beethoven schrieb viele Klaviersonaten, die er selbst als Pianist spielte. Er ging auf Tour - nach Prag und Berlin. Er komponierte Quartette und Sinfonien und entwickelte seinen eigenen Stil.
Noch bevor er 30 Jahre alt wurde, zeigte sich eine Krankheit bei ihm: Er verlor langsam sein Gehör. Für einen Musiker natürlich das Schlimmste, was passieren kann. Er dachte an Selbstmord, wurde dann aber so kreativ wie nie zuvor: Er komponierte wie ein Besessener.
1812 traf Beethoven mit seinen damals 42 Jahren den 63-jährigen Johann Wolfgang Goethe. Beethoven war kein einfacher Mensch, es gab oft Streit mit ihm. Künstlerisch aber war er ein Genie. Trotz seiner Taubheit komponierte er weiter. Er starb 1827 als Junggeselle - verheiratet war er nie, und soweit bekannt ist hatte er auch keine Kinder.
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4/6/2018 • 4 minutes, 55 seconds
SG #164: Ostern
An Ostern feiern die Christen die Auferstehung von Jesus Christus, das wisst Ihr sicherlich. An Ostern ist die Fastenzeit nach 40 Tagen zu Ende. Man darf wieder alles essen, was man möchte. Die Fastenzeit beginnt am Aschermittwoch (nach Fasching) und endet an Ostern.
Aber das Fest hat nicht nur etwas mit der Kirche zu tun, sondern auch mit alten heidnischen Bräuchen, die immer noch existieren. Zum Beispiel der Osterhase - er steht für die Fruchtbarkeit des Frühlings. Aber dazu später mehr. Ostern findet immer am ersten Frühlingsvollmond statt, also irgendwann im März oder April. Der Termin verschiebt sich von Jahr zu Jahr.
An Ostern haben die Kinder zwei Wochen lang Ferien. Sie müssen also nicht in die Schule gehen. Die Erwachsenen haben zwei Tage frei, und zwar am Karfreitag und Ostermontag. Es ist also ein verlängertes Wochenende für alle.
Vor Ostern fangen wir an, Ostereier zu bemalen. Wir blasen sie erst aus, so dass nur noch die leere Hülle bleibt. Dann malen wir die Eier mit bunten Farben schön an. Warum wir das tun? Denkt mal daran, dass es in Deutschland im Winter sehr lange sehr kalt ist. An Ostern beginnt langsam der Frühling. Es blühen die ersten Knospen an den Büschen. Die ersten Krokusse, Tulpen und Narzissen kommen aus dem Boden. Es wird wieder bunter und lebendiger in der Natur. Also holen wir uns blühende Zweige ins Haus. Entweder den gelb blühenden Ginster oder auch die kuscheligen Palmkätzchen. An diese Zweige hängen wir dann die ausgeblasenen und bemalten Ostereier.
Man kann auch Eier hart kochen, also ungefähr zehn Minuten lang kochen, und sie dann färben. So bleiben die Eier lange haltbar und sehen trotzdem schön aus.
Am Karfreitag beginnen die Feierlichkeiten. An diesem Tag trauern die Christen, sie essen an diesem Tag kein Fleisch. In Bayern darf man an diesem Tag auch nicht zu lauter Musik tanzen - es ist ein stiller Feiertag.
Am Ostersonntag feiern viele Familien mit einem Osterbrunch oder einem langen Frühstück. Dann gibt es zu den Eiern auch einen geflochtenen Hefezopf. Natürlich gehen viele Familien an Ostern in die Kirche. Es ist der höchste Feiertag im Christentum.
Für die Kinder gibt es zwei interessante Dinge. Zum einen kommt an Ostern der Osterhase. Er versteckt im Garten oder im Haus Ostereier und Süßigkeiten. Meistens sind diese in einem kleinen Körbchen versteckt, damit sie nicht dreckig oder nass werden. Zum anderen kann man mit den hartgekochten Eiern „Eier ditschen“ spielen. Jeder hat ein Ei in der Hand und dann haut der eine vorsichtig mit seinem Ei auf das Ei des Gegners. Wessen Ei kaputt geht, der hat verloren. Der Gewinner bekommt beide Eier.
Wie alle anderen Feste wird auch Ostern immer kommerzieller. In den Geschäften gibt es schon Wochen vorher Osterhasen aus Schokolade zu kaufen und andere kleine Süßigkeiten. Die Kinder bekommen mittlerweile auch oft an Ostern richtige Geschenke oder einen Schulranzen, wenn sie im Herbst in die Schule kommen.
Man wünscht sich in diesen Tagen übrigens „Frohe Ostern“.
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3/24/2018 • 5 minutes, 34 seconds
SG #163: Bürgerinitiative und Bürgerbegehren
Ich habe Euch schon vom politischen System in Deutschland erzählt. Also von unseren Parteien, der Bundeskanzlerin und dem Bundespräsidenten. Heute möchte ich Euch von der Bürgerinitiative in Deutschland erzählen.
Was ist eine Bürgerinitiative? Nehmen wir ein Beispiel. Eine Gruppe von Menschen möchte eine bestimmte Sache ändern. Dann kann sie genau für diese Sache eine Bürgerinitiative gründen. Anders als die Parteien, die viele verschiedene Probleme lösen möchten, konzentriert sich diese Bürgerinitiative auf ein einzelnes Problem.
Bürgerinitiativen haben eine lange Geschichte in Deutschland. Schon 1501 schlossen sich die Menschen zusammen, als es um die Bestattung von Pesttoten ging. 1947 wollten die Menschen den Wald schützen. Es gibt also viele verschiedene Gründe, eine Bürgerinitiative zu starten.
Was kann so eine Bürgerinitiative tun? Zunächst einmal kann sie zum Beispiel Demonstrationen organisieren, um mehr Menschen auf ihr Ziel aufmerksam zu machen. Sie kann auch Unterschriften sammeln und eine Petition starten. Zu guter letzt kann es zu einem Bürgerbegehren kommen - aber dazu gleich mehr.
Meistens kümmern sich solche Bürgerinitiativen um Dinge, die mit der Umwelt zu tun haben. Sie wehren sich beispielsweise gegen den Bau einer weiteren Startbahn am Flughafen. Oder sie fordern den Neubau einer Umgehungsstraße, die einen Ort entlasten soll. Es sollen nicht so viele Autos durch den Ort fahren, sondern außen herum. Sie können auch fordern, dass ein neuer Kindergarten gebaut wird oder eine Lärmschutzwand.
Kurz zusammengefasst kann man sagen, dass Bürgerinitiativen basisdemokratisch sind. Die Bürger selbst beschließen, dass sich etwas ändern muss - und packen es dann an. Meist finden die Bürger, dass die etablierten Parteien nicht genug unternehmen, um das Problem zu lösen, und wollen es dann selber in die Hand nehmen.
Nehmen wir an, wir gründen also eine Bürgerinitiative. Wir wollen den Bau einer lauten Straße verhindern. Dann können wir dafür beispielsweise einen Verein gründen, um der Gruppe eine Struktur zu geben. Dann fangen wir an, zu demonstrieren und Unterschriften zu sammeln. Wir brauchen eine bestimmte Zahl an Unterschriften - das ist genau festgelegt. In München sind es beispielsweise 34.000 Unterschriften. Diese Zeit des Sammelns nennt man Bürgerbegehren. Wenn ausreichend Unterschriften gesammelt wurden, gibt es einen Bürgerentscheid. Das bedeutet, dass die Menschen zu einer Wahl eingeladen werden. Sie gehen in ihr Wahllokal - das sind meistens Schulen - und müssen dann ein Kreuz machen, entweder bei „Ja“ oder bei „Nein“. Wenn genügend Menschen sich an dieser Wahl beteiligen, dann gilt dieser Bürgerentscheid.
Hier in München gab es im letzten Herbst einen Bürgerentscheid. Damals sollten wir Bürger darüber entscheiden, ob ein Steinkohlekraftwerk in München abgeschaltet werden soll. Die Bürger stimmten mit „Ja“.
Das heißt aber noch lange nicht, dass die Entscheidung sofort umgesetzt wird. Zum Beispiel haben sich die Münchner 2012 auch gegen eine dritte Startbahn am Flughafen ausgesprochen - ob sie nun aber gebaut wird oder nicht ist weiterhin unklar. Die Stimme der Bürger ist so gültig und wertvoll wie zum Beispiel ein Beschluss des Stadtrats.
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3/16/2018 • 5 minutes, 57 seconds
SG #162: Deutsche Philosophen
Keine Angst, auch wenn es heute um Philosophie geht verspreche ich Euch: Es wird nicht zu kompliziert! Ich werde wie immer versuchen, diese Episode so einfach verständlich wie möglich zu machen. Ich möchte Euch die großen deutschen Philosophen vorstellen - oder zumindest einige von ihnen.
Fangen wir an in der Zeit der Aufklärung, das war im 17. und 18. Jahrhundert. Da gab es einen Mann namens Immanuel Kant. Er sagte: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Das bedeutet also: Denke selbst! Kant stellt vier große Fragen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Und die wahrscheinlich wichtigste: Was ist der Mensch? Vielleicht habt Ihr auch schon von Kants kategorischem Imperativ gehört. Das klingt kompliziert, ist es aber nicht. Denn es gibt ein Sprichwort, das eigentlich das gleiche sagt: "Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu." Versetze Dich also in die Lage des anderen Menschen und tue nur, was für ihn auch gut wäre. Du möchtest nicht geschlagen werden? Dann schlage auch selber niemanden. Ganz einfach.
Gehen wir weiter zum Idealismus und zu Hegel und Marx. Sie leben in der Zeit der Industrialisierung. Das Leben der Menschen verändert sich. Es ist nicht mehr wichtig, was sie arbeiten, sondern wieviel sie arbeiten. Am Ende ihres Arbeitstages sehen sie nicht das Ergebnis ihrer Arbeit, wie ein Schreiner seinen Tisch sieht. Die Arbeiter werden austauschbar.
Also haben sich die beiden Philosophen Hegel und Marx die Geschichte angesehen und versucht, daraus zu lernen. Das Muster, das sie erkannten, war: die Menschen haben sich immer in zwei Lager gespalten, in die Unterdrückten und die Unterdrücker. Zum Beispiel in Sklaven und Sklavenhalter. Oder noch einfacher: Gewinner und Verlierer. So hat sich die Gesellschaft immer weiter entwickelt. Das bedeutet aber auch: Die Schere zwischen armen Menschen und reichen Menschen geht immer weiter auseinander. Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Marx und Hegel wünschten sich den Kommunismus, eine klassenlose Gesellschaft, die für alle Menschen optimal ist.
Wir bleiben im 19. Jahrhundert und gehen in den Bereich Lebensphilosophie. Jetzt sind wir bei den Namen Schopenhauer und Nietzsche angekommen. Fangen wir mit Schopenhauer an. Ihn haben auch Weisheiten aus Indien und aus dem Buddhismus beeinflusst. Für Schopenhauer ist Leben auch Leiden. Durch dieses Leiden bekommt der Mensch Mitleid gegenüber anderen Menschen und auch Tieren. Wer aus diesem Leiden flüchten möchte, der hat nur eine Chance: Die Kunst und die Musik. Er sagt auch: Die Welt ist meine Vorstellung.
Und Nietzsche? Der sagt: Tatsachen gibt es nicht, nur Interpretationen. Also ist auch bei ihm alles subjektiv. Aber es geht weiter: Für Nietzsche gibt es keinen Gott, keine Erkenntnis, keine Moral, keine Werte und keinen Sinn des Lebens. Alles wiederholt sich unendlich. Nichts ist neu. Ihr kennt sicher seinen Spruch: Gott ist tot. Für den Menschen gibt es also keinen Sinn zu leben. Aber wenn es den Menschen nicht mehr gibt, gibt es vielleicht den Übermensch - und der ist dann der große Sinn der Erde.
Im 20. Jahrhundert waren da noch Freud, Heidegger, Wittgenstein und all die anderen - aber das führt jetzt zu weit.
Wisst Ihr, was mir gerade auffällt? Von Philosophen spricht man meistens ohne Vornamen! Das waren natürlich längst nicht alle deutschen Philosophen, aber es war ein Anfang. Wer ist aktuell der bekannteste deutsche Philosoph, der noch lebt? Da würde ich sagen, es ist Richard David Precht. Ein Video von ihm stelle ich Euch auf slowgerman.com
Richard David Precht: Vergesst das Wissen!
https://www.youtube.com/watch?v=Gewb3-DUlJs
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3/9/2018 • 6 minutes, 26 seconds
SG #161: Die Weimarer Republik
Es wird Zeit für eine wichtige Geschichts-Episode. Und zwar geht es um die Weimarer Republik. Das ist die Zeit in Deutschland zwischen 1919 und 1933. Also vor der Nazi-Zeit. Diese Jahre waren besonders wichtig für Deutschland. In der Weimarer Republik gab es zum ersten Mal eine parlamentarische Demokratie hier. Vorher gab es das Kaiserreich, also eine parlamentarische Monarchie wie heute in Großbritannien oder den Niederlanden.
Das war die kurze Zusammenfassung - jetzt erkläre ich Euch das ein wenig genauer. Machen wir eine Zeitreise ins Jahr 1918, also genau 100 Jahre in die Vergangenheit. Der Erste Weltkrieg ist gerade vorbei. Den Menschen geht es schlecht. Ihr Geld ist nichts mehr wert. Deutschland hat den Krieg verloren und muss viel an die Gewinner abgeben - das ist im Vertrag von Versailles festgehalten worden. Viele Menschen sind arbeitslos. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. ist abgesetzt worden. Aber wie soll es weitergehen?
1919 gab es freie Wahlen in Deutschland. Zum ersten Mal durften auch die Frauen wählen. 83% der Deutschen gingen zur Wahl. Sie wählten eine Nationalversammlung. In der Nationalversammlung saßen die Menschen, die dann über die Zukunft Deutschlands entscheiden sollten.
Die Nationalversammlung traf sich in der Stadt Weimar. Das ist die Stadt, die heute vor allem durch Schiller und Goethe bekannt ist. Sie entschied, dass Deutschland zu einer parlamentarischen Demokratie werden sollte. Erster Reichspräsident wurde Friedrich Ebert, ein Sozialdemokrat. Seine Partei, die SPD, hatte 37,9% der Stimmen bekommen und war damit die stärkste Partei im Reichstag. Ab August 1919 hatte die Weimarer Republik dann ihre eigene Verfassung. Darin festgeschrieben waren zum Beispiel die Gewaltenteilung und die Grundrechte.
Das klingt wie ein guter Anfang - aber es war schwieriger als gedacht. Mit ein Grund dafür war sicher, dass es 1929 eine Weltwirtschaftskrise gab. Diese stürzte die Menschen in noch mehr Leid. Dazu kam die so genannte Dolchstoßlegende. Das war eine Propaganda-Lüge. Sie sagte: die neue Regierung war schuld am verlorenen Krieg! Der Hass auf die noch junge Demokratie wuchs.
Es gab Menschen, die wieder die alte Kaiserzeit zurückwollten. Es gab radikale Linke, die lieber eine Räterepublik wollten. Das ist ein politisches System, bei dem die Herrschaft über direkt vom Volk gewählte Räte ausgeübt wird. Das Vorbild dafür war die damalige Sowjetunion. Es gab aber auch radikale Rechte, die eine Diktatur wollten. Welche dieser Gruppen schließlich gewonnen hat, wisst Ihr leider alle: Die Nationalsozialisten. Sie wurden immer stärker. 1933 übernahmen sie die Macht. Adolf Hitler wurde Reichskanzler. Das war das Ende der Weimarer Republik.
Lebendiges Museum online:
http://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik
So sah Deutschland während der Weimarer Republik aus:
http://www.webring.org/l/rd?ring=geschichte;id=61;url=http%3A%2F%2Fwww.gonschior.de%2Fweimar%2F
MrWissen2go:
https://www.youtube.com/watch?v=7WXxDy31Ygk
Planet Wissen mit einer extrem gut gemachten Übersicht über die Zeit zwischen 1918 und 1933:
https://www.youtube.com/watch?v=WGS7JpDiDew
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3/2/2018 • 5 minutes, 16 seconds
SG #160: Die Volkshochschule
In vielen deutschen Städten und Gemeinden gibt es eine Volkshochschule. Abgekürzt nennt man sie VHS. Heute möchte ich Euch erzählen, was so eine VHS ist.
Eine VHS ist ein kommunales Weiterbildungszentrum. Kommunal bedeutet, dass die VHS zu einer bestimmten Gemeinde gehört. Sie ist also nicht für das ganze Land zuständig, sondern nur für eine kleine Region. Weiterbildung bedeutet, dass man hier neue Dinge lernen kann. Vor allem sind die Angebote für Erwachsene gedacht.
An der VHS gibt es viele verschiedene Angebote. Vom Yoga-Kurs bis zum Mal-Kurs ist alles dabei. Man kann Nähen lernen und andere Sprachen. Es gibt Kurse für bestimmte Software-Programme wie Windows. Die Volkshochschule bietet auch Stadtführungen an, bei denen man zum Beispiel etwas über die Geschichte der eigenen Heimat lernt.
Die Volkshochschulen haben entweder eigene Gebäude, in denen die Kurse abgehalten werden, oder sie nutzen öffentliche Gebäude. Zum Beispiel mieten sie im Rathaus einzelne Räume oder in einer Grundschule.
Unterrichten dürfen an der VHS ganz unterschiedliche Menschen. Das können natürlich Lehrer sein, aber es sind oft auch einfach Experten für ein Gebiet. Ich selber habe an der Volkshochschule beispielsweise schon Computerkurse gegeben oder Podcasting-Kurse. Dafür habe ich dann Geld bekommen. Nicht viel, aber immerhin. Und meine Mutter unterrichtet Malerei.
Wie sich dieses System finanziert? Volkshochschulen bekommen Geld vom Land, von der Gemeinde und vom Landkreis. Außerdem bekommen Volkshochschulen Spenden und oft auch Fördergelder. Und die Kurse sind nicht kostenlos, sie kosten für die Teilnehmer Geld. Aber sie sind viel günstiger als bei den meisten anderen Anbietern.
Schon 1879 gab es in Deutschland so eine Art Volkshochschule. Hier versuchte man durch Vorträge den Bürgern neues Wissen beizubringen. Vor allem die Menschen, die keine Akademiker waren, sollten sich hier weiterbilden können. Es geht auch heute noch vor allem um die Erwachsenenbildung, also um lebenslanges Lernen.
Es geht aber nicht nur um Hobbies: In vielen Kursen kann man Dinge lernen, die für den eigenen Beruf wichtig sind. Wenn beispielsweise jemand arbeitslos ist, kann er hier Neues lernen. Er lernt zum Beispiel, wie man mit einem neuen Computerprogramm umgeht. Nach dem Kurs an der VHS bekommt er sogar ein Zertifikat, also ein Zeugnis. Dieses Zeugnis ist der Beweis, dass er etwas Neues gelernt hat. Vielleicht hat er dadurch bessere Chancen, einen Job zu finden.
Und noch eine Sache ist toll an den Volkshochschulen: Man kann dort natürlich auch gut neue Leute kennenlernen, die ähnliche Interessen haben.
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2/23/2018 • 4 minutes, 54 seconds
SG #159: Max und Moritz
Es gibt ein altes Kinderbuch, das heißt „Max und Moritz“. Wilhelm Busch hat es 1865 veröffentlicht. Bis heute ist es eines der meistverkauften Kinderbücher. Es wurde in 300 Sprachen und Dialekte übersetzt.
Der Autor Wilhelm Busch wurde 1832 geboren. Er war ein Pionier des Comics, das heißt er verknüpfte lustige Texte mit Bildern. Er mochte die Satire und machte sich gerne über die Gesellschaft lustig. Noch heute benutzen wir viele deutsche Redewendungen, die er sich vor langer Zeit ausgedacht hat. Zum Beispiel: „Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr.“
Interessanterweise war Busch kein fröhlicher, immer lachender Mensch, wie man es bei der Lektüre seiner Werke denken könnte. Im Gegenteil. Er war ernst und verschlossen. Viel lieber wäre er ein ernsthafter Künstler geworden - den größten Erfolg aber hatte er mit seinen lustigen Bildergeschichten.
Die Geschichten von Max und Moritz sind allesamt in Reimform. So fängt die Geschichte an:
Ach, was muß man oft von bösen
Kindern hören oder lesen!
Wie zum Beispiel hier von diesen,
welche Max und Moritz hießen;
Die beiden Jungs werden als Lausbuben bezeichnet. Das ist ein eher alter Begriff für Jungs, die viel Unsinn machen. Sie spielen zum Beispiel anderen Menschen Streiche. Das bedeutet, dass sie sich Dinge ausdenken, um die anderen Menschen zu ärgern oder ihnen sogar zu schaden.
Harmlos sind diese Geschichten keineswegs: Ständig wird jemand verletzt oder es sterben Tiere. Und am Ende der Geschichten sterben sogar Max und Moritz selber: Sie werden für ihre bösen Streiche bestraft und der Müller zerschrotet sie in seiner Mühle - er bringt sie also um.
So würde man heute wahrscheinlich keine Kinderbücher mehr schreiben, oder? Aber ihr kennt das ja sicher auch von den alten Märchen - sie waren grausam und hatten immer eine Erziehungsbotschaft. Interessant ist, dass es bei Max und Moritz nicht um den klassischen Kampf von Gut gegen Böse geht. Die Jungen selber sind eher böse, die vorkommenden Erwachsenen aber eigentlich auch.
Besonders gut verkaufte sich das Kinderbuch zu Beginn nicht. Langsam sprach es sich aber herum - und als Wilhelm Busch 1908 starb, gab es bereits 56 Auflagen von „Max und Moritz“. 1887 war es sogar ins Japanische übersetzt worden. Viele Links zu „Max und Moritz“ findet Ihr auf www.slowgerman.com.
Hier könnt Ihr das Originalbuch durchblättern:
http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/busch_max_1865?p=7
Hier gibt es eine Fernsehsendung zum Kinderbuch „Max und Moritz“ mit vielen prominenten Deutschen:
http://www.ardmediathek.de/tv/LIDO/Max-und-Moritz-Die-unglaubliche-Geschi/BR-Fernsehen/Video?bcastId=14912680&documentId=33739606
Hier könnt Ihr das Buch in verschiedenen Formaten herunterladen:
http://www.gutenberg.org/ebooks/17161
Hier wird Euch das Kinderbuch vorgelesen:
http://www.gutenberg.org/files/21149/mp3/21149-01.mp3
Hier gibt es Max und Moritz auf Deutsch und Englisch - mit Quizfragen:
https://germanstories.vcu.edu/mm/mmmenu.html
Die Originalgeschichte als Video:
https://www.youtube.com/watch?v=8KRL3jgZ96Q
Ein Max und Moritz-Spielfilm von 1956:
https://www.youtube.com/watch?v=dOe_fLciHNc
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2/10/2018 • 4 minutes, 29 seconds
SG #158: Die Zeit der Ritter
Im Mittelalter gab es Kämpfer, die auf Pferden unterwegs waren. Man nennt diese Krieger Ritter, das kommt einfach vom Wort „Reiter“. Ein Ritter trug eine Rüstung aus Metall. Sie sollte ihn bei Kämpfen vor Verletzungen schützen. Manchmal trug sogar sein Pferd eine Rüstung. Und weil es ganz schön kompliziert war, so eine Rüstung an- und auszuziehen, war der Ritter selten allein. Meistens hatte er einen Knappen dabei, das war ein Knecht, also so eine Art Diener.
Nun klingt es so, als wären Ritter arme Soldaten gewesen. Das war aber gar nicht so. Ritter waren reiche Menschen. Sie mussten sich selber ihre Pferde kaufen, ebenso die Ausrüstung und die Waffen und ihre Knappen mussten auch entlohnt werden. Die Ritter hatten meist eigene Ländereien, um die sie sich kümmerten. Es war auch so, dass die Herrscher der Zeit manche Männer zu Rittern schlagen konnten.
Ritter waren dazu da, ihr Land und das ihres Herrschers zu schützen. Denn das Mittelalter war eine Zeit, in der man nicht sehr sicher lebte. Gruppen aus anderen Völkern versuchten, Länder zu erobern oder auszurauben. Das waren zum Beispiel die Wikinger. Dagegen versuchte man sich zu schützen. Ein normaler Soldat war immer noch zu Fuß unterwegs - und damit leicht zu besiegen. Die Ritter dagegen waren auf ihren Pferden und in ihren Rüstungen mächtige Gegner.
Wenn Rittern gerade langweilig war, veranstalteten sie Ritterturniere. Das waren Wettkämpfe, in denen die Ritter gegeneinander kämpften um zu sehen, wer der stärkste oder beste Ritter war. Diese Wettkämpfe waren ein großes Spektakel, zu dem viele Zuschauer aus dem ganzen Land kamen. Ritter hatten lange Lanzen, also Holzwaffen, mit denen sie andere Reiter vom Pferd zu stoßen versuchten.
Damit nicht jeder Ritter alleine vor sich hin kämpfte, gab es Ritterorden. Das waren Vereinigungen von Rittern.
Als Ritter verkleidetes Kind
Das Ende der Ritter kam übrigens daher, dass zwei neue Waffen erfunden wurden: Die Armbrust und der Langbogen. Mit diesen Waffen konnte man Pfeile abschießen. Und diese Pfeile hatten dann so eine Wucht, dass sie sogar durch Eisenrüstungen durchgingen.
Dennoch wird die Zeit der Ritter heute nicht vergessen. Kinder spielen gerne Ritter, und auch Erwachsene verkleiden sich als Ritter und kämpfen in modernen Ritterturnieren gegeneinander. Es ist eine Zeit, die viele heute noch fasziniert.
Wenn Ihr mehr über die Zeit der Ritter erfahren wollt, empfehle ich Euch eine Reihe von Kinderbüchern. Die Autorin Kerstin Boie hat nämlich den Ritter Trenk erfunden - einen kleinen Jungen, der unbedingt ein Ritter sein möchte. In ihren Büchern wird die Zeit des Mittelalters gut erklärt.
Hier seht Ihr die Bücher, eine TV-Serie und einen Kinofilm über den Ritter Trenk (Affiliate-Links):
Hier noch zwei interessante Kindersendungen zum Thema Ritter:
https://www.youtube.com/watch?v=jeRclNOJ0R0
https://www.youtube.com/watch?v=j310VVPPIRI
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2/3/2018 • 4 minutes, 49 seconds
SG #157: Bertolt Brecht
Bertolt Brecht war ein bekannter deutscher Dramatiker. Geboren wurde er 1898 in Augsburg, also in Bayern. Schon als Kind begann er zu dichten. Mit 15 Jahren gründete er mit einem Freund eine Schülerzeitung. Sie schrieben selber Texte und ließen diese dann drucken.
Brecht schrieb viel, und einiges davon wurde sogar schon in frühen Jahren in Zeitungen abgedruckt. Es waren „Augsburger Kriegsbriefe“, patriotische Texte zu Zeiten des Ersten Weltkriegs.
Bertolt Brecht fand Freunde, die ebenso kreativ waren wie er. Gemeinsam arbeiteten sie an Liedern oder Theaterstücken. Dann studierte Bertolt Brecht in München Medizin und Philosophie – allerdings ging er kaum in die Vorlesungen, sondern hörte sich lieber an, was im Literaturseminar erzählt wurde. Da ging es um zeitgenössische Literatur, also um das, was gerade zu der Zeit und in den Jahren zuvor geschrieben worden war.
Kurz war er im Militärdienst, arbeitete in einem Lazarett, also einer Krankenstation für Soldaten. Mit 21 Jahren wurde er Vater – seine 17-jährige Freundin war schwanger geworden.
Brecht schrieb weiter und schickte seine Werke an bekannte Menschen seiner Zeit – zum Beispiel an Lion Feuchtwanger. Der mochte Brechts Werke und unterstützte ihn. Brecht reiste mehrmals nach Berlin und knüpfte neue Kontakte, und zwar zu Verlegern, Lektoren, Schauspielern und Autoren.
1922, da war Brecht gerade mal 24 Jahre alt, wurde sein erstes Stück auf einer Münchner Theaterbühne aufgeführt. Sein erstes Buch erschien in einem Berliner Verlag, er drehte mit Karl Valentin einen Film und 1923 kam sein zweites Kind zur Welt – von einer anderen Frau, mit der Brecht mittlerweile verheiratet war.
1924 war eine dritte Frau von Brecht schwanger – er ließ sich also scheiden und heiratete diese Frau, Helene Weigel, die 1930 noch eine Tochter bekam. 1928 schrieb Brecht seinen größten Erfolg, die „Dreigroschenoper“. Ihr kennt vielleicht auch „Mutter Courage“ oder „Der gute Mensch von Sezuan“.
Brecht zog nach Berlin, wurde Kommunist, arbeitete als Regisseur und arbeitete mit Kurt Weil zusammen – sie verbanden Theater und Musik.
Als die Nationalsozialisten stärker wurden und Brecht bedrohten, flüchtete er ins Ausland. Seine Bücher wurden von den Nationalsozialisten verbrannt und seine Werke verboten. Brecht war in Paris und arbeitete weiter.
1941 reiste er mit seiner Familie nach Kalifornien, er wollte dort als Drehbuchautor in Hollywood arbeiten. Weil man ihn hier nach Kriegsbeginn für einen Kommunisten hielt, reiste er in die Schweiz – nach Kriegsende wieder nach Berlin, diesmal nach der Teilung in den Ost-Teil der Stadt, also Teil der DDR. Er gründete 1949 das Berliner Ensemble – das ist heute eines der bekanntesten Theater in Berlin.
1956 starb Brecht.
Über 16,5 Millionen Bücher von Bertolt Brecht hat allein der Suhrkamp-Verlag bislang verkauft – jedes Jahr werden nochmal 300.000 Bücher verkauft.
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1/27/2018 • 5 minutes, 12 seconds
SG #156: Auf der Baustelle
Jeden Tag, wenn ich in die Arbeit komme, gehe ich an einer riesigen Baustelle vorbei. Besser gesagt an zwei Baustellen. Am Eingang wird ein neues Parkhaus gebaut und ein Kindergarten. Weiter hinten werden gerade viele alte Garagen abgerissen - hier kommen neue Büros hin.
So eine Baustelle ist sehr faszinierend, finde ich. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man so viele Menschen und Maschinen koordinieren kann. Momentan bringen viele große LKW fertige Betonteile auf die Baustelle, die dann von Kränen zu einem großen Haus zusammengesetzt werden. Dann wird an der Außenseite ein großes Gerüst aufgebaut, damit die Maler die Außenfassade streichen können.
An anderer Stelle kommen Betonmischer, also große Laster mit einer sich drehenden Trommel auf der Ladefläche. In dieser Trommel ist flüssiger Beton. Dieser Beton wird auf eine vorbereitete Bodenplatte geschüttet. Wenn der Beton fest ist, wird das der Boden des Kellers.
Lange Zeit konnte man die Bauarbeiter dabei beobachten, wie sie das Gelände erst einmal vorbereitet haben für den späteren Bau. Sie mussten zum Beispiel leider alte Bäume fällen, die hier viele Jahrzehnte gewachsen waren. Dann haben sie mit einem Bagger die oberste Erdschicht abgetragen.
Der Architekt steht oft mit dem Bauingenieur zusammen und sieht sich die gezeichneten Pläne genau an. Sie besprechen, was zu tun ist. Alles ist genau vorgeplant, damit auf der Baustelle dann auch alles funktioniert. Denn die Maschinen zu mieten kostet Geld, und die Bauarbeiter natürlich auch.
Wenn sie Pause machen dürfen, treffen sich die Bauarbeiter in einem kleinen Container. Hier können sie sich einen warmen Kaffee kochen und etwas essen, sie können sich an einen Tisch setzen und sich ausruhen. Denn die Bauarbeiter arbeiten immer - ob bei Regen oder Schnee, Kälte oder Hitze. Es ist ein harter Job. Sie fangen sehr früh am Morgen an zu arbeiten. Jetzt im Winter ist es dann noch dunkel - also haben sie Scheinwerfer installiert, damit sie überhaupt sehen, was sie gerade tun.
Wichtig ist natürlich die Sicherheit der Bauarbeiter. In Deutschland gibt es eine Baustellenverordnung. Hier wird alles festgehalten, was mit der Sicherheit und dem Schutz der Bauarbeiter zu tun hat. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Bauarbeiter Schutzkleidung tragen, also zum Beispiel einen Helm und extra verstärkte Schuhe. Es gibt Gitter und Gerüste, damit die Bauarbeiter nicht abstürzen können. Aber auch die Menschen, die täglich an der Baustelle vorbeikommen, werden geschützt: Eine Baustelle muss immer so durch Zäune abgesichert sein, dass zum Beispiel auch Kindern nichts passieren kann.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg156kurz.pdf
1/19/2018 • 4 minutes, 50 seconds
SG #155: Das Nibelungenlied
Es gibt eine alte Geschichte, die Ihr kennen solltet. Es ist das Nibelungenlied. Das ist eine alte Heldengeschichte, eine Sage. Man nennt diese Geschichte auch das Nationalepos der Deutschen. Aufgeschrieben wurde das Nibelungenlied ungefähr um das Jahr 1200 herum - aber die Geschichte selbst ist sicher noch viel älter.
Fangen wir mit dem Wort Nibelungenlied an. Ein Lied ist in unserer Zeit gesungen, also Musik mit Gesang. Damals aber war es eher eine Erzählung, eine Geschichte. Man konnte sie auch singen, das musste aber nicht sein.
Vier Zeilen, die sich aufeinander reimen, ergeben eine Strophe des Nibelungenliedes. Und es gibt 2400 Strophen. Das ist also ein ganz schön langes Lied, oder?
So geht es los:
Uns wird in alten Erzählungen viel Wunderbares berichtet,
von rühmenswerten Helden, großer Kampfesmühe,
von Freuden und Festen, von Weinen und Klagen;
von den Kämpfen kühner Helden könnt ihr nun Wunderbares erzählt hören.
Jetzt werdet Ihr sagen: Moment Mal, das reimt sich doch nicht? Nein. Denn das ist nicht das Original, sondern eine Übersetzung. Denn damals sprach man noch nicht so Deutsch wie heute. In Mittelhochdeutsch hat es sich gereimt.
Und was sind „Nibelungen“? Nun, in der Sage gab es einen König Nibelung. Der starb - und Siegfried tötete seine Söhne. Da war er also schon - Siegfried. Um ihn geht es im Nibelungenlied. Ich erzähle Euch die Geschichte - natürlich stark gekürzt.
Da gab es also diesen Siegfried. Er erlebte viele Abenteuer, zum Beispiel kämpfte er mit einem Drachen. Er tötete den Drachen und badete in seinem Blut. Davon wurde seine Haut fester, fast wie Horn. Er wurde also unverwundbar, Schwerter oder andere Waffen können ihn nicht besiegen. Nur an einer kleinen Stelle am Rücken hatte das Blut seine Haut nicht verwandelt - dort ist er weiterhin verwundbar.
Der Held Siegfried also will eine Frau. Nicht irgendeine Frau, sondern Kriemhild, eine Prinzessin. Die verliebt sich auch tatsächlich in ihn. Doch dann kommt eine Kriegserklärung, die das Reich der Prinzessin und ihrer Familie bedroht. Siegfried will helfen und zieht gemeinsam mit dem Bruder der Prinzessin in den Kampf. Sie gewinnen. Natürlich.
Jetzt ist der Bruder dran. Er heißt Gunther. Und er sucht auch eine Frau. Er möchte unbedingt die schöne Brünhild haben. Da ist er nicht der einzige: Viele Männer buhlen, also werben um Brünhild. Sie ist stark und mutig. Sie möchte nur den Mann haben, der sie im Kampf besiegt. Das versuchen viele Männer - sie schaffen es nicht und werden getötet. Also macht Gunther einen Deal mit Siegfried. Siegfried soll ihm helfen, Brünhild zu besiegen. Dafür darf Siegfried dann seine Schwester Kriemhild heiraten.
Der Plan funktioniert und es gibt eine Doppelhochzeit. In der Hochzeitsnacht jedoch wehrt sich Brünhild - wieder muss Siegfried helfen. Beide Male denkt Brünhild, ihr Mann hat sie „besiegt“. Siegfried war nämlich unsichtbar. Danach ist für einige Jahre alles ruhig.
Doch dann streiten die beiden Frauen miteinander. Welche hat den besseren Ehemann? Kriemhild erzählt Brünhild davon, dass Siegfried sie eigentlich besiegt hat. Nicht ihr eigener Mann. Daraufhin wird Siegfried getötet. Kriemhild lässt den Nibelungenschatz bringen. Das ist ein Schatz, den der Drache damals bewacht hatte. Und sie fängt an, das Gold zu verteilen. Ihr Onkel will den Schatz retten und versenkt ihn im Rhein.
Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Ihr erinnert Euch ja: 2400 Strophen hat das Lied. Also tief Luft holen, es geht weiter.
Kriemhild ist jetzt allein. Sie hat keinen Mann mehr. Also muss ein neuer Mann her. Ein König wird ihr neuer Mann. Sie zieht zu ihm ins Hunnenland, bekommt einen Sohn und könnte glücklich sein - aber sie ist es nicht. Sie will Rache. Sie lädt ihre alte Familie zu einem Fest ein. 1060 Ritter und 9000 Knechte kommen zu ihr ins Hunnenland, also nach Ungarn.
Kriemhild lässt alle Knechte töten. Als ihr Bruder das erfährt, tötet er Kriemhilds Kind. Es gibt ein Blutbad.
1/13/2018 • 9 minutes, 32 seconds
SG #154: Weihnachtslieder
Bald ist Weihnachten. Zeit, ein paar schöne Weihnachtslieder zu singen! In Deutschland ist es Brauch, dass wir am Heiligabend vor der Bescherung singen. Das bedeutet, dass wir am 24. Dezember wenn es dunkel wird um den geschmückten und beleuchteten Weihnachtsbaum stehen und Weihnachtslieder singen, bevor wir die Geschenke auspacken.
Die meisten deutschen Weihnachtslieder sind sehr alt. Sie stammen aus dem späten Mittelalter. Damals waren sie Kirchenlieder, die über viele Generationen hinweg umgeändert wurden.
Einige Beispiele für Euch, ich lasse die Weihnachtsmaus singen:
Alle Jahre wieder,
kommt das Christuskind
auf die Erde nieder,
wo wir Menschen sind.
oder
Stille Nacht, heilige Nacht!
Alles schläft, einsam wacht
Das kennt Ihr auch in anderen Sprachen, oder?
Noch ein Lied:
Leise rieselt der Schnee,
still und starr ruht der See
weihnachtlich glänzet der Wald:
Freue dich, Christkind kommt bald!
Kling, Glöckchen, klingelingeling,
kling, Glöckchen, kling!
Laßt mich ein, ihr Kinder,
ist so kalt der Winter,
öffnet mir die Türen,
laßt mich nicht erfrieren.
Kling, Glöckchen, klingelingeling,
kling, Glöckchen, kling!
Und das Highlight natürlich:
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
wie grün sind Deine Blätter
Du grünst nicht nur zur Sommerzeit
nein auch im Winter, wenn es schneit
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
wie grün sind Deine Blätter
Alle Kinder haben sich bei diesem Lied gefragt, warum der Tannenbaum plötzlich Blätter hat. Denn eigentlich hat er ja Nadeln. Aber egal.
Wenn Ihr Menschen hören wollt, die wirklich singen können, stelle ich Euch ein paar Links zu den Liedern auf slowgerman.com. Dort könnt Ihr in den Untertiteln der Videos den Text mitlesen!
Natürlich gibt es auch moderne Lieder, die vor allem die Kinder alle kennen und mögen. Zum Beispiel den Ohrwurm „In der Weihnachtsbäckerei“. Auch dazu stelle ich Euch den Link auf die Seite.
Slow German macht jetzt Weihnachtspause - wir hören uns im Neuen Jahr wieder! Auf slowgerman.com gibt es aber ein Weihnachtsgeschenk für Euch: Das Premium-Abo für 25% weniger. Einfach den Promo-Code „Weihnachten“ eingeben! Er gilt bis 7.1.2018.
Die Weihnachtslieder mit Untertiteln zum Mitsingen:
Alle Jahre wieder: https://www.youtube.com/watch?v=f2dD65CK6qY
Oh Tannenbaum: https://www.youtube.com/watch?v=2VN21X_wnWc
Stille Nacht: https://www.youtube.com/watch?v=gavZL5412JM
Leise rieselt der Schnee: https://www.youtube.com/watch?v=Cq4nV_f7-J4
Kling, Glöckchen Klingelingeling: https://www.youtube.com/watch?v=w8GX3Eriaqs
Leise rieselt der Schnee: https://www.youtube.com/watch?v=Cq4nV_f7-J4
Die ganze Playliste mit Weihnachtsliedern mit Untertiteln:
https://www.youtube.com/playlist?list=PL7Xc9V4mPsQL6BYaQkfA9qnshyzKUd53y
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg154kurz.pdf
12/19/2017 • 4 minutes, 32 seconds
SG #153: Heinrich Heine
„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“ Habt Ihr diesen Satz schon einmal gehört? Er wird immer dann zitiert, wenn es Probleme in Deutschland gibt. Der Satz stammt von Heinrich Heine. Er war einer der wichtigsten deutschen Dichter. Aber keine Angst: Auch wenn er am 13. Dezember 1797 geboren wurde, sind seine Texte sehr aktuell und relativ leicht zu lesen. Ihr werdet ihn mögen!
Harry Heine wuchs in einem jüdischen Haushalt auf. Er war 13 Jahre alt, als Napoleon in Düsseldorf einzog. Schon als Schüler begann er, Gedichte zu schreiben. Beruflich sollte er eigentlich im Bankgeschäft arbeiten, aber dafür hatte er kein Talent. Also versuchte er es erst mit einem eigenen Geschäft für Stoffe, das aber bald pleite war. Dann begann er zu studieren. Er probierte es mit Jura und mit Geschichte, besuchte verschiedene Vorlesungen.
Mit 25 Jahren veröffentlichte er erste Gedichte. Es war eine aufregende Zeit für ihn. Er wechselte die Städte und die Universitäten, er beendete sein Jura-Studium und wurde promoviert. Um seine Chancen als Anwalt zu verbessern, ließ er sich protestantisch taufen, er kehrte also dem Judentum den Rücken und wurde Christ. Daher auch der neue Name: Christian Johann Heinrich Heine. Später hat er die Taufe oft bereut.
Wenn Ihr Heines Werke lest werdet Ihr merken, dass sie etwas Besonderes sind. Sie sind oft kritisch, sehr oft aber auch ironisch und humorvoll. Er spielt mit der Sprache. Er kann aber auch sehr böse sein und herablassend über Menschen schreiben. Seine Kritik auch an politischen Ereignissen und die Zensur, mit der er in Deutschland leben musste, führten Heinrich Heine nach Paris. Er wanderte nach Frankreich aus.
Als Schriftsteller wurde er immer bekannter. Er wurde ein Vermittler zwischen Frankreich und Deutschland, versuchte den Menschen, die jeweils andere Kultur zu erklären. Er verdiente viel Geld mit seinen Schriften, heiratete eine Französin und traf große Menschen wie Karl Marx und Goethe.
Aber dann passierte etwas Schlimmes: Heine brach zusammen. Mit 51 Jahren war er fast vollständig gelähmt. Acht Jahre lang musste er im Bett verbringen. Er nannte diesen Ort seine Matratzengruft. Was für eine Krankheit das war, weiß man heute nicht. Vielleicht Syphillis, vielleicht Multiple Sklerose, vielleicht eine Bleivergiftung oder Tuberkulose. Es ist egal. Wichtig ist: Er war schwer krank und fast blind, aber das hinderte ihn nicht daran, weiter bis zu seinem Tod zu schreiben.
Versucht doch mal, etwas von Heine zu lesen. Auch wenn Ihr nicht alles versteht. Zum Beispiel das Gedicht „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ über die Loreley. Oder „Nachtgedanken“ mit dem diese Episode begonnen hat.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg153kurz.pdf
12/10/2017 • 5 minutes, 19 seconds
SG #152: Weihnachtsplätzchen
Endlich ist wieder Advent! In den vier Wochen vor Weihnachten wird es besonders süß und lecker in Deutschland.
Hauptsache viele verschiedene Sorten!
Denn jetzt essen wir Lebkuchen und Weihnachtsplätzchen, im Norden auch Weihnachtskekse genannt. Es gibt viele verschiedene Sorten dieser kleinen Kekse, und ich möchte Euch heute einige davon vorstellen. Was alle Weihnachtsplätzchen gemeinsam haben ist, dass sie mit typischen Weihnachtsgewürzen und oft mit viel Fett und Nüssen gebacken werden - passend zum kalten Winter.
Da sind zum Beispiel die Vanillekipferl: Aus einem Mandelteig macht man zunächst dünne Würste, die man dann zu kleinen Monden formt - den Kipferln. Dann werden diese mit Vanillezucker bestäuben. Sie haben keine Füllung, sind aber sehr lecker, weil der Teig sofort auf der Zunge zerfällt.
Oder die Zimtsterne - diese Sterne habe ich noch nie selber gebacken, weil sie wirklich kompliziert sind: Auf einem dunklen und klebrigen Teig aus Mandeln ist eine dicke weiße Zuckerschicht aufgebracht. Beim Backen muss man aufpassen, dass diese nicht dunkel wird! Zum Glück kann der Bäcker das perfekt, also kaufe ich Zimtsterne am liebsten beim Bäcker.
Weihnachtsplätzchen: Spitzbuben und Kolatschen
Ich liebe auch die Spitzbuben, das sind Weihnachtsplätzchen aus zwei Lagen. Erst sticht man normale Plätzchen aus, dann nochmal die gleichen, allerdings mit einem Loch darin. Beide Hälften werden gebacken. Dann wird der Keks mit dem Loch darin mit Puderzucker bestäubt und der untere Keks mit Marmelade bestrichen. Nach dem Zusammenkleben sieht das besonders hübsch aus, weil die Marmelade durch das Loch zu sehen ist.
Als kleines Kind durfte ich meiner Mama beim Plätzchenbacken helfen. Wir haben damals Kolatschen gebacken. Dafür rollt man einen Mürbeteig zu kleinen Kugeln, ich durfte mit meinem kleinen Finger ein Loch in die Kugeln bohren und dann wurde in dieses Loch Marmelade gefüllt.
Kinder backen Weihnachtsplätzchen
Genau das ist es, was ich an den Plätzchen so schön finde: Gemeinsam mit den Kindern zu backen. Die mögen natürlich alle Plätzchen, aber vor allem ist es ein Spaß, aus dem Teig verschiedene Formen auszustechen. Katzen, Tannenbäume, Nikoläuse, Sterne, Herzen und ähnliches. Nach dem Backen können diese einfachen Plätzchen dann mit buntem Zuckerguss oder Streuseln verziert werden.
Selbst gebackene Plätzchen werden auch gerne an Freunde verschenkt - dabei überbieten sich die Leute gerne darin, wer mehr Sorten gebacken hat. Es ist wirklich viel Arbeit! In einer schönen Keksdose halten sich die Plätzchen einige Wochen lang - wenn man sie nicht vorher gegessen hat.
Weihnachtsplätzchen für das Christkind
Übrigens: Meine Mama erzählt aus ihrer Kindheit, dass es damals keine Weihnachtsplätzchen in der Vorweihnachtszeit gab. Stattdessen bekam jedes Kind an Weihnachten einen Teller voller Plätzchen. Da damals Süßigkeiten etwas sehr seltenes waren, war das für die Kinder der Höhepunkt des Festes.
Mein Sohn stellt jedes Jahr eine Kerze und einen Teller mit Plätzchen für das Christkind nach draußen, damit es an Weihnachten eine kleine Pause machen kann, während es den Kindern die Geschenke bringt.
Rezepte für Weihnachtsplätzchen:
Vanillekipferl
Zimtsterne
Spitzbuben
Kolatschen
Lebkuchen
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg152kurz.pdf
11/29/2017 • 5 minutes, 21 seconds
SG #151: Jugendsprache
Jede Jugend hat ihre eigene Sprache. In der Jugendsprache werden neue Wörter erfunden, manchmal andere Betonungen oder Akzente nachgeahmt. Natürlich gibt es keine deutschlandweite Jugendsprache - jede Gruppe erfindet ihre eigene Sprache. Die Erwachsenen verstehen dann manchmal nur Bahnhof - also gar nichts.
In meiner Teenagerzeit haben wir „geil“ gesagt, wenn wir etwas toll fanden. Ich erinnere mich noch daran, dass meine Mutter damals erschrocken ist, als ich das gesagt habe. Für sie war das ein Schimpfwort. „Geil“ bedeutete nämlich eigentlich, dass man große Lust auf Sex hat. Wir Teenager wussten das nicht, für uns hieß geil einfach nur super. Das zeigt, dass sich die Sprache verändert - Wörter wie prima, knorke, dufte bedeuteten früher ebenfalls „super“, benutzt aber heute kaum noch jemand. Die Steigerung von „geil“ war dann übrigens „endgeil“ - das hört man heute noch ziemlich oft auf der Straße.
Es gibt übrigens jedes Jahr auch das Jugendwort des Jahres. Es wird seit 2008 von einer Jury ausgewählt. 2012 war das „YOLO“, die Abkürzung für „You Only Live Once“. Bei mir hieß das noch „Carpe Diem“, also nutze den Tag. YOLO ist Netzjargon, diese Abkürzung kommt aus der Internet-Welt.
2015 landete auf dem zweiten Platz das Wort „merkeln“ - also wie unsere Kanzlerin Angela Merkel nichts tun, keine Entscheidung treffen. Böse, oder? In diesem Jahr wurde es „I bims“ - das ist eigentlich weniger Jugendsprache als Internet-Sprache. Es gab eine Witzreihe, die die deutsche Sprache ziemlich verhunzte. Aus „Ich bin’s“ wurde „I bims“.
Gerne werden natürlich englische Begriffe in die Jugendsprache übernommen - zum Beispiel „chillen“, wenn man sich ausruhen möchte und nichts tun. Gerne erfinden die Jugendlichen auch politisch inkorrekte Schimpfwörter. Sie beschimpfen andere Teenager als „Mongo“ oder „Spasti“ - beides bezieht sich auf angeborene Gendefekte oder Behinderungen. Klar - Jugendliche provozieren gerne. Und manchmal denken sie auch einfach nicht darüber nach, was sie da sagen. Wenn etwas kitschig oder gefühlvoll ist, bezeichnen sie es auch gerne als „voll schwul“, also homosexuell.
Jugendlichen ist oft auch die Grammatik egal: „Gehst du Bus“ anstatt „Gehst Du zum Bus?“ sind dann normal. Diese Art zu sprechen hat oft etwas mit multikulturellen Gegenden zu tun, also mit Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. „Kanak Sprak“ wird das auch gerne genannt, also Deutsch mit türkischen Einflüssen. Das finden wiederum deutsche Jugendliche so cool, dass sie auch so sprechen. Habt Ihr es gemerkt? Ich habe „cool“ gesagt. Früher Jugendsprache, heute sagt’s jeder. Das Gegenteil ist übrigens uncool.
Viele Jugendsprache-Wörter haben die Erwachsenen mittlerweile übernommen. Wenn ein Haus zum Beispiel heruntergekommen ist, also dreckig und lange nicht renoviert, dann ist es „abgefuckt“. Kommt natürlich aus dem Englischen, würde aber kein Engländer mehr verstehen. Ein deutsches Wort aber ebenso Jugendsprache für das gleiche ist "versifft". Wenn jemand „breit“ ist oder „hackedicht“, ist er betrunken. Wenn wir uns schlecht über jemanden äußern, dann „dissen“ wir diese Person. Gerne werden Wörter auch einfach abgekürzt, aus „funktionieren“ wird „funzen“, aus „telefonieren“ wird „telen“. Oft ist schwer nachzuvollziehen, woher das neue Wort kommt: „Hammer“ steht für gut, "Pfosten" für eine dumme Person, gesteigert wird das gerne auch in „Vollpfosten“.
Und das letzte Wort für heute: "vorglühen". Könnt Ihr Euch vorstellen, was das bedeutet? Es bedeutet, dass man Alkohol trinkt, bevor man zu einer Party geht, um in Stimmung zu kommen. Oft auch, um Geld zu sparen, weil der Alkohol zu Hause billiger ist als in einer Bar.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg151kurz.pdf
11/21/2017 • 6 minutes, 6 seconds
SG #150: Schiller und Goethe
Zur 150. Episode von Slow German wird es Zeit, über die zwei größten Dichter Deutschlands zu sprechen: Schiller und Goethe.
Man kann sich die beiden so vorstellen: Goethe war der bereits damals berühmte und verehrte alte Mann, und Schiller war sein Fan. Schauen wir uns die beiden etwas genauer an.
Johann Wolfgang von Goethe wurde 1749 in Frankfurt am Main geboren. Er wuchs in einer angesehenen Familie auf, sein Vater war Jurist. Also studierte Johann ebenfalls Jura und arbeitete als Anwalt. Das hielt ihn aber nicht davon ab, zu schreiben. Sein Drama "Götz von Berlichingen" machte ihn bekannt. Mit 26 Jahren wurde er nach Weimar eingeladen und blieb dort. Er arbeitete viel und hatte wenig Zeit für anderes. Mit 33 Jahren war er nach dem Herzog der mächtigste Mann in Weimar. Zehn Jahre lang hatte er nichts mehr veröffentlicht.
Und dann hatte er die Idee: Er reiste nach Italien. Und zwar nicht so, wie wir heute mal für zwei oder drei Wochen in den Urlaub fahren. Er blieb zwei Jahre lang dort. Die Reise bezeichnete er später als Wiedergeburt. Er schrieb, schrieb und schrieb. Heute nennt man ihn den wichtigsten Autor der "Sturm und Drang"-Strömung.
Zu seinen wichtigsten Büchern gehört "Die Leiden des jungen Werther". Dieses Buch machte ihn in Europa berühmt, Napoleon soll es sieben Mal gelesen haben. Aber es gab nicht nur Ruhm und Ehre: Das Buch löste eine Selbstmordwelle unter jungen Männern aus und wurde daher sehr kritisch betrachtet.
Johann Christoph Friedrich von Schiller, bekannt als Friedrich Schiller, war zehn Jahre jünger als Goethe. Er wurde in Württemberg geboren, sein Vater war Militärarzt. Auch Schiller wurde Arzt wie sein Vater. Und wie Goethe schrieb er auch gerne und viel neben seinem normalen Beruf. 1782, mit Anfang 20, veröffentlichte er sein erstes Theaterstück: "Die Räuber". Es wurde sofort erfolgreich.
1787 reiste Schiller nach Weimar. Goethe war gerade aus Italien zurückgekehrt, und sie trafen sich. Schiller mochte den älteren Goethe - aber der war nicht gerade begeistert. Die Männer waren Konkurrenten. Sechs Jahre später trafen sie sich wieder und daraus entstand eine Brieffreundschaft. Die Briefe sind heute noch erhalten und es macht Freude, sie zu lesen. Die Männer halfen sich gegenseitig bei ihrer Arbeit - und wurden dadurch noch größer und noch besser. Diese Zeit nennt man die Weimarer Klassik.
Schiller starb 1805 an einer Lungenentzündung. Er wurde nur 45 Jahre alt. Goethes größtes Werk ist die Tragödie "Faust", die er drei Jahre nach Schillers Tod veröffentlichte. Der Schriftsteller war zu diesem Zeitpunkt fast 60 Jahre alt. Er lebte bis 1832.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg150kurz.pdf
11/15/2017 • 5 minutes, 8 seconds
SG #149: Der Rhein
Der Rhein ist einer der wichtigsten und längsten Flüsse Europas. Er ist 1232 Kilometer lang. Seine Quelle liegt in der Schweiz, dann fließt er fast 700 Kilometer durch Deutschland und mündet schließlich in den Niederlanden in die Nordsee, also ins Meer. Er ist eine wichtige Wasserstraße – auf dem Rhein werden viele Güter per Schiff transportiert.
Aber langsam, der Reihe nach. Der Rhein entspringt also in der Schweiz. Dort laufen viele kleine Bäche und Flüsse zusammen und bilden einen größeren Fluss, den Rhein. Dieser fließt dann an der Grenze zu Deutschland in den Bodensee – und auf der anderen Seite wieder hinaus. Das finde ich besonders faszinierend – auf Luftaufnahmen kann man sehen, dass sich das kalte und milchige Rheinwasser nicht mit dem Bodenseewasser vermischt. Bei Schaffhausen gibt es einen der größten Wasserfälle Europas, er ist 23 Meter hoch und 150 Meter breit.
Dann fließt der Rhein durch Frankreich nach Deutschland. Hier machten die vielen Kurven des Flusses Probleme: Das Wasser wurde langsamer, Schiffe konnten hier nicht gut fahren, und die Überschwemmungen machten die Gegend so feucht, dass Insekten sich rasant vermehrten und Krankheiten an die Menschen übertrugen. Also wurde der Fluss wie viele andere auch begradigt – man lenkte ihn um, zwängte ihn in eine bestimmte Richtung und nahm ihm die Auen, also die Bereiche neben dem Wasser.
In Süddeutschland kann man im Oberrhein nach Gold suchen – Touristen kommen extra hierher, um an Goldwaschkursen teilzunehmen. Aber weg vom Rheingold, der Rhein fließt weiter nach Norden und wird dort zum Mittelrhein. Der Bereich zwischen Rüdesheim und Koblenz zählt zum UNESCO-Welterbe. Hier steht der 130 Meter hohe Lorelayfelsen. Habt Ihr davon schon einmal gehört? Er ist Teil der Lorelay-Sage. Eine Sage ist eine Geschichte, die sich Menschen schon lange erzählen. Nach dieser Geschichte war Lorelay eine Nixe, also ein Wesen das halb Frau, halb Fisch ist. Sie konnte wunderschön singen. Mit ihrem Gesang lockte sie Männer an, die in ihren Booten unterwegs waren – und trieb sie in den Tod. Diese Stelle ist aber wirklich beeindruckend – hier ist der Rhein besonders eng und tief – 25 Meter.
Bei Andernach gibt es noch eine Sensation, und zwar einen Kaltwassergeysir mit der höchsten Wasserfontäne der Welt. 60 Meter spritzt das Wasser hier in die Luft. Aus dieser verzauberten Landschaft mit Weinbergen und schönen Ufergebieten fließt der Rhein dann weiter in eine industrialisierte Gegend. Von der ehemaligen deutschen Hauptstadt Bonn fließt er bis zur niederländischen Grenze. Hier nennt man ihn Niederrhein. Hier liegt die Stadt Köln am Rhein, und der größte Binnenhafen Europas ist in Duisburg. Während in den anderen Rheingegenden viele verschiedene Tiere im Wasser leben, ist es hier eher öde, denn das Wasser ist trüb und zu warm und hat zu wenig Sauerstoff.
Dann fließt der Rhein aus Deutschland hinaus in die Niederlande. Dort teilt er sich in drei Ströme auf und fließt in die Nordsee. Sein Süßwasser vermischt sich mit dem Salzwasser des Meeres. Diese Mischung nennt man Brackwasser.
Wenn Ihr Euch den Rhein auf einer Karte anseht, werdet Ihr feststellen, dass viele große Städte am Fluß liegen. Köln hat eine Million Einwohner, dann sind da noch Straßburg, Koblenz, Bonn, Neuss und andere. Viele der heutigen Städte sind aus ehemaligen römischen Siedlungen entstanden. Der Rhein war die Grenze des Römischen Reiches.
Und weil bald der Winter kommt noch ein Hinweis: Der Rhein ist schon oft im Winter komplett zugefroren. Zum Beispiel 1929. Als es noch keine Kühlschränke gab, hackte man das Eis aus dem Rhein in Stücke und lagerte es im Keller, um es im Sommer zu verkaufen. Heute leitet die Industrie oft Wärme in den Fluss ab, so dass seine Temperatur gestiegen ist.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg149kurz.pdf
11/8/2017 • 6 minutes, 41 seconds
SG #148: Martin Luther und die Reformation
Martin Luther war ein Mönch. Er unterrichtete Theologie an der Universität von Wittenberg. Am 31. Oktober 1517 soll Martin Luther ein Schriftstück mit 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen haben. Eine These ist eine Behauptung. Ob das mit der Tür wirklich stimmt, wissen wir nicht – aber zumindest wurden seine Thesen gedruckt, denn den Buchdruck gab es zum Glück seit 1450. Schriften zu vervielfältigen war einfach geworden.
In den Thesen war Luther vor allem gegen die von der Kirche verbreitete Angst vor dem Fegefeuer und gegen den Ablasshandel. Das Fegefeuer ist in der katholischen Kirche die Zeit nach dem Tod, in der die Gläubigen ihre Sünden büßen müssen. Der Ablasshandel bedeutete, dass Katholiken nach einer Sünde etwas tun mussten, um wieder Gottes Gnade zu bekommen. Das war manchmal eine Beichte oder ein Gebet oder auch eine Wallfahrt.
Zu Luthers Zeit aber gab es noch eine andere Möglichkeit: Man konnte seine Sünden mit Geld freikaufen und so auch die Zeit im Fegefeuer verkürzen. Spezielle Prediger reisten damals durch das Land und verkauften Ablassbriefe. Auch Papst Leo X. fand die Idee gut, denn er brauchte Geld für den Neubau des Petersdoms in Rom.
Luther fand all das schrecklich. Die Kirche war ihm zu verweltlicht. Die Bischöfe und der Papst lebten in Reichtum wie Fürsten, das gefiel dem Mönch nicht. Die Menschen sollten büßen und sich nicht freikaufen können. Die Kirche sollte wieder so werden, wie sie einst war.
Luthers Kritik führte dazu, dass er 1521 aus der Kirche ausgeschlossen wurde. Er begann, seine Reformationsgedanken aufzuschreiben. Man solle sich im Glauben nur nach der Bibel richten. Einen Papst gab es in seiner Vorstellung nicht. Von den sieben Sakramenten der katholischen Kirche (Taufe, Eucharistie, Firmung, Ehe, Beichte, Krankensalbung, Priesterweihe) behielt er nur zwei: Die Taufe und das Abendmahl.
Kurz darauf wurde er auch aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Er hatte keine Rechte mehr. Man konnte ihn töten, ohne dass der Täter dafür bestraft würde. Eine gefährliche Zeit für Luther.
Er versteckte sich auf einer Burg und begann, die Bibel vom Lateinischen ins Deutsche zu übersetzen. Nicht Wort für Wort, sondern so, dass man es gut verstehen konnte. Die Bibel wurde damit auch für das einfache Volk verständlich. Und für Euch vielleicht interessant: Luther erfand einige Wörter, die wir auch heute noch benutzen: Machtwort, Lockvogel, Lästermaul oder Feuertaufe. Dazu noch einige Redewendungen wie „Perlen vor die Säue werfen“ oder „ein Buch mit sieben Siegeln“ oder „der Wolf im Schafspelz“.
Die Lutherbibel verbreitete sich durch den Buchdruck schnell. 1522 kehrte Luther nach Wittenberg zurück und predigte dort. Er überzeugte die Bürger von seiner Reformation.
Die Reformation führte zur Spaltung der Kirche. Neben der „alten“ römisch-katholischen Glaubensrichtung gab es jetzt auch den evangelischen Glauben. Luther selbst beendete 1524 sein Leben als Mönch, heiratete und wurde Vater von sechs Kindern. Er starb 1546.
Genau 500 Jahre ist es nun her, dass Martin Luther seine Thesen an die Tür nagelte. Aus diesem Grund haben wir hier in Deutschland am 31. Oktober einen Feiertag. Dieser Tag heißt Reformationstag. Wegen des Jahrestages haben wir in diesem Jahr, also 2017, an diesem Tag alle frei. Wir müssen nicht arbeiten.
Vielleicht sollten wir diesen Tag nutzen, um mehr über Martin Luther und die Reformation zu lesen. Auch über die kritischen Seiten. Manche bezeichnen ihn als religiösen Fundamentalisten, der gegen die Wissenschaft war. Luther war ein überzeugter Antisemit, der die Angst vor einer jüdischen Weltverschwörung predigte. Auch mit Demokratie hatte Luther nicht viel am Hut. Luther förderte die Hexenverfolgung, wegen der viele Menschen unschuldig starben. Er war sexistisch und sah Frauen als niedere Wesen. Aber wie immer gilt: Bildet Euch selbst Eure Meinung über diesen Mann. Und schreibt mir gerne in die Kommentarfunktion oder per Mail,
10/25/2017 • 7 minutes, 29 seconds
SG #147: Die Bahn in Deutschland
Deutschland gehört zu den Ländern, die ein gut ausgebautes Schienennetz haben. Das bedeutet, dass hier viele Züge fahren und jeder größere Ort einen Bahnhof hat. 5600 Bahnhöfe gibt es in Deutschland. Man braucht also kein Auto, um sich in Deutschland fortzubewegen.
Früher war die Deutsche Bundesbahn ein staatliches Unternehmen. Die Bahn gehörte also dem Staat. Auch die Menschen, die bei der Bahn arbeiteten, waren Beamte – sie sind es zum Teil heute noch. Erst 2041, wenn auch die letzten Beamten 65 Jahre alt werden, gibt es keine Beamten mehr bei der Deutschen Bahn AG.
AG steht für Aktiengesellschaft. Seit den 90er-Jahren ist die Deutsche Bahn eine Aktiengesellschaft. Damals wurde die Deutsche Bundesbahn mit der Deutschen Reichsbahn der DDR zusammengelegt. Das bedeutet aber nicht, dass Bürger Aktien der Bahn kaufen können und damit Anteile an dem Unternehmen besitzen. Denn alleiniger Aktieninhaber ist der deutsche Staat.
Heute gibt es in Deutschland pro Tag etwa 40.000 Zugfahrten. Man kann gemütlich mit der S-Bahn von umliegenden Gemeinden in die nächste Großstadt fahren. Oder man fährt Intercity, von einer Stadt zur anderen. Wer es besonders eilig hat, der nimmt den ICE, den Intercity Express. Das sind besonders moderne Schnellzüge, die aber natürlich nur auf besonders wichtigen Strecken fahren, zum Beispiel einmal von Norden nach Süden, von Hamburg bis München.
Wer mit der Bahn fahren möchte, kann sich am Bahnhof den Fahrplan ansehen und dann eine Fahrkarte kaufen. Oder er geht vor seiner Reise ins Internet und druckt sich die Fahrkarte selber aus. Dabei sollte man die Fahrtzeit nicht zu knapp kalkulieren, vor allem wenn man umsteigen muss – denn auch wenn alles gut durchgeplant ist, kann es zu Verspätungen kommen. Dann muss man auf seinen Zug warten – und es ist ärgerlich, wenn man deswegen den Anschluss verpasst.
Um besonders komfortabel zu reisen, kann man in manchen Zügen Sitzplätze reservieren. Dann hat man sicher einen Sitzplatz, auch wenn der Zug eventuell überfüllt ist. Fernzüge haben in der Regel ein Restaurant an Bord, in dem man kleine Snacks essen kann – oder etwas trinken. Es gibt die Möglichkeit, im sogenannten Großraum zu sitzen - das ist der Bereich, in dem viele Menschen wie im Bus beisammen sind. Manche sitzen zu zweit nebeneinander, manche haben ein Tischchen, um das vier Menschen sitzen können. Oder man reserviert ein Abteil, das sind kleine abgetrennte Räume in denen sechs Personen Platz haben.
Auch für Familien gibt es spezielle Abteile - die kleineren Kinder können hier klettern und toben und dürfen laut sein, ohne die anderen Reisenden zu stören. Bis jetzt habe ich aber nur erzählt, wie es den Menschen geht, die in Deutschland Bahn fahren. Das Schienennetz wird natürlich auch für den Güterverkehr genutzt. Also für den Transport von Dingen. 20% der Güter werden in Deutschland über das Bahnnetz bewegt.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg147kurz.pdf
10/18/2017 • 5 minutes, 23 seconds
SG #146: Die Beziehung
Wisst Ihr, was eine Beziehung ist? Es ist das Verhältnis, das wir zu einem anderen Menschen haben. Wenn wir in einer Liebesbeziehung sind, dann bedeutet das, dass wir einen anderen Menschen zum Partner haben. Und darum geht es heute.
Irgendwann im Leben, meist als Teenager, manchmal aber auch schon als Kind, verlieben wir uns in einen anderen Menschen. Meistens erfährt dieser andere Mensch gar nichts davon, es bleibt ein Geheimnis. Verliebt sein ist ein schönes Gefühl, wir sagen dazu auch, dass man Schmetterlinge im Bauch hat. Es kribbelt im Bauch, als wären dort Schmetterlinge, die flattern würden.
