Was lesen? Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre über aktuelle Bestseller, die es in sich haben. Alle 14 Tage neu.
Ja, sind denn alle jetzt ganz verrückt geworden?
Die Podcaster sprechen über Doris Wirths Roman „Findet mich“, der von Erwin handelt, einem Mann, der innerlich und äußerlich vor seinem Leben davonläuft. Auch in Anna Katharina Hahns neuem Roman „Der Chor“ geht es am Rande um psychische Gesundheit, vor allem aber um spezielle Frauen und ihre Geschichten. Wobei, ist nicht jeder Mensch auf seine Weise speziell? Jane Campbell veröffentlicht mit über 80 Jahren ihren ersten Roman „Bei aller Liebe“. Dort geht es zu wie in einem griechischen Drama. Oder bei Sigmund Freud in der Theorie-Kladde.
21/10/2024 • 25 minutes, 16 secondes
Sally Rooney: Ist ihr Stern eigentlich schon am Verglühen?
Die 100. Folge des Literaturpodcasts widmet sich dem neuen Roman der Zeitgeist-Autorin Sally Rooney. In „Intermezzo“ geht es um ein ungleiches Brüderpaar. Neige Sinno versucht in „Trauriger Tiger“, sich mit ihrem eigenen sexuellen Missbrauch in der Kindheit auseinanderzusetzen. Und Katja Lange-Müller widmet sich in ihrem Roman „Unser Ole“ auf gnadenlose Weise Frauen und ihren Kindern.
10/10/2024 • 26 minutes, 19 secondes
Live auf St. Pauli: Der Podcast mit "Punk" und Zeiner
Beim Reeperbahnfestival 2024 treffen sich Abendblatt-Kulturredakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Leiter Rainer Moritz live auf St. Pauli, um drei aufregende Neuerscheinungen zu besprechen. Eckhard Nickels 'Punk' ehrt die Popmusik und ihre Fans auf eindrucksvolle Weise. Monika Zeiners 'Villa Sternbald' präsentiert ein gewagtes Familienepos, das in der Tradition von Thomas Mann das Thema Schuld und deutsches Verhängnis behandelt. Und Carys Davies führt uns in 'Ein klarer Tag' auf eine abgelegene schottische Insel, wo nur ein einzelner Mann zurückgeblieben ist. Erleben Sie spannende Einblicke in diese literarischen Highlights!
Thomas Andre und Rainer Moritz freuen sich auf Ihr Feedback unter [email protected]. Abonnieren Sie unseren Podcast und verpassen Sie keine Folge.
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18/09/2024 • 29 minutes, 57 secondes
Ein erstaunlicher Roman über eine katastrophale Frau, die ihren Vater begehrt
Reinhard Kaiser-Mühlecker schreibt mit „Brennende Felder“ seine Österreich-Saga fort. Die Romanheldin ist eine erstaunlich dysfunktionale Figur und in der Wahl ihrer Liebespartner wenig zimperlich: Sie lebt mit ihrem Stiefvater zusammen. Wie gelungen ist der dritte Band dieser krachenden Familiengeschichte? Darüber diskutieren beide Podcaster in dieser Folge. Außerdem sprechen sie über Daniela Kriens Trauerbuch „Mein drittes Leben“ sowie Jackie Thomaes Roman „Glück“, der sich Frauen widmet, denen die Biologie im Nacken sitzt.
28/08/2024 • 33 minutes, 46 secondes
Ich will diese Frau, ach nein, doch lieber die andere
Colm Tóibín hat mit „Long Island” die Fortsetzung von „Brooklyn“ vorgelegt. Ein neuer Roman über Liebesunordnung zwischen Amerika und Irland, der es besonders einem der beiden Podcaster stark angetan hat. Hari Kunzru berichtet in „Blue Ruin“ von ähnlichem und außerdem der Kunstszene, vornehmlich der der Neunzigerjahre. Manche Vorkommnisse sind tragikomisch, insgesamt aber doch eher dramatisch. Der Kunzru-Sound ist unübersehbar, der Kubiczek-Sound auch: In „Nostalgia“ erzählt André Kubiczek, der Meister im Beschreiben von Teenagerwelten, wieder vom Jungsein und der DDR. Vor allem jedoch von seiner aus Laos stammenden Mutter, die er früh verlor.
10/07/2024 • 33 minutes, 33 secondes
Darf man mit diesem Mann eigentlich Mitleid haben?
Richard Russo ist zurück in der amerikanischen Provinz. Zurück bei seinen Heldinnen und Helden in North Bath, die wir bereits aus „Ein grundzufriedener Mann“ und „Ein Mann der Tat“ kennen. „Von guten Eltern“ ist der Abschluss der „Fools“-Trilogie, mit der der US-amerikanische Autor drei Jahrzehnte lang beschäftigt war. Es sind die kleinen Leute und ihre Lebensumstände, die wie gehabt im Mittelpunkt stehen. Außerdem geht es um einen Kriminalfall. Ein dickes Buch, das sich die beiden Podcaster vorgenommen haben. Die anderen beiden in dieser Folge sind schmal. Da ist zum einen die Novelle „Die seligen Jahre der Züchtigung“, eine Wieder- und Neuentdeckung für die deutsche Leserschaft. Die auf Italienisch schreibende Schweizerin Fleur Jaeggy wird derzeit von Suhrkamp neu aufgelegt, eine lohnenswerte Angelegenheit. Die Irin Claire Keegan legt nun auf Deutsch auch eine Novelle vor: „Reichlich spät“ erzählt von einer geplatzten Hochzeit. Muss man mit dem Mann, der sich da so gnadenlos blamiert, eigentlich Mitleid haben?
28/06/2024 • 28 minutes, 18 secondes
Amrum, Rügen und auch sonst viel Literatur-Wasser – passt so!
Hark Bohm legt mit Mitte 80 seinen Debütroman vor. Ein gemeinsames Werk mit Philipp Winkler, übrigens. Der Co-Autor steht freilich nicht auf dem Cover, nun denn. Gelungen ist der 1945 spielende, autobiografisch inspirierte Entwicklungsroman aber dennoch. Lust auf die Insel macht er übrigens auch. Das gilt ebenso für Caroline Wahls „22 Bahnen“-Nachfolger „Windstärke 17“. Nach Tilda steht nun die jüngere Schwester Ida im Mittelpunkt der Handlung. Sie strandet im Leben, sie strandet auf Rügen. Kein Kitschroman, das kann man sagen, kann er aber das Niveau des Vorgängers halten? Und wie ist Elizabeths Strouts Roman „Am Meer“, das vierte Werk inzwischen mit der Hauptfigur Lucy Barton? Das kann man hier nachhören – in einer sommerlich gestimmten Folge von Next Book Please.
05/06/2024 • 32 minutes, 9 secondes
Neues von Saša Stanišić – und Toxische Pommes
Ein neues Buch des Hamburger Autors Saša Stanišić? Tolle Sache! Aber ist das eigentlich ein handelsüblicher Erzählungsband? Darüber diskutieren die Podcaster. Außerdem Thema dieser Folge: Das Debüt einer Wiener Autorin, die tatsächlich den Namen Toxische Pommes trägt. Ihre Herkunft ähnelt der des auch aus Ex-Jugoslawien stammenden Stanišić, und von dieser Herkunft, vor allem aber vom Ankommen in der neuen Heimat Österreich erzählt der tragikomische Roman „Ein schönes Ausländerkind“. Drittes Buch in dieser Folge „Tag der Befreiung“ von George Saunders. Saunders gilt als King der Shortstory. Dem Trademark und seiner Legitimation geht Next Book Please in dieser Folge nach.
23/05/2024 • 30 minutes, 5 secondes
Alle mal hinlegen: Wir Frauen haben keinen Bock mehr
Mareike Fallwickl legt mit „Und alle so still“ einen feministischen Roman vor, der bemerkenswert unsubtil ist. Die Frauen erleiden in diesem Buch einen kollektiven Burnout und entscheiden sich, nicht länger im Patriarchat mitzuspielen. Ein Buch mit vielen Botschaften. Kann es ästhetisch überzeugen? Die beiden anderen in dieser Freestyle-Folge besprochenen Titel sind Elmore Leonards lupenreiner Western „Letztes Gefecht am Saber River“ und Rocko Schamonis Underground-Hymne „Pudels Kern“, in der die Hamburger Szene besungen wird und der Autor seinem eigenen, komplizierten Werden nachspürt.
26/04/2024 • 34 minutes, 19 secondes
Darf sich eine Mutter von ihrem Kind trennen?
Constanze Debrés autobiografischer Roman „Love Me Tender“ schlug hohe Wellen in Frankreich. Eine Mutter, die nach ihrem Coming-out ihren Sohn verlässt, den Anwaltsberuf an den Nagel hängt, um nur noch für Sex und Schreiben zu leben: Wird das Buch auch hierzulande polarisieren? Außerdem widmet sich diese Ausgabe Dana von Suffrins grandiosem Familienroman „Nochmal von vorne“ und Michael Lentz‘ Vater-Sohn-Geschichte „Heimwärts“, in der sich der Autor zum wiederholten Male seiner Herkunft zuwendet.
