Claas Christophersen, 43, entdeckt auf Fotos eine fatale Ähnlichkeit zwischen seinem Großvater Karl-Heinz Christophersen und dem Holocaust-Leugner und Alt-Nazi Thies Christophersen. Die beiden könnten Brüder sein. Aber schon Claas‘ Vater bekam immer zu hören, es gebe da zwei „Christophersen-Linien“. Mit derjenigen, aus der Thies stammt, hätten „sie“ nichts zu tun. Wirklich? Öffentlich bekannt wurde er, als er 1972 vor den Toren der „documenta“ eine Fuhre Mist ablud. Später prägte er den Begriff der „Auschwitz-Lüge“. Ein selbst ernannter Reichsbürger in der Familie? Was, wenn er doch ein Verwandter ist?
Die Gespenster der Vergangenheit (4/4)
Gegen Thies Christophersen hat das Landgericht Flensburg 1986 und 1987 Haftbefehle erlassen. Der Oberstaatsanwalt will, dass der Holocaust-Leugner, der hinter die dänische Grenze nach Kollund geflüchtet war ausgeliefert wird. Dort gibt er nach wie vor sein hetzerisches Blatt „Die Bauernschaft“ heraus, getarnt als „landwirtschaftliche Zeitschrift“. Aber dort protestieren auch ständig Bürger mit Fackelmärschen und Sprechchören vor Thies Christophersens Haus gegen das „Nazi-Swin“. In Interviews und Vernehmungen vor Gericht berichtet Christophersen von seinem einjährigen Aufenthalt im KZ Auschwitz 1944. Alles sei „ordentlich, sauber und gepflegt“ gewesen, ist seine zynische Beschreibung, von Massenvernichtungen habe er nichts mitbekommen. Nach einer Odyssee durch einige europäische Staaten kehrt kehrt Christophersen irgendwann krank und haftunfähig nach Deutschland zurück. Am 13. Februar 1997 stirbt er in der Nähe von Kiel.
Warum hat sich die Christophersen-Familie nie mit dem vermeintlichen Verwandten Thies und seinen Taten und Worten auseinandergesetzt? Claas forscht in Archiven und Bibliotheken und spricht mit einem Heimatforscher der Region. Die Propaganda und Realitätsverzerrung, die Tatsachen-Leugnung und antisemitische Hetze, die Thies Christophersen verbreitet hat, hat auch die Neue Rechte von heute maßgeblich geprägt und beeinflusst, findet Claas heraus. Und die Verwandtschaftsverhältnisse?
Podcast-Serie von Claas Christophersen und Norbert Zeeb.
Mit: Christian Redl, Beate Rysopp, Wanda Perdelwitz und Steffen Siegmund.
Technische Realisation: Frank Albiker, Alicia Wistozky, Nicole Graul und Angelika Körber.
Regie: Alexander Schuhmacher.
Redaktion: Christiane Glas.
Produktion: NDR 2022.
Verfügbar bis 24.01.2023.
https://ndr.de/radiokunst
06/02/2022 • 24 minutes, 53 secondes
Hetze, Haft und Terror (3/4)
Im Dorf Mohrkirch, wo Thies Christophersen gelebt hat, will niemand mit Claas sprechen. Doch Peter Dietrich Jürgensen vom Heimatverein der Region Angeln gibt Auskunft: Thies Christophersen sei einmal mit einem langen Gestapo- ähnlichen Ledermantel in der Kneipe aufgetaucht. Er war immer so eine Gestalt, von der man sich fernhalten sollte. Wirkliche Empörung aber über die Ideologie des rechtsradikalen Mitbürgers gab es eigentlich nie. Und wie Jes Christophersen, der den Hof seines Vaters Thies übernommen hatte, zu dessen faschistischen Umtrieben stand, hat nie jemand gefragt. So wie es auch sonst sehr wenige Fragen gab… Als sein Gesinnungsfreund Roeder wegen rechtsterroristischer Verbrechen ins Gefängnis muss, lebt Thies Christophersen gerade vorübergehend in Belgien. Am 26. August 1983, fast zwei Jahre nach Ausstellung des Haftbefehls, wird Thies Christophersen in Belgien von den dortigen Behörden aufgriffen, verhaftet und an die belgischdeutsche Grenze gebracht. Dort wird er an einem Seiteneingang an deutsche Beamte übergeben und kommt in die JVA Neumünster. Obwohl er es leugnet: mit 19 trat Christophersen in die NSDAP ein. 1944 war Christophersen zur SS abkommandierter Sonderführer im Auschwitz- Nebenlager Rajsko. Nach seiner Haft verbreitet er weiter Hassparolen gegen Ausländer und wütet gegen die Demokratie. Wird er ein behagliches Plätzchen fürs Alter finden? Und immer noch ist die Frage nach der Verwandtschaft nicht geklärt…
Podcast-Serie von Claas Christophersen und Norbert Zeeb.
Mit: Christian Redl, Beate Rysopp, Wanda Perdelwitz und Steffen Siegmund.
Technische Realisation: Frank Albiker, Alicia Wistozky, Nicole Graul und Angelika Körber.
Regie: Alexander Schuhmacher.
Redaktion: Christiane Glas.
Produktion: NDR 2022.
Verfügbar bis 31.01.2023.
https://ndr.de/radiokunst
06/02/2022 • 24 minutes, 39 secondes
Der Reichstag, das Dorf und hundert Akten (2/4)
Bin ich mit dem Verfasser der "Auschwitz-Lüge" verwandt? Claas Christophersen und Norbert Zeeb recherchieren u.a. in Mohrkirch.