Nun nehmen wir an, dass der andere Mensch das gleiche Gefühl hat - dazu gibt es die Slow German-Folge "Dating". Im besten Fall beginnt nun eine Beziehung. In einer Beziehung hilft man einander, man gibt einander ein gutes Gefühl, unterstützt sich und verbringt viel Zeit miteinander. Man sagt dann "Ich habe einen Freund" oder "Ich habe eine Freundin". Oder: "Ich bin in einer festen Beziehung".
Manche Paare ziehen dann zusammen in eine Wohnung und teilen sich den Haushalt. Nach einigen Jahren wagen die Paare dann oft den nächsten Schritt: Sie verloben sich. Der Statistik zufolge ist das meist im dritten Jahr der Beziehung der Fall. 86 Prozent der Heiratsanträge kommen immer noch vom Mann - aber auch einige Frauen trauen sich mittlerweile und machen ihrem Partner einen Antrag. Dann sind sie verlobt. Im Gegensatz zu den USA spielt der Verlobungsring keine so große Rolle - er kostet im Durchschnitt 300 Euro. Ein knappes Jahr später wird dann geheiratet, wenn möglich im Frühjahr oder Sommer, wenn das Wetter gut ist. Zum Thema Hochzeit gibt es bereits eine andere Episode von Slow German. Die Deutschen heiraten recht spät - im Durchschnitt ist der Mann schon 33 Jahre alt und die Frau 31. Eine Ehe hält in Deutschland im Schnitt fast 15 Jahre lang.
Eine Ergänzung habe ich aber noch für Euch: Seit 1. Oktober 2017 dürfen auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten, also Männer dürfen Männer heiraten, Frauen Frauen. Die "Ehe für alle" wurde erst dieses Jahr, also 2017, beschlossen.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg146kurz.pdf
10/11/2017 • 3 minutes, 46 seconds
SG #145: Die deutsche Nationalhymne und Flagge
Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland. So beginnt die deutsche Nationalhymne, über die ich Euch heute etwas erzählen möchte.
Lange Zeit hatte Deutschland keine eigene Hymne. Es gab verschiedene Lieder, die bei wichtigen Ereignissen gespielt oder gesungen wurden. 1922 einigte man sich auf eine neue Hymne: Das Lied der Deutschen. Der Text des Liedes stammt von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, es ist ein Gedicht von 1841. Heute heißt es auch das Deutschlandlied. Es hat drei Strophen. Auf slowgerman.com findet Ihr den gesamten Text.
Während der Nazizeit wurde nur noch die erste Strophe gesungen, die wir heute nicht mehr singen. 1949 suchte man eine Hymne für die neu gegründete Bundesrepublik Deutschland. Es wurde das Lied der Deutschen - allerdings die dritte Strophe. Die Hymne singen wir heute bei Fußballspielen und Staatsempfängen. Sonst sind die Deutschen eher vorsichtig mit patriotischen Liedern und Symbolen, anders als viele andere Länder.
Die Musik der Hymne stammt übrigens von Joseph Haydn. Er komponierte das Kaiserquartett 1796/97.
Und wie sieht es mit der deutschen Flagge aus? Ihre Farben sind schwarz, gelb und rot. Wir sagen aber "Schwarz-Rot-Gold" dazu. Wieso nun gerade diese Farben? Dazu gibt es eine schöne Legende, wer weiß, ob sie stimmt... Angeblich gehen die Farben auf das Jahr 1152 zurück. Damals wurde Barbarossa zum deutschen Kaiser gekrönt. Sein Weg führte ihn bei der Krönung über einen schwarz-rot-goldenen Teppich. Nach der Krönung wurde der Teppich in kleine Stücke geschnitten, als Souvenir für die Bürger. 1184 wurden diese drei Farben auf dem Reichstag als deutsche Farben festgehalten und das blieben sie auch die meiste Zeit. Es gab lediglich eine Pause, in der Schwarz-Weiß-Rot sich durchsetzte. Und natürlich auch die Zeit der Hakenkreuz-Fahne. Diese Fahne ist heute selbstverständlich verboten.
Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland steht im Grundgesetz, dass die Bundesflagge schwarz-rot-gold ist.
Das Lied der Deutschen
Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt,
Wenn es stets zu Schutz und Trutze
Brüderlich zusammenhält,
Von der Maas bis an die Memel,
Von der Etsch bis an den Belt –
Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt!
Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten schönen Klang,
Uns zu edler Tat begeistern
Unser ganzes Leben lang –
Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang!
Einigkeit und Recht und Freiheit
Für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
Brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
Sind des Glückes Unterpfand –
Blüh’ im Glanze dieses Glückes,
Blühe, deutsches Vaterland!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg145kurz.pdf
9/27/2017 • 3 minutes, 58 seconds
SG #144: Der Herbst
Frühling, Sommer, Herbst und Winter - das sind die vier Jahreszeiten. Jetzt ist der Sommer vorbei und der Herbst beginnt. In Deutschland wird es wieder kälter. Die Tage werden kürzer. Es regnet häufiger und das Leben verlagert sich wieder nach drinnen.
Im Sommer verbringen wir so viel Zeit wie möglich draußen. Wir treffen uns mit Freunden im Biergarten, machen ein Picknick, fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit und gehen im See schwimmen. Im Herbst machen wir es uns dann wieder im Haus gemütlich. Wir trinken Tee, zünden eine Kerze an oder machen ein Feuer im Kamin - sofern wir einen haben.
Für die Kinder bedeutet der Herbst das Ende der Sommerferien. Sechs Wochen lang mussten sie nicht in die Schule gehen - jetzt geht das neue Schuljahr los. Der Herbst hält aber auch einige Überraschungen parat: Bei einem schönen Spaziergang können die Kinder durch das raschelnde Laub laufen, Kastanien sammeln um damit etwas zu basteln oder besonders schön gefärbte Blätter sammeln, die sie dann als Deko trocknen können.
Die Getreidefelder der Bauern sind jetzt abgeerntet, das Erntedankfest wird gefeiert. Dieses Jahr gab es leider keine gute Ernte, vor allem für die Obstbauern - im April hat es noch einmal geschneit und viele Blüten sind erfroren.
Im Herbst legen auch Eichhörnchen und Mäuse ihre Vorräte für den Winter an und sammeln eifrig Nüsse. Die Bäume lassen ihre Blätter fallen und besonders empfindliche Pflanzen wie zum Beispiel Zitronenbäumchen müssen wir jetzt ins Haus holen, damit sie nicht im Winter erfrieren.
In München beginnt im Herbst das Oktoberfest, dann ist für zwei Wochen wieder totales Chaos angesagt. Meistens ist während des Oktoberfests schönes Wetter, man nennt diese Zeit auch Altweibersommer. Warum? Ganz einfach: Weil die Spinnen jetzt ihre Fäden durch die Luft ziehen und diese aussehen wie lange weiße Haare. Also wie die Haare von alten Frauen. Das ist zumindest eine Erklärung, wie es zu diesem Namen gekommen sein könnte.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg144kurz.pdf
9/20/2017 • 3 minutes, 20 seconds
SG #143: Architektur in Deutschland
Die Porta Nigra in Trier
Machen wir eine Zeitreise durch die deutsche Architektur. In der Antike waren die Römer in Deutschland – und brachten natürlich auch ihren Baustil mit. Sie bauten Brücken, Amphitheater oder die Porta Nigra, ein bekanntes Stadttor in Trier. Die Germanen selbst lebten in Hütten, waren also architektonisch eher bescheiden.
In der Romanik vor gut 1000 Jahren wurden eifrig Kirchen und Klöster gebaut, der Lübecker Dom zum Beispiel oder der Dom zu Speyer. Auch Burgen wurden in dieser Zeit errichtet, beispielsweise die Nürnberger Burg.
Die Gotik schwappte von Frankreich nach Deutschland und brachte uns ebenfalls viele Kirchen – der Kölner Dom ist ein typisches Bauwerk. In der Gotik baute man die Türme so hoch wie möglich, gerne waren es zwei Türme, dazu wurden die Fassaden reich verziert und mit Fenstern durchbrochen. Die Statik wurde so weit es ging von innen nach außen verlagert – so dass es innen keine oder nur wenige Balken oder Stützpfeiler gab. So wirkten die Innenräume groß und schwerelos. Die Menschen lebten aber natürlich nicht in gotischen Kirchen – für sie gab es vor allem Fachwerkhäuser, das sind Häuser mit einem stabilen Holzskelett, das mit Mauerwerk ausgefüllt ist.
Die Orangerie in Kassel: Das barocke Schloss wurde ab 1702 nach französischen Vorbildern gebaut.
Die italienische Renaissance kam im 16. Jahrhundert nach Deutschland, setzte sich aber nicht so recht durch. Die Landshuter Stadtresidenz wurde allerdings von italienischen Handwerksmeistern erbaut und auch die Kirche St. Michael in München ist im Stil der Renaissance gebaut worden.
Ab 1650 setzte in Deutschland der Barock ein. Vorbild war der Sonnenkönig in Versailles. Es entstanden der Dresdner Zwinger und die Frauenkirche und die Würzburger Residenz. Im Barock gab es prächtige Treppenhäuser, Decken und Wände wurden reich bemalt und verziert, es wurden Bilder in die Bauten integriert und Skulpturen – heute würde man diesen Stil wohl überladen nennen. Die Gärten dieser Zeit waren streng geometrisch angelegt.
Das Fridericianum in Kassel: der erste rein klassizistische Bau Deutschlands
Nach all dem Prunk hatten die Bauherren wahrscheinlich Lust auf klare Linien – sie besannen sich auf die Antike zurück, die Gärten durften wieder wachsen und natürlicher werden, und die Gebäude brauchten vor allem eines: Säulen. Hier in München gibt es einige Gebäude aus dieser Zeit, zum Beispiel den Königsplatz mit seinen Gebäuden. Auch das Schloss Wilhelmshöhe in Kassel gehört zum Klassizismus.
Ab 1810 gab es dann den Historismus, der wie der Name schon sagt ebenso in die Vergangenheit blickte, und Elemente aus der Antike, Renaissance, Gotik oder dem Barock wieder hervorkramte. Der Berliner Dom oder die Semperoper in Dresden gehören in diese Zeit.
Meine Lieblingsepoche war sehr kurz: Der Jugendstil. Diese Bauphase war um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert und ging auf eine Zeitschrift zurück, die „Die Jugend“ hieß und in München erschien. Ich habe in zwei Jugendstil-Häusern gelebt, beide über 100 Jahre alt. Diese Häuser sieht man in München sehr oft.
Und danach war schon die Moderne da – Industriebauten oder auch das Bauhaus, von dem ich Euch schon erzählt habe. Man entwickelte kostengünstige Bauweisen, Wohnhäuser wurden funktional durchdacht. Linien wurden klarer, es gab keine Schnörkel und Verzierungen mehr.
Der Bundesrat in Berlin: Neoklassizismus, 1904 gebaut
Aber dann kamen die Nationalsozialisten und brachten auch die Architektur der Zeit durcheinander. Sie wollten zurück zum Neoklassizismus und bauten monumentale und überdimensionierte Betonklötze, die leider auch heute noch stehen. Zum Beispiel die Zeppelintribüne in Nürnberg oder das Haus der Kunst in München.
Der Zweite Weltkrieg zerstörte viele Gebäude – die Städte waren zerbombt, sie mussten mit wenig Geld und Mitteln wieder aufgebaut werden. Daher stehen heute leider in vielen deutschen Städten sehr hässliche Gebäude, die in den 50er-,
8/23/2017 • 7 minutes, 50 seconds
SG #142: Sehenswürdigkeiten in Deutschland
Wart Ihr schon einmal in Deutschland oder plant Ihr eine Reise dorthin? Dann möchte ich Euch heute etwas über die größten Touristenattraktionen in Deutschland erzählen.
Fangen wir an mit dem Schloss Neuschwanstein. Das kennt Ihr sicher, oder? Ich habe Euch auch in der Folge über König Ludwig II. darüber erzählt. Ihn nennt man heute den „Märchenkönig“ - er hatte viel Fantasie und ließ fabelhafte Märchenschlösser bauen, das bekannteste ist das Schloss Neuschwanstein in Bayern. Jedes Jahr kommen ungefähr 1,5 Millionen Touristen hierher, um das prunkvolle Gebäude zu besichtigen.
Über 5 Millionen Menschen kommen auf das Münchner Oktoberfest – allerdings innerhalb von knapp zwei Wochen. Es findet jährlich im Herbst statt, auf der Theresienwiese. Hier werden große Bierzelte aufgebaut und Achterbahnen, man kann mit dem Riesenrad von oben auf die Stadt schauen und abends in den Zelten zu Live-Musik feiern. Auch dazu gab es schon eine Podcast-Episode.
Als letzte Attraktion Bayerns stelle ich Euch noch das Hofbräuhaus in München vor – es ist weltweit bekannt als traditionelles Wirtshaus, in dem früher auch Bier gebraut wurde. Heute ist die Brauerei am Münchner Stadtrand, aber im Hofbräuhaus treffen sich weiterhin Touristen und Einheimische um Bier zu trinken, Blasmusik zu hören und bayerisches Essen zu genießen. Und auch dazu habe ich schon eine Episode Slow German gemacht.
Warum ich zuerst die bayerischen Attraktionen genannt habe ist einfach: Ich lebe selber in München. Ich könnte Euch noch von den Alpen vorschwärmen, das sind die Berge im Süden von Bayern und von der Zugspitze, dem höchsten Berg Deutschlands. Oder von der schönen Altstadt von Nürnberg oder Bamberg im Norden von Bayern, genauer gesagt in Franken. In Franken befindet sich auch das mittelalterliche Städtchen Rothenburg ob der Tauber. Aber wenden wir uns lieber den anderen Bundesländern zu.
In Nordrhein-Westfalen liegt die Stadt Köln, und hier ist der Kölner Dom die größte Attraktion. Die Kirche gehört zum UNESCO Weltkulturerbe und ist das zweithöchste Kirchengebäude Europas. Die gotische Kathedrale wurde 1248 begonnen und erst 1880 vollendet. Heute steht sie auf einem leider recht hässlichen Platz neben dem Hauptbahnhof der Stadt – ist aber dennoch natürlich einen Besuch wert.
In der Hauptstadt Berlin ist das Brandenburger Tor wahrscheinlich die bekannteste Sehenswürdigkeit, neben dem Reichstag mit seiner imposanten Glaskuppel. Beide sind in direkter Nachbarschaft zueinander, man kann sie also leicht zu Fuß erkunden. Direkt am Brandenburger Tor verlief auch die Berliner Mauer, man kann das daran erkennen, dass im Boden der Mauerstreifen markiert wurde. Heute ist die Teilung der Stadt dennoch kaum noch vorstellbar.
Im Norden von Deutschland ist Hamburg auf jeden Fall einen Besuch wert – hier wurde gerade dieses Jahr die Elbphilharmonie fertiggestellt, hier finden Konzerte statt, aber auch ein Hotel ist im Gebäude untergebracht. Die Speicherstadt, in der Waren gelagert wurden, die per Schiff in die Stadt kamen, ist ebenfalls sehenswert. Sie besteht aus roten Backsteingebäuden, die durch ein Kanalsystem und kleine Brücken miteinander verbunden sind. Für Kinder ist in Hamburg das Miniatur-Wunderland ein Highlight. Das ist eine Modelleisenbahn-Anlage, die immer weiter wächst und ganze Länder darstellen soll.
Am anderen Ende Deutschlands, in Baden-Württemberg, befindet sich der Bodensee. Er liegt an der Grenze von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hier kann man wunderbar Fahrrad fahren, die Blumeninsel Mainau besuchen oder durch die kleine Stadt Konstanz schlendern.
Das waren natürlich nicht alle Sehenswürdigkeiten Deutschlands – es gibt noch viel mehr. Ihr braucht für Euren Besuch in Deutschland übrigens nicht unbedingt ein Auto – es gibt ein großes, gut ausgebautes Schienennetz, es ist also fast jeder größere Ort mit der Bahn zu erreichen. Auf Wiedersehen in Deutschland!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.
8/9/2017 • 6 minutes, 58 seconds
SG #141: Mensch-ärgere-dich-nicht
Als ich ein Kind war, habe ich mit meiner Oma immer „Mensch-ärgere-dich-nicht“ gespielt. Das ist ein Brettspiel. Heute möchte ich Euch dieses Spiel vorstellen, das in Deutschland sicher auch heute noch jedes Kind kennt.
Erfunden wurde es 1908 von Josef Friedrich Schmidt in München, aber natürlich gab es vorher schon ähnliche Spiele in anderen Ländern.
Das Spiel können in seiner Grundvariante auf einem kreuzförmigen Spielfeld 2 bis 4 Spieler spielen. Auf der Rückseite gibt es eine sternförmige Version für 6 Spieler.
Jeder Spieler bekommt vier kleine Figuren einer Farbe. Diese stehen am Anfang des Spiels am Rande des Spielfelds im „Häuschen“. Nun beginnen die Spieler reihum zu würfeln. Jeder Spieler darf drei Mal würfeln – nur wenn er eine 6 würfelt, darf er seine erste Spielfigur auf das Spielfeld setzen. Dort gibt es extra dafür ein Startfeld. Dann geht es immer weiter: Würfeln, und dann mit der Figur die Anzahl an Feldern vorrücken. Also zum Beispiel eine drei würfeln und dann drei Felder nach vorne gehen. Bei einer 6 darf eine weitere Figur auf das Spielfeld.
Das Ziel des Spieles ist es, alle eigenen Figuren einmal um das Spielfeld wandern zu lassen und dann auf vier eigens dafür eingezeichnete Felder zu stellen.
Damit die anderen Spieler dieses Ziel nicht vorher erreichen, kann man sie versuchen zu schlagen: Wer also eine drei würfelt und damit auf ein Feld kommt, auf dem bereits eine gegnerische Figur steht, darf diese rausschmeißen. Die Figur wird dann wieder an den Anfang des Spiels zurückgeworfen und wartet wieder im Startfeld darauf, bis eine 6 gewürfelt wird.
Es ist also eigentlich ein sehr einfaches Spiel, aber der Name des Spiels ist durchaus berechtigt, denn es kann sich in letzter Minute vor dem Gewinn noch alles ändern. Bis heute wurden 70 Millionen Exemplare dieses Spiels verkauft – es ist ein Klassiker in deutschen Kinderzimmern.
Am Anfang war es nicht sonderlich erfolgreich – aber der schlaue Geschäftsmann Schmidt schickte 3000 Exemplare an verwundete und kranke Soldaten des Ersten Weltkriegs, die in Lazaretten lagen. Sie vertrieben sich mit dem Spiel die Langeweile und verbreiteten es danach durch Mundpropaganda weiter. Kluges Marketing, oder? Probiert das Spiel doch mal aus! Aber ärgert Euch nicht, wenn Ihr verliert...
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg141kurz.pdf
Das Spiel könnt Ihr hier bei Amazon.de kaufen und hier bei Amazon.com. (Das sind Affiliate-Links - wenn Ihr über diese Links etwas bei Amazon bestellt, bekomme ich ein paar Prozent davon ab. Der Preis ändert sich natürlich für Euch nicht!)
8/1/2017 • 4 minutes, 19 seconds
SG #140: Die Bayreuther Festspiele / Wagner-Festspiele
Im Sommer freuen sich die Opernfreunde in Deutschland auf die Bayreuther Festspiele. Sie werden auch Richard-Wagner-Festspiele genannt, denn das Festival ist den zehn letzten Opern des Komponisten Richard Wagner gewidmet. Das erste dieser Festivals gab es 1876, also noch zu Lebzeiten Richard Wagners. Gemeinsam mit einem Architekten hatte der Komponist das Gebäude geplant, in dem das Spektakel stattfinden sollte. Er wollte einen Ort haben, an dem nur seine eigenen Werke gespielt werden konnten, ohne Ablenkung, abseits des Kulturbetriebes.
Aber so ein Bau war natürlich auch damals schon sehr teuer. Wagner konnte das nicht allein finanzieren, also wandte er sich an seine Fans. Wer sich an den Kosten für den Bau beteiligte, bekam einen Sitzplatz für die kommenden Aufführungen. Heute nennt man das Fundraising. Dennoch kam nicht genügend Geld zusammen – das Projekt stand auf der Kippe. Zum Glück sprang ein Freund des Komponisten mit einem Darlehen ein: König Ludwig II., bekannt als der Märchenkönig, der das Schloss Neuschwanstein bauen ließ.
Zur ersten Aufführung in Bayreuth waren unter anderem Tschaikowski, Nietzsche und Tolstoi im Publikum – und auch heute treffen sich hier wichtige Menschen, beispielsweise Kanzlerin Merkel oder das schwedische Königspaar, Schauspieler, Sportler, Botschafter, Politiker, Bischöfe und Geschäftsleute.
Gut 30 Vorführungen gibt es, sie beginnen meist schon am Nachmittag, denn Wagner-Opern sind lang. Die Eintrittskarten sind schon lange vorher ausverkauft – die Wartezeit wird teilweise mit zehn Jahren angegeben. Es ist ein Spektakel, über das sich Richard Wagner gefreut hätte. Denn am Anfang war das Festival noch von finanziellen Problemen bedroht, es konnte aus diesem Grund nicht jedes Jahr stattfinden, weil schlichtweg das Geld fehlte. Heute ist das kein Problem mehr. Eine Stiftung steht hinter den Festspielen und der Etat beträgt 16 Millionen Euro.
Die Festspielleitung liegt auch heute noch in Wagner-Hand: wie die Festspiele künstlerisch aussehen, entscheiden die Nachfahren des Komponisten.
Noch ein Wort zur Kritik an den Festspielen und an Wagner selbst: Wagner gilt als Antisemit, und auch bei den Festspielen wurden jüdische Künstler diskriminiert. Unter Hitler wurde Wagners Bayreuth zur Nazi-Propaganda-Hochburg. Umstritten ist die Frage, wie die eine Seite – die Musik Wagners – mit der anderen Seite – dem Rassismus – zusammenhängt. Kann man Wagner-Musik hören und mögen, auch wenn der Komponist ein Rassist war? Diese Frage muss wahrscheinlich jeder für sich entscheiden.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg140kurz.pdf
7/25/2017 • 4 minutes, 52 seconds
SG #139: Hermann Hesse
Hermann Hesse war ein wichtiger deutscher Schriftsteller. Er wurde am 2. Juli 1877 geboren und hatte acht Geschwister. Schon als Schüler wollte er Dichter werden, er war rebellisch und als Teenager depressiv, wollte sich sogar selbst das Leben nehmen.
Nach der abgebrochenen Schule versuchte er verschiedene Lehren – aber auch das war nicht das Richtige für ihn. Dann arbeitete er als Buchhändler und so wurde die geliebte Literatur sein Arbeitsfeld. Er las viel, bildete sich weiter und schrieb Gedichte, die auch veröffentlicht wurden – allerdings waren sie zunächst ein Flop, sie brachten noch keinen Gewinn.
Er schrieb aber weiter und kündigte seinen Job. Kurz zusammengefasst: Er heiratete, bekam drei Söhne, veröffentlichte weitere Gedichte und kurze Texte. Dann wagte er sich an Romane, schrieb längere Geschichten und hatte damit erste Erfolge.
Mit einem Freund reiste er nach Indien und 1922 erschien sein Roman „Siddharta“. Darin geht es um einen jungen Mann, der im 6. Jahrhundert vor Christus in Indien lebt. Noch heute wird dieser Roman von vielen gelesen – vor allem von jenen, die auf der Sinnsuche sind.
In der Schule lesen die deutschen Jugendlichen aber oft ein anderes Buch von Hesse und zwar „Der Steppenwolf“. Es erschien 1927, handelt von Harry Haller und ist eine Gesellschaftskritik. Parallelen zum Leben von Hesse sind im Steppenwolf nicht zufällig – sondern auffällig. Das Buch wurde ein internationaler Bestseller.
Weitere berühmte Werke von Hesse sind „Das Glasperlenspiel“ und „Narziß und Goldmund“. Der Schriftsteller lebte in der Schweiz, war drei Mal verheiratet und kannte Thomas Mann und Bertolt Brecht.
1946 bekam er den Nobelpreis für Literatur. Romane schrieb er aber nicht mehr, dafür schrieb er immer mehr Briefe. 35.000 Briefe soll er bekommen haben, und mindestens die Hälfte davon soll er auch selber beantwortet haben.
1962 starb Hesse an einem Schlaganfall – er litt schon länger an Leukämie, lange ohne es zu wissen. Bis heute bleiben seine Bücher wichtig – 120 Millionen wurden weltweit verkauft.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg139kurz.pdf
7/9/2017 • 4 minutes, 8 seconds
SG #138: Das deutsche Grundgesetz
Stellt Euch einmal vor, Ihr müsstet Regeln für das Zusammenleben der Menschen aufstellen. Ihr müsst Euch überlegen, wie diese Regeln dafür sorgen, dass alle Menschen in Eurem Land friedlich und gleichberechtigt miteinander leben können. Es ist gar nicht so einfach, an alles zu denken, oder? Viele Regeln sollte der gesunde Menschenverstand ohnehin diktieren, aber leider funktioniert das nicht. Wenn es aber feste Regeln gibt, kann man diese lehren – und man kann diejenigen bestrafen, die sich nicht daran halten.
In Deutschland halten wir uns an das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – abgekürzt heißt es GG. Das Grundgesetz ist unsere Grundordnung – hier stehen die rechtlichen und politischen Regeln unseres Landes. Daher ist das Grundgesetz unsere Verfassung. Es ist die Bundesverfassung, sie gilt für das gesamte Land. Daneben gibt es noch die Länderverfassungen, die Bundesländer wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen haben also ihre eigenen Regeln. Diese stehen aber unter dem Grundgesetz – dieses gilt also immer.
Das Grundgesetz wurde 1949 beschlossen und von den Alliierten genehmigt. Ihr müsst Euch erinnern, dass Deutschland lange Zeit nach dem Krieg ein Land war, das unter dem starken Einfluss der Alliierten stand. Das Land war unterteilt in einen russischen, einen amerikanischen, einen französischen und einen britischen Sektor. Das Grundgesetz sollte aus den drei Besatzungszonen der Amerikaner, Franzosen und Briten ein einheitliches Staatsgebiet machen. Westdeutschland war geboren, die Bundesrepublik Deutschland. Das Grundgesetz war nur vorübergehend gedacht, es wurde auch nicht vom Volk beschlossen. Man hoffte auf eine baldige Wiedervereinigung. Heute wissen wir, dass es noch viele Jahrzehnte dauerte, bis es so weit war.
Aber zurück zum Grundgesetz.
Was steht denn nun drin in diesem Grundgesetz? Erst einmal sind dort die Menschenrechte aufgeführt, die Grundrechte. Sie schützen den einzelnen Bürger und geben ihm Rechte und Freiheiten.
Hier ist festgelegt, dass sich jeder Mensch frei entfalten darf, solange er damit nicht andere Menschen verletzt oder gegen das Recht verstößt. Jeder hat das Recht auf Leben und auf Freiheit. Wichtig ist auch Artikel 3: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache oder seines Glaubens benachteiligt oder bevorzugt werden. Es gibt in Deutschland Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit – und auch Pressefreiheit. Im Grundgesetz steht auch die Versammlungsfreiheit – sie dürfen sich friedlich versammeln. Es gibt ein Briefgeheimnis und wir dürfen frei wählen, wo wir arbeiten möchten. Unsere Wohnungen dürfen nicht ohne Grund durchsucht werden. Ich bin sehr froh, dass ich in einem Land lebe, in dem ich so viele Freiheiten habe, und in dem der Staat dafür sorgt, dass diese Freiheiten auch tatsächlich existieren.
In der momentanen Zeit der Kriege und Flüchtlingsströme ist auch Artikel 16a wichtig: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“. Ich habe all diese Sätze hier verkürzt – Ihr könnt das ganze Grundgesetz gerne nachlesen auf der Seite https://www.bundestag.de/grundgesetz. Es ist wirklich interessant!
Was steht noch drin in dieser Verfassung der Deutschen? Hier wird unser gesamtes politisches System geregelt, wie die Länder funktionieren und was der Bundesrat und der Bundestag macht, dass wir einen Bundespräsidenten und eine Bundeskanzlerin haben und wie die Gesetzgebung funktioniert. Es sind unsere Werte, die hier festgeschrieben sind. Nach ihnen handeln und leben wir.
Was passiert nun, wenn unsere Welt sich so sehr ändert, dass wir dieses Grundgesetz ändern müssen? Dann müssen sich Bundestag und Bundesrat dafür aussprechen. Zwei Artikel dürfen jedoch niemals geändert werden: Die Menschenwürde bleibt unantastbar und ebenso Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat.
Das Provisorium Grundgesetz wurde mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 z...
5/6/2017 • 6 minutes, 33 seconds
SG #137: Das Bauhaus
Kennt Ihr den Begriff „Bauhaus“? Wir benutzen diesen Begriff in Deutschland gerne für moderne Architektur. Also zum Beispiel für rechteckige Häuser mit großen Fenstern, ohne Giebeldach. Also ohne spitzes Dach. Für klare Konturen, ohne Schnörkel. Ohne Kitsch. Aber was steckt wirklich hinter diesem Begriff?
Dafür müssen wir eine Zeitreise machen. Und zwar in das Jahr 1919. Zu dieser Zeit gründete ein Mann namens Walter Gropius in Weimar eine Kunstschule. Sie hieß „Staatliches Bauhaus“ und war eine Hochschule für Gestaltung. Sie war anders als andere Kunstschulen, denn hier ging es nicht nur um die Kunst, sondern auch um das Handwerk und um die Architektur. All das sollte zusammenfließen. Bauen sollte zudem billiger werden, indem man Fertigbauteile verwendete.
https://www.youtube.com/watch?v=E-1I-i38QgM
Die Namen einiger Lehrer werdet Ihr kennen: Paul Klee, Lyonel Feininger und Wassily Kandinsky gaben hier ihr Wissen weiter. Die Schüler verbrachten viel Zeit in den Werkstätten, experimentierten und entwickelten neue Dinge. Es gab eine Druckerei, man konnte Stoffe weben, mit Metall arbeiten oder mit Glas und Keramik. Die Schüler lernten Wandmalerei und später auch Fotografie.
1925 zog die Schule von Weimar nach Dessau um. Dessau war eine Industriestadt, und das hatte Einfluss auf die Schüler. Sie begannen, Alltagsprodukte neu zu gestalten. Und diese Produkte sind heute noch bekannt. Es waren Möbel aus Stahlrohr, die man heute noch in vielen Büros sieht, oder auch Tapeten.
Dritter Direktor wurde 1930 der Architekt Ludwig Mies van der Rohe – jetzt ging es in der Schule nicht mehr so sehr um die Werkstätten, sondern um Architektur. 1932 wurde das Bauhaus sozusagen aus Dessau rausgeworfen – es zog nach Berlin, doch auch dort hatte das politisch eher links geprägte Bauhaus keine Chance gegen die Nationalsozialisten. 1933 musste es schließen. Aber die Ideen lebten weiter: Viele Bauhaus-Schüler gingen ins Exil und arbeiteten dort weiter, und so verbreitete sich der Bauhaus-Gedanke in der ganzen Welt.
https://www.youtube.com/watch?v=wmC9MiSoZ34
Bauhaus-Designklassiker: https://www.bauhaus100.de/de/damals/werke/designklassiker/index.html
Bauhaus-Architektur: https://www.bauhaus100.de/de/damals/werke/architektur/index.html
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg137kurz.pdf
4/2/2017 • 3 minutes, 45 seconds
SG #136: Der deutsche Bundespräsident
Deutschland hat einen neuen Bundespräsidenten. Er heißt Frank-Walter Steinmeier. Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt Deutschlands. Er ist also die wichtigste Person in Deutschland. Anders als in anderen Ländern ist er aber nicht derjenige, der sich mit der täglichen Politik des Landes beschäftigt – das macht bei uns der Bundeskanzler. Der Präsident ist eher derjenige, der das Land nach außen repräsentiert. Er empfängt die Monarchen und Staatsoberhäupter anderer Länder und reist selber viel ins Ausland, um Gespräche zu führen. Er soll möglichst neutral sein und auch überparteilich. Er hat aber auch andere, wichtige Aufgaben – dazu später mehr.
Der Bundespräsident muss mindestens 40 Jahre alt sein. Die Parteien schlagen verschiedene Kandidaten für das Amt vor. Der Präsident wird für fünf Jahre gewählt. Er wird nicht direkt vom Volk gewählt, sondern von der Bundesversammlung. Die Bundesversammlung wird extra für diese eine Wahl zusammengestellt – sie besteht aus Politikern und Menschen aus dem Volk. Das sind aber meist Schauspieler, Sportler oder andere bekannte Menschen, die man zu dieser Versammlung einlädt. Diese Menschen kommen alle in Berlin zusammen und wählen aus einigen Vorschlägen ihren Präsidenten. Dieser kann ein Mal wiedergewählt werden, nicht öfter.
Der Bundespräsident ist flapsig gesagt so etwas wie der Notar und der König Deutschlands. Er muss repräsentieren und wichtige Unterschriften leisten. Wenn beispielsweise ein neuer Bundeskanzler gewählt wurde, dann muss der Bundespräsident ihn offiziell ernennen. Ebenso die Minister. Und die Bundesrichter und Bundesbeamten. Außerdem prüft der Präsident alle neuen Gesetze und muss diese unterschreiben – erst dann sind sie gültig.
Wenn Menschen in Deutschland etwas Besonderes geleistet haben, dann bekommen sie das Bundesverdienstkreuz verliehen. Das ist eine Auszeichnung, ein Orden. Auch diese Aufgabe hat der Bundespräsident – er darf die Kreuze verleihen.
Und noch eine Aufgabe hat er: Er kann Gefangene begnadigen, sie also frühzeitig aus der Haft entlassen. Das kommt allerdings sehr selten vor.
Was hoffentlich noch seltener vorkommt, ist der Fall einer Kriegserklärung: auch diese darf allein der Bundespräsident aussprechen.
Der erste deutsche Bundespräsident war Theodor Heuss. Danach folgten Heinrich Lübke, Gustav Heinemann, Walter Scheel, Karl Carstens, Richard von Weizsäcker, Roman Herzog und Johannes Rau. Weiter ging es mit Horst Köhler, Christian Wulff und Joachim Gauck – und der neue Mann ist nun Frank-Walter Steinmeier. Vielleicht kennt Ihr den Mann mit den weißen Haaren und der Brille schon – er war vorher Außenminister und vielleicht auch schon einmal in Eurem Land zu Gast.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg136kurz.pdf
3/19/2017 • 4 minutes, 33 seconds
SG #135: Deutscher Wein
Denkt mal an das, was Ihr über Deutschland wisst. Was trinken die Deutschen? Bier? Stimmt. Aber was trinken sie noch? Wein natürlich! Jeder Deutsche trinkt im Durchschnitt 105 Liter Bier und 20 Liter Wein pro Jahr. Das ist eine Menge, oder?
Deutschland ist ein Wein-Land, auch wenn es hier eigentlich nicht sehr warm ist. Die Menschen, die Wein anbauen und herstellen, nennt man Winzer. 80.000 Winzer gibt es in Deutschland, und wie in anderen Ländern auch gibt es hier bestimmte Regionen, in denen der Wein besonders gut gedeiht. Da sind zum Beispiel Rheinhessen, Pfalz, Mosel, Franken und Baden. 13 Anbaugebiete gibt es in Deutschland, aus denen besonders guter Wein kommt.
Der Wein wächst in Deutschland vor allem dort, wo er an einem vor Wind und Wetter geschützten Hang gedeihen kann. Ein Hang ist sozusagen ein steiler Hügelrand, das Gegenteil von einer Ebene. An so einem Hang kann die Sonne die Reben besonders gut erreichen und der Boden speichert die Wärme.
140 verschiedene Rebsorten werden in Deutschland angebaut. Die Weinrebe ist die Pflanze, aus der der Wein gemacht wird. Die einzelnen Früchte sind Weintrauben. Deutscher Wein ist vor allem Riesling, Müller-Thurgau und Spätburgunder.
Und wie immer in Deutschland gibt es auch für den Wein genaue Regeln. Es gibt das Deutsche Weingesetz. Es unterteilt den Wein in vier verschiedene Güteklassen. Das bedeutet, dass nur die besten Weine „Prädikatswein“ heißen dürfen. Und auch was auf dem Etikett steht, also auf dem Aufkleber an der Flasche, ist genau festgelegt. Es gibt bestimmte Angaben, die auf der Flasche stehen müssen, zum Beispiel wo der Wein herkommt und wieviel Alkohol er enthält.
Und dann gibt es noch eine Spezialität: Den Eiswein. Er wird aus Beeren gemacht, die bei der Lese, so nennt man die Ernte, gefroren waren.
So eine Weinlese ist viel Arbeit, und vor allem sind hier noch vergleichsweise wenige Maschinen im Einsatz. Viel wird mit der Hand gemacht, was vor allem an der schwierigen Arbeit liegt und an den steilen Hängen, an denen der Wein oft wächst. Ein Winzer braucht viel Wissen und vor allem Geduld, um einen guten Wein zu machen. Und er braucht Glück mit dem Wetter.
Deutscher Wein wird nicht nur in Deutschland getrunken, sondern auch im Ausland. Er wird vor allem in die USA, in die Niederlande und nach Großbritannien exportiert.
Hier gibt es eine interessante Folge der "Sendung mit der Maus" über einen Winzer:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg135kurz.pdf
3/3/2017 • 4 minutes, 22 seconds
Make-Up and Hair. Absolute Beginner #10
Many of my female listeners asked me to talk about make-up. So let's start with what you say if you apply make-up. You say: „Ich schminke mich.“ Sich schminken. All the things you need for painting your face so to speak are „Schminke“. Die Schminke. Many words we use are the English words, for example „make-up“ means the foundation for your skin. „Das Make-Up“. Then there is „Lidschatten“. Der Lidschatten. „Lid“ is the upper part of your eye, and „schatten“ is shadow. Eye-shadow. Lidschatten. Then there's „Wimperntusche“. „Wimpern“ are the eye-lashes and „Tusche“ is ink. Die Wimperntusche is mascara – but don't worry, most people understand „Mascara“ as well. Your eyebrows are „Augenbrauen“ - die Augenbrauen. It's the same word. And then we need lipstick, „Lippenstift“. „Lippen“ are your lips, „Stift“ is a pen. Der Lippenstift.
At the end of a long day, when you want to remove the make-up, we use the verb „abschminken“. Ab-schminken. The correct sentence would be: „Ich schminke mich ab.“
And what about your hair? For your hair you need „einen Kamm“ - a comb, „einen Kamm“. Der Kamm. Or a brush. Die Bürste. Die Bürste. In both cases you can say: „Ich kämme meine Haare“.
If you want to part your hair, you are wearing a „Scheitel“. Der Scheitel. If it's parted in the middle of your head, it's „der Mittelscheitel“. If it's parted to the side, it's „der Seitenscheitel“.
If you have long hair, you can wear it in a ponytail. „Ein Pferdeschwanz“. Der Pferdeschwanz. „Ich mache mir einen Pferdeschwanz.“ For a ponytail you need „einen Haargummi“ - a scrunchy. Der Haargummi. Oh, and talking about ponys: If a woman in Germany has a „Pony“ it means she wears bangs, so her hair is short on her forehead. Der Pony. Don't misuse the article: „Der Pony“ is a hairstyle, „das Pony“ is a small horse.
Kennt Ihr den Pumuckl? Der Pumuckl ist eine Figur aus Kinderbüchern. Er ist ein frecher kleiner Kobold, der bei einem alten Mann lebt. Dieser Mann ist der Schreinermeister Eder. Die Geschichte geht so:
Eines Tages arbeitet der Schreinermeister Eder in seiner Werkstatt. Da fallen ihm plötzlich Dinge herunter. Seine Werkzeuge sind plötzlich verschwunden. Die Brille auch. Eder wundert sich sehr. Dann hört er ein Geräusch. Er denkt, eine Maus ist in der Werkstatt. Doch diese Maus ist keine Maus, sondern ein Kobold: Also ein kleiner Mann, der unsichtbar ist. Dieser Kobold bleibt an Meister Eders Holzleim hängen. Und wird sichtbar. Aber nur für den Meister Eder. Und bei diesem muss er nun bleiben, das ist das Koboldsgesetz.
So werden die beiden Freunde. Der alte Meister Eder freut sich, dass er von nun an nicht mehr allein leben muss. Und der Pumuckl hat ein Zuhause gefunden. In den nächsten Geschichten erleben die beiden viele Abenteuer. Eigentlich beginnen alle damit, dass der Pumuckl etwas Verbotenes macht und dann Ärger bekommt. Nach und nach lernt er aber, dass man zum Beispiel nicht stehlen darf und Menschen nicht absichtlich ärgern soll.
Die Kinder lieben Pumuckl natürlich. Er ist frech und unangepasst. Er hält sich nicht an Regeln. Er macht all das, was Kinder nicht machen dürfen. Und er dichtet die ganze Zeit. Wunderbar, oder?
Ausgedacht hat sich diese Geschichten eine Münchner Autorin namens Ellis Kaut. Sie wurde 1920 geboren und ist leider 2015 gestorben. 1962 erfand sie den Pumuckl – zunächst als Hörspiel für den Bayerischen Rundfunk. Zwanzig Jahre später landete der Kobold dann im Fernsehen – 52 Folgen wurden produziert. Der berühmte bayerische Schauspieler Gustl Bayrhammer übernahm die Rolle des Meister Eder, und der Kobold wurde in mühevoller Handarbeit in den Film hineingezeichnet und animiert.
Hier seht Ihr die erste Folge der Serie:
Die Stimme des Kobolds war die von Schauspieler Hans Clarin. Ohne ihn wäre die Fernsehserie wahrscheinlich nicht so erfolgreich gewesen: Er schrie und keifte heiser ins Mikrofon, sang aus Leibeskräften und strapazierte seine Stimme ungemein, um den Kobold zum Leben zu erwecken.
Heute kennt den Pumuckl immer noch jedes Kind in Deutschland. Leider gab es auch für ihn einen „Relaunch“ - er wurde neu gezeichnet und hatte plötzlich kein Bäuchlein mehr. Das sorgte im Internet für Ärger. Die Fans protestierten unter dem Hashtag #bringbackbäuchlein. Sie hatten Erfolg: Der Pumuckl durfte in den Zeichnungen wieder einen Bauch haben. Eines hat sich nie geändert: Der Pumuckl ist ein frecher Kobold, der manchmal lernen muss, dass es Grenzen gibt. Und der ein riesengroßes Herz hat.
Hier seht Ihr, wie der Pumuckl im Fernsehen entstand:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg133kurz.pdf
1/13/2017 • 4 minutes, 19 seconds
SG #132: Adidas und Puma
Kennt Ihr eigentlich die Geschichte von Adidas und Puma? Heute sind das zwei der größten Sportartikelmarken der ganzen Welt. Aber alles fing ganz, ganz klein an. Und zwar 1924.
Damals lebten die Brüder Adolf und Rudolf Dassler in Herzogenaurach, einer kleinen Stadt mit 20.000 Einwohnern in Franken, also in Bayern. Sie hatten gute Ideen. Zum Beispiel machten sie Schuhe aus Leinen. Ihr Vater war Weber, also kannte er sich mit Stoffen aus. Und die jungen Männer, beide Anfang 20, experimentierten mit dem Stoff – sie fertigten sehr leichte Laufschuhe an und gründeten die Sportschuhfabrik „Gebrüder Dassler“.
Die Arbeit war klar aufgeteilt: Der introvertierte Adolf, kurz „Adi“ genannt, verbrachte seine Zeit in der Werkstatt, entwarf und fertigte die Schuhe. Sein Bruder Rudolf war für's Marketing zuständig, er ging mit den Schuhen auf Sportplätze oder in Gasthäuser und verkaufte sie dort. Das Geschäft ging gut – sie entwickelten Sportschuhe für viele verschiedene Sportarten. Lediglich ihre Frauen verstanden sich nicht so gut – es gab immer öfter Spannungen.
Dann beginnt die Zeit der Nationalsozialisten. Die Brüder treten der NSDAP bei. Doch dann gibt es Ärger: Adi macht einen Schuh für Jesse Owens, einen Afroamerikaner. Das gefällt den Nazis überhaupt nicht – und Rudolf auch nicht. Aber Adi macht es trotzdem, und Owens holt bei den Olympischen Spielen in Berlin vier Goldmedaillen.
Im Krieg wird die Fabrik geschlossen, kein Mensch braucht im Krieg Sportschuhe. Wichtiger sind Waffen. Also produzieren die Brüder eine Panzerabwehrwaffe. Rudolf muss in den Krieg ziehen – Adi nicht, er wird als zu wichtig eingestuft. Nicht gut für die Brüder. Er desertiert und wird gefangen – zum Glück kommt er nur ins Gefängnis, andere wurden sofort erschossen.
Dann ist der Krieg endlich vorbei – und die Amerikaner sind da. Sie wollen die Fabrik sprengen, immerhin wurden hier Waffen produziert – als sie aber von den Schuhen für Jesse Owens erfahren, lassen sie es sein. Glück gehabt. Die Brüder müssen dennoch in Gefangenschaft. Rudolf wird Spionage vorgeworfen. Warum? Rudolf ist sicher, dass ihn jemand denunziert hat: Sein Bruder und dessen Frau. Das Verhältnis ist endgültig zerstört.
1948 ist die Trennung nicht mehr aufzuhalten: Die Brüder teilen die Firma auf.
Adi bleibt in der Fabrik, er nennt die Firma nun „Adidas“, eine Abkürzung von Adi Dassler.
Rudolf „Rudi“ Dassler zieht mit 14 Mitarbeitern in eine alte Schreinerei auf der anderen Seite des Flusses Aurach. Dort gründet er seine eigene Firma, er nennt sie Puma.
Beide sind zunächst sehr erfolgreich. Denn während andere Sportler noch mit Stiefeln mit schweren Schutzkappen unterwegs sind, stellen die Dassler-Brüder leichte und flexible Schuhe her, mit denen man sich viel besser bewegen kann.
Jetzt kämpfen die Brüder gegeneinander – und zwar mit den Waffen des Marketings. Rudolf klaut seinem Bruder eine Idee: Die der Schraubstollen für Fußballschuhe. Das bedeutet, dass man unten an die Schuhe Stollen anschrauben kann, und zwar unterschiedlicher Länge. Damit man beim Laufen nicht rutscht.
Dennoch bleibt Adi erfolgreicher: Er erfindet das noch heute berühmte Adidas-Logo mit den drei Streifen. Und 1954 bei der Fußball-Weltmeisterschaft wird die Mannschaft mit seinen Schuhen Weltmeister. Wie es weiterging? Beide Brüder Dassler starben in den 70er-Jahren. Sie haben sich nie versöhnt. Ihre Kinder waren ebenfalls zerstritten und kämpften gegeneinander.
Heute hat die Adidas-Group über 55.000 Mitarbeiter und einen Umsatz von fast 17 Milliarden Euro pro Jahr. Puma hat 11.000 Mitarbeiter und einen Umsatz von 3 Milliarden Euro pro Jahr.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg132kurz.pdf
12/19/2016 • 5 minutes, 48 seconds
SG #131: Sankt Martin und der Laternenumzug
Der 11. November hat in Deutschland zwei Bedeutungen. Erstens fängt an diesem Tag der Fasching an, und zweitens ist es der Gedenktag für den Heiligen Sankt Martin. Das feiern vor allem Kindergartenkinder – aber dazu später mehr. Wer war Martin?
Martin war ein römischer Soldat. Er wurde im Jahr 316 geboren, und zwar im heutigen Ungarn. Er wuchs in Italien auf.
Martin war ein sehr hilfsbereiter Mensch. Eines Tages war er im Winter auf seinem Pferd unterwegs, als er einen Bettler traf. Der Bettler hungerte und fror. Martin schnitt kurzerhand seinen Mantel in zwei Stücke und reichte dem Bettler eine Hälfte, damit dieser sich wärmen konnte. In der nächsten Nacht träumte Martin. Im Traum war der Bettler Jesus Christus. Bald darauf ließ Martin sich taufen, verließ den Armeedienst und wurde Bischof.
Soweit zur Geschichte.
Aber wie feiern wir St. Martin heute? Ganz einfach: Die Kinder basteln in den Wochen vor dem 11. November Laternen. Sie rollen bunte Pappe zu einem Zylinder, schneiden Löcher hinein und kleben buntes Papier dahinter. Sie stellen kleine Kerzen in diese Laternen und hängen sie an einen Holzstab, der wie eine kleine Angel aussieht. Am 11. November dann gehen die Kinder gemeinsam zum Laternenumzug. Meistens reitet vorneweg ein als St. Martin verkleideter Mann auf einem weißen Pferd, einem Schimmel. Oder die Kinder spielen die Geschichte von St. Martin und dem Bettler selber nach. Dann werden Lieder gesungen: „Ich geh mit meiner Laterne, und meine Laterne mit mir. Da oben leuchten die Sterne, und unten leuchten wir.“ Oder: „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne, brenne auf mein Licht, brenne auf mein Licht, aber nur meine liebe Laterne nicht!“
Ihr dürft nicht vergessen, dass es im November in Deutschland meistens schon sehr kalt ist. Und es wird früh dunkel. Der Laternenumzug ist immer erst dann, wenn es richtig dunkel ist – damit man die Laternen auch schön sieht. Am Ende des Umzuges gibt es oft ein Martinsfeuer. Gegessen werden kleine Martinsgänse, die aus Teig gebacken sind. Oder Weckmänner, das sind Männer mit Pfeife, ebenfalls aus Teig gebacken (siehe Foto!).
Ich finde, es ist ein schöner Brauch. In unserem Kindergarten sind viele Kinder anderer Konfessionen, viele muslimische Kinder zum Beispiel. Und auch wenn das ein sehr deutscher und christlicher Brauch ist, finde ich ihn passend für alle. Denn was zeigt diese Geschichte den Kindern? Dass sie anderen helfen sollen, anstatt egoistisch zu sein. Und dass sie ihre Dinge mit anderen teilen sollen. Eine schöne Lehre, findet Ihr nicht?
Hier wird die Geschichte von Sankt Martin erzählt:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg131kurz.pdf
11/17/2016 • 4 minutes, 22 seconds
SG #130: Das Deutsche Museum
Wie Ihr wahrscheinlich wisst, lebe ich in München. München liegt im Süden von Deutschland, genauer gesagt in Bayern. München ist die Landeshauptstadt von Bayern. Hier leben 1,5 Millionen Menschen, und damit ist München nach Berlin und Hamburg die drittgrößte Stadt Deutschlands. Mitten durch die Stadt fließt ein Fluss, die Isar. Es ist ein recht kleiner Fluss, auf ihm können keine Schiffe fahren, weil das Wasser zu seicht ist. Jedenfalls gibt es in diesem Fluss einige Inseln. Und auf einer dieser Inseln steht das Deutsche Museum, über das ich Euch heute etwas erzählen möchte.
Das Deutsche Museum wurde 1925 eröffnet. Es ist das größte naturwissenschaftlich-technische Museum der Welt. Es gibt dort 28.000 Objekte zu sehen! 1,5 Millionen Menschen kommen jedes Jahr als Besucher in dieses Museum. Einer dieser Menschen bin ich – unsere Familie hat eine Jahreskarte für das Museum. Das bedeutet, wir haben uns eine teure Karte gekauft, die ein ganzes Jahr lang gilt, und mit der wir zu dritt ins Museum gehen können, wann immer wir möchten. Der große Vorteil davon, das habe ich letztes Wochenende gemerkt: Wir müssen nicht in der Schlange anstehen, um uns Karten an der Kasse zu kaufen. Wir können direkt ins Museum gehen. Und letztes Wochenende, als es regnete und kalt war, dauerte es über eine Stunde lang, bis man an der Kasse war! So viel Geduld hätte ich wahrscheinlich nicht.
Die wahrscheinlich berühmteste Abteilung im Deutschen Museum ist das Bergwerk. Erst geht man viele Stufen in den Keller hinunter, bis man im Bergwerk ankommt. Es ist natürlich kein echtes Bergwerk, sondern nachgebaut, aber die Atmosphäre ist bedrückend echt. Man sieht hier Pferde und Menschen aus Holz ihre Arbeit verrichten im dreckigen, dunklen Schacht. Als Kind hatte ich Angst davor, in diese Abteilung zu gehen. In den Kriegsjahren versteckten sich hier unten die Münchner Bürger vor den Bombenangriffen.
Es gibt viele andere Abteilungen, die ebenso interessant sind. Da sind die großen, alten Dampfmaschinen, die Abteilung für Raumfahrt oder eine winzig kleine Ziegelei, also eine Fabrik, die Ziegel herstellt. Ziegel sind rechteckige Steine, mit denen man Häuser bauen kann. Es gibt eine Abteilung für Musikinstrumente, eine für Mathematik, eine für Starkstromtechnik. Hier gibt es regelmäßig Vorführungen – ein Besucher darf sich in einen Faradayschen Käfig setzen und wird dann mit einem Blitz „beschossen“. In einer anderen Abteilung steht ein komplettes U-Boot, das an einer Seite aufgeschnitten wurde, damit man auch den Motor, die Batterien und die Torpedos sehen kann.
Um sich alles anzusehen, braucht man ungefähr drei Tage. Und auch dann hat man noch nicht alles verstanden und gelesen, was es hier zu sehen gibt.
Früher standen hier auch noch Lokomotiven, Autos und Flugzeuge – die sind aber mittlerweile umgezogen. Es gibt zwei weitere Museen in München, die zum Deutschen Museum gehören. Die Flugwerft Schleißheim, wo jetzt alles zum Thema Fliegen zu besichtigen ist, und das Verkehrszentrum an der Theresienwiese, also in der Nähe des Oktoberfests.
Während manche Abteilungen sehr neu gestaltet sind, mit gut verständlichen Tafeln, die uns Laien die Wissenschaft erklären, sind manch andere Abteilungen sehr veraltet. Diese werden nun nach und nach renoviert – Ihr könnt Euch vorstellen, wie teuer das ist!
Für Kinder gibt es ein extra Kinderreich, hier können Kinder auf einer riesigen Gitarre spielen, Flaschenzüge ausprobieren und Kugelbahnen bauen. Falls Ihr mal nach München kommt und das Wetter ist schlecht: Geht unbedingt ins Deutsche Museum!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg130kurz.pdf
11/4/2016 • 5 minutes, 46 seconds
SG #129: Der Führerschein
In meinem Geldbeutel ist ein gefaltetes Stück rosafarbenes Papier. Mein Foto ist darauf zu sehen – da war ich gerade mal 18 Jahre alt. Was das für ein Papier ist? Es ist mein Führerschein!
Der Führerschein ist ein offizielles Dokument. Ich habe den Führerschein bekommen, nachdem ich meine Fahrprüfung gemacht hatte. Seitdem darf ich Auto fahren. Ich erkläre Euch kurz, wie man in Deutschland zum Autofahrer wird.
Als ich 1994 meinen Führerschein machte, musste ich 18 Jahre alt sein. Heute ist das anders: Man kann schon ein Jahr früher Auto fahren. Ähnlich wie in den USA geht das aber nur in Verbindung mit dem begleiteten Fahren – man darf nicht alleine Auto fahren lernen, sondern muss einen Erwachsenen mit dabei haben.
Wer lernen möchte, ein Auto zu fahren, geht in eine Fahrschule. Der Unterricht ist in zwei Teile unterteilt: Theorie und Praxis. Im Theorieunterricht sitzt man wie in der normalen Schule in einem Raum mit dem Fahrlehrer und lernt die Verkehrsregeln. Eine Schulstunde dauert in Deutschland 45 Minuten – in der normalen Schule genau wie in der Fahrschule. 26 Theorie-Stunden lang muss man also die Schulbank drücken, bis man die theoretische Prüfung ablegen kann. 80% der Fragen muss man richtig beantworten – sonst ist man durchgefallen.
Der praktische Unterricht erfolgt im Straßenverkehr: Gemeinsam mit dem Fahrlehrer oder der Fahrlehrerin sitzt man in einem speziellen Auto. Dieses Auto hat auch auf der Beifahrerseite Spiegel und ein Bremspedal. So kann der Lehrer im Notfall eingreifen. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, wie viele Stunden man mindestens unterwegs sein muss – zum Beispiel 5 Fahrstunden auf einer Landstraße, 4 auf der Autobahn und 3 in der Nacht. Der Fahrlehrer entscheidet dann, wann man gut genug ist, um an der Fahrprüfung teilzunehmen. Das ist aufregend, kann ich Euch sagen! Man bekommt einen Termin zur Prüfung, und da kommt dann ein fremder Mensch, ein so genannter Prüfer, und setzt sich mit dem Fahrlehrer und dem Schüler ins Auto. Er lässt den Schüler dann fahren, stellt ihm Fragen – und beobachtet alles ganz genau. Ich musste damals auch rückwärts einparken – gar nicht so leicht, wenn man nervös ist! 45 Minuten dauert diese Prüfung – dann weiß man, ob die Prüfung bestanden ist oder nicht. Wenn ja, bekommt man den Führerschein – wenn nicht, muss man nochmal in die Fahrschule zurück.
Heute übrigens ist der Führerschein nicht mehr rosa. Die europäischen Länder haben sich auf einen einheitlichen Führerschein geeinigt, und dieser ist klein wie eine Kreditkarte und aus Plastik. Ich werde also bald meinen Führerschein umtauschen gegen diesen schöneren Karten-Führerschein – und dann bin ich auch das alte Foto endlich los...
Autofahrer unter 21 Jahren müssen übrigens nüchtern Auto fahren – sie dürfen nur 0 Promille haben. Bei älteren Fahrern liegt diese Grenze bei 0,5 Promille. Wer gegen diese oder andere Verkehrsregeln verstößt und damit sich und andere in Gefahr bringt, bekommt Punkte in Flensburg – wer zu viele Punkte hat, der verliert seinen Führerschein. Um ihn wiederzubekommen, muss man erneut in die Fahrschule.
Übrigens war der Führerschein in Deutschland ansonsten ewig gültig – man machte ihn mit 18 und konnte fahren, bis man starb. Heute ist das anders: Seit 2013 ist der Führerschein nur noch 15 Jahre gültig. Danach muss man ihn neu beantragen – und ein neues Foto machen lassen. Eine Fahrprüfung gibt es allerdings nicht.
Wie ist das in Eurem Land? Schreibt gerne in die Kommentarfunktion!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg129kurz.pdf
10/16/2016 • 6 minutes, 5 seconds
SG #128: Die Sendung mit der Maus
Es gibt eine Sendung, die kennt in Deutschland jedes Kind. Nicht nur jedes Kind, sondern auch jeder Erwachsene – denn es gibt sie schon sehr lange. Sie heißt: „Die Sendung mit der Maus“. Sie kommt jeden Sonntag im Fernsehen, und zwar in der ARD, „Das Erste“ heißt der Sender genau gesagt. Produziert wird sie vom WDR, dem Westdeutschen Rundfunk, in Köln.
Alles fing an im Jahr 1970. Damals setzten sich vier Menschen zusammen und überlegten, wie man eine Kindersendung im Fernsehen machen könnte. 1971 lief sie dann zum ersten Mal im Fernsehen. Sie ist gedacht für Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter, also von ungefähr 3 bis 10. Aber auch Erwachsene können hier noch etwas lernen!
Ich erzähle Euch mal, wie die Sendung mit der Maus aufgebaut ist. Sie beginnt mit einem gezeichneten Vorspann. Man sieht die orangefarbene Maus und ihren viel kleineren Freund, den blauen Elefanten. Sie spielen jedes Mal anders mit den Buchstaben „Lach- und Sachgeschichten“. Dazu erklärt eine Stimme, um welche Themen es diesmal geht. Der Anfang dauert ungefähr eine halbe Minute. Danach kommt der genau gleiche Clip noch einmal, diesmal aber in einer anderen Sprache gesprochen. Das kann Englisch sein oder Französisch, oft sind es aber auch Sprachen wie Lettisch oder Urdu. Am Ende wird verraten, welche Sprache es war.
Dann wechseln sich Lach- und Sachgeschichten ab. Lachgeschichten sind kurze Lieder, Geschichten oder Animationsfilme, die die Kinder unterhalten sollen. Manchmal haben sie eine Botschaft, sie versuchen also über Angst, Wut oder andere Gefühle zu sprechen. Oder über typische Situationen aus dem Alltag der Kinder.
Dann gibt es die Sachgeschichten – sie sind legendär für die Sendung mit der Maus. Hier versuchen die Filmemacher, den Kindern die Welt zu erklären. Sie beantworten Fragen wie „Warum ist der Himmel blau?“ oder „Wie kommen die Streifen in die Zahnpasta?“. Sie gehen in Fabriken und zeigen, wie Matratzen oder Legosteine hergestellt werden. Hier geht es darum, etwas zu lernen.
Am Ende der halbstündigen Sendung gibt es momentan entweder eine Folge von „Käptn Blaubär“, einem blauen Puppenbären, der seinen drei Enkeln lustige Geschichten erzählt, oder eine Folge „Shaun das Schaf“. Das kennt Ihr sicher, oder?
„Die Sendung mit der Maus“ ist deswegen so toll, weil sie so liebevoll gemacht wird. Zwei Männer werden mit ihr in Verbindung gebracht, das sind Christoph und Armin. Christoph hat immer einen grünen Pulli an, und er macht meistens nur Pantomime. Das bedeutet, er spricht selten. Er zeigt mehr mit seinem Gesicht und mit seiner Gestik. Dann ist da noch Armin. Er ist von Anfang an dabei, also seit über 40 Jahren. Er hat eine tiefe, ruhige Stimme, und erklärt den Kindern vieles in den Sachgeschichten. Mittlerweile gibt es natürlich auch eine jüngere Generation, die an der Maus mitarbeitet – Ralph zum Beispiel.
Besonders toll war es, als der deutsche Astronaut Alexander Gerst im Weltraum war. Er flog auf die ISS und nahm eine kleine Stoffmaus mit. Und dann durften ihm die Maus-Zuschauer Fragen stellen, die er in der Schwerelosigkeit beantwortete. Seit einigen Monaten begleitet ein Reporter-Team auch eine Flüchtlingsfamilie aus Syrien und zeigt, was die Kinder in ihrer neuen Heimat alles erleben.
Die Sendung hat sich natürlich über die Jahre verändert. Aber sie fühlt sich immer noch so an wie früher. Sie nimmt Kinder ernst und begegnet ihnen auf Augenhöhe. Das gefällt mir so gut daran. Auch schwierige Themen wie Krieg oder Tod kommen vor – aber natürlich immer kindgerecht aufbereitet.
Ich verlinke Euch die offizielle Maus-Seite – dann könnt Ihr Euch mal eine Folge anschauen. Wie gesagt: Auch Erwachsene können noch etwas lernen!
Die Sendung mit der Maus beim WDR: Internet-Seite / Sendung
Die internationale Sendung mit der Maus (Arabisch, Kurdisch, Dari, Englisch, Französisch)
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg128kurz.pdf
9/26/2016 • 6 minutes, 20 seconds
SG #127: Das Abendbrot
Habt Ihr schonmal von dem Wort Abendbrot gehört? Viele Deutsche benutzen das Wort vor allem für das abendliche Essen. Auch wenn es gar kein Brot gibt, sondern ein warm gekochtes Essen. Früher war das traditionelle Familienessen das Mittagessen. Die Frau kochte das Essen, der Mann kam oft sogar von der Arbeit nach Hause, um mit den Kindern und seiner Frau zu Mittag zu essen. Heute ist das nur noch selten so. Die Erwachsenen sind in der Arbeit, die Kinder oft auch über Mittag in der Schule. Also ist das Abendessen zur warmen Mahlzeit geworden, zu der man sich am Esstisch trifft und sich über den Tag austauscht.
Im wahrsten Sinne des Wortes bezeichnet das Abendbrot aber eine kalte Mahlzeit. Da mittags warm gegessen wurde, verzichtete man abends auf eine ausgiebige Mahlzeit. Vielmehr kam ein Laib Brot auf den Tisch. Die Deutschen lieben ihr Brot – es ist selten ein helles Brot aus Weizenmehl, sondern oft ein Mischbrot aus verschiedenen Getreidearten. Es gibt auch Roggenbrot oder Vollkornbrot. Es ist ein sehr kräftiges Brot, und es gibt sehr viele verschiedene Arten. Manche Brotsorten sind stark gewürzt, zum Beispiel mit Kümmel. In manchen Broten sind Sonnenblumenkerne eingebacken – sehr lecker. Dieses Brot jedenfalls kam oder kommt abends auf den Tisch. Dazu gibt es erstmal Butter – und ich muss Euch sagen, so eine Scheibe frisches Brot mit Butter ist wunderbar. Da braucht man eigentlich gar nicht mehr. Aber viele essen trotzdem lieber ein Brot mit Wurst oder Käse. Wurst nennt man auch Aufschnitt – es gibt viele verschiedene Sorten, von Paprikawurst bis Salami. Ebenso natürlich beim Käse. Damit all das nicht so trocken ist, gibt es noch eine Scheibe Gurke obendrauf, oder auch ein Essiggürkchen, oder Tomate. Manche essen auch gerne ein Brot mit Frischkäse und Radieschen-Scheiben. Die elegante Variante ist ein Brot mit Lachs und Meerrettich.
Dazu gibt es dann für die Erwachsenen Bier oder Getränke ohne Alkohol, für die Kinder Limonade, Saft oder Wasser. Oft wird dieses Abendbrot auch Brotzeit oder Vesper genannt – das ist von Region zu Region unterschiedlich. Gegessen wird meist nicht von Tellern, sondern von Brotzeitbrettchen. Das sind oft runde Bretter mit einer Rinne außenrum, damit zum Beispiel Flüssigkeit von der geschnittenen Tomate abfließen kann. Es gibt auch rechteckige Frühstücksbrettchen – die mag ich selber aber nicht besonders. Sie sind sehr dünn und eigentlich zu klein für ein richtiges Brot.
Na, bekommt Ihr langsam Hunger? Könnt Ihr Euch vorstellen, abends kalt zu essen? Wie ist das in Eurem Land? Schreibt in die Kommentarfunktion, ich bin gespannt!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg127kurz.pdf
9/14/2016 • 4 minutes, 34 seconds
SG #126: Abkürzungen
Egal wie gut man eine Sprache beherrscht – wer die wichtigsten Abkürzungen nicht kennt, der versteht nichts. Abkürzungen entstehen, wenn vor allem lange Wörter oder Phrasen schneller schreibbar werden sollen. Ich möchte Euch dazu eine schöne Geschichte erzählen. Unter Briefe und Mails schreiben wir oft MfG. Das bedeutet „Mit freundlichen Grüßen“. Es kann aber auch etwas anderes bedeuten – und so dachte ein netter Mensch, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist, dass ich unter meine Mails immer „Mitfahrgelegenheit“ schreibe. Eine Mitfahrgelegenheit ist, wenn ich mit dem Auto irgendwo hinfahre und fremde Menschen mitnehme, die mir dafür etwas Geld für das Benzin geben. Ihr seht also – es kann zu Missverständnissen kommen, wenn man die Abkürzungen nicht kennt.
Vielleicht erinnert Ihr Euch an die Folge über Vereine hier bei Slow German – da gab es die Abkürzung „e.V.“, das steht für „eingetragener Verein“.
Vor allem in Zeitungsanzeigen kommen viele Abkürzungen vor, weil diese pro Buchstabe bezahlt werden müssen. EG steht dann für Erdgeschoss, OG für Obergeschoss, DG für Dachgeschoss, BLK für Balkon, DHH für Doppelhaushälfte, EBK für Einbauküche.
Aber auch in Briefen findet Ihr Abkürzungen: evtl. steht für „eventuell“, usw. für „und so weiter“, z.B. für „zum Beispiel“, eigtl. für „eigentlich“. Noch mehr? Gerne. „bzw.“ heißt „beziehungsweise“, „allg.“ heißt „allgemein“. Sehr häufig ist auch „d. h.“ für „das heißt“ und „ggf.“ für „gegebenenfalls“.
Kann man sich durch Abkürzungen wirklich Zeit sparen? „u.U.“ schon. „u.U.“ steht für „unter Umständen“, also „manchmal“. „v.a.“ wenn man es eilig hat. „v.a.“ bedeutet „vor allem“. In Büchern werdet Ihr auch manchmal „vgl.“ sehen, das steht für „vergleiche“. Man soll also das was dort steht mit einem anderen Text auf einer anderen Seite oder in einem anderen Buch vergleichen.
Im Geschäftsleben gibt es ebenfalls einige Abkürzungen, die immer wieder auftauchen. Da ist die Geschäftsform der „GmbH“, einer „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“. Das sind die meisten Firmen hier. Und es gibt auch die „AG“, die Aktiengesellschaft. Das sind die Firmen, die an der Börse notiert sind, von denen man also Aktien kaufen kann.