22/04/2024 • 31 minutes, 9 secondes
Mehr als ein Roman: Diese Autorin muss man jetzt entdecken
Vigdis Hjorth ist in ihrer Heimat ein Star und dabei durchaus auch umstritten. Jetzt soll die Norwegerin auch hierzulande endlich bekannt werden. „Ein falsches Wort“ erscheint nun schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre auf Deutsch, eine Kuriosität am Rande. Hjorth, eine radikale Meisterin des Autobiografischen, erzählt von Bergljot, die wegen eines Kindheitstraumas seit Jahrzehnten überkreuz mit ihrer Familie liegt und nun zurück in deren Bannkreis gezogen wird. Eine intensive Lektüre, finden beide Podcaster. Die Hamburger Debütantin Julja Linhof ist auch eine Entdeckung. In „Krummes Holz“ folgt sie den Wegen eines Geschwisterpaares, das nach einer lieblosen Kindheit auf einem Bauernhof genau dort wieder zusammenzufinden versucht. In einem sprachlich dichten Text spürt Linhof einem schwierigen Aufwachsen auf dem Land nach.
20/03/2024 • 25 minutes, 2 secondes
Roman über eine Ehe, in der nur noch eine Affäre hilft
Mary Beth Keane erzählt in „Sieben Tage einer Ehe“ von den unterschiedlichen Eheleuten Malcolm, Barbesitzer, und Jess, Juristin. Sie verlässt das Haus und den nichtsahnenden Mann, sie müsse nachdenken. Anschließend kreist der Roman um die Frage, wie es dazu kam. Die Amerikanerin Keane weiß viel über Psychologie und Beziehungen, das merkt man ihrem Roman an. Bei Lize Spit ist es ähnlich. In „Der ehrliche Finder“ geht es nicht um Liebe, sondern um Freundschaft. Die zwischen dem belgischen Jungen Jimmy und dem Kosovaren Tristan. Es sind die 90er-Jahre, der Kriegsflüchtling ist von der Abschiebung bedroht und hat einen Plan, der Jimmys Freundschaft zu ihm auf die Probe stellt. Roberto Savianos neues Buch heißt „Falcone“ und ist eine Hommage an alle Mafiajäger: Doku-Fiction nach Art des Hauses Saviano, unbedingt fesselnd. Aber ist das auch gute Literatur? Darüber lässt sich streiten.
15/03/2024 • 26 minutes, 9 secondes
Der Pulitzer-Roman, der der Bestseller der Saison werden soll
In dieser Folge geht es um neue Literatur von Barbara Kingsolver, Iris Wolff und Andreas Stichmann. Barbara Kingsolvers „Demon Copperhead“ ist ein praller, glorreicher Roman über Amerika und, na klar, in der Tradition Charles Dickens‘ geschrieben. In Kingsolvers mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnetes Buch setzt auch sein deutscher Verlag große Hoffnungen. Bestseller-Status wäre unbedingt angemessen: Wer das Lesen liebt, wird diesen Roman lieben. Wo Kingsolver ein 800-Seiten-Panorama hinlegt, ist ihre deutsche Kollegin Iris Wolff wieder im reduzierten, pointierten kleineren Format unterwegs. Ihr Roman „Lichtungen“ erzählt einmal mehr von Rumänien, dem Land, in dem Wolff geboren wurde. Tatsächlich „pointiert“ ist Wolffs kunstvolle Prosa natürlich insofern nicht, als sie eine Meisterin des poetisch Ungefähren ist. Andreas Stichmann ist ebenso ein suggestiver Erzähler: In seinem Erzählungsband „Loreley“ entblättert er Vignetten der Einsamkeit und nicht vergehender Hoffnungen.
14/02/2024 • 30 minutes, 8 secondes
Ach, der Schlink wieder: Ist der neue Roman voller Klischees?
Der deutsche Bestsellerautor schreibt über das Sterben, Nathan Hill über die Ehe – und Niviaq Korneliussen über eine junge Frau, die ihren Platz im Leben finden will: Next Book Please beschäftigt sich diesmal mit drei recht unterschiedlichen Büchern. Wobei der Amerikaner Hill ganz sicher das unterhaltsamste geschrieben hat. „Wellnesse“ ist eine erstklassige Version der Great American Novel, ein Roman über die Liebe und unsere Gegenwart. Niviaq Korneliussens „Das Tal der Blumen“ dagegen ist eine klassische Coming-of-age-Geschichte, aber auch ein Portrait Grönlands. Wann liest man so etwas schon einmal? An Bernhard Schlinks „Das späte Leben“ scheiden sich die Geister; einer der beiden Kritiker bleibt dem so erfolgreichen Autor gegenüber ziemlich kritisch.
25/01/2024 • 33 minutes, 24 secondes
Jane Campbell: Diese späte Debütantin ist ein Knüller
Eine Frau, die mit 80 Jahren zur Schriftstellerin wird? Wird unbedingt zum Hit. Wenn sie wie die die Britin Jane Campbell schreibt. Über ein Sujet, das bislang zu kurz gekommen ist: die alte Frau. Campbells Storys haben Biss, Witz und Melancholie. Sie überraschen. Tun das auch die neuen Romane von Jonas Jonasson und Camille Laurens? Darüber sprechen die Podcaster in dieser Folge von Next Book Please.
11/12/2023 • 23 minutes, 42 secondes
Die besten Romane des Jahres
Rainer Moritz und Thomas Andre stellen ihre jeweilige Top Ten des Jahres 2023 vor. Spoiler: Tonio Schachinger und Daniel Kehlmann sind nicht dabei. Dafür aber unter anderem Terézia Mora, Charlotte Gneuß und Max Richard Leßmann. Rainer Moritz steht auf Nordeuropäer, Thomas Andre ebenso. Rainer Moritz mag Johnny Cash, Thomas Andre Anselm Kiefer: Auch Sachbücher kommen in dieser Geschenketipp-Ausgabe zu ihrem Recht.
04/12/2023 • 42 minutes, 18 secondes
Next Book Please - diesmal live aus der Eisdiele
Rainer Moritz und Thomas Andre sprachen diesmal ihren Podcast live vor Publikum ein: Auf Einladung der Blankeneser Buchhandlung Wassermann im Pop-up-Store in Osdorf. Thema waren vier Romane. Zum einen Inger-Maria Mahlkes vorzügliche "Buddenbrooks"-Variation "Unsereins". Ein Werk, mit dem die Buchpreis-Gewinnerin viel wagt und viel gewinnt. Außerdem wurden Uwe Timms "Alle meine Geister", Florian Illies' "Zauber der Stille" und Anne Rabes "Die Möglichkeit von Glück" besprochen.
14/11/2023 • 1 heure, 8 minutes, 58 secondes
Daniel Kehlmanns „Lichtspiel“: Ein großer Wurf oder nicht?
Eine VIP-Folge mit Deutschlands erfolgreichem Literatur-Export Daniel Kehlmann und Büchnerpreis-Gewinnerin Terézia Mora. Außerdem wird das Debüt von Amerikas Shootingstar Tess Gunty besprochen: „Der Kaninchenstall“. Der vielleicht außergewöhnlichste Titel in diesem Roman-Trio ist jedoch vermutlich Terézia Moras „Muna oder Die Hälfte des Lebens“: Eine oft haltlose Frau, die sich von einem Mann schlecht behandeln lässt – darüber kann man engagiert diskutieren.
16/10/2023 • 31 minutes, 11 secondes
Best of Herbst: Der Podcast zur Buchmesse
Rainer Moritz und Thomas Andre stellen ihre Shortlists des Literatur-Herbsts vor. Der Clou: Französinnen sind auch mit dabei. Und eine Nordirin. Außerdem aus dem schönen Bereich der deutschsprachigen Literatur Autorinnen und Autoren wie Dana Vowinckel, Maxim Biller und Steffen Kopetzky. Johnny Cash spielt auch eine Rolle – mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.
13/10/2023 • 33 minutes, 26 secondes
Ein neuer Haas – und ein Roman über das Nix-Hinkriegen
Angelika Klüssendorfs autobiografisch inspirierte Trilogie wurde zu Recht von Kritikerinnen und Kritikern rauf und runter gelobt. Jetzt gibt es mit „Risse“ einen Nachschlag. Wieder geht es um „das Mädchen“ und die schwierigen Verhältnisse, aus denen es stammt. Wolf Haas hat einen neuen Roman geschrieben, der sich ebenfalls in der eigenen Biografie bedient beziehungsweise der der Mutter. „Eigentum“ ist im typischen Haas-Sound geschrieben und schlägt einen Bogen von den 1920er-Jahren bis in die Gegenwart. Nele Pollatschek ist in „Kleine Probleme“ dagegen in der Gegenwart und da bei uns allen, die wir prokrastinieren und aufschieben, bis der Tag irgendwann vorbei ist und wieder nichts geschafft. Ein außergewöhnlicher Stoff, finden Rainer Moritz und Thomas Andre.