Thies Christophersen und sein Gesinnungskamerad, der Rechtsextremist Manfred Röder, wollen im Mai 1975 im Deutschen Haus in Flensburg den Deutschen Reichstag ausrufen. Die Kapitulation Deutschlands 1945 erkennen Sie nicht an. Doch die Polizei beendet die verbotene „Veranstaltung“. Christophersen und Röder weichen über die Grenze ins dänische Padborg in ein Gasthaus aus, wo sie allerdings der dänische Wirt rauswirft, als er erfährt, um welche Art Versammlung es sich handelt. Der 43jährige Autor Claas, mit demselben Nachnamen recherchiert seit Anfang 2021 auch in seiner Verwandtschaft. Er telefoniert mit Familienmitgliedern und fragt nach dem Verhältnis zur Christophersen-Linie aus Mohrkirch-Kälberhagen. Niemand mag sich so recht an den Rechtsextremisten Thies erinnern… Claas stellt fest, dass sich in der Zeitschrift „Die Bauernschaft“ schon die Entwicklung und wichtige Themen der extremen Rechten von heute widerspiegeln. Wolfgang Höcke, der Vater des AfD-Politikers Björn, war seinerzeit Abonnent des Blattes. Der Krieg ist gerade mal 25 Jahre vorbei, da verherrlicht darin das ehemalige SS-Mitglied Thies Christophersen die Zeit des Nationalsozialismus. In seinen Schriften und Reden prägt er schon damals Begriffe wie „Auschwitzlüge“ oder „Reichsbürger“, die von der rechten, neonazistischen Szene gern aufgenommen werden. Es gibt Gesinnungs-Verbindungen von Alt- zu Neo-Nazi, zum NSU, der AfD und in die Reichsbürger-Szene.
Podcast-Serie von Claas Christophersen und Norbert Zeeb.
Mit: Christian Redl, Beate Rysopp, Wanda Perdelwitz und Steffen Siegmund.
Technische Realisation: Frank Albiker, Alicia Wistozky, Nicole Graul und Angelika Körber.
Regie: Alexander Schuhmacher.
Redaktion: Christiane Glas.
Produktion: NDR 2022.
Verfügbar bis 31.01.2023.
https://ndr.de/radiokunst
30/01/2022 • 23 minutes, 6 secondes
Die Fußnote Christophersen (1/4)
Bin ich mit einem Holocaust-Leugner verwandt? Claas Christophersen und Norbert Zeeb recherchieren in Flensburg und Angeln.
Irgendwo im Arbeitszimmer muss es doch noch rumliegen, dieses schmale Bändchen… Claas sucht in seinem Elternhaus, zusammen mit dem Vater die Broschüre „Die Auschwitz-Lüge“, findet sie aber nicht mehr. Verfasser ist der – Claas‘ Großvater auf alten Fotos frappierend ähnlich sehende – Alt-Nazi und Holocaust-Leugner Thies Christophersen. Claas stellt sich und seiner Familie eine unangenehme Frage: sind wir, bin ich mit einem Holocaust-Leugner und zynischen Faschisten verwandt? 1978 geboren, mit 43 Jahren also Kriegsenkel, macht sich Claas auf Spurensuche. Er findet zunächst Ablehnung, Schweigen, Desinteresse bis hin zur Ignoranz. Das sei „die andere Linie“ der Christophersens, aus der der Revisionist mit Vornamen Thies stamme, sagt man. Doch stimmt die Geschichte mit der „anderen Linie“?
Podcast-Serie von Claas Christophersen und Norbert Zeeb.
Mit: Christian Redl, Beate Rysopp, Wanda Perdelwitz und Steffen Siegmund.
Technische Realisation: Frank Albiker, Alicia Wistozky, Nicole Graul und Angelika Körber.
Regie: Alexander Schuhmacher.
Redaktion: Christiane Glas.
Produktion: NDR 2022.
Verfügbar bis 24.01.2023.
https://ndr.de/radiokunst
30/01/2022 • 23 minutes, 35 secondes
Trailer: Der ewige Faschist - eine Spurensuche
Der Autor Claas Christophersen, 43, entdeckt auf alten Fotos eine fatale Ähnlichkeit zwischen seinem Großvater Karl-Heinz Christophersen und dem Holocaust-Leugner und Alt-Nazi Thies Christophersen. Die beiden könnten Brüder sein. Aber schon Claas‘ Vater bekam immer zu hören, es gebe da zwei „Christophersen-Linien“. Mit derjenigen, aus der Thies stammt, hätten „sie“ nichts zu tun. Wirklich? In den 1970er Jahren war Thies Christophersen in der Neo-Nazi-Szene ein sehr geläufiger Name. Öffentlich bekannt wurde er, als er 1972 vor den Toren der „documenta“ eine Fuhre Mist ablud, mit einem kleinen Protestgedicht gegen die zeitgenössische Kunst. Später prägte er den Begriff der „Auschwitz-Lüge“ – in einer kleinen, mittlerweile verbotenen Broschüre. Ein selbst ernannter Reichsbürger in der Familie? Was, wenn er doch ein Verwandter ist?
Podcast-Serie von Claas Christophersen und Norbert Zeeb.
Mit: Christian Redl, Beate Rysopp, Wanda Perdelwitz und Steffen Siegmund.
Technische Realisation: Frank Albiker, Alicia Wistozky, Nicole Graul und Angelika Körber.
Regie: Alexander Schuhmacher.
Redaktion: Christiane Glas.
Produktion: NDR 2022.