Vielleicht ist es Euch schon aufgefallen, dass manche Menschen, meist sind es Frauen, ihren Namen schreiben und dahinter „geb. Müller“ oder einen anderen Namen. Das „geb.“ steht dann für „geborene“ Müller. Das heißt, früher hieß die Frau Müller, dann heiratete sie und übernahm den Namen ihres Mannes.
Auch in der Zeitrechnung kommen Abkürzungen vor – wir schreiben Jahreszahlen zum Beispiel „2016 n. Chr.“, das wäre 2016 nach Christus. Oder natürlich „v. Chr.“, vor Christus.
Und dann sind da natürlich noch die Abkürzungen, die sehr neu in unserer Sprache sind. In Mails wird auch oft vom „WE“ geschrieben – das steht für Wochenende. LG steht für „Liebe Grüße“, oder GLG für „Ganz liebe Grüße“. Durch Whatsapp und SMS werden wir einfach immer fauler!
Es gibt übrigens ein schönes Lied zu diesem Thema, und zwar von den „Fantastischen Vier“. Es heißt MfG. Und was das bedeutet, wisst Ihr jetzt. Oder? Hier ist es:
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg126kurz.pdf
8/26/2016 • 5 minutes, 53 seconds
SG #125: Die Weißwurst
Bayerischer könnte ein Thema nicht sein – ich möchte Euch heute nämlich etwas über die Weißwurst erzählen. Habt Ihr schonmal davon gehört? Die Weißwurst ist eine Münchner Spezialität. Es ist eine recht dicke Wurst, die tatsächlich weiß ist. Sie wird am Tisch in einem kleinen Porzellantöpfchen serviert und schwimmt in heißem Wasser. Denn eine kalte Weißwurst schmeckt überhaupt nicht.
Aber fangen wir vorne an. Angeblich wurde die Weißwurst 1857 erfunden. Und zwar mitten in München, in einem Gasthaus am Marienplatz. Dort gab es Bratwürste. Aber die Därme gingen aus – der Darm ist sozusagen die Hülle für die Wurst. Also musste ein Junge loslaufen, um neue Därme zu kaufen. Er kaufte die falschen – sie waren viel zu groß. Der Metzger füllte sie trotzdem, aber er legte die Würste nicht auf den Grill, weil er Angst hatte, sie könnten platzen. Stattdessen legte er sie in heißes Wasser – er brühte sie. Und das ist heute die Weißwurst.
Sie besteht aus feinem Kalbfleisch, Schweinefleisch, Speck und Gewürzen. Man sieht zum Beispiel deutlich die grünen Punkte – das ist Petersilie. Auch Zwiebeln sind drin, manchmal sogar Ingwer und Kardamom.
Hier in München sagt man, dass die Weißwurst das 12-Uhr-Läuten nicht hören darf. Man soll sie also vor 12 Uhr mittags essen. Mittlerweile gibt es sie in Gasthäusern aber den ganzen Tag über zu kaufen, man kann sie auch abends essen. Komisch ist für Euch wahrscheinlich, dass es vor allem am Wochenende viele Münchner gibt, die Weißwürste sozusagen zum Brunch essen, also gegen elf Uhr.
Noch eine Sache ist anders als bei anderen Würsten: Während man Wiener Würstchen zum Beispiel immer als Paar bestellt, also 2, 4 oder 6 beziehungsweise 1, 2 oder 3 Paar, bestellt man die Weißwürste einzeln, also pro Stück. Das hängt natürlich damit zusammen, dass die Würste so groß sind.
Zur Weißwurst gibt es süßen Senf – der ist besonders lecker! Und dann noch Brezen. Kennt Ihr bayerische Brezn? Sie sehen aus wie die kleinen knusprigen „Pretzels“, die Ihr vielleicht kennt. Aber sie sind außen knusprig und innen ganz weich. Wenn Ihr mal nach Bayern kommt, müsst Ihr unbedingt eine frische Brezel beim Bäcker kaufen. Aber zurück zur Weißwurst. Als Getränk gehört ein Weißbier zur Weißwurst. Es wird in einem hohen schönen Glas ausgeschenkt und schmeckt etwas nach Hefe.
So, jetzt liegt diese schöne Weißwurst also auf Eurem Teller. Was nun? Die Haut der Weißwurst kann man nicht essen! Wie kriegt man sie aber ab? Da gibt es verschiedene Techniken. Ihr könnt natürlich einzelne Stücke runterschneiden und jedes Mal die Haut abpulen. Das ist schwierig. Einfacher ist es, die Weißwurst der Länge nach zu halbieren und dann die ganzen Hälfte aus der Pelle zu schälen. Und wisst Ihr, was die Bayern machen? Sie zuzeln ihre Weißwurst. Das heißt, sie nehmen die ganze Wurst vorne in den Mund und saugen sozusagen die Wurst aus der Pelle. Das sieht nicht schön aus, glaubt mir. Jetzt wünsche ich Euch auf Bayerisch einen guten Appetit: An guadn!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg125kurz.pdf
8/15/2016 • 5 minutes, 5 seconds
SG #124: Margarete Steiff
Ich erzähle Euch heute von einer Frau. Sie hieß Margarete Steiff und wurde 1847 geboren. Sie hatte es nicht leicht: Schon als Kind war sie teilweise gelähmt – ihre Bewegungen waren stark eingeschränkt. Das Mädchen war aber fröhlich und hilfsbereit. Margarete betreute die Kinder von Frauen, die arbeiten mussten. Und sie nähte gerne. Obwohl die Eltern dagegen waren, wurde sie Schneiderin. Und der Vater sah schließlich ein, dass seine Tochter begabt war.
Also richtete er für sie und ihre Schwester eine Schneiderei ein. Dort bekamen die beiden jungen Frauen immer mehr Arbeit – anfangs nähten sie noch mit der Hand. Aber sie sparten ihre Einnahmen und kauften sich bald als erste in der Gegend eine Nähmaschine. Margarete kaufte ein Filzgeschäft und hatte bald mehrere Angestellte. Sie hatte also Arbeiterinnen, die für sie nähten. Genäht wurde vor allem Kleidung.
Durch Zufall sah Margarete eines Tages in einer Zeitschrift eine Näh-Anleitung, man nennt das Schnittmuster, für einen Elefanten. Also ließ sie Nadelkissen nähen – in Form von Elefanten. In ein Nadelkissen steckt man Nähnadeln, die man gerade nicht braucht – damit man sich nicht verletzen kann. Diese besonderen Nadelkissen verkauften sie auf dem Markt, und sie waren ein voller Erfolg. Also begann Margarete, auch andere Tiere zu nähen – aus Filz. 1892 gab es den ersten Steiff-Katalog, mit Katzen, Hunden und Pferden. Der Umsatz stieg, und schon 1901 wurde nach Amerika exportiert. Ab 1902 gab es im Sortiment auch einen Teddybären.
1904 bekamen die Plüschtiere einen Metallknopf ins Ohr, daran eine kleine gelbe Stoff-Fahne mit dem Namen „Steiff“ darauf. Dieses Markenzeichen haben die Spielsachen noch heute.
Margarete gab ihre Firma an ihre Neffen ab – bis 1907 waren fast eine Million Teddybären genäht worden. 400 Mitarbeiter hatte die Firma, dazu noch 1800 Näherinnen, die von zu Hause aus arbeiteten. Margarete Steiff starb 1909 im Alter von 61 Jahren. Ihre Firma und viele Spielzeuge mit ihrem Namen gibt es noch heute. Und sie sind begehrt und teuer. Es gibt Sammler, die die Steiff-Plüschtiere genau kennen und seltene Exemplare zu hohen Preisen kaufen. Seit 2005 gibt es auch „Die Welt von Steiff“ - ein kleines Museum, in dem man bei der Herstellung der berühmten Tiere zusehen kann. Heute stellt die Firma auch Kinderkleidung her, die sehr beliebt ist.
Das war sie, die Geschichte einer wichtigen deutschen Unternehmerin. Hattet Ihr schonmal etwas von Steiff-Tieren gehört?
Schreibt in die Kommentarfunktion!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg124kurz.pdf
7/22/2016 • 4 minutes, 37 seconds
SG #123: Das Ehrenamt
Wisst Ihr, was ein Ehrenamt ist? Es ist eine Aufgabe, die Menschen übernehmen, ohne Geld dafür zu bekommen. Ein Mensch engagiert sich dadurch für die Gesellschaft. Ungefähr jeder vierte Deutsche hilft freiwillig mit. Und zu tun gibt es genug.
In kleineren Gemeinden gibt es Bürgermeister, die ehrenamtlich tätig sind. Das heißt: Sie haben einen richtigen Job, mit dem sie ihr Geld verdienen, und haben zusätzlich noch das Amt des Bürgermeisters inne. Viele Gemeinden haben auch eine freiwillige Feuerwehr – auch hier arbeiten Menschen in ihren normalen Berufen. Aber wenn es brennt, sausen sie los, um ihre Arbeit bei der Feuerwehr aufzunehmen. In vielen als Verein geführten Kindergärten arbeiten auch viele Ehrenamtliche, sie putzen den Kindergarten, kümmern sich um Reparaturen und dergleichen.
Es wird oft gesagt, dass Deutschland ohne das Engagement von Ehrenamtlichen nicht funktionieren würde. Sie kümmern sich um Kranke und Alte, um Kinder und die Natur, um Menschen in Not und Sträflinge. Manchmal gibt es eine kleine Entschädigung für die Menschen, also doch ein wenig Geld. Aber es ist nicht viel. Und den Ehrenamtlichen geht es auch nicht um das Geld. Sie möchten sich nützlich machen. Sie möchten der Gesellschaft dienen. Sie möchten etwas Gutes tun. Für viele Ehrenamtliche ist ihr Dienst daher so etwas wie eine Lebensaufgabe.
In den vergangenen Monaten hat sich ein großer Bereich geöffnet, der ohne Ehrenamtliche ebenfalls nicht funktionieren würde: Die Flüchtlingshilfe. Viele Freiwillige helfen dabei, Kleiderspenden zu sortieren, Essen zu verteilen oder sich um die vielen Kinder zu kümmern. Ehrenamtliche geben Deutschunterricht oder gehen mit Flüchtlingen zu den Behörden, um Anträge zu stellen. Wie ist das in Eurem Land? Seid Ihr vielleicht selber ehrenamtlich tätig? Schreibt gerne in die Kommentarfunktion!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg123kurz.pdf
7/7/2016 • 3 minutes, 13 seconds
SG #122: Der Sommer
Es ist endlich Sommer! Nach einem langen, kalten Winter freuen wir uns in Deutschland besonders wieder auf den Sommer. Endlich werden die Temperaturen wieder wärmer, die Tage werden länger. Im Sommer sitzen wir draußen in Straßencafés oder im Biergarten. Wir trinken mit Eiswürfeln gekühlte Getränke oder kaltes Bier. Wir machen lange Spaziergänge oder gehen in einem See baden. Man kann auch mit dem Tretboot oder Ruderboot auf dem See fahren.
Wenn die Kinder Sommerferien haben, fahren wir in den Urlaub, liegen irgendwo am Strand, bauen Sandburgen und genießen die Zeit. Wir cremen uns mit Sonnencreme ein, damit wir keinen Sonnenbrand bekommen. Zum Glück gibt es Sonnenschirme, unter denen wir uns verstecken können – im Schatten ist die Hitze leichter zu ertragen.
Im Sommer müssen wir uns endlich nicht mehr warm anziehen, um raus zu gehen. Ein T-Shirt, kurze Hosen und Sandalen genügen. Wenn es besonders heiß ist, bauen wir für die Kinder im Garten ein Plantschbecken auf, das ist ein aufblasbares Gummibecken mit Wasser gefüllt. Die wenigsten Wohnhäuser haben in Deutschland eine Klimaanlage – bis jetzt war es nicht nötig. Aber die letzten Sommer waren sehr heiß. Wir haben geschwitzt bei über 30 Grad. Für die Kinder ist der Sommer besonders schön: Sie essen Eis, zwei Kugeln in der Waffel, Schokolade und Erdbeer oder Vanille und Nuss. Sie können sich mit Wasserpistolen nass spritzen oder Wasserbomben aus dem Fenster schmeißen.
Wichtig ist im Sommer natürlich, dass wir auf die Pflanzen aufpassen. Wir mähen den Rasen und sprengen ihn regelmäßig. Sprengen hat hier nichts mit einer Explosion zu tun – den Rasen sprengen wir mit einem Rasensprenger. Das ist ein kleines Gerät, das das Wasser aus dem Schlauch fein und gleichmäßig über die ganze Fläche verteilt. Die Pflanzen müssen bei Hitze besonders oft gegossen werden. Wenn wir Glück haben, regnet es abends. Am schönsten ist es, wenn nachts die Sommergewitter heraufziehen und wir zum Schlafen endlich die lang ersehnte Abkühlung bekommen. Wie ist der Sommer bei Euch?
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg12kurz.pdf
6/22/2016 • 3 minutes, 27 seconds
SG #121: Die Rote Armee Fraktion RAF
Es wird Zeit für ein dunkles Kapitel der neueren deutschen Geschichte: Die RAF. RAF steht für Rote Armee Fraktion. Das war eine linksextremistische terroristische Vereinigung in Deutschland. Gerade jetzt, wo wir alle Angst vor dem Terror haben, der von Al Kaida oder IS ausgeht, müssen wir uns an die RAF erinnern.
Fast 3 Jahre lang terrorisierte die RAF Deutschland. Sie ermordete 34 Menschen, und zwar wichtige Menschen. Es waren Politiker, Führungskräfte aus der Wirtschaft, Polizisten oder sogar Richter. Aber fangen wir vorne an.
Wir schreiben das Jahr 1968. Es ist das Jahr der Studentenbewegung. Viele junge Menschen protestieren gegen den Vietnamkrieg. Auch Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Sie legen Brände in zwei Frankfurter Kaufhäusern und werden erwischt – drei Jahre lang sollen sie ins Gefängnis. Beim Prozess lernen sie einen Anwalt kennen und Ulrike Meinhof, eine Journalistin. Bei einer günstigen Gelegenheit tauchen sie unter. Sie verschwinden. Sie gründen eine Stadtguerilla, so wie es sie in Südamerika gibt. 1970 befreien sie Andreas Baader, der verhaftet worden war. Es klappt nicht so, wie es geplant war: Es gibt eine Schießerei und Verletzte. Die RAF ist geboren. 20 Mitglieder hat sie am Anfang ungefähr. Sie lassen sich in Jordanien militärisch ausbilden. Zu Beginn tun sie alles, um weiterhin im Untergrund leben zu können.
Sie überfallen Banken, stehlen Autos und Ausweise. 1971 gehören mittlerweile 50 Menschen zur RAF und die Polizei fahndet nach ihnen, sie sucht diese Menschen also. Wenn es eng wird und die Polizei der RAF zu nahe kommt, wird es gefährlich: drei Polizisten werden erschossen.
Die RAF wird immer größer und stärker. Und die Taten größer. 1972 werden US-Militäreinrichtungen und staatliche Einrichtungen bombardiert, ebenso ein Verlagsgebäude. Viele Menschen sterben bei den Explosionen oder werden verletzt. Der Druck auf die Polizei wächst, und 1972 werden die fünf wichtigsten Terroristen der RAF verhaftet. Man baute extra ein sehr sicheres Gefängnisgebäude für sie in Stuttgart. Sie wurden angeklagt und nach einem langen Prozess verurteilt – zu lebenslanger Haft. Vier Angeklagte begingen im Gefängnis Selbstmord.
War damit der Terror der RAF zu Ende? Nein. Es gab längst eine zweite Generation. Und sie war genauso furchteinflößend. Sie ermordete einen Generalbundesanwalt in seinem Auto und den Vorstandssprecher der Dresdner Bank. Auch der Präsident des Bundesverbandes der Arbeitgeber wurde entführt und schließlich getötet. Die RAF entführte ein Lufthansa-Flugzeug – der Pilot wurde erschossen. Die Passagiere konnten zum Glück befreit werden. Bis in die 90er-Jahre gab es weitere Anschläge, bei denen viele Menschen getötet wurden. 1998 tauchte ein offizielles Schreiben auf – die RAF hatte sich aufgelöst. 25 RAF-Mitglieder waren lebenslänglich im Gefängnis – sie sind alle mittlerweile wieder frei. Viele andere wurden bis heute nicht gefasst und dadurch auch nicht bestraft. Manche werden heute noch gesucht.
Warum haben sie das alles getan? Alles begann in den 60er-Jahren. Nicht lange nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Es gab immer noch viele Menschen, die Nazis waren. Viele von ihnen hatten wichtige Stellungen in Deutschlands Wirtschaft oder Politik. Die RAF war gegen dieses System. Sie kritisierte, dass Deutschland seine Nazivergangenheit nicht richtig aufgearbeitet hatte. Menschen in Uniform waren für die RAF „keine Menschen“ - das traf auch auf Polizisten zu. Der Staat war der Feind. Die RAF wollte bei der kommunistischen Weltrevolution helfen.
Auch wenn manch ein Kritikpunkt der RAF sicher richtig war, waren es die Taten niemals. Es hätte andere Wege gegeben, um etwas zu verändern. Was hat sich durch die RAF in Deutschland geändert? Einiges. Es wurden Anti-Terror-Gesetze verabschiedet und die Rasterfahndung eingeführt. Mit Hilfe von verschiedenen Datenbanken werden so Menschen gesucht und gefunden – in erster Linie sollen so Terroristen gefasst werden.
6/10/2016 • 7 minutes, 34 seconds
Going to the doctor. Absolute Beginner #09
I hope you'll never get sick when you're travelling in Germany, but we're going to the doctor today, ok? First, you might make a call to get an appointment. With an appointment, you don't have to wait too long to see the doctor. So you call the „Praxis“, that's what the doctor's office is called, „Praxis“, and tell the Sprechstundenhilfe, that's the woman answering the phone: „Ich möchte einen Termin vereinbaren.“ Or a little less polite: „Ich brauche einen Termin“, meaning: I need a doctor's appointment. The woman might ask you: „Worum geht es denn?“, meaning: What's this about? And you can tell her: „Ich habe Halsweh“, or „Ich habe Kopfweh“. You see: the syllable „weh“ means pain in this case. So you tell them where it's hurting you. Der Hals is the throat, der Kopf is the head, der Bauch is the stomach.
When you have your apointment, you try to be there on time. When you enter the Praxis, you go to the counter and tell them your name. You say: „Guten Tag. Mein Name ist Miller. Ich habe einen Termin um drei Uhr.“ That means: „Hello, my name is Miller, I have an apointment at three o'clock.“ The woman then might ask for your insurance card, „Ihre Versichertenkarte bitte“. After everything is checked, she will tell you: „Gehen Sie schonmal vor ins Wartezimmer.“ The „Wartezimmer“ is the waiting room. When you enter it you can say „Guten Tag“ to the other patients waiting there. The doctor will call you into his Arztzimmer, the doctor's office. Usually he comes into the waiting room (or sends his assistant), saying either your name or simply „Der nächste bitte!“ meaning: Next one, please.
You tell him where it hurts – if you don't know how to say it, just show him with your hands. Maybe he says: „Machen Sie sich bitte frei.“ This is hard to understand, isn't it? It means: Get undressed. Ususally just the upper part of your body. When he's done examining your body, he will say: „Ich gebe Ihnen ein Rezept.“ The „Rezept“ is a piece of paper. With this, you go to the next pharmacy to get your medicine. Maybe the doc will also say: „Gute Besserung!“ meaning: Get well, soon!
5/24/2016 • 3 minutes, 58 seconds
SG #120: Die Trümmerfrauen
Ich spreche in Slow German selten von der Vergangenheit. Warum das so ist, kann ich Euch erklären: Weil ich die Gegenwart so spannend finde! Aber natürlich ist die Geschichte wichtig, also heute mal ein Thema aus der Vergangenheit.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Deutschland in Schutt und Asche. Das sagt man so. Es bedeutet: Vieles war zerstört. Häuser waren kaputt, weil Bomben explodiert waren. Es hatte gebrannt, übrig blieben von vielen Gebäuden nur noch Trümmer. Trümmer sind die kaputten Einzelteile, also in diesem Fall zum Beispiel Teile von Mauern, Balken, kaputte Fenster. Der Krieg war vorbei, also war es Zeit, die Städte wieder bewohnbar zu machen. Alles musste wieder aufgebaut werden. Wer Fotos von damals ansieht, sieht meistens Frauen, die am Wiederaufbau arbeiten. Sie befreien Ziegelsteine von Mörtel (das ist sozusagen der Klebstoff, der Ziegelsteine zu einer Mauer verbindet) und klopfen sie zurecht, so dass man aus ihnen neue Wände bauen kann. Sie ziehen Nägel aus Balken, schaffen Müll beiseite. Diese Frauen nennt man Trümmerfrauen.
Stellt Euch vor, wie es damals in Deutschland aussah. Viele Männer waren im Krieg gefallen oder schwer verletzt – oder als Nazis verurteilt worden. Sie saßen im Gefängnis oder waren hingerichtet worden. 1945 gab es 7 Millionen mehr Frauen als Männer in Deutschland – normalerweise sind es ungefähr gleich viele Männer wie Frauen.
Die Alliierten hatten Deutschland unter sich aufgeteilt. Sie hatten Befehle erteilt. Zum Beispiel mussten sich alle Frauen zwischen 15 und 50 Jahren zum Aufbaudienst zu melden. Natürlich bauten nicht nur Frauen Deutschland wieder auf: Ehemalige Nazis wurden von den Alliierten zum Wiederaufbau gezwungen – wer nicht mithalf, der bekam zum Beispiel keine Lebensmittelmarken. Mit Lebensmittelmarken bekam man wichtige Lebensmittel von Brot bis Zucker.
Hier in Deutschland kennt jeder die Trümmerfrauen. Aber gab es sie wirklich? Natürlich gab es Frauen, die beim Aufbau halfen. Aber ob sie eine so wichtige Rolle gespielt haben wie wir denken, ist nicht sicher. Manche Forscher gehen davon aus, dass an dem Mythos der Trümmerfrauen auch vieles einfache Propaganda ist. Die Fotos der Trümmerfrauen sollen oft gestellt gewesen sein – also nicht echt, sondern inszeniert. Warum? Um etwas Positives zu zeigen, um den Krieg und die Schuld am Krieg zu verdrängen, um die Frauen als Heldinnen zu porträtieren und vom Grauen abzulenken, das der Krieg gebracht hat. Die Trümmerfrauen packen an, sie arbeiten hart, sie legen den Grundstein für eine bessere Zukunft. Wahrscheinlich wollen wir deswegen daran glauben. Wie auch immer die Wahrheit aussieht: Die Frauen waren sehr wichtig, um Deutschland wieder aufzubauen. Sie mussten härter arbeiten denn je, mussten ihre Kinder oft ohne die Hilfe von Männern aufziehen, mussten vieles alleine schaffen. Es waren starke Frauen, die während des Krieges und danach gelebt haben. Ich habe Hochachtung vor ihnen und danke hiermit allen Frauen, die Deutschland wieder aufgebaut haben – ob aus Trümmern oder aus Träumen ist mir egal.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg120kurz.pdf
5/16/2016 • 5 minutes, 2 seconds
SG #119: Das Bier
Ich habe hier schon über die Biergärten in München gesprochen und über das Hofbräuhaus, und natürlich über das Oktoberfest. Aber habe ich schon über das Bier gesprochen? Es wird höchste Zeit! Denn Bier ist das beliebteste alkoholische Getränk der Deutschen, fast 110 Liter Bier trinken die Deutschen im Durchschnitt pro Jahr. 110 Liter! Ich trinke ungefähr einen Liter pro Jahr...
Bier ist ein Getränk, das Alkohol und Kohlensäure enthält. Das wusstet Ihr sicher. Es besteht aus drei Grundzutaten. Wasser, Malz und Hopfen. Damit überhaupt erst Alkohol entsteht, wird Stärke vergoren. Dazu braucht man Getreide, zum Beispiel Gerste, Roggen, Mais oder Weizen. Wir trinken Bier pur oder mit Limonade gemischt, dann heißt es Radler im Süden oder Alster im Norden.
Die meisten Biersorten in Deutschland haben 4-6 Prozent Alkohol, es gibt aber auch alkoholfreies Bier. Das Bier ist natürlich keine deutsche Erfindung – schon die Ägypter kannten es, die Römer und Kelten auch. Aber ich möchte Euch trotzdem erzählen, was es mit dem Bier in Deutschland auf sich hat.
In Deutschland gibt es das so genannte Reinheitsgebot seit dem 23. April 1516. Dieses Gebot besagt, dass Bier nur aus drei Zutaten bestehen darf – aus Wasser, Gerstenmalz und Hopfen. Es darf zum Beispiel kein Zucker zugegeben werden. Dieser Tag, der 23. April, wird übrigens seit 1995 als „Tag des Deutschen Bieres“ gefeiert – wobei das glaube ich kaum jemand weiß.
Bier hat eine lange Tradition in Deutschland. Hier in München gab es 1363 schon eine Bieraufsicht – das waren Stadträte, also Politiker, die das Bier kontrollieren sollten. Wieso war Bier so wichtig? Zum einen, weil das Wasser in den Städten so dreckig war, dass es Krankheiten verursachte. Bier aber wurde durch den Herstellungsprozess fast keimfrei – es war also gesünder als Wasser. Es enthielt übrigens damals weniger Alkohol als heute, und so tranken oft auch Kinder Bier.
Bier wird gebraut. Es gibt in München viele Brauereien, bei einer kann man sogar von außen die großen Kupferkessel sehen, in denen das Bier gebraut wird. Nur die Brauereien, die auf Münchner Grund und Boden und mit dem Münchner Wasser ihr Bier brauen, dürfen übrigens auf dem Oktoberfest ihr Bier ausschenken. Und das Oktoberfestbier hat es in sich: Es ist ein spezielles Bier, das mehr Alkohol enthält. Also Vorsicht! Man wird davon schneller betrunken.
Wer sich die Münchner Biersorten ansieht, wird feststellen, dass manchmal Mönche darauf abgebildet sind. Warum? Die Mönche brauten ihr eigenes Bier, denn Bier galt als nahrhaft und doch nicht als Nahrung – das heißt auch in der Fastenzeit durften die Mönche Bier trinken und damit ein bisschen ihren Hunger stillen. Und weil sie mehr brauten, als sie selber verbrauchten, konnten sie das Bier auch an Menschen außerhalb des Klosters ausschenken.
Hier in München gibt es die Tradition der Biergärten – dazu gab es die allererste Folge von Slow German im Jahr 2007, Ihr könnt sie auf slowgerman.com gerne noch nachlesen und nachhören.
Aber Bier gibt es nicht nur in Bayern, wo wir das Bier gerne in Maßkrügen trinken, das ist gleich ein Glas für einen ganzen Liter. In Köln wird Bier in sehr kleinen Gläsern ausgeschenkt, die „Stange“ heißen und nur 0,2 Liter Bier fassen. So ein Bier nennt man „Kölsch“.
In Berlin gibt es eine Spezialität, die seltsam aussieht: Hier wird Bier mit Waldmeister-oder Himbeer-Sirup vermischt, das nennt man dann „Berliner Weiße“ rot oder grün.
Bier ist eine Wissenschaft für sich – Texte über Bier sind für Laien nur schwer zu verstehen. Klar ist aber: Auch wenn Bier zur deutschen Kultur gehört, ist es ein alkoholisches Getränk. Also: Vorsicht! Trinkt nicht zu viel davon. Vor allem das Bier in Süddeutschland ist stärker, als man denkt.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg119kurz.pdf
4/18/2016 • 6 minutes, 38 seconds
SG #118: Die Gebrüder Grimm
Eigentlich muss diese Episode so anfangen: Es waren einmal zwei Brüder. Sie hießen Jacob und Wilhelm. Doch das Volk nannte sie die Gebrüder Grimm...
Mit den Worten „Es war einmal“ beginnen in der deutschen Sprache viele Märchen. Und Märchen bringen wir in Zusammenhang mit den Gebrüdern Grimm. Aber wer waren diese beiden Männer?
Sie wurden 1785 und 1786 in Hanau in Hessen geboren. Sie studierten Jura. Aber ihre wahre Leidenschaft galt den Geschichten. Sie sprachen mit vielen so genannten Märchenbeiträgern, also Menschen, die alte Geschichten kannten. Aus vielen Fragmenten und aus alten literarischen Quellen machten die Brüder dann fertige Märchen. So entstanden die noch heute berühmten Märchen-Sammlungen. Es waren Märchen, die die Menschen sich von Generation zu Generation erzählt hatten. Nachdem die Brüder Grimm sechs Jahre lang eifrig gesammelt hatten, erschien zu Weihnachten 1812 der erste Sammelband mit Märchen. Er hieß „Kinder- und Hausmärchen“ und wurde gleich ein Erfolg.
Die Grimms wollten aber nicht nur die Geschichten aufschreiben, sie wollten sie wissenschaftlich dokumentieren, damit das deutsche Kulturgut nicht verloren geht. 1816 erschien der zweite Sammelband. Insgesamt sammelten die Brüder 200 Märchen.
Ihr Leben war aber nicht einfach: Als Jacob 23 Jahre alt war, starb die Mutter. Weil Jacob das älteste der 9 Kinder war, musste er sich von nun an um die Familie kümmern – der Vater war bereits früher gestorben.
Die Brüder arbeiteten als Sekretär und Bibliothekar des Königs. Als Professoren lebten und arbeiteten sie später in Kassel, dann nahmen sie aber am Protest der „Göttinger Sieben“ teil. Der König hatte das erst vier Jahre alte Grundgesetz des Staates außer Kraft gesetzt und wollte sich nicht daran halten. Dagegen protestierten viele Akademiker – einige von ihnen wurden des Landes verwiesen, unter anderem auch Jacob Grimm. Daraufhin zogen er und sein Bruder nach Berlin.
Übrigens waren die Brüder Grimm nicht nur wichtig, weil sie den Märchenschatz bewahrten. Die Märchensammlung gehört zu den erfolgreichsten Büchern der Weltliteratur. Jacob schrieb eine deutsche Grammatik und beide Brüder erforschten ihr Leben lang die deutsche Sprache. Diese deutsche Grammatik war übrigens mehrere tausend Seiten dick. Und nicht nur das: Die Brüder begannen auch mit einem deutschen Wörterbuch, das bei ihrem Tod aber nur bis zum Buchstaben F reichte. 1960 wurde es fertiggestellt und umfasste 16 Bände. Die Grimms gelten also als Mitbegründer der Germanistik. Jacob Grimm schrieb einmal: „unsere sprache ist auch unsere geschichte“. Übrigens verwendete er nur Kleinbuchstaben, den ständigen Wechsel in der deutschen Schrift fand er pedantisch und wollte ihn am liebsten abschaffen. Das ist Euch jetzt sicher sympathisch, liebe Deutschlernende, oder?
Zum Schluss noch einige der Märchen, die die Gebrüder Grimm aufschrieben – einige davon gibt es bereits im Premium-Bereich von Slow German langsam von mir gesprochen: Hans im Glück, Rumpelstilzchen, Rotkäppchen, Rapunzel, Dornröschen, Hänsel und Gretel, Aschenputtel, Frau Holle, Schneewittchen, Der Froschkönig, Die Bremer Stadtmusikanten und Die Prinzessin auf der Erbse...
„Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute“. So enden viele Märchen.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg118kurz.pdf
4/4/2016 • 5 minutes, 57 seconds
SG Dialog #6: Das Konzert
Diesen Dialog hat Oliver mit mir eingesprochen – er ist Podcaster und lebt auch hier in München. Hört doch mal rein in seinen Explikator-Podcast! Los geht’s:
Was für ein Sauwetter!
Das kann man wohl sagen. Es regnet seit Stunden.
Wenn es wenigstens nur ein leichter Nieselregen wäre. Aber es schüttet ja regelrecht!
Ich habe leider meinen Schirm verloren, ich bin pitschnass geworden als ich vorhin kurz beim Einkaufen war.
Wenn es ein paar Grad kälter wäre, würde es schneien. Das wäre gleich viel schöner.
Stimmt. Aber dann wären auch die Straßen gleich wieder glatt – das kann ich gar nicht brauchen. Ich fahre heute Abend noch zu einem Konzert.
Ein Konzert?
Ja, meine Lieblingsband spielt in der Olympiahalle.
Die Olympiahalle mag ich gar nicht. Viel schöner sind doch Konzerte im Olympiastadion. Oder gleich auf dem Königsplatz!
Aber das geht doch nur im Sommer, wenn es schön warm ist und die Sonne erst spät untergeht. Jetzt im Winter würde ich erfrieren bei einem Open Air!
Stimmt ja. Wobei ich mal bei einem Open Air war mitten im Sommer, und da war es so neblig, dass man die Bühne fast nicht gesehen hat.
Wirklich?
Ja! Und als der Nebel sich verzogen hatte, zog ein Gewitter auf. So richtig heftig mit starkem Wind, Blitz und Donner. Und Platzregen. Seitdem habe ich keine Konzertkarten mehr gekauft.
Pessimist! Und was machst Du heute Abend?
Ich gehe erstmal in die Badewanne. Meine Zehen sind ganz kalt.
Dann mal viel Spaß. Ich erzähl Dir nächstes Mal, wie das Konzert war!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sgdialog6.pdf
3/29/2016 • 3 minutes, 1 second
SG #117: BMW
Es wird Zeit, dass wir über BMW sprechen. Hier in München sieht man viele BMWs auf den Straßen. Das liegt einfach daran, dass BMW seinen Firmensitz hier in München hat – und die Automarke feiert dieses Jahr am 7. März ihren 100. Geburtstag.
Wofür stehen die drei Buchstaben BMW? Sie stehen für Bayerische Motoren-Werke. Am Anfang hatte BMW noch gar nichts mit Autos zu tun. Die Firma baute Flugzeug-Motoren. Aber nach dem Ersten Weltkrieg war damit erstmal Schluss: der Friedensvertrag verbot es Deutschland für fünf Jahre, Flugzeugmotoren zu bauen. Also hatte BMW eine neue Idee: 1923 wurde das erste BMW-Motorrad entwickelt, 1928 dann die ersten Autos.
Das erste Serienmodell wurde nicht in Bayern gebaut, sondern im benachbarten Thüringen. Als der Zweite Weltkrieg kam, wuchs BMW immer weiter – natürlich wurden leistungsfähige Flugzeugmotoren gebraucht, aber auch kräftige Motorräder und geländegängige Autos. Die dunkle Seite: Für den Bau wurden Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge eingesetzt.
Nach dem Krieg war das Stammwerk zerbombt. BMW baute Fahrzeugbremsen und Kochtöpfe, um sich über Wasser zu halten. Es wurden auch wieder Motorräder produziert, aber kaum jemand kaufte sie. Ende der 50er-Jahre ging es BMW so schlecht, dass die Firma an die Daimler-Benz AG verkauft werden sollte. Die Mitarbeiter und BMW-Händler waren aber dagegen – die Übernahme wurde verhindert. Verkürzt gesagt kam ein Industrieller als Retter daher – Herbert Quandt übernahm viele Aktien. Der Quandt-Familie gehört heute noch ein großer Teil von BMW – 46,7%, um genau zu sein. Damit gehören die Quandts zu den reichsten Deutschen.
Die BMW-Autos wurden immer erfolgreicher in den darauffolgenden Jahren. Seit 2010 gehören die Luxusautos der Marke Rolls Royce zum BMW-Konzern. Heute steht BMW für gute aber teure Autos – der BMW i ist sogar ein Elektro-Auto. Produziert werden BMWs vor allem in Bayern, es gibt aber auch Werke in USA, Südafrika, Großbritannien und China. Zu BMW gehört auch die Marke Mini, neue Minis sieht man hier in München zuhauf durch die Gegend flitzen.
Mit 80,4 Milliarden Euro Umsatz und 116.000 Mitarbeitern ist BMW eines der größten Wirtschaftsunternehmen Deutschlands. Über 2 Millionen Fahrzeuge werden pro Jahr gebaut. Gefallen Euch die Autos?
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg117kurz.pdf
3/1/2016 • 4 minutes, 39 seconds
SG Dialog #5: Die Familie
Diesen Dialog hat Oliver mit mir eingesprochen – er ist Podcaster und lebt auch hier in München. Hört doch mal rein in seinen Explikator-Podcast! Los geht’s:
Hallo Oliver!
Hallo!
Ich hab letzte Woche Deine Schwester getroffen. Sie sah gut aus!
Ja, sie hat mir davon erzählt. Sie hat Dich erst gar nicht erkannt, weil Du jetzt kurze Haare hast.
Wirklich? Das habe ich gar nicht gemerkt. Also, dass sie mich nicht erkannt hat. Dass meine Haare kurz sind, habe ich schon gemerkt...
Scherzkeks.
Wie war Euer Weihnachten?
Schön! Erst waren wir bei meinen Eltern zu Besuch, und am zweiten Weihnachtsfeiertag dann bei den Schwiegereltern. Mein Schwager war leider krank, er konnte nicht kommen. Aber sonst waren alle da. Sogar meine Nichte und mein Neffe – sie studieren im Ausland und sind extra nach Hause gekommen über die Feiertage. Und wie war's bei Dir?
Sehr entspannt eigentlich. Meine Cousine hat mit uns gefeiert, also die Tochter meiner Tante aus Hamburg. Sie versteht sich nicht mit ihrem neuen Stiefvater und ist lieber zu uns gekommen.
Verständlich.
Am ersten Weihnachtsfeiertag haben wir dann noch meine Großeltern besucht. Meine Oma und mein Opa wohnen in einem Altersheim, leider ziemlich weit weg von hier. Sonst würde ich sie öfter besuchen.
Das ist wirklich schade. Bekommen sie denn insgesamt nur selten Besuch?
Nein, zum Glück wohnt ja mein Onkel in der Nähe, und mein Cousin arbeitet auch im gleichen Ort.
Na dann ist es ja gut. Du, ich muss jetzt weiter – wir sehen uns sicher bald mal wieder, oder?
Klar. Schönen Tag noch!
Ciao!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sgdialog5.pdf
2/23/2016 • 2 minutes, 33 seconds
SG #116: Lindenstraße
Die Lindenstraße ist die bekannteste Straße in Deutschland – obwohl es sie gar nicht gibt. Natürlich gibt es in einigen Städten eine Lindenstraße, aber die Lindenstraße, über die ich Euch heute etwas erzählen möchte, existiert nur im Fernsehen. „Lindenstraße“ heißt nämlich Deutschlands erste und älteste Seifenoper. Sie wird in Köln gedreht – spielt aber in München.
Hans W. Geißendörfer
1985 startete die Erfolgsgeschichte. Hans W. Geißendörfer dachte sich eine Fernsehserie aus. Sie sollte so sein wie eine Kindheitserinnerung: Geißendörfer war in einem Mehrfamilienhaus aufgewachsen. Außerdem war er inspiriert durch die britische Fernsehserie „Coronation Street“. Seitdem läuft die Lindenstraße jeden Sonntagabend im Fernsehen, und zwar in „Das Erste“, dem ersten Fernsehprogramm Deutschlands, in dem auch die Tagesschau und der Tatort laufen.
Die Sendung dreht sich um die Menschen, die in der Lindenstraße leben und arbeiten. Es gibt ein griechisches Restaurant, das „Akropolis“, in der Lindenstraße. Und eine Arztpraxis. Es gibt Cafés, einen Bioladen, einen Friseur und eine Werkstatt. Meistens dreht sich aber alles um die Menschen, die in ihren Wohnungen sind.
Der erste Kuss zweier Männer in der Lindenstraße
Es sind ganz normale Alltagsgeschichten. Es geht um Liebe, Krankheit, Tod. Schlagzeilen machte die Lindenstraße immer dann, wenn sie aktuelle Themen aus der Gesellschaft aufgriff. Zum Beispiel gab es in der Lindenstraße sehr früh einen AIDS-kranken Mann. Auch Homosexualität war ein Thema. In der Lindenstraße sah man zum ersten Mal in einer deutschen Fernsehserie einen Kuss zwischen zwei Männern. Das war 1987.
Nach und nach tauchten die verschiedensten Themen in der Lindenstraße auf: Neonazis, Islamisten, Vegetarier, Arbeitslosigkeit, Drogen, Stalking, Scientology und viele andere.
Da die Sendung sonntags ausgestrahlt wird, nimmt sie oft auch Bezug auf Dinge, die am Sonntag in der realen Welt passieren – zum Beispiel Wahlen.
Ein allein erziehender Vater in der Lindenstraße
Da werden dann manchmal verschiedene Versionen aufgezeichnet und geschnitten, damit das Wahlergebnis zur Lindenstraße passt. So bekommt man den Eindruck, als wäre die fiktive Lindenstraße Teil der realen Welt. So ist es auch, wenn die Figuren in der Serie im Internet unterwegs sind – wenn sie dort Webseiten einrichten, existieren diese dann auch in der Wirklichkeit.
Viele Schauspieler der Lindenstraße sind von Anfang an dabei. Man konnte beobachten, wie die Kinder der Lindenstraße erwachsen wurden und ihre Eltern langsam älter. Til Schweiger, heute bekannt als Kino-Star und Tatort-Kommissar, fing bei der Lindenstraße mit der Fernsehschauspielerei an.
30 Jahre Lindenstraße
Im Dezember 2015 wurde die Lindenstraße 30 Jahre alt. Zur Feier dieses Jubiläums wurde die Folge live ausgestrahlt – vorher mussten die Schauspieler ausgiebig proben, damit alles klappt. Es war wie ein Theaterstück.
Hans W. Geißendörfers Produktionsfirma stellt die Lindenstraße seit 1985 her. Geißendörfers Tochter Hana ist mittlerweile Produzentin der Serie. Schaut doch mal rein – die Lindenstraße gibt es natürlich auch im Internet unter www.lindenstrasse.de.
Ach, und die bekannte Musik aus der Lindenstraße könnt Ihr Euch hier anhören: http://www1.wdr.de/daserste/lindenstrasse/service/titel-melodie-100.html
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg116kurz.pdf
2/16/2016 • 5 minutes, 10 seconds
SG #115: Redewendungen
Es ist höchste Zeit für Redewendungen! Redewendungen sind kurze Sätze, die eine andere Bedeutung haben als das, was sie wörtlich aussagen. Sie sind für Sprachenlerner schwer zu verstehen. Ich habe einige Redewendungen und umgangssprachliche Aussprüche für Euch gesammelt.
Wenn jemand sagt „Das ist der Hammer!“, dann hat das selten etwas mit Werkzeug zu tun. Es ist vielmehr ein Ausdruck des Erstaunens. Ich höre, dass es auf der Welt geschätzt 100.000 verschiedene Spinnenarten gibt. Also sage ich: „Das ist der Hammer!“
Wenn ich dann zum Bahnhof laufe und mein Zug fährt mir vor der Nase weg, ärgere ich mich. „Er fährt mir vor der Nase weg“ heißt, dass es sehr knapp war, dass ich den Zug beinahe noch erwischt hätte, er dann aber wegfuhr. Wenn ich den Zug erwische, dann habe ich Schwein gehabt. Das Schwein ist in Deutschland ein Symbol für Glück – wir schenken uns an Silvester kleine Schweine aus Marzipan. „Schwein gehabt!“ heißt also das gleiche wie „Glück gehabt!“.
Wenn ich merke, dass mein Magen knurrt, habe ich Hunger. Wenn ich großen Hunger habe kann ich auch umgangssprachlich sagen: Ich habe Kohldampf. Kohl ist so etwas ähnliches wie ein kräftiger Salat, und Dampf ist eigentlich das, was aus dem Topf kommt, wenn Wasser beim Kochen verdunstet. Kohldampf. Ich bestelle mir dann eine große Portion im Restaurant, um den Hunger zu stillen. Und als die riesige Portion kommt, sagt mein Gegenüber: „Da waren aber die Augen größer als der Magen!“. Das bedeutet: Vor lauter Hunger haben die Augen die Portion falsch eingeschätzt, man hat sich zu viel bestellt.
Wenn im Restaurant dann die Rechnung kommt und ich merke, dass ich nicht genug Geld dabei habe, kann ich zu meinem Freund sagen: Ich bin knapp bei Kasse. Das heißt: Ich habe nicht viel Geld.
Wenn ich gerade mit einem scharfen Messer in der Hand durch die Gegend laufe, kann jemand zu mir sagen: „Pass auf, das kann ins Auge gehen!“ Damit meint er gar nicht, dass ich mir das Messer ins Auge stechen könnte. Sondern generell: Es könnte schief gehen. Es könnte etwas passieren.
Wenn jemand mich sieht und denkt: Sie ist aber dick geworden! Dann wird mir dieser Mensch das wahrscheinlich nicht direkt sagen. Er wird es mir indirekt sagen. Dafür gibt es eine Redewendung: Er sagt es mir durch die Blume.
Wenn wir eine Reise machen und uns wundern, dass in einer Gegend nichts los ist, dann sagen wir: Hier werden nachts die Gehsteige hochgeklappt. Das ist natürlich Unsinn, alle Gehsteige bleiben, wo sie sind. Da aber so wenige Menschen unterwegs sind, könnte man sie entfernen, ohne dass es jemanden stören würde.
Wenn ich mit jemandem verabredet bin und er taucht nicht auf, dann sage ich: Er hat mich versetzt. Er hat mich einfach dort stehengelassen und ist nicht gekommen. Vielleicht verstehe ich dann, dass er kein guter Mensch ist – und ich sage: Mir geht ein Licht auf! Das bedeutet einfach: Ich verstehe! Also: Geht Euch jetzt ein Licht auf?
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg115kurz.pdf
2/9/2016 • 4 minutes, 47 seconds
Getting dressed. Absolute Beginner #08
Let's get dressed today! First of all, we need underwear. „Unterwäsche“. „Ein Unterhemd und eine Unterhose“. An undershirt and underpants. Or a bra, „einen BH“. „BH“ stands for „Büstenhalter“ – holding breasts... And socks, „Socken“. Or tights – „eine Strumpfhose“. What else? Maybe pants, „eine Hose“. Or a skirt, „einen Rock“. That's easy, isn't it? Or a „Kleid“. A dress. „Ein Kleid“. If the pants are too big, we can wear a belt, einen „Gürtel“.
We borrowed the English word T-Shirt, and we also use the word Sweatshirt. A knitted sweater is called „ein Pulli“, I guess it's the shortform of pullover. A T-Shirt with long sleeves for women can be simply an „Oberteil“.
If you're getting dressed to go to work you may want to put on a suit. For men it's called „Anzug“. Women wear a „Kostüm“. That's a jacket and a skirt. Or a „Hosenanzug“, meaning a jacket and dress pants. For men it's just „der Anzug“. Of course they also need to wear a shirt, ein „Hemd“. And a tie, „eine Krawatte“. A more colloquial word for „Krawatte“ is „Schlips“. And if they want to wear a bow-tie, it's called a „Fliege“, that's the same word as for a fly.
One thing is missing: We are still barefoot! So we need shoes. What kind of shoes? Tennis shoes are called „Turnschuhe“. High heels are „Stöckelschuhe“. Or maybe boots? They are called „Stiefel“.
Is it cold outside? Then we need another layer of clothes. A warm jacket, eine „Daunenjacke“. Or just a „Winterjacke“, if it is not a down coat. Then maybe a scarf, „einen Schal“. A cap, „eine Mütze. And gloves, „Handschuhe“. That's a funny word, isn't it? „Handschuhe“. Hand-shoes.
We are finally dressed! Wir sind angezogen! Let's go!
1/26/2016 • 3 minutes, 59 seconds
SG Dialog #4: Ein Treffen alter Freunde
Es wird dieses Jahr wieder einige Dialoge geben. Diesen hier habe ich mit meinem treuen Hörer Jack zusammen geschrieben. Wir haben uns überlegt, dass sich zwei alte Freunde wiedertreffen und dann einfach per eMail hin- und hergeschrieben, bis er fertig war. Es ist natürlich alles erfunden. Die neue Stimme hier ist Oliver vom Explikator-Podcast - den kann ich Euch wärmstens empfehlen!
Hallo Jack! Lange nicht gesehen! Wie geht es Dir denn?
Hallo Annik, mir geht es gut, danke! Es ist wirklich toll, dich wieder zu sehen. Wie geht's Dir? Und was machst Du?
Ach, ich bin zufrieden. Wie lange haben wir uns nicht gesehen? 15 Jahre? Stell Dir vor, ich arbeite immer noch in der gleichen Firma wie damals. Und Du? Lebst Du hier in Berlin?
Du hast recht: Es ist mindestens 15 Jahre her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Ich bin gerade zu Besuch in Berlin, ich mache hier eine Weiterbildung. Ich weiß nicht, ob Du Dich daran erinnerst, dass ich ja für BASF arbeite. Die Firma hat mich nach Amerika versetzt, also bin ich umgezogen. Ich lebe jetzt in einer kleinen Stadt in Tennessee. Wir müssen unbedingt Essen gehen, während ich in Berlin bin. Hast du Zeit? Ich zahle!
Da sage ich nicht nein! Ich erinnere mich noch dass Du damals schwer verliebt warst in eine blonde Studentin. Habt Ihr noch Kontakt?
Ja, wir waren drei Jahren zusammen. Sie fehlt mir immer noch sehr. Aber sie hat mich nicht geliebt. Sie wollte reisen und keine Kinder haben. Also ist sie Flugbegleiterin geworden, stell Dir vor! Ich glaube, sie ist es immer noch. Aber mir hat das schon das Herz gebrochen, als wir uns getrennt haben. Es hat mich einige Jahre gekostet, über den Liebeskummer weg zu kommen.
Jetzt ist das alles vorbei. Ist ja schon lange her. Und Du?
Ich habe mittlerweile drei Kinder, zwei Mädchen und einen Jungen. Sie gehen alle schon in die Schule. Ich bin aber allein erziehend, ich habe mich vom Vater der Kinder getrennt. Aber wir sind noch befreundet und er kümmert sich um die Kleinen. Lebst Du gerne in den USA? Gibt es etwas, das Du vermisst oder das in Deutschland besser war?
Ja, Das Leben in Amerika ist gut. Meistens sind die Leute nett und das Wetter ist dort, wo ich wohne, milder als in Deutschland. Da, wo ich wohne, herrscht sehr gutes Wetter - es gibt einen zu heißen Monat, einen zu kalten Monat aber die anderen Monate haben alle angenehme Temperaturen. Das Gebirge ist wunderschön, aber Schnee gibt's im Winter nur selten. Da ist's in den Alpen schon zuverlässiger. Mein größtes Problem ist die Sprache: Der Dialekt in der Gegend ist echt sehr schwer zu verstehen. Man nennt das "Hillbilly-Southern English".
Das Schlimmste ist aber: Keinerlei Nachtleben. Oder keine Kneipen, in denen man nach der Arbeit ein gutes Bier trinken kann. Klar, es gibt in Tennessee schon Bars, aber die Atmosphäre ist nicht die Gleiche wie hier in einer Kneipe. Na ja... Aber 'mal eine persönliche Frage: Wie lange bist Du denn schon getrennt? Wie sind deine Kinder mit der Trennung umgegangen? Erzählst du mir mehr über deine Kinder?
Wir haben uns vor vielen Jahren getrennt, als die Kinder noch klein waren. Sie kennen es also nicht anders - und da wir Freunde geblieben sind, ist es kein großes Problem. Aber es ist natürlich anstrengend! Meine jüngste Tochter ist 6 Jahre alt, sie wurde gerade eingeschult. Mein Sohn ist 9, er ist ein typischer Junge, liebt Dinosaurier und Piraten. Und meine älteste Tochter ist schon 14, sie ist also ein Teenager! Unglaublich, oder? Lebst du allein oder hast Du wieder eine Partnerin?
Ich habe leider keine Kinder - obwohl ich gerne welche hätte. Vielleicht eines Tages. Aber momentan habe ich ja nicht einmal eine Partnerin. Ich würde aber schon gerne heiraten und Kinder haben, ich bin da echt altmodisch. Im Moment verbringe ich viel Zeit mit meinen Eltern, ihnen geht es gesundheitlich nicht gut.
Oh, das tut mir leid! Aber ich merke schon, wir haben uns viel zu erzählen. Komm,
1/19/2016 • 6 minutes, 19 seconds
SG #114: Til Schweiger
Deutschland redet momentan über Til Schweiger. Til Schweiger ist ein Schauspieler. Er wurde 1963 in Freiburg geboren, also im Süden Deutschlands.
Er wurde bekannt, als er in den 90er-Jahren in der Fernsehserie „Lindenstraße“ mitspielte und im Kinofilm „Manta, Manta“. Viele machten sich über ihn lustig – er nuschelt sehr, das heißt er spricht sehr undeutlich, und seine Stimme klingt nasal, also als wäre seine Nase zu.
Es folgten weitere Filme wie die Komödie „Der bewegte Mann“ oder „Knocking on Heaven's Door“. Er machte auch Ausflüge nach Hollywood und spielte mit Keira Knightley und Angelina Jolie. Auch in „Inglorious Basterds“ war er zu sehen.
Soweit, so gut. Das klingt alles nach einem normalen, erfolgreichen Schauspieler-Lebenslauf. Aber es ging weiter. Til Schweiger machte den Film „Keinohrhasen“, eine harmlose kleine Komödie, die im Kino lief. Er schrieb das Drehbuch, führte Regie, spielte selber mit und seine vier Kinder waren ebenfalls mit dabei. Und er war der Produzent. Also eine One-Man-Show. Fast 6,3 Millionen Deutsche sahen den Film. Die Fortsetzung „Zweiohrküken“ funktionierte genauso – 4,2 Millionen Menschen sahen ihn im Kino.
Das Erfolgsrezept war gefunden – Til Schweiger machte weiter. 2011 brachte er eine weitere Komödie ins Kino, „Kokowääh“. Wieder 4,3 Millionen Zuschauer. Auch hier gab es wieder eine Fortsetzung. 2015 war sein neuer Film im Kino, „Honig im Kopf“. Darin geht es um einen alten, dementen Mann (gespielt von Dieter Hallervorden, einem beliebten deutschen Komiker) und ein kleines Mädchen. Der Film lockte 7,19 Mio. Menschen ins Kino und ist damit auf Platz 6 der erfolgreichsten deutschen Filme seit 1968.
Ist Til Schweiger in Deutschland beliebt? Schwer zu sagen. Die Menschen sehen gerne seine Filme, aber viele mögen ihn als Person nicht. Seine Filme sind Familienfilme mit viel Gefühl, nicht sehr kompliziert, massentauglich könnte man auch sagen. Er selbst scheint ein Problem mit Kritik zu haben – da Journalisten seine Filme oft nicht mögen, dürfen sie die Filme vor Kinostart nicht mehr sehen.
Einen Coup landete Til Schweiger, als er Tatort-Kommissar wurde. Der Tatort ist die älteste Krimi-Reihe in Deutschland, die jeden Sonntagabend im Fernsehen läuft. Til Schweigers Tatort-Fälle sind anders als andere. Sie sind brutaler. Der erste Fall knackte Rekorde – 12 Millionen Menschen schalteten den Fernseher ein, um ihn zu sehen. Gerade liefen zwei weitere Folgen im Fernsehen – allerdings nicht sehr erfolgreich. Und am nächsten Tag machte Til Schweiger Schlagzeilen, weil er bei Facebook einen Post absetzte, der viele verwunderte. Darin beschimpfte er Kritiker und andere Tatort-Kommissare. Nicht sehr professionell und kollegial. Hatte er Alkohol getrunken? Weiß man nicht. Ich finde, es klingt so. Til Schweiger macht gerne derartige Schlagzeilen – vor einiger Zeit ohrfeigte er einen anderen erfolgreichen deutschen Schauspieler in der Öffentlichkeit...
Bildet Euch selbst Eure Meinung – alle vier Tatort-Folgen sind derzeit in der Mediathek zu sehen – das gilt aber leider nur im Januar 2016. Den Link seht Ihr auf slowgerman.com: http://www.daserste.de/unterhaltung/krimi/tatort/videos/index.html
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg114kurz.pdf
1/8/2016 • 5 minutes, 24 seconds
SG #113: Kochen und Backen
Die Weihnachtszeit ist immer auch eine Zeit des Kochens und Backens. Denn gutes Essen verkürzt den langen Winter und macht einfach Spaß!
Im Advent, also in den vier Wochen vor Weihnachten, backen viele Deutsche Plätzchen. Das sind kleine Kekse, die es nur in der Vorweihnachtszeit gibt. Ich habe Euch schon davon erzählt – wir backen Vanillekipferl, Zimtsterne, Engelsaugen und ähnliches. Um die Rezepte zu verstehen, muss man einiges lernen. Wir messen unsere Zutaten auf einer Küchenwaage ab. Wir brauchen also 200 Gramm Mehl oder 150 Gramm Zucker. Die Zutaten werden in einer Schüssel vermischt. Dann muss man beispielsweise noch ein Ei trennen – es also aufteilen zwischen Eiweiß und Eigelb. Oder das Eiweiß zu Eischnee schlagen. Also so lange mit dem Rührgerät rühren, bis das Eiweiß fest wird. Und diesen Eischnee dann unterheben – also vorsichtig unter die anderen Zutaten rühren.
Andere Maßeinheiten sind für uns noch Esslöffel und Teelöffel. Das sind also die kleinen und großen Löffel, mit denen wir auch essen – normales Besteck. Und es gibt noch die Prise – eine Prise Salz ist zum Beispiel genau das, was zwischen Daumen und Zeigefinger passt. Flüssigkeiten messen wir mit einem Messbecher ab, und zwar in Millilitern. Wenn der Teig fertig ist, schieben wir den Kuchen in den Backofen und backen ihn, bis er fertig ist.
Beim Kochen verwenden wir die gleichen Maßeinheiten. Also Gramm, Esslöffel und Teelöffel oder Prise. Wir stellen einen Topf auf den Herd, oder eine Pfanne. In einem Topf wird eher gekocht, in einer Pfanne gebraten. Wir braten also in etwas Öl Fleisch in einer Pfanne an und kochen im Topf eine Suppe. Dann brauchen wir etwas, damit das Essen auch schmeckt. Dazu nehmen wir entweder Gewürze wie Curry und Paprika oder Kräuter wie Oregano und Basilikum.
Wir salzen und pfeffern unser Essen, rühren mit dem Kochlöffel um und müssen die Sauce am Ende vielleicht noch aufkochen, also kochen bis sie Blasen wirft. Am Ende können wir unser Essen noch mit Käse überbacken – zum Beispiel wenn wir Nudeln gekocht haben. Dann streuen wir geriebenen Käse über die Nudeln, die in einer Auflaufform sind. Die Auflaufform stellen wir dann noch einige Minuten in den Backofen, damit der Käse schmilzt.
Bevor wir das Essen servieren können, müssen wir den Tisch decken. Wir stellen Teller auf den Esstisch, legen Besteck dazu und eine Serviette. Gläser dürfen auch nicht fehlen und Getränke. Manche stellen einfach die Töpfe auf den Tisch, damit sich jeder bedienen kann. Andere richten schöne Portionen in der Küche an und servieren die fertigen Teller mit dem Essen am Tisch.
Gerade an Feiertagen wie an Weihnachten gibt es mehrere Gänge, also eine Vorspeise, eine Hauptspeise und eine Nachspeise. Und bevor wir anfangen zu essen wünschen wir uns einen guten Appetit!
Danach müssen wir noch den Tisch abräumen, das Geschirr spülen oder in die Spülmaschine einräumen und die Reste in den Kühlschrank stellen. Fertig.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg113kurz.pdf
12/22/2015 • 6 minutes, 15 seconds
SG #112: Winter
Es ist kaum zu glauben: Am Wochenende war es hier in München so warm, dass die Menschen draußen in den Biergärten saßen. Das ist für unsere Region hier sehr untypisch – normalerweise ist der Dezember sehr kalt. Oft schneit es schon Anfang November, und erst im April werden wir es wieder wärmer haben. Ein halbes Jahr Winter – das ist normal in Deutschland. Aber wir haben uns an die vier Jahreszeiten gewöhnt und genießen es – mal mehr und mal weniger. Natürlich nervt es manchmal, dass es immer kalt ist. Aber es hat auch seine schönen Seiten.
Wenn der Herbst langsam zu Ende geht müssen wir hier in Süddeutschland erstmal in die Autowerkstatt: Reifen wechseln. Die Sommerreifen werden abmontiert, die Winterreifen aufgezogen. Ich mache das nicht in der Werkstatt, sondern mit meinem Papa zusammen. Das macht richtig Spaß, auch wenn es sehr anstrengend ist. Was nervt ist, dass man sein Auto morgens ausgraben muss, wenn über Nacht Schnee gefallen ist. Die Scheibe muss freigekratzt werden, damit man wieder durchsehen kann. Das dauert ganz schön lange!
Im Winter werden die Kerzen aus dem Keller geholt und wir zünden sie an. Vor Weihnachten stellen wir den Adventskranz aus Tannenzweigen mit seinen vier großen Kerzen auf den Tisch. Jede Woche zünden wir eine neue Kerze an – bis Weihnachten ist. Am Ende brennen also alle vier Kerzen. Dann trinken wir Tee, Kaffee und essen dazu selbstgebackene Plätzchen. Plätzchen, so heißen die kleinen Gebäckstücke hier im Süden – im Norden sagt man Kekse dazu. Es gibt viele Rezepte für Plätzchen – Kokosmakronen, Vanillekipferl, Zimtsterne oder Spitzbuben zum Beispiel. Und natürlich Lebkuchen. Süßes gehört zur Vorweihnachtszeit dazu, genauso wie Gewürze wie Zimt, Vanille oder Orangenduft.
Ab nach draußen, wenn Schnee liegt!
Am schönsten ist es natürlich, wenn draußen Schnee liegt und trotzdem die Sonne scheint. Dann können wir einen Spaziergang im Schnee machen. Wir können einen Schneemann bauen oder eine Schneeballschlacht machen – dazu bewerfen wir uns mit Kugeln aus Schnee. Wer selber ein Haus hat, der muss früh morgens den Bürgersteig freiräumen – hier darf kein Schnee mehr liegen, wenn die Leute zur Arbeit gehen. Das kann ganz schön anstrengend sein!
Natürlich können wir im Winter auch Skifahren oder mit dem Schlitten die Hügel hinuntersausen. Für Kinder ein großer Spaß – und für die Erwachsenen natürlich auch. Viele gehen im Winter auch gerne Schlittschuhlaufen. Sie fahren mit ihren Schlittschuhen auf der Eisfläche im Kreis.
Wichtig ist im Winter vor allem gute Kleidung. Männer tragen dann lange Unterhosen, die sehen aus wie Leggings. Frauen und Kinder tragen eher Strumpfhosen. Dann am Besten Zwiebel-Look: Also viele verschiedene Lagen übereinander. Ein T-Shirt, darüber ein Hemd und noch ein Wollpulli. So bleibt einem schön warm und man kann trotzdem eine Schicht ausziehen, wenn man in ein Café geht. Und dann natürlich Mütze, Schal und Handschuhe! Und ein dicker Daunen-Anorak, also eine dicke Jacke, die mit Federn gefüllt ist. Das hält warm.
Vor Weihnachten gehen wir gerne auf den Christkindlmarkt – er heißt im Norden Weihnachtsmarkt. Dort kann man an kleinen Buden Geschenke kaufen und Christbaumschmuck, aber auch und vor allem leckere Dinge essen und trinken. Hier trinken wir Glühwein oder Kinderpunsch – das ist die Variante ohne Alkohol. Das sind heiße Getränke mit vielen weihnachtlichen Gewürzen drin. Wir stehen zusammen in der Kälte und unterhalten uns. Ist das komisch für Euch? Wie sieht Euer Winter aus? Schreibt gerne in die Kommentarfunktion!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg112kurz.pdf
12/8/2015 • 5 minutes, 32 seconds
SG #111: Lufthansa
Die Lufthansa ist eine der größten Fluggesellschaften der Welt. Sie wurde 1926 gegründet, als zwei Fluggesellschaften zusammengefasst wurden. 162 Flugzeuge hatte die Firma damals, viele davon waren Militärflugzeuge aus dem Ersten Weltkrieg. Die Heimat der Lufthansa war Berlin, genauer gesagt der Flughafen Tempelhof, der heute nicht mehr in Betrieb ist, aber den Berlinern als Park dient. Wenn Ihr Berlin besucht, könnt Ihr auf dem Rollfeld spazieren gehen!
Zu Beginn der Fliegerei flog man wenn möglich nur bei Tageslicht und gutem Wetter – erst später lernten die Piloten etwas Neues: Den so genannten Instrumentenflug. Anstatt auf die eigenen Augen konnten sie sich nun auf die Instrumente im Cockpit verlassen – und somit auch im Dunkeln fliegen, oder bei schlechtem Wetter. Instrumente sind in diesem Fall natürlich keine Musikinstrumente, sondern Anzeigen über die Höhe oder Richtung des Fluges.
Die Lufthansa führte sehr früh Linienflüge ein: Der erste startete 1926 von Berlin über Halle, Erfurt und Stuttgart nach Zürich. Die extra für Passagiere ausgestattete Maschine hatte übrigens schon das weltberühmte Logo auf der Heckflosse: Einen gelben Kranich auf blauem Grund. Ein Linienflug ist ein Flug, der nach einem bestimmten Flugplan verkehrt. Er fliegt beispielsweise immer am Montag um 15 Uhr von London nach München. Das Gegenteil sind Charterflüge – sie werden zum Beispiel extra vom Reiseveranstalter für Urlauber gebucht, die nach Mallorca fliegen möchten.
Auch die Flug-Strecken wurden immer weiter – während die Lufthansa am Anfang noch von einer deutschen Stadt zur anderen flog, machte man sich nun auf den Weg nach Südamerika und in ähnlich weit entfernte Regionen. Schon 1928 flog eine Maschine von Berlin nach Tokio.
Der Zweite Weltkrieg bedeutete natürlich auch für die Lufthansa große Veränderungen. Adolf Hitler bekam im Wahlkampf ein Flugzeug zur Verfügung gestellt – kostenlos. Dann wurden fast alle Lufthansa-Flugzeuge in die deutsche Luftwaffe integriert – die Lufthansa wurde zum Transportunternehmen. Sie beschäftigte übrigens auch Zwangsarbeiter – wie viele Firmen, die heute noch existieren. Nach Kriegsende wurde die Lufthansa von den Alliierten aufgelöst. Genauer gesagt war das damals die alte „Deutsche Lufthansa AG“.
1953 wurde dann die neue Lufthansa gegründet – sie war zunächst in staatlichem Besitz. 1966 konnte man dann Lufthansa-Aktien kaufen. 1997 wurde die Lufthansa privatisiert. Sie hat ihren Sitz in Köln und hat weltweit fast 119.000 Mitarbeiter. 106 Millionen Menschen fliegen pro Jahr mit der Lufthansa und den Fluggesellschaften, die mittlerweile zu ihr gehören, wie beispielsweise Austrian Airlines oder Germanwings.
Die Lufthansa selbst hat 272 Passagiermaschinen im Einsatz, davon 14 Airbus A380, also die fliegenden Riesen. Ihre Tochtergesellschaften haben noch einmal 376 Flugzeuge. Die Maschinen der Lufthansa sind im Schnitt zehn Jahre alt – da kann man beruhigt einsteigen, oder? Neben dem Geschäft mit den Passagieren gibt es auch die Fracht – die Lufthansa transportiert verschiedenste Güter von A nach B, soweit ich weiß sogar Rennpferde.
Leider hatte die Lufthansa schon einige Unfälle – zum Glück aber seit 1993 keinen mehr. Im Gedächtnis sind dagegen noch die Entführungen, die es vor allem in den 70er-Jahren gab: 1977 wurde beispielsweise die Lufthansa-Maschine „Landshut“ auf dem Weg von Palma de Mallorca nach Frankfurt entführt, der Pilot wurde ermordet. Es gibt bedrückende Spielfilme, die diesen Vorfall thematisieren. Im neuen Jahrtausend gab es zum Glück noch keine Lufthansa-Entführungen – hoffen wir, dass es so bleibt. Allerdings machte Germanwings traurige Schlagzeilen, als ein Pilot mitsamt der Maschine und allen Menschen an Bord Selbstmord beging. Das war erst vor wenigen Monaten. Die Lufthansa sagte daraufhin ihre Jubiläumsfeier ab – aus Rücksicht auf die Hinterbliebenen der Opfer.
Somit nimmt diese Folge über die Lufthansa ein trauriges Ende.
11/24/2015 • 7 minutes, 6 seconds
Going shopping. Absolute Beginner #07
Welcome to Absolute Beginner Nr. 7. Let's go shopping today! First of all there's a difference. We use the word „shopping“ when it's buying something for fun, like clothes or DVDs. But we use the German word „Einkaufen“ if we want to go grocery shopping. Let's start with that. Imagine we are in a supermarket. You need a shopping cart for all the things you want to buy. You don't see them so you ask somebody: „Entschuldigung, wo sind die Einkaufswagen?“ If you want to buy only a few things, you don't need a shopping cart, but a small basket. You ask: „Entschuldigung, wo sind die Einkaufskörbe“?