08/09/2023 • 27 minutes, 34 secondes
Viel Amerika und eine Frau, die nicht eingeladen ist
Emma Clines neuer Roman heißt auf Deutsch „Die Einladung“ und im Original „The Guest“. Da kann man mal drüber nachdenken. Thomas Andre und Rainer Moritz tun genau das in dieser Folge von Next Book Please. In der geht es viel um Amerika. „Die Einladung“ spielt in den Hamptons, Richard Fords neuer Frank-Bascombe-Roman „Valentinstag“ dagegen in Minnesota und South Dakota. In den Fly-Over-States! Der Bascombe-Abschluss mit diesem fünften Buch ist existenziell hart und dialogisch leicht. Für R.C. Sherriffs „Zwei Wochen im Sommer“ gilt das auch. Obwohl unter der Oberfläche der Sommerfrische, die der englische Autor Sherriff (1896-1975) in seinem 1931 erschienenen Roman schildert, der Verfall lauert. In Helle des Sommers mischt sich das Dunkel des kommenden Herbstes.
01/09/2023 • 26 minutes, 21 secondes
Urlaub! Strand! Lesen! Jetzt oder nie
Die Spezialausgabe zur Sommerfrische: Wir haben die besten Lesetipps – mindestens
05/07/2023 • 1 heure, 1 minute, 21 secondes
„Mit einundvierzig hatte sie ein Mal Sex gehabt“
Lisa Taddeo und Jasmin Ramadan begutachten die mittleren Jahre, T.C. Boyle den Klimaeffekt.
30/05/2023 • 30 minutes, 59 secondes
Die Top 3 der Bestsellerliste: Muss man die echt lesen?
Diesmal: Stuckrad-Barre, Seethaler, Irving und eine englische Newcomerin
05/05/2023 • 42 minutes
Der Gentleman, der seine Frau unglücklich macht
Bernadine Evaristos Roman über ein verweigertes Coming-out. Außerdem: Annika Büsing und Janet Lewis.
06/04/2023 • 28 minutes, 23 secondes
Berlin? Kann nie die Lösung sein
Vincenzo Latronico hat einen Roman über digitale Nomaden geschrieben. Plus: Percival Everett und Clemens J. Setz
27/02/2023 • 28 minutes, 44 secondes
Virginie Despentes, der Drogenentzug und ein übergriffiger Kerl
Die französische Starautorin schreibt Punchlines über #Metoo, Joshua Cohen irrwitzig über die Netanjahus.
01/02/2023 • 34 minutes, 3 secondes
Ich bin eine Frau und Mitte 50, was kommt jetzt noch?
Dana Spiottas Roman über die Menopause, und: neue Bücher von Simon Strauß und Mohamed Mbougar Sarr.
18/01/2023 • 33 minutes, 7 secondes
Auf der Suche nach Geschenken? Die besten Bücher des Jahres
Das war 2022 literarisch: Ein Best of mit u.a. Michel Houellebecq, Heinz Strunk und Claire Keegan.
14/12/2022 • 32 minutes, 55 secondes
Bei diesem Roman gibt es an den Sexszenen nichts zu beanstanden
Nicolas Mathieu legt einen makellosen Frankreich-Roman vor. Plus: Neue Bücher von Cormac McCarthy und Julian Barnes
07/12/2022 • 30 minutes, 42 secondes
Was es bedeutet, eine Frau zu sein
Der Literaturnobelpreis für Annie Ernaux? Berechtigt. Jetzt erscheint ein neues Buch der Französin
02/11/2022 • 19 minutes, 5 secondes
Sex ist wie Schach, nur ohne Würfel
Thomas Melles krachender Familienroman erzählt von kranken Liebesspielen. Plus: Alex Schulman und Daniela Dröscher
19/10/2022 • 31 minutes, 22 secondes
Neuer Roman „Zur See“: Frau Hansen hält das Niveau
In dieser Ausgabe geht es um eine deutsche Bestsellerautorin und um Lektürenachschub von Ian McEwan und Celeste NG
30/09/2022 • 36 minutes, 20 secondes
Lisa Eckhart: Bettler, Huren, Hostessen, Boum!
Die österreichische Kabarettistin legt ihren neuen Roman vor. Außerdem: Theresia Enzensberger und Jochen Schmidt.
07/09/2022 • 32 minutes, 33 secondes
Gibt es drei Arten, ein Rassist zu sein?
Norbert Gstreins großartiger neuer Roman. Plus: Neue Bücher von Leona Stahlmann und Dirk von Petersdorff.
24/08/2022 • 30 minutes, 9 secondes
Wird man durch Tätowierungen verrückt?
Lize Spits kolossaler Roman über eine Psychose. Plus: neue Bücher von Dominik Barta und Alain-Claude Sulzer.
10/08/2022 • 34 minutes, 47 secondes
Wer an Gott glaubt, wird dement
Tamar Noorts Debüt handelt von einer jungen Pastorin. Hernan Diaz schreibt über das Geld, Christine Wolter übers Segeln.
27/07/2022 • 30 minutes, 22 secondes
Elektroschocks? Ihr spinnt doch!
Linda Boström Knausgards intensiver Roman über die Psychiatrie. Plus: neue Bücher von Ralf Rothmann und Norbert Scheuer
13/07/2022 • 31 minutes, 7 secondes
Der Schlachter, der bekifft um arme Schweine weint
Adeline Dieudonné legt ein hartes Figurenstück vor. Plus: Neue Bücher von Camille Laurens und Eckart Nickel
14/06/2022 • 31 minutes, 2 secondes
Diese fürchterliche Doppelmoral
Ein beeindruckender Irlandroman Claire Keegans. Plus: Neue Bücher von Le Clezio und Brandon Taylor.
01/06/2022 • 29 minutes, 40 secondes
Uwe Tellkamp und das rechte Denken
Diesmal in Next Book Please: Das umstrittenste Buch des Jahres
13/05/2022 • 28 minutes, 48 secondes
Ein Vater, der seinen Sohn als „Tunte“ beschimpft
Claudia Schumachers fulminantes Debüt. Plus: neue Bücher von Axel Hacke und Chloé Delaume
04/05/2022 • 36 minutes, 49 secondes
Ist dieser Autor etwa der neue Stephen King ?
Der Selbstentblößer Karl Ove Knausgård hat einen neuen Roman geschrieben. Und was für einen!
20/04/2022 • 24 minutes, 2 secondes
Eine Romanze am Beckenrand
Annika Büsing legt ein bemerkenswertes Debüt vor. Außerdem: neue Bücher von Vendela Vida und Andreas Stichmann
06/04/2022 • 29 minutes, 41 secondes
Russland vor der Befreiung
Katerina Poladjan erzählt vom Jahr 1985 in der UdSSR. Außerdem: neue Bücher von Bettina Flitner und Jon Fosse
30/03/2022 • 28 minutes, 17 secondes
Der Krimi, auf den alle gewartet haben
Endlich ein neuer "Brenner" von Wolf Haas. Und die neuen Romane von Fatma Aydemir und Reinhard Kaiser-Mühlecker.
09/03/2022 • 32 minutes, 43 secondes
Yasmina Reza und eine Familie im KZ
Die französische Starautorin hat einen tragikomischen Roman geschrieben. Außerdem: Neues von Esther Kinsky und Percival Everett
16/02/2022 • 27 minutes, 45 secondes
Der Hype um ein ödes Buch
Hanya Yanagihara legt den Roman nach dem Bestseller vor. Außerdem: Neues von Anselm Neft, Altes vom Nobelpreisträger.
12/01/2022 • 40 minutes, 36 secondes
Die allerbesten Bücher des Jahres
Franzen, Kracht, Slimani, Le Tellier: 2021 war top. Und hier gibt’s deswegen Geschenketipps
03/12/2021 • 25 minutes, 37 secondes
Schauspielstar Selge: Vater, warum schlugst du mich?
Diesmal: Ein hochgelobtes autobiografisches Buch, ein Super-Comeback und eine englische Wiederentdeckung.
17/11/2021 • 36 minutes, 28 secondes
Der Lüstling vom Lande
Die hochgelobte Marieke Lucas Rijneveld legt (k)einen Lolita-Roman vor. Plus: Neue Bücher von Bernhard Schlink und Alex Schulman
03/11/2021 • 33 minutes, 10 secondes
Warum ist diese Frau ein Literaturstar?
Diesmal im Angebot: die neuen Romane von Sally Rooney und Dave Eggers sowie Unveröffentlichtes von Simone de Beauvoir
20/10/2021 • 37 minutes, 56 secondes
Der sterbende Mann und eine Schlagerfee
Peter Stamm erprobt die Weltabgewandtheit. Außerdem: Neue Romane von Tomas Espedal und Sasha Marianna Salzmann
06/10/2021 • 31 minutes, 4 secondes
Wenn der Pastor einer Witwe hinterhersteigt
Ein Sittenbild Amerikas: Starautor Jonathan Franzen porträtiert in „Crossroads“ glanzvoll die 1970er-Jahre.
01/10/2021 • 29 minutes, 7 secondes
Der Mann, das Schwein
Diesmal: Doris Knechts Roman über Frauenhass und Cybermobbing. Außerdem werden Louise Erdrichs und Douglas Stuarts preisgekrönte Bücher besprochen
25/08/2021 • 37 minutes, 40 secondes
Der anormalste Roman des Jahres
Hervé Le Tellier verdoppelt ein Flugzeug der Air France und verkauft damit eine Million Bücher. Außerdem: Colson Whiteheads neuer Hit
11/08/2021 • 36 minutes, 35 secondes
Großmeister Heinz Strunk, Könnerin Daniela Krien
Die Bestsellerausgabe mit dem hässlichsten Liebesroman des Jahres. Und: Ein Eheroman und ein Sterberoman
28/07/2021 • 35 minutes, 19 secondes
Der gedopte Meistererzähler
Peter Buwaldas muskelstrotzende Familiensaga ist keine alltägliche Lektüre. Und was ist mit den neuen Büchern Eckhart Nickels und Gunter Gerlachs?
14/07/2021 • 31 minutes, 32 secondes
Pfälzischer Punkrock und marokkanische Malaisen
Die großartige Leïla Slimani schreibt über einen Kulturschock. Außerdem: Neue Bücher von Tijan Sila und Zadie Smith
30/06/2021 • 32 minutes, 30 secondes
Ein überkorrekter Roman
Kiley Reids „Such A Fun Age” erzählt furios von Rasse und Klasse. Außerdem: Gabriele von Arnim und Jubilar Heinrich Mann
16/06/2021 • 27 minutes, 43 secondes
Kann Juli Zeh eigentlich schreiben?
Ein neuer Roman von Deutschlands erfolgreichster Autorin, an dem sich die Geister scheiden. Plus: Christoph Hein und Ian McGuire
02/06/2021 • 30 minutes, 13 secondes
Montana, mon amour
Callan Winks Roman “Big Sky Country” ist nichts weniger als grandiose. Außerdem in dieser Folge: Robin Robertson und Helga Schubert
19/05/2021 • 28 minutes, 23 secondes
Der Überrraschungs-Hit der Saison
Alena Schröders Roman hat den schönsten Titel – und wird gelesen wie blöd. Außerdem: Neue Bücher von Judith Hermann und Tatiana Tibuleac
11/05/2021 • 24 minutes, 49 secondes
Next Book Please: Wer sagt denn Schlampe?
Claude Anets Roman „Ariane. Liebe am Nachmittag“ erzählt vom Liebeskrampf in alten Zeiten. Außerdem: Laila Lalamis und Monika Helfers neue Romane – einer hui, der andere pfui?
21/04/2021 • 30 minutes, 40 secondes
Hamburg und Schleswig-Holstein: Es herrscht Krieg
Christoph Ransmayr legt eine aufregende Dystopie vor. Außerdem testgelesen: Takis Würgers Holocaust-Buch und Joachim Bessings „Hamburg. Sex City“
07/04/2021 • 30 minutes, 12 secondes
“Stand by Me”
“Stand by Me”: Benedict Wells schreibt einen astreinen Jugendroman. Außerdem geht es in dieser Folge um die Nazis unter uns und eine dänische Kindheit.
24/03/2021 • 32 minutes, 19 secondes
Christian Krachts heiterstes Buch
Was lesen? Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
Hat man auf diesen Roman sehnsüchtig gewartet? Und wie! Finden zumindest einige. Und einer von denen ist einer von zwei Next-Book-Please-Podcastern. Hier wird aber noch nicht verraten, wer sich genau als langjähriger Kracht-Fan outet. So oder so ist diese Folge nur diesem einen Roman vorbehalten: Christian Krachts „Eurotrash“. Ein Buch, das man, ganz nach den Wünschen des Autors, als Fortsetzung seines Debüts „Faserland“ lesen kann. Die Hauptfigur von „Eurotrash“ heißt, Tatsache, wie sein Autor Christian Kracht.
Aber was will er mit diesem „Eurotrash“-Roman genau, der Autor Kracht? Dieser eigenartigen Mischung aus Familienaustreibung und Road Novel, in der von der Nazi-Vergangenheit der eigenen Sippe erzählt wird und von einer problematischen Mutter-Sohn-Beziehung. Ist der „Faserland“-Erzähler selbst nur ausgedacht oder Kracht selbst? Und was heißt das für den Erzähler von „Eurotrash“, was für den Autor Kracht mit seiner Lust an Identitätstricksereien? Was ist Wahrheit, was Erfindung? Ist Christian Kracht ein literarischer Spieler, der möglichst viel von sich verraten oder alle Spuren verwischen will? Oder ist er etwa auf beides zugleich aus? Und warum ist das alles eigentlich so heiter? Darüber sprechen Thomas Andre und Rainer Moritz in Next Book Please. Einschalten lohnt sich.
10/03/2021 • 24 minutes, 6 secondes
Die Selbstabschaffung der Menschheit
Was lesen? Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
Das „Sicherübrigen der menschlichen Spezies“ ist das Ziel dieser KI-Anstalt. Hunderte, Tausende Programmierer und Wissenschaftler arbeiten an der Künstlichen Intelligenz mit menschlichem Bewusstsein. Syz ist einer von ihnen: Nach seinem Vorbild wird der Denk- und Fühlapparat des Roboterwesens modelliert. Aber Syz will ausbrechen, und das ist der Auftakt der Thriller-Handlung in Raphaela Edelbauers neuem Roman „DAVE“. Der ist Thema dieser Ausgabe von Next Book Please: Beide Testleser sind sich einig, dass Edelbauers kühn konstruierter Plot ein viel diskutierter Titel in diesem Literaturfrühling sein wird.
Und einer von ihnen outet sich außerdem als Fan des historischen Romans. Zumindest, wenn er von Mirko Bonné geschrieben ist. „Seeland Schneeland“ ist die gewaltige Erzählung von den Auswanderern des frühen 20. Jahrhunderts. Hier schaffen sie es nicht heraus aus Europa, eine Havarie stoppt sie. Der Hamburger Schriftsteller setzt in seinem neuen Buch auch eine komplizierte Liebesgeschichte in Szene. Aber würde es ihm gefallen, wenn man seinen Roman einen „Edelschmöker“ nennt? Rainer Moritz erinnerte sich, weil in „Seeland Schneeland“ der Antarktis-Reisende Ernest Shackleton seinen Auftritt hat, bei der Lektüre an seine frühe Begeisterung für die Entdecker, die es in die Kälte zog. Wie viel Punkte er diesem Roman gibt, ist nachzuhören in dieser neuen Ausgabe des Literaturpodcasts.
In dem geht es abschließend um einen Geheimtipp. Mary Beth Keanes „Wenn du mich heute wieder fragen würdest“ ist ein großer amerikanischer Familienroman, der vom Grauen im Vorort erzählt, von zwei Familien und ihren Schicksalen – und den Dämonen, die Menschen dazu bringen können, Unvorstellbares zu tun oder das Alltägliche, nämlich zum Glas zu greifen. Eine fesselnde Lektüre, da besteht Einigkeit; und ein Buch, über das sich ausführlich zu sprechen lohnt.
24/02/2021 • 32 minutes, 31 secondes
Der Roman für unsere Gegenwart
Was lesen? Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
Ein Roman, der mit beiden Beinen in der puren Gegenwart steht: Das ist Bernadine Evaristos „Mädchen, Frau etc.“. Für dieses Buch erhielt die Londoner Autorin als erste Schwarze Schriftstellerin im Jahr 2019 den Booker Prize. Nun liegt der Roman, der beinah ausschließlich weibliche Schicksale ins Visier nimmt, auf Deutsch vor. Ein eindeutiger Zeitgeistroman, urteilen Rainer Moritz und Thomas Andre, finden aber, dass aus dem forcierten Interesse der Autorin an aktuellen Gender-Themen nie ein Ärgernis wird. Ob Schwarze, migrantische oder lesbische Lebenswelten – es entblättert sich ein handwerklich sauber ins Werk gesetztes Kaleidoskop der Jetzt-Zeit.
Ganz anders bei Büchner-Preisträger Martin Mosebach, der in seinem neuen Werk „Krass“ die jüngere Vergangenheit zu ihrem Recht kommen lässt. Der Roman spielt in den Jahren 1988/89 und 2008. Auch sein Held, der sinistre Waffenhändler Ralph Krass, ist so gestrig wie nur irgendeiner. Ja, Mosebach ist ein Formulierungskünstler, der bisweilen ganz herrlich altmodisch zu schreiben versteht. Aber will man das heute so lesen? Diese Frage will die aktuelle Folge von Next Book Please beantworten.
Die dreht sich diesmal auch um Johann Scheerers zweites autobiografisches Buch „Unglaublich nah“, in dem der Plattenstudiobetreiber und Schriftsteller von einem Aufwachsen mit Personenschutz berichtet. Und von den Sorgen und Bedrängnissen eines Jugendlichen aus den Hamburger Elbvororten, der nicht nur der Sohn Jan Philipp Reemtsmas ist, sondern auch ein nach allgemeiner Emanzipation Strebender, der sich fragen muss, ob Punk und Hautevolee zusammengehören dürfen. Ein geschickt arrangiertes Selbstzeugnis, urteilen die beiden Podcaster – aber einer von beiden kann diesem Buch dann doch noch deutlich mehr abgewinnen als der andere. Nachzuhören in dieser Folge, schalten Sie ein!