Then you go and pick up the things you need. Let's say you can't find mustard. Then you ask: „Entschuldigung, wo finde ich den Senf?“ Or „Entschuldigung, wo ist der Senf?“. You see, all these questions start with „Entschuldigung“. It just means „excuse me“ and is a polite way to catch somebody's attention. „Entschuldigung“.
You then go to the „Kasse“ to pay. Maybe the cashier asks you: „Brauchen Sie eine Tüte?“ If you want to have a bag to put your groceries in, you say: „Ja, bitte“. If not you say: „Nein, danke“. Usually these bags cost money in supermarkets, but not in clothing stores. If you want to pay cash, then please go ahead. If not, you say: „Ich möchte bitte mit Karte zahlen“. Or shorter: „Mit Karte bitte“. Then you can pay with debit card, sometimes even with credit card, although they are not as common in Germany as in some other countries. Before you leave the store you can say „Auf Wiedersehen“ to the cashier.
Let's go shopping now, to a clothing store. You want to try on a pair of jeans, but can't find the dressing room. You ask somebody working there: „Entschuldigung, wo sind die Umkleiden?“ If you are in the dressing room, maybe somebody will ask you: „Passt alles?“ meaning something like: „Does it fit well?“ You can answer with: „Ja, danke“ or with: „Nein, die Hose ist zu klein“ or „Nein, die Hose ist zu groß“ or „Nein, die Hose ist zu eng“ or „Nein, die Hose ist zu lang“. You see, there's many things that can be wrong with a pair of pants. „Klein“ means small, „groß“ means big, „eng“ means tight and „lang“ means long. Oh, I almost forgot the pants can be too short, too. „Nein, die Hose ist zu kurz“. That never happens to me. ;-)
Maybe you see something but you can't decide whether to buy it or not. You want them to hold on to it for you until you make your decision. You say: „Können Sie mir das bitte zurücklegen?“ or „Kann ich das bitte zurücklegen lassen?“
Or did you buy something and realized it was too small? Then take it back and say: „Ich möchte das bitte umtauschen“, to exchange it for the right size.
Well, that's it for today. Viel Spaß beim Einkaufen! Have fun shopping!
11/9/2015 • 5 minutes, 30 seconds
SG #110: Das Hofbräuhaus in München
Es gab einmal einen Herzog in Bayern, er hieß Wilhelm V. Ein Herzog ist ein hohes Mitglied des Adels, in England wäre das ein Duke. Dieser Herzog jedenfalls wollte am Wittelsbacher Hof, also dem Sitz seiner Familie, immer genügend Bier zur Verfügung haben. Das Bier musste er von kleinen privaten Brauereien kaufen – oder sogar aus anderen Bundesländern importieren. Das wollte er nicht mehr, weil es zu teuer war. Er wollte lieber, dass in München selber Bier gebraut wurde. Also gab er den Auftrag, ein Hofbräuhaus zu bauen. Das war 1589. Und diese Geschichte ist kein Märchen, sondern wahr.
Jetzt wisst Ihr also schon einmal, woher das Hofbräuhaus seinen Namen hat: Hof, weil es den Hof beliefern sollte, also die Adeligen. Bräu weil hier Bier gebraut wurde – und Haus ist klar, oder?
Im Hofbräuhaus wurde Braunbier gebraut. Etwas anderes durfte man hier nicht brauen, denn Weißbier durfte nur eine Familie im Bayerischen Wald brauen. Als der letzte Nachkomme dieser Familie starb, sicherte sich der Sohn des Herzogs dieses Recht. Somit durfte im Hofbräuhaus auch Weißbier gebraut werden. Schnell wurde das Bier beliebt und das Hofbräuhaus wurde zu klein, also musste ein Neubau her – am heutigen „Platzl“. Ab 1608 wurden hier Braunbier und Weißbier gebraut. Ab 1610 durften auch Wirte und normale Bürger das Bier kaufen.
1828 erlaubte dann König Ludwig I., dass im Hofbräuhaus auch gleich getrunken werden durfte – vorher war es sozusagen nur die Fabrik für Bier. Bald kamen die ersten Touristen. Das Hofbräuhaus wurde dann verlegt, und zwar in die Innere Wiener Straße – dort ist auch heute noch der Hofbräukeller ein beliebter Gasthof mit großem Biergarten. Hier wurde von nun an das Bier gebraut. Nach einigen Umbau- und Neubauarbeiten wurde das Hofbräuhaus am Platzl 1897 zum Gasthof ohne Brauerei – so wie wir es heute kennen.
Im Hofbräuhaus wurde nicht nur Bier gemacht, sondern auch Politik: Hier wurde 1919 die Münchner Räterepublik ausgerufen und die Brauerei gehörte von nun an dem Staat. Noch etwas passierte hier – leider mit weitreichenden Folgen: 1920 wurde im Hofbräuhaus die NSDAP gegründet. 1945, also gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde das Hofbräuhaus zerstört – danach wieder aufgebaut.
Das Hofbräuhaus heute
Bierkrüge der Stammgäste im Hofbräuhaus / (c) Christian Eickmann, https://travelchrismunich.wordpress.com/munchen-i/
Täglich kommen nun bis zu 35.000 Besucher hierher. Heute ist das Hofbräuhaus eine große Gaststätte, die natürlich für Touristen weiterhin interessant ist. Aber auch viele Einheimische kommen regelmäßig hierher, es gibt Stammtische für die Stammgäste, sie haben hier sogar ihre eigenen Bierkrüge „geparkt“. Meistens gibt es zum Essen und dem Bier traditionelle bayerische Blasmusik. Und im Sommer kann man wunderbar im Innenhof im Biergarten sitzen. Insgesamt haben 3500 Menschen Platz im Münchner Hofbräuhaus.
Auf dem Oktoberfest gibt es ein Hofbräu-Festzelt – es gehört zu den größten Zelten auf der Wiesn. Hier können 10.000 Menschen gleichzeitig feiern! Seit 1987 wird nicht mehr in der Innenstadt das Bier gebraut, sondern am Stadtrand, in München-Riem. Hier im Osten der Stadt ist auch die Messe München angesiedelt.
Wenn Ihr in den USA lebt, könnt Ihr übrigens auch in ein echtes Hofbräuhaus gehen: Es wurde 2004 in Las Vegas eröffnet. Auch in Tokio steht eines, in Dubai und in Seoul. Hofbräu ist zum Franchise-System geworden. In diesem Sinne: Prost!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg110kurz.pdf
10/28/2015 • 6 minutes, 57 seconds
SG #109: FKK
Wisst Ihr, was FKK ist? Die Abkürzung steht für Freikörperkultur. Ihr kennt das vielleicht als Nudismus. Es geht kurz und knapp um nackte Menschen. 1898 gab es in Essen den ersten FKK-Verein. Während man früher oft nackt gebadet hatte, wurde das immer mehr ein Tabu. Man zeigte sich nicht mehr nackt in der Öffentlichkeit, das galt als unmoralisch. Die FKK-Vereine wollten aber wieder zurück zur Natur. Für sie war Nacktheit nichts unmoralisches oder verwerfliches, sondern etwas ganz natürliches.
Vor allem in der DDR setzte sich die Freikörperkultur durch. An vielen Badeseen und am Meer gab es eigene FKK-Bereiche. Nacktheit wurde von vielen Bürgern toleriert.
Es gibt sogar eine Studie, die besagt, dass Deutschland weltweit die größte Akzeptanz von Nacktheit hat – angeblich waren ein Drittel der befragten Deutschen schon einmal nackt in der Öffentlichkeit unterwegs. Die meisten von ihnen haben wahrscheinlich nackt in einem See gebadet.
Verboten ist es jedenfalls nicht, in Deutschland an einem See oder am Meer nackt zu sein. Hier in München ist es sogar eine touristische Attraktion: An einem bestimmten Ort in München sieht man nämlich bei schönem Wetter immer nackte Menschen. Im Englischen Garten, dem größten Park Münchens, gibt es einen kleinen Bach, der mitten durch das Gelände verläuft. An diesem Bach liegen im Sommer viele Menschen, und in einem bestimmten Bereich eben auch nackte Menschen. Die Münchner nennen sie „die Nackerten“. Es wirkt irgendwie ganz normal und natürlich, wenn die Menschen sich dort nicht anziehen, sondern so wie sie sind herumliegen. Man sagt dazu übrigens auch „so wie Gott sie schuf“. Also unbekleidet. Komisch ist es immer nur, wenn man selbst dort vollständig bekleidet spazieren geht – das wirkt immer, als wäre man ein Spanner. Ein Spanner ist ein Mensch, der nackte Menschen anglotzt, und zwar mit eindeutigem sexuellem Hintergrund.
Und nur um das noch einmal klarzustellen: FKK hat nichts mit Sexualität zu tun, es bedeutet nicht, dass hier Orgien stattfinden oder dass die Männer hier sofort über jede Frau herfallen. Nackt sind hier alte Menschen genau wie junge, Senioren wie Kinder, Männer und Frauen. Und es stört niemanden.
Wie ist das in Eurem Land? Darf man sich nackt in der Öffentlichkeit aufhalten? Wie steht Ihr dazu? Ich freue mich über Eure Kommentare!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg109kurz.pdf
10/13/2015 • 5 minutes, 11 seconds
SG #108: München
Die Sommerpause ist vorbei – jetzt geht es endlich weiter! Danke für Eure Geduld.
Das kann doch gar nicht wahr sein, dass ich noch keine Episode über meine Heimatstadt München gemacht habe! Ich lebe hier schon fast mein ganzes Leben lang und ich liebe diese Stadt. Es ist nicht einfach, eine Stadt in fünf Minuten zu beschreiben, aber ich werde es versuchen. Ich möchte Euch jetzt einfach alles erzählen, was mir spontan dazu einfällt, ok?
München ist bekannt als „großes Dorf“. Es fühlt sich nicht an wie eine Stadt, sondern alles ist eher klein und gemütlich. Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist München wirklich eine eher kleine Stadt – 1,4 Millionen Menschen leben hier. Zum anderen gibt es eine Regel, nach der in München keine Hochhäuser gebaut werden dürfen – nichts darf in der Innenstadt höher sein als die Frauenkirche, das Wahrzeichen Münchens. Die Frauenkirche ist eine große Kirche in der Nähe des Marienplatzes, mitten im Zentrum von München. Sie hat zwei Türme.
Wenn ich an München denke, denke ich an die Isar. Die Isar ist ein recht kleiner Fluss, der durch die Stadt fließt. Hier fahren keine Schiffe, aber es gibt ein breites, steiniges Ufer. Hier gehen viele Menschen im Sommer gerne spazieren oder sie legen sich ans Wasser – oder sie grillen.
An einer Stelle kann man in München übrigens sogar surfen – es gibt einen kleinen Bach, den Eisbach in der Nähe des Haus der Kunst, der eine künstliche Welle hat. Und hier sieht man bei jedem Wetter Männer und Frauen in Neoprenanzügen surfen.
Ich denke an den riesigen Englischen Garten, den Park mitten in München, Münchens „grüne Lunge“. Ich denke an das Olympiazentrum, in dem 1972 die olympischen Spiele stattfanden – und leider auch das Olympia-Attentat einer palästinensischen Terrorgruppe.
Zurück zu den schönen Seiten: München wird gerne „die nördlichste Stadt Italiens“ genannt, weil die Lebensart eher südländisch ist. Natürlich gehört das Oktoberfest zu München – jedes Jahr kommen sechs Millionen Besucher auf das größte Volksfest der Welt. Die Einheimischen tragen dann gerne Dirndl und Lederhosen, also Tracht. Das tun sie auch gerne, wenn sie in den Biergarten gehen. In München gibt es noch viele alte, traditionelle Brauereien, wie beispielsweise Augustiner. Was noch? BMW natürlich. München ist die Stadt der BMWs, nirgendwo auf der Welt fahren so viele BMWs durch die Gegend wie hier.
Politisch gesehen ist München rot. Während der Rest Bayerns größtenteils von der CSU regiert wird, also von den so genannten „Christsozialen“, den „Schwarzen“, ist München schon seit vielen, vielen Jahren in der Hand der SPD, der Sozialdemokraten, deren Farbe Rot ist. Das heißt, es gibt hier einen SPD-Bürgermeister. Und auch sonst ist München zwar die Landeshauptstadt von Bayern, aber auch irgendwie eine Insel. Vieles ist hier anders. Die Menschen sprechen zum Beispiel ein eher sanftes Bayerisch, wenn überhaupt.
Wenn ich an München denke, denke ich an die vielen Kunstmuseen, an das Deutsche Museum, das größte Technikmuseum der Welt. Aber ich denke auch an die düsteren Kapitel der Stadt. Adolf Hitler liebte München, und er lebte hier. Er nannte München die „Hauptstadt der Bewegung“. Im zweiten Weltkrieg wurden 90 Prozent der Altstadt zerstört. Noch heute gibt es viele Zeichen dafür, was der Krieg hier angerichtet hat. Und viele Denkmäler und Mahnmale. Das ist richtig und wichtig. Es gehört zur Stadt dazu.
Ich lebe gerne in München. München ist gemütlich und sicher, sauber und bequem. Und ich bin stolz darauf, wie die Münchner die vielen Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern in den vergangenen Wochen und Monaten aufgenommen haben. Sie waren hilfsbereit und warmherzig.
Wart Ihr schon einmal in München? Was fällt Euch ein, wenn Ihr an meine Stadt denkt? Ich freue mich auf Eure Kommentare!
Die schneller gesprochene Version dieser Folge findet Ihr übrigens wie immer im Premium Podcast. Ebenso Lernmaterial. Näheres dazu auf slowgerman.com.
9/29/2015 • 7 minutes, 34 seconds
SG #107: Kaffee und Kuchen
Die Deutschen sind nicht gerade als Gourmets bekannt. Für viele von uns ist Essen nur Nahrungsaufnahme – kein Genuss. Aber was gibt es Schöneres auf der Welt, als etwas Leckeres zu trinken und zu essen? Deswegen möchte ich Euch heute eine typisch deutsche Angewohnheit näherbringen: Kaffee und Kuchen.
Die klassische Zeit für Kaffee und Kuchen ist der Sonntag. Man schläft länger als sonst, steht dann langsam auf, frühstückt ausgiebig, liest vielleicht eine Zeitung, isst lecker zu Mittag und geht dann spazieren. Das natürlich alles am Besten mit Freunden und der Familie. Gerne auch mit mehreren Generationen. Geht mal am Sonntag in einen deutschen Park – Ihr werdet sehen, wie viele Menschen sich dort tummeln. Sie gehen spazieren, unterhalten sich, besehen sich die Landschaft und freuen sich, dass sie nicht arbeiten müssen.
Wer dann ein paar Kilometer hinter sich gebracht hat, der braucht natürlich eine Belohnung. Und diese Belohnung ist Kaffee und Kuchen. Hier gibt es zwei Varianten: Entweder man geht in ein Café und bestellt dort, oder man backt selbst und isst zu Hause.
Klassische Kuchen für den Sonntagnachmittag sind beispielsweise Käsekuchen mit Sahne oder Marmorkuchen in Gugelhupf-Form oder auch verschiedene Varianten von Apfelkuchen. Ein Foto von einem Gugelhupf stelle ich Euch auf slowgerman.com, damit Ihr wisst, was das ist:
Es gibt auch Kuchen, die in verschiedenen Regionen von Deutschland ihren Ursprung haben: Die Schwarzwälder Kirschtorte zum Beispiel oder der Frankfurter Kranz. Rezepte verlinke ich Euch natürlich auch auf slowgerman.com.
Wer es traditionell mag, der hat sogar ein bestimmtes Sonntagsgeschirr – ein besonders schönes oder teures Service, das nur am Sonntag benutzt wird. Manche essen während der Woche am Küchentisch – und nur am Sonntag dann am schönen Esstisch im Esszimmer. Die jüngeren Deutschen machen das beides nicht mehr – weil sie meistens gar kein Esszimmer haben in ihren kleineren Wohnungen. Aber die Tradition von Kaffee und Kuchen gibt es weiterhin. Bei uns auch – wobei das Lustige ist, dass wir meistens Tee trinken und Kuchen essen, es aber trotzdem Kaffee und Kuchen nennen. Das ist einfach ein feststehender Begriff.
Wer sich aber für Kaffee entscheidet, der trinkt heute meistens moderne italienische Kaffee-Varianten wie Cappuccino oder Latte Macchiato, während es früher eher der klassische Filterkaffee war.
Es gibt übrigens noch eine Variante dieser Zwischenmahlzeit am Sonntag: Das Kaffeekränzchen oder den Kaffeeklatsch. Dazu treffen sich meist Frauen während der Woche am Nachmittag. Sie essen ebenfalls Kuchen, trinken Kaffee und reden. Wenn sie über andere Leute reden, nennt man das tratschen. Die Frauen wechseln sich mit dem Kuchenbacken ab, so dass Jede Mal die Gastgeberin ist. Wer tagsüber arbeitet, der hat für diese Treffen natürlich keine Zeit. Aber dafür gibt es ja Kaffee und Kuchen am Sonntag.
Gibt es so eine Tradition auch in Eurem Land? Erzählt gerne davon in der Kommentarfunktion auf slowgerman.com, bei Facebook oder Twitter. Ich bin gespannt!
Kuchenrezepte:
Schwarzwälder Kirsch
Frankfurter Kranz
Marmorkuchen
Käsekuchen
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9/15/2015 • 5 minutes, 55 seconds
SG #106: Die Schultüte
Derzeit sind in Deutschland Sommerferien. Die Schulkinder haben frei, und zwar sechs Wochen lang. Auch viele Kindergärten schließen ihre Türen, dann aber meistens nur zwei bis drei Wochen lang.
Viele deutsche Kinder gehen in den Kindergarten. Sie beginnen ihre Zeit im Kindergarten, wenn sie drei Jahre alt sind, und gehen bis zum Schuleintritt in den Kindergarten. Wenn sie dann vom Kindergarten in die Schule wechseln, ist das natürlich ein großer Schritt. Aus Kindergartenkinder werden Schulkinder. Jetzt wird nicht mehr nur gespielt, sondern auch gelernt. Die Schulanfänger nennt man ABC-Schützen. Der erste Schultag spielt in ihrem Leben natürlich eine große Rolle.
Der erste Schultag wird gefeiert, und zwar meistens mit der ganzen Familie. Das Schulkind wird schick angezogen und bekommt eine Schultüte, und über diese Schultüte möchte ich Euch heute mehr erzählen. Die Schultüte oder auch Zuckertüte genannt ist rund 70-80 Zentimeter lang, also fast so groß wie das Kind selbst. Sie läuft spitz zu und hat oben meist einen Verschluss. Man kann Schultüten natürlich kaufen, aber viele Kindergartenkinder basteln ihre eigene Schultüte im Kindergarten. Sie rollen dazu festen Karton zu einer Tüte und kleben ihn fest. Dann verzieren sie die Schultüte mit all dem, was sie gerne mögen: mit Glitzeraufklebern, aus Katalogen ausgeschnittenen Bildern, kleinen Steinen oder anderen Dingen.
Die Schultüte wird dann von den Eltern gefüllt. Diese Tradition gibt es schon seit 1810. Damals bekamen die Kinder Nüsse, Früchte und Süßes in ihre Schultüten. Als ich ein Kind war bekam ich in der Schultüte Süßigkeiten geschenkt und ein Federmäppchen mit Stiften für die Schule. Heute werden die Inhalte immer teurer, es sind Spielsachen in den Schultüten und kleine Überraschungen. Die Kinder bekommen ihre Schultüte am Morgen des ersten Schultages. Dann gehen sie mit ihren Eltern in die neue Schule, werden dort von den Lehrern begrüßt und gefeiert. Nach dem ersten Schultag dürfen die Kinder dann endlich ihre Schultüten auspacken. So wird der erste Schultag fast zu einer Art Weihnachten – die Kinder sollen den Schulstart positiv in Erinnerung behalten.
Damit diese Erinnerung auch Jahrzehnte später noch funktioniert gehört es natürlich dazu, das Kind mit der Schultüte zu fotografieren. Wenn Ihr neugierig seid, wie ich mit meiner Schultüte aussah, dann geht auf slowgerman.com – dort werde ich ein Foto veröffentlichen. Ihr dürft gerne darüber lachen... Wenn Ihr auch ähnliche Fotos von Eurem ersten Schultag habt, würde es mich freuen, wenn Ihr sie bei Facebook postet oder per Twitter!
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8/4/2015 • 5 minutes, 22 seconds
SG #105: Die Tagesschau
Natürlich ändert sich das Fernsehprogramm ständig. Mal sind Talkshows gefragt, mal Spiele-Sendungen, mal Reality-Shows. Ihr merkt mal wieder: Auch hier hat das Denglisch bei uns Einzug gehalten. Jedenfalls gibt es einige wenige Sendungen, die es schon sehr lange gibt. Eine davon – wahrscheinlich die bekannteste – ist die „Tagesschau“.
Die Tagesschau ist eine klassische Nachrichtensendung. Sie läuft in „Das Erste“, dem ersten deutschen Fernsehprogramm. Die Tagesschau beginnt um 20 Uhr, also um acht Uhr abends. Und weil sie schon immer zu dieser Zeit beginnt, haben sich alle anderen Sendungen an ihr orientiert. Deswegen fängt bei uns das so genannte Hauptabendprogramm um 20.15 Uhr an – nach der Tagesschau. Das muss ich glaube ich noch einmal betonen: Nicht nur in „Das Erste“ fängt das Abendprogramm um 20.15 Uhr an, sondern in allen deutschen Fernsehprogrammen!
Früher war es sogar so, dass man niemanden zwischen 20 Uhr und 20.15 Uhr angerufen hat – man telefonierte in dieser Zeit nicht, weil jeder die Tagesschau guckte. Heute ist das etwas entspannter geworden...
Die Tagesschau gibt es seit dem 26. Dezember 1952. Damals hatte sie ungefähr 1000 Zuschauer. Heute sind es bis zu zehn Millionen. Gesendet wurde damals aus einem Bunker.
Die Tagesschau wird in Hamburg produziert, und zwar vom öffentlich-rechtlichen Sender NDR, also dem Norddeutschen Rundfunk. Es gibt nicht mehr nur die Hauptausgabe um 20 Uhr, sondern viele weitere Nachrichtensendungen der Tagesschau über den Tag verteilt. Natürlich ist die Sendung über die Jahre moderner geworden, aber das Grundgerüst hat sich nicht verändert. Die Tagesschau beginnt mit einem Gongschlag und mit einer Erkennungsmelodie. Dann begrüßt ein Nachrichtensprecher oder eine Nachrichtensprecherin das Publikum – er oder sie steht hinter einem Pult und liest die Nachrichten zwar von einem Teleprompter ab, hat aber dennoch die Texte auf Papier ausgedruckt noch einmal vor sich.
Die Tagesschau strahlt Seriosität aus, das soll sich auch im Erscheinungsbild zeigen. Hier wird klassischer Journalismus gemacht: Das Wichtigste kommt zuerst, dabei geht es nicht nur um Nachrichten aus Deutschland, sondern um das Wichtigste aus aller Welt. Die Tagesschau-Redaktion kann sich auf ein Netz aus Korrespondenten auf der ganzen Welt verlassen. Während andere deutsche Nachrichtensendungen gerne auch mal Meldungen aus der Welt des Boulevards verkünden, hält sich die Tagesschau damit sehr zurück. Am Ende der Sendung kommt der Wetterbericht, es werden auch die Lottozahlen verkündet oder die aktuellen Börsenwerte.
Der größte Konkurrent der Tagesschau ist „heute“, die Nachrichtensendung vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Beide Sendungen haben einen großen Bruder. Später am Abend kommen die „Tagesthemen“, eine längere Nachrichtensendung, die angereichert ist mit Interviews und Kommentaren. Im ZDF gibt es das „heute journal“, das ähnlich gestrickt ist.
Es gibt übrigens auch eine gute Tagesschau-App für das Smartphone, die Eilmeldungen blitzschnell per Push-Nachricht vermeldet. So weiß man immer, was in der Welt gerade geschieht.
Das war es für heute – schaut Euch doch die Tagesschau einmal an, es gibt sie auch als Podcast! Und ich danke Euch sehr für die lieben Geschenke – drei von Euch hatten mir Wünsche von meinem Amazon-Wunschzettel erfüllt, das hat mich sehr gefreut. Danke auch für Eure Unterstützung in Form von PayPal-Spenden! Schöne Grüße aus dem heißen Deutschland, Eure Annik.
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7/22/2015 • 6 minutes, 22 seconds
SG #104: Halligen und Watt
Ich lebe in Süddeutschland, genauer gesagt in Bayern. Ganz am anderen Ende von Deutschland gibt es etwas, von dem ich Euch heute erzählen möchte: das Watt. Das gibt es zum Beispiel an der Nordsee.
Ein Watt ist eine Fläche an der Küste. Wenn das Meer sich bei Ebbe zurückzieht, wird diese Fläche trocken – zumindest mehr oder weniger. Es wird eher eine matschige Ebene. Dabei handelt es sich nicht nur um wenige Meter, sondern wirklich breite Abschnitte.
Wenn Ebbe ist, kann man wunderbare Wattwanderungen machen. Denn es gibt viel zu sehen: Zum Beispiel wuseln Strandkrabben hin und her, man sieht Wattwürmer und Schnecken. Kinder spielen gerne im Watt, man kann auch mit Pferden durch das Watt reiten. Aber man muss vorsichtig sein – denn zwei Mal in 24 Stunden kommt die Flut, und das kann mitunter sehr schnell gehen. Wer dann zu weit vom Festland entfernt ist, für den wird es gefährlich.
Wenn wir schon über die Küste reden, muss ich natürlich auch die Halligen erwähnen. Die Halligen sind kleine Inseln an der Nordseeküste. Es gibt zehn Halligen, sieben davon sind bewohnt. Die Halligen sind sehr flach, sie ragen nur wenige Meter aus dem Meer heraus – wenn eine starke Flut kommt oder ein Sturm, dann werden sie überschwemmt. Deswegen müssen die Pflanzen hier Salzwasser vertragen – und das tun sie auch. Die Häuser stehen auf künstlich aufgeschütteten Hügeln, damit sie trocken bleiben.
Rund 230 Menschen leben auf den sieben deutschen Halligen. Auf der größten Hallig leben 100 Menschen, auf den kleinen nur 2. Alles, was sie zum Leben brauchen, muss vom Festland entweder per Boot oder mit einer Lore zu den Inseln gebracht werden. Das ist ein kleines Fahrzeug auf Schienen. So wird auch die Post geliefert. Wenn es stürmt sind die Halligen vom Festland abgeschnitten, dann müssen sie auf besseres Wetter warten, bis der Postbote sich wieder auf den Weg machen kann.
Mittlerweile leben die meisten Menschen auf den Halligen vom Tourismus. Es ist eine ganz andere Art von Leben, ohne Autos, ohne Komfort. Schwierig wird es nur für die Kinder, die auf den Halligen heranwachsen – sie müssen irgendwann zum Studium oder für die Berufsausbildung aufs Festland umziehen.
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6/23/2015 • 4 minutes, 48 seconds
SG #103: Spargel
Gerade ist in Deutschland Spargelzeit. Spargel ist ein Gemüse, auf das sich die Deutschen das ganze Jahr freuen – es gibt ihn nur im Frühjahr. Kein Gemüse wird in Deutschland auf so großen Flächen angebaut wie Spargel. Deutschland ist von allen europäischen Ländern der fleißigste Spargel-Lieferant. Ich werde Euch heute etwas darüber erzählen.
Es gibt in Deutschland viele Regionen, die für ihren Spargel berühmt sind. Hier in Bayern sind das beispielsweise Schrobenhausen und Abensberg. Wer im Frühjahr durch diese Gegenden fährt, der sieht auf den Feldern die typischen Spargelanbauten: Das sind ungefähr kniehohe aufgeschüttete Hügel, die oben flach sind. Man kann diese Hügel auch Wall nennen. Viele derartige Reihen haben auf einem Feld Platz.
Unter der sandigen Erde wächst der Spargel heran – und sobald er oben aus der Erde guckt, wird die Wurzel abgeschnitten. Man nennt das Spargel stechen – denn dazu wird ein spezielles Messer verwendet, das den Spargel unter der Erde absticht. Eine anstrengende Arbeit auf dem Feld – da alles recht schnell gehen muss, werden meistens Erntehelfer aus dem Ausland dafür engagiert. Zweimal am Tag, morgens und abends, gehen die Erntehelfer über das Feld und sehen nach, ob neuer Spargel durch die Erde gewachsen ist.
Bereits im März kann man den ersten Spargel aus Deutschland kaufen – dieser ist dann jedoch sehr teuer und stammt von Feldern, die sozusagen eine Heizung eingebaut haben, damit er schneller wächst. Während in vielen anderen Ländern vor allem der grüne Spargel gegessen wird, essen wir gerne weißen Spargel. Er ist dicker und muss unbedingt geschält werden, sonst schmeckt er nicht.
Ein traditionelles Essen besteht aus gekochtem Spargel mit einer sehr fetten Sauce Hollandaise oder zerlassener Butter und Kartoffeln. Dazu gibt es entweder gekochten Schinken, ein kleines Schnitzel oder Steak. Ich habe ein Saucenrezept von meiner Mama, das ich lieber mag: Frischkäse mit Orangensaft und Kresse gekocht – das schmeckt frisch und ist nicht so fettig.
Natürlich kann man aus Spargel auch eine wunderbare Spargel-Cremesuppe kochen. Oder man lässt den Spargel abkühlen und isst ihn mit Essig und Öl als Salat.
Ihr merkt schon: Die Deutschen sind süchtig nach Spargel. Wir lieben dieses Gemüse. Zum Glück ist es gesund, Spargel zu essen. Am 24. Juni ist die Spargelzeit vorbei – dann essen wir wieder andere Gemüse. Aber bis dahin wünsche ich Euch guten Appetit!
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6/9/2015 • 4 minutes, 56 seconds
SG #102: Gewerkschaften und Streiks
Deutschland ist derzeit im Chaos versunken. Naja, ganz so schlimm ist es nicht – aber dieses Jahr haben besonders viele Streiks stattgefunden. Darüber möchte ich Euch heute etwas erzählen.
Es gibt in Deutschland viele Gewerkschaften. In einer Gewerkschaft tun sich Menschen zusammen, um ihre Arbeitssituation zu sichern und zu verbessern. Es gibt beispielsweise eine Gewerkschaft, die die Lokführer vertritt. Eine Gewerkschaft, die Dienstleistungsberufe vertritt. Eine Gewerkschaft für Ärzte, eine für Landwirte, eine für die Polizei und so weiter.
Eine Mitgliedschaft ist keine Pflicht – aber man kann sich in einer Gewerkschaft engagieren. Dazu wird man Mitglied und zahlt einen jährlichen Beitrag. Dafür bekommt man dann unterschiedliche Leistungen. Ich bin beispielsweise in einer Gewerkschaft, die mir rechtlichen Beistand gibt, wenn ich ein berufliches Problem habe. Sie bezahlt mir sozusagen einen Rechtsanwalt.
Die ersten deutschen Gewerkschaften gab es vor ungefähr 150 Jahren. Damals gab es Streiks und Arbeitskämpfe, weil die Arbeiterklasse am Existenzminimum lebte, während es den Unternehmern und Herrschenden so gut ging wie noch nie.
Heute sind die Forderungen ähnlich. Die Arbeiter wollen gerechte Löhne. Sie wollen genug Geld verdienen, um ihren Job gut machen zu können und gut leben zu können. In Deutschland streiken derzeit zwei Berufsgruppen: Die Lokführer und die Erzieher. Das bedeutet: Der Eisenbahnverkehr ist momentan sehr eingeschränkt, und die Kindergärten haben geschlossen. Eltern müssen Lösungen finden, wie ihre Kinder dennoch betreut werden können, damit sie weiter arbeiten können. Wer Großeltern in der Nähe hat, hat Glück. Viele andere nehmen die Kinder mit in die Arbeit, nehmen Urlaub oder wechseln sich mit der Kinderbetreuung ab. Eine schwierige Situation. Die Erzieher rufen währenddessen zu Demonstrationen auf und machen ihren Kampf sichtbar.
Oft geht es bei Streiks um die Tarifverträge. Diese Verträge sind für die ganze Branche vereinbart und legen beispielsweise das Gehalt von Erziehern fest. Tarifverträge müssen immer wieder an die aktuelle Situation des Landes angepasst werden. Man streitet also um Geld, um Arbeitszeiten, um Urlaubsansprüche, um Rentenansprüche – und wenn sich die Parteien (in diesem Fall die Gewerkschaft und die Arbeitgeber) nicht einig werden, streiken die Erzieher. Dies baut einen enormen Druck auf die Verhandlungen auf, ist aber das gute Recht von den Angestellten. Auch wenn die Bevölkerung selbst dann darunter leidet.
Im Fall der Erzieher ist das Verständnis für die Streiks in der Bevölkerung recht hoch. Jeder weiß, wie wichtig der Job der Erzieher ist, und wie schlecht sie bezahlt werden. Hier in München können sich viele Erzieher nicht leisten, die Miete einer Wohnung zu bezahlen. Sie wohnen daher oft weit außerhalb und fahren zum Arbeiten in die Stadt.
Weniger Verständnis haben die Menschen, wenn beispielsweise die Piloten streiken. Sie gehören zu einer privilegierten Berufsgruppe, sie verdienen viel Geld und haben eine gesicherte Altersversorgung. Dennoch haben natürlich auch sie das Recht, zu streiken und ihre Interessen zu vertreten. Wenn aber Flüge annulliert werden und die Menschen nicht in den Urlaub fliegen können, fehlt oft das Verständnis.
Ähnlich ist es, wenn die Lokführer streiken – dann fahren keine Züge, die Menschen kommen nicht zur Arbeit, die Straßen sind verstopft weil es überall Staus gibt, die Menschen sind sauer. Ihr seht also – Arbeitskämpfe sind schwierig. Wie ist das in Eurem Land? Schreibt doch unter slowgerman.com in die Kommentarfunktion, es würde mich sehr interessieren!
Übrigens: Für Premium Abonnenten gibt es jetzt auch Episoden, in denen ich Märchen vorlese. Viel Spaß damit!
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5/26/2015 • 6 minutes, 36 seconds
SG #101: Erneuerbare Energien
Kann man Energie wirklich erneuern? Nein. Natürlich nicht. Aber es gibt Energiequellen, die begrenzt sind. Zum Beispiel Erdöl und Erdgas. Andere Energiequellen sind nicht begrenzt: Die Sonne wird scheinen, so lange es die Menschen gibt. Deswegen nennt man derartige Energiequellen „erneuerbare Energien“. Was gehört noch dazu, außer der Sonnenenergie? Zum Beispiel Erdwärme, Wasserkraft oder Windenergie.
Wir müssen auch überlegen, wofür wir Energie eigentlich brauchen. Wir brauchen sie zum Beispiel, um unsere Häuser zu heizen. Und natürlich brauchen wir Strom, um unseren Alltag zu meistern: Was wären wir ohne elektrisches Licht, eine Waschmaschine, einen Backofen, einen Staubsauger, einen Fernseher oder das Internet? Der dritte Faktor neben Strom und Wärme ist die Mobilität – bislang verfeuern unsere Autos Treibstoff, aber es fahren schon die ersten Elektroautos durch die Städte.
In Deutschland decken die erneuerbaren Energien noch nichtmal ein Drittel der Stromproduktion ab. Das heißt: Mehr als zwei Drittel der Energie kommt in Deutschland noch von „alten“ Methoden wie der Atomkraft oder Kohle. Aber die Zahl der Windkraftwerke und Solaranlagen wächst. Rein theoretisch könnte Deutschland seinen Strom zu 100% aus Wind, Sonne und ähnlichen Quellen erzeugen, aber in der Praxis dauert das noch.
Es gibt ein Wort für den Übergang von der alten auf die neuen Energien: Energiewende. Die Energiewende ist ein großes politisches Thema. Deutschland möchte bis zum Jahr 2050 gut 80 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen. Die Reaktorkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima haben Deutschland schließlich dazu gebracht, den Atomausstieg zu beschließen. Die Hälfte der Atomkraftwerke ist bereits abgeschaltet, der Rest soll bis 2022 abgeschaltet werden. Alle Parteien haben dafür gestimmt.
Auch im Kleinen sieht man, dass sich etwas verändert. Wenn Ihr durch Deutschland fahrt, seht Ihr auf vielen Dächern bereits Sonnenkollektoren. Diese liefern für den Haushalt entweder Strom oder warmes Wasser. Neue Häuser wie das in dem ich lebe, haben im Keller keinen großen Tank mit Heizöl wie alte Häuser, sondern eine Wärmepumpe. Diese nutzt die Wärme der Erde in einigen Metern Tiefe und sorgt so dafür, dass unser Haus immer schön warm ist, auch im Winter. Die Heizkosten sind dadurch enorm gering – wir bezahlen lediglich die Stromkosten für die Pumpe und verfeuern keine fossilen Brennstoffe.
Der nächste Punkt sind Elektroautos – bis jetzt sieht man sie nur sehr selten auf deutschen Straßen. Das liegt vor allem daran, dass die Autos noch sehr teuer sind: Ein Smart mit Elektroantrieb kostet mit Batterie mindestens 23.000 Euro – und Ihr wisst, wie winzig ein Smart ist. Dafür spart man sich aber die Benzinkosten. Für viele ist aber auch noch ein Punkt, dass die Batterie nicht lange hält: Wer nur ein paar Kilometer pro Tag fährt, hat kein Problem. Für Langstreckenfahrer ist das Elektroauto aber noch nicht geeignet.
Der letzte Punkt, der noch gegen diese neue Art von Auto spricht, ist die Verfügbarkeit von Ladestationen. Wer auf dem Land wohnt und seine Garage mit einer Steckdose ausstattet, oder sogar auf dem Dach der Garage eine Sonnenstrom-Anlage aufbaut, hat kein Problem mit dem Auftanken. Aber was tun, wenn man in der Stadt wohnt und keinen eigenen Parkplatz hat? „Tankstellen“ für Elektroautos sind sehr selten. Aber ich bin sicher, diese Probleme werden sich in den nächsten Jahren lösen. Und dann werde ich mir sicher ein Elektroauto kaufen.
Atomausstieg, Elektroautos, Energiewende – ein Punkt ist derzeit auch oft im Gespräch, vor allem hier in Bayern. Und zwar die Windräder. Anwohner beschweren sich über den Lärm von Windkraft-Anlagen. Andere finden sie schlichtweg hässlich. Manche fürchten gar, dass die Anlagen schlecht für die Gesundheit sind. Die Akzeptanz in der Bevölkerung muss noch wachsen – ich jedenfalls hätte lieber ein Windrad vor der Tür als ein Kernkraftwerk...
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5/12/2015 • 7 minutes, 10 seconds
SG #100: Sissi und König Ludwig II.
Heute möchte ich Euch von zwei Adeligen erzählen. Kennt Ihr Sissi? Hier in Deutschland kennt sie jeder. Sissi war eine Frau, die von 1837 bis 1898 gelebt hat. Sie wurde Kaiserin von Österreich. Aber langsam, ich erzähle Euch kurz ihre Geschichte.
Sissi hieß eigentlich Elisabeth. Sie wurde am Heiligabend 1837 geboren, und zwar in München. Bayern war damals ein Königreich, und Sissi war eine Prinzessin. Ihr Opa war der König von Bayern. Als Sissi 15 Jahre alt war, lernte sie den Kaiser von Österreich kennen, der eigentlich ihr Cousin war und ihre ältere Schwester heiraten sollte. Tja, so war das in Adelskreisen. Der Kaiser Franz-Josef entschied sich für Elisabeth und sie heirateten. Elisabeth wurde Kaiserin von Österreich und später auch Königin von Ungarn.
Das Paar bekam drei Töchter, von denen eine noch als Kleinkind starb, und einen Sohn. Das war natürlich wichtig für den Kaiser, denn nur ein Sohn konnte Thronfolger werden. Rudolf und seine Schwester wurden hauptsächlich von der Oma und natürlich von Dienstmädchen aufgezogen und betreut. Ihr Sohn Rudolf nahm sich als junger Mann das Leben. Elisabeth wurde von einem Anarchisten getötet – er stieß ihr auf einer Reise eine Feile ins Herz.
Warum nun kennt jeder die Geschichte der Sissi? Nicht wegen ihrer legendären Haarpracht, nicht wegen ihrem modernen Fitness-Kult, auch nicht wegen ihrer tragischen Geschichte. Sondern, weil ihr Leben in den 50er-Jahren verfilmt wurde. Die wunderbare Schauspielerin Romy Schneider spielte Sissi, und zwar in drei aufwändig gedrehten Kostümfilmen. Mit der Realität hatten diese Filme wenig zu tun, aber sie waren romantische Märchen, und diese Filme kennt noch heute zumindest fast jede Frau. Schaut mal bei YouTube nach, vielleicht findet Ihr Ausschnitte aus dem Film. Ich stelle Euch auch einen Link auf slowgerman.com. (http://www.dailymotion.com/video/x20p7yh_sissi-1955_shortfilms)
Die zweite Figur, die ich Euch heute vorstellen möchte, ist König Ludwig II. Er war ein Cousin von Sissi und wurde 1845 in einem Schloss geboren, das heute zu München gehört. Um Ludwig ranken sich viele Geschichten. Er soll homosexuell gewesen sein, was natürlich damals für einen König unmöglich war. Psychische Probleme sollen ihn gequält haben, er wurde sogar zwei Jahre vor seinem Tod entmündigt, weil er angeblich nicht mehr in der Lage war, die Amtsgeschäfte zu führen. Sein Tod selbst gibt die meisten Rätsel auf: Er ertrank mit seinem Arzt in einem See. An einer sehr seichten Stelle.
König Ludwig II. gilt als Märchenkönig. Der Wagner-Fan muss ein Träumer gewesen sein, ein Mensch der in unserer Zeit wahrscheinlich ein viel schöneres und freieres Leben geführt hätte als damals. Hier in Bayern sieht man sein Bild nach wie vor auf Postkarten und Gemälden. König Ludwig II. ist beliebt bei den Leuten.
Aber woher kennt Ihr ihn? Ganz einfach: König Ludwig ließ viele Schlösser bauen, zum Beispiel auch das weltberühmte Schloss Neuschwanstein. 1,3 Millionen Touristen besuchen dieses Schloss jedes Jahr. Durch König Ludwig ist Bayern zum Touristenmagneten geworden, und dafür sind wir ihm natürlich sehr dankbar. Nur mit dem Oktoberfest hat er nichts zu tun – aber er war fünf Mal dort zu Gast.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg100kurz.pdf
4/14/2015 • 6 minutes, 20 seconds
SG #099: Migration
Viele von Euch haben mich gefragt, wie es in Deutschland mit Ausländern aussieht. Zunächst einmal hat es in den vergangenen Jahren einen sprachlichen Wandel gegeben: Kaum jemand sagt noch Ausländer, da dieses Wort mittlerweile negativ belegt ist. Politisch korrekt heißt es jetzt „Menschen mit Migrationshintergrund“. Darüber haben sich viele schon lustig gemacht. Ich erzähle Euch jetzt mal, wie viele verschiedene Kulturen in Deutschland leben und wie sich das im Alltag darstellt.
In Deutschland leben Menschen aus 194 Ländern. Wenn ich mal ganz subjektiv meine Umgebung betrachte, leben hier vor allem Türken, die in den 60er-Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland kamen und hier ihre Familien gründeten. Das bedeutet, dass viele junge Leute türkische Namen haben und türkische Eltern oder Großeltern, selber aber hier geboren sind und perfekt Deutsch und Türkisch sprechen. Man nennt sie oft die „dritte Generation“. 1,6 Mio. Menschen hier in Deutschland haben die türkische Staatsangehörigkeit. Gefolgt von einer Million aus Ex-Jugoslawien, einer halben Million Italienern, 400.000 Polen und 276.000 Griechen. Das sind aber nur die Menschen mit einem nicht-deutschen Pass.
Insgesamt haben fast 20 Mio. Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund – also ein Fünftel der Bevölkerung. München gehört zu den Städten in Deutschland, die am schönsten gemischt sind – so nenne ich das jetzt einfach mal. Dennoch wirkt es im Straßenbild nicht so. Denn ein junger türkischer Münchner sieht oft eigentlich genauso aus wie ein deutscher Münchner, und auch jemand aus Ex-Jugoslawien, also aus Bosnien oder Kroatien, macht optisch kaum einen Unterschied. Was ich damit sagen möchte: in anderen Großstädten wie Paris oder London sieht man die kulturellen Unterschiede stärker, weil dort zum Beispiel Inder leben, die sich traditionell kleiden, oder Chinesen, oder Afrikaner. Diese Gruppen sind hier in Deutschland eher klein. Manche türkische oder arabische Frauen tragen ein Kopftuch, aber das ist schon der einzige Unterschied in der Kleidung.
In Deutschland gibt es auch keine ausgeprägten ethnischen Stadtviertel. Während es in USA beispielsweise in größeren Städten ein „Chinatown“ gibt, ist das hier nicht so. Natürlich gibt es einige Straßen, in denen beispielsweise mehr Asia-Läden sind, oder hier in München gibt es rund um den Hauptbahnhof viele türkische Lebensmittelgeschäfte, aber mehr auch nicht. Ich wohne in einem Stadtteil von München, in dem es sehr viele verschiedene Kulturen gibt. Im Kindergarten sind Rumänen, Ungarn, Engländer, Araber und Griechen. Ich freue mich, dass mein Kind so aufwächst und hoffe, dass es sein Verständnis für andere Kulturen stärkt und er ein toleranter, neugieriger Mensch wird.
Gibt es in Deutschland Ausländerfeindlichkeit? Natürlich. Wie in jedem Land der Welt. Es gibt leider immer Menschen, die sich für etwas besseres halten. Oder die vor anderen Menschen Angst haben. Oder die Befürchtung, diese könnten ihnen etwas wegnehmen. Kurz gesagt: Es gibt immer Idioten. Ich selber bin nur halb Deutsche – aber ich habe noch nie Fremdenfeindlichkeit erfahren. Ich hatte noch nie Angst hier, obwohl ich einen ausländischen Namen habe und dunkle Haare und dunkle Augen. Die meisten Deutschen haben aus der Vergangenheit des Landes gelernt – und sie machen hoffentlich nicht wieder die gleichen Fehler. Ich bin zuversichtlich.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg99kurz.pdf
3/31/2015 • 6 minutes, 12 seconds
At the train station. Absolute Beginner #06
Welcome to a German train-station! We're at a „Bahnhof“ today, talking about different words you might need there. First of all, you need to check the „Fahrplan“, that's the schedule of the trains. Fahrplan. On this „Fahrplan“, there are two categories: Trains arriving and trains leaving the station. The arrival is called „Ankunft“, the departure is called „Abfahrt“. Ankunft and Abfahrt.
On this schedule you look for the train you want to take. You check the time it is leaving – the „Abfahrtszeit“. Zeit is the time, Abfahrt the departure. So the time of departure. Abfahrts-Zeit. The next information you need is the right track, so you can find your train. The track is called „Gleis“. So maybe your train to Berlin is „auf Gleis 4“. On track 4. Auf Gleis 4.
Let's say there is no schedule and you have to ask somebody. Then you can say: „Entschuldigung“, to catch their attention. Entschuldigung. It essentially means „sorry“ or „excuse me“. Then you can ask: Where do I find the next train to Berlin? „Wo finde ich den nächsten Zug nach Berlin?“
Or you go to a ticket booth and say: I need a ticket to Berlin, please. „Ich brauche bitte eine Fahrkarte nach Berlin.“ The person then will maybe ask: „Einfache Fahrt oder hin und zurück?“, meaning do you need a single ticket or a return ticket? So you say: „Einfache Fahrt, bitte.“ or „Hin und zurück, bitte“. Maybe they also ask if you want to travel first class or second. „Erste Klasse oder zweite?“ Most of the time you answer „Zweite Klasse, bitte“, but sometimes first class is cheaper than second! Don't ask me why... The next question is: „Soll ich einen Sitzplatz für Sie reservieren?“ The „Sitzplatz“ is simply the seat. You can make a reservation for a certain seat on the train. This costs extra, but it guarantees you have a seat – when it's crowded you sometimes will need to stand the whole way. You can decide if you want a seat on the aisle or at the window – it's a „Fensterplatz“ near the window, „am Gang“ near the aisle. You can also choose between „im Großraumwagen“ or „im Abteil“ on certain trains. The „Großraumwagen“ is just one long carriage with seats, like a bus. Other areas of the train are compartmentalized, „Abteile“.
If you have your ticket, your „Fahrkarte“, you run to catch your train. At least that's what I always have to do. You look for the right carriage number, the „Wagennummer“, and jump in. When the train has departed, the „Schaffner“ will come and will want to see your ticket.
Sometimes the train is delayed, it has „Verspätung“. Relax – there's nothing you can do about it. Have a safe trip! Gute Fahrt!?
3/17/2015 • 5 minutes, 36 seconds
SG #098: Frühling
Hier in München liegt noch Schnee. Seit November frieren wir hier, laufen mit dicken Jacken und Schals umher und stapfen mit Stiefeln durch den Schnee. Wir warten alle sehnsüchtig auf den Frühling. Noch wenige Tage, dann wird es so weit sein!
Der Frühling ist die Lieblings-Jahreszeit vieler Menschen. Vor allem in Regionen wie unserer, wo der Winter recht lang und kalt ist, freut man sich auf die ersten warmen Sonnenstrahlen. Hier in München ist das besonders extrem: Auch wenn es nur wenige Grad über Null ist, sitzen die Münchner schon draußen auf den Terrassen der Cafés oder am Straßenrand, trinken Kaffee und genießen die ersten Sonnenstrahlen. Die Cafés kennen das schon – die Betreiber legen extra warme Decken auf die Stühle, mit denen man sich die Beine zudecken kann.
Meistens kommt der Frühling dann doch ziemlich schnell: Von heute auf morgen wird es warm und freundlich, die Sonne scheint, der Schnee schmilzt und die Tage werden merklich länger. Die ersten Frühlingsboten sind die Krokusse, das sind kleine Blumen, die sich durch den kalten und harten Boden kämpfen, sobald die ersten Sonnenstrahlen den Frühling ankündigen. Auch die Schneeglöckchen kommen dann hervor. Etwas später folgen Tulpen, die fast jeder Gartenbesitzer in seinem Garten gepflanzt hat, und gelbe Narzissen, die die typischen Frühlingspflanzen sind und auch „Osterglocken“ genannt werden.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wenn die Natur im Frühling zum Leben erwacht. Den ganzen Winter über wirken Blumen und Bäume wie tot, als wären sie abgestorben. Wenn die Temperaturen steigen, sprießen die Blätter und Blüten und man hat den Eindruck, man könnte sie dabei beobachten, so schnell geht das. Die braunen und gelben Wiesen und Felder werden saftig grün, und hier in München kann man vor allem sehen, wie die Kastanienbäume ihre riesigen Blätter entfalten.
Schön ist es auch, die Vögel zu beobachten: Eifrig sammeln sie kleine Stöcke und Grashalme, um Nester zu bauen und ihre Eier auszubrüten. Dann sieht man die jungen Vögel bei ihren ersten Flugversuchen, und das Gezwitscher draußen ist ein wunderbares Konzert.
Im Nu ist Ostern, und dann steht auch schon der Sommer vor der Tür. Ich genieße es, vier ausgeprägte Jahreszeiten zu haben. Natürlich nervt mich der Winter manchmal, aber ich würde nicht in einem Land wohnen wollen, wo es immer warm ist. Jede Jahreszeit hat ihren Vorteil. Im Winter ist es hier bei uns besonders kuschelig, man verbringt gerne Zeit zu Hause im Warmen, trinkt Tee und zündet Kerzen an. Im Frühling freut man sich über die Wärme, über die Blütenpracht, verbringt wieder mehr Zeit im Freien. Im Sommer sind die Deutschen ohnehin jede Minute draußen, und im Herbst wird es dann langsam wieder gemütlicher und man verabschiedet sich vom Sommer.
Wie ist das bei Euch? Lebt Ihr in einem Land, in dem es alle vier Jahreszeiten gibt? Welche mögt Ihr am Liebsten?
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg98kurz.pdf
3/3/2015 • 5 minutes, 34 seconds
SG #097: Tatort
Wisst Ihr, was ein Straßenfeger ist? Ich meine das nicht im wörtlichen Sinne, da steht kein Mann auf der Straße mit einem Besen in der Hand. Aber im übertragenen Sinne ist es genau so: Am Sonntag Abend gibt es den letzten Straßenfeger im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen: Den Tatort. Ein Straßenfeger ist also eine Fernsehsendung, die so viele Menschen sehen wollen, dass die Straßen wie leergefegt sind. Rund 10 Millionen Menschen in Deutschland sehen den Tatort jeden Sonntag Abend – und die Zahlen steigen.
Der Tatort ist eine Krimi-Reihe. Der erste Tatort lief am 29. November 1970, mittlerweile gab es über 900 Folgen. Jeder Tatort ist 90 Minuten lang und beginnt am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten Deutschen Fernsehen, „Das Erste“. Auch die Schweiz und Österreich gehören zum Tatort-Gebiet, auch sie produzieren eigene Filme.
Jede Woche ist ein anderes Team an der Reihe – es gibt viele verschiedene Tatort-Ermittler in verschiedenen Städten. 21 Teams sind es zur Zeit. Hier in München ermitteln zwei ältere Herren, Batic und Leitmayr heißen sie im Film. Über 60 Fälle haben sie schon miteinander gelöst. Andere Teams kommen nicht so gut an und werden nach wenigen Folgen wieder abgesetzt. Am längsten dabei ist Kriminalhauptkommissarin Lena Odenthal, die in Ludwigshafen am Rhein ermittelt – und zwar seit 1989. Gespielt wird sie von der Schauspielerin Ulrike Folkerts. Sehr beliebt ist das Team aus Münster, gespielt von Jan Josef Liefers und Axel Prahl. Die Tatort-Episoden aus Münster sind sehr lustig und kommen daher gut an. Mit der Zeit kennt man die verschiedenen Teams gut, man kennt ihre Familiengeschichte und ihre Macken, und das macht sie sympathisch. Und man erkennt natürlich die Drehorte, wenn der Tatort in der eigenen Stadt spielt.
Genau diese Zusammensetzung aus verschiedenen Teams ist es wahrscheinlich, die den Tatort so erfolgreich macht. Jeder hat ein Lieblings-Team, und für jeden Geschmack ist etwas dabei. Es gibt alte Ermittler und junge, es gibt natürlich Männer und Frauen als Hauptdarsteller, es gibt düstere und traurige Folgen und auch komische und schräge Folgen. Oft werden aktuelle Themen aufgegriffen. Es geht also nicht nur um einfache Morde und die Suche nach dem Täter, sondern oft auch um Bandenkriminalität, Menschenhandel, Rechtsextremismus, Drogen und ähnliches.
Rund 35 Folgen gibt es pro Jahr, im Sommer laufen Wiederholungen. Da der Tatort so gut ankommt, laufen auch in den Dritten Progammen fast täglich Wiederholungen alter Fälle. Über eine Million Euro kostet die Produktion eines Tatorts, einen knappen Monat lang wird gedreht.
Die meisten Zuschauer hatte bislang übrigens eine Folge aus Münster: Fast 13 Millionen Menschen sahen „Summ, Summ, Summ“ 2013. Gleich danach kam eine Folge aus Hamburg: Dort ermittelte Nick Tschiller vor 12,57 Millionen Menschen. Gespielt wird er von Til Schweiger, einem deutschen Schauspieler und Regisseur, dessen Kinofilme regelmäßig auf Platz eins der Kinocharts landen – so wie jetzt gerade der aktuelle Film „Honig im Kopf“.
Mit wachsender Begeisterung steigen die Tatort-Fans übrigens auch auf den so genannten Second Screen um: Während der Ausstrahlung wird unter dem Hashtag #Tatort getwittert, es werden Kommentare auf Facebook geschrieben und viele Landesrundfunkanstalten bieten nach der Ausstrahlung oder währenddessen einen Chat an, damit man dem Regisseur oder den Schauspielern Fragen stellen kann. Social TV heißt das dann. Habt Ihr schonmal Tatort geschaut? Mich würde sehr interessieren, was Ihr davon haltet.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg97kurz.pdf
2/10/2015 • 5 minutes, 50 seconds
SG #096: PEGIDA
Die Informationen in diesem Text sind veraltet - bitte informiert Euch im Internet über die aktuelle Situation. Sobald Zeit ist werden wir den Text hier ergänzen.
Wer momentan in Deutschland Nachrichten liest, sieht oder hört, dem begegnet ein Wort besonders häufig: Pegida. Dahinter steckt ein Verein aus Dresden. PEGIDA ist eine Abkürzung, sie steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“.
Was macht dieser Verein? Er organisiert seit Oktober 2014 jeden Montag Demonstrationen in Dresden. Die Menschen gehen auf die Straße und protestieren gegen eine angeblich falsche Asylpolitik und Flüchtlingspolitik. Auch in anderen Städten gibt es mittlerweile derartige Demonstrationen, sie sind aber nicht so groß wie in Dresden. Und: Es gibt Gegendemonstrationen – viele Deutsche wehren sich gegen das, was PEGIDA behauptet.
Was steckt dahinter? Zunächst einmal wahrscheinlich Angst. Wie so oft. Die Angst vor Dingen, die fremd sind. Und vor fremden Menschen. Vor fremden Kulturen, die man nicht versteht. Und neben der Angst steckt sicher auch Unwissenheit hinter den Demonstrationen. Denn von einer Islamisierung kann nicht die Rede sein – die Zahlen der in Deutschland lebenden Moslems sind gering, geschätzt sind es fünf Prozent der Bevölkerung. In Sachsen, dem Bundesland, in dem Dresden liegt, sind es sogar nur geschätzt 0,5%. Deutschland nimmt zudem im Vergleich zu anderen Ländern sehr wenige Flüchtlinge auf – aber das ist ein anderes Thema.
Eines ist jedenfalls klar: Die Rechtsextremen in Deutschland freuen sich sicher über den Erfolg von PEGIDA. Neonazis und auch Hooligans laufen gerne bei den Demonstrationen mit, und PEGIDA distanziert sich nicht von ihnen. Die Zahl der Demonstranten in Dresden ist seit Oktober 2014 gestiegen – von anfangs wenigen Hundert auf jetzt ungefähr 20.000. Erfreulicherweise stieg auch die Zahl der Gegendemonstranten: Fast 100.000 waren es am 12. Januar in ganz Deutschland, allein 20.000 in München. Einige Städte ließen sogar die Beleuchtung großer Gebäude abschalten – zum Beispiel war der Kölner Dom dunkel, als PEGIDA demonstrierte, ebenso das Brandenburger Tor in Berlin. Auch Vertreter der Kirchen fordern Toleranz und warnen vor PEGIDA. Ebenso viele deutsche Politiker.
Was will PEGIDA? Gefordert werden unter anderem eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Zuwanderern, die straffällig geworden sind. Ebenso eine gesteuerte Zuwanderung über ein Punktesystem, so wie es in Kanada üblich ist. Und eine konsequente Abschiebepolitik. Kriegsflüchtlinge sollten zwar aufgenommen werden, Wirtschaftsflüchtlinge aber nicht.
Vieles ist bereits per Gesetz geregelt und gilt für alle – für Deutsche ebenso wie für gerade erst angekommene Flüchtlinge. Und ich frage mich in diesem Zusammenhang oft, wo die Empathie anderen Menschen gegenüber bleibt? Über Weihnachten waren in dem Ort, in dem meine Eltern leben, viele Flüchtlinge in einer Turnhalle untergebracht – darunter drei hochschwangere Frauen. Muss man vor ihnen Angst haben? Soll man sie so schnell wie möglich aus dem Land schmeißen? Oder hat man Verständnis, dass diese Menschen genau wie wir ein friedliches Leben ohne Armut haben möchten? Noch unverständlicher wird all das wenn man bedenkt, dass sehr viele Deutsche ebenfalls eine
Flüchtlingsgeschichte hinter sich haben – der Zweite Weltkrieg ist noch nicht so lange her, oder? Aber manche haben eben doch nichts daraus gelernt.
Mich hat jedenfalls sehr gefreut, dass Pegida unter anderem mit viel Humor und Satire begegnet wurde. Plötzlich gab es Aufrufe „Gegen eine Salamisierung des Abendbrotes“, eine Satiresendung schleuste einen verkleideten Moslem auf eine Pegida-Demonstration ein, und in München gab es eine Anti-Pegida-Demonstration mit dem Motto „Tanz den Pegida“. Viele Musiker machen die Anti-Pegida-Demonstrationen zu Open-Air-Konzerten in der Kälte – und locken noch mehr Leute an.
Schade finde ich, dass Deutschland durch Aktionen wie diese im Ausland wieder als ausländerfeindlic...
1/28/2015 • 6 minutes, 6 seconds
SG #095: Vegetarier
Häufig fragt Ihr mich, ob alle Deutschen Fleisch essen. Die Antwort ist ganz klar: Nein. Früher war Fleisch ein teures Lebensmittel, das Reichtum suggerierte. Heute kostet das Fleisch oft weniger als gutes Obst oder Gemüse. Die Fleischmenge stieg also stark an.
Mittlerweile haben sich aber viele Menschen Gedanken darüber gemacht, ob es richtig ist, so viel Fleisch zu essen.
Es gibt verschiedene Gründe, zum Vegetarier zu werden. Ich kenne viele Menschen, meist Frauen, die schon als Kind oder Teenager beschlossen haben, kein Fleisch mehr zu essen. Meistens hing die Entscheidung mit ethischen Bedenken zusammen: Kann man guten Gewissens Fleisch essen, wenn die Tiere für uns sterben mussten? Wenn die Tiere gar unter schrecklichen Bedingungen leben und sterben mussten? Bilder von Massentierhaltungen sorgen oft dafür, dass kein Fleisch mehr gegessen wird. Kann ich sehr gut verstehen.
Ein anderer Faktor ist die Frage, ob es überhaupt gesund ist, Fleisch zu essen. Oder ob es gesund ist, viel Fleisch zu essen. Soweit ich weiß, soll man 2 Mal pro Woche Fleisch essen – öfter nicht. Denn wer viel Fleisch ist, vor allem rotes Fleisch, also Schweine- und Rindfleisch, für den steigt das Risiko von koronaren Herzerkrankungen, Diabetes mellitus und Krebs..
Und dann ist da noch die Frage nach der Umweltverträglichkeit: Es kostet eine Menge Wasser und Futter, um Tiere aufzuziehen – eine vegetarische Ernährung ist also besser für die Umwelt und schont die Ressourcen. In Deutschland gibt es heute doppelt so viele Vegetarier wie 2007 – immerhin sind es mindestens zwei Prozent der Bevölkerung. Und es werden immer mehr. Dennoch essen die Deutschen weiterhin viel Fleisch – pro Kopf sind es 60 Kilogramm pro Jahr. Wahnsinn, oder?.
Hier in München ist es fast schon ein Mode-Trend, vegetarisch zu leben, Yoga zu machen und ein gesundes, glückliches Leben führen zu wollen. Viele leben sogar vegan – sie essen also gar keine tierischen Produkte, auch keine Eier, keine Milch, keinen Käse, keinen Honig. Sie tragen natürlich auch keine Lederschuhe..
Was bin ich? Ich glaube ich bin Flexitarier. Ich esse Fleisch, ich esse Fisch, aber nur von guter Qualität und nicht zu oft. Ich versuche, wenig Milch zu trinken. Wie ist es in Eurem Land? Esst Ihr selber viel Fleisch oder seid Ihr Vegetarier? Schreibt in die Kommentarfunktion, ich freue mich über Post! .
Lernmaterial zu dieser Folge findet Ihr unter slowgerman.com unter der aktuellen Folge – dort findet Ihr auch den Link zum Premium Podcast. Bis zum nächsten Mal! Eure Annik.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg95kurz.pdf
1/12/2015 • 4 minutes, 20 seconds
SG #094: Silvester und Neujahr
Schon wieder ist ein Jahr vorbei! Ich hoffe, Ihr habt Weihnachten und die Feiertage gut überstanden. Und jetzt steht schon wieder das nächste Fest auf dem Kalender: Silvester! Am letzten Tag des Jahres, also am 31. Dezember, feiern alle Menschen den Übergang in ein neues Jahr. Wir in Deutschland natürlich auch. Nicht alle Deutschen feiern genau gleich, aber ich versuche Euch zu erzählen, was wir an diesem Tag machen.
Bis Mittag haben die Geschäfte noch offen, so lange kann man also noch einkaufen. Und dann ist die Frage, ob man an Silvester zu Hause feiert oder ausgeht. Wer zu Hause feiert kocht üblicherweise ein festliches Essen mit mehreren Gängen, lädt auch gerne Freunde oder Familie zu sich ein und feiert gemeinsam. Das bedeutet dann, dass man einen langen Abend hinter sich bringen muss – und damit es nicht langweilig wird, gibt es einige Routinen, die sich über die Jahre und Jahrzehnte eingebürgert haben.
Da ist zum Beispiel eine Sendung im Fernsehen, die viele Deutsche an Silvester sehen: „Dinner for One“. Das ist ein uralter Sketch, gespielt von britischen Schauspielern in den 60er-Jahren. Es geht um eine alte Dame und ihren Diener. Sie feiert ihren 90. Geburtstag – und hätte das gerne mit ihren vier männlichen Freunden getan, doch die sind allesamt schon gestorben. Also feiert sie allein und tut so, als wären diese Freunde da. Butler James muss die Herren spielen – und wird natürlich im Laufe des Abendessens immer betrunkener. Auf slowgerman.com stelle ich Euch einen YouTube-Clip von diesem Sketch:
https://youtu.be/NDqD0Dz_J-M
Ansonsten laufen im Fernsehen noch einige gute und weniger gute Programme, aber es gibt auch Alternativen.
Zum Beispiel das Bleigießen. Man erhitzt kleine Mengen Blei und gießt das dann in kaltes Wasser – es härtet aus und man kann es anfassen. In einem kleinen Buch kann man dann nachlesen, was das gegossene Blei bedeutet. Sieht es aus wie ein Schwein, wie ein Bart, wie eine Leiter? Alles bedeutet etwas und sagt voraus, ob das kommende Jahr gut wird oder nicht. Ein schöner Aberglaube, oder?
Noch mehr Aberglaube gefällig? Man soll in der Silvesternacht keine Wäsche waschen und auch nicht arbeiten. Aber kochen darf man. Typische Silvester-Essen sind Fondue oder Raclette. Da sitzt man gemütlich am Tisch zusammen und jeder „kocht“ sein Essen selber. Und es dauert schön lange.
Wer nicht zu Hause feiert, der geht entweder schön essen, in ein Konzert oder ins Theater, oder auf eine Party. All das kostet in dieser Nacht mehr als während des restlichen Jahres – aber das nehmen viele Deutsche gern in Kauf, um einen unvergesslichen Silvesterabend zu haben.
Ist dann endlich Mitternacht, gehen wir auf die Straße – warm angezogen, denn es ist eisig kalt in dieser Nacht. Wir stoßen mit einem Glas Sekt auf das neue Jahr an, küssen uns, und bewundern das Feuerwerk. Und dann durchgefroren und müde ab ins Bett. Oder? Wie ist das bei Euch – wie feiert Ihr den Beginn des neuen Jahres? Schreibt gerne in die Kommentarfunktion, oder auf Facebook. Habt Ihr gute Vorsätze für das neue Jahr? Noch fleißiger Deutsch lernen vielleicht? Oder meinen Premium Podcast zu abonnieren, damit Ihr zu jeder Folge Lernmaterial und die normal gesprochenen Folgen bekommt? Würde ich natürlich freuen! Ich wünsche Euch jetzt erstmal einen guten Rutsch ins neue Jahr! Bis bald, Eure Annik.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg94kurz.pdf
12/30/2014 • 5 minutes, 32 seconds
SG #093: Christkind und Weihnachtsmann
In Deutschland gibt es ein Dilemma für Eltern: Kommt denn nun der Weihnachtsmann und bringt die Geschenke, oder ist es das Christkind? Ich habe mir beide Figuren für Euch genauer angeschaut und werde sie hier vorstellen.
Fangen wir mit dem Weihnachtsmann an – er bringt den Kindern in Norddeutschland die Geschenke und auch in vielen anderen Ländern der Welt. Vor allem in evangelisch geprägten Regionen. Der Weihnachtsmann ist ein freundlicher alter Mann mit einem langen weißen Bart. Er hat einen roten Mantel an und eine rote Mütze, und er trägt die Geschenke in einem großen Sack mit sich herum. Diese Geschenke bringt er den Kindern an Heiligabend, also am 24. Dezember. Und ganz klar: Nur brave Kinder bekommen ein Geschenk! Wie genau der Weihnachtsmann sich in Deutschland fortbewegt, weiß ich leider nicht – ich habe ihn noch nie gesehen. Aber angeblich hat er auch hier einen Schlitten, der von Rentieren durch die Lüfte gezogen wird. Das ist ein weiter Weg vom Nordpol bis nach Deutschland!
Ihr merkt schon, mit dem Weihnachtsmann kenne ich mich nicht besonders gut aus – denn er hat mir noch nie ein Geschenk gebracht. Zu mir kam immer das Christkind, das hat hier in Bayern das Beschenken übernommen. Es muss aber auch die Kinder in Österreich, der Schweiz, in Ungarn, Tschechien und anderen katholischen Regionen beschenken. Viel zu tun! Das Christkind kenne ich als blondes Kind mit Locken und Flügeln. Sieht also aus wie ein kleiner Engel. Leider habe ich auch das Christkind noch nie gesehen – es ist immer so schnell wieder weg! An Heiligabend hört man lediglich ein Glöckchen klingeln – und dann rennt man schnell ins Wohnzimmer zum Weihnachtsbaum, unter dem dann plötzlich Geschenke liegen, die vorher noch nicht da waren. Manchmal sieht man noch die Fußspuren vom Christkind oder Goldstaub, den es hinterlassen hat.
Ich freue mich schon sehr auf Weihnachten – wir feiern hier in Deutschland ja am 24. Dezember abends. Ich bin gespannt, was das Christkind dieses Jahr unter den Baum legt! Meinen Wunschzettel hatte ich natürlich längst geschrieben – den kann man hier in München im Rathaus am Marienplatz einem schönen jungen Engel geben, der die Wunschzettel dann an das Christkind weiterleitet. Und man bekommt natürlich auch eine schriftliche Antwort vom Christkind! Kein Grund also, an seiner Existenz zu zweifeln. Und ich bin sicher, dass auch der Weihnachtsmann froh ist, dass ihm jemand bei der Arbeit hilft.
Jetzt wünsche ich Euch erstmal frohe Weihnachten! Feiert schön im Kreis Eurer Familie, falls Ihr in einer christlichen Region lebt. Für alle anderen: Habt Geduld mit uns, in der Weihnachtszeit sind wir alle ein bisschen verrückt...
Wenn Ihr mir übrigens ein kleines Geschenk machen möchtet, dann werdet doch Premium Mitglied! Das hilft mir, diesen Podcast zu finanzieren und noch mehr Material für Euch zu produzieren. Frohe Weihnachten! Eure Annik Rubens.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg93kurz.pdf
12/23/2014 • 5 minutes
SG #092: Schrebergarten
Wisst Ihr, was ein Schrebergarten ist? Man kann auch Kleingarten dazu sagen oder Laube. Ich werde Euch heute erzählen, was sich dahinter verbirgt.
Viele Deutsche leben in Mietwohnungen. Irgendwo in der Stadt. Sie haben manchmal einen Balkon – aber viele haben nicht einmal das. Auch die Straßen sind oft sehr trist – da steht kein Baum, kein Strauch, nirgendwo ist Grün zu sehen. Was tun die Bewohner also? Sie flüchten in einen Schrebergarten.
Mitten in der Stadt gibt es große Grundstücke, die von der Stadt in kleine Parzellen aufgeteilt werden, also in kleine Teile. Vereine verwalten diese Grundstücke und verpachten die einzelnen kleineren Teile an ihre Mitglieder. So kann sich ein Mieter beispielsweise einen kleinen Garten mieten, wo er am Wochenende oder nach Feierabend seine Zeit im Grünen verbringen kann. Im Schnitt sind diese Parzellen 370 Quadratmeter groß.
Eine Kollegin von mir hat sich gerade einen Schrebergarten gemietet. Normalerweise muss man hier in München lange auf einer Warteliste stehen, bis man eine Parzelle bekommt – es gibt viel mehr Leute, die einen Schrebergarten haben möchten als Plätze dafür. Aber meine Kollegin hatte Glück. Sie muss nun ein Drittel des Gartens mit Nutzpflanzen bepflanzen, also mit Obst und Gemüse, ein Drittel mit Rasen und ein Drittel kann sie mit Blumen und ähnlichem bepflanzen. Das ist dort alles geregelt. Jeder Verein hat seine eigenen Regeln, wichtig ist aber meistens, dass alle mithelfen, den Schrebergarten sauber und schön zu halten. Meine Kollegin hat jetzt plötzlich 35 Apfelbäume – und muss sehen, was sie mit all den Äpfeln macht!
Schrebergärten werden oft von Senioren gepflegt, aber auch viele Familien freuen sich über eine kleine grüne Oase. Meist befindet sich auf dem kleinen Grundstück eine so genannte Laube, also ein kleines Haus oder besser gesagt eine Holzhütte. Manchmal sind diese geheizt und wirklich bewohnbar – aber richtig wohnen darf man hier nicht.
Die meisten Laubenpieper – so nennt man die Kleingärtner scherzhaft – sind sehr umweltbewusst. Sie gießen ihren Garten mit Regenwasser und kompostieren ihren Gartenabfall. Was meint Ihr, wie viele Kleingärtner es in Deutschland gibt? Knapp eine Million! Teuer ist es nicht, so einen kleinen Garten zu haben – es kostet ungefähr einen Euro pro Tag. Die meisten Schrebergärten gibt es in Berlin, Hamburg und München, also in den Großstädten. Klar, dass die Bewohner hier eine besonders große Sehnsucht nach grüner Idylle haben.
Etwas ähnliches gab es übrigens in der DDR – die Datschen. Eine Datsche war ein Grundstück von 600 Quadratmetern Größe, auf dem ein Sommerhaus stand. Meist standen diese Ferienhäuser am Ufer von Seen, und auch sie dienten wie die Kleingärten der Erholung der Bürger. Gibt es so etwas auch in Eurem Land? Schreibt gerne in die Kommentarfunktion auf slowgerman.com, ich bin gespannt!
Lernmaterial zu dieser Folge und diese Folge noch einmal normal schnell gesprochen gibt es wie immer auf slowgerman.com zu kaufen oder im günstigeren Premium-Abo auf slowgerman.l......com (Achtung, Änderung. Das Abo bekommt ihr inzwischen hier). Danke für Eure Unterstützung und bis zum nächsten Mal! Eure Annik
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg92kurz.pdf
12/10/2014 • 5 minutes, 29 seconds
SG #091: Weihnachtsmarkt
Wenn Ihr in diesen Tagen durch deutsche Städte lauft, werdet Ihr bemerken, dass hier einiges los ist. Denn überall werden gerade kleine Holzhäuser aufgebaut. Warum? Diese Holzhäuser nennt man Weihnachtsmarkt. In Bayern auch Christkindlmarkt oder in Franken, also Nordbayern, auch Christkindlesmarkt.
In der Vorweihnachtszeit, also meist ab dem ersten Advent oder Ende November, freuen wir uns auf diese Märkte. Dort gibt es kleine Weihnachtsgeschenke zu kaufen, zum Beispiel schöne Kerzen, Spielzeug aus Holz, Schmuck oder auch Christbaumschmuck für den Weihnachtsbaum. An anderen Ständen gibt es heiße Getränke. Wir trinken in dieser Zeit gerne Glühwein, das ist heißer Rotwein mit Gewürzen wie Zimt und Nelken gemischt. Wer keinen Alkohol trinken möchte, der trinkt Kinderpunsch – schmeckt eigentlich sogar besser.
Zu essen gibt es natürlich auch eine Menge – Bratwürste im Brötchen, Flammkuchen, Crêpes, Schoko-Früchte und Lebkuchen. Wenn ich das hier erzähle bekomme ich schon Hunger! Man kauft sich also etwas zu essen und zu trinken, steht gemütlich beisammen und freut sich auf Weihnachten. Viele Deutsche gehen auch mit ihren Kollegen aus der Arbeit auf den Weihnachtsmarkt. Oft gibt es hier auch ein Programm, zum Beispiel singen Chöre oder spielen Musikanten.
Seit einigen Jahren gibt es in der Vorweihnachtszeit auch Mittelaltermärkte. Hier in München ist ein sehr schöner Mittelaltermarkt. Dort sieht alles so aus, als wäre es im Mittelalter. Die Menschen tragen alte Gewänder, es gibt Honigmet zu trinken und natürlich sind auch die Darbietungen mittelalterlich.
Ich mag Weihnachtsmärkte sehr. Das einzige Problem ist, dass sie so schnell wieder vorbei sind. Gerade vor Weihnachten hat man so viel zu tun! Geschenke besorgen, Plätzchen backen, das Haus schmücken, Karten schreiben... Wenn ich das alles erledigt habe, sind die Weihnachtsmärkte meistens schon wieder vorbei. Denn sie enden an Weihnachten – danach ist Schluss. Schade. Ich würde mich freuen, wenn ich im langweiligen, grauen Januar noch einen Glühwein trinken könnte. Oder einen Kinderpunsch.
Wie ist das in Eurem Land – gibt es da Weihnachtsmärkte oder etwas ähnliches? Schreibt in die Kommentarfunktion. Ich freue mich über Post! Lernmaterial zu dieser Folge und alles nochmal normal schnell gesprochen gibt es einzeln zu kaufen auf slowgerman.com. Oder Ihr bestellt das Abo auf slowgerman.l......com – dann bekommt Ihr beides automatisch für zwei Dollar pro Monat dazu und unterstützt mich bei der Produktion dieses Podcasts. (Achtung, Änderung. Das Abo bekommt ihr inzwischen hier.) Feel free to subscribe to the Slow German Premium Podcast and help me to keep on producing this show! Bis bald, Eure Annik.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg91kurz.pdf
11/25/2014 • 4 minutes, 32 seconds
SG #090: Klassische Musik
Ich weiß nicht warum, aber im Winter höre ich gerne klassische Musik. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass mein Vater mir als Kind oft zur Weihnachtszeit den „Nussknacker“ vorgespielt hat und andere Werke von Tschaikowsky. Seitdem jedenfalls gehören Kälte und Schnee für mich zu Geige, Kontrabass und Klavier.
Und nachdem ich vor kurzem über den Deutschen Schlager gesprochen habe, dachte ich mir, es wird Zeit über klassische Musik zu sprechen. Denn es gibt natürlich viele Begriffe, die mit diesem Thema zusammenhängen und die für Euch interessant sein könnten!
Zunächst mal ist es natürlich am schönsten, wenn man klassische Musik in einem Konzert erlebt. Also vor Ort. Dort sieht man dann die einzelnen Musiker des Orchesters, man sieht die Instrumente und den Dirigenten, die Notenblätter und natürlich auch das Publikum, das immer in den unpassendsten Momenten hustet.
Aber auch zu Hause kann man klassische Musik genießen – bei einer schönen Tasse Tee zum Beispiel. Die Deutschen können sich freuen, dass sie so viele gute klassische Komponisten hervorgebracht haben, oder?
Da ist zum Beispiel Johann Sebastian Bach. Der Mann mit der Lockenperücke, der 1685 geboren wurde. Wenn ich an Bach denke, denke ich an schwere, düstere Orgelmusik. Natürlich schrieb er auch viele andere Werke, aber er lebte nunmal in der Zeit des Barock. Sehr festlich und auch sehr barock ist die Musik von Georg Friedrich Händel. Mich nervt das leider eher, aber hin und wieder höre ich gerne seine Feuerwerksmusik.
Ich mag Ludwig van Beethoven viel lieber als seine barocken Vorgänger. Sein Name klingt zwar niederländisch, aber er wurde in Bonn geboren und hatte deutsche Eltern – lediglich seine Vorfahren waren Flamen. Weltweit bekannt ist natürlich Beethovens 9. Sinfonie, 1824 vollendet und berühmt durch das furiose Ende – ein Chor singt die Worte von Friedrich Schiller: Freude, schöner Götterfunken. Diese Stelle wurde sogar zur Europahymne gemacht. Ebenfalls bekannt ist, dass Beethoven in den letzten Jahren seines Lebens taub war – er konnte nichts mehr hören. Dennoch komponierte er weiter.
Kennt Ihr Johannes Brahms? Er wurde 1833 in Hamburg geboren. Hört Euch mal seine ungarischen Tänze an, sie sind richtige Ohrwürmer! Als er sie schrieb, gab es aber mächtigen Ärger. Denn die Grundlage dieser Musik sind so genannte Zigeunerweisen, also Volksmelodien. Der politisch korrektere Begriff für Zigeuner wäre heute wahrscheinlich Sinti oder Roma – aber das ist ein anderes Thema. Jedenfalls behaupteten damals andere Komponisten auch, diese Stücke geschrieben zu haben. Also ein Urheberrechtsstreit, wie es ihn auch heute noch oft gibt.
Zwei Richards darf ich nicht vergessen: Richard Wagner und Richard Strauss. Richard Strauss wurde hier in München geboren, und zwar 1864. Hier wurde daher eine Straße nach ihm benannt. Die Nazis suchten sich die drei wichtigsten Musiker des Dritten Reiches aus: Hans Pfitzner, Wilhelm Furtwängler und – Richard Strauss. Dieser wird aber als apolitisch bezeichnet und wurde später nach dem Entnazifizierungsgesetz freigesprochen. Der andere Richard ist Richard Wagner, und der wird auch immer mit den Nazis in Verbindung gebracht. Der Komponist lebte zwar nur bis 1883, äußerte sich aber explizit gegen die Juden und kann als Antisemit bezeichnet werden. Hitler jedenfalls wurde zum Wagner-Fan. Die Wagner-Festspiele in Bayreuth existieren heute noch und ziehen alljährlich viele wichtige Politiker an, auch Kanzlerin Angela Merkel.
Einer noch, oder? Wie wäre es mit Felix Mendelssohn Bartholdy? Er starb 1847 mit nur 38 Jahren in Leipzig. Was, Ihr kennt ihn nicht? Natürlich, sein Name ist nicht so berühmt wie der von Bach oder Beethoven, aber seine Musik kennt Ihr, da bin ich sicher. Zum Beispiel seinen Hochzeitsmarsch, der immer gespielt wird, wenn eine Braut die Kirche betritt. Auch in Hollywoodfilmen.
Also: Hört Euch doch mal wieder ein paar klassische Stücke an, eine Sinfonie, einen Marsch,
11/11/2014 • 7 minutes, 20 seconds
SG #089: Die Bewerbung
Prabhu aus Indien hat mich gebeten, über die Bewerbung in Deutschland zu sprechen. Das ist gar nicht so einfach – aber ich werde es versuchen! Also – wie läuft eine Bewerbung in Deutschland ab? Zunächst einmal sucht man nach Stellenangeboten. Die gibt es im Internet und Zeitungen. Das sind Anzeigen, in denen Firmen nach neuen Mitarbeitern suchen. Es wird genau aufgeschrieben, welche Qualifikationen der Bewerber haben sollte. Was er also können muss. Welchen Studienabschluss er haben sollte oder welche Ausbildung. Welche Sprachkenntnisse er braucht für den Job. Oder auch welche Computerprogramme er beherrschen muss.
Auf so eine Stellenanzeige kann man sich dann bewerben. Früher war es üblich, sich schriftlich zu bewerben. Man stellte eine Bewerbungsmappe zusammen. Das war ein dünner Ordner aus Pappe, in dem man alle wichtigen Unterlagen abgeheftet hatte. Den eigenen Lebenslauf, Zeugnisse, Arbeitsproben und ein Foto von sich selbst.
Heute ist es in den meisten Branchen üblich, sich online zu bewerben. Man schickt also diese Unterlagen per E-Mail oder man bewirbt sich in einem speziellen Online-Bewerbungscenter der Firma. Dort kann man dann seine Daten eintragen und landet so automatisch im Computersystem der Firma, bei der man sich bewirbt. Praktisch, oder?
Wenn man Glück hat, wird man nach der schriftlichen Bewerbung zum so genannten Bewerbungsgespräch eingeladen. Wichtig ist bei so einem Gespräch zum einen, gepflegt und gut gekleidet aufzutreten. Das äußere Erscheinungsbild und der so genannte erste Eindruck sind wichtig. Zum anderen sollte man in so einem Gespräch zwar natürlich vor allem auf die positiven Seiten der eigenen Person hinweisen, aber auch nichts versprechen, was man nicht halten kann! Also: Ehrlich sein. Sonst wird man später keinen Spaß im Job haben – und der neue Arbeitgeber auch nicht.
Im Bewerbungsgespräch wird beispielsweise gerne gefragt, wo man sich in fünf oder zehn Jahren sieht, ob man also Zukunftspläne hat und ehrgeizig ist.
Manchmal gibt es auch so genannte Assessment Center, in denen Bewerber Aufgaben am Computer zu erfüllen haben, die wie Rätsel wirken. Anhand dieser „Rätsel“ soll herausgefunden werden, ob der Bewerber bestimmte Fähigkeiten besitzt, die für den Job wichtig sind.
Nach dem Bewerbungsgespräch ist üblicherweise Warten angesagt. Man wartet auf den Anruf, ob man den Job hat oder nicht. Wer Glück hat und in der neuen Firma anfangen darf zu arbeiten, unterschreibt zunächst einen Arbeitsvertrag. Wenn alle juristischen Aufgaben erledigt sind, beginnt die eigentliche Arbeit. Doch das bedeutet noch nicht, dass man jetzt für immer dort arbeitet – es gibt die so genannte Probezeit. In dieser Zeit – meist sind es drei Monate – können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer den Vertrag ganz einfach auflösen. Man probiert also aus, ob man zueinander passt.
Falls Ihr gerade einen Job sucht drücke ich Euch fest die Daumen, dass es klappt!
Das war's wieder für heute – Slow German ist sozusagen eine One-Woman-Show, ich mache diesen Podcast alleine. Daher freue ich mich über Eure Unterstützung! Wenn Ihr Lust habt, schaut Euch doch mal den neuen Premium Podcast von Slow German an. Wenn Ihr diesen abonniert, bekommt Ihr automatisch zur MP3-Datei auch eine Vokabelliste und Lernmaterial als PDF. Mehr dazu auf slowgerman.com.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg89kurz.pdf
10/28/2014 • 5 minutes, 33 seconds
SG #088: Der deutsche Schlager
Seit sieben Jahren mache ich diesen Podcast. Sieben Jahre lang habe ich mich um das Thema Fußball gedrückt, bis ich es endlich angepackt habe. Das andere Thema, das ich viele Jahre vor mir hergeschoben habe, ist der Deutsche Schlager. David aus Sacramento hat mich gebeten, darüber zu sprechen.
Was ist ein Schlager? Ein Schlager ist ein Lied. Ein deutsch gesungenes Lied, meistens ein Lied mit sehr leicht auswendig zu lernendem Text, den jeder mitsingen kann. Musikalisch sind diese Lieder auch nicht sehr anspruchsvoll – und in der Regel sind die Texte unkritisch. Meist sind es Liebeslieder.
Fangen wir in den 60er-Jahren an. Da fallen mir Namen ein wie Freddy Quinn, der mit tiefer Stimme seine Seemannslieder trällerte.
Oder Bill Ramsey, der Amerikaner, der mit starkem Akzent deutsche Lieder sang.
Oder die Dänin Gitte Haenning und ihr Ohrwurm „Ich will 'nen Cowboy als Mann“. Ich werde versuchen, Euch ein paar YouTube-Videos zu verlinken – schaut also auf slowgerman.com vorbei, dann hört Ihr die Lieder alle. Hier darf ich sie aus rechtlichen Gründen nicht spielen.
Irgendwie schienen die Deutschen in den 60er-Jahren es besonders schön zu finden, wenn Nicht-Deutsche Lieder gesungen haben und einen starken Akzent dabei hatten. Sehr beliebt war in Deutschland die Französin Mireille Mathieu, die Griechin Nana Mouskouri oder der Engländer Cliff Richard. Heute singen alle Deutschen gerne englische Lieder – andersrum wagt sich keiner mehr an deutsche Songs heran, oder?
Was kam danach? Danach kamen Roy Black und Drafi Deutscher. Roy Black war ein deutscher Schönling, Schauspieler und Sänger und bei den Frauen sehr beliebt. Drafi Deutscher war äußerlich eher das Gegenteil: Unscheinbar und nicht besonders attraktiv. Aber sein Song „Marmor, Stein und Eisen bricht (aber unsere Liebe nicht)“ wird heute noch bei jeder Party gespielt und alle singen mit!
Udo Jürgens dürfen wir hier natürlich nicht vergessen, ihn haben wir schon ausführlicher vorgestellt auf der Slow German-Seite.
Überspringen wir die Neue Deutsche Welle der 80er-Jahre, und kommen wir in die Gegenwart. Heute feiert die Schlagermusik eine interessante Renaissance. Während vor einem Jahrzehnt eher Senioren Schlager hörten, sind es heute auch die jungen Leute. Seit Jahren ist Andrea Berg ein Kassenschlager. Helene Fischer (auch sie haben wir schon vorgestellt) ist eine sehr attraktive junge Sängerin, die derzeit omnipräsent ist, also überall auftaucht. Sie ist sehr erfolgreich.
Und ein junger Österreicher in Lederhosen, Andreas Gabalier, füllt derzeit große Konzerthallen mit seiner Musik.
Was gibt es Gutes zu sagen zu Schlagermusik? Sie macht gute Laune, sie ist positiv und optimistisch. Trotzdem kann ich damit nichts anfangen. Sie ist mir zu seicht, zu oberflächlich, zu langweilig. Natürlich hat jedes Genre sein eigenes Strickmuster und vieles wiederholt sich – aber beim Schlager ist mir das alles zu einfach. Aber – es funktioniert. Die Menschen kaufen die Musik, gehen in die Konzerte – und das ist auch gut so.
Für Euch da draußen sind Schlager sicher eine gute Möglichkeit, um Deutsch zu lernen – denn in der Regel wird sehr deutlich gesungen und vieles wiederholt sich. Also: Hört Euch mal einige Lieder an und schreibt gerne in die Kommentarfunktion auf Slow German, was Ihr von deutscher Schlagermusik haltet!
Das war's wieder für heute – nochmal kurz der Hinweis, dass es jetzt auch einen Premium Podcast von Slow German gibt. Wenn Ihr diesen abonniert, bekommt Ihr automatisch zur MP3-Datei auch eine Vokabelliste und Lernmaterial als PDF. Mehr dazu auf slowgerman.com. Danke für Eure Unterstützung!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg88kurz.pdf
10/14/2014 • 5 minutes, 50 seconds
SG #087: Kinderliteratur
Jeden Abend lese ich meinem Sohn etwas vor. Das gehört dazu. Und es freut mich immer wieder, wie viele schöne Geschichten es für Kinder gibt. Einige davon möchte ich Euch heute vorstellen – vielleicht habt Ihr auch Lust, sie zu lesen? Ich habe deutsche Autoren und Geschichten für Euch ausgesucht.
Natürlich gibt es ganz neue Literatur für Kinder, aber ich möchte mit den Klassikern beginnen, mit den Büchern und Autoren, mit denen ich selbst aufgewachsen bin und die heute noch sehr beliebt sind. Ein großer deutscher Autor war Otfried Preußler (Amazon-Link). Er schrieb Geschichten wie „Das kleine Gespenst“ oder „Der Räuber Hotzenplotz“. Das sind freche Figuren, die man sofort ins Herz schließt.
Auch wichtig ist natürlich Ellis Kaut (Amazon-Link) – sie schuf eine Figur, die jedes deutsche Kind kennt: Den Pumuckl. Der Pumuckl ist ein Kobold, also ein kleines Wesen, das unsichtbar ist und ständig Scherze macht. Dieser Pumuckl bleibt bei einem Schreinermeister am Holzleim kleben – und wird für diesen sichtbar. Die vielen Abenteuer von Pumuckl und dem Meister Eder sind besonders deswegen beliebt, weil der Pumuckl mutig ist, frech und witzig. Es gibt den Pumuckl auch als Fernsehserie aus den 80er-Jahren und als Hörspiel.
In meiner Liste darf ich auch Erich Kästner (Amazon-Link) nicht vergessen. Er schrieb weltbekannte Bücher wie „Das doppelte Lottchen“, „Emil und die Detektive“ oder „Das fliegende Klassenzimmer“. Bücher voller Wortwitz und Klugheit.
Fantastische Geschichten – im wahrsten Sinne des Wortes – hat Michael Ende (Amazon-Link) geschrieben. Seine „Unendliche Geschichte“ ist poetisch und fast schon philosophisch zu sehen. Es geht um die Menschen, die keine Bücher mehr lesen und daher ihre Fantasie verlieren. In diesem Buch kommen märchenhafte Figuren vor wie ein Glücksdrache, ein Riese aus Stein und eine uralte Riesen-Schildkröte. Das Beste daran aber: Der Held der Geschichte ist ein kleiner, unscheinbarer Junge, der von den anderen Kindern gehänselt wird. Er rettet die Welt der Fantasie. Kurz gesagt. Aber lest lieber selbst! Michael Ende hat noch eine Figur erschaffen, die die deutschen Kinder lieben: Lukas, den Lokomotivführer. Zusammen mit Jim Knopf, einem kleinen Jungen mit schwarzer Hautfarbe, erlebt er viele Abenteuer auf der ganzen Welt.
Und dann sind da noch die Bücher von Janosch. Wie wunderbar! Die bekanntesten Figuren sind der kleine Tiger und der kleine Bär, die sich beispielsweise auf den Weg nach Panama machen nur um am Ende festzustellen, dass es zu Hause doch am schönsten ist.
Es gibt aber wie anfangs erwähnt auch moderne Kinderbücher, die sehr beliebt sind. Zum Beispiel die Bücher von Ingo Siegner über den Drachen Kokosnuss. Das ist ein kleiner, mutiger Feuerdrache, der mit seiner Freundin Mathilda, dem Stachelschwein zum Beispiel eine Rakete baut, um zum Mond zu fliegen.
Etwas sanfter geht Nele Moost ihre Geschichten vom kleinen Raben Socke (Amazon-Link) an. Der Rabe trägt immer eine rot-geringelte Socke und lernt, dass man nicht lügen soll, dass man mit anderen teilen soll und andere Lektionen.
Besonders schön finde ich für kleine Kinder die Bücher über die Kuh Lieselotte (Amazon-Link). Lieselotte ist eine Postkuh und sie erlebt kleine, unspektakuläre Geschichten. Diese sind aber mit so viel Liebe erzählt und vor allem so schön bebildert, dass sie wirklich Spaß machen.
Ich könnte noch ewig so weitermachen – unser Bücherschrank ist bis zum Rand voll! Aber ich fände es viel schöner, wenn Ihr in die Kommentarfunktion Eure Lieblings-Kinderbücher schreibt – ich bin gespannt auf Eure Vorschläge!
Das war's wieder für heute – nochmal kurz der Hinweis, dass es jetzt auch einen Premium Podcast von Slow German gibt. Wenn Ihr diesen abonniert, bekommt Ihr automatisch zur MP3-Datei auch eine Vokabelliste und Lernmaterial als PDF. Danke für Eure Unterstützung!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg87kurz.pdf
10/3/2014 • 5 minutes, 53 seconds
SG #086: Stolpersteine
Ich war dieses Jahr zwei Mal in Berlin. Ich mag die Stadt. Sie ist groß und doch klein, wenn Ihr versteht was ich meine. Berlin ist Deutschlands größte Stadt – aber sie ist in viele Stadtviertel unterteilt, die dann doch den Charme von einer Kleinstadt haben. Was ich Euch aber eigentlich erzählen möchte ist die Geschichte der Stolpersteine. Wenn Ihr in Berlin unterwegs seid und mal auf den Boden blickt, dann werdet Ihr sie schnell entdecken.
Stolpersteine sind golden glänzende Pflastersteine auf dem Gehweg. Der Gehweg ist der Streifen auf der Straße neben der Fahrbahn, auf dem sich die Fußgänger ungestört bewegen können. Aber das wisst Ihr sicher, oder? Wird auch Bürgersteig genannt, oder bei uns in Bayern gerne auch mal französisch „Trottoir“. Zurück zu den Stolpersteinen. Dahinter steckt ein Künstler namens Gunter Demnig. 1995 begann er mit der Aktion in Köln, danach kam Berlin dran. Die Behörden wurden zunächst nicht um Erlaubnis gebeten. Später schon.
Was steht auf den Stolpersteinen? Es sind die Namen von NS-Opfern. Verlegt vor den Häusern, in denen sie beispielsweise vor ihrer Deportation in Konzentrationslager lebten. Darunter meist das Geburtsdatum der Personen, das Datum ihrer Deportation und ihrer Ermordung in Konzentrationslagern. Einige haben den Freitod gewählt, wie man so schön sagt – sich also selber umgebracht. Es sind die Namen von Frauen, Männern und Kindern, von alten Menschen und jungen.
Finanziert wird das Projekt durch Spenden, denn immerhin kostet ein Stein mit Messingplatte rund 120 Euro. 48000 Steine wurden bislang in ganz Europa verlegt.
Hier in München ist die Verlegung auf öffentlichem Grund nicht erlaubt – daher gibt es nur einige Stolpersteine auf privaten Grundstücken. Im Internet kann man sich in Ruhe alle Stolpersteine ansehen und lesen, was über die erwähnten Personen bekannt ist. Es sind meist schreckliche Geschichten, die sich aus den wenigen Daten ablesen lassen. Daher finde ich diese Art des Gedenkens an den Holocaust viel wirksamer als ein riesiges Mahnmal wie jenes in Berlin, das gerade bröckelt. Denn man kommt um die Stolpersteine nicht herum – sie sind überall. Das zeigt, wie riesig das Ausmaß der Gräueltaten war. Es traf in jeder Straße jemanden, in vielen Häusern ganze Familien.
Stellt Euch die Straße vor, in der Ihr lebt – und blickt auf die Häuser dort. Seht Ihr das Haus an der Ecke? Da wäre vielleicht die ganze Familie abgeführt und ermordet worden. Die Bewohner des gelben Hauses weiter vorne auch. Und der Herr mit dem Hund, der immer zur gleichen Zeit spazieren ging. Schrecklich, oder?
Ich hoffe, Ihr lebt in friedlichen Zeiten und Ländern – wenn nicht, wünsche ich Euch viel Kraft und Energie und Gesundheit.
Damit möchte ich heute schließen und noch kurz auf eine Neuerung aufmerksam machen: Seit heute gibt es einen Premium Podcast von Slow German. Wenn Ihr diesen abonniert, bekommt Ihr automatisch zur MP3-Datei auch eine Vokabelliste und Lernmaterial als PDF. Mehr dazu auf slowgerman.com. Danke für Eure Unterstützung!
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9/18/2014 • 4 minutes, 51 seconds
SG Dialog #3: Im Supermarkt
Entschuldigung, wo sind denn hier die Tomaten?
Da vorne, in der Gemüseabteilung.
Da habe ich schon nachgeschaut, aber ich habe sie nicht gesehen.
Doch, sie sind vorne links, gleich am Eingang.
Danke, ich geh nochmal nachsehen. Ist denn momentan irgendwas im Angebot?
Wir haben frischen Spargel, da kostet das Pfund nur 5 Euro.
Oh, das klingt gut. Ist der Spargel denn aus Deutschland oder wurde er importiert?
Das ist deutscher Spargel. Bayerischer, um genau zu sein.
Schön, da nehme ich ein Pfund mit. Oder besser gleich zwei.
Sie haben wohl Hunger?
Und wie! Ich weiß, man sollte nicht hungrig einkaufen gehen, sonst kauft man noch mehr ein als man braucht.
Tja, mich würde es freuen. Kann ich Ihnen noch etwas anbieten?
Zum Spargel bräuchte ich noch Kartoffeln.
Die sind dort drüben, neben den Zwiebeln. Wir haben ganz junge, zarte Kartoffeln, die muss man nicht schälen.
Gut, dann ist der Abend also gerettet. Spargel mit Kartoffeln. Schinken hole ich noch hinten an der Fleischtheke. Und ein bisschen Butter als Sauce habe ich noch daheim.
Wie sieht's mit einer Nachspeise dazu aus?
Nachspeise? Was passt denn zu Spargel?
Natürlich der Klassiker: Erdbeeren. Frische Erdbeeren. Mit etwas Vanilleeis vielleicht.
Oh ja! Gute Idee. Und dann bräuchte ich noch etwas Weißwein zum Spargel. Ich habe sonst nur Leitungswasser daheim.
Stimmt, habe ich vergessen zu fragen... Sonst noch einen Wunsch?
Naja... Ich weiß nicht wie ich das jetzt sagen soll...
Was denn?
Ich hab ehrlich gesagt gar keine Lust, das schöne Essen alleine zu essen. Haben Sie nicht Lust, mitzuessen?
Na da sag ich nicht nein. Sehr gerne!
Dann bis später – sagen wir um 8? Ich schreib Ihnen meine Adresse auf...
Super. Bis dann!
Ciao!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sgdialog3.pdf
8/12/2014 • 3 minutes, 20 seconds
SG #085: Öko und Bio
Wenn Ihr in Deutschland einkaufen geht, werdet Ihr sehr oft das Wort „Bio“ sehen. Es ist derzeit im Trend. Es gibt ganze Abteilungen in Supermärkten, in denen alles „bio“ ist. Und nicht nur das: Es gibt ganze Supermärkte, in denen alles „bio“ ist. Es gibt kleine Aufkleber oder so genannte Siegel, die dem Käufer versichern, dass das Produkt wirklich aus ökologischem Anbau stammt. Was bedeutet das?
Es gibt eine gesetzliche Definition dafür, was in Europa ökologisch ist. Unter anderem gehört zu dieser Definition, dass die Produkte nicht gentechnisch verändert sein dürfen. Bei Mais ist das ja zum Beispiel ein Thema. Außerdem dürfen keine Pestizide, also Gifte zur Bekämpfung von Schädlingen, eingesetzt werden, ebensowenig wie Kunstdünger. Bei Fleisch geht es natürlich darum, dass die Tiere artgerecht gehalten werden sollen und weniger Antibiotika und Wachstumshormone bekommen. Achtet mal darauf, wenn Ihr in Deutschland einkauft – entweder steht „Bio“ drauf oder es ist eine kleine grüne Fahne abgebildet mit einem Blatt, das aus Sternchen besteht...
Viele Bio-Produkte sind teurer als die herkömmlich hergestellten Lebensmittel. Aber das nehmen einige Deutsche in Kauf, um gesünder zu leben. Ich kann Euch mal erzählen, wie ich das selber mache. Jeden Dienstag gehe ich ins Internet. Dort gibt es einen Service, der nennt sich Ökokiste. Das ist ein Online-Shop für ökologische Lebensmittel. Dort bestelle ich Brot, Joghurt, Milch, Käse, Wurst, Obst und Gemüse. Am Donnerstag stehen dann morgens bei mir vor der Tür große Kisten mit den bestellten Lebensmitteln. In der nächsten Woche kommen dann neue Kisten, und die alten werden wieder mitgenommen. So habe ich keinen Müll durch Plastiktüten. Praktisch, oder?
Ich achte beim Einkauf darauf, dass ich auch regionale Lebensmittel kaufe. Wenn ich Äpfel kaufen möchte, steht genau dabei, aus welchem Land sie kommen. Wenn es möglich ist, kaufe ich dann deutsche oder österreichische Äpfel, keine aus Neuseeland. Ich finde es wichtig, regionale Produkte zu kaufen. Damit unterstützt man die Bauern aus der eigenen Region.
Die Produkte, die es bei der Ökokiste nicht gibt, oder die mir dort schlicht zu teuer sind, kaufe ich dann im normalen Supermarkt ein. Dort schaue ich auch zuerst in die Bio-Abteilung, und erst wenn dort nichts ist, nehme ich ein „normales“ Produkt. Diese Woche ging es mir bei Himbeeren so – eine Schale mit 125 Gramm hat über 5 Euro gekostet! Das wollte ich nicht zahlen.
Mit dem Einkauf kann man die Welt verändern – das glaube ich und das glauben viele Deutsche. Aber es ist schwierig, immer das Richtige zu tun. Es gibt so viele Faktoren, auf die man achten muss! Ich möchte, dass die Tiere nicht gequält werden, also kaufe ich beispielsweise Bio-Eier, da werden die Tiere mit etwas mehr Platz auf dem Boden und draußen gehalten und nicht im Käfig wie in anderen Ländern. Jedes Ei hat einen Aufdruck – da kann man lesen, wo es herkommt und wie das Tier gehalten wurde. Ich kaufe nur Bio-Eier, also die Eier auf denen eine „0“ steht.
Dann geht es natürlich noch um Gifte oder Zusatzstoffe, die wir in unserem Essen nicht haben wollen. Und um die Arbeitsbedingungen für die Menschen, die unsere Lebensmittel herstellen. Auch bei Kleidung sollte man auf so etwas achten – aber das tun leider wenige Menschen. Was noch? Die Transportwege habe ich schon angesprochen, lieber Produkte aus der Region kaufen, die jetzt gerade Saison haben. Saison haben bedeutet, dass sie jetzt gerade auf dem Feld wachsen – und nicht im Gewächshaus geerntet wurden. Niemand braucht Erdbeeren im Dezember!
Und dann sollten wir alle viel weniger Fleisch essen – auch das ist ein Trend in Deutschland. Früher, also zu Zeiten meiner Großeltern, gab es nur einmal pro Woche Fleisch. Fleisch war wertvoll, es war etwas Besonderes. Mittlerweile ist es normal geworden, jeden Tag Fleisch zu essen. Aber das ist weder gesund noch gut für unsere Erde. Die Fleischherstellung braucht viel Wasser,
7/30/2014 • 7 minutes, 11 seconds
SG #084: Sophie Scholl und „Die weiße Rose“
Ich habe in Folge #043 von Slow German über Graf von Stauffenberg gesprochen. Er versuchte zwei Mal, Adolf Hitler zu töten – leider gelang es ihm nicht. Viele von Euch haben mich jetzt nach weiteren Geschichten über den deutschen Widerstand im Zweiten Weltkrieg gefragt, und hier in München denke ich da natürlich sofort an Sophie Scholl und die Gruppe „Die weiße Rose“. Ich werde Euch davon erzählen.
Es fing alles an mit zwei Freunden. Christoph Probst und Alexander Schmorell kannten sich schon aus der Schule. Sie fingen an, Medizin in München zu studieren – und lernten dort Willi Graf und Hans Scholl kennen. Die Schwester von Hans war Sophie Scholl – sie begann 1942 ebenfalls zu studieren, allerdings nicht Medizin, sondern Biologie und Philosophie. Die Studentengruppe traf sich um zu diskutieren, besuchte aber auch Vorlesungen zusammen.
Die Geschwister Scholl fanden den Nationalsozialismus am Anfang noch gut. Immerhin konnte man mit der Hitlerjugend gemeinsame Ausflüge machen, es wurde ein Gemeinschaftsgefühl geprägt. Doch je mehr sie sich mit Philosophen wie Kierkegaard oder den Schriften von Thomas von Aquin auseinandersetzten, desto kritischer wurden sie. Es ging ihnen um christliche Wertvorstellungen, die sie nicht mehr gewahrt sahen. Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit. Immer häufiger hörten sie von den Gräueltaten der Nazis. Von verschleppten behinderten Kindern, vertriebenen Juden, gequälten Strafgefangenen. Einige der jungen Männer waren an der Front in Polen und sahen das Elend im Warschauer Ghetto.
Sie begannen, Flugblätter zu schreiben. Flugblätter sind bedruckte Papiere, die an die Menschen verteilt werden. In den Flugblättern riefen sie zu passivem Widerstand auf. Die ersten Flugblätter wurden anonym per Post verschickt, und zwar an Intellektuelle in Bayern. Später verteilten sie die Blätter in verschiedenen Städten.
Sie vernetzten sich mit anderen Widerstandsgruppen – ihre Flugblätter haben mittlerweile eine Auflage von bis zu 9000 Stück. Ihr müsst Euch das vorstellen – das war natürlich lange vor der Zeit, als jeder einen Drucker zu Hause stehen hatte! Stellt euch vor, damals hätte es schon Facebook gegeben und Twitter – wie viel einfacher hätten es die Geschwister Scholl gehabt!
Die Gruppe, die sich „Die weiße Rose“ nannte, wurde immer aktiver. Die Studenten zogen nachts los und malten auf Hausfassaden Sprüche wie „Nieder mit Hitler“. Dann schrieb Professor Kurt Hubert, ein Mentor der Studenten, den Text für ein weiteres Flugblatt. Natürlich gegen Hitler. Als die Freunde es im Hauptgebäude ihrer Universität verteilten, wurden sie vom Hausmeister erwischt und an die Gestapo übergeben. Vier Tage später wurden sie zum Tode verurteilt und hingerichtet. Wenig später wurden weitere Mitglieder der Widerstandsgruppe vor Gericht gestellt, viele inhaftiert, einige zum Tode verurteilt.
Aber der Kampf gegen die Nazis ging weiter. Es wurden weiterhin Flugblätter verteilt, unter anderem auch in Hamburg. Das letzte, sechste Flugblatt, wurde 1943 sogar von britischen Kampfflugzeugen über Deutschland abgeworfen. Und zwar hunderttausende Kopien.
Sophie Scholl starb im Alter von 21 Jahren. Zum Glück hat es sie und ihre Freunde und ihren Bruder gegeben. Ich freue mich, dass es während der Nazizeit solche Menschen gab. Leider zu wenige. Besonders hier in München sind die Geschwister Scholl nicht vergessen. Der Platz vor der Universität wurde nach ihnen benannt, das Politikinstitut an dem ich studiert habe heißt „Geschwister Scholl Institut“, es gibt in der Uni eine Gedenkstätte mit einem kleinen Museum, und im Justizpalast wurde der Gerichtssaal, in dem die Mitglieder verurteilt wurden, ebenfalls zur Gedenkstätte gemacht.
Es gibt übrigens einen guten, wenn auch natürlich sehr traurigen, Film über diese Widerstandsgeschichte: Amazon.de, Amazon.com.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg84kurz.pdf
7/17/2014 • 6 minutes, 22 seconds
SG #083: Modernes Deutsch
Schulbücher haben einen Nachteil: Sie sind meist nicht neu. Was in ihnen steht ist zwar richtig, aber oft veraltet. Auch, wenn es um die Sprache geht. Wenn Ihr gerade Deutsch lernt, kann es sein, dass Ihr von der deutschen Sprache, wie wir sie gerade sprechen, nicht viel wisst. Fangen wir mit dem Handy an. Es ist natürlich bei Teenagern sehr wichtig – aber auch viele Erwachsene haben ständig ihr Mobiltelefon in der Hand. Was tun wir mit dem Handy? Wir surfen im Internet, wir telefonieren, wir mailen oder wir schreiben eine SMS. Das nennen wir kurz „simsen“. Wir laden uns Apps herunter.
Natürlich benutzen wir auch die sozialen Netzwerke – wir „facebooken“ oder „twittern“. Wir „skypen“ gerne und wir „googeln“ natürlich, wenn wir etwas im Internet suchen. Wenn wir etwas gefunden haben, das wir mögen, können wir es im Internet „herunterladen“, das Gegenteil ist das „hochladen“ von Dateien. Ich lege Dateien gerne in die Dropbox, oder ich lege sie auf meinen Server. Dann gebe ich jemandem den Link, ich maile ihm den Link, und er kann auf die Datei zugreifen. Viele Begriffe haben wir aus dem Englischen übernommen, zum Beispiel machen wir ein Backup von unseren wichtigen Daten auf einer externen Festplatte oder in der Cloud. Wir schließen unser Smartphone per USB-Kabel an, oder verbinden es über Bluetooth mit dem Computer. Dann sehen wir, ob das W-LAN funktioniert. Wenn es zu schwach ist, brauchen wir einen Repeater im Haus, der das Signal verstärkt. Erinnert Ihr Euch noch an die Denglisch-Folge von Slow German? Das hier ist gerade die Fortsetzung, glaube ich...
Mit meinem Laptop oder Notebook gehe ich ins Internet, wenn ich auf Reisen bin. Dann muss ich darauf achten, dass der Akku voll ist – sonst habe ich keinen Strom mehr. Wenn der Akku leer ist, muss ich das Netzteil dabei haben und es in eine Steckdose stecken. So kann ich den Akku wieder aufladen. Das gilt natürlich auch für mein Handy. Es ist ständig leer.
Damit meine Kollegen auch auf wichtige Daten zugreifen können, müssen die Zugangsdaten stimmen. Die Zugangsdaten setzen sich zusammen aus Benutzername und Passwort. Wenn beides stimmt, kann sich mein Kollege „einloggen“ - auch englisch, wie Ihr merkt. Wichtig ist uns in Deutschland der Datenschutz und unsere Privatsphäre in sozialen Netzwerken. Viele von uns wollen, dass unsere Daten im Internet verschlüsselt sind und sie so nicht von Fremden gelesen werden können. Es war ein großer Skandal als bekannt wurde, dass das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel von der amerikanischen NSA abgehört wurde.
Natürlich müssen auch wir uns oft ärgern – zum Beispiel über Spam. Auch hier haben wir das englische Wort übernommen. Es nervt, wenn wir unsere Mails abrufen und die Hälfte davon ist Spam! Wenn wichtige E-Mails kommen, können wir diese ausdrucken – aber das ist nicht gut für die Umwelt, wie wir wissen. Deswegen versuchen wir gerne, ein so genanntes papierloses Büro zu haben – Dokumente die per Post kommen, werden eingescannt und liegen dann als digitale Kopie vor. Das Original wandert in den Aktenvernichter. Das ist eine Maschine, die das Papier zerschneidet, damit es nicht mehr gelesen werden kann. Fallen Euch noch weitere moderne deutsche Begriffe ein oder habt Ihr Fragen? Dann geht auf Slowgerman.com und schreibt in die Kommentarfunktion. Dort gibt es auch wie immer Premium Content: Lernmaterial zu dieser Folge und die normal schnell gesprochene Episode. Bis zum nächsten Mal! Eure Annik.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg83kurz.pdf
6/24/2014 • 6 minutes, 18 seconds
SG #082: Angela Merkel
Es wird Zeit, dass wir über Angela Merkel sprechen. Sie ist seit 2005 die deutsche Bundeskanzlerin. Geboren wurde sie 1954 in Hamburg, ihr Vater war Theologe, ihre Mutter Lehrerin. Mit dem Baby zogen die Eltern in die damalige DDR – dort wuchs Angela Merkel also auf. Sie studierte in Leipzig Physik und heiratete 1977, also mit 23 Jahren, einen Physikstudenten. Er hieß Merkel. Fünf Jahre später waren sie wieder geschieden – aber den Namen trägt sie bis heute. 1984, also mit 30 Jahren, lernte sie Joachim Sauer kennen, den sie 15 Jahre später heiratete und mit dem sie auch heute noch zusammen ist. Er ist Quantenchemiker.
Aber weiter zum beruflichen Werdegang unserer Kanzlerin: 1986 bekam sie ihren Doktortitel. Politisch engagierte sie sich einige Jahre später beim neu gegründeten „Demokratischen Aufbruch“. Nach der Wende fusionierte diese Partei mit der westdeutschen CDU. Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde sie Ministerialrätin im Bundespresse- und Informationsamt. Ihre politische Karriere begann. Im Dezember wurde sie Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Dann ging es schnell weiter: Sie wurde Bundesministerin für Frauen und Jugend. Bundeskanzler Helmut Kohl hatte sie nominiert. Er protegierte sie, und noch heute wird Angela Merkel gerne als „Kohls Mädchen“ bezeichnet. 1994 wurde Merkel Bundesumweltministerin, 1998 CDU-Generalsekretärin, zwei Jahre später CDU-Vorsitzende. 2005 wurde sie dann zur Kanzlerin gewählt. Damit war sie die erste Frau in diesem Amt, und die jüngste in diesem Amt – sie war 51 Jahre alt, als sie Kanzlerin wurde. Außerdem war sie auch die erste Naturwissenschaftlerin in diesem Amt und die erste Person aus den so genannten neuen Bundesländern, also aus Ost-Deutschland.
Seither ist Angela Merkel also unsere Bundeskanzlerin. Sie tritt meist in einer Art Uniform auf: Schwarze Hose und buntes Sakko, dazu auffällige Halsketten. Sie ist eine mächtige Politikerin, die meist die einzige Frau unter vielen Männern ist. In Deutschland macht man sich gerne über sie lustig, beispielsweise über die so genannte Merkel-Raute: Angela Merkel legt in ihren Reden immer die Fingerspitzen beider Hände aneinander, so dass ihre Hände eine Raute formen. Kritisiert wird ebenso, dass Merkel nicht viel tut, dass sie versucht, möglichst unauffällig zu sein und sich dadurch „durchzumogeln“. Diese Strategie hat auch Helmut Kohl schon geholfen. Angela Merkel scheint ihr Handy sehr zu lieben, sie schickt viele SMSen und die Empörung war natürlich groß als bekannt wurde, dass ihr Mobiltelefon von der amerikanischen NSA abgehört wurde.
Seit 2006 steht Angela Merkel übrigens jede Woche vor der Kamera, um einen Videopodcast aufzuzeichnen. Im Moment wird sie sehr gelobt, weil sie im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine offene Worte gefunden hat und einer der wenigen Menschen ist, die durchaus auch kritisch mit Vladimir Putin sprechen. Übrigens spricht sie gut Russisch – ein Vorteil ihrer ostdeutschen Schulbildung.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg82kurz.pdf
6/10/2014 • 5 minutes, 59 seconds
At the hotel reception. Absolute Beginner #05
Time for a new absolute beginner episode! This time, we're going to a hotel, ok? Let's say, you arrive at the front desk of a hotel. What do you say? First of all, you say „Guten Tag“, or simply „Hallo!“. The receptionist will ask you something along the lines of „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“ meaning „How can I help you?“ and now it's your turn.
Usually you want to check into your room, right? So you say: „Ich habe ein Zimmer reserviert“, meaning: I have a reservation for a room. You can also tell them your name: „Mein Name ist Annik“. The receptionist will look for your name on her list and then say something like: „Ein Doppelzimmer für 3 Nächte?“ meaning „A double-rooom for 3 nights?“ and you can either answer: „Ja, genau“, or „Nein, das ist falsch“. What's wrong with the room? You can tell her you want it only for 2 nights. „Ich habe nur zwei Nächte gebucht“. I only booked two nights. Or you are travelling by yourself, in which case you don't need a double. „Ich brauche nur ein Einzelzimmer“.
She might give you a form to fill out and ask for your passport. „Bitte füllen Sie dieses Formular aus und dann bräuchte ich noch Ihren Pass oder Ausweis“. You can ask whether breakfast is included in the rate. „Ist das Frühstück inklusive?“ and the receptionist will either say „Nein, leider nicht“ or „Ja, natürlich!“. After all this is sorted out, the receptionist will give you directions to your room. Something like „Dort drüben ist der Aufzug. Ihr Zimmer ist im zweiten Stock auf der linken Seite“. You take the elevator to the second floor and your room is on the left. She will then wish you a nice stay „Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt“. Of course you reply: „Danke!“.
Let's say you checked into your room and notice somebody smoked in there. Then you call reception or go down and say: „Mein Zimmer ist ein Raucherzimmer.“ or „In meinem Zimmer riecht es nach Rauch“, meaning it smells of smoke. If you want another room, say „Ich möchte ein anderes Zimmer, bitte“. You can ask all sorts of things from the receptionist. Like: „Ich brauche frische Handtücher, bitte“, if you need fresh towels. Or you can ask for directions to the nearest restaurant: „Wo ist hier in der Nähe ein gutes Restaurant?“. You can ask them to call a cab for you: „Könnten Sie mir bitte ein Taxi rufen?“ or ask where the nearest public transportation is: „Gibt es hier in der Nähe eine Bushaltestelle oder eine U-Bahn-Station?“.
On the day you're leaving, you can ask them to store your luggage for you. „Kann ich mein Gepäck hier lassen?“ And finally you can say goodbye and tell them you enjoyed your stay: „Vielen Dank, es hat uns hier sehr gut gefallen!“ Well, I now wish you „Gute Reise!“ which means have a good trip.
6/3/2014 • 6 minutes, 21 seconds
SG Dialog #2: Das Wetter
Das ist ja mal wieder typisches Aprilwetter!
Wieso, was meinst Du?
Na gestern habe ich gefroren, obwohl ich einen dicken Pulli anhatte. Und heute schwitze ich.
Du hast ja auch eine Winterjacke an! Zieh sie doch einfach aus.
Hast ja recht. Aber mich nervt dieses Wetter trotzdem.
Warum? Ärgere Dich doch nicht über Dinge, die man nicht ändern kann.
Ich könnte es ändern. Ich könnte nach Kalifornien ziehen.
Aber das wäre doch langweilig. Immer nur schönes Wetter ist langweilig.
Stimmt. Ich glaube ich würde den Winter vermissen.
Schnee ist schon was Schönes, oder?
Absolut! Aber diesen Winter hat es hier nur zwei Mal geschneit. So etwas habe ich noch nie erlebt.
Oh, schau mal, jetzt regnet es wieder.
Ich sag doch: Aprilwetter! Ist aber irgendwie ganz gemütlich. Zum Glück sind wir hier drin und müssen nicht raus.
Vielleicht sehen wir ja noch einen Regenbogen, das wär doch super!
Ich hab schon lange keinen Regenbogen mehr gesehen.
Unsere Chancen stehen nicht schlecht. Da hinten reißt die Wolkendecke auf.
Ja, die Sonne scheint wieder! Aber kein Regenbogen in Sicht.
Ich glaube diese Regenlücke sollten wir nutzen und schnell rübersausen in das Café an der Ecke. Was meinst Du?
Alles klar. Und dann kaufe ich mir noch schnell bei der Drogerie einen Regenschirm, ich glaube das ist eine gute Investition...
Wenn das so weitergeht in den nächsten Tagen auf jeden Fall. Hast Du den Wetterbericht gehört?
Ich hab ihn sogar gesehen! Kam im Fernsehen. Angeblich steigen die Temperaturen die nächsten Tage über und es wird wieder schöner.
Na das klingt doch gut. Dann spar Dir die paar Euro für den Regenschirm lieber und wir essen von dem Geld ein Eis, wenn es wärmer wird.
Abgemacht! Jetzt aber los.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sgdialog2.pdf
5/27/2014 • 3 minutes, 18 seconds
SG #081: Der Dialekt
Wer die deutsche Sprache lernt, der lernt das so genannte Hochdeutsch. Dieses Hochdeutsch wird in ganz Deutschland verstanden. Es wird auch Standarddeutsch genannt. Ich mag den Begriff Hochdeutsch nicht, da man dann vermutet, Hochdeutsch sei höher, also besser, als andere Sprachvarianten. Dabei handelt es sich bei dem Begriff Hochdeutsch eigentlich eher um eine geografische Einordnung: Hochdeutsch spricht man in Mitteldeutschland, im Gegensatz zu Niederdeutsch im Norden.
Ihr merkt schon – hier geht es vor allem um die Aussprache. Das angeblich reinste Hochdeutsch spricht man in Hannover. Das bedeutet, dass man in Hannover fast so spricht, wie man auch schreibt. Genau so ist Hochdeutsch auch entstanden. Früher sprach jeder so, wie er wollte. Und als dann mehr Menschen anfingen zu schreiben, musste man sich früher oder später auf eine gemeinsame Schriftsprache einigen – sonst hätte niemand mehr etwas verstanden. Ein heute noch wichtiges Buch ist daher der Duden – benannt nach Konrad Duden. Er gab 1880 das „Orthographische Wörterbuch der deutschen Sprache“ heraus. Dieses Buch wurde sozusagen zur Rechtschreib-Bibel der Ämter. Alle öffentlichen Ämter sollten sich daran halten. Und so verbreitete sich das Hochdeutsch.
Wir wollen uns heute aber mal um die Dialekte kümmern. In jeder Region Deutschlands wird ein anderer Dialekt gesprochen. Hier in München, das liegt in Bayern, wird Bairisch gesprochen. Das hört sich so an:
Bairisch ist ein Dialekt, der sehr schwer verständlich ist für jemanden, der gerade Deutsch lernt. Ihr könnt mal versuchen, Musik von bayerischen Bands und Musikern anzuhören, beispielsweise von den Sportfreunden Stiller, von Django 3000 oder von Konstantin Wecker. Sie habe ich alle schon auf slowgerman.com vorgestellt – mit Links zu ihrer Musik. Versteht Ihr, was da gesungen wird?
Wenn nicht, seid bitte nicht frustriert. Auch Menschen aus Norddeutschland verstehen es nicht. Denn die Dialekte sind in Deutschland manchmal wirklich weit vom so genannten Hochdeutschen entfernt. Das heißt: Nicht nur die Aussprache ist anders, sondern auch die Wörter. Und wenn man die nicht kennt, versteht man nichts. Auch der Satzbau ist oft ganz anders. Eigentlich ist ein Dialekt fast schon eine andere Sprache, findet Ihr nicht? In Bayern sagt man beispielsweise „dahoam“ und nicht „daheim“. Und der Dreck oder Schlamm ist der „Baz“.
Manche sagen zu Dialekt übrigens auch Mundart, das ist das deutsche Wort für Dialekt. Das Bayerische hatten wir schon – es gibt aber noch viele andere Dialekte. Sächsisch wird zum Beispiel in Sachsen gesprochen, Hessisch in Hessen, und Schwäbisch in Baden-Württemberg. Besser gesagt: In Teilen von Baden-Württemberg. Denn in manchen Bundesländern gibt es gleich mehrere Dialekte. In Baden-Württemberg gibt es Schwäbisch und Badisch. Wir hören uns mal an, wie Schwäbisch klingt:
Manche Dialekte klingen sehr tief, sehr kehlig. Sie verschlucken oft Buchstaben oder ganze Silben, lassen diese also weg. Andere Dialekte betonen manche Buchstaben extrem. Oder – wie im Fränkischen – sprechen alles sehr weich aus. Da wird aus dem T ein D und aus dem P ein B. Im Süden wird zudem das R gerollt, im Norden eher nicht.
In Deutschland sind manche Dialekte als sympathisch eingestuft, andere als unsympathisch. Bayerisch wird oft gerne als bäuerlich gesehen, also als nicht intellektuell, nicht klug. Das ist natürlich gemein, denn in Bayern gibt es sicherlich nicht weniger kluge Menschen als in anderen Teilen Deutschlands. Ich selber mag den sächsischen Dialekt überhaupt nicht, den schwäbischen dafür sehr gerne. Das hängt oft auch einfach von den Leuten ab, die man kennt – oder von den Regionen selber. Wer gerne in Stuttgart Urlaub macht, der mag sicher auch den dort gesprochenen Dialekt.
Einen letzten Dialekt habe ich noch für Euch: Westpfälzisch. Denn, wie Ihr hier schon merkt – es gibt nicht nur Dialekte, sondern jeder Dialekt hat dann auch nochmal kleine Unterschiede.
5/20/2014 • 7 minutes, 50 seconds
SG #080: Der 1. Mai und der Maibaum
Heute ist der 1. Mai. In Deutschland ist der 1. Mai ein gesetzlicher Feiertag – die Geschäfte bleiben geschlossen, die meisten Menschen müssen nicht zur Arbeit. Warum dieser Tag ein Feiertag ist? Es ist der Tag der Arbeit, wie in vielen anderen Ländern auch.
Die Geschichte dieses Tages ist alt: Am 1. Mai 1856 gab es in Australien Massendemonstrationen. Die Menschen forderten den Achtstundentag. Also dass sie pro Tag nur noch acht Stunden arbeiten wollten. Zwölf Stunden Arbeit pro Tag waren damals normal. 1886 gab es wegen des gleichen Themas einen Streik in den USA, auf dem Haymarket in Chicago. Demonstranten und Polizei kämpften gegeneinander, die Gewalt eskalierte. Eine Bombe tötete sieben Polizisten – anschließend wurden bei Kämpfen 200 Arbeiter verletzt und einige getötet. Drei Jahre später wurde der 1. Mai als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ ausgerufen, um der Opfer zu gedenken.
Wie sieht nun der 1. Mai in Deutschland aus? In Berlin, genauer gesagt im Stadtteil Kreuzberg, gibt es Straßenfeste und Demonstrationen. Oft kommt es dort zu Ausschreitungen und zu Gewalt.
Die Nacht zum ersten Mai, also die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai, wird Walpurgisnacht genannt. Walburga war eine Heilige aus England. Bei der Walpurgisnacht denkt man aber nicht an eine Heilige, sondern an Hexen: Angeblich feiern die Hexen in dieser Nacht ein Fest auf Bergen und Hügeln, vor allem auf dem Blocksberg, der eigentlich Brocken heißt und im Harz-Gebirge liegt. In der Mainacht werden große Maifeuer entfacht, um die bösen Geister zu vertreiben. Dazu gibt es dann ein großes Fest, den „Tanz in den Mai“. Die Mainacht ist für junge Männer auch die Zeit, in der sie losziehen um Streiche zu spielen: Sie wickeln Klopapier um Autospiegel oder bewerfen Häuser und Autos mit Eiern und sprühen sie mit Rasierschaum ein.
Hier in Bayern werden am 1. Mai die Maibäume aufgestellt. Fast jede Gemeinde und auch manche Stadtteile haben einen Maibaum. Das ist der Stamm eines hohen Baumes, dem die Äste entfernt werden. Dann wird er in Handarbeit über mehrere Wochen geschliffen und mit weiß-blauen Streifen bemalt. Am 1. Mai gibt es dann ein großes Fest, und der neue Baum wird in der Ortsmitte aufgestellt. Heutzutage geschieht dies meist durch einen Kran. Aber manche Gemeinden sind stolz darauf, den riesigen Baum auch heute noch per Hand aufzustellen – mit langen, zusammengebundenen Holzstangen. Das dauert ganz schön lange! Die Besucher sitzen solange zusammen, essen und trinken und tanzen zur Blasmusik. Der Maibaum gilt wahrscheinlich als Fruchtbarkeitssymbol – ganz genau weiß man das nicht. Aber immerhin haben schon die Wikinger am 1. Mai Bäume aufgestellt.
In manchen Regionen stellen junge Männer den Frauen, die sie lieben, einen kleinen geschmückten Maibaum heimlich in den Garten.
Es gibt übrigens noch einen Brauch, den ich in diesem Zusammenhang sehr lustig finde: Der Versuch, einen Maibaum zu stehlen. Alles beginnt damit, dass ein großer Baum in einem Schuppen oder einer Scheune aufgestellt wird. Dann wird er dort bearbeitet und zum prächtig geschmückten Maibaum. In dieser Zeit versuchen Gruppen aus den umliegenden Gemeinden, den Baum zu stehlen. Wenn sie es schaffen, müssen die Maibaumbesitzer meist Bier und Essen bezahlen, um ihren Baum wiederzubekommen. Und dann wird gemeinsam gefeiert – mit den Dieben. Damit der Baum also nicht geklaut werden kann, bewachen ihn die Menschen bei der so genannten Maibaumwache. Sie sitzen also die ganze Nacht bei ihrem Maibaum, damit er nicht gestohlen wird. Und dennoch schaffen es schlaue Gruppen immer wieder, den riesigen Baum zu klauen!
Ich wünsche euch jetzt einen schönen 1. Mai – und gehe erstmal zu einer schönen Maifeier. Bis zum nächsten Mal! Eure Annik
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg80kurz.pdf
5/1/2014 • 7 minutes, 2 seconds
SG #079: Fußball
Slow German existiert seit 2007. Seit sieben Jahren also drücke ich mich vor diesem Thema. Aber jetzt muss ich es machen: Ich muss Euch über Fußball in Deutschland erzählen. Denn Fußball ist der wichtigste Sport der Deutschen – und deswegen darf ich ihn hier nicht länger ignorieren. Auch wenn mich persönlich dieses Hobby überhaupt nicht interessiert. Aber egal. Bitte schön:
Worum geht es beim Fußball? Zunächst einmal spielen zwei Mannschaften gegeneinander. Jede Mannschaft hat 11 Spieler. Zehn davon sind sogenannte Feldspieler, einer ist der Torwart. Der Ball darf nur mit dem Fuß oder dem Kopf berührt werden, nicht mit den Händen. Dann wird gespielt – 45 Minuten lang. Nach einer kurzen Pause geht es weiter – nochmal 45 Minuten lang. Das nennt man Halbzeit. Die erste Halbzeit und die zweite Halbzeit. Gespielt wird meistens auf grünem Rasen, auf einem rechteckigen Spielfeld mit zwei Toren an den kürzeren Seiten des Spielfelds. Tja, und das Ziel dieses Spiels? Einen Ball in das gegnerische Tor zu treten oder zu köpfen. Klingt doch eigentlich ganz simpel, oder? Ist es aber nicht, weil natürlich der Torwart und alle anderen Spieler der gegnerischen Mannschaft versuchen, das zu verhindern. Gewonnen hat die Mannschaft, die am meisten Tore geschossen hat. Wenn beide gleich viele Tore schießen, heißt das Unentschieden. Der Torwart darf den Ball übrigens mit den Händen berühren.
Jetzt erstmal zur Geschichte. Fußball ist kein deutsches Spiel. Erfunden wurde es in Großbritannien. Und zwar vor ungefähr 150 Jahren. Damals haben Studenten der Universität Cambridge sich Regeln ausgedacht für den Fußball, den es natürlich schon viel länger gab. Dann hat sich das Spiel verbreitet – und kam auch nach Deutschland, und zwar 1874. Ein Lehrer brachte das Spiel an eine Schule. Im gleichen Jahr wurde von Engländern der „Dresden English Football Club“ gegründet. Im Jahr 1900 wurde es dann typisch Deutsch: Der Deutsche Fußball-Bund DFB wurde gegründet. 1908 wurde Fußball olympische Disziplin. 1930 gab es die erste Fußball-Weltmeisterschaft. Seit 50 Jahren gibt es in Deutschland die Fußball-Bundesliga. In jeder Saison muss jeder Verein gegen jeden anderen Verein der Liga antreten – und daraus ergibt sich, wer am Besten spielt. Die schlechtesten zwei Mannschaften steigen in die Zweite Bundesliga ab. Beste Mannschaft ist derzeit der FC Bayern München. Vorher war es Borussia Dortmund.
Rund um den Fußball gibt es viele Begriffe, die man nicht sofort versteht. Da ist der Strafraum – das ist der Bereich vor dem Tor. Er ist mit Linien eingezeichnet. Hier gelten andere Regeln als im Rest des Fußballfeldes. Dann gibt es die gelbe und rote Karte – der Schiedsrichter, der also aufpasst, dass sich alle an die Regeln halten, kann diese als Strafe vergeben. Als Ermahnung für Fehlverhalten gibt es die gelbe Karte, und die rote Karte bedeutet, dass der Spieler das Spielfeld verlassen muss. Das nennt man Platzverweis. Und dann gibt es noch das „Abseits“ - aber das erkläre ich hier nicht. Wenn in Deutschland die Männer den Frauen zeigen wollen, dass diese Fußball nicht verstehen, fragen sie immer nach der Abseitsregel. Das ist mir hier zu gefährlich. Und ehrlich gesagt auch zu egal...
Nicht egal ist Fußball aber den zahlreichen Fans. Schon viele kleine Kinder, meistens Jungs, sind begeisterte Fußballfans. Sie kaufen sich die Trikots ihrer Stars, gehen natürlich selber in den Fußballverein und am Samstag ins Stadion. Das größte Stadion in Deutschland ist der Signal Iduna Park in Dortmund, da passen über 80.000 Menschen rein. Viele Fans haben eine Dauerkarte, gehen also die ganze Saison lang zu jedem Spiel. Sie hängen sich Schals um den Hals und kleiden sich in den Farben ihrer Mannschaft. Es gibt bestimmte Fan-Gesänge, und die Stimmung im Stadion ist wie bei einem Fest. Natürlich gibt es auch Schattenseiten, Ihr kennt sicher das Phänomen der Hooligans – aber das ist ein anderes Thema. Wir wollen heute den Sport und die Freude an diesem Hobby in den Mittelpun...
4/1/2014 • 9 minutes, 8 seconds
SG Dialog #1: Im Café
Heute gibt es mal eine andere Art von Slow German - einen Dialog. Bitte schreibt in die Kommentarfunktion, ob solche Dialoge für Euch nützlich sind! Es ist ein Experiment.
Hallo!
Hallo!
Na, wie geht’s?
Ach, ganz gut. Ich hab Halsweh. Hoffentlich werde ich nicht krank.
Oh, das tut mir leid. Na dann gute Besserung. Setz Dich doch erstmal.
Danke. Bist Du schon lange hier?
Nein, eben erst gekommen. Hab zum Glück gleich einen Parkplatz gefunden.
Glück gehabt. Hast Du schon bestellt?
Nein, die Kellnerin ist noch nicht aufgetaucht.
Ok. Und, was gibt’s Neues?
Nicht viel. Aber ich war im Kino. Vorgestern.