10/02/2021 • 33 minutes, 19 secondes
Ein Holländer, der Nutella hasst
Was lesen? Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
01/12/2020 • 34 minutes, 23 secondes
Das vermutlich mieseste Buch des Jahres
Was lesen? Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
Was soll das sein? Ein Lebenshilfebuch, getarnt als Roman? In der aktuellen Folge von Next Book Please geht es um das neue Werk des Bestsellerautors Bas Kast. Dem gelang zuletzt mit „Der Ernährungskompass“ ein großer Sachbuchhit. Ist er deswegen dafür geeignet, als Verfasser eines belletristischen Titels in Erscheinung zu treten? Die Podcaster haben zu Bas Kasts „Buch eines Sommers. Werde, der du bist“ eine eindeutige Meinung.
Mit Thomas Hettche und Christine Wunnicke stehen neben Kast zwei etablierte Romanautoren im Mittelpunkt des Interesses dieser Hochgeschwindigkeitsausgabe (drei Bücher in 20 Minuten!) des Literaturpodcasts. Wunnicke und Hettche schafften es in diesem Jahr gleichermaßen ins Finale des Deutschen Buchpreises. Hettches „Herzfaden. Roman der Augsburger Puppenkiste“ erzählt auf hochliterarische Weise die Geschichte der berühmten deutschen Kulturinstitution. Ein vor allem auch sympathisches Werk, findet einer der beiden Literaturkritiker.
Ebenso literarisch erzählt Christine Wunnicke in ihrem schmalen historischen Roman „Die Dame mit der bemalten Hand“ vom Aufeinandertreffen von Morgen- und Abendland. Zwei völlig unterschiedliche Männer, die im 18. Jahrhundert auf einer Insel im Arabischen Meer landen und sich dort in skurril anmutende Dialoge verstricken: Doch, das hat was. Der Perser Musa und der aus dem Bremischen stammende Carsten Niebuhr (eine historische Person, 1733-1815), der Astronom und der Mathematiker, sind die Helden eines Stoffs, der wie ein Fiebertraum daherkommt. Ein Roman der vorglobalisierten Welt, bei dem man viel lernt. Zum Beispiel, was ein Astrolabium ist.
18/11/2020 • 19 minutes, 40 secondes
In Sibirien friert man sich den Arsch ab
In Sibirien friert man sich den Arsch ab
Was lesen? Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
In dieser Ausgabe von Next Book Please: Ein Debüt namens „Sibirische Geschichten“, ein Klassiker aus Kanada und ein Vaterbuch. Zunächst dorthin, wo man sich den Allerwertesten abfriert. Der Hamburger Debütant Sascha Preiß legt nun mit seinem Erzählungsband „Sibrirische Geschichten“, der im in der Hansestadt ansässigen Nox Verlag erscheint, eine von eigenen Erfahrungen gesättigte Sammlung von Momentaufnahmen vor, die in durchaus eindrucksvoller Prosa geschrieben sind. Im Podcast verrät Rainer Moritz, ob er auch einmal gerne in den kalten Osten reisen würde.
Margaret Laurence (1926-1987) war Kanadierin, sie gilt neben Alice Munro und Margaret Atwood als herausragendste Erzählerin ihres Landes. Der verdienstvolle Eisele Verlag will ihr nun auch im deutschsprachigen Raum noch einmal zu Bekanntheit verhelfen. In einer Neu-Übersetzung erscheint nun Laurences vielleicht bekanntester Roman „Der steinerne Engel“, der erste einer Reihe von Romanen, die in der fiktiven Provinz Manawaka spielen. Erzählt wird die Lebensgeschichte der widerborstigen und eigensinnigen Hagar Shipley, die in der Erzählgegenwart der Sechzigerjahre 90 Jahre alt ist. Zeitloser Klassiker oder schlecht gealterter Historienschinken? Wer Next Book Please hört, weiß dies anschließend.
In „Glücksritter. Recherche über meinen Vater“ behandelt Michael Kleeberg wie viele Autorinnen und Autoren derzeit die eigene Herkunft. Auf beeindruckende Art und Weise, da sind sich die Podcaster einig; bleibt die Frage, wie viel man als Autor final in seinem Verhältnis zu seinem Vater klären kann, wenn man diesen zur literarischen Person macht.
11/11/2020 • 33 minutes, 24 secondes
„Der Malteser Falke“
Was lesen? Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
Er gilt als einer der berühmtesten Krimis der Welt, jetzt liegt er in einer deutschen Neu-Übersetzung vor: Dashiell Hammetts epochemachendes Werk „Der Malteser Falke“. 1930 im Original erschienen, begründete der Roman ein ganzes Genre. Nämlich das des „Hardboiled Detective“, des „hartgesottenen Ermittlers“. Bei Hammett (1894-1961) heißt er Sam Spade, und er ist eine Naturgewalt. Schlägt sich durch die Szenerie, hat keine Angst vor irgendjemandem, weder vor Gangstern noch vor Kriminalbeamten oder dem Staatsanwalt. Erfolg bei Frauen („Schätzchen“) ist ebenfalls zu konstatieren.
Weshalb Rainer Moritz und Thomas Andre in dieser Spezial-Ausgabe von Next Book Please, die alleine einem Titel vorbehalten ist, auch diskutieren, ob man sich an dem im Roman vermittelten Frauenbild stören muss. Außerdem sprechen die Podcaster über die Qualität der Neuübersetzung von Pociao, die literarhistorische Bedeutung des Werks, über Georges Simenon und Raymond Chandler – und über die Kunst, Plot-mäßig gleichzeitig dick aufzufahren und keineswegs effekthascherisch zu sein.
04/11/2020 • 19 minutes, 28 secondes
Wenn dir ein Republikaner in der Wahlnacht eine reinhaut
Was lesen? Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
Ein Altmeister, eine Altmeisterin, ein Newcomer: Die neue Folge des Literaturpodcasts wartet wie immer mit einer interessanten Mischung auf. Den Anfang macht Richard Fords Erzählungsband „Irische Passagiere“, dessen Geschichten mal mehr, mal weniger mit Irland zu tun haben. Es geht um meist mittelalte Menschen, die in gesicherten Verhältnissen leben, von Schicksalsschlägen betroffen sind oder ganz allgemein Verlusten. Da ist in einer der Erzählungen zum Beispiel der Expat Jimmy Green, der auf einer Wahlparty im Paris des Jahres 1992 seine Würde verliert. Obwohl er ganz unschuldig ist. Weil Clinton die US-Präsidentenwahl gewinnt, haut ihm ein Republikaner eine rein. Einfach so. Amerikanische Toughness, viele Jahre, bevor das Land erst recht am Zerbersten ist. Außerdem gibt es die bei Ford nicht untypischen Behauptungssätze. Sind die eigentlich tiefsinnig oder tun nur so, als ob sie dies wären? Auch darum geht es diesmal in Next Book Please.
Außerdem um den neuen Roman der 1948 in Schwyz geborenen Gertrud Leutenegger. Podcaster Rainer Moritz begleitet die Karriere der Schweizerin seit Beginn von deren Karriere. Auch „Späte Gäste“ kann er viel abgewinnen, während Thomas Andre mit der Überpoetisierung des Geschehens manchmal seine Probleme hat. Positiv bewerten beide Leser den Einbruch der Flüchtlings-Gegenwart in die versponnen-somnambule Atmosphäre des Romans.
Eigenwillig ist auch das Debüt des 1983 in Linz geborenen Österreichers Stephan Roiss. „Triceratops“ stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises und erzählt von einer Familie, deren Mitglieder unter psychischen Erkrankungen leiden. An die fortwährende Irritierung, dass der zunächst kindliche, später jugendliche Ich-Erzähler unaufhörlich im „wir“ erzählt und nicht als „ich“, gewöhnt man sich als Leser. Dieser Kniff gesellt sich neben die harten Schnitte und Szenenwechsel dieses rabenschwarzen Buchs – eine Entdeckung, aber wahrlich harte Kost.
07/10/2020 • 31 minutes, 11 secondes
Plätscher-Prosa, Jugendzauber und ein Buchpreis-Favorit
„Gespräche mit Freunden“ hieß der erste Roman Sally Rooneys. Er erschien im vergangenen Jahr und entzweite die Kritiker von „Next Book Please“. Jetzt liegt mit „Normale Menschen“ der zweite Roman der irischen Zeitgeistautorin vor. Auch er behandelt auf minutiöse, detaillierte Weise das soziale, das insbesondere amouröse Leben seiner jungen Heldinnen und Helden. In diesem Fall sind es die Studenten Marianne und Connell, die eine An- und Aus-Beziehung führen und deren Identitätsfindungen als Einzelpersonen und als Paar der Leser mehr oder weniger gebannt folgt. Dass sich an Rooneys Plätscher-Prosa weiterhin die Geister scheiden, zeigt die neue Folge des Literaturpodcasts.
Außerdem besprechen Rainer Moritz und Thomas Andre die neuen Titel von André Kubizcek und Deniz Ohde. Ersterer hat mit seinem ebenfalls die Liebeshandlungen in diesem Fall sehr junger Menschen beschreibenden Entwicklungsroman „Straße der Jugend“ eine Fortsetzung vorgelegt – von seiner 2016 für den Deutschen Buchpreis nominierten „Skizze eines Sommers“. Wir treffen erneut auf den einem leicht ans Herz wachsenden Potsdamer Teenager René, der nun auf eine weiterführende Schule in Halle geht und dabei wie vorher zwischen zwei Frauen steht. Ein Feelgood-Roman, der den Zauber des Jungseins beschwört und immer wieder komisch ist, da sind sich beide Kritiker einig.
Und dann wäre da noch das hervorragende Debüt der Autorin Deniz Ohde. „Streulicht“ erzählt den Emanzipations- und Bildungsroman einer jungen Frau, die ihr Milieu unter manchen Anstrengungen hinter sich lässt und dabei mit Vorurteilen, Diskriminierung und Chancenungleichheit konfrontiert ist. Einer der beiden Podcaster würde „Streulicht“ sicher gerne als Gewinner des Deutschen Buchpreises sehen. Wer das ist? Nachzuhören in der aktuellen Folge!
23/09/2020 • 32 minutes, 14 secondes
Hamburgs heiße Tage: G20 als Familienroman
2017 fühlte es sich so an, als würde Hamburg brennen: G20 tagte in der Hansestadt. Auf den Straßen standen sich Autonome und Polizisten gegenüber. Es wurde geknüppelt und geplündert, und über allen kreisten die Helikopter. Die Hamburger Autorin Katrin Seddig hat einen Roman über das Geschehen von damals geschrieben. Anhand der Marienthaler Familie Koschmieder erzählt sie von Hamburgs heißen Tagen. G20 als Familienroman also – wie gut das gelingt, darüber diskutieren die Podcaster Rainer Moritz und Thomas Andre in dieser Ausgabe von Next Book Please.
Auch die Qualität der neuen Bücher von Iris Wolff und Sabine Peters wird geprüft. Die 1977 in Siebenbürgen geborene, hochgelobte Erzählerin Iris Wolff steht mit „Die Unschärfe der Welt“ auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Ihre Prosa kommt auch bei den Next-Book-Please-Kritikern gut an. Im neuen Buch geht es um eine Familie aus dem Banat und die Brüche, denen Lebensläufe unterliegen.
Sabine Peters gebührt das Lob für den schönsten Romantitel des Jahres: „Ein wahrer Apfel leuchtete am Himmelszelt“ heißt das aktuelle Buch der Hamburger Autorin, in dem sie sich einer Kindheit in den 1960er- und 1970er-Jahren widmet. Der kindliche Blick und das lebensweltliche Detail als Ingredienzien einer ausgesuchten Erzählkunst; und was das mit Gerhard Henschel zu tun hat (oder eben nicht), darüber lassen sich mehr als ein paar Worte verlieren. Deshalb wie immer: eine Hörempfehlung!
09/09/2020 • 32 minutes, 29 secondes
Fäkalien in einem amerikanischen Whirlpool
Sagt es etwas über Amerika, wenn dort, in Tuscon, Arizona, um genau zu sein, ein Fiesling unbescholtenen Bürgern immer wieder in den Whirlpool, Verzeihung!, scheißt? Ja, das sagt etwas über Amerika. Vielleicht auch allzu deutlich. Der Verlag nennt Richards Russos Langerzählung „Shitshow“ im Klappentext eine Parabel, und das ist es dann eben auch. Eine Parabel über die Identitätskrise der Liberalen, hervorgerufen, na klar, durch den Wahltriumph Donald Trumps. Die Erzählung setzt ein am Wahlabend, am nächsten Morgen wachen David und Ellie, ein pensioniertes Akademikerpaar, in einem anderen Land auf. Und dann geht es los mit dem Defäkieren, Teufel aber auch. Zunächst geraten Freundschaften in eine Krise, dann die Ehe – ein vielschichtiger Text, finden die Podcaster Rainer Moritz und Thomas Andre.
Die beiden anderen in der 25. Ausgabe von Next Book Please besprochenen Titel sind Lisa Eckharts „Omama“ und Sorj Chalandons „Wilde Freude“. Über Lisa Eckhart wurde viel gesprochen zuletzt: der Hamburger Ein- und Ausladeeklat, die Debatte über die Freiheit der Kunst und Eckharts im übrigen ziemlich souveränes Statement dazu, es war einiges geboten. Und wie ist „Omama“ nun, was sind seine Stärken, seine Schwächen? Nachzuhören um Podcast.
Sorj Chalandon ist seit seinem auch in Deutschland sehr erfolgreichen Roman „Am Tag davor“ ein Favorit von Literaturhaus-Chef Rainer Moritz. Jetzt kommt mit „Wilde Freude“ ein neuer Chalandon auf Deutsch heraus. Ein Buch zur Zeit, nämlich über weibliche Selbstermächtigung: Vier Frauen planen einen Diamanten-Coup. Sie alle sind vom Schicksal geschlagen, und das hatte viel mit miesen Typen zu tun. Apropos, kommen Männer hier zu schlecht weg? Darüber wäre zu reden.
26/08/2020 • 28 minutes, 57 secondes
Das verkannte Genie, Mahler und die Kitschautorin
Next Book Please heute mit einer Künstlerromanausgabe – und dabei drei Büchern, die doch recht unterschiedlich sind. Rainer Moritz und Thomas Andre besprechen zum einen Anita Brookners 1984 mit dem Booker Prize ausgezeichneten Roman „Hotel du Lac“, in dem eine nicht mehr ganz junge Frau, die ewige Junggesellin Edith Hope, aus London in die Schweiz zwangsverschickt wird. In ein Hotel, das schon bessere Tage gesehen hat, in der Nachsaison; diese Kombination sagt allegorisch alles über die Menschen, die dort logieren. In diesem eher handlungsarmen, stilistisch ambitionierten (nicht überambitionierten!) Roman geht es um weibliche Identität, gesellschaftliche Konventionen – und um skurrile Begegnungen.
Um letzteres, grob gesprochen, geht es auch in Kristof Magnussons neuem Werk „Ein Mann der Kunst“. Dort lässt der 1976 in Hamburg geborene Autor die Mitlieder eines Museum-Fördervereins auf sein Idol los: den auf einer Burg am Rhein lebenden Großkünstler mit dem herrlichen Namen KD Pratz. Ist das eine Kulturbetriebssatire von hohem Rang? Darüber lässt sich streiten oder eben nicht – nachzuhören im Podcast.
Manchmal streiten lässt sich über die Qualität der Bücher des Bestsellerautors Robert Seethaler. In diesem Fall, so viel sei verraten, aber nicht: Seethalers Gustav-Mahler-Roman „Der letzte Satz“ ist ein kurzes Kunstwerk, das es schafft, auf knappem Raum und kundig das Leben des schon zu Lebzeiten weltberühmten Mannes in einige wenige Szenen zu raffen, die dramatisch sind, aber auch hochkomisch. Die Rodin-Szene ist so gut wie die Freud-Szene, finden die beiden Kritiker, sie loben ein Buch, das eine Person der Zeitgeschichte meist ganz unaufdringlich zu literarischem Ruhm kommen lässt.
12/08/2020 • 27 minutes, 37 secondes
Der Bigamist, der Verleger und einer, der Abschied nimmt
Literaturpodcast
Der Bigamist, der Verleger und einer, der Abschied nimmt
Was lesen? Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
Next Book Please, neue Folge: Heute geht es um drei aktuelle Bücher. Und eines ist kein Roman. Eher das glatte Gegenteil davon: Siegfried Unselds „Reiseberichte“ sind nüchterne Dokumentationen der Arbeitstage des Frankfurter Verlegers, der mit Suhrkamp deutsche Kulturgeschichte schrieb.
Zwischen 1959 und 2002 verfasste Unseld etwa 1500 Berichte von seinen Berufsreisen. Sie waren nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und sind vielleicht gerade deswegen spannend - zumindest für Menschen, die sich für den Kulturbetrieb interessieren. Was für die beiden Podcaster Rainer Moritz und Thomas Andre doch wohl sicher zutrifft.
Bei den anderen beiden Titeln wird dann wieder klassisches Romanland betreten. Tayari Jones, 1970 in Atlanta geboren, erzählt in ihrem zweiten Roman „Das zweitbeste Leben“ eine ganz eigene Familiengeschichte. Es geht um Bigamie, Verrat, Loyalität und ein Leben im Schatten. Jones setzt die Leben der Teenager Dana und Chaurisse in Szene, sie sind unterschiedlich: Während Chaurisse als offizielle Tochter des Chauffeurs James Witherspoon normal aufwächst, führt die ihr unbekannte Halbschwester Dana ein Leben im Geheimen. Kein alltäglicher Stoff.
Bernhard Schlink („Der Vorleser“) betritt dagegen in seinem neuen Erzählungsband „Abschiedsfarben“ allzu bekanntes Terrain. Es geht um die letzten Dinge, um Abschiednehmen, Tod, alte Rechnungen und Schuld. Muss man das gelesen haben? Hören Sie eine Einschätzung in unserem Podcast!