Was hast Du Dir angeschaut?
Den Neuen von den Coen-Brüdern.
Von dem hab ich noch gar nichts gehört.
Solltest Du Dir anschauen! Ist wirklich ein schöner Film.
Danke für den Tipp! Ich muss aber erst noch mein Buch zu Ende lesen, das ist gerade so spannend, dass ich gar keine Lust habe, etwas anderes zu machen.
Wirklich? Das klingt gut! Kenn ich den Autor?
Glaube ich nicht. Das ist ein ganz unbekannter japanischer Schriftsteller.
Und wie bist Du auf das Buch gekommen?
Das hat mir eine Kollegin empfohlen.
Praktisch, wenn man solche Kolleginnen hat. Wie ist es bei Dir gerade in der Arbeit?
Eigentlich ziemlich ruhig. Nicht viel los. Der Chef ist im Urlaub, und wir können mehr oder weniger machen, was wir wollen.
Soso...
Naja, ganz so ist es natürlich nicht. Ich mache schon die wichtigsten Sachen. Aber ich lasse mich halt nicht stressen.
Hast Recht. Sollen wir mal was bestellen? Da hinten ist die Kellnerin.
Ja, klar. Wink ihr mal.
Entschuldigung? Guten Tag! Wir hätten gerne zwei Kännchen Milchkaffee, bitte. Und ich hätte gerne ein Stück Himbeerkuchen dazu,
Oh ja, ich auch. Danke schön!
Warst Du eigentlich schonmal in diesem neuen Café da vorne an der Ecke?
Nein, ist da ein neues Café? Ist mir gar nicht aufgefallen.
Doch, das hat erst vor ein paar Wochen aufgemacht.
Und, lohnt es sich?
Ich finde schon, die haben selbstgebackene Kuchen und die Bedienung war wirklich sehr freundlich, als ich dort war.
Klingt gut. Wir können uns ja nächstes Mal dort treffen.
Warum nicht?
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sgdialog1.pdf
3/25/2014 • 5 minutes, 50 seconds
SG #078: Fasching oder Karneval
Ludo aus Belgien hat mich daran erinnert, dass ich noch keine Folge zum Thema Karneval gemacht habe. Also wird es höchste Zeit!
Erstmal zum Begriff Karneval: Hier in Bayern sagen wir Fasching dazu, in Baden-Württemberg Fastnacht. Und dieser Begriff sagt am Besten, worum es geht: Um die Zeit vor der Fastenzeit. Diese beginnt am Aschermittwoch, und die Fastenzeit ist vor allem in katholisch geprägten Gegenden nach wie vor wichtig.
Während also in der Fastenzeit um Entbehrungen geht, während wir in dieser Zeit weniger oder gar nichts essen sollten oder auf bestimmte Genüsse verzichten sollten, geht es in der Zeit davor um ausgelassenes Feiern.
Die Menschen verkleiden sich. In Städten wie Köln gibt es riesige Karnevalsumzüge – dann ziehen die verkleideten Menschen mit Musikkapellen und riesigen Wagen durch die Stadt. Sie werfen Kamelle – also Bonbons – in die Menge und rufen „Alaaf!“. Andernorts ruft man „Helau!“. Die Karnevalshochburg Köln ist in dieser närrischen Zeit im Ausnahmezustand. Es wird gefeiert und getrunken, das normale Leben steht still.
Letztes Jahr war ich in Konstanz am Bodensee – dort wird die alemannische Fasnacht gefeiert. Es hat mir sehr gut gefallen. Es war traditioneller als in Köln. Die Menschen haben alte und sehr wertvolle Kostüme und Masken getragen, die so genannte Guggemusik war überall zu hören – das müsst Ihr Euch bei YouTube mal anschauen! Es war einfach wunderbar.
Auch im Fernsehen wird man vom Fasching nicht verschont – die so genannten Prunksitzungen werden manchmal sogar live übertragen. Dort stehen erwachsene Menschen verkleidet am Mikrofon und erzählen Witze. Ich finde das ehrlich gesagt überhaupt nicht lustig. Es gibt übrigens viele Vereine, die sich mit dem Fasching oder Karneval beschäftigen. Und diese Vereine wählen dann auch gerne ein Prinzenpaar – also einen Faschingsprinzen und eine Faschingsprinzessin – die dann für kurze Zeit die Stadt „regieren“.
Was passiert an den einzelnen Tagen? Los geht’s am Donnerstag. Oder auch „schmutziger Donnerstag“ oder „unsinniger Donnerstag“ oder auch Weiberfastnacht. In Konstanz, wo ich aufgewachsen bin, zogen die Frauen durch die Büros, schnitten den Männern die Krawatten ab und holten sie aus der Arbeit. Nach dem Wochenende kommen dann noch Rosenmontag und Faschingsdienstag – bis der Aschermittwoch alles beendet.
Hier in München gibt es beispielsweise auf dem Viktualienmarkt, einem sehr großen Obst- und Gemüsemarkt mitten in der Altstadt, den „Tanz der Marktweiber“. Sonst bleibt München in der Faschingszeit eher ruhig. Und das finde ich auch gut so. Dass Fasching ist, merke ich vor allem beim Bäcker: In der Zeit vor dem Aschermittwoch gibt es überall Krapfen zu kaufen – also in Fett ausgebackene runde Kugeln, die mit Marmelade oder Creme gefüllt sind. In anderen Teilen Deutschlands heißen sie Berliner.
In diesem Sinne: Alaaf und Helau!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg78kurz.pdf
3/4/2014 • 5 minutes, 45 seconds
SG #077: Deutsche Serien und Filme
Cemal aus der Türkei hat mich gefragt, wie es in Deutschland mit Filmen und Serien aussieht. Das ist ein schwieriges Thema, weil es da natürlich sehr viel zu erzählen gibt!
Fangen wir mit den Filmen an. Es gibt eine sehr lebendige deutsche Filmszene. Ich werde Euch in nächster Zeit auch immer wieder deutsche Filme hier vorstellen. „Good Bye Lenin“ und „Das Leben der Anderen“ habe ich Euch ja schon vorgestellt.
Ich habe mal nachgesehen, welche deutschen Filme in den deutschen Kinos in den vergangenen 50 Jahren am meisten Besucher angelockt haben. Interessant fand ich, dass es sich fast ausschließlich um Komödien handelt. Der erfolgreichste deutsche Film aller Zeiten ist „Der Schuh des Manitu“. Das ist eine Parodie auf alte Westernfilme, vor allem auf die alten Karl May-Filme. Es geht also um Cowboys und Indianer. Wer diesen Film gemacht hat? Eine Truppe um den deutschen Comedian Michael „Bully“ Herbig. Das ist ein Münchner Regisseur, Drehbuchautor, Schauspieler und Comedian. Gemeinsam mit seinen Kumpels Christian Tramitz und Rick Kavanian hat er viele Filme und Fernsehsendungen gemacht – alle lustig. Auch der zweit-erfolgreichste Film aller Zeiten ist von diesem Trio: „(T)Raumschiff Surprise“. Wieder eine Parodie – diesmal wird „Raumschiff Enterprise“ auf die Schippe genommen.
https://youtu.be/W6pn_y6a98E
Noch einer hat es gleich zwei Mal in die Top Ten geschafft: Otto. Otto ist ein Komiker der älteren Generation – ihn kennt in Deutschland jedes Kind. Und das seit Generationen. Ganz neu in den Top Ten ist ein Film, der jetzt gerade noch in den Kinos läuft. Er heißt „Fack Ju Göhte“. Wieder eine Komödie. Darin geht es um Lehrer und Schüler. Der Star des Films ist ein Schauspieler namens Elyas M'Barek – er hat derzeit eine Menge Fans. Eine weitere wichtige Figur – ob man ihn mag oder nicht – ist Til Schweiger. Er wurde als Schauspieler mit dem Film „Der bewegte Mann“ berühmt. Mittlerweile macht er selber Filme, die viele Deutsche ins Kino locken. Beispielsweise „Keinohrhasen“. Natürlich auch wieder eine Komödie.
https://youtu.be/X0PCh31Rlcg
Til Schweiger ist neuerdings auch Kommissar in der Reihe „Tatort“. Der Tatort ist eine Krimi-Sendung, die fast jeden Sonntagabend im Fernsehen läuft. Und das seit 1970. Der Tatort ist Kult – er hat viele Fans. Diese treffen sich oft auch in Kneipen, um gemeinsam den Tatort zu sehen. Oder sie quatschen bei Twitter unter dem Hashtag #tatort. Jeden Sonntag ist ein anderes Team im Einsatz – aus einer anderen deutschen Stadt. Sehr beliebt ist der Tatort aus Münster – er ist eher lustig als spannend. Viele Kommissarenteams sind schon seit vielen Jahren im Einsatz. Das Team aus München beispielsweise hat schon über 60 Fälle gelöst.
https://www.youtube.com/watch?v=GPGgoT350hg
Krimis sehen die Deutschen ohnehin sehr gerne. Aber es gibt auch andere Serien, die seit vielen Jahren sehr beliebt sind. Die „Lindenstraße“ zum Beispiel. Das ist die erste deutsche Seifenoper – es gibt sie seit 1985. Jeden Sonntagabend kommt eine neue Folge – es geht um die Bewohner der Lindenstraße, wie der Titel schon sagt. Die Fernsehserie ist bekannt dafür, aktuelle Geschehnisse aus Deutschland in die Handlung einzubauen – oft ist sie sogar gesellschaftskritisch.
https://youtu.be/dO_vSVeV4NU
Die Hauptsendezeit ist in Deutschland um 20.15 Uhr. Dann kommen die großen Filme und so weiter. Um 20 Uhr kommt die Tagesschau, die Nachrichtensendung. Und vorher kommen die Vorabendserien. Da geht es um Landärzte, Förster oder Polizisten. Es gibt eine Serie, die ich Euch empfehlen kann, weil sie sehr schräg ist: „Der Tatortreiniger“. Es geht um Schrotty, einen Mann, der engagiert wird, wenn ein Mord passiert ist. Oder etwas ähnliches. Er wird dann gerufen, um zu putzen – und führt dabei gerne kuriose Gespräche mit den Nachbarn oder anderen Menschen in er Umgebung.
https://youtu.be/coghUoGnnI4
Ich persönlich sehe lieber amerikanische Serien als deutsche Serien. Aber wenn ich deutsche Serien sehe,
2/11/2014 • 8 minutes, 4 seconds
SG #076: Deutsche Marken
Irena aus Prag hat mich gebeten, über deutsche Marken zu sprechen. Und was fällt mir als Erstes ein? Schokolade natürlich. Milka und Ritter Sport. Milka ist die Schokolade mit der lila Kuh als Symbol. Und Ritter Sport sind kleine quadratische Schokoladentafeln. Gut, die Marke Milka an sich ist nicht deutsch – aber die Schokolade wird in Deutschland hergestellt. Und sie ist lecker.
Was gibt es noch für Marken? Über deutsche Automarken habe ich schon in Folge 74 gesprochen. Kommen wir zur Mode. Hugo Boss ist eine deutsche Marke, Joop ebenso und auch Karl Lagerfeld ist Deutscher. Man könnte also durchaus sagen, die Deutschen haben Geschmack, was Mode angeht, oder?
Auch wenn ich mich in meiner Küche umsehe, sehe ich deutsche Marken – oder zumindest Marken, die früher mal deutsch waren. Da ist die Spülmaschine von Siemens, die Waschmaschine von AEG, der Kühlschrank von Bosch.
Interessant finde ich vor allem, wenn Markennamen sich verselbständigen. Das bekannteste Beispiel ist die Marke Tempo. Tempo wurde 1929 in Nürnberg als Marke angemeldet – für ein Papier-Taschentuch. Heute sagt man gerne: „Hast Du ein Tempo für mich?“ - auch wenn es natürlich viele andere Marken gibt. Tempo ist also ein Wort geworden, das generell für Papiertaschentücher verwendet wird. Und das Wort Tesa steht für durchsichtigen Klebefilm. Ähnlich ist es mit dem Labello – das ist ein Fettstift für die Lippen. Und auch dieses Wort wird mittlerweile synonym für farblose Lippenstifte verwendet. Ach, und die Nivea-Creme kennt Ihr sicherlich auch, oder?
Lustig finde ich auch immer zu sehen, wie die Markennamen entstanden sind. Milka steht beispielsweise für Milch und Kakao. Mil-Ka. Oder Gummibärchen der Marke Haribo – Haribo steht für Hans Riegel, Bonn. Also die Firma, die die Gummibärchen herstellt. Genauso ist es bei den bekannten Sportartikeln von Adidas. Dahinter verbirgt sich der Name des Firmenchefs, Adolf Dassler. Kennt Ihr übrigens die Geschichte von Adi Dassler? Er hatte einen Bruder namens Rudolf. Und diese beiden Brüder haben sich so zerstritten, dass sie eigene Firmen gründeten, anstatt weiter zusammen zu arbeiten. Adolf war fortan der Chef von Adidas, Rudolf der von Puma. Und beide Schuhmarken kennt man auch heute noch.
Oft stehen einzelne Menschen hinter großen Marken. In Deutschland füttert man Kleinkinder zum Beispiel gerne mit Brei aus kleinen Gläschen. Sehr bekannt sind die Gläschen der Marke Hipp. Dahinter steckt das Familienunternehmen von Claus Hipp, der auch in der Fernsehwerbung noch auftaucht.
Eine Marke muss ich Euch noch mit auf den Weg geben: Steiff. Kennt Ihr die berühmten Steiff-Stofftiere? Sie sind zu erkennen an einem goldenen Knopf im Ohr, an dem ein gelber Zettel hängt. Steiff-Stofftiere sind sehr teuer, und früher mochte ich sie nicht, weil sie nicht besonders kuschelig waren. Aber noch heute ist diese Marke sehr bekannt und es gibt Menschen, die Steiff-Tiere sammeln.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg76kurz.pdf
1/28/2014 • 6 minutes, 16 seconds
SG #075: Der Nikolaus
Alex aus Kanada hat mich gebeten, über den Nikolaus zu sprechen. Ich kann gar nicht glauben, dass ich das noch nicht getan habe! Natürlich mache ich es gerne. Also:
In Deutschland kennt jedes Kind den Nikolaus. Allerdings gibt es zwei verschiedene Nikoläuse: Einen traditionellen und einen kommerziellen. Der kommerzielle Nikolaus sieht aus wie der amerikanische Santa Claus. Er hat einen roten Mantel mit weißem Rand, eine Mütze auf dem Kopf und einen weißen Bart. Der traditionelle Nikolaus sieht aus wie ein katholischer Bischof – denn beim Nikolaus geht es um eine alte Geschichte. Ich erzähle sie Euch kurz.
Nikolaus war der Bischof von Myra. Und zwar vor 1700 Jahren. Myra liegt in der heutigen Türkei. Damals hatten die Menschen dort Hunger. Es gab nicht genug zu Essen. Aber im Hafen lag ein Schiff mit Getreide für einen Kaiser. Der Bischof bat die Seeleute, einen Teil des Getreides an die hungernden Menschen zu geben. Er versprach ihnen, dass ihnen dadurch nichts schlechtes passieren würde. Die Seeleute gaben den Menschen also einen Teil des Korns. Und – welch ein Wunder – als das Schiff beim Kaiser ankam, fehlte nichts. Es gibt viele Legenden wie diese – schön, oder?
Bei uns jedenfalls ist der Namenstag des Nikolaus ein Feiertag für die Kinder. Sie stellen am Vorabend des Tages, also am 5. Dezember, abends ihre Stiefelchen vor die Türe. Am nächsten Morgen sind im Stiefel Nüsse, Orangen und Schokolade oder Lebkuchen. Mittlerweile sind auch manchmal Geschenke drin.
Ein anderer Brauch ist, dass am 5. Dezember der Nikolaus mit seinem Knecht Ruprecht von Haus zu Haus geht und die Kinder besucht. Er weiß, welche Kinder brav waren und welche nicht. Das steht in seinem goldenen Buch. Die braven Kinder bekommen Geschenke, die bösen Kinder werden vom Knecht Ruprecht geschimpft – früher wohl auch mit einer Rute verprügelt. Heute läuft das so ab, dass Eltern beispielsweise einen Studenten engagieren, der dann als Nikolaus verkleidet nach Hause kommt und den Kindern eine kleine Predigt hält – damit diese auch immer gut und brav sein sollen.
Hier in Bayern und in einigen anderen Regionen sollte man am Abend des 5. Dezember besser nicht allein vor die Tür gehen – dann ziehen schauerlich verkleidete Männer durch die Gegend und rasseln mit ihren Ketten. Sie heißen „Krampus“ und spielen Streiche, die nicht immer harmlos sind.
Die Kinder jedenfalls freuen sich schon auf den Nikolaus – und vielleicht wollt Ihr Euren Kindern auch eine Freude machen und stellt einen Stiefel vor die Tür? Vielleicht kommt der Nikolaus ja auch zu Euch!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg75kurz.pdf
12/3/2013 • 4 minutes, 47 seconds
SG #074: Deutsche Autos
Frank hat mich gebeten, über die deutsche Automobilindustrie zu sprechen. Auch wenn ich selber mich nicht sehr für Autos interessiere, erzähle ich Euch gerne alles, was ich zu diesem Thema weiss.
1885 wurde das Auto erfunden. Der Erfinder war Carl Benz, ein deutscher Ingenieur. Das erste Auto hiess "Benz Patent-Motorwagen Nummer 1". Bis heute spielt die Automobilindustrie in Deutschland eine sehr große Rolle. 2011 wurden 6 Millionen Autos in Deutschland gebaut, weitere 7 Millionen deutsche Autos wurden im Ausland gebaut. Drei Viertel der in Deutschland gebauten Autos werden in das Ausland verkauft, also exportiert. Nur China und die USA bauen mehr Autos als Deutschland. 730.000 Menschen arbeiten in der Automobilindustrie in Deutschland. Somit ist die Automobilindustrie der wichtigste Industriezweig in Deutschland. Interessiert Euch, wie viel Geld damit verdient wurde? 351 Milliarden Euro in 2011. 11 Prozent mehr als 2010.
Kommen wir zu den wichtigsten deutschen Automarken. Fangen wir bei A an wie Audi. Die Firma wurde 1909 gegründet und befindet sich heute in Ingolstadt, also in Bayern. Seit zehn Jahren gehört Audi zum Volkswagen-Konzern, das heißt 99,55 % der Aktien gehören der Volkswagen AG.
Ebenfalls in Bayern, genauer gesagt in München, befindet sich die bekannte Automarke BMW. Es gibt sie seit 1916, und BMW steht für Bayerische Motoren Werke. Zu Beginn produzierte die Firma Flugmotoren, später Motorräder, dann Autos. Heute gehören auch Rolls Royce und Mini zu BMW.
Weiter geht‘s mit Daimler. 1891 wurde die Daimler-Motoren-Gesellschaft gegründet. Ab 1899 tauchte auch der Name Mercedes auf. Später dann Mercedes-Benz. Die Firma hat ihren Sitz in Stuttgart, also in Baden-Württemberg. Oft sieht man in deutschen Städten den kleinen Smart, er gehört ebenfalls zu Daimler. Mittlerweile gibt es ihn auch als e-smart zu kaufen, also mit Elektro-Antrieb.
Ebenfalls in Stuttgart sitzt die Porsche AG, die es seit 1931 gibt. Ferdinand Porsche machte sich in diesem Jahr selbständig – und baute fortan Sportwagen. Seit 2012 gehört die Porsche AG komplett dem Volkswagen Konzern.
Zwei Marken fehlen noch. Da wäre die Firma Opel aus Rüsselsheim in Hessen, gegründet schon 1862 – damals wurden aber natürlich noch keine Autos gebaut, sondern Nähmaschinen und später Fahrräder. Opel wurde von General Motors gekauft und stürzte in die Finanzkrise.
Zuletzt noch Volkswagen. Während die anderen Konzerne im Süden Deutschlands beheimatet sind (und Opel in Hessen, also in der Mitte), sitzt der VW-Konzern in Wolfsburg, also in Niedersachsen, im Norden Deutschlands. Er wurde 1937 gegründet. Zum Konzern gehören heute Marken wie Audi, Bentley, Ducati, Lamborghini, MAN, Seat und noch einige andere. Damit ist die VW AG (Ag steht für Aktiengesellschaft) der größte Automobilhersteller Europas. Und wie fing alles an? Leider mit Adolf Hitler. Der wollte ein Auto haben, das sich nicht nur die Reichen leisten konnten, sondern viele Deutsche. Ferdinand Porsche, Ingenieur in Stuttgart, sollte einen Prototyp entwickeln. Daraus wurde der Volkswagen, ein Wagen für das Volk.
Audi, Mercedes, BMW – das sind vor allem große Autos. Und sie werden derzeit leider immer größer. Den Deutschen gefällt der amerikanische Trend der SUVs. Auch wenn unsere Innenstädte klein und eng sind und es wenig Parkplätze gibt – die Autos werden immer größer. Mich persönlich ärgert das sehr. Mich ärgert auch, dass nach wie vor kaum auf alternative Energien gesetzt wird. Natürlich forschen alle großen Konzerne in diesem Bereich – sie versuchen das Rätsel zu lösen, wie wir auch ohne Benzin existieren können. Aber erst jetzt kam beispielsweise der e-smart auf den Markt – und er ist noch sehr, sehr teuer. Ich finde es schade, dass die großen deutschen Automobilhersteller nicht modern und innovativ sind und führend in der Herstellung von umweltfreundlichen Autos.
Das beliebteste Auto in Deutschland ist übrigens der VW Golf. Und das seit über 30 Jahren.
4/23/2013 • 9 minutes, 13 seconds
SG #073: Die Berliner Mauer
José Antonio hat mich gebeten, über den Mauerfall zu sprechen. Dazu müssen wir erst einmal wissen, um welche Mauer es geht, oder?
1945 war der Zweite Weltkrieg vorbei. Deutschland hatte den Krieg verloren. Also wurde Deutschland in vier Teile aufgeteilt, die so genannten Besatzungszonen. Ein Viertel wurde von den USA verwaltet, ein Viertel von der UdSSR, ein Viertel von Frankreich und eines von Großbritannien. Auch Berlin, damals die Hauptstadt, wurde in Sektoren geteilt. 1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet – sie umfasste den amerikanischen, französischen und britischen Sektor Deutschlands. Auf dem sowjetischen Sektor wurde die DDR gegründet. Der neuen BRD ging es durch den Marshall-Plan der Amerikaner wirtschaftlich gut – im Gegensatz zur DDR. Außerdem gab es in der sozialistischen DDR strenge Regeln, beispielsweise was die Reisefreiheit anging. Immer mehr Menschen flüchteten aus der neuen DDR in die Bundesrepublik Deutschland. Bis 1961 sollen es 3,1 Millionen Menschen gewesen sein. Also wurden Zäune errichtet, um sie zu stoppen. Das war aber nicht genug.
Im August 1961 begann der Mauerbau. Man baute eine Mauer, damit niemand mehr die Grenze überwinden konnte. Die Grenze verlief um den französischen, britischen und amerikanischen Sektor von Berlin – das wurde zu „West-Berlin“. Der sowjetische Sektor wurde „Ost-Berlin“. Die Mauer verlief mitten durch die Stadt, auf ungefähr 45 Kilometern Länge. Teilweise war sie so nah an den Häusern, dass die Türen und Fenster zugemauert wurden, um Fluchtversuche zu verhindern – die Bewohner konnten nur durch die Hintertüren in ihre Häuser kommen.
Die Grenze wurde von Soldaten bewacht – sie hatten den Befehl zu schießen, wenn jemand versuchen sollte, zu flüchten. Bis zu 245 Menschen sollen getötet worden sein – die genaue Zahl kennt niemand. Über 5000 Menschen schafften es, in den Westen zu fliehen.
Zwei Jahre nach dem Mauerbau kam der damalige US-Präsident John F. Kennedy nach Berlin. Er hielt eine Rede, in der die Worte „Ich bin ein Berliner“ vorkamen. Kennedy sprach diese Worte auf Deutsch und erntete dafür großen Jubel. Noch heute kennen diesen Satz die meisten Deutschen.
Fast 30 Jahre lang existierte die Mauer in Berlin. Sie wurde für die Berliner zur Normalität. Aber in der DDR passierte immer mehr: Menschen flohen in den Westen und forderten Reisefreiheit. Sie wollten nicht eingesperrt leben. Es gab Massenkundgebungen, also große Demonstrationen. Ein neues Reisegesetz sollte die Menschen beruhigen. Nachdem es durch Zufall am 9. November 1989 zu früh verkündet wurde, jubelten die Menschen und viele gingen zur Grenze – sie wollten ausreisen. Die Grenzbeamten wussten nicht, was sie machen sollten – und öffneten schließlich die Grenze. Viele tausend Menschen kamen so nach West-Berlin. Die Menschen hier feierten natürlich auch. Für jeden Übersiedler – also einen Menschen, der von Ost nach West zog, gab es 100 D-Mark Begrüßungsgeld.
Die Mauer und somit die Grenze wurde weiterhin kontrolliert – bis zum 1. Juli 1990. Ein halbes Jahr lang wurde die Mauer abgerissen – nur sechs Abschnitte blieben stehen. Sie sollen an die Teilung erinnern. Und die so genannten Mauerspechte klopften mit Meißeln und Hämmern auf die Mauer ein und verkauften die kleine Stücke – oder nahmen sie mit nach Hause, zur Erinnerung. Ein Specht ist übrigens eigentlich ein Vogel, der mit seinem spitzen Schnabel Löcher in Bäume bohrt, um dort nach Nahrung zu suchen. Auch hier in München steht ein Stück der Berliner Mauer als Denkmal!
Wer heute nach Berlin fährt, sieht kaum noch etwas von der ehemaligen Trennung. Es gibt noch einige leere Grundstücke, die auffallen, und einige Denkmäler, die an die Mauer erinnern. Besonders gut finde ich die Idee, den Verlauf der Mauer auf dem Boden durch Pflastersteine zu kennzeichnen. Das ist zum Beispiel am Brandenburger Tor gut zu sehen. Aber sonst wirkt die Stadt so, als wäre sie wieder zusammengewachsen. Dennoch kenne ich Menschen,
4/4/2013 • 9 minutes, 40 seconds
SG #072: Tag der Deutschen Einheit
Am 3. Oktober feiern wir in Deutschland den Tag der Deutschen Einheit. Dieser Tag ist der deutsche Nationalfeiertag. Und zwar seit 1990. Es ist also ein relativ junger Feiertag. Er markiert die Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, also von Ost- und West-Deutschland. Dieser 3. Oktober ist übrigens auch der einzige staatliche Feiertag – alle anderen Feiertage sind von den Bundesländern festgelegt. Das bedeutet: Den 3. Oktober feiert man in ganz Deutschland – viele andere Feiertage beispielsweise nur in Bayern und Baden-Württemberg oder in anderen Bundesländern.
Für mich persönlich hat dieser Tag eine besondere Bedeutung. Denn ich habe am 17. Juni Geburtstag. Und der 17. Juni war von 1954 bis 1990 der Tag der Deutschen Einheit. Als Kind hatte ich also immer an meinem Geburtstag frei, ich musste nicht in die Schule gehen.
Es gibt aber noch ein Datum, das mit dem Tag der Deutschen Einheit in Verbindung gebracht wird. Der 9. November. Denn am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Also überlegte man, diesen Tag zum Nationalfeiertag zu machen. Aber: Das Datum war das gleiche wie das der Reichspogromnacht. Am 9. November 1938 wurden über 1400 Synagogen, Geschäfte und Wohnungen von Juden und sogar Friedhöfe zerstört, viele Juden wurden umgebracht. Daher ist der 9. November kein Datum, das man feiern möchte. Also einigte man sich auf den 3. Oktober.
Aber auch diesen 3. Oktober fanden nicht alle Politiker gut. Denn ein neuer Feiertag bedeutet auch, dass an diesem Tag fast niemand arbeitet – und dadurch für diesen Tag keine Steuer an den Staat bezahlt wird. 500 Millionen Euro sollen dem Staat durch diesen einen Feiertag fehlen. Also überlegte die Regierung, den Tag der Deutschen Einheit zu verlegen – und zwar auf den ersten Sonntag im Monat Oktober. Aber dieser Plan wurde nicht umgesetzt.
Wie feiern wir Deutschen diesen Tag? Es gibt in einer Stadt in Deutschland ein so genanntes Bürgerfest. Dieses Jahr findet dieses Bürgerfest in München statt, zeitgleich übrigens mit dem Oktoberfest. Auch in Berlin wird an diesem Tag gefeiert. Ich kenne aber niemanden, der diesen Feiertag wirklich feiert. Wir freuen uns, dass wir an diesem Tag nicht arbeiten müssen – aber mehr auch nicht. Vielleicht ist das bei manchen Deutschen anders, aber hier im Süden ist es eben so.
Das war es schon wieder für heute – bald gibt es aber wieder neue Folgen, versprochen!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg72kurz.pdf
10/3/2012 • 4 minutes, 44 seconds
SG #071: Verben mit Präpositionen
Heute eine Bitte von Olga - sie wollte die Verben mit Präpositionen hören. Bitte schön.
Mit Dativ:
abhängen von / abgeben von / ändern an / anfangen mit / auffordern zu / aufhören mit / sich auseinandersetzen mit / beginnen mit / sich beschäftigen mit / bestehen aus / einladen zu / sich entschließen zu / sich entwickeln zu / sich erholen von / sich erkundigen nach / erzählen von / erziehen zu / fehlen an / folgen aus / fragen nach / führen zu / sich fürchten vor / gehören zu / gratulieren zu / halten von / handeln mit / handeln von / hindern an / hören von / sich hüten vor / sich irren in / kommen zu / leben von / leiden an / leiden unter / liegen an / meinen zu / sich melden bei / passen zu / profitieren von / rechnen mit / reden von / sich richten nach / riechen nach / rufen nach / schimpfen mit / schließen aus / schmecken nach / sich schützen vor / sehen nach / sich sehnen nach / sprechen mit / sprechen von / sich streiten mit / teilnehmen an / telefonieren mit / träumen von / sich treffen mit / sich trennen von / überreden zu / sich unterhalten mit / sich unterscheiden von / sich verabreden mit / verbinden mit / vergleichen mit / sich verloben mit / verstehen von / sich verstehen mit / verwechseln mit / wählen zu / wählen zwischen / warnen vor / werden zu / wissen von / zweifeln an / zwingen zu
Mit Akkusativ:
abstimmen über / achten auf / ankommen auf / antworten auf / sich ärgern über / aufpassen auf / sich aufregen über / ausgeben für / sich bedanken für / sich bemühen um / beraten über / berichten über / beschließen über / sich beschweren über / sich bewerben um / sich beziehen auf / bitten um / danken für / denken an / diskutieren über / sich drehen um / sich eignen für / sich entscheiden für / sich entschuldigen für / erinnern an / sich erinnern an / ersetzen durch / folgen auf / sich freuen auf / sich freuen über / gehen um / sich gewöhnen an / glauben an / halten für / sich halten an / sich handeln um / hören auf / hoffen auf / informieren über / sich informieren über / sich interessieren für / kämpfen für / kämpfen gegen / kämpfen um / klagen über / kommen auf / sich kümmern um / lächeln über / lachen über / nachdenken über / protestieren gegen / reagieren auf / reden über / schimpfen über / sein für / sein gegen / sorgen für / sich sorgen um / sprechen über / stehen auf / stimmen für / stimmen gegen / streiten über / tun für / sich unterhalten über / unterrichten über / sich verlassen auf / sich verlieben in / vermieten an / verzichten auf / sich vorbereiten auf / wählen in / warten auf / sich wenden an / sich wundern über
3/13/2012 • 7 minutes, 17 seconds
SG #070: Soziale Netzwerke
Inge aus China möchte wissen, welche sozialen Netzwerke wir hier in Deutschland benutzen. Seit einigen Jahren spielen soziale Netzwerke in Deutschland eine große Rolle – so wie in vielen anderen Ländern auch.
Mittlerweile sind fast drei Viertel der Bevölkerung (73,3%) online. 43% der deutschen Internetnutzer haben ein eigenes Profil in einem sozialen Netzwerk angelegt. Das sind übrigens Zahlen aus der aktuellen ARD-ZDF-Onlinestudie, also einer Studie, die von den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern in Auftrag gegeben wurde.
Das beliebteste Netzwerk ist in Deutschland derzeit Facebook. Früher war das anders. Denn in Deutschland gibt es einige Netzwerke, die es in anderen Ländern nicht gibt. Zum Beispiel StudiVZ. VZ steht für Verzeichnis, und es gibt eine ganze Gruppe solcher Verzeichnisse. StudiVZ ist ein soziales Netzwerk für Studenten, SchülerVZ ist ein Netzwerk für Schüler, und wer weder Schüler noch Student ist, der kann sich bei MeinVZ eintragen. Ein anderes deutsches Netzwerk ist „Wer kennt wen?“. Und für alle, die sich beruflich vernetzen wollen, gibt es Xing – in Amerika heißt ein ähnliches Netzwerk LinkedIn.
Jugendliche haben auch gerne MySpace genutzt, mittlerweile dient es aber weniger als normales Netzwerk, als als Musik-Netzwerk, in dem sich Bands präsentieren können. Und Twitter spielt natürlich auch eine große Rolle! Zum Beispiel, wenn im Fernsehen eine Sendung läuft, die für Teenager interessant ist. Das sind meistens Sendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“ (in USA „American Idol“), „Germany's Next Topmodel“ oder ähnliche. Dann sitzen Teenager und junge Erwachsene vor dem Fernseher, haben ihren Laptop auf den Knien oder ein Smartphone in der Hand und twittern. Es macht Spaß, diese Tweets zu lesen!
Übrigens benutzen wir hier meistens die englischen Begriffe, wenn es um soziale Netzwerke geht. Wir sagen also „Follower“ für die Mitleser bei Twitter, und nicht „Verfolger“. Wir sagen auch, dass wir etwas auf Facebook „gepostet“ haben. Das ist also das englische Wort „to post“ eingedeutscht. Manche Wörter benutzen wir auch auf Deutsch, zum Beispiel haben wir bei Facebook „Freunde“, und wir klicken auf den „Gefällt mir“-Button, der im Englischen „Like“ heißt.
Noch ein bißchen mehr zu der Sprache, die mit sozialen Netzwerken zusammenhängt. Wer zum ersten Mal ein soziales Netzwerk wie Facebook besucht, der muss sich zunächst registrieren. Er legt einen Benutzernamen und ein Passwort fest. Und er braucht meistens eine gültige E-Mail-Adresse, um sich anzumelden. Wenn die Anmeldung geklappt hat, dann kann er sich sein Profil anlegen. Er füttert Facebook also mit Informationen über seine Person. Er kann sein Geburtsdatum angeben und den aktuellen Wohnort, seine Hobbies und seine liebsten Kinofilme, welche Musik er gerne hört und welche anderen Facebook-Seiten ihm gefallen. Und er kann Fotos oder Videos hochladen. Wichtig ist, dass die Kontoeinstellungen und vor allem die Privatsphäreneinstellungen beachtet werden. In Deutschland wird Facebook stark kritisiert, weil die Deutschen großen Wert auf den Datenschutz legen und Facebook oft dagegen verstößt.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg70kurz.pdf
1/31/2012 • 5 minutes, 45 seconds
SG #069: Tierpark
Trina aus Kalifornien hat viele Ideen für neue Episoden von Slow German. Sie möchte zum Beispiel gerne mehr über Zoos erfahren. Zoo ist die Abkürzung für Zoologischer Garten. Wir sagen auch Tiergarten oder Tierpark dazu – darunter könnt Ihr Euch sicher etwas vorstellen, oder? Die Menschen haben verschiedene Tiere in Zoos gehalten, und das aus unterschiedlichen Gründen. Zum Beispiel sind die Menschen vor über 100 Jahren noch nicht viel gereist, sie hatten natürlich auch noch keinen Fernseher, sie wussten also nicht, wie ein Löwe oder Tiger in der Natur aussieht. Im Zoo konnten diese Menschen exotische Tiere betrachten. Die Tiere wurden auch von Wissenschaftlern untersucht und beobachtet. Und auch heute noch steht ein weiterer Gedanke oft in Verbindung zu Zoos: Seltene Tiere werden hier vor Schaden bewahrt und gezüchtet. Zoos dienen also der Arterhaltung, das heißt, sie sorgen dafür, dass seltene Tiere nicht aussterben.
In Deutschland gibt es einige sehr bekannte Tierparks. Zum Beispiel Hagenbecks Tierpark in Hamburg. Er wurde von Carl Hagenbeck 1896 gegründet. Dieser Mann hatte eine außergewöhnliche Idee: Einen Zoo ohne Gitter. Er wollte Tiere nicht in Käfige einsperren. Durch Wassergräben oder steile Felsen wurden Gehege gebaut, aus denen die Tiere zwar nicht flüchten können, in denen sie sich aber dennoch nicht eingesperrt fühlen sollen. Die meisten Zoos halten sich heute an diese gitterlose Tierhaltung. In Stuttgart ist die Wilhelma sehr bekannt, in München gibt es den Tierpark Hellabrunn. Der Zoologische Garten Berlin ist sogar der artenreichste Zoo der Welt, hier leben also besonders viele verschiedene Tiere.
Jede größere Stadt in Deutschland hat einen Zoo. Meistens erstrecken die Tierparks sich über große Flächen, sie sehen aus wie große Parks, in denen Tiere gehalten werden. Viele Familien gehen am Wochenende gemeinsam in den Zoo, hier gibt es natürlich auch Restaurants und oft auch Spielplätze für die Kinder. Man kann also leicht einen ganzen Tag dort verbringen.
So schön die Idee eines Zoos auch ist – es gibt immer wieder Kritiker, die ihre Abschaffung fordern. Tierschützer weisen darauf hin, dass viele Tiere nicht artgerecht gehalten werden können. Wildtiere zum Beispiel wie Tiger haben in der Freiheit ein großes Revier, das sich über mehrere hundert Kilometer erstreckt. Im Tierpark müssen sie auf einer sehr kleinen Fläche leben. Außerdem werden oft noch wilde Tiere für die Haltung in Zoos gefangen.
In Deutschland versuchen die meisten Tierparks, die Tiere möglichst gut zu behandeln und ihnen viel Platz zu geben. Sehr beliebt sind regelmäßige Sendungen im Fernsehen, bei denen man hinter die Kulissen eines Tierparks schauen kann. In diesen Sendungen werden Tierpfleger bei ihrer Arbeit gezeigt, oder wie es ist, wenn der Tierarzt einen Elefanten untersucht.
Große Schlagzeilen in den Zeitungen gibt es auch immer wieder, wenn im Zoo ein Tier geboren wird. Zum Beispiel wurde in München gerade ein kleiner Elefant geboren. Noch berühmter war ein kleiner Eisbär, der in Berlin geboren wurde: Knut. Er wurde von einem Menschen aufgezogen und alle liefen in den Zoo, um den süßen Knut zu sehen. Es gab sogar Merchandising von Knut, kleine Stoff-Eisbären für die Kinder zum Beispiel. Leider ist Knut aber mittlerweile tot.
Was haltet Ihr von Tierparks? Gibt es in Eurer Heimat auch Tierparks? Schreibt gerne in die Kommentarfunktion auf slowgerman.com oder auf Facebook. Bis zum nächsten Mal, Eure Annik.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg69kurz.pdf
1/16/2012 • 6 minutes, 48 seconds
SG #068: Versicherungen
Thu Thuy hat sich ein schwieriges Thema gewünscht, und zwar möchte er etwas über Versicherungen wissen. Jeder Mensch in Deutschland hat irgendeine Versicherung. Das behaupte ich jetzt einfach mal. Die meisten Menschen haben zum Beispiel eine Krankenversicherung. Das bedeutet, sie bezahlen jeden Monat Geld, und ihr Arbeitgeber zahlt ebenfalls Geld. Falls man dann einmal krank wird, bezahlt die Krankenversicherung zum Beispiel die Arztrechnung oder einen Krankenhausaufenthalt oder eine Operation.
Viele Menschen haben auch eine Rentenversicherung. Sie funktioniert ähnlich: Arbeitnehmer, also der Mensch der arbeitet, und Arbeitgeber, also die Firma, bei der man arbeitet, bezahlen jeden Monat Geld. Wenn der Mensch dann in Rente geht, also nicht mehr arbeitet, bekommt er trotzdem jeden Monat Geld aus dieser Versicherung. Auch bei einer Lebensversicherung bezahlt man jeden Monat Geld ein – ab einem bestimmten Alter bekommt man dieses Geld dann sozusagen wieder. Oder, falls man zu früh stirbt, bekommen die Angehörigen, also beispielsweise die Ehefrau und die Kinder, Geld. Das ist eine freiwillige Absicherung.
Jeder Mensch, der in Deutschland ein Auto hat, muss ebenfalls eine Versicherung abschließen. Diese bezahlt man in der Regel ein Mal pro Jahr. Wenn ich zum Beispiel einen Unfall verursache, dann zahlt die Versicherung den Schaden. Das muss ich genauer erklären, fürchte ich. Angenommen, ich fahre mit meinem Auto und bremse zum Beispiel an einer Ampel zu spät. Dann beschädige ich das Auto vor mir. Die Versicherung bezahlt dann dem anderen Autofahrer den Schaden an seinem Auto. Es gibt verschiedene Arten von Autoversicherungen. Wenn ich ein neues Auto habe, dann habe ich meistens eine Vollkasko-Versicherung. Die Versicherung zahlt dann also fast alle Schäden an meinem Auto. Diese Versicherung ist aber sehr teuer. Bei einem älteren Auto lohnt sie sich nicht. Dann hat man meistens eine Teilkasko-Versicherung. Das bedeutet: Bei einem Schaden zahle ich als Autobesitzer einen Teil selber, den Rest übernimmt die Versicherung. Meinen Teil nennt man dann Selbstbeteiligung.
Was gibt es noch für Versicherungen? Jede Menge! Zum Beispiel eine Haftpflichtversicherung. Wenn ich einen Schaden verursache, weil ich zum Beispiel bei einem Freund ein Glas Wasser über den Laptop geschüttet habe oder mir eine Vase heruntergefallen ist, dann bezahlt das die Haftpflichtversicherung. Es gibt auch eine Hausratversicherung – diese versichert alles, was in meiner Wohnung oder in meinem Haus ist. Wenn ich sehr teure Möbel habe oder eine große Elektronik-Ausstattung, dann lohnt sich so eine Versicherung. Wenn dann zum Beispiel Diebe in meine Wohnung einbrechen und alles stehlen, dann zahlt die Versicherung. Oder wenn es brennt.
Bei einer Rechtsschutzversicherung hilft die Versicherung, wenn man einen Rechtsanwalt braucht und vor Gericht steht. Ihr merkt schon, ich kann nicht alle Versicherungen erklären – aber sie funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip. Man bezahlt Geld ein, das man dann in bestimmten Fällen wiederbekommt – meistens zahlt man wenig ein und bekommt dann mehr Geld, falls man es wirklich braucht. Zumindest in der Theorie. In der Praxis ist es so, dass viele Deutsche zu viele Versicherungen abgeschlossen haben und diese nie brauchen. Sie bezahlen also jeden Monat eine Menge Geld für Versicherungen.
Das war's für diese Episode von Slow German – mehr Informationen wie immer unter slowgerman.com, dort gibt es Lernmaterial und alle alten Folgen und natürlich auch die Links zu Twitter und Facebook.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg68kurz.pdf
1/2/2012 • 6 minutes, 45 seconds
SG #067: Radiosender
Pál aus Rumänien und Miranda aus England interessieren sich für die Radiosender in Deutschland. Radio ist für Euch alle wichtig: Wenn Ihr Deutsch lernt, ist es eine gute Möglichkeit, Euer Hörverständnis zu verbessern. In Deutschland gibt es viele verschiedene Radiosender. Ich werde versuchen, Euch das System zu erklären.
Zunächst einmal gibt es die so genannten öffentlich-rechtlichen Radiosender. Das bedeutet, dass sie durch Gebühren finanziert werden. Jeder Deutsche, der ein Radiogerät hat, zahlt dafür Gebühren. Auch, wenn er zum Beispiel ein Autoradio besitzt. Von diesem Geld werden die öffentlich-rechtlichen Radiosender finanziert. Diese Sender haben einen so genannten Bildungsauftrag. Sie sollen die Hörer also nicht nur unterhalten, sondern auch informieren.
Die öffentlich-rechtlichen Sender strahlen ihr Programm landesweit aus. Fast jedes Bundesland hat seine eigenen Sender. Hier in Bayern gibt es zum Beispiel den Bayerischen Rundfunk. Er ist unterteilt in fünf verschiedene Radiosender. Jeder Sender hat andere Inhalte. Bayern1 spielt zum Beispiel eher Musik aus den 60er-Jahren. Bayern2 sendet viele gesprochene Inhalte und auch Hörspiele. Bayern3 ist die Massenwelle, die meisten Menschen hören diesen Sender. Dort wird ein typisches Programm gemacht, aktuelle Musik aus der Hitparade, also aus den Top Ten, aus den Charts, viele Witze und lustige Moderatoren. Ich mag diese Art von Radio nicht so gerne. Bayern4 sendet den ganzen Tag klassische Musik, also Mozart und Beethoven und so weiter. Und Bayern5 ist ein reiner Info-Sender, hier laufen die ganze Zeit Nachrichten und Magazine mit journalistischem Inhalt.
Ähnlich ist es in anderen Bundesländern. Es gibt den SWR in Baden-Württemberg, den WDR in Nordrhein-Westfalen, den RBB in Berlin-Brandenburg und so weiter. Übrigens: All diese Sender haben auch Podcasts! Googelt einfach mal danach oder schaut bei iTunes. Ich empfehle Euch an dieser Stelle zum Beispiel den Interview-Podcast SWR1 Leute.
Neben den öffentlich-rechtlichen Radiosendern gibt es auch private Sender. Diese Sender finanzieren sich nicht über Gebühren, sondern über Werbung. Privatradios existieren in Deutschland seit fast 30 Jahren. Diese Sender sind in der Regel mehr auf Unterhaltung spezialisiert, hier gibt es oft Gewinnspiele zu hören und viel Musik, weniger gesprochene Texte.
Noch ein paar Begriffe, die Ihr im Zusammenhang mit dem Rundfunk kennen solltet. Die Menschen, die im Radio sprechen, nennt man Moderatoren. Wichtige Elemente einer Radiosendung sind meistens die Nachrichten zur vollen oder halben Stunde, die Wettervorhersage und Verkehrsmeldungen – also wo gerade Staus sind oder Unfälle passiert sind. Um einen bestimmten Radiosender zu finden, sollte man seine Frequenz kennen, dann ist die Suche einfacher. Denn jeder Sender sendet sein Programm auf einer bestimmten Frequenz, und zwar zum Beispiel auf 97,3 UKW, das steht für Ultrakurzwelle, im Amerikanischen ist das FM.
Mittlerweile empfängt man die meisten Radiosender auch im Internet oder kann Podcasts von einzelnen Sendungen herunterladen. Wenn Ihr einen guten Radiopodcast findet, der auch für Deutschlernende geeignet ist, dann schreibt doch bitte in die Kommentarfunktion auf slowgerman.com, dann freuen sich die anderen Hörer.
Das war's schon wieder für heute, ich danke Euch für's Zuhören! Demnächst wird es einige Neuerungen auf slowgerman.com geben, also haltet die Augen offen. Wenn Ihr Themenvorschläge für mich habt, schreibt an [email protected] und ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen von Euch, die mich unterstützt haben! Schöne Grüße aus Deutschland, Eure Annik.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg67kurz.pdf
12/3/2011 • 6 minutes, 58 seconds
SG #066: Kosenamen
Monica aus den USA hat mich gefragt, welche Kosenamen wir in Deutschland verwenden. Dazu muss ich erstmal erklären, was ein Kosename ist. Wenn Menschen sich sehr gern haben oder sich lieben, dann verwenden sie oft andere Namen für einander. Das nennt man dann Kosenamen.
Der häufigste Kosename in Deutschland ist Schatz. Ein Schatz ist etwas sehr wertvolles. In Geschichten über Piraten gibt es meistens eine Schatzkiste, also eine Kiste voller Gold oder Geld, der irgendwo versteckt war. Ein Schatz ist etwas, das einem Menschen sehr wichtig ist. Kein Wunder also, dass sowohl Frauen ihre Männer gerne Schatz nennen, als auch Männer ihre Frauen.
Oft verwenden Liebende auch Tiernamen als Kosenamen. Ein eher dicker, kuscheliger Mann wird zum Beispiel gerne „Bärchen“ genannt, oder auch Männer mit Bart zum Beispiel. Frauen dagegen werden „Hase“ oder „Maus“ genannt. Oder Spatz, das ist ein kleiner Vogel. Man verwendet auch gerne die Verniedlichungsform, also Häschen oder Mäuschen. Oder Spätzchen. Schwer auszusprechen, oder?
Frauen werden von ihren Männern auch gerne Engel genannt, ein Engel ist ja normalerweise ein göttliches Wesen, mit blondem Haar und Flügeln.
Oder einfach Süße. So wie es in Amerika „Sweetie“ ist.
Oder Sonnenschein – aber das geht nur bei fröhlichen Frauen, oder?
Man sagt auch gerne Liebste oder meine Liebe zu der geliebten Frau. Oder englisch „Baby“.
Für Männer gibt es die männlichen Formen, Liebster oder Süßer. Oder man sagt Liebling zueinander. Ein sehr netter Kosename ist „Herzblatt“. Das ist eigentlich eine kleine Blume.
Und natürlich geben nicht nur Liebende sich Kosenamen. Vor allem Eltern haben für ihre Kinder verschiedene Kosenamen. Oder man gibt den eigenen Haustieren Kosenamen. Mein Kater heißt eigentlich Tiger, aber ich nenne ihn zum Beispiel oft Schnitzel. Oder auch Mäuschen. Komisch, oder?
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg66kurz.pdf
9/12/2011 • 4 minutes, 17 seconds
SG #065: Senioren
Tam aus Pennsylvania hat mich gefragt, wie es den alten Menschen in Deutschland geht. Ich werde versuchen, einige Antworten zu geben.
Alte Menschen nennt man in Deutschland Senioren. Sie bekommen Ermäßigungen bei verschiedenen Einrichtungen. Das heißt, sie können zum Beispiel ins Museum gehen und müssen weniger Eintritt bezahlen. Alte Menschen sind in Deutschland in der Regel noch sehr fit, sie sind gesundheitlich im Vergleich zu vielen anderen Ländern gut versorgt, aber natürlich gibt es auch hier Probleme.
In Deutschland hören ältere Menschen normalerweise auf zu arbeiten. Man sagt dann, jemand geht in Rente oder er geht in Pension. Die meisten Menschen hören auf zu arbeiten, wenn sie zwischen 60 und 65 Jahre alt sind. Angenommen, ein Mensch arbeitet 45 Jahre lang in Deutschland. Dann zahlt er jeden Monat Geld an die gesetzliche Rentenversicherung. Und die Firma, bei der er arbeitet, tut das auch für ihn. Wenn er dann zum Beispiel 45 Jahre lang gearbeitet hat, dann kann er aufhören zu arbeiten – und bekommt trotzdem weiterhin Geld. Er bekommt seine Rente jeden Monat ausbezahlt.
Das ist vor allem deswegen wichtig, weil die Struktur der Gesellschaft sich verändert hat. Früher lebte man in einer Großfamilie. Mehrere Generationen lebten unter einem Dach. Also lebte die Oma gemeinsam mit ihrer Tochter, dem Enkel, der Tante oder den Onkeln oder anderen Familienmitgliedern zusammen. Das hatte viele Vorteile. Die Oma konnte beispielsweise auf die Enkel aufpassen, wenn die Eltern arbeiten gingen. Dafür versorgten die Eltern die Oma, wenn sie alt wurde und Pflege brauchte. Heute leben aber nur noch wenige Deutsche in einer Großfamilie. Vor allem in den Großstädten. Durch die Rente können sie sich auch im Alter das Leben finanzieren.
Wer gesund bleibt, der kann auch im hohen Alter alleine leben. Weil das natürlich alles schwerer wird, wenn der Körper langsam alt wird, kann man sich Hilfe holen. Man kann sich zum Beispiel Essen liefern lassen, zum Beispiel über einen Dienst, der „Essen auf Rädern“ heißt. Oder Zivildienstleistende helfen der alten Person im Alltag. Zivildienstleistende sind junge Männer, die nach der Schulzeit einige Monate bei sozialen Diensten arbeiten.
Es gibt auch das so genannte Betreute Wohnen. Hier hat der alte Mensch seinen eigenen Lebensbereich gekauft oder gemietet, ein Zimmer oder eine Wohnung. Je nachdem, welche Hilfe er im Laufe der Zeit braucht, wird ihm diese gewährt. Das kostet natürlich Geld. Eine andere Alternative sind Altenheime. Hier leben alte Menschen zusammen und werden betreut, jeder von ihnen hat aber weiterhin sein eigenes Zimmer. Auch in Deutschland werden die Menschen immer älter, und viele von ihnen haben Krankheiten wie Alzheimer. Gerade diese Personen können oft nicht mehr in ihrer eigenen Familie betreut werden, sondern brauchen Fachpersonal, das sich um sie kümmert. Es gibt verschiedene Versicherungen, die die Kosten für diese Betreuung übernehmen. Fast jeder Deutsche zahlt in die Rentenversicherung ein und in die Pflegeversicherung. Gepflegt wird man, wenn man alt und krank ist. In Pflegeheimen sieht es eher aus wie in einem Krankenhaus – oft liegen hier mehrere Menschen in einem Zimmer.
Wir wünschen uns jedenfalls, dass wir alle möglichst gesund alt werden und das Leben genießen können. Oder? Und die deutschen Senioren scheinen ziemlich fit zu sein – zumindest sind viele von ihnen im Internet – man nennt sie auf Englisch Silver Surfer.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg65kurz.pdf
8/20/2011 • 6 minutes, 36 seconds
SG #064: Ferienjob
Marie-Françoise ist Lehrerin aus Belgien. Sie hat mich gebeten, über Ferienjobs zu sprechen. Also werde ich das heute machen.
Viele Schüler und Studenten arbeiten in ihren Ferien. So verdienen sie Geld und machen neue Erfahrungen. Schüler unter 15 Jahren dürfen in Deutschland nicht wie ein Erwachsener arbeiten. Es gibt ein Gesetz, das Kinderarbeit verbietet. Eine Ausnahme gibt es aber: Wenn es die Eltern erlauben, dürfen Kinder schon ab 13 Jahren arbeiten. Aber nur zwei Stunden pro Tag und nur tagsüber. Und natürlich nicht während der Schulzeit. Anders ist es in den Ferien. Hier dürfen Schüler zwischen 15 und 18 Jahren maximal vier Wochen im Jahr arbeiten, höchstens aber acht Stunden pro Tag.
Beliebte Jobs für Schüler sind zum Beispiel Babysitten, Zeitungen austragen oder Nachhilfe geben. Babysitten ist klar – da passt der Schüler auf ein kleineres Kind auf und bekommt von dessen Eltern Geld dafür. Zeitungen austragen bedeutet, dass Schüler mit dem Fahrrad oder zu Fuß von Haus zu Haus gehen, und kostenlose Blätter für einen Verlag ausliefern. Sie stecken also in jeden Briefkasten ein Exemplar und werden dafür bezahlt. Wenn ein Schüler Nachhilfe gibt bedeutet das, dass er einem anderen Schüler hilft, der in einem Schulfach schlechter ist. Sie lernen also zusammen, und die Eltern bezahlen den Nachhilfelehrer dafür. In der Regel gibt ein älterer Schüler einem jüngeren Schüler Nachhilfeunterricht in einem Fach, also zum Beispiel in Mathematik oder Englisch.
Wer nur in den Ferien arbeitet, der macht meistens einfache Saison-Arbeit. Zum Beispiel kann ein Schüler als Eisverkäufer arbeiten. Dann verkauft er Eis an Kinder und Erwachsene. Er kann auch als Pizzabote arbeiten. Dann liefert er Pizza an Menschen, die diese per Telefon bestellt haben. Wer sportlich ist und gut schwimmen kann, kann nach einer speziellen Ausbildung auch als Rettungsschwimmer arbeiten. Dann sitzt er an einem See oder in einem Schwimmbad und passt auf, damit niemand ertrinkt.
Studenten arbeiten im Sommer gerne als Animateur in einer Hotelanlage. Das heißt, sie leben selber im Ausland, in Spanien oder Italien zum Beispiel, und arbeiten im Hotel. Sie machen mit den Gästen spezielle Programme, meistens ist das Sport. Sie arbeiten oft aber auch in Restaurants oder Cafés als Kellner oder Kellnerin. Sie bringen also Getränke und Essen zu den Gästen.
Warum Schüler und Studenten arbeiten? Natürlich denkt man bei dieser Frage sofort an Geld. Und das ist bestimmt für viele die Hauptmotivation. Mit etwas mehr Taschengeld kann sich ein Schüler vielleicht die Computerspiele, Bücher oder Musik kaufen, die er sich sonst nicht leisten könnte. Ein Student kann mit dem zusätzlichen Geld vielleicht hin und wieder einen Cocktail trinken gehen oder mit Freunden ins Kino. Es gibt aber noch einen Grund, warum Ferienarbeit sehr gut ist: Schüler lernen dadurch, was es bedeutet, zu arbeiten. Sie müssen pünktlich am Arbeitsplatz sein, sie müssen eine Aufgabe erfüllen und viele Stunden etwas tun, was ihnen wahrscheinlich nicht so viel Spaß macht, wie mit den Freunden Zeit zu verbringen. Und bei manchen Ferienjobs lernen die Schüler und vor allem Studenten schon etwas für ihren späteren Beruf. Ich selber habe in den Ferien und nach der Schule immer bei einem Radiosender gearbeitet und dort viel gelernt. Vielleicht hätte ich ohne diesen Ferienjob nie angefangen, zu podcasten!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg64kurz.pdf
8/2/2011 • 6 minutes, 50 seconds
SG #063: Kinderarzt
Heute werde ich über Kinder sprechen. Jack lebt in New York und ist Kinderarzt. Ihn interessiert, wie es in Deutschland den kranken Kindern geht.
Fangen wir mit den ganz kleinen Kindern an. In der Regel werden Kinder in Deutschland im Krankenhaus geboren. Kaum sind sie wenige Tage alt, bekommen sie auch schon ihre eigene Versichertenkarte. Eine Versichertenkarte sieht aus wie eine Kreditkarte. Sie ist klein und aus Plastik. Auf ihr sind viele Informationen gespeichert. In diesem Fall geht es darum, dass das Kind ab der Geburt krankenversichert ist. Wenn es also krank wird oder sogar ins Krankenhaus muss, zeigt man diese Karte, und die Ärzte wissen, wer die Untersuchungen bezahlt. Natürlich muss nicht das Kind bezahlen, sondern die Eltern. Sie bezahlen jeden Monat einen Geldbetrag an die Krankenkasse. Dafür sind viele Untersuchungen und Operationen dann kostenlos.
Natürlich hoffen alle Eltern, dass ihre Kinder nie krank werden. Wenn es aber doch passiert, oder sich das Kind verletzt, gibt es spezielle Kinderärzte. Ihre Praxen sind meistens so eingerichtet, dass Kinder sich dort wohl fühlen und keine Angst vor der fremden Umgebung haben. Alles ist bunt und es gibt viel Spielzeug dort. Auch die Ärzte haben meistens keinen weißen Kittel an, wie sonst, sondern bunte Hemden.
Jedes Baby und jedes Kind muss regelmäßig zum Arzt. Denn es wird dort bei den U-Untersuchungen kontrolliert. Die Ergebnisse dieser Kontrollen werden in ein kleines Heft eingetragen. So sieht der Arzt, ob sich das Kind gut entwickelt, ob es groß genug und schwer genug ist und ob es gesund ist. Die Kinder werden beim Arzt natürlich auch geimpft. Die Impfungen erfolgen in einem vorgegebenen Zeitrahmen, also in bestimmten Abständen. In den ersten Lebensmonaten wird das Kind sehr oft geimpft, später dann weniger. So soll es geschützt sein vor vielen Krankheiten wie Mumps, Masern oder Röteln.
Wer Kinderarzt werden möchte, muss zunächst Medizin studieren. Das dauert meistens sechs Jahre, also zwölf Semester lang. Das letzte Jahr ist allerdings ein Praktikum in einem Krankenhaus. Hier arbeiten die jungen auszubildenden Ärzte also schon mit. Nach dem Studium geht die Ausbildung weiter mit der Facharztausbildung. Das bedeutet, dass sich die Studenten auf ein Fachgebiet spezialisieren. Diese Ausbildung zum Kinderarzt zum Beispiel dauert noch einmal fünf Jahre lang. In dieser Zeit verdient man allerdings schon Geld und wird Assistenzarzt genannt. Nach der Ausbildung hat man zwei Möglichkeiten: Man arbeitet entweder weiter in einem Krankenhaus, oder man arbeitet in einer Praxis. Eine Praxis ist sozusagen das Büro eines Arztes.
Wenn ein Kind sehr krank ist, muss es in eine Kinderklinik. Das sind Krankenhäuser speziell für Kinder. Kinderkliniken gibt es vor allem in größeren Städten. Meistens können die Eltern bei ihren kranken Kindern bleiben – es gibt auch Stiftungen wie die Ronald McDonald-Stiftung, die spezielle Häuser für die Eltern gebaut haben, damit diese auch bei ihren Kindern bleiben können, wenn diese schwer krank sind und lange im Krankenhaus bleiben müssen.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg63kurz.pdf
7/20/2011 • 6 minutes, 29 seconds
Furniture. Absolute Beginner #4
Jacqueline asked me to produce this beginner's show. She wanted to know what the furniture in a room is called in German. So let's start our tour through a virtual apartment. If you enter a typical German apartment, you open the door, die Türe, die Türe, and get into a corridor. It is called Flur. Here you can take your shoes off and put your coat on a hanger. The place to store your shoes and coat is called Garderobe. Garderobe. It is the cloakroom. But now off on our tour!
We start with the living-room. It is called Wohnzimmer in German. Wohnzimmer. In the living-room there's usually a place to sit, for example a couch. We also call it a couch in German. Or sofa. If you sit on a sofa and want to drink something, you put it in front of you on a small table. That table is called Couchtisch. Couch-Tisch.
In some living-rooms there's also a space for dining. But many homes have a separate area that is called Esszimmer. Dining room. Ess-Zimmer. The main piece of furniture here is a table. It is called Tisch in German. Tisch. You sit at a table. And you sit on chairs. Chairs are called Stühle. One chair is a Stuhl. More chairs are Stühle. Stühle.
We go through to the bedroom. It is called Schlafzimmer in German. Schlafzimmer. The main thing in a bedroom is the bed, of course. And that one is easy to remember, it is called Bett in German. Bett. Beside the bed there is a small table to put books on. It is called a Nachttisch. Nacht-Tisch. On it there is a lamp. The Nachttischlampe. Nacht-Tisch-Lampe. You put your clothes in a wardrobe, it is called Schrank in German. Schrank.
What more is there to tell you? If you want to store your books somewhere, you put them on a shelf. A shelf is a Regal. Regal. I think that's enough for today. Have fun learning German!
7/3/2011 • 3 minutes, 14 seconds
SG #062: Umgangssprache
Ich habe auf der Facebook-Seite von Slow German eine Umfrage gemacht. Dort habe ich Euch gefragt, welches Thema ich als nächstes behandeln soll. Mit großer Mehrheit habt Ihr Euch für die Umgangssprache entschieden.
Ich muss aber sagen, dass es gar nicht leicht ist, über die Umgangssprache zu sprechen! Was ist eigentlich Umgangssprache? Natürlich hat jede Region bestimmte Wörter, die man nie geschrieben sieht, sondern nur gesprochen hört. Aber das ist doch dann eher ein Dialekt, oder? Das wollte ich hier also eigentlich nicht zum Thema machen, um Dialekte wird es in einer anderen Episode gehen. Dann gibt es Anglizismen, die auch in der Umgangssprache vorkommen – aber dafür gibt es ja schon die Folge über Denglisch.
Nach langem Überlegen dachte ich mir, ich werde Euch einfach ein paar Beispiele für Umgangssprache nennen. Also für Wörter, Sätze oder Formulierungen, die in der Schriftsprache eigentlich nie auftauchen, die man aber hört, wenn man in Deutschland Menschen belauscht. Angenommen, wir sind in einer U-Bahn. Es ist Samstag, später Abend, und viele Leute sind unterwegs. Da sagt eine junge Frau: „Ich werde heute nicht mehr alt.“ Das klingt eigentlich so, als würde sie Selbstmord begehen, oder? Aber nein, keine Angst. Was sie sagen will ist: Ich bin müde, ich gehe bald ins Bett, ich halte nicht mehr lange durch heute.
Dann hören wir zwei Teenagern zu. Einer sagt: „Willst Du noch eine Runde daddeln?“ Damit will er seinen Kumpel fragen, ob er noch ein wenig computerspielen möchte. Der andere sagt: „Nee. Was kommt denn heute in der Glotze?“ Nee ist umgangssprachlich für Nein. Und die Glotze ist der Fernseher. „Ich will heute Abend glotzen“ heißt also: „ich will heute Abend fernsehen“. In manchen Regionen sagen die Menschen übrigens nicht fernsehen, sondern fernschauen. Oder noch schlimmer: Fernsehen schauen.
Wir lauschen weiter den Menschen in der U-Bahn. Ein Mann sitzt betrunken in einer Ecke. Da hören wir eine junge Frau zu ihrer Freundin sagen: „Schau mal, der ist total blau“. Obwohl seine Gesichtsfarbe natürlich ganz normal aussieht. Wenn die Freundin nicht versteht, was das bedeuten soll, sagt die junge Frau: „Du stehst aber ganz schön auf dem Schlauch“. Das heißt, es dauert zu lange, bis sie es versteht. Die Frau findet das nicht nett, sie hält ihre Freundin für verrückt und sagt: „Du hast eine Meise“. Wenn sie aber nur schlechte Laune hat, ohne Grund, dann ist sie vielleicht mit dem falschen Fuß aufgestanden. Das sagt man so. Das ist eine Redewendung – aber auch darüber müssen wir in einer anderen Folge mal ausführlicher sprechen.
Es gibt einige Ausrufe, die typisch sind für die Umgangssprache. Boah ey zum Beispiel. Das ist ein Ausdruck des Erstaunens, der hauptsächlich von Jugendlichen zu hören ist. Sehr gebildet oder klug klingt das übrigens nicht. Als Bestärkung kann man sagen: „Das gefällt mir eh nicht“. Das „eh“ steht dabei für sowieso. Oder ein Fragewort, das vor allem in Süddeutschland oft gebraucht wird: „Es ist schön heute, gell?“ Das „gell“ heißt so viel wie „nicht wahr?“ oder „meinst Du nicht auch?“.
Typisch in der Umgangssprache ist es natürlich auch, neue Wörter zu finden. Aus dem Hund wird ein Köter oder eine Fußhupe. Aus der Katze ein Stubentiger. Aus Brüsten werden Möpse, aus Geld wird Kohle. Wer lernen muss, der paukt. Obwohl das nichts mit der Pauke, also einer großen Trommel, zu tun hat. Wer schnell viel isst, der mampft. Das ist ein schönes Wort, finde ich, da es sich so anhört wie jemand, der mit vollen Backen kaut. Mampfen.
Und weil man in der Umgangssprache zu faul ist, lange Wörter auszusprechen, werden sie einfach abgekürzt. Die Lokomotive wird zur Lok, das Abitur zum Abi und die Mathematik wird zu Mathe.
Natürlich verändert sich die Umgangssprache über die Jahre. Wer früher, also vor 50 Jahren, etwas gut fand, der sagte dazu dufte, prima oder famos. All diese Wörter verwendet heute leider niemand mehr. Ein Teenager war damals ein Backfisch. Schön, oder?
6/20/2011 • 8 minutes, 12 seconds
Pronunciation of German Actors and Artists
This blogpost is dedicated to Mark Kermode and Simon Mayo of BBC Radio Five Live. I enjoy their Friday-afternoon banter and wondered if I could support them in any way. Well, there is only one thing that came to mind: I could help Mark, who always tries to pronounce names and titles correctly, to do so in German. This is an alphabetical list of Germans (and Austrians) that claim international fame. Some more, some less... By clicking on the player below each name, you will hear it pronounced in German. You can also download each file as an MP3 by right-clicking on the name and the clicking on "save as".
If you need more names - please just send me an e-mail or leave your suggestions in the comments!
5/13/2011 • 0
SG #061: Dating
Herzlich willkommen bei Slow German. Nanci hat sich das heutige Thema gewünscht. Tja, und ich habe diese Folge Dating genannt – obwohl das ein englisches Wort ist. Wir verwenden es auch in Deutschland. Aber es gibt natürlich auch deutsche Begriffe. "Sich verabreden" zum Beispiel – aber das kann viel mehr bedeuten. Ich kann mich auch mit meinem Vater verabreden oder mit einem Arbeitskollegen – das ist dann noch lange kein Date. Bleiben wir also beim romantischen Date.
In Deutschland gibt es keine so festgelegten Rituale des Datings wie beispielsweise in Amerika. Hier lernt man jemanden kennen – beispielsweise auf einer Feier oder bei Freunden – und verabredet sich. Mutige Menschen gehen gleich beim ersten Date zum Abendessen aus. Mutig deswegen, weil man beim Abendessen natürlich viel reden muss – und das ist schwierig falls man merkt, dass der andere Mensch gar nicht sympathisch ist. Besser ist daher ein Kinobesuch – da redet man kurz vorher, und dann schaut man in Ruhe den Film an. Wenn man danach noch Lust hat, geht man etwas trinken – wenn nicht, geht man nach Hause. Unverbindlicher ist auch eine Verabredung zum Kaffee trinken. Das dauert höchstens eine Stunde und man kann sich beschnuppern. Das heißt nicht etwa, dass man schnüffelt, ob der andere gut riecht – sondern ob man sich mag.
Viele Menschen versuchen mittlerweile auch, die große Liebe im Internet zu finden. Es gibt Kontaktbörse, bei denen Singles – wir sagen Alleinstehende – Beziehungen suchen. Oder Flirts. Oder Blind-Dates. Ihr merkt schon, beim Thema Liebe haben wir viele Wörter von den Amerikanern und Engländern geklaut! Natürlich gibt es auch bei uns mittlerweile das so genannte Speed Dating. Das sind Veranstaltungen, bei denen an kleinen Tischen jeweils eine Frau sitzt. Die Männer haben jeweils fünf Minuten Zeit, mit jeder Frau zu sprechen. Am Ende können die Männer und die Frauen auf einem Zettel ankreuzen, wen sie sympathisch fanden – wenn beide sich nett fanden, bekommen sie ihre Telefonnummern von der Organisation. Es gibt übrigens einen schönen deutschen Film, der genau diese Sache thematisiert, er heißt "Shoppen".
Nach einigen Dates ist es dann beschlossene Sache: Man beginnt eine Beziehung. Teenager sagen dann: Wir gehen miteinander. Später sagt man nur: Ich habe einen Freund. Das ist natürlich missverständlich, denn "ein Freund" kann natürlich auch einfach nur ein guter Freund sein. "Mein Freund" ist dann aber immer der Mann, mit dem ich in einer Beziehung bin. Leider haben wir keine Begriffe wie "Girl-Friend" oder "Boy-Friend".
Viel mehr kann ich zum Dating gar nicht sagen – es gibt keine festen Regeln, es gibt kein festgelegtes Vorgehen. Und das finde ich auch gut so. So bleibt es spannend, die große Liebe zu suchen!
So, ich hoffe Ihr habt wieder viele neue Wörter gelernt! Wenn Ihr Lust habt, folgt Slow German auf Facebook oder Twitter. PDFs zu allen Folgen gibt es auf slowgerman.com, dort findet Ihr auch noch viele andere Informationen und die Links zum Lernmaterial. Und es gibt eine App für‘s iPhone.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg61kurz.pdf
3/13/2011 • 4 minutes, 59 seconds
SG #060: Schwangerschaft und Geburt
Herzlich willkommen bei Slow German! Ich habe eine lange Pause gemacht, und das hat einen Grund. Ich habe nämlich einen kleinen Sohn bekommen. Daher heute mal das Thema: Kinder bekommen in Deutschland.
Nach dem Schwangerschaftstest hat eine Frau viel zu tun: Sie sollte jeden Monat zu ihrem Frauenarzt gehen und kontrollieren lassen, ob mit dem Baby alles in Ordnung ist. Baby ist eigentlich ein englisches Wort, wir verwenden es aber auch in Deutschland. Der korrekte Ausdruck für ein Neugeborenes ist eigentlich Säugling. Später ist das Kind dann ein Kleinkind.
Bei den regelmäßigen Untersuchungen wird das Gewicht der schwangeren Frau gemessen. Oft wird ihr Blut abgenommen, um verschiedene Werte zu kontrollieren. Sie muss auch eine Urinprobe abgeben. All das ist nicht besonders angenehm, aber die Belohnung ist dann eine Ultraschall-Untersuchung. Bei dieser Untersuchung können Arzt und Patientin sozusagen in den Bauch sehen und das ungeborene Kind beobachten. Recht früh kann man dabei auch schon das Geschlecht des Kindes feststellen – wenn man das möchte. Gegen Ende der Schwangerschaft wird man an ein CTG angeschlossen, das ist ein Wehenschreiber. Das sind zwei Gurte um den Bauch der Schwangeren – angeschlossen an einen Monitor. Dort sieht man dann, wie das Herz des Babys schlägt – und ob die Frau bereits Wehen hat.
Neben den ärztlichen Untersuchungen nehmen viele Frauen die Hilfe einer Hebamme in Anspruch. Sie nimmt sich viel Zeit, beantwortet Fragen und hilft der schwangeren Frau in dieser Zeit. Um zu wissen, was bei der Geburt alles passiert und welche Möglichkeiten es gibt, werden viele Geburtsvorbereitungskurse angeboten. Sie sind keine Pflicht, aber ein freiwilliges Angebot. Hier lernt man zum Beispiel verschiedene Atemtechniken. Viele Kurse werden von der Krankenkasse unterstützt, das heißt man muss nicht den vollen Betrag bezahlen.
Ab sechs Wochen vor der Geburt beginnt der Mutterschutz. In dieser Zeit kann die Frau arbeiten, sie muss es aber nicht mehr. In den acht Wochen nach der Geburt darf sie nicht arbeiten, wenn sie sich an diesen Mutterschutz hält. Damit sie trotzdem Geld bekommt, bezahlt ihr die Krankenkasse rund drei Viertel ihres Gehaltes weiter. So kann sie sich voll und ganz auf ihr neugeborenes Kind konzentrieren und gleichzeitig selber wieder fit werden.
Davor aber kommt die Geburt. Sie kündigt sich mit Wehen an. Das sind große Schmerzen, die regelmäßig auftreten und immer stärker werden. Die Mutter entscheidet sich schon vor der Geburt, wo sie ihr Kind bekommen möchte. Es gibt die so genannte Hausgeburt, da bleibt die Frau bei sich zu Hause und wird von einer Hebamme unterstützt. Dann gibt es noch Geburtshäuser, auch hier hilft eine Hebamme, aber die meisten Frauen bekommen ihr Kind in einem Krankenhaus. In der so genannten Entbindungsklinik. Denn ein Kind zu bekommen heißt auch, zu entbinden.
Im Krankenhaus hat die Schwangere auch Unterstützung von einer Hebamme. Wenn die Frau das möchte, bekommt sie eine PDA, das ist eine Spritze, die ihr die Schmerzen nimmt. Es gibt in vielen Kliniken auch die Möglichkeit einer Wassergeburt. Dafür ist die Frau dann in einer großen Badewanne, das warme Wasser soll entspannend wirken. Eine normale Geburt nennt man in Deutschland Spontangeburt. Auch wenn sie oft viele Stunden lang dauert.
Wenn es Komplikationen gibt, kann das Kind entweder mit einer Saugglocke oder mit einer Zange auf die Welt geholt werden. Oder mit einem Kaiserschnitt. Der Kaiserschnitt wird immer häufiger angewendet – dabei wird das Kind durch eine Operation aus dem Bauch der Frau geholt.
Wenn ein Kind übrigens zu früh geboren wird, wird es Frühchen genannt. Zum Glück ist die Medizin mittlerweile so weit, dass viele zu früh geborene Kinder trotzdem eine große Überlebens-Chance haben.
Gleich nach der Geburt darf das Kind bereits an die Brust der Mutter – wenn diese das möchte. Sie kann das Kind stillen.
Falls sich die Frau für eine ambulante Geburt entschieden hat,
2/18/2011 • 7 minutes, 52 seconds
SG #059: Studieren in Deutschland
Joanne und viele andere von Euch haben gefragt, ob ich etwas über die deutschen Universitäten erzählen kann und darüber wie es ist, in Deutschland zu studieren. Das werde ich heute machen!
Wer in Deutschland studieren möchte, der braucht zunächst einmal die so genannte Hochschulreife. Das bedeutet, dass man einen guten Schulabschluss braucht und eine bestimmte Anzahl an Jahren in die Schule gegangen sein muss. Die allgemeine Hochschulreife ist in Deutschland das Abitur, es gibt aber auch die Fachhochschulreife. Es gibt feste Regeln, was man mitbringen muss, um studieren zu dürfen. Das ist unterschiedlich von Fach zu Fach und von Universität zu Universität. Außerdem ändert sich derzeit das gesamte System in Deutschland: Es wird umgestellt auf die international anerkannten Abschlüsse des Bachelor und Master. Daher ist es gerade alles etwas chaotisch.
Angenommen, ich habe also das Abitur. Und ich möchte studieren. Dann gibt es trotzdem noch ein Problem: Manche Fächer sind so beliebt, dass zu viele junge Menschen diese Fächer studieren möchten. Dann kann die Universität einen so genannten Numerus Clausus einführen. Das ist Lateinisch. Es bedeutet: Nur wenn ich einen bestimmten Abitur-Notendurchschnitt habe – also besonders gute Noten im Abschlusszeugnis, darf ich studieren.
Jetzt sage ich Euch kurz, wie es früher war und heute manchmal noch ist – da gab es nämlich das Diplom. Diese Diplomstudiengänge werden fast alle verschwinden, weil sie durch den Bachelor und Master abgeschafft werden. Aber ich sage Euch trotzdem, was das war: Zunächst mal hat man zwei bis vier Semester studiert, das war das Grundstudium. Ein Semester ist ungefähr ein halbes Jahr lang. Dann gab es eine Vorprüfung, das so genannte Vordiplom. Danach hat man nochmal vier bis sechs Semester studiert im Hauptstudium, und am Ende gab es die Diplomprüfung. Ein Diplom ist eine Urkunde, also ein wichtiges Zeugnis. In vier bis fünf Jahren konnte man also ein Diplom machen. Ihr habt das vielleicht schon einmal auf Visitenkarten gesehen: Es gibt in Deutschland viele Diplom-Ingenieure.
Ich selber habe einen Magister Artium. Das ist so etwas ähnliches wie ein Diplom. Aber einen Magister gibt es nur in geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern. Dabei studiert man meistens ein Hauptfach und zwei Nebenfächer. Ich hatte als Hauptfach Amerikanische Kulturgeschichte gewählt, als Nebenfächer Politik und Völkerkunde. Der Magister-Studiengang ist sehr frei, man kann sich seinen Stundenplan frei zusammenstellen, und das hat wirklich Spaß gemacht. Am Ende musste ich Prüfungen ablegen, mündlich und schriftlich, und ich musste eine Magisterarbeit schreiben, also ein Dokument zu einem bestimmten Thema, 120 Seiten lang.
Es gibt auch unterschiedliche Arten von Veranstaltungen in einem Studium. Typisch sind Vorlesungen. Das bedeutet: In einem meist sehr großen Saal steht ein Professor oder Dozent vorne an der Tafel und erzählt eineinhalb Stunden lang etwas über sein Thema. Die Studenten schreiben die Informationen mit und lernen sie später zu Hause. Manche Vorlesungen sind Pflicht – es muss also jeder Student dieser Fachrichtung in diese Vorlesung gehen. Das wird kontrolliert. Oft gibt es auch am Ende eine Prüfung. Andere Vorlesungen sind freiwillige Angebote – der Student kann hingehen, muss aber nicht. Dann gibt es noch Seminare – das sind dann Veranstaltungen mit weniger Studenten. Während in Vorlesungen oft gleich hunderte von Studenten in einem Saal sitzen, sind in manchen Seminaren nur zehn Studenten anwesend. Hier wird Wissen vertieft und genauer auf ein Thema eingegangen. Die Studenten müssen auch oft Referate halten – sich also auf ein Thema besonders gut vorbereiten und dann vor den anderen Studenten darüber einen Vortrag halten. Studenten untereinander nennen sich übrigens Kommilitonen. Wenn das Semester vorbei ist, hat man als Student aber noch keine Ferien, denn zunächst beginnt die vorlesungsfreie Zeit. In dieser Zeit soll man zum Beispiel Hausarbeiten sch...
9/17/2010 • 11 minutes, 35 seconds
The German ABC. Absolute Beginner #3
Hello and welcome to the third episode for beginners – the long summer break is finally over and I hope I can produce more shows for you these coming weeks. Not only episodes for beginners, but also for advances learners.
Today, I want to pick up a topic that listener Burt asked me to cover: The German alphabet. I will go through the 26 letters now slowly so that you can hear how they are pronounced.
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Then there are the „Umlaute“: Ä Ö Ü and we have a special „s“-sound, the ß. You don't hear a big difference, I know. Don't worry about that now.
While we are at the topic of pronounciation: JJ from New Zealand asked me to tell him the difference between Z and S. There's a big difference there! For example: We say Sahne, meaning cream, but Zucker, meaning sugar. The Z is pronounced like a t and a s. TS. More word with Z? Let me think. How about Zahn for tooth, Zeppelin, Zimt for cinnamon or also words with the Z in the middle like Beziehung for relationship or Katze for cat.
And one last thing: We have another sound in the German language, that is quite hard for beginners to pronounce. The CH-sound. It is either ch or ch. I'll give you some examples: Koch for cook, Buch for book, wach for awake. Or kichern for to giggle, Becher for cup and seicht for shallow.
So much for this quick lesson in German pronounciation – we'll end with a repetition of the alphabet. Hope you tune in next time and tell your friends about this podcast! Bis bald, Eure Annik.
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
9/10/2010 • 5 minutes, 45 seconds
In a restaurant. Absolute Beginner #2
Hello and welcome to the series "Absolute Beginners" here at Slow German. There will be new episodes as before, but I will include a few episodes for absolute beginners. They are meant for people who for example are travelling to Germany and who want to speak a few words in the native language... The first one of these was published some time ago, and today I want to give you all the vocabulary you need to go to a restaurant and eat something. After all, I don‘t want you to starve here in Germany!
At first if you enter the restaurant, you might be greeted by a waiter. This is not at all common in Germany – most people just seat themselves. So if you don't see somebody steering towards you, feel free to choose yourself where you want to sit. In case a waiter welcomes you, he might ask „Haben Sie reserviert?“ or „Haben Sie eine Reservierung?“. He wants to know if you have made a reservation in advance. You can say, „Nein, tut mir leid“, meaning „No, I'm sorry“, or „Ja, auf den Namen Schmidt“. Of course you have to replace the name Schmidt with your own name.
The waiter might also ask you: „Für zwei?“, meaning „For two?“, if he sees that there are two people in your party. Or „Für vier?“ if there are four. He will then show you to a table that's big enough for all of you.
Usually, the waiter should present you with the menu without being asked for it. If he's having a busy day or simply forgot his duty, you might remind him with „Die Speisekarte, bitte.“ meaning „The menu, please“. You can also say: „Kann ich die Karte haben?“, „Can I have the menu?“
Most waiters are not very talkative, so don't expect them to introduce themselves and ask things like „What would you like to drink today?“. They most simply say: „Zum Trinken?“, meaning „To drink?“. Then they wait for you to answer. Now I don't know what you would like to order, but I have a few alternatives for you:
„Eine Apfelschorle, bitte.“. Apfelschorle is the favorite non-alcoholic drink of Germans, it is a mix of mineral water and apple juice. „Eine Apfelschorle, bitte.“
„Einen Orangensaft, bitte.“. An orange-juice, please.
„Eine Cola, bitte.“ A coca-cola, please.
„Ein Mineralwasser, bitte.“ Sparkling mineral water, please.
„Ein stilles Wasser, bitte.“
Or, of course, „Ein Bier bitte.“. I guess I don't have to translate that.
Now let's think about food. You pick something from the menu and say „Ich hätte gerne...“, and then you say what you would like to eat. If you can pronounce it, I am very proud of you. For example you can order a Schnitzel and say „Ich hätte gerne das Wiener Schnitzel“. If you are a little shy, just say „Ich hätte gerne das hier“, and point to what you would like to have on the menu. If you want something special that you can't find on the menu, just ask: „Haben Sie ...?“. For example: „Haben Sie ein Wiener Schnitzel?“. It simply means: Do you have a Wiener Schnitzel?
Let's hope everything worked out fine and you're sitting there with your drink and your food. The waiter will wish you „Guten Appetit“, literally meaning he wishes you a healthy appetite. But something is missing. Just call the waiter by establishing eye-contact, maybe raising your hand and saying „Entschuldigung“, meaning simply „Excuse me“. Then wait until he or she comes to your table. In former times people said „Herr Ober“ or „Fräulein“, but that is thought to be old-fashioned today and some waiters and waitresses even consider it to be rude.
Finally, just ask: „Könnte ich bitte Salz haben?“ if you want to have salt. I give you some more examples:
„Könnte ich bitte eine Gabel haben?“ means „Could I have a fork, please?“
„Könnte ich bitte ein Messer haben?“ means „Could I have a knife, please?“
„Könnte ich bitte einen Löffel haben?“ means „Could I have a spoon, please?“
„Könnte ich bitte einen Aschenbecher haben?“ means „Could I have an ashtray, please?“ But be careful: Most restaurants nowadays are smoke-free.
5/17/2010 • 9 minutes, 14 seconds
SG #058: Humor
Andrew und Xavi aus Barcelona haben mich gebeten, über deutschen Humor zu sprechen. Darum geht es also in der heutigen Folge.
Das erste, woran ich beim Thema Humor denke, sind Witze. Witze sind kurze Geschichten, die sich Menschen erzählen, und die ein lustiges Ende haben. Diese Witze verbreiten sich von Mensch zu Mensch wie eine Lawine, und manche von ihnen kennt fast jeder. Es gibt interessanterweise immer Phasen, in denen eine bestimmte Art von Witzen sehr beliebt ist. Als ich ein Kind war, waren das die Häschen-Witze. Ein Häschen ist ein kleiner Hase. Wir haben uns also immer Witze erzählt, in denen ein kleiner Hase in ein Geschäft kommt, um etwas zu kaufen. Ich werde jetzt keinen dieser Witze erzählen, aber Ihr könnt sie euch wahrscheinlich vorstellen. Aus heutiger Sicht waren sie nicht sehr lustig.
Eine andere Phase waren unter Erwachsenen die Blondinenwitze. Darin machte man sich über blonde Frauen lustig und stellte sie als besonders dumm dar. Auch Menschen aus verschiedenen Regionen machen sich gerne über andere Regionen lustig. In Deutschland veräppelt man oft Ostfriesen, das sind Menschen die ganz weit im Norden leben. Veräppeln ist übrigens ein anderes Wort für "sich über jemanden lustig machen". Man kann auch sagen: Veralbern.
Natürlich gibt es auch in Deutschland Menschen, die davon leben, lustig zu sein. Ich meine jetzt nicht Clowns, sondern Comedians und Kabarettisten. In Deutschland wird gerne eine Grenze gezogen zwischen diesen beiden Berufen. Comedians gibt es eigentlich erst seit gut 20 Jahren in Deutschland – das sind Menschen, die sich meist ganz alleine auf eine Bühne stellen und lustige Dinge erzählen. Kabarettisten gibt es schon viel länger hier – sie haben meistens einen politischen Hintergrund oder sind sehr gesellschaftskritisch. Daher ist es oft schwer, ihren Humor zu verstehen – wenn man die Hintergründe nicht genau kennt.
Ich möchte Euch heute einige Spaßmacher vorstellen. Im Moment ist ein Mann in Deutschland regelrecht berühmt, weil er unglaublich viele Zuschauer hat. Er hat es sogar geschafft, 70.000 Menschen in das Berliner Olympiastadion zu locken, um ihnen seine Geschichten zu erzählen. Damit steht er jetzt sogar im Guinness-Buch der Rekorde. Sein Name ist Mario Barth. Er stammt aus Berlin und macht vor allem Witze über die Beziehung zwischen Männern und Frauen. Ich muss gestehen, dass ich über seine eher primitive Art von Humor überhaupt nicht lachen kann – aber er wird von vielen Deutschen gemocht.
Es gibt einige lustige Menschen, die jeder Deutsche kennt, weil sie schon so lange in Deutschland aktiv sind. Otto zum Beispiel, oder Mike Krüger, oder Karl Dall. Sie alle mag ich auch nicht – es tut mir leid! Ich kann Euch aber auch Menschen nennen, die ich lustig finde. Von den Pionieren ist das zum Beispiel Loriot. Loriot ist ein Mann, der eigentlich Vicco von Bülow heißt. Vor vielen Jahrzehnten fing er an, die Menschen genau zu beobachten. Dann hat er Szenen aus dem Alltag aufgeschrieben und sie so bearbeitet, dass sie lustig wurden. Sie sind lustig, weil jeder schon einmal etwas ähnliches erlebt hat. Zum Beispiel wie es ist, wenn dem Menschen im Restaurant gegenüber eine Nudel im Gesicht klebt – und man sich nicht mehr auf das Gespräch konzentrieren kann. Schaut Euch mal Loriot-Sketche bei YouTube an, ich bin gespannt, ob sie Euch gefallen.
Welche Comedians ich empfehlen kann? Da gibt es viele. Zum Beispiel Dieter Nuhr oder Michael Mittermeier. Momentan ist auch Eckart von Hirschhausen sehr beliebt – er ist ein Arzt, der zum Beispiel sehr amüsant darüber spricht, was das Glück für die Menschen bedeutet. Und Kaya Janar hat sich als Thema vor allem die multikulturelle Gesellschaft ausgesucht – wie also zum Beispiel Deutsche mit Türken im Alltag umgehen.
Zu den großen Kabarettisten gehört Dieter Hildebrandt, der mittlerweile über 80 Jahre alt ist und immer noch sehr aktiv. Ich fürchte aber, dass er für Euch schwer zu verstehen ist, weil er sehr schnell spricht.
1/20/2010 • 11 minutes, 22 seconds
SG #057: Halloween
Die Deutschen feiern gern. Das merkt man auch daran, dass sie Feste aus anderen Ländern gerne übernehmen. Ein Beispiel dafür ist Halloween. Halloween ist kein deutscher Brauch. Es wurde ursprünglich in Irland gefeiert und von den Iren nach Amerika gebracht. Dort ist es mittlerweile ein sehr wichtiges Fest geworden.
Hier in Deutschland gibt es keine Halloween-Tradition. Dennoch wird Halloween von vielen Deutschen seit den 90er-Jahren gefeiert. Manche Deutsche veranstalten Halloween-Parties. Und manche Kinder gehen tatsächlich von Haus zu Haus und sammeln Süßigkeiten. Manche Bars und Restaurants veranstalten ebenfalls Halloween-Parties, sie schmücken ihre Räume mit künstlichen Spinnweben und Skeletten.
Halloween gehört einfach zum Herbst dazu, das merkt man auch an der Dekoration. Im Herbst machen wir eine Kürbissuppe und stellen kleine Zier-Kürbisse auf den Tisch, als Deko. Wir sammeln Kastanien und rote und gelbe Blätter von Bäumen und arrangieren sie zu einem schönen Bild. Manche Deutsche höhlen auch Kürbisse aus und stellen eine Kerze hinein – genauso wie in Amerika.
Dennoch ist die Bedeutung von Halloween nicht groß in Deutschland. Wir haben andere Bräuche, die alt sind und aus unserer Region stammen. Ein Brauch ist das Martinssingen. Am 11. November ziehen Kinder von Haus zu Haus und singen Lieder – als Belohnung bekommen sie Süßigkeiten oder Früchte. Das ist ein katholischer Brauch, der dem von Halloween sehr nahe kommt – außer dass die Kinder an Halloween "Süßes oder Saures" rufen, anstatt zu singen. Beim Martinssingen tragen die Kinder selbstgebastelte bunte Laternen mit Lichtern darin. Das sieht im Dunkeln besonders schön aus. Das bekannteste Lied ist "Ich geh mit meiner Laterne – und meine Laterne mit mir. Da oben leuchten die Sterne und unten leuchten wir". Zum Martinstag am 11. November gehört eine Geschichte, die an den Heiligen Martin erinnert. Er hatte seinen Mantel mit einem frierenden Bettler geteilt.
Ein anderer wichtiger Brauch ist Allerheiligen am 1. November. Aber davon habe ich Euch schon in einer anderen Folge erzählt. An Allerheiligen gedenkt man der Toten, daher ist es ein eher trauriger Feiertag. Deswegen sind Tanzveranstaltungen in katholischen Regionen verboten – ab Mitternacht. Halloween-Parties müssen also ab Mitternacht ganz still sein.
Ich selber bin zwar auf zwei Halloween-Parties eingeladen, werde aber nicht hingehen. Ich werde mich an Halloween nicht verkleiden und keine Süßigkeiten an Kinder verteilen. Ich werde mich aber auf den nächsten Tag freuen und darauf, an Allerheiligen meine Familie zu sehen.
Wie macht Ihr es? Wie feiert man Halloween in Eurem Land? Wenn Ihr Lust habt, schreibt in die Kommentarfunktion auf slowgerman.com – in Deutsch oder Englisch.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg57kurz.pdf
10/30/2009 • 5 minutes, 18 seconds
SG #056: Jugendherberge
Eine Herberge ist eine Unterkunft, also ein Platz, wo man schlafen kann. Es ist so etwas ähnliches wie ein Hotel. Eine Jugendherberge ist wie der Name schon sagt ein Hotel für Jugendliche. Der Unterschied zu einem Hotel ist vor allem der Preis für ein Zimmer. Meistens sind Jugendherbergen viel billiger. Oft gibt es Mehrbettzimmer, also Zimmer mit mehreren Betten darin. Es gibt einen Speisesaal und meistens auch schöne Angebote für Familien, also zum Beispiel einen Spielplatz oder ein Schwimmbad. Noch ein Unterschied zum Hotel: Die Gäste müssen ihre Betten selbst mit Bettwäsche beziehen und vor Abreise wieder abziehen. Das macht im Hotel ein Zimmermädchen. Handtücher muss der Gast selber mitbringen oder in der Jugendherberge mieten.
Wie ist dieses Konzept entstanden? Die erste Jugendherberge entstand vor genau 100 Jahren, und zwar am 26. August 1909. Der Lehrer Richard Schirrmann war damals mit einer Schulklasse unterwegs. Er wollte acht Tage lang mit den Kindern wandern. In der ersten Nacht schliefen sie in der Scheune eines netten Bauern. In der zweiten Nacht allerdings tobte ein Gewitter und sie fanden lange keine Unterkunft. Schließlich kamen sie endlich in der Dorfschule unter. Der Lehrer konnte nicht schlafen – also kam ihm die Idee, für andere Wanderer eigene Herbergen einzurichten. Wenig später richtete er die erste Jugendherberge ein.
Die Idee setzte sich schnell durch: Schon 1932 gab es über 2100 Jugendherbergen. Damals hatten sie noch große Schlafsäle, in denen viele Kinder und Jugendliche zusammen in einem Raum schliefen. International werden die Jugendherbergen "Youth Hostels" genannt. Weltweit gibt es mittlerweile 4500 Jugendherbergen, in Deutschland sind es noch 550. Diese Jugendherbergen haben unterschiedliche Standards: Jugendherbergen der Kategorie 1 sind eher einfach eingerichtet, die Herbergen der Kategorie 4 bieten gehobenen Komfort, sind also besser eingerichtet und ausgestattet.
Wichtig ist den Jugendherbergen, dass sie nicht nur eine Unterkunft sind. Sie stehen für Frieden. Sie wollen, dass Jugendliche und Kinder viel reisen, um andere Länder und andere Menschen kennenzulernen und dadurch Toleranz zu lernen. In einer solchen Herberge verbringt man oft Zeit mit anderen Gästen und lernt sich näher kennen. Oft werden Jugendherbergen genutzt, um mit einer ganzen Schulklasse zu reisen. Die Kinder dürfen zum Beispiel eine Woche lang Urlaub in einer Jugendherberge machen, anstatt in die Schule zu gehen. Dafür lernen sie vor Ort in der Jugendherberge mit ihrem Lehrer andere Dinge, zum Beispiel über die Umwelt und Natur. Der Leiter der Jugendherberge wird auch heute noch oft "Herbergsvater" genannt. Und ein Klischee für Jugendherbergen, das oft wahr ist, ist der ständig aus einer großen Kanne ausgeschenkte Tee.
Wer in einer Jugendherberge übernachten möchte, muss nicht unbedingt ein Kind sein. Mittlerweile ist es möglich, auch als Erwachsener dort zu übernachten. Wichtig ist aber, ein Mitglied des Deutschen Jugendherbergswerk zu sein. Das ist die Organisation, zu der alle Jugendherbergen gehören. Das Deutsche Jugendherbergswerk, kurz DJH, ist übrigens ein eingetragener Verein. Über Vereine gab es schon eine Slow German-Folge, Ihr könnt sie gerne nachhören. Wer also in einer Jugendherberge übernachten möchte, muss Mitglied in dieser Organisation werden, und das kostet Geld, aber nicht viel. Momentan liegen die Beträge zwischen 12,50 Euro und 21 Euro für ein ganzes Jahr. Dazu kommt dann natürlich der Preis für eine Übernachtung, das Frühstück ist immer mit dabei.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg56kurz.pdf
9/22/2009 • 8 minutes, 17 seconds
SG #055: Fernsehen
Toshada und viele andere von Euch haben mich gebeten, über das Thema Fernsehen in Deutschland zu sprechen. Gerne!
Könnt Ihr Euch vorstellen, dass schon 1929 ein regelmäßiges Fernsehprogramm ausgestrahlt wurde? Zwar noch in schlechter Auflösung, aber immerhin! 1936 wurden die Olympischen Sommerspiele im Fernsehen gezeigt, ein großes Ereignis für das Dritte Reich. Natürlich war damals noch alles schwarz-weiß zu sehen. Das Farbfernsehen gab es in Deutschland erst ab 1967 für alle Zuschauer, die ein passendes Gerät hatten. Heute haben 95% der deutschen Haushalte ein Fernsehgerät.
Zu Beginn war Fernsehen Luxus – und eher langweilig. Denn es gab nur wenige Fernsehsender und diese sendeten auch nur kurze Zeit. Sogar als ich ein Kind war, war das Fernsehen noch ganz anders als heute. Nachts gab es nur ein Testbild zu sehen, eine bunte Grafik, und die Sender haben sich ausgeschaltet. Es gab die beiden großen öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF, die dritten Programme, das sind Regionalsender für jedes Bundesland, und erst ab 1984 gab es auch private Fernsehsender in Deutschland. Am bekanntesten sind hier RTL, SAT1 und ProSieben. Weil es am Anfang so wenige Sender gab, wurden sie von den Zuschauern nummeriert – und dieses Phänomen gibt es noch heute. Die ARD heißt „Das Erste“, mit dem Zweiten meint man das ZDF, das Zweite Deutsche Fernsehen, und die Dritten sind die Regionalprogramme.
ARD und ZDF sowie die Dritten finanzieren sich größtenteils aus Rundfunkgebühren. Jeder Deutsche, der Geld verdient und einen Fernseher hat, zahlt dafür Gebühren an die so genannte GEZ. Abends ab 20 Uhr dürfen diese Sender keine Werbung mehr zeigen. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben einen Bildungsauftrag, sie sollen vor allem Information bieten. Heute leisten sie aber auch einen Beitrag zur Unterhaltung. Am Freitagabend gibt es in den Dritten gute Talkshows wie „3 nach 9“ oder die „NDR Talkshow“, am Samstagabend gibt es Unterhaltungsshows und am Sonntag Abend in der ARD den „Tatort“, den wohl berühmtesten deutschen Krimi nach „Derrick“. Am Sonntag läuft auch die „Lindenstrasse“, eine wöchentliche Serie, die seit 1985 läuft. Es gibt drei große deutsche Talkerinnen, sie sind allesamt sehr gute Journalistinnen: Anne Will, Maybrit Illner und Sandra Maischberger. Für Kinder produziert die ARD auch wunderbare Sendungen, zum Beispiel die berühmte „Sendung mit der Maus“, eine Wissenssendung, die auch viele Erwachsene sehen.
Die privaten Sender finanzieren sich ausschließlich aus Werbeeinnahmen. Es gibt vor allem zwei große Konzerne in Deutschland, die Fernsehen machen: Die ProSiebenSat1 Media AG hat ihren Sitz in München, und zu ihr gehören vier Fernsehsender. Wie der Titel schon sagt sind das ProSieben, Sat1, dazu noch kabel eins wo viele amerikanische Sitcoms laufen und N24, ein Nachrichtensender.
Die zweite große Firma ist die RTL Group in Köln, zu ihr gehören der Sender RTL, der Nachrichtensender n-tv und Teile von RTL2, VOX und Super RTL. RTL startete 1992 die erste deutsche Seifenoper, also eine Soap. Sie heißt „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, und läuft täglich im Fernsehen. Seit einigen Jahren gibt es auch Telenovelas in Deutschland. Abends laufen aber meistens die großen amerikanischen Serien wie „Dr. House“, „Desperate Housewives“ und so weiter, sie sind alle ins Deutsche übersetzt und synchronisiert.
Es gibt noch viele andere Sender, zum Beispiel Musiksender wie MTV oder VIVA, wir empfangen CNN und in manchen Gegenden die BBC. Ich selber habe Kabelfernsehen, mein Fernsehprogramm kommt also aus der Steckdose. Ich habe 34 Sender zur Auswahl, das meiste davon ist Quatsch, wie zum Beispiel Shoppingsender. Man kann aber auch eine Satellitenschüssel installieren, dann hat man eine größere Auswahl an weltweiten Angeboten. Oder man nutzt Pay-TV und bezahlt für eine Settop-Box, dann kann man ebenfalls weitere Kanäle sehen. In Deutschland hieß der Pay-TV-Anbieter bis vor kurzem Premiere, jetzt heißt er Sky.
7/10/2009 • 13 minutes, 50 seconds
Yes, no, hello! Absolute Beginner #1
]Hello and welcome to a new series here at Slow German. There will be new episodes as before, but I will include a few episodes for absolute beginners. They are meant for people who for example are travelling to Germany and who want to speak a few words in the native language...
First of all, you want to be able to say yes and no. That's the easy part. If you want to say yes, say „Ja“. „Ja“. If you want to say no, say „nein“. Nein.
When travelling in a foreign country, it is important to be nice to the people you meet. After all, everything you do will reflect on your own country. If you're an American and you're acting loud the Germans will say: Americans are loud! So be careful what you do!
Our next words are please, thank you and sorry or pardon. If you want to thank somebody for something, you simply say „Danke“. Danke. In reply to that, the other person will answer „bitte“. Bitte. If you want to attract the attention of somebody, for example a person working in a store, or if you bump into somebody, you say „Entschuldigung“. I know this is a hard word to say and everybody will understand if you say „sorry“, but the correct German word is Entschuldigung. Ent-schul-di-gung.
Alright, very good so far! Now let's get to four words that you can use for directions. There is left and right. Left is links, links, and right is rechts, rechts. It's easy to memorize, because the first letter of the words is the same. Links and rechts. In rechts you have a sound that is not common in many other languages, the „ch“-Sound. Your mouth forms a wide grin, like if you want to say „eeeee“. Now if you lift the middle part of your tongue a little bit, you will get this sound. „Ch“. Two more words for directions: Up and down. Up is „oben“, oben, and down is „unten“, unten.
Let's get to different greeting formulas. You can always say „Guten Tag“, no matter what time it is. It jus means „A good day to you“. If you want to specify, you can wish a good morning or good evening. Then it is „Guten Morgen!“ or „Guten Abend“. Guten Morgen. Guten Abend. The more colloquial form is „Hallo“. Hallo. If you are in Southern Germany, in Bavaria or even in our neighbor-country Austria, you will often hear „Grüß Gott“. This means „God is greeting you“, meaning „God bless you“. I am not a Christian and I say it anyway – it is very common in Southern Germany. Grüß Gott.
If you want to leave, there are also different possibilities. You can say „Auf Wiedersehen“, auf Wiedersehen, meaning „until we see us again“. The more colloquial form is „Tschüss“ or the Italian „ciao“. Tschüss. Ciao. Auf Wiedersehen!
Four more words to go, then we are through with this first episode of Slow German for Absolute Beginners. Let's say you enter a hotel, or you want to introduce yourself to somebody. Then you say „Ich heiße...“ and then your name. I would say „Ich heiße Annik“. In a hotel, you would follow up with something like „Ich habe eine Reservierung“, if you have a reservation for a room. We also copied the English form of that sentence, so you can also introduce yourself by saying „Mein Name ist...“. Mein Name ist Annik.
Ok, now three important places for every traveler. If you travel by train, you need the trainstation. Bahnhof. Bahnhof. If you fly to Germany, you will arrive at the airport, the Flughafen. Flughafen. And if you need a taxi, guess what? You can call a Taxi! I guess that word is the same in almost every language. We just pronounce it a little differently. Taxi. Taxi.
That's it for now, in the next easy episode I will tell you what to say if you're in a restaurant. If you have questions or ideas what to teach next, write me an e-mail at [email protected] . You can find the text and the vocabulary to this episode as well as many infos on slowgerman.com. Auf Wiedersehen! Or better: Auf Wiederhören!
7/6/2009 • 5 minutes, 49 seconds
SG #054: Banken
Momentan ist eines der größten Themen die Finanz- und Wirtschaftkrise. Fan hat mich nun gebeten, über das deutsche Bankwesen zu sprechen, und das werde ich gerne tun.
Es gibt viele sehr bekannte deutsche Banken, zum Beispiel die Deutsche Bank oder die Commerzbank. In Deutschland gibt es sehr wenige Privatbanken, dafür aber viele öffentlich-rechtliche oder genossenschaftliche Banken. Das ist alles etwas kompliziert, im Grunde kann man sagen, es gibt drei verschiedene Arten von Banken in Deutschland. Zum einen gibt es die Genossenschaftsbank – eine Genossenschaft ist eine bestimmte Rechtsform. Die bekannteste Genossenschaftsbank in Deutschland ist wohl die Volks- und Raiffeisenbank. Die zweite Art ist eine öffentlich-rechtliche Bank, zum Beispiel eine Sparkasse. Das Hauptziel der Sparkassen ist nicht, Gewinne zu erzielen. Vereinfacht gesagt geht es ihnen mehr um den Bürger als um das Geld. So sollte es zumindest sein. Die dritte Bankenart ist die Privatbank.
Was kann man bei einer Bank alles machen? Zunächst mal hat man oft schon als Kind die Möglichkeit, das ersparte Geld zur Bank zu bringen. Ich erinnere mich, dass ich ein Sparschwein hatte – das war ein Schwein aus Porzellan, das oben einen Schlitz hatte. Dort konnte man Münzen hineinwerfen. Wenn das Schwein voll war, wurde es zur Bank gebracht und das Geld auf ein Sparkonto eingezahlt. So haben viele deutsche Kinder gelernt, zu sparen.
Später eröffnet man bei der Bank ein Girokonto. Das passiert meist dann, wenn man anfängt zu arbeiten und regelmäßige Einnahmen hat. Ein Girokonto ist sehr praktisch. Man kann viele Zahlungen automatisieren, das nennt man dann einen Dauerauftrag. Ich habe es zum Beispiel so eingerichtet, dass an jedem ersten Tag im Monat das Geld für die Miete automatisch von meinem Konto auf das Konto meiner Vermieterin überwiesen wird.
Schecks werden in Deutschland nur noch sehr selten von Privatpersonen verwendet. Stattdessen gibt es so genannte Einzugsermächtigungen. Ich habe zum Beispiel einen Vertrag unterschrieben, und dieser Vertrag erlaubt meinem Stromanbieter, dass er jeden Monat oder jedes Quartal Geld von meinem Konto abbuchen darf. Er holt sich also das Geld selber, das der Strom kostet. Das gleiche gilt für die Heizung, das Wasser, Versicherungen und ähnliches. Daher muss ich mich um nichts mehr kümmern, alles ist automatisiert.
Wenn ich einer anderen Person Geld schicken möchte, weil ich zum Beispiel bei eBay etwas gekauft habe, dann kann ich das Geld überweisen. Eine Überweisung ist ein Blatt Papier, ein Formular. Dort trage ich meinen Namen ein und meine Kontonummer, und den Namen und die Kontonummer des Menschen, bei dem ich etwas gekauft habe. Dann noch den Geldbetrag, und einen so genannten Verwendungszweck, also ein Stichwort, damit der Verkäufer weiß, wofür das Geld gedacht ist. Diese Überweisung gebe ich dann bei der Bank ab, und das Geld wird überwiesen. Noch einfacher ist es online – die meisten Banken bieten mittlerweile in Deutschland Online-Banking an. Hier kann ich online ausfüllen, wem ich Geld schicken möchte, und alles geht ganz schnell. Damit die Bank weiß, dass nur ich Zugriff auf das Konto habe, hat sie mir einen Online-Zugang eingerichtet, der mit einem Passwort geschützt ist. Dieses Passwort habe ich per Post zugeschickt bekommen. Außerdem muss ich jede Transaktion, also zum Beispiel jede Überweisung, mit einer TAN-Nummer bestätigen. Diese TAN-Nummern bekommt man ebenfalls per Post geschickt.
Natürlich kann man auch in Deutschland längst mit Plastik bezahlen. Das bedeutet, man kann Plastikkarten benutzen, um zu bezahlen. Am weitesten verbreitet sind ec-Karten. EC steht dabei für Electronic Cash. Mit so einer Karte kann ich auf mein Girokonto zugreifen. Zum Beispiel kann ich an einem Bankautomaten Geld abheben. Dafür muss ich die ec-Karte in den Automaten einführen, dann meine PIN-Nummer eingeben, das sind vier Zahlen, und dann kann ich Bargeld abheben. Ich kann mit der ec-Karte auch einkaufen.
6/12/2009 • 13 minutes, 45 seconds
SG #053: Arztbesuch
Courtenay aus Tennessee möchte gerne etwas über einen Arztbesuch in Deutschland erfahren. Ich habe Euch ja schon erzählt, dass man in der Regel zunächst einen Termin beim Arzt vereinbart. Die Koordination übernimmt die Sprechstundenhilfe. Das ist meistens eine Frau, die in der Arztpraxis am Telefon die Termine annimmt und einträgt. Sie hat noch weitere Aufgaben, die meisten davon sind Bürotätigkeiten. Dann nimmt man im Wartezimmer Platz und wartet, bis man an die Reihe kommt.
Der Arzt oder eine Arzthelferin kommen dann ins Wartezimmer und rufen entweder den Namen auf oder sagen „Der Nächste, bitte“. Der Arzt hat eine Karteikarte, auf der die Krankengeschichte des Patienten steht. Also zum Beispiel wie alt er ist, wieviel er wiegt, wie groß er ist, welche Krankheiten er bereits hatte, wann er zuletzt beim Arzt war oder welche Medikamente ihm verschrieben wurden.
Dann fragt der Arzt den Patienten, was ihm fehlt. Der Patient kann dann beschreiben, dass ihm zum Beispiel der Bauch weh tut. Oder dass er Halsschmerzen hat. Er kann berichten, dass er seit ein paar Tagen Fieber hat, Husten oder Schnupfen. Oder falls er sich verletzt hat kann er erklären, wie alles passiert ist – wenn er zum Beispiel vom Fahrrad gestürzt ist und sich dabei ein Bein gebrochen hat oder ähnliches.
Der Arzt stellt dabei weitere Fragen. Er fragt, wie lange die Schmerzen schon anhalten. Er fragt, ob die Schmerzen nur manchmal existieren oder immer da sind. Er fragt, ob es zum Beispiel in der Familie ähnliche Probleme gibt, ob man eventuell eine Krankheit geerbt hat. Und ob es Medikamente gibt, die man nicht verträgt oder gegen die man allergisch ist. Er versucht, aus den Symptomen eine Diagnose zu ziehen. Das bedeutet: Er setzt die verschiedenen Schmerzen zusammen und versucht herauszufinden, was die Ursache ist.
Der Arzt hat verschiedene Möglichkeiten, den Patienten zu untersuchen. Zunächst wird er oft den Patienten bitten, sich freizumachen. „Machen Sie sich bitte frei!“ bedeutet in diesem Fall: Die Kleidung ausziehen. Meistens aber nur an der Stelle, die Schmerzen bereitet, also zum Beispiel das T-Shirt ausziehen, damit der Arzt die Lunge abhören kann oder den Bauch abtasten. Oft wird er dann Maschinen benutzen, um den Patienten weiter zu untersuchen. Er kann zum Beispiel mit einem Ultraschallgerät arbeiten. Das passiert zum Beispiel bei Schwangeren. Dabei trägt er erst ein kühles Gel auf die entsprechende Stelle auf und fährt dann mit einem Ultraschallkopf darüber. Auf einem Monitor sieht er dann in den Bauch. Wenn man sich ein Bein gebrochen hat, dann muss man den Bruch röntgen, um genau zu sehen, was gebrochen ist. Mit einem Röntgengerät kann man Knochen abbilden.
Wenn der Arzt die Symptome richtig erkannt hat, kann er eine Diagnose stellen. Er kann dem Patienten dann sagen, an welcher Krankheit er leidet oder welche Ursache die Schmerzen haben.
Normalerweise bekommt man dann ein Rezept vom Arzt. Auf diesem Blatt Papier stehen Angaben für einen Apotheker. Dort bekommt man die Medizin, die der Arzt verschrieben hat. Oft bekommt man Antibiotika verschrieben, wenn man zum Beispiel eine Lungenentzündung hat. Wer sich dagegen ein Bein gebrochen hat, der bekommt wahrscheinlich einen Gips, damit wird der Bruch ruhig gestellt, damit er wieder heilen kann. Manche Patienten werden auch ins Krankenhaus eingewiesen, um dort weiterbehandelt oder operiert zu werden, wenn sie schwer krank sind.
Zum Arzt kann man aber auch gehen, wenn man gar nicht krank ist. Ich werde demnächst dorthin gehen, um meinen Impfschutz zu erneuern. Ich habe ein gelbes Heft, das ich bei meiner Geburt bekommen habe. Darin stehen alle Impfungen, die ich bis jetzt bekommen habe. Impfungen sind in der Regel Injektionen. Man bekommt also zum Beispiel eine Spritze, damit man in Zukunft keine Masern, Röteln oder Windpocken bekommen kann.
Man kann auch zu einem Check-Up gehen. Dann macht der Arzt verschiedene Tests. Er lässt einen zum Beispiel auf einem Hometrainer fahren....
5/29/2009 • 9 minutes, 49 seconds
SG #052: Automobile
Wer momentan in Deutschland Nachrichten liest, sieht oder hört, dem begegnet ein Thema besonders häufig: Die Finanzkrise. Am stärksten betroffen ist in Deutschland derzeit die Automobilindustrie. Victor aus Mexiko hat mich gebeten, darüber zu sprechen.
In Deutschland arbeiten rund 800.000 Menschen in der Automobilindustrie. Sie stellen Autos her. Es gibt viele bekannte Automarken, die aus Deutschland stammen. Wer in Deutschland mal die Autos anschaut, der sieht vor allem Volkswagen, Mercedes Benz (also Daimler), Opel, BMW und Audi. Gut, ein paar Porsches gibt es natürlich auch noch, und viele andere Automarken, die nicht aus Deutschland stammen. Am erfolgreichsten sind Daimler und Volkswagen. In Deutschland gibt es ungefähr 41 Millionen PKW, das steht für Personenkraftwagen, also normale Autos. Die größeren Lastwagen nennt man LKW für Lastkraftwagen. Das bedeutet, dass ungefähr jeder zweite Deutsche ein Auto hat.
Die Automobilindustrie hat eine lange Tradition in Deutschland, und das ist kein Wunder. Denn das Auto wurde 1885 erfunden – von Carl Benz, einem Deutschen.
Es gibt viele Begriffe, die Ihr vielleicht noch nicht kennt. Wisst Ihr zum Beispiel, wie wir ein offenes Auto nennen? Das ist ein Cabrio. Ein Auto, in dem zwei Menschen Platz haben, nennen wir einen Zweisitzer. Das bekannteste deutsche Auto in dem nur zwei Menschen sitzen können, ist wohl der Smart, ein tolles, kleines Auto!
Ein sehr beliebtes Auto der Deutschen ist der VW Golf. Wenn man sich ein Auto kaufen möchte, kann man entweder ein neues Auto kaufen oder ein gebrauchtes. Beim Verkauf bekommt man die Papiere – den Fahrzeugschein und den Fahrzeugbrief. Wer diese beiden Papiere offiziell besitzt, dem gehört das Auto.
Ein Auto darf aber nicht sofort auf die Straße: Erst muss es zugelassen werden. Dazu geht man zu einer speziellen Behörde, der Zulassungsstelle. Dort meldet man das Auto an, und dann bekommt man Kennzeichen, also Nummernschilder. Das sind zwei längliche Metallschilder, die man vorne und hinten am Auto montiert. Daran kann es erkannt werden. In Deutschland beginnt das Kennzeichen immer mit einem, zwei oder drei Buchstaben. Diese Buchstaben stehen für eine Stadt oder eine Region. Je weniger Buchstaben, desto größer die Stadt. M steht für München, B für Berlin, S für Stuttgart, K für Köln.
Auf dem Nummernschild steht nach diesem Buchstaben ein kleiner Strich – und darüber und darunter sind zwei bunte Aufkleber zu sehen, so genannte Plaketten. Diese Plaketten bekommt man vom TÜV. Der TÜV ist eine Institution, die kontrolliert, ob das Auto in Ordnung ist. Ob es sicher ist und funktioniert. Alle zwei Jahre muss man das Auto zur Kontrolle bringen und bekommt dann eine neue Plakette.
Ist das Auto dann endlich zugelassen, kann man damit fahren. Es gibt zwei Arten von Autos: Autos mit Automatikgetriebe und Autos mit manueller Gangschaltung. Als ich ein Kind war, hatten alle Autos in Deutschland eine manuelle Gangschaltung. Heute hat sich das geändert: Immer mehr Deutsche kaufen Automatik-Autos. Ich kann das gut verstehen, es ist bequemer. Mein kleines Auto hat aber nach wie vor eine manuelle Gangschaltung.
Bevor man sich hinter das Steuer eines Autos setzen darf, muss man einen Führerschein machen. Dazu geht man in die Fahrschule. Hier bezahlt man Geld dafür, damit ein Fahrlehrer einem beibringt, Auto zu fahren. Man lernt wie die Gangschaltung funktioniert, wo der Blinker ist, wie man einparkt und so weiter. Und natürlich muss man auch die Verkehrsregeln beachten. Daher ist der Unterricht in der Fahrschule in einen Theorie- und einen Praxisteil gegliedert. Am Ende muss man eine theoretische und eine praktische Prüfung machen. Wenn man sie beide besteht, bekommt man den Führerschein, der aussieht wie eine Kreditkarte aus Plastik.
Übrigens müssen Autos in Deutschland versichert sein! Das ist Pflicht. Falls man einen Unfall baut, an dem man nicht schuld ist, kann man also sicher sein, dass man unterstützt wird.
5/5/2009 • 13 minutes, 47 seconds
SG #051: Good Bye, Lenin!
Heute mal wieder ein Filmtipp von mir. Er ist aus dem Jahr 2003 und heißt „Good Bye, Lenin!“
Im Film geht es um eine Familie in Ostdeutschland. Der Vater hat die Familie verlassen und ist in den Westen geflüchtet. Die Mutter bleibt mit ihren beiden Kindern in der DDR zurück. Sie setzt sich für den Sozialismus ein. Eines Tages sieht sie, wie ihr Sohn Alexander bei einer Demonstration festgenommen wird. Der Schock ist für sie so groß, dass sie einen Herzinfarkt bekommt und ins Koma fällt. Es ist das Jahr 1989, und die Mauer fällt. Aber Christiane Kerner bekommt davon nichts mit, weil sie im Koma liegt.
Erst ein halbes Jahr später wacht sie wieder auf. Ihr Körper ist noch schwach, sie darf sich nicht aufregen, das wäre schlecht für ihr Herz. Aber es ist viel passiert. Die DDR gibt es nicht mehr. Wäre das nicht ein lebensgefährlicher Schock für die Frau?
Deswegen hat ihr Sohn Alexander die Idee, es ihr einfach nicht zu erzählen. In ihrer Wohnung lässt er die DDR wieder aufleben. Gemeinsam mit einem Freund nimmt er sogar eine Nachrichtensendung auf, die die Mutter dann im Fernsehen sieht. Es ist rührend zu sehen, wie viel Mühe sich der Sohn macht, um seine Mutter vor der Aufregung zu schützen. Er hat selber Spaß daran, sich seine eigene DDR zu erfinden.
Wie der Film ausgeht, verrate ich hier nicht. Die Hauptrolle des jungen Alexander wird gespielt von Daniel Brühl, der einer der bekanntesten deutschen Schauspieler seiner Generation ist. Die Regie führte Wolfgang Becker. Der Film war ein großer Erfolg in Deutschland, sechs Millionen Menschen haben ihn im Kino gesehen. Er bekam neun Deutsche Filmpreise und den Europäischen Filmpreis Felix.
Mir hat der Film damals sehr gut gefallen, weil er zum einen die Charaktere sehr warmherzig und humorvoll porträtiert. Zum anderen zeigt er die Suche eines jungen Mannes danach, was die DDR eigentlich war. Schaut Euch diesen Film an, wenn Ihr ihn noch nicht gesehen habt!
Musik gibt es diesmal auch wieder, und zwar von Ewa Firsowicz das Lied „Kennst Du nicht auch“.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg51kurz.pdf
4/27/2009 • 8 minutes, 39 seconds
SG #050: Gesundheitssystem
Die Informationen in diesem Text sind veraltet - bitte informiert Euch im Internet über die aktuelle Situation. Sobald Zeit ist werden wir den Text hier ergänzen.
Marcelo, Ekaette und einige andere haben mich gebeten, über das deutsche Gesundheitssystem zu sprechen. Das ist gar nicht so einfach, weil es ein sehr komplexes Thema ist. Ich werde versuchen, Euch die Grundzüge zu erklären.
In Deutschland sind die meisten Menschen versichert. Es gibt zwei Arten von Krankenkassen: gesetzliche und private Krankenkassen. In der gesetzlichen Krankenversicherung zahlt man jeden Monat einen bestimmten Beitrag. Dieser richtet sich danach, wieviel man verdient. Wer viel verdient, muss auch mehr für seine Krankenversicherung bezahlen. Wer wenig verdient, zahlt weniger. Die meisten deutschen Bürger sind bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert. Ich auch. Nur ungefähr 10 Prozent der Deutschen sind privat versichert. Hier zahlt man auch regelmäßig Beiträge, diese sind aber von anderen Faktoren abhängig, zum Beispiel davon, wie alt man ist und ob man eine Frau ist oder ein Mann.
In Deutschland gibt es eine Versicherungspflicht. Das heißt, dass fast jeder versichert sein muss. Nur zum Beispiel Beamte, Soldaten oder Selbständige müssen sich nicht versichern. Alle anderen schon.
Bei mir sieht das so aus: Ich habe eine kleine Plastikkarte, die aussieht wie eine Kreditkarte. Auf ihr sind meine persönlichen Daten gespeichert, also wo ich wohne und bei wem ich versichert bin. Wenn ich zum Arzt komme, gebe ich diese Karte dort ab. Sie wird eingelesen und die Informationen überprüft. Dadurch weiß der Arzt, wem er seine Leistungen in Rechnung stellen muss, wer also für seine Arbeit bezahlt.
Zusätzlich muss ich zehn Euro bezahlen. Das ist eine so genannte Praxisgebühr. Sie wurde vor einigen Jahren neu eingeführt. Dann kann ich auch schon im Wartezimmer Platz nehmen und darauf warten, dass der Arzt Zeit für mich hat. Wieviel meine Behandlung kostet und wer sie bezahlt, das erfahre ich als Patient gar nicht. Das läuft dann alles zwischen Arzt und Versicherung ab.
Aber die Versicherung zahlt nicht alles. Wenn ich zum Beispiel meine Zähne professionell reinigen lassen möchte, muss ich das selber bezahlen. Bei meinen Kontaktlinsen übernimmt die Krankenkasse wenigstens einen kleinen Teil der Kosten – den Rest muss ich zahlen. Wenn ich beim Frauenarzt bestimmte Vorsorgeuntersuchungen machen möchte, beispielsweise Ultraschall zur Krebsvorsorge, muss ich das auch selber zahlen. Den Begriff Vorsorge muss ich vielleicht erklären: Bei der Vorsorge geht es darum, dass man zum Arzt geht, obwohl man noch nicht krank ist oder sich noch nicht krank fühlt. Man versucht also zu verhindern, dass man krank wird. Oder man versucht, bestimmte Krankheiten möglichst früh zu entdecken, damit man sie dann leichter bekämpfen kann. Bei der Vorsorge sorgt man also frühzeitig für seinen Körper.
Auch wenn man nicht alles bezahlt bekommt, ist das System verglichen mit vielen anderen Ländern sehr gut. Wer krank ist oder einen Unfall hatte, wird ärztlich versorgt, dafür sorgt seine Krankenkasse. Das ist auch bei schwangeren Frauen so, die vor der Geburt regelmäßig untersucht werden.
In Deutschland gibt es aber immer wieder Diskussionen über das Gesundheitssystem. Da die Ärzte an Privatpatienten mehr verdienen als an gesetzlich versicherten Patienten, ist es oft schwieriger, als gesetzlich versicherter Patient einen Termin zu bekommen. Für teure Untersuchungen muss man dann länger warten. Das ist aber nicht immer so – manche Ärzte machen keinen Unterschied.
Nach der Untersuchung bekommt man vom Arzt meistens ein Rezept. Das ist ein kleines Blatt Papier, auf dem der Arzt notiert hat, welche Medikamente man braucht. Damit geht man zu einer Apotheke und bekommt dort die verschriebenen Pillen.
Musik ist übrigens auch eine gute Medizin, deswegen gibt es heute für Euch die Gruppe „Maximal egal“ mit ihrem Song „Es geht vorbei“.
4/17/2009 • 9 minutes, 29 seconds
SG #049: Radfahren
Endlich ist der Frühling da. Und das bedeutet für mich: Ich hole mein Fahrrad aus dem Keller. Viele Deutsche fahren zwar auch im Winter mit ihrem Rad, aber ich nicht. Mir macht das nur Spaß, wenn es warm ist.
Im Frühling muss ich das Fahrrad erst einmal putzen und die Kette neu ölen. Dann muss ich die Reifen aufpumpen, weil sie sonst zu wenig Luft haben. Noch ein kurzer Bremsen-Check – und schon kann es losgehen.
Ein Fahrrad besteht aus zwei Reifen, die mit Speichen bestückt sind. Man setzt sich auf den Sattel und tritt in die Pedale. Mit dem Lenker kann man die Richtung bestimmen, und eine Klingel haben die meisten Fahrräder auch, um zu warnen. Damit man auch nachts gesehen wird, hat das Rad vorne und hinten ein Licht und zwischen den Speichen orangefarbene Reflektoren, Katzenaugen genannt. Man kann entweder mit einer Bremse am Lenker bremsen oder mit einer Rücktrittbremse durch die Pedale. Viele Räder haben eine Gangschaltung, damit man mal schneller und mal langsamer treten kann und so leichter vorwärtskommt. Wenn man jemanden mitnehmen möchte, kann sich dieser entweder auf die Lenkerstange setzen oder hinten auf den Gepäckträger.
Viele Deutsche fahren Fahrrad. Manche von ihnen sehen das Radfahren als Sport, sie tragen enge Trikots und einen Helm und brausen so schnell es geht durch das Land. Andere fahren lieber gemütlich herum und sehen sich die Landschaft an. Zu denen gehöre ich auch.
München ist ein wahres Radfahr-Paradies. Radfahrer haben ihre eigenen Radwege, die von den Autostraßen getrennt sind. An manchen Kreuzungen gibt es sogar kleine Ampeln nur für Radfahrer. Und eigene Straßenschilder, die die Entfernung zu bestimmten Orten anzeigen. So kann man schöne Radtouren machen.
Für mich ist das Fahrrad eine Möglichkeit, mich sehr schnell in der Stadt zu bewegen. Wenn ich von meiner Wohnung aus zu meinem Arbeitsplatz fahren möchte, brauche ich mit dem Auto 20 Minuten – und muss dann einen Parkplatz suchen. Mit der Straßenbahn brauche ich zwar nur 11 Minuten, aber oft muss ich lange warten, bis eine Bahn kommt. Mit dem Fahrrad bin ich in 15 Minuten dort – und habe gleichzeitig ein wenig Sport gemacht.
Letztes Jahr habe ich von meinen Eltern einen Fahrradhelm geschenkt bekommen. Kinder sind es in Deutschland gewöhnt, einen solchen Helm zu tragen. Ich bin es noch nicht – aber ich versuche ihn so oft wie möglich aufzusetzen. So ist die Verletzungsgefahr bei einem Unfall viel kleiner.
Übrigens lernen die Kinder in Deutschland sehr früh, Fahrrad zu fahren. Manche benützen dafür so genannte Stützräder. Das sind kleine Räder, die man rechts und links an das Fahrrad montiert. So wird aus dem Fahrrad ein Rad mit vier Rädern, das nicht umfallen kann. In der Grundschule gibt es dann einen speziellen Unterricht bei der Polizei. Sie zeigen auf einem Verkehrsübungsplatz, welche Regeln man als Fahrradfahrer beachten muss.
Bis zum achten Lebensjahr dürfen Kinder mit ihrem Fahrrad auf dem Gehweg fahren. Danach müssen sie auf der Straße bei den Autos fahren. Normalerweise nehmen Autofahrer Rücksicht auf die Fahrradfahrer – aber leider nicht immer.
In großen Städten gibt es meistens auch Sightseeing mit dem Fahrrad. Da kann man sich dann ein Fahrrad ausleihen und mit einer Gruppe von Touristen durch die Stadt fahren und sich alles zeigen lassen.
Wer kein eigenes Fahrrad hat und trotzdem gerne radeln möchte, der kann sich ein Fahrrad mieten. Die Deutsche Bahn bietet diesen Service an, er heißt „Call a Bike“. Diese silbern-orangefarbenen Fahrräder stehen überall herum, und man kann sie mit einem Telefonanruf freischalten. Nach der Benutzung sperrt man das Fahrrad wieder ab und gibt Bescheid, wo es steht. Dieser Service ist aber leider nicht kostenlos.
Begeisterte Radfahrer radeln übrigens auch gerne mehrere Tage lang in ihrem Urlaub. Zum Beispiel kann man einmal um den Bodensee fahren, oder bis nach Venedig. Dafür braucht man aber ordentlich Kondition, um so lange in die Pedale zu treten!
So,
4/8/2009 • 9 minutes, 11 seconds
SG #048: Die Bundeswehr
Die Informationen in diesem Text sind veraltet - bitte informiert Euch im Internet über die aktuelle Situation. Sobald Zeit ist werden wir den Text hier ergänzen.
In Deutschland gibt es ein Gesetz, nach dem alle männlichen deutschen Staatsbürger wehrpflichtig sind, sobald sie 18 Jahre alt werden. Das bedeutet: Sie müssen Wehrdienst leisten. Wie lange, das ändert sich immer wieder. Früher waren es 18 Monate, mittlerweile nur noch halb so lang. Wenn man am Freitag oder Sonntag in Deutschland mit dem Zug fährt, sieht man viele sehr junge Männer in Tarnuniform. Ich finde das meistens ein häßliches und erschreckendes Bild, denn man denkt dann sofort an Krieg. Die Jungs sitzen dann aber friedlich im Zug und fahren für das Wochenende nach Hause zu ihren Familien. Am Montag müssen sie dann wieder lernen, ihr Land zu verteidigen. Es gibt aber auch eine Alternative zum Wehrdienst, dazu am Ende dieser Episode mehr.
Erst müssen alle Wehrdienstleistenden drei Monate lang in die Grundausbildung. Dort lernen sie zum Beispiel zu schießen und auch wie man anderen hilft. Nach einer Prüfung geht es weiter zu einer Spezialisierung. Man kann Fallschirmjäger werden oder zur Marine gehen. Bei der Bundeswehr kann man verschiedene Ausbildungen machen, man kann den Führerschein für Lastwagen machen und ähnliches. Also auch einige Dinge, die man später im zivilen Leben brauchen kann. Es gibt auch Bundeswehr-Universitäten für spätere Offiziere.
Man kann sich auch freiwillig länger verpflichten als neun Monate. Dann bleibt man als Soldat auf Zeit mehrere Jahre bei der Bundeswehr. Das können zwei Jahre sein, es können aber auch zwölf Jahre oder mehr werden. Viele Männer machen dies, um bei der Bundeswehr eine teure Ausbildung machen zu können und später im zivilen Leben in einem neuen Beruf zu arbeiten. Angeblich sind das 85 Prozent der Zeitsoldaten. Es gibt aber noch eine Möglichkeit: Man kann in Deutschland auch Berufssoldat werden und somit also von Berufs wegen Soldat sein.
Die Bundeswehr besteht grob gesagt aus drei Bereichen. Es gibt das Heer, dazu gehören die Truppen an Land. Es gibt die Luftwaffe, die sich wie der Name schon sagt um die Luft kümmert, und es gibt die Marine, die zur See fährt. Der Chef des Militärs ist der Bundesverteidigungsminister. Er ist übrigens kein Militär, sondern ein Zivilist – und darf den Militärs trotzdem Befehle erteilen. Falls wieder Krieg wäre oder Deutschland sich irgendwie verteidigen müsste, wäre der Oberchef allerdings der Bundeskanzler.
Wie viele Soldaten es in Deutschland gibt, wird immer wieder neu festgelegt. Während des Kalten Krieges waren es fast eine halbe Million Männer. Nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands waren es 370.000. Bis nächstes Jahr sollen es 250.000 sein. Übrigens gibt es seit 2001 auch Frauen bei der Bundeswehr, sie müssen allerdings keinen Wehrdienst leisten, sondern können rein freiwillig zur Bundeswehr gehen. Ungefähr 15 Prozent der deutschen Soldaten sind Frauen.
Ein funktionierendes Militär zu haben kostet viel Geld. 2009 sollen in Deutschland 31 Milliarden Euro ausgegeben werden. Es gibt immer wieder Diskussionen im Land, ob dieses Geld richtig investiert ist und ob man es nicht lieber für Bereiche wie die Bildung ausgeben sollte.
Wie kommt man als junger Mann zur Bundeswehr? Man muss zur so genannten Musterung. Das ist eine Untersuchung bei einem speziellen Arzt. Hier wird er gemessen, gewogen und befragt. Dann muss er eine Urinprobe abgeben, einen Seh- und Hörtest machen und dann werden ihm Puls und Blutdruck gemessen. Nach weiteren Kontrollen entscheidet der Arzt, ob der Bewerber fit genug ist für das Militär. Zwei Drittel werden in der Regel als fit genug eingestuft, der Rest wird ausgemustert und muss nicht zum Wehrdienst. Wer die körperliche Prüfung bestanden hat und trotzdem nicht zum Militär möchte, der kann den Kriegsdienst verweigern. Dieses Recht ist sogar in der Verfassung verankert.
3/13/2009 • 10 minutes, 5 seconds
SG #047: Unregelmäßige Verben
Alessio hat sich gewünscht, dass ich die unregelmäßigen Verben spreche. Das tue ich in dieser Folge. Nach den Verben ist immer etwas Pause, so dass Ihr mitsprechen könnt. Die Liste der Verben könnt Ihr als PDF hier herunterladen.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg47kurz.pdf
2/26/2009 • 16 minutes, 12 seconds
SG #046: Deutsche Kunst
Vor einiger Zeit war ich im Franz-Marc-Museum in Kochel. Weil Sara mich gebeten hat, über deutsche Kunst zu sprechen, werde ich das heute tun. Ich werde Euch etwas erzählen vom Blauen Reiter.
Der Blaue Reiter war ein Künstlerkreis in München. Gegründet wurde er von Franz Marc und Wassily Kandinsky 1911. Sie wollten die festgefahrenen Traditionen der akademischen Malerei befreien. Mit dabei waren auch August Macke, Alexej von Jawlensky und Kandinskys Lebensgefährtin Gabriele Münter. Sie alle sind bis heute berühmte Künstler, deren Werke in vielen Museen weltweit zu sehen sind. Gemeinsam brachten sie einen Almanach heraus und organisierten Ausstellungen.
Die abstrakten, farbenfrohen und oft grafisch wirkenden Bilder von Wassily Kandinsky sind bis heute auf Postern, Postkarten und allen möglichen anderen Gegenständen zu sehen. Er ist eigentlich schon fast ein Pop-Art-Künstler, auch wenn er natürlich offiziell nicht zu dieser Gruppe gehört. Franz Marc ist berühmt geworden durch seine immer weiter verfremdeten Bilder von Pferden und anderen Tieren.