06/08/2020 • 28 minutes, 22 secondes
Der kleine Mann und die Sexdates
Was lesen? Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
Taffy Brodesser-Akner hat es in ihrer US-amerikanischen Heimat mit VIP-Porträts zu einiger Bekanntheit gebracht. Ihr erster Roman ist nun auf Deutsch erschienen: „Fleishman steckt in Schwierigkeiten“ ist ein Eheroman. Eheromane erzählen so gut wie immer vom Scheitern, so auch dieser. Im Mittelpunkt der Handlung steht der New Yorker Leberspezialist Toby Fleishman, der frisch geschieden ist. Seine Ex-Frau Rachel ist Künstleragentin und so ehrgeizig und geldgeil, wie man es in der Upperclass Manhattans nun mal oft ist. Toby ist eher Idealist, was folgte, ist die Scheidung. Dann ist Rachel mit einem Mal verschwunden; das gibt diesem Roman einen Spannungsbogen. Toby ist nun allein mit den zwei Kindern, und wir rekapitulieren mit ihm die Ehekrise und die Gesetze unter den Reichen, wonach man immer noch mehr haben muss. Toby selbst ist bescheidene 1,68 Meter groß, aber auf Tinder ein Großer: In diesem manchmal auch komischem Roman beschreibt Brodesser-Akner diverse seiner Sexdates. Wenig überraschend stand dieser Roman auf der Bestsellerliste.
Ann Petrys „The Street“ war 1946 ein gewaltiger Erfolg, der sich anderthalb Millionen Mal verkaufte. Die afroamerikanische Autorin traf einen Nerv mit ihrem Stoff, der im Problemstadtteil Harlem spielt. Und diesen Nerv trifft der nun auf Deutsch noch einmal neu veröffentlichte Roman heute wieder, in einer Zeit, in der Amerika mal wieder über Rassismus streitet. „Die Straße“ erzählt vom Aufstiegswillen der alleinerziehenden Mutter Lutie Johnson und wie dieser scheitern muss. Ein beeindruckendes Buch, findet Thomas Andre und Rainer Moritz.
Das dritte Thema dieser der englischsprachigen Literatur vorbehaltenen Ausgabe von Next Book Please ist Benjamin Myers’ eigenwilliger Coming-of-age-Roman „Offene See“, einer der Überraschungserfolge dieses Sommers. Die Bildungsreise des 16-jährigen Robert Appleyard zu einer exzentrischen Frau, die ihn in die Geheimnisse des Lebens einweiht und dabei selbst ein großes Geheimnis hat, ist charmant und lebt von den Naturbeschreibungen. Welchem Podcaster er wohl besser gefällt?
09/07/2020 • 25 minutes, 7 secondes
Ein Sylt-Buch, ein Datenklauer-Roman, eine Schwaben-Pietcong-Story
Was lesen? Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
Wie war Sylt früher? Wie ist es heute? Und welche Farbe hat die Nordsee? Das sind Fragen. Wichtige Fragen. Susanne Matthiessen beantwortet sie in ihrem Buch „Ozelot und Friesennerz. Roman einer Sylter Kindheit“. Ein so nostalgisches wie zorniges Buch, finden Rainer Moritz und Thomas Andre. Beide kennen die Insel, die so vielen lieb und vor allem teuer ist, aber vornehmlich aus der Nebensaison.
Außerdem besprechen die beiden Podcaster in der neuen Folge von Next Book Please die neuen Romane von Anna Katharina Hahn und Benjamin Quaderer. Letzterer ist ein dieser Literatursaison besonders hochgehandelter Debütant. Er hat den großen Liechtenstein-Roman geschrieben – wir haben darauf gewartet.
In „Für immer die Alpen“ geht es um die Lebensgeschichte des Datenklauers Heinrich Kieber, der einst den ersten Steuersünderskandal lostrat. Sie erinnern ich, 2008, Zumwinkel? Genau. Der Heinrich Kieber. Quaderer macht aus seiner Verräter- und Heldenstory einen Schelmenroman, in dem nix wahr, auch auch nicht alles ganz erfunden ist.
Autor Quaderer ist um Originalität bemüht und postmodern beseelt. Ob das immer alles Not tut? Hören Sie dazu die Meinung der beiden Kritiker. Anna Katharina Hahns „Aus und davon“ ist dagegen ein eher konventionell erzählter Familienroman, in dem von Schwaben und Amerikanern, vom „Pietcong“ und jugendlicher Adipositas erzählt wird – hinsichtlich seiner Qualität sind sich die Kritiker ziemlich einig.
25/06/2020 • 28 minutes, 21 secondes
Der Größenwahn ist auch Sache der Frauen
Was lesen? Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz sprechen über aktuelle Bestseller, die es in sich haben.
26/05/2020 • 37 minutes, 56 secondes
Next Book Please: Diesmal unter anderem mit einem Literaturquickie
Eine der Überraschungen in dieser Literatursaison ist Alexander Röslers Krankenhausroman „Unter Kitteln“. Dabei ist es allein schon das Thema, das ihn zu einem Buch der Stunde macht — das Krankenhaus ist der Sozialort der Corona-Gegenwart. Der Erzähler (und hauptberufliche Chefarzt) Rösler erzählt mit bösem Blick und mit Witz von einem Provinzspital in Brandenburg, und er tut das auf schmalem Raum. Mit knapp 180 Seiten ist der Stoff um den Assistenzarzt Hagen Burbeis knapp und doch völlig ausreichend bemessen. Ein echter Literaturquickie also. So heißt auch der Hamburger Verlag, in dem der Roman erscheint. Rainer Moritz und Thomas Andre sind von „Unter Kitteln“ in jedem Fall angetan, so viel sei an dieser Stelle verraten.
In der neuen Folge von Next Book Please besprechen die Podcaster außerdem Cihan Acars Romandebüt „Hawaii“, das von einem wieder in seiner Heimatstadt Heilbronn gestrandeten Ex-Profifußballer handelt, der etwas planlos durch den Alltag taumelt, ehe er sich in heftigen Straßenkämpfen wiederfindet. Der junge Held Kemal ist ein moderner Dazwischenmensch, als Sohn von Immigranten ein Bi-Kulturalist. „Hawaii“ handelt aber auch von Xenophobie und rechtsgewirktem Bürgertum, ist also hochaktuell. Bleibt die Frage, für wie gelungen der aus Heilbronn stammende Podcaster Moritz das Porträt der süddeutschen Stadt hält…
Neben den zwei deutschen Autoren stehen zwei irische im Mittelpunkt dieser Folge. Zum einen Anne Enright, die einst mit „Das Familientreffen“ bekannt wurde und nun ihr neues Werk „Die Schauspielerin“ vorlegt. Dort entblättert sie eine Mutter-Tochter-Beziehung, die unter erschwerten Bedingungen etabliert wird. Die titelgebende Mutter reüssiert zunächst außer in Großbritannien auch in Hollywood und am Broadway als Aktrice. Aber diese Katherine O’Dell erlebt dann das, was in ihrem Berufsfeld oft vorkommt: Die Engagements bleiben aus. Am Ende eines nicht allzu langen Lebens verfällt sie einer Art von Wahnsinn. Ihre Tochter, eine Schriftstellerin, spürt den Lebenslinien der Mutter ein Vierteljahrhundert nach deren Tod nach. Ob daraus eine gewinnbringende Lektüre wird, ist Thema von Next Book Please.
Zum anderen, um auf das irische Erzählerdoppel zurückzukommen, gibt es ein letztes Buch des großen William Trevor (1928-2016). Bei Hoffmann und Campe erscheint „Letzte Erzählungen“, und mit diesen erlebt man Trevor, den glänzenden Erkunder des menschlichen Seelenlebens, der deshalb immer eher Geschichten von der dunklen Seite zu erzählen hat, noch einmal in Bestform.
27/04/2020 • 38 minutes, 36 secondes
Next Book Please: Olive Kitteridge, Ufos in der Wüste und Fußball-Blödheit
Man kann auf ganz verschiedene Weisen von Amerika erzählen. Unter den neuen Büchern gibt es diesbezüglich zwei beredte Beispiele: Zum einen Elizabeth Strouts „Die langen Abende“, eine Fortsetzung von „Mit Blick aufs Meer“, in dem Strout vor einigen Jahren ihre Heldin Olive Kitteridge einführte. Auch in „Die langen Abende“ entfaltet die amerikanische Autorin ein Kleinstadtpanorama mit skurrilen und, das kann man unverdrossen so sagen: authentischen Figuren. Olive ist mittlerweile über 70 und immer noch direkt in ihren Aussagen. Das macht sie zu einer unverkennbaren Figur der Gegenwartsliteratur, finden Rainer Moritz und Thomas Andre.
Zum anderen, um auf die unterschiedlichen Annäherungen an Amerika zurückzukommen, wäre da „Götter ohne Menschen“, Hari Kunzrus bereits 2011 im Original erschienener und jetzt endlich auf Deutsch vorliegender Wüsten-Roman. Er nimmt, anders als Strout, nicht einen kleinen Kosmos zum Ausgangspunkt seines Portraits, sondern einen mehrere Jahrhunderte umspannenden Erzählbogen, in dem die Glücksversprechen und Sinnsuchen eines Landes in grellen Farben abgebildet werden. Beinah die gesamte Handlung spielt in der Mojave-Wüste, und wir treffen dort auf autistische Kinder, Rockstars, Hedgefonds-Manager, Indianer, Ethnologen, Hippies und Ufologen. Klingt reichlich verblasen, wird durch die avancierte Erzählkunst des Autors aber zu einem puren Lesevergnügen.