Besonders interessant ist es, wenn man in Bayern nach den Spuren dieser Künstler sucht. Zum Beispiel lebten sie lange in Schwabing, genauer gesagt in der Ainmillerstraße. Schwabing ist ein Stadtteil von München, der in den 20er-Jahren berühmt war für seine Künstlerateliers. Hier in den Kneipen trafen sich berühmte Autoren und Maler. Wenn die Künstler genug hatten von der Stadt, gingen sie aufs Land. Franz Marc und Kandinsky ließen sich in Murnau nieder, am Kochelsee. Es ist wunderschön dort – man fährt von München aus gut eine Stunde mit dem Auto Richtung Süden und in die Alpen hinein. Und dort steht dann zum einen das so genannte Russenhaus, in dem Kandinsky und Münter lebten, und das gerade modernisierte und erweiterte Franz-Marc-Museum.
Es ist tragisch, dass einige dieser interessanten Künstler so jung gestorben sind. Franz Marc und August Macke fielen im Ersten Weltkrieg, Marc war gerade mal 36 Jahre alt. Kandinsky ging zurück nach Rußland und lebte später in Paris, wo er 1944 starb. Der Blaue Reiter existierte nicht mehr, und München war nicht länger eine internationale Kunst- und Kulturhauptstadt.
Wenn Ihr nach München kommt, dann müsst Ihr unbedingt in das Lenbachhaus gehen. Das Lenbachhaus ist mein Lieblingsmuseum. Es ist eine schöne Villa, die beinahe so aussieht, als stünde sie in der Toskana. Dabei liegt sie mitten in München, gleich in der Nähe des Königsplatzes. Hier sind viele Bilder des Blauen Reiter zu sehen, viele davon wurden von Gabriele Münter der Stadt München geschenkt. Im Moment ist eine Kandinsky-Sonderausstellung hier zu sehen, die später in diesem Jahr nach Paris weiterzieht und nach New York.
Was die deutsche Kunstszene heute macht? Sie ist weiterhin lebendig. Es gibt einige große Namen, hauptsächlich allerdings sind es Männer. Zum Beispiel Jörg Immendorff und Georg Baselitz. Ich empfehle Euch die Werke von Gerhard Richter, vor allem die älteren Gemälde von ihm.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg46kurz.pdf
2/19/2009 • 5 minutes, 36 seconds
SG #045: Deutsche Literatur
Ivan aus Bulgarien interessiert sich für deutsche Literatur. Es ist schwer, so ein Thema in eine einzige Podcastfolge zu packen – ich versuche es dennoch. Wie immer sage ich Euch einfach, was ich persönlich gerne lese. Eine vollständige Liste aller deutschen Autoren wird das hier jedenfalls nicht werden!
Natürlich kennt jedes Kind hier in Deutschland Schiller und Goethe. In der Schule lernt man viel über diese großen deutschen Dichter. Ich selbst hatte im Gymnasium in den letzten zwei Jahren meiner Ausbildung Deutsch als Leistungskurs. Das bedeutet: Man sucht sich in den letzten zwei Jahren der Schulzeit zwei Fächer aus, auf die man sich konzentriert. Man verbringt mehr Zeit mit diesen beiden Fächern. Natürlich gibt es bestimmte Regeln, welche Fächer das sein können. Bei mir waren es Englisch und Deutsch – und im Deutsch-Leistungskurs haben wir sehr viel über Goethe gelernt. Viele Wochen lang haben wir uns nur mit „Faust“ beschäftigt. Wir haben es gelesen, besprochen und drei verschiedene Theatervorstellungen von „Faust“ angesehen. Aber ich gebe zu: Für einen Deutschlernenden und auch für viele Deutsche ist das schwere Kost. Also schwer zu verstehen. Damals sind wir übrigens auch mit der ganzen Klasse nach Weimar gefahren – dort hat Goethe lange Zeit gelebt.
Wenn es um alte Bücher geht, dann stehen in meinem Regal allerdings nicht Schiller und Goethe, sondern Heinrich Heine. Er galt als revolutionär und sehr modern und daher hatte er auch viele Kritiker. Ich habe viele alte Bücher von ihm. Am Liebsten mag ich aber drei dicke Bände, die seine Briefe zusammenfassen. Heine hat wunderbare Briefe geschrieben! Aus solchen Briefen kann man sehr gut herauslesen, was für ein Mensch er wohl war.
Aber wandern wir weiter in die Zukunft. Gerade war ein Film in den deutschen Kinos namens „Buddenbrooks“. Das ist ein berühmtes Buch von Thomas Mann, in dem es um eine Kaufmannsfamilie geht. Ich finde man kann es ein wenig vergleichen mit „Jenseits von Eden“ von John Steinbeck. Ich habe das Buch erst diesen Sommer gelesen und fand es gut – es ist allerdings fast 700 Seiten dick.
Noch weiter in die Zukunft! Bertolt Brecht und Erich Kästner überspringe ich. Sie sind aber natürlich sehr wichtig! Nächste Station: Hermann Hesse. Seine Bücher „Siddharta“ und „Der Steppenwolf“ habe ich sehr gemocht. Immer geht es eigentlich um die Suche nach dem eigenen Ich und nach dem Sinn des Lebens. Wahrscheinlich lesen deswegen so viele junge Deutsche gerne Hesse. Gerade habe ich von Stefan Zweig die „Schachnovelle“ gelesen, ein sehr dünnes Buch über einen Schachspieler an Bord eines Schiffes. Ich fand es sehr interessant!
So, und schon sind wir in der Gegenwart. Hier überspringe ich Günter Grass und Martin Walser und widme mich den jüngeren Autoren. Walter Moers schreibt wunderbare Bücher, die wie Märchen für Erwachsene sind. Allen voran natürlich „Die 13 ½ Leben des Käpt'n Blaubär“. Andreas Eschbach und Frank Schätzing sind Bestsellerautoren, die Science-Fiction schreiben.
Mein guter Freund Richard liest selber gerne deutsche Bücher, und er empfiehlt Euch allen „Herr Lehmann“ von Sven Regener, „Die Entdeckung der Currywurst“ von Uwe Timm – wobei ich das für sprachlich sehr anspruchsvoll halte, „Momo“ von Michael Ende und noch einige mehr. Links gibt es auf meiner Seite.
Wenn ich Euch gute deutsche Bücher empfehlen soll, dann lege ich Euch Patrick Süskind ans Herz. Sein wohl berühmtestes Buch ist „Das Parfum“, aber ich habe gerade „Die Geschichte von Herrn Sommer“ gelesen und es hat mich gerührt. Besonders schön zu lesen sind auch Glossen und Kolumnen der bekanntesten deutschen Kolumnisten Max Goldt, Harald Martenstein, Axel Hacke oder Harry Rowohlt.
Habt Ihr Buchempfehlungen? Dann schreibt in die Kommentarfunktion auf slowgerman.com! Ich bin sicher, ich habe die Hälfte meiner Lieblingsbücher hier vergessen. Dann gibt es eben irgendwann noch einmal eine Folge über Literatur.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.
2/12/2009 • 6 minutes, 21 seconds
SG #044: Essen
Leah aus Kalifornien hat mich gebeten, über das Essen zu schreiben. Da bekomme ich ja sofort Hunger! Man sagt auch: Da läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Also, legen wir los!
Was essen wir hier in Deutschland? Kartoffeln und Sauerkraut? Das sind die Vorurteile, die man in der Welt hat. Die Realität sieht anders aus. Die Deutschen lieben gutes Essen, und sie lieben internationales Essen. Ein scharfes Curry oder ein süß-saures chinesisches Essen, ein süßer italienischer Nachtisch hinterher – das ist wunderbar!
Essen ist Mode. Daher gibt es Trends, die sich verändern. Als ich ein Kind war, ging man meistens zum Griechen zum Essen oder zum Jugoslawen. Dort gab es dann meistens sehr viel Fleisch mit viel Knoblauch zu essen. Heute isst man lieber italienisch oder indisch. Nicht ganz so fettig, nicht ganz so viel Fleisch.
Ein typisches Modeessen für alle, die nicht dick werden wollen, ist Salat mit Putenbruststreifen. Das gibt es wirklich in jedem Lokal auf der Speisekarte. Dazu eine Apfelschorle, das Modegetränk der Deutschen.
Wenn man zum Essen geht, muss man zunächst oft telefonisch einen Tisch reservieren. Gerade bei beliebten Restaurants sind sonst alle Tische besetzt. Hat man seinen Platz gefunden, bekommt man eine Speisekarte und kann sich etwas aussuchen. Vielleicht zunächst eine Vorspeise? Oder ein kleiner Salat zum Hauptgericht? Und natürlich danach noch eine Nachspeise, ein Dessert. Und einen Kaffee, einen Espresso oder Capucchino.
Wenn man möchte, kann man so lange man will am Tisch sitzenbleiben. Anders als in Amerika. Dort wird man nach dem Essen höflich aufgefordert, die Rechnung zu bezahlen und zu gehen. In Deutschland passiert es oft, dass man nach dem Essen noch sitzen bleibt, einen Kaffee trinkt oder eine Flasche Wein bestellt, und lange einfach nur redet.
Irgendwann ist jedoch auch der schönste Restaurantbesuch zu Ende und man bestellt beim Kellner oder der Bedienung die Rechnung. Man gibt gute zehn Prozent Trinkgeld, bezahlt die Rechnung und geht nach Hause.
Momentan ist in Deutschland allerdings das Kochfieber ausgebrochen. Während es früher schick war, Essen zu gehen, isst man heute in der eigenen Wohnung. Im Fernsehen gibt es zahllose Kochshows, viele Köche sind zu Fernsehstars geworden. Was in England Jamie Oliver ist, ist bei uns Tim Mälzer. Ich finde diesen Trend super. Vor zwei Jahren habe ich selber angefangen zu kochen. Aber ich koche nicht gerne allein. Am meisten Spaß macht es, wenn zwei oder drei Freunde zusammen kochen. Dann ist es auch nicht so schlimm, wenn etwas mal nicht schmeckt – denn dann sind alle drei Köche schuld daran!
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2/5/2009 • 4 minutes, 44 seconds
SG #043: Stauffenberg
Gerade ist im Kino der Film „Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat“ angelaufen. Tom Cruise spielt darin die Hauptrolle. Gedreht wurde der Film hauptsächlich in Berlin. Viele der Schauspieler sind bekannte Deutsche. Ich selber werde ihn mir nicht ansehen – und zwar weil Tom Cruise die Hauptrolle spielt. Das ärgert mich. Denn eigentlich sollte der wunderbare deutsche Schauspieler Thomas Kretschmann die Hauptrolle spielen. Doch dann meldete sich Tom Cruise aus Hollywood und schnappte ihm die Rolle weg.
Aber vielleicht ist Thomas Kretschmann heute froh darüber, dass er die Rolle nicht gespielt hat. Denn ich habe viele schlechte Kritiken über den Film gelesen. Dort wird vor allem kritisiert, dass der Film viele Tatsachen falsch darstellt. Historisch ist der Film also nicht korrekt. Außerdem scheint es ein typischer Hollywoodfilm zu sein mit vielen Explosionen, Spannung, Action und aufregender Musik. Ich finde in diesem Fall wäre es sinnvoller, eine Charakterstudie zu machen. Also genauer darauf einzugehen, was Stauffenberg gefühlt, gedacht und geplant hat. Was für ein Mensch er war. Ein paar Fakten will ich Euch hier erzählen.
Sein voller Name war Claus Philipp Maria Schenk Graf von Stauffenberg. Daran merkt man also schon, dass er ein Adeliger war. Nach dem Abitur ging er zum Militär und machte dort Karriere. Er wurde Leutnant, Offizier und Oberst. Er heiratete 1933 seine Frau Nina und sie bekamen fünf Kinder. Politisch war Stauffenberg eher auf der konservativen Seite, war aber nicht gegen alles, was die Nationalsozialisten und der neue Reichskanzler Hitler beschlossen.
Als der Zweite Weltkrieg begann, hatte er verschiedene Aufgaben. 1943 wurde er bei einem Angriff von Tieffliegern schwer verletzt – er verlor ein Auge, eine Hand und zwei Finger der anderen Hand. Immer mehr wächst in ihm der Wunsch, dem Nazi-Regime ein Ende zu machen. Angeblich schon seit 1941. Es gibt unterschiedliche Gründe, die immer wieder genannt werden. Nicht alle waren heldenhaft. Stauffenberg war offenbar gegen eine parlamentarische Demokratie und hatte wohl auch keine wirklich zukunftsweisenden Visionen.
Dennoch arbeitete er mit weiteren hohen Militärs, die meisten von ihnen ebenfalls adelig, einen Plan aus, den Operationsplan Walküre. Mit diesem Plan wollte man gegen innere Unruhen kämpfen. Das war die offizielle Version. Aber in diesem Plan steckte ein Staatsstreich: Hitler sollte ermordet werden, wichtige Befehlshaber verhaftet. Stauffenberg selbst sollte das Attentat ausüben, dann aber eine andere Gruppe dafür verantwortlich machen.
Zwei Mal versuchte Stauffenberg, Hitler zu töten – beide Male musste er sein Vorhaben abbrechen. Beim dritten Versuch deponierte Stauffenberg Sprengstoff in der Nähe von Hitler – bei der Explosion wurden vier Menschen getötet – Hitler und 19 weitere überlebten. Die Operation Walküre scheiterte, Stauffenberg und die anderen wurden verhaftet und erschossen.
Hier in Deutschland wird viel über den Film mit Tom Cruise diskutiert. Zum einen wird kritisiert, dass ein Schauspieler, der offen Scientologe ist, den Hitler-Attentäter spielt. Zum anderen wird aber auch gelobt, dass durch diesen Film auf der ganzen Welt bekannt wird, dass es mutige Menschen wie Stauffenberg gab. Ihr kennt bestimmt auch die Geschichte der Geschwister Scholl (Film: Sophie Scholl - Die letzten Tage) die hier in München Widerstand gegen die Nazis geleistet haben. Wenn Euch Graf Stauffenberg und der Widerstand gegen Hitler interessiert, dann habe ich einen Tipp für Euch:
Es gibt eine gute Seite des ZDF im Internet, also des Zweiten Deutschen Fernsehens, auf der man noch mehr über dieses Thema lesen kann.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg43kurz.pdf
1/29/2009 • 6 minutes, 20 seconds
SG #042: Finns Reise im Schlafanzug
Heute ein kleines Geschenk zu Weihnachten: Eine Geschichte aus meinem Kinder-Hörbuch "Finns Reise im Schlafanzug".
Kuck mal, was ich gefunden habe!“, ruft Hannibal die Weltenbummler-Maus. Mit einem großen Satz hüpft er auf die Bettdecke und läuft so schnell es geht zu Finns Gesicht.
In seiner Hand hält er ein Stück Seil aus dickem, festem Draht. Stolz hält er es vor Finns Augen.
Finn reibt sich die Augen, denn eigentlich war er gerade eingeschlafen. Noch etwas müde setzt er sich auf und sieht seinen kleinen Freund Hannibal neugierig an.
„Was ist denn das?“, fragt Finn und schaut sich das silberfarbene Teil in Hannibals Hand etwas genauer an.
„Na was schon“, sagt Hannibal ungeduldig. Aber Finn kommt nicht drauf.
„Ein Drahtseil, natürlich!“, ruft Hannibal und drückt Finn das Stück Seil in die Hand.
Kaum hat Finn es berührt, hört er auch schon ein lautes Knistern. Er fühlt sich, als würde er auf bunten Wolken schweben. Doch im nächsten Augenblick plumpst er auf den Boden. Ist er etwa aus seinem Bett gefallen?
Nein, denn der Boden um ihn herum ist kräftiges grünes Gras, es fühlt sich ganz anders an als der flauschige blaue Teppichboden in seinem Kinderzimmer. Seine Reise im Schlafanzug hat begonnen. Aber wo er und Hannibal gelandet sind, das muss er erst noch herausfinden.
Finn steht auf und sieht an sich herunter. Ein paar grüne Blätter kleben an seiner Schlafanzugshose. Um ihn herum sind lauter Pflanzen, mit riesigen grünen Blättern und bunten Blüten, die süßlich duften. Von überall her ist Vogelgezwitscher zu hören und ein großer Käfer krabbelt über den Boden.
„Komm schnell“, ruft Hannibal, der ungeduldig an Finns Hosenbein zupft. „Wir müssen uns beeilen, die Schule beginnt bald.“
Finn schaut seinen kleinen Freund ungläubig an: „Welche Schule denn?“
Hannibal zeigt ins Tal hinunter. Erst jetzt bemerkt Finn, dass sie sich auf einem hohen Berg befinden. Und auch um die beiden herum kann Finn nur Berge erkennen. Einer neben dem anderen, und alle sind mit großen grünen Bäumen bewachsen.
Als Finn noch einmal ins Tal schaut, wird ihm ganz mulmig.
„Da müssen wir runter?“, fragt er etwas ängstlich. „Und wie sollen wir das machen?“
Hannibal lächelt und zeigt seinem Freund eine Rolle aus Eisen. So eine Rolle hat er schon einmal gesehen, auf einem Abenteuer-Spielplatz. Da konnte er sich an ein Seil hängen und von einem Mast zum anderen schwingen. Das hatte ihm Spaß gemacht und er hatte sich wie Tarzan im Dschungel gefühlt. Doch was hatte solch eine Rolle mit der Schule im Tal zu tun?
„Was sollen wir denn damit machen?“, fragt er.
„Na, wir machen es wie alle anderen auch“, antwortet Hannibal und zeigt auf drei kolumbianische Kinder, die bei einem dicken Mast stehen. Von dort führt ein starkes Drahtseil zu einem der gegenüberliegenden Berge. Jetzt bemerkt Finn auch auf den anderen Bergen weitere Seile. Diese hängen hoch über den Tälern, es würde sogar ein Hochhaus unter sie passen. Den breiten und wilden Fluss im Tal kann man kaum noch erkennen.
„Das glaube ich nicht! Du machst doch einen Scherz, Hannibal. Oder?“, fragt Finn seinen Freund.
Hannibal lacht und antwortet nur: „Nein, wir schauen uns das nur an. Das ist nämlich ganz schön schwierig und sehr gefährlich.“
Finn und Hannibal schauen die drei Kinder erwartungsvoll an. Alle haben eine Art Gürtel mit einem verlängerten Riemen. Damit machen sie sich an der Rolle und am Seil fest. Die Kinder zeigen Finn eine Holzgabel.
„Wenn sie bremsen möchten, drücken sie die Gabel gegen das Seil“, erklärt Hannibal.
Finn dreht sich zu den Kindern um. Eines hat sich bereits an das Seil gehängt, stößt sich kräftig vom Boden ab und gleitet wie ein Trapezkünstler in Richtung des gegenüberliegenden Berges.
„Warum gibt es hier denn keine Straßen oder keine Brücken?“, fragt Finn nachdenklich. „Das wäre doch viel sicherer.“
Hannibal nickt. „Das stimmt wohl“, antwortet er. „Aber Straßen und Brücken sind sehr teuer und die Menschen hier in Kolumbien sind sehr arm.
12/23/2008 • 7 minutes, 36 seconds
SG #041: Weihnachten
Ich kann es selber kaum glauben - aber ich habe Euch noch gar nichts von Weihnachten erzählt! Also hole ich das heute nach. In Deutschland ist Weihnachten das wahrscheinlich wichtigste Fest des Jahres. Ich weiß, Ostern ist für die Christen noch viel wichtiger, aber Weihnachten ist auch für weniger religiöse Menschen wie mich ein großes Datum.
Ich habe Euch ja schon erzählt, dass es in Deutschland den Advent gibt. Die vier Sonntage vor Weihnachten wird also jeweils eine Kerze angezündet auf einem Adventskranz. Und man hat einen Adventskalender, hinter dessen Türchen jeden Tag Schokolade oder etwas anderes zu finden ist. Ist diese Wartezeit endlich vorbei, dann ist Weihnachten. Wir feiern schon am 24. Dezember. In meiner Familie beginnt der Tag nach einem schönen Frühstück und Mittagessen damit, dass wir den Tannenbaum von draußen hereinholen, ihn in der Wohnung aufstellen und gemeinsam schmücken. Das macht aber jede Familie anders. Dann ziehen wir uns festlich an, versammeln uns wenn es dunkel ist um den schönen Baum, hören Weihnachtsmusik und zünden die Kerzen an. Und dann ist die Bescherung. Wir überreichen einander die Geschenke und packen sie aus. Danach gibt es ein festliches Essen. In vielen Familien gibt es am Heiligabend selber nichts Besonderes zu essen, sondern erst am ersten Weihnachts-Feiertag, also am 25. Dezember. Bei uns aber gibt es schon am 24. abends ein leckeres Fondue.
Ich habe Euch ja schon erzählt, dass ich nicht religiös bin. Für mich ist Weihnachten ein Familienfest, ein Ritual, auf das ich mich freue. Aber natürlich respektiere ich es, wenn die Christen in meiner Umgebung an diesem Tag die Geburt von Jesus feiern möchten. Viele von ihnen gehen am 24. Dezember in die Kirche. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das zu tun. Man kann schon am Nachmittag in die Kirche gehen - dann gibt es meist eine Kindermette mit Krippenspiel, oder man geht spät abends, gegen Mitternacht. Dann ist die Kirche festlich erleuchtet, am Altar steht ein geschmückter Baum mit Kerzen und man sieht eine geschnitzte Krippe mit den Figuren von Maria und Josef und dem Neugeborenen. Bei dieser Christmette, wie der Gottesdienst genannt wird, sind die Kirchen in Deutschland voll. Auch viele der Menschen, die sonst nie in die Kirche gehen, möchten sich diesen besonderen Abend nicht entgehen lassen.
Am 25. und 26. Dezember ist in Deutschland gesetzlicher Feiertag, die meisten Menschen müssen also nicht arbeiten. Diese Zeit wird oft genutzt, um die Familie zu besuchen und mit ihnen noch einmal zu feiern. Ich wünsche Euch jetzt auch: Frohe Weihnachten! Und einen guten Rutsch ins Neue Jahr.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg41kurz.pdf
12/22/2008 • 4 minutes, 42 seconds
SG #040: Beruf und Karriere
Vicki aus den USA möchte, dass ich über Beruf und Karriere spreche. Ich werde es versuchen.
Alles beginnt natürlich mit einer guten Ausbildung. Man kann zum Beispiel an einer Universität studieren. Oder man macht ein Praktikum, man arbeitet also einige Zeit bei einer Firma, um dort etwas zu lernen. Danach fängt eine schwierige Zeit an: Man muss sich nämlich bei verschiedenen Firmen bewerben. Dazu sucht man zum Beispiel im Internet oder im Stellenmarkt der Tageszeitung nach Anzeigen. Viele Firmen suchen durch Anzeigen neue Mitarbeiter.
Wenn man dieser Firma dann schreiben möchte, muss man ihr eine Bewerbungsmappe schicken. In der Mappe enthalten sind ein curriculum vitae, meistens auch ein Foto, dazu noch Zeugnisse oder Arbeitsproben. Wenn die Personalabteilung der Firma diese Mappe gut findet, wird man zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Hier versucht man sich möglichst positiv zu präsentieren. Denn wenn das Gespräch gut läuft,
hat man den Job. Wenn nicht, dann bekommt ihn ein anderer Bewerber.
Bevor man allerdings anfängt zu arbeiten, muss man meistens erst einen Arbeitsvertrag unterschreiben. In diesem Vertrag wird festgehalten, wie viele Stunden man arbeiten muss und wieviel Geld man verdient.
Manchmal ist dieser Vertrag Verhandlungssache - das heißt, man kann in einem Gespräch festlegen, wie hoch die Summen sind. Manchmal aber, vor allem in bestimmten Branchen, sind die Preise bereits festgelegt. Das nennt man Tarifverträge. Diese Tarife wurden bereits in der Vergangenheit ausgehandelt und gelten dann für alle in diesem Bereich tätigen Menschen. Zum Beispiel: Wenn ich einen Workshop halte bei einer Firma, dann kann ich sagen, wie teuer das ist, und die Firma entscheidet dann, ob sie diesen Preis zahlen möchte. Wenn ich aber für einen Radiosender wie den Bayerischen Rundfunk arbeite, dann bekomme ich genau das gleiche Geld wie meine Kollegen. Ich kann nicht verhandeln oder mehr verlangen.
Wer gerne immer mehr Geld verdienen möchte und immer wichtiger sein will in seiner Firma, den nennt man in Deutschland einen Karrieristen. Er möchte die Karriereleiter emporklettern. Oft sind das sehr ehrgeizige Menschen. Und viele Firmen haben eine klare Hierarchie, bei der man Stufe um Stufe erklimmen kann. Wichtig ist den meisten Menschen natürlich, wieviel Geld sie verdienen. Diesen Betrag nennt man Gehalt. Oft redet man vom Nettogehalt. Das ist dann das Geld, das man tatsächlich vom Arbeitgeber bekommt. Denn der zieht schon Beträge ab, zum Beispiel für Kranken- oder Rentenversicherung. Auch die Steuer wird gleich an das Finanzamt abgeführt. Ein Angestellter bekommt dafür jedes Jahr vom Finanzamt eine Lohnsteuerkarte. Diese Karte gibt er bei seinem Arbeitgeber ab. Am Ende des Jahres wird auf dieser Karte
eingetragen, wie viele Steuern der Arbeiter gezahlt hat.
Bei mir ist es anders. Ich bin kein Angestellter. Ich bin freiberuflich und selbständig. Das bedeutet, ich muss mich selber um alles kümmern, um die Krankenversicherung und die Rentenversicherung und auch um die Steuer. Dafür kann ich aber für viele verschiedene Firmen arbeiten und bin flexibel. Ich habe keine festen Arbeitszeiten, wie andere Menschen. Viele Menschen, die als Verkäufer arbeiten, arbeiten übrigens auf Provision. Sie bekommen also einen Anteil an dem, was sie verkauft haben, für sich.
So, ich hoffe, ich konnte Euch viele neue Wörter beibringen. Ihr wisst ja: Wenn ihr etwas nicht versteht, einfach auf der Internetseite slowgerman.com auf das Wort mit der Maus klicken, zwei Mal, dann
seht Ihr die englische Übersetzung. Oder Ihr lasst Euch den ganzen Text in Eure Muttersprache übersetzen, indem Ihr in der rechten Spalte auf die Fahne Eures Landes klickt. Aber Vorsicht: Dann stimmt natürlich die Grammatik nicht mehr!
Zum Schluss noch "Die Liebessieger" von der Band Heuser, gefunden auf dem Podsafe Music Network.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg40kurz.pdf
12/15/2008 • 9 minutes, 40 seconds
SG #039: Urlaub
Chris aus Oklahoma hat mich gefragt, wo die Deutschen gerne im Urlaub hinfahren. Ich habe mir jetzt eine aktuelle Statistik angeschaut, und das ist wirklich erstaunlich. 23 Prozent der Deutschen bleiben im Urlaub in ihrem eigenen Land. Ich kann das schon verstehen, denn in Deutschland gibt es viele schöne Dinge zu sehen. Man kann an die Nord- oder Ostsee fahren und Urlaub am Strand machen, oder man kann in die bayerischen Alpen fahren und sich die Berge und Seen dort anschauen. Oder man kann natürlich auch eine schöne Städtereise machen, zum Beispiel nach Berlin.
Aber für mich gehört zum Urlaub auch dazu, eine andere Kultur und eine andere Sprache zu erleben. Acht Prozent der Deutschen fahren zum Beispiel gerne nach Spanien. Vor allem aber nach Mallorca. Mallorca ist die liebste Urlaubsinsel der Deutschen. Mittlerweile fahren so viele Menschen nach Malle, wie viele es nennen, dass die Menschen dort schon angefangen haben, Deutsch zu sprechen. Es gibt deutsche Restaurants und Kneipen dort - ich finde das schade.
Gleich nach Spanien kommt Italien. Fast sieben Prozent der Deutschen fahren am liebsten nach Italien. Als ich ein Kind war, sind meine Eltern mit mir mit dem Auto jeden Sommer nach Italien gefahren. Gerade für Familien ist das optimal. Das Essen schmeckt allen Kindern, es gibt schöne Strände, die Menschen sind sehr nett und familienfreundlich und vor allem: Es ist nicht weit weg. Mit dem Auto sind wir von Süddeutschland aus nur sieben oder acht Stunden unterwegs gewesen.
Viele Deutsche reisen auch gerne nach Ungarn, Tschechien oder Österreich. Oder in den hohen Norden, nach Skandinavien. Und immerhin 3 Prozent träumen von Frankreich. Dort würde ich gerne nächstes Jahr Urlaub machen, mal sehen, ob es klappt. Griechenland und Kroatien sind ebenfalls beliebt, und natürlich fliegen auch viele Deutsche - rund 3 Prozent - nach Nordamerika. Die meisten meiner Freunde waren auch schon in Thailand, es ist das wahrscheinlich beliebteste Reiseziel in Asien für Deutsche. In meiner Familie ist derzeit noch ein Trend zu erkennen: Sie fahren alle nach Ägypten und machen dort eine Nil-Kreuzfahrt.
Natürlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, Urlaub zu machen. Man kann mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen oder man fährt mit dem Auto oder dem Zug. Und man kann natürlich auch mit dem Campingwagen in den Urlaub fahren, dort dann einfach auf einem Campingplatz parken und die Zeit dort verbringen. Man hat eine kleine Küche mit dabei und ein Bett. Viele Camper fahren jedes Jahr an den gleichen Campingplatz, und treffen dort jedes Jahr die gleichen Menschen.
Für viele Deutsche bedeutet Urlaub einfach warmes Wetter, viel Sonne, Strand und gutes Essen. Daher sind die südlichen Länder beliebter als die nördlichen. Ich finde es allerdings langweilig, den ganzen Tag am Strand zu liegen. Ich möchte im Urlaub etwas erleben, ich möchte viel sehen, viel zu Fuß herumlaufen und neue Eindrücke sammeln. Ich möchte versuchen, die Menschen zu beobachten und zu verstehen, und so viel von ihrem Essen zu probieren wie möglich. Denn andere Länder sind spannend, findet Ihr nicht auch? Bestimmt. Sonst würdet Ihr nicht Deutsch lernen...
So, jetzt wieder Musik am Schluss, und zwar von "The Golden Kissers" das Stück "Der weiße Matrose". Viel Spaß!
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg39kurz.pdf
12/8/2008 • 8 minutes, 55 seconds
SG #038: Einkaufen
Julio hat mich gefragt, wo wir Deutschen einkaufen und was wir als Geschenk mitnehmen, wenn wir irgendwo eingeladen sind. Da bald Weihnachten ist, erzähle ich es Euch gerne.
In Deutschland ist es wie in vielen anderen Ländern: Früher gab es viele sehr kleine Geschäfte in der Innenstadt oder in Dörfern. Heute verschwinden diese kleinen Läden immer mehr. Die Läden, in denen man alles mögliche kaufen konnte, von Lebensmitteln bis hin zu Babywindeln oder ähnlichem nennt man in Deutschland übrigens "Tante-Emma-Laden". Aber wie gesagt: Es gibt nicht mehr viele davon.
Heute orientieren sich die Deutschen am amerikanischen Vorbild. Es gibt immer mehr Malls, also Einkaufszentren, in denen viele Geschäfte unter einem Dach zu finden sind. Vor allem in Deutschland hat dies einen Vorteil: Denn hier ist das Wetter oft sehr schlecht und es regnet viel, da ist es natürlich schön, wenn man trockenen Fußes von einem Laden in den nächsten gehen kann. Schade daran ist, dass diese Einkaufszentren überall sehr ähnlich sind. Hier gibt es keine kleinen netten Läden zu entdecken, sondern meistens findet man hier nur die großen Ketten. Eine Kette ist in diesem Fall eine Ladenkette. Also zum Beispiel H&M, C&A, Starbucks oder McDonald's. Ich finde es daher langweilig, in anderen Städten in solche Malls zu gehen - denn sie sehen überall gleich aus.
Viel interessanter sind die vielen kleinen Boutiquen und Geschäfte, die es in manchen Straßen in der Innenstadt noch zu finden gibt. Zudem hat nahezu jede deutsche Stadt eine Fußgängerzone, also eine große Straße voller Geschäfte, die nur für Fußgänger offen ist. Autos, Busse oder Taxen dürfen hier nicht fahren, auch keine Fahrräder. Gerade in der Vorweihnachtszeit sind diese Fußgängerzonen aber meistens sehr überfüllt. Es sind einfach zu viele Menschen unterwegs.
Die Öffnungszeiten sind in Deutschland sehr streng geregelt. In München schließen nahezu alle Geschäfte abends um acht Uhr. Am Sonntag bleiben alle Geschäfte geschlossen. Auch die Supermärkte. Man kann dann Lebensmittel wie Milch oder Toastbrot nur bei einer Tankstelle kaufen - meistens zu hohen Preisen. Ausnahmen gibt es natürlich schon: In Berlin zum Beispiel haben die Geschäfte oft länger offen, manchmal auch am Sonntag. Ich finde es schade, dass man abends nicht länger einkaufen kann. Jeden Sommer wird darüber diskutiert, ob man diese Öffnungszeiten nicht ausweiten könnte. Aber wenn ich mich daran erinnere, als ich ein Kind war, haben wir heute paradiesische Verhältnisse. Als Kind hatten die Geschäfte nur bis sechs Uhr abends geöffnet, und in der kleinen Stadt, in der ich aufgewachsen bin, hatten die meisten Läden am Mittwoch Nachmittag zu.
Lebensmittel gibt es entweder im Supermarkt, oder in kleineren Geschäften. Es gibt zumindest in Großstädten meistens spezielle Geschäfte für asiatische oder türkische Lebensmittel. Im Sommer gibt es an vielen Straßen Obst-Stände, wo man sich also Obst und Gemüse direkt frisch kaufen kann. Und es gibt viele Wochenmärkte. Das bedeutet, dass einmal pro Woche viele Händler ihre Ware auf einem Dorfplatz präsentieren und verkaufen. Käse, Fisch, Blumen, Obst und Gemüse - einfach alles. Hier in München gibt es noch so einen Markt, der sehr berühmt ist: Den Viktualienmarkt. Es gibt ihn seit vielen, vielen Jahrzehnten und hier kann man im Freien bei kleinen Ständen einkaufen, egal, wie schlecht das Wetter ist. Der Viktualienmarkt ist eine Touristenattraktion, aber auch die Münchner selber kaufen hier gerne ein. Die Ware gilt als besonders frisch - aber manches ist hier auch sehr teuer.
Was wir anderen schenken, wenn wir eingeladen sind? Angenommen, jemand lädt mich zum Abendessen zu sich nach Hause ein. Dann bringe ich einer Frau eventuell Blumen mit oder etwas Süßes, oder irgendetwas Nettes, das ich gesehen habe. Eine schöne Kerze, einen netten Bilderrahmen oder so etwas. Für einen Mann bringe ich dann doch eher eine Flasche Rotwein mit, wenn er das mag.
12/1/2008 • 8 minutes, 57 seconds
SG #037: Zeitungen
Einen schönen Gruss an Tessa - sie hat mich so geschimpft, dass ich keine neue Episode mehr gemacht habe, dass ich sofort eine aufgenommen habe!
Anna lebt in Berlin und würde gerne eine Zeitung lesen. Sie hat mich gefragt, welche deutschen Zeitungen es auf dem Markt gibt. Natürlich kann ich Euch nicht alle Zeitungen vorstellen, aber ich hoffe, dass ich die wichtigsten nennen kann und ihre Unterschiede.
Zunächst einmal gibt es einen Unterschied in der deutschen Sprache zwischen Zeitung und Zeitschrift. Eine Zeitschrift ist ein Magazin, also ein kleines, buntes Heft. Meistens erscheint es nur ein Mal pro Woche oder pro Monat. Eine Zeitung ist viel größer und kann auch täglich erscheinen.
Ich spreche erst einmal über die Zeitungen. Da gibt es einen Unterschied: Es gibt regionale und überregionale Zeitungen. Regionale Zeitungen erscheinen in einem kleinen Gebiet, sie berichten hauptsächlich über dieses Gebiet. Also zum Beispiel gibt es das Göttinger Tageblatt oder die Berliner Morgenpost. In diesen Zeitungen kann man viele Informationen lesen über Göttingen oder Berlin. Das ist für Menschen, die dort leben, sehr interessant. Für mich in München allerdings bringt das wenig. Außerdem gibt es die meisten dieser Zeitungen nur in der jeweiligen Region zu kaufen.
Mich interessieren überregionale Zeitungen, also Zeitungen, in denen viele Nachrichten aus aller Welt stehen. Diese Zeitungen gibt es in ganz Deutschland zu kaufen. Man kauft Zeitungen entweder am Kiosk oder im Supermarkt, oder auch an Tankstellen. Und es gibt stumme Verkäufer, also Zeitungsautomaten, wie ich in Folge 13 erklärt habe.
Die wohl bekannteste überregionale Zeitung in Deutschland ist die Bild-Zeitung. Sie ist eine Boulevardzeitung. Im englischen Raum nennt man das Yellow Press. Sie kostet nicht viel, ist dünn und schnell auf dem Weg zur Arbeit durchgeblättert. Die Bild-Zeitung gibt es seit 1952 und sie ist die Zeitung mit der größten Auflage in ganz Europa. 3,3 Millionen Exemplare werden von ihr jeden Tag gedruckt. Oft geht es hier um Skandale von Prominenten oder Ähnliches. Im gleichen Verlag, dem berühmten Axel-Springer-Verlag, erscheint auch die Welt.
Mehr Niveau hat die Süddeutsche Zeitung. Sie wird in München hergestellt und existiert seit 1945. Jede Zeitung ist in verschiedene Ressorts unterteilt, so auch die SZ. Es gibt die Nachrichten, den Sport-Teil, das Feuilleton, also die Kultur, einen Serviceteil mit Hinweisen auf Kulturveranstaltungen und ähnlichem und natürlich auch
den Wirtschaftsteil mit aktuellen Börsenkursen. Die Süddeutsche Zeitung gilt als politisch linksliberal und kritisch.
Sehr bekannt ist auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung, deren Berichterstattung eher konservativ ist. Besonders ist dagegen die taz aus Berlin. Die Abkürzung taz steht für "Tageszeitung". Von ihr werden nur rund 50.000 Exemplare gedruckt. Sie ist etwas kleiner als andere Tageszeitungen und gilt als politisch links-alternativ.
Was die Zeitschriften angeht, also die Magazine, so gibt es vor allem drei, die in Deutschland eine Rolle spielen. Der Spiegel erscheint jeden Montag. Er wurde 1947 gegründet. Seine Journalisten sind sehr angesehen, und die Schwerpunkte Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sind fundiert recherchiert. Der Stern ist etwas bunter, hier geht es oft auch um Fotostrecken oder weniger brisante und intellektuelle Themen. Relativ neu dazugekommen ist 1993 der Focus. Er sollte eine Konkurrenz zum Spiegel sein und ist weitaus konservativer. Nach wie vor lesen mehr Deutsche den Spiegel als den Focus.
So, das waren natürlich nicht alle deutschen Zeitungen. Es gibt auch noch die Frankfurter Rundschau und die sehr gute, einmal in der Woche am Donnerstag erscheinende "Zeit", die ich sehr empfehlen kann. Aber ich glaube, Ihr habt einen guten Überblick bekommen. Übrigens gibt es in großen Städten nochmal eigene Regionalzeitungen, wie vorher angedeutet. In München zum Beispiel gibt es die tz, die Abendzeitung und den Münchner Merkur.
11/24/2008 • 6 minutes, 55 seconds
SG #036: Kinderlieder
Heute möchte ich Euch etwas über Kinderlieder erzählen, denn ich weiß, dass viele meiner Hörer Eltern sind und selber kleine Kinder haben. Es gibt eine Menge Lieder, und später werde ich Euch auch einige vorsingen lassen. Meine Podcast-Kolleginnen Rickie und Tina haben extra ein Medley eingesungen.
Die meisten Kinderlieder in Deutschland stammen aus dem 19. Jahrhundert. Manche Autoren haben bis zu 500 Texte für Kinderlieder geschrieben. Kinderlieder werden Kindern vor allem von den Eltern vorgesungen. Kinder lernen durch die Musik und den Text viel Neues dazu. Die ständigen Wiederholungen mancher Zeilen machen ihnen Spaß. Und für viele Kinderlieder gibt es auch Handbewegungen oder ähnliches. Jedes Kind in Deutschland kenn das Lied "Hoppe, hoppe, Reiter". Da sitzt das Kind auf dem Knie eines Erwachsenen, als wäre es ein Reiter auf einem Pferd. An einer Stelle im Lied fällt der Reiter aber vom Pferd hinunter - der Erwachsene simuliert das mit dem Kind, hält es dabei aber natürlich fest, damit es sich nicht verletzt. Für Kinder ist das ein großer Spaß.
Auch im Kindergarten oder in der Grundschule werden die alten Lieder immer wieder gesungen. Die Lieder haben mehrere Strophen, und ich muss gestehen, dass ich meistens nur noch die erste auswendig kann - wenn überhaupt. Das einfachste Kinderlied ist wohl "Alle meine Entchen", das man auch sehr leicht auf dem Klavier spielen kann. Dann gibt es noch "Hänschen Klein", "Ein Vogel wollte Hochzeit machen", "Alle Vögel sind schon da" oder "Kommt ein Vogel geflogen" oder "Häschen in der Grube". Ihr merkt schon - in vielen Liedern geht es um Tiere und um die Natur.
Oft merkt man aber, dass die Lieder schon sehr alt sind. So beginnt ein Lied mit der Zeile "es klappert die Mühle am rauschenden Bach, klipp-klapp". Kinder in unserer heutigen Welt werden nicht wissen, was eine Mühle ist - dass dort früher Mehl gemahlen wurde und es einen Müller gab. Viele Lieder widmen sich besonderen Anlässen. "Ich geh mit meiner Laterne" singen die Kinder im Herbst, am St. Martinstag. Ich werde Euch bald davon erzählen.
Wichtig sind vor allem auch die Schlaflieder, also Lieder, die man Kindern vorsingt, wenn sie schon im Bett liegen und einschlafen sollen. Das sind beruhigende, schöne Lieder. Das bekannteste ist bestimmt "Schlaf, Kindlein, schlaf" oder "Weißt Du, wie viel Sternlein stehen". Einen Link zu einer guten Internetseite mit deutschen Kinderliedern und dem Text dazu stelle ich Euch auf meine Seite slowgerman.com. Oder Ihr schaut jetzt auf Euren iPod und drückt auf die mittlere Taste, bis der Text kommt. Am Ende des Textes steht der Link.
http://www.spiellieder.de/kinderlied-standards/kinderlied-standards.htm
Jetzt hören wir aber Rickie und Tina mit ihrem Kinderliedermedley. Die beiden wohnen hier in München und sind professionelle Sängerinnen. Sie machen auch einen Podcast, er heißt "Chicks on Tour".
XXX
Zum Schluss noch eine Empfehlung von meinem Hörer Jaume aus Brasilien. Er empfiehlt das Magazin "Deutsch Perfekt", den Link findet Ihr auf meiner Homepage.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg36kurz.pdf
10/2/2008 • 6 minutes, 54 seconds
SG #035: Religion
Ich wurde gebeten, über Religion zu sprechen. Religion in Deutschland. Wie so oft muss man bei diesem Thema unterscheiden zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland. Denn in Ostdeutschland, also in der ehemaligen DDR, hatte die Regierung eine antikirchliche Haltung. Daher sind noch heute 68 Prozent der Ostdeutschen nicht religiös. Genauer gesagt: Sie gehören keiner Kirche an. Ob sie für sich einen Glauben haben, ist schwer zu erforschen. In Westdeutschland sieht diese Zahl ganz anders aus: Hier sind es nur 15 Prozent, die keiner Religionsgemeinschaft angehören. Ich gehöre dazu.
Die meisten Deutschen sind Christen. Ein Drittel der Deutschen sind Katholiken, ein Drittel sind evangelisch, also Protestanten. Der Rest gehört zu keiner dieser Gemeinschaften. Man kann eine regionale Unterteilung erkennen: Der Norden von Deutschland ist eher protestantisch, der Süden katholisch.
Natürlich gibt es noch andere Konfessionen in Deutschland, es gibt Juden oder orthodoxe Christen, Baptisten und Zeugen Jehovas, allerdings ist ihre Zahl sehr klein. Nach den Katholiken und Protestanten gibt es vor allem Muslime in Deutschland, sie machen vier Prozent der Bevölkerung aus. Das kommt daher, weil in den 60er-Jahren viele Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland kamen und hier geblieben sind.
Die christlichen Kirchen in Deutschland haben große Sorgen. Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus, das heißt sie wollen offiziell nicht mehr zu dieser Religionsgemeinschaft gehören. Das bringt nicht nur spirituelle Probleme für die Kirche, sondern auch finanzielle. Denn jeder Gläubige in Deutschland zahlt die so genannte Kirchensteuer. Sie wird vom Staat mit den anderen Steuern eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Von diesem Geld werden vor allem soziale Einrichtungen finanziert, wie kirchliche Kindergärten, Altenheime und andere Betreuungsangebote. Je mehr Menschen aus der Kirche austreten, desto weniger Menschen zahlen Kirchensteuer.
Wichtig ist der Kirchenbesuch für die meisten Christen an Weihnachten oder Ostern. Hier wird dann das jeweilige Fest groß gefeiert. Die wenigsten Deutschen aber gehen jeden Sonntag in die Kirche.
In einer katholischen Stadt wie München ist die Kirche allgegenwärtig. Das bedeutet, sie ist überall. Vor allem in der Altstadt stehen zahlreiche katholische Kirchen, alte Bauwerke, die sehr prunkvoll sind. Auch das Wahrzeichen von München, die Frauenkirche, ist eine Kirche mit zwei Türmen. Zur vollen Stunde hört man überall Kirchenglocken läuten. Für mich ist das ein schöner Klang, obwohl ich nicht gläubig bin. Die Religion ist zwar seit 1919 in der deutschen Verfassung vom Staat getrennt worden, sie spielt aber immer wieder eine Rolle. Zum Beispiel gibt es viele religiöse Feiertage in Deutschland, wie zum Beispiel Allerheiligen, von dem ich Euch ja schon erzählt habe.
In vielen Gerichtssälen und Schulen hängen Kreuze an der Wand. Das löste vor einigen Jahren den so genannten Kruzifix-Beschluss aus. Wenn sich ein Kind in seinem Klassenzimmer von dem Kreuz gestört fühlt, muss das Kreuz entfernt werden. Einen weiteren Streit vor Gericht gab es darüber, ob Lehrer und Schüler in der Schule Kopftücher tragen dürfen, also ein deutliches Zeichen ihrer muslimischen Religion.
In der Schule gibt es zudem Religionsunterricht, der Pflicht für alle Schüler ist. Wer nicht in den katholischen oder evangelischen Unterricht gehen möchte, der geht stattdessen heute in einen Ethikunterricht.
Heute mal Musik von Kat-Musik, der Song heißt Kopf Kino. Gefunden im Podsafe Music Network.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg35kurz.pdf
9/21/2008 • 10 minutes, 57 seconds
SG #034: Das R
Dorothy aus Peking hat mich gefragt, wie man das "R" im Deutschen richtig ausspricht. Es ist schwer, das zu erklären. Ich versuche es trotzdem.
Im Süden Deutschlands spricht man das "R" gerollt aus. Es klingt dann so wie in der spanischen oder italienischen Sprache. Dabei legt man die Zungenspitze an die Zähne und stößt Luft aus - so dass die Zunge leicht vibriert. Ich selber kann Euch das leider nicht vormachen - meine Mutter ist zwar aus Bayern und kann das "R" rollen, aber ich bin nicht in Bayern aufgewachsen und habe es daher nicht gelernt.
Im Norden Deutschlands und vor allem im Hochdeutschen spricht man das "R" anders aus. Hier wird es zwar auch gerollt, aber weiter hinten, fast schon im Hals. So spreche ich es auch aus: RRRRRRRR. Das ist auch das R, wie es im Französischen ausgesprochen wird.
Wenn Ihr also eine perfekte deutsche Aussprache haben wollt, müsst Ihr dieses zweite R lernen. Aber auch wenn Ihr das R rollt, wird Euch jeder verstehen - und vielleicht denken, Ihr wärt aus Bayern.
Den Unterschied beider Varianten möchte ich Euch noch demonstrieren. Dafür habe ich mir Verstärkung geholt. Ein Freund von mir, Hartmut, kann beide Varianten aussprechen. Ich habe ihn einige Wörter sagen lassen, und das hört Ihr jetzt:
XXX
Musik habe ich Euch heute extra passend zum Thema herausgesucht. Denn das Elisabeth Lohninger Quartett lässt beim Lied “Ob ich dich liebe” ganz schön das R rollen! Gefunden habe ich es beim Podsafe Music Network.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg34kurz.pdf
9/11/2008 • 7 minutes, 51 seconds
SG #033: Die Autobahn
Ralph ist Kanadier in der ersten Generation, das heißt seine Eltern kamen aus Deutschland nach Kanada und er ist dort aufgewachsen. Ihn interessiert, wie das in Deutschland mit der Fahrschule funktioniert und mit den Autobahnen.
Wir fangen an mit der deutschen Autobahn, die ja weltweit bekannt ist. Die erste offizielle Autobahn wurde 1932 eingeweiht. Die meisten Amerikaner sind enttäuscht, wenn sie das erste Mal eine Autobahn sehen. Denn verglichen mit den Freeways oder den großen, zehnspurigen Straßen in Los Angeles sind Autobahnen eher winzig.
Eine Autobahn ist eine Straße in beide Richtungen. Jede Richtung hat mindestens zwei Spuren. In der Mitte sind die beiden Richtungen getrennt, entweder durch Betonmauern oder durch Leitplanken aus Stahl. Wenn ein Auto übrigens trotzdem auf der falschen Seite in die falsche Richtung fährt, meistens geschieht das aus Absicht als Mutprobe, oder als Selbstmordversuch, manchmal sind es aber auch einfach verwirrte Menschen, dann nennt man diese Fahrer Geisterfahrer. Autobahnen sind meistens so konstruiert, dass man weder enge Kurven hat noch große Höhenunterschiede, sofern sich das machen ließ. Wenn zu viel los ist, vor allem in der Urlaubszeit, dann ist Stau auf der Autobahn. Dann stehen die Autos mehr als dass sie fahren.
Auf einer Autobahn gibt es eine Mindestgeschwindigkeit. Man muss also mindestens ein Fahrzeug haben, das 60 Kilometer pro Stunde oder schneller fahren kann. Radfahrer dürfen also selbstverständlich nicht auf die Autobahn, kleine Vesparoller oder ähnliches auch nicht. Ursprünglich hatte die Autobahn kaum eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Man durfte also so schnell fahren, wie man wollte. Mittlerweile hat sich das an vielen Stellen geändert, die Geschwindigkeit ist dort festgelegt und man darf nicht schneller als zum Beispiel 120 km/h fahren. Grund für die Begrenzung ist die Sicherheit – wenn ein Auto 210 fährt und das andere 100, dann kann es leichter zu Unfällen kommen als wenn beide ungefähr gleich schnell – oder langsam – fahren. Ein Drittel des deutschen Verkehrs läuft über die Autobahn. Hier sind auch die meisten Lastwagen unterwegs. Sie müssen bezahlen, um auf der Autobahn fahren zu dürfen. Selten hat eine Autobahn mehr als drei Spuren.
Da die Autobahn auch viel für den Fernverkehr genutzt wird, also für Menschen, die weite Strecken zurücklegen müssen, gibt es Raststätten. Man fährt also kurz neben die Autobahn um etwas zu Essen oder zu Tanken. Es gibt sogar Autobahnkirchen. Und wisst Ihr, was der Bau einer Autobahn kostet? Pro Kilometer 26,8 Millionen Euro. Am teuersten ist die Planung, die normalerweise rund 20 Jahre lang dauert. Dann braucht man Ingenieure, die mithelfen und beraten, und der Bau selbst kostet 6,7 Millionen Euro. Wenn Ihr mal in Deutschland seid und Ihr sucht eine Autobahn, sucht nach blauen Schildern mit weißer Schrift.
Zum Schluss wie immer ein wenig Musik, diesmal der Gema-Song von den Reeperboys.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg33kurz.pdf
8/7/2008 • 7 minutes, 53 seconds
SG #032: Wohnungen mieten
Timo aus Finnland zieht im Herbst nach Deutschland. Er hat mich gefragt, wie man hier eine Wohnung findet. Ich bin ja selber gerade erst umgezogen, daher werde ich versuchen, es zu erklären.
Am einfachsten ist es natürlich über Mundpropaganda. Das heißt man hört über Freunde oder die Familie, dass irgendwo eine Wohnung frei wird. Aber so funktioniert das eben nicht immer. Also muss man entweder in Tageszeitungen eine Anzeige aufgeben oder die Anzeigen im Immobilienmarkt lesen, also in dem Teil der Zeitung, in dem es um Wohnungen und Häuser geht. Oder man sucht im Internet, die größte Börse ist hier immobilienscout24.de.
In Deutschland misst man die Größe einer Wohnung erstmal in Zimmern. Eine 2-Zimmer-Wohnung heißt also, man hat Küche, Bad und zwei Zimmer. Bei einer 4-Zimmer-Wohnung hat man Küche, Bad und vier Zimmer. Aber Vorsicht: Oft ist die Küche leer. Das bedeutet, es gibt zwar einen Raum für die Küche, aber es gibt dort keine Möbel, keine Geräte. Der Raum ist leer. Man muss also oft noch viel Geld investieren und eine komplette neue Küche kaufen, wenn man eine Wohnung mieten will. Ihr werdet oft die Abkürzung EBK sehen, das bedeutet Einbauküche. Wenn das also bei einer Anzeige dabeisteht, bedeutet das, die Wohnung hat eine Küche.
Die Größe einer Wohnung wird natürlich auch in Quadratmetern gemessen. Wobei es einen Unterschied gibt: Wenn zum Beispiel ein großer Balkon oder eine Terrasse dabei sind, dann werden diese Flächen nicht ganz mitgezählt. Wer also 30 Quadratmeter Terrasse hat, bei dem wird das als 15 Quadratmeter Nutzfläche berechnet. Kompliziert, oder?
Noch zwei wichtige Unterschiede: Kaltmiete und Warmmiete. Bei der Warmmiete ist alles inklusive. Das ist also der Betrag, den man wirklich an den Vermieter zahlen muss. Normalerweise steht in Anzeigen aber nur die Kaltmiete. Zur Kaltmiete hinzu kommen die so genannten Nebenkosten. Das sind Kosten für die Müllabfuhr, das Wasser, die Heizung, manchmal auch für die Beleuchtung des Hauses oder den Kabelanschluss. Stromkosten und Telefonkosten zahlt man normalerweise direkt an die Strom- oder Telefonkonzerne, das hat mit dem Vermieter nichts zu tun.
Wenn man dann im Internet oder in einer Zeitung eine Wohnung gefunden hat, macht man einen Besichtigungstermin. Manchmal organisiert diese Termine der Vermieter selber. Normalerweise aber übernimmt das ein Makler. Man darf sich also die Wohnung ansehen und Fragen stellen. Oft ist die Konkurrenz groß, vor allem in Städten wie München. Viele Menschen wollen die Wohnung haben, und der Vermieter kann sich für einen Mieter entscheiden. Damit ihm diese Entscheidung leichter fällt, verlangt er meist eine so genannte Selbstauskunft. Das ist ein Blatt Papier, ein Formular, auf dem der potenzielle Mieter Informationen über sich selbst ausfüllt. Welchen Beruf er hat, wieviel Geld er verdient, wo er vorher gewohnt hat, manchmal sogar ob er ein Instrument spielt (wegen der Lautstärke) oder nicht. Wenn dann alles in Ordnung ist, kann man den Mietvertrag unterschreiben.
All das ist natürlich mit Kosten verbunden. Der Makler verlangt eine so genannte Provision. Diese darf bis zu 2,38 Monatsmieten hoch sein. Das heißt, angenommen die Miete kostet 1000 Euro Miete, dann zahlt man 2380 Euro an den Makler. Der Vermieter verlangt dann noch eine Kaution. Meistens sind das auch drei Mal die Kaltmiete – also in unserem Fall auch rund 3000 Euro. Wenn dann noch eine Küche bereits eingebaut ist, oder zum Beispiel ein Einbauschrank, verlangt der Vormieter eine Ablöse. Man kauft ihm also die Küche und den Schrank ab. Kein Wunder, dass die Deutschen nicht so gerne umziehen, oder?
Damit man versteht, was in Wohnungsanzeigen steht, ist diese Liste aus der Wikipedia sehr nützlich, mit allen Abkürzungen: Abkürzungen bei Wohnungsanzeigen
Und wieder deutsche Musik zum Schluss, diesmal von Störte Priester das Stück „Heiliges Kind“, die neue CD der Band ist ab 1. August auf dem Markt.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.
7/26/2008 • 10 minutes, 44 seconds
SG #031: Das politische System
Fernando aus Brasilien interessiert das politische System der Bundesrepublik Deutschland. Ich werde versuchen, es so einfach wie möglich zu erklären. Dennoch wird diese Folge von Slow German sehr kompliziert und schwer zu verstehen. Aber glaubt mir: Auch viele Deutsche kennen das politische System nicht!
Zunächst einmal zur Struktur von Deutschland: Deutschland besteht aus 16 Bundesländern. Die Bundeshauptstadt ist Berlin. Gegründet wurde die Bundesrepublik am 24. Mai 1949, also vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Im Oktober wurde die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, also der DDR, in Kraft gesetzt. Seit dem 3. Oktober 1990 ist Deutschland wiedervereinigt, also wieder ein Land. An diesem Tag wird daher jedes Jahr der „Tag der deutschen Einheit“ gefeiert.
Folgende wichtige Begriffe werde ich nun erklären: Bundestag, Bundesrat, Kanzler, Präsident.
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer, sozialer Bundesstaat, genauer gesagt eine parlamentarische Demokratie. Sie ist auch ein föderaler Rechtsstaat. Es gibt die Bundesebene und die Landesebene. Die einzelnen Bundesländer haben eigene Verfassungen. Wobei die Verfassung der BRD das Grundgesetz ist. Das heißt: Jedes Bundesland hat zwar eigene Gesetze, das Grundgesetz ist aber im Zweifelsfall das entscheidende. Ein einfaches Beispiel: In manchen Bundesländern steht in der alten Verfassung noch drin, dass es die Todesstrafe gibt. Laut der deutschen Verfassung gibt es sie aber nicht mehr. Also existiert sie in Deutschland nicht.
Das Staatsoberhaupt ist der Bundespräsident. Er hat aber vor allem repräsentative Aufgaben, politisch gesehen ist er also nicht sehr wichtig. Gewählt wird er alle fünf Jahre, und zwar von der Bundesversammlung. Dies ist die einzige Aufgabe der Bundesversammlung. Die Bundesversammlung setzt sich zusammen aus Mitgliedern des Deutschen Bundestages und einer gleichen Zahl von anderen Mitgliedern aus dem ganzen Land. Bei der letzten Wahl waren es 1205 Mitglieder. Ein einziges Mal darf der Bundespräsident wiedergewählt werden, dann wäre er also 10 Jahre im Amt. Die nächste Wahl findet am 23. Mai 2009 statt. Der momentane Bundespräsident heißt Horst Köhler, und eine weitere Kandidatin ist eine Frau – Gesine Schwan. Angeblich verdient der Bundespräsident 199.000 Euro pro Jahr (2007).
Der Regierungschef ist der Bundeskanzler. Er wird vom Bundestag gewählt. Vorher hat ihn der Bundespräsident vorgeschlagen. Der Kanzler – oder wie momentan die Kanzlerin, denn unsere Chefin ist Angela Merkel – schlägt dann die Bundesminister vor. Kanzler und Minister sind dann die Bundesregierung. Manchmal wird die Bundesrepublik Deutschland auch als Kanzlerdemokratie bezeichnet, weil der Kanzler eine sehr starke Stellung hat. Ein Kanzler kann beliebig oft wiedergewählt werden. Helmut Kohl war am längsten deutscher Kanzler: Von 1982 bis 1998, also 16 Jahre lang. Die Kanzlerin verdient angeblich rund 240.000 Euro im Jahr.
Zwei wichtige Institutionen muss ich noch erklären – manchmal werden sie von vielen Deutschen verwechselt. Es gibt den Bundestag und den Bundesrat. Der Bundestag ist das Parlament. Er wird direkt vom Volk gewählt. Eine so genannte Legislaturperiode, also die Zeit, in der der Bundestag in mehr oder weniger gleicher Zusammensetzung Politik macht, dauert in der Regel vier Jahre. Momentan gibt es im Bundestag 612 Abgeordnete aus allen Bundesländern. Der Bundestagspräsident ist momentan Norbert Lammert. Der Bundestag schafft das Bundesrecht und ändert die Verfassung. Er kann auch internationale Verträge mit anderen Staaten genehmigen und beschließt den Bundeshaushalt, also die Finanzen des Landes. Er wählt wie vorhin schon gesagt den Bundeskanzler und kontrolliert den Einsatz der Bundeswehr, also des Militärs.
Der Bundesrat dagegen hat andere Aufgaben: Hier sind Mitglieder aller Bundesländer vertreten. Jedes Bundesland hat drei bis sechs Sitzplätze, je nach Einwohnerzahl. Sie können so bei der Gesetzgebung auf Bundesebe...
7/16/2008 • 13 minutes, 14 seconds
SG #030: Hochzeit
Im Sommer heiraten besonders viele Paare. Deswegen habe ich mir gedacht ich erzähle Euch heute etwas über Hochzeiten in Deutschland. Die beliebtesten Monate sind Mai und Juni, aber auch in den anderen Monaten finden viele Hochzeiten statt. Vor der Heirat steht die Verlobung. Sie ist in Deutschland viel weniger wichtig als beispielsweise in den USA. Es gibt weder einen großen Diamantring, noch eine große Feier.
Wer in Deutschland heiraten möchte, der muss in erster Linie eine Menge Papierkram erledigen. Also Dokumente vorweisen bei den staatlichen Behörden. Wenn das erledigt ist, kann man standesamtlich heiraten. Man geht also an einem vereinbarten Termin zum Standesamt, und dort wird man vom Staat verheiratet. Meist geht das sehr schnell. Der Standesbeamte, der die Zeremonie leitet, spricht aber dennoch einige Worte, um das Paar auf eine gemeinsame Zukunft einzustimmen.
Es gibt verschiedene Standesämter. Manchmal sind das nur relativ offizielle Büroräume, ohne Schmuck. Manchmal sind es aber auch alte Rathaussäle, kleine Schlösser oder man kann auch auf Burgen oder auf Inseln heiraten. Deutsche heiraten aber fast immer in Gebäuden. Hochzeiten im Freien, wie sie in Amerika üblich sind, gibt es hier kaum. Das liegt wahrscheinlich daran, dass das Wetter einfach zu schlecht ist.
Zur Heirat im Standesamt braucht man nur als Paar anwesend sein. Früher war es Pflicht, Trauzeugen zu haben. Das waren zwei Menschen, die dem Paar nahe standen und die als Zeuge bei der Trauung anwesend waren. Heute ist das gesetzlich nicht mehr vorgeschrieben. Wer möchte, kann nach der standesamtlichen Trauung auch noch einmal kirchlich heiraten. Wer zum Beispiel katholisch ist, der heiratet dann in einer katholischen Kirche noch einmal. Da die meisten Deutschen aber nicht sehr religiös sind, ist ihnen die kirchliche Trauung eher wichtig, weil es hier um ein feierliches Ritual geht. In der Kirche gibt es festliche Musik, die Braut trägt ein schönes weißes Kleid, und alle Freunde und Verwandten können dabei sein.
Wie groß eine Hochzeit ist, bleibt dem Brautpaar überlassen. Natürlich gibt es Feiern mit über 100 Gästen, aber viele Paare ziehen es vor, in kleinem Kreis zu feiern. Häufig ist es auch so, dass man nur mit wenigen Gästen die eigentliche Hochzeit feiert – und später dann ein großes Fest feiert mit allen anderen Freunden und Verwandten.
Oft ist es so, dass am Samstag Vormittag im Standesamt geheiratet wird, und danach in der Kirche. Es gibt aber auch viele Paare, die zwischen beiden Trauungen Monate oder sogar Jahre vergehen lassen. Völlig unüblich ist es, mehrere Trauzeugen zu haben, so wie in den USA. Auch das „Rehearsal Dinner“ gibt es nicht. Stattdessen gibt es einen Polterabend, bei dem man den letzten Single-Abend des Paares feiert. Dabei wird Geschirr zerbrochen, das das Paar dann zusammenkehren und aufräumen muss. Scherben sollen Glück bringen.
Nach der Eheschließung im Standesamt oder in der Kirche wird natürlich noch gefeiert. Man isst zusammen, tanzt und freut sich mit dem Brautpaar. Wichtig ist der erste Tanz von Braut und Bräutigam, der erste Walzer, den sie gemeinsam tanzen. Dabei sehen ihnen alle zu, um danach aber mitzutanzen. Ein Brauch ist es auch, gemeinsam die Hochzeitstorte anzuschneiden. Es gibt viele verschiedene Rituale und Bräuche. Manchmal sägen Braut und Bräutigam gemeinsam einen Baumstumpf ab – Teamwork sozusagen. Viele Feiern gehen bis weit nach Mitternacht, und wenn das Brautpaar nicht gleich in die Flitterwochen fährt, feiern sie bis zum Ende mit.
Die Deutschen heiraten sehr spät. 2004 war ein deutscher Mann statistisch gesehen im Durchschnitt 36 Jahre alt bei der Heirat. Die Frau war 33 Jahre alt. Übrigens scheitert in Deutschland ungefähr jede dritte Ehe. Das heißt, dass von drei Ehepaaren sich eines scheiden lässt.
Passend dazu habe ich Euch heute Musik mitgebracht, und zwar „Die große Liebe ist vorbei“ von Marc Loehrwald, gefunden im Podsafe Music Network.
7/7/2008 • 9 minutes, 49 seconds
SG #029: Das Leben der Anderen
Ich möchte Euch heute ausnahmsweise mal einen deutschen Film vorstellen, den Ihr Euch anschauen solltet. Er heißt „Das Leben der Anderen“, und wurde mit einem Oscar ausgezeichnet. Ich möchte Euch deswegen von ihm erzählen, weil er einen wichtigen Teil der deutschen Geschichte zeigt.
Im Mittelpunkt des Dramas steht Gerd Wiesler. Er ist Hauptmann bei der Stasi. Die Stasi war das Ministerium für Staatssicherheit in der DDR, der Deutschen Demokratischen Republik. 1984 bekommt Gerd Wiesler in Ost-Berlin den Auftrag, einen Theaterschriftsteller zu bespitzeln. Er soll ihn also belauschen wie ein Spion. Wiesler sitzt also auf dem Dachboden, hat Kopfhörer auf und hört, was in der Wohnung des Schriftstellers alles passiert. Was führt dieser im Schilde? Plant er Aktivitäten gegen das DDR-System?
Je länger Wiesler den Schriftsteller und seine Freundin belauscht, desto mehr verwandelt er sich. Er empfindet Sympathie für diese Menschen, er will sie schützen und ihnen nicht schaden. Dadurch begibt er sich selbst in Gefahr. Wie der Film ausgeht, erzähle ich Euch nicht. Aber ich kann Euch sagen, dass es einer der besten Filme ist, die ich gesehen habe. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die besten deutschen Schauspieler in diesem Film spielen. In der Hauptrolle des Gerd Wiesler ist Ulrich Mühe zu sehen, der leider kurz nach der Oscarverleihung an Krebs gestorben ist. Sebastian Koch und Martina Gedeck sind das bespitzelte Paar.
Der Film ist spannend und emotional erzählt, und hinter der Geschichte steckt ein Mann namens Florian Henckel von Donnersmarck. Er hat das Drehbuch geschrieben. Die Idee dazu hatte er bereits auf der Filmhochschule, um es dann aber zu schreiben zog er sich in ein Kloster zurück, damit er völlige Ruhe hatte. Donnersmarck führte auch Regie bei diesem Film, der 2006 in Deutschland in die Kinos kam. Obwohl der Film nur 1,8 Millionen Euro gekostet hat und somit ein Low-Budget Film war, hatte er enormen internationalen Erfolg. Mehr als zwei Millionen Menschen haben ihn allein in Deutschland im Kino gesehen.
Link zum Trailer: hier
Oder: hier
So, jetzt gibt es wieder Musik, und zwar von Brackwasser „Salz in deinen Augen“. Gefunden im Podsafe Music Network.
Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg29kurz.pdf