Beim letzten Titel in dieser Ausgabe von Next Book Please widmen sich die beiden Podcaster ihrer zweiten Passion - dem Fußball. Gegenstand des Gesprächs ist Daniel Cohn-Bendits Sachbuch „Unter den Stollen der Strand“, eine in weiten Teilen unterhaltsame und kluge, autobiografisch geprägte Fußballgeschichte, bei der sich aber insbesondere einer der beiden Kritiker an Cohn-Bendits sicherlich borniert zu nennende Haltung gegenüber dem deutschen Fußball stört. Da könnte jemand in seiner Fan-Seele getroffen sein…
20/04/2020 • 34 minutes, 15 secondes
Next Book Please: Der Antiquar als Nazi und andere Kalamitäten
Ein Bibliophiler, ein Buchliebhaber, einer, der alle Bücherschätze am liebsten für immer besitzen würde anstatt sie zu verkaufen. Norbert Paulini ist Antiquar. Einer, der erlesene, gerade in seinem Land schwer zu bekommende Literatur-Sammlerstücke im Angebot hat und außerdem einen Salon veranstaltet. So bringt er es in Dresden zu einem kleinen Ruhm, aber dann, als die große Geschichte über seine kleine hinweggeht, wird aus dem dezent versponnenen Sonderling aus DDR-Zeiten im wiedervereinigten Land ein Rechter. Diese Geschichte erzählt Ingo Schulze in seinem neuen Roman „Die rechtschaffenen Mörder“. Ein Stoff mit einigen überraschenden Wendungen, finden Rainer Moritz und Thomas Andre.
Ebenfalls besprochen in der neuen Folge von Next Book Please werden die Romane „Power“ von Verena Güntner und „Die Berglöwin“ von Jean Stafford. Beide eint, dass sie recht junge Heldinnen und Helden haben. Staffords 1947 im Original erschienener und nun von Adelheid und Jürgen Dormagen neu ins Deutsche übertragener Roman ist dabei eher ein klassischer Coming-of-Age-Stoff. Er handelt von den beiden Geschwistern Ralph und Molly, die behütet in besseren Verhältnissen in Kalifornien aufwachsen, ehe sie für längere Zeit zu ihrem Onkel Claude auf dessen Ranch nach Colorado geschickt werden. Dort leben sie naturverbundener als zuvor, verlieren aber die große Nähe zueinander, die ihre Beziehung sonst immer ausmachte. Ohne zu werten, aber mit viel psychologischem Feingefühl entwirft die Erzählerin Stafford ein Tableau, auf dem beide Hauptfiguren das Drama des Erwachsenwerdens auf je eigene Weise erleben. Eine echte literarische Entdeckung.
Naturverloren ist auch das Setting in Verena Güntners Roman, der wie derjenige von Ingo Schulze in diesem Jahr für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war. „Power“ ist vermutlich eines der verstörendsten Bücher in dieser Saison: In ihm rotten sich die Kinder eines Dorfes zusammen und werden zu einem Rudel, das auf allen Vieren geht und durch die Gegend bellt. Sie suchen Power, den Hund einer alten Dorfbewohnerin. Bald ist das gesamte Dorf im Aufruhr. Was will uns dieser Text wohl sagen? Vielleicht gibt Next Book Please ja Aufschluss.
09/04/2020 • 34 minutes, 44 secondes
Next Book Please: Das lesen die Deutschen derzeit am meisten
Ein Krieg, eine Familie, ein Skandal: Das ist die Thema-Engführung von Monika Helfers neuem Roman „Die Bagage“, der sicherlich einer der überraschendsten Bestseller der jüngeren Vergangenheit ist. Als Joseph Moosbrugger für den österreichischen Kaiser zu Felde zieht, bleibt seine schöne Frau Maria mit den vier Kindern alleine am Rande des Bergdorfs zurück. Seit jeher stieren ihr die Männer des Dorfes hinterher. Sie wird wieder schwanger, gewesen sein soll es ein Zugereister aus Hannover. Die Podcaster Thomas Andre und Rainer Moritz sind angetan von diesem Stoff. Auch deswegen, weil es in diesem schmalen Buch um weit mehr geht als Ehebruch. Es geht darum, ob sich Außenseitertum vererbt.
Um ein anderes Erbe dreht sich Pascal Merciers neuer Roman „Das Gewicht der Worte“. Der Nachfolgeroman des internationalen Erfolges „Nachtzug nach Lissabon“ ist eine Hommage an das europäische Bildungsbürgertum, an die Vielsprachigkeit und das Büchermachen. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Übersetzer und Verleger Simon Leyland, der nach einem fatalen Ärzteirrtum seinen Verlag in Triest verkauft und nach London übersiedelt. Dort wagt er einen Neustart mit neuen Freunden, neuen Freuden, neuen Büchern. Klingt fast zu kitschig, um wahr zu sein, ist für den Leser vor allem aber ein zähes Unterfangen…
Das gilt nicht für den Siegertitel des Preises der Leipziger Buchmesse: Lutz Seilers Wenderoman „Stern 111“, der dritte besprochene Titel in dieser neuen Folge von Next Book Please, ist ein erhellendes und erstaunliches Werk, in dem vor allem vom Berlin direkt nach der Maueröffnung berichtet wird. Bizarrere und interessantere Figuren findet man derzeit selten in der Gegenwartsliteratur, da sind sich die Podcaster einig. Einigkeit besteht zudem im Hinblick auf die gelungene doppelte Perspektive in „Stern 111“: Er spielt nicht nur im Prenzlauer Berg und der Oranienburger Straße, sondern auch in der hessischen Provinz und in Los Angeles.
31/03/2020 • 29 minutes, 7 secondes
Blutig: Neuer Krimi über den "Totmacher" von Hannover
Junge Männer, manche noch Kinder, waren die Opfer des vielleicht berühmtesten deutschen Serienmörders. Der Hannoveraner Fritz Haarmann brachte zwischen 1918 und 1924 insgesamt 24 Menschen um. Die Leichen seiner Opfer, die er meist im Strichermilieu fand, zerstückelte er. Bekannt geworden ist Haarmann durch den Film "Der Totmacher" von 1995. Haarmann war oft Gegenstand von Songs, Theaterstücken, Büchern und Filmen. Nun gibt es eine weitere Verarbeitung des mörderischen Mythos: Der Journalist und Autor Dirk Kurbjuweit hat sich in dem Krimi "Haarmann" des Themas angenommen. Braucht es dieses neue Buch, und: Kann ein Stoff noch einmal fesseln, den man eigentlich gar zu gut kennt? Darüber diskutieren Rainer Moritz und Thomas Andre.
In der neuen Folge von Next Book Please geht es außerdem um die neuen Romane von Graham Swift, Anne Tyler und Leif Randt. Swift porträtiert in "Da sind wir" ein amouröses Dreiecksverhältnis in der Nachkriegszeit. Das schmale Buch greift dabei große Themen auf, spaltet dabei freilich das Kritikerduo. Bei der großartigen amerikanischen Alltagserzählerin Anne Tyler besteht dagegen Einigkeit: Ihr neues Werk "Der Sinn des Lebens" trägt in der deutschen Übersetzung zwar einen (wieder einmal) verstörend gemeinplatzigen Titel, ist darüberhinaus aber großartig. Im Mittelpunkt der hinreißend unspektakulären Handlung steht der IT-Helfer und Teilzeithausmeister Micah Mortimer, der in seiner Liebesverpeiltheit durchaus Wiedererkennbarkeit beanspruchen kann.
Das ist im Hinblick auf die Figuren in Leif Randts neuem Roman "Allegro Pastell" nicht zwangsläufig so. Ältere Leserinnen und Leser werden sich in der ordentlich auf Zeitgeist gepolten Liebesgeschichte zwischen Jerome Daimler und Tanja Arnheim, er ist Mitte 30 und sie knapp fünf Jahre jünger, nicht unbedingt wiederfinden. Was allerdings nie die Voraussetzung für eine gewinnbringende Lektüre ist. Die Podcaster freuen sich so oder so über die Detailfreude des Autors und Einblicke in die Liebeshändel der Gegenwart.
09/03/2020 • 41 minutes, 39 secondes
Next Book Please: "Shades of Grey" für ganz Anspruchsvolle
Die Hamburger Schriftstellerin Leona Stahlmann legt ihren ersten Roman vor: "Der Defekt", da sind sich die beiden Literaturpodcaster Rainer Moritz und Thomas Andre einig, ist kein gewöhnliches Debüt. Erzählt wird die sexuelle Erweckungsgeschichte einer Teenagerin, die Sadomasopraktikten für sich entdeckt. "Shades of Grey" also? Ganz und gar nicht: "Der Defekt" ist ein sprachlich ambitioniertes Werk, das nicht nur für seinen Beschreibungsfuror, sondern auch das sensible Porträt einer Außenseiterin ausdrücklich gelobt werden muss. Der zweite besprochene Titel der neuen Ausgabe von Next Book Please ist Jan Costin Wagners neuer Krimi: "Sommer bei Nacht" ist der Beginn einer neuen Reihe um das Ermittlerduo Ben Neven und Christian Sandner. Ob dieses Zweiergespann etwas taugt, kann abschließend noch nicht gesagt werden; ob der Auftakt der Reihe gelungen ist, freilich schon.
Und ist Bov Bjergs ("Auerhaus") neuer Roman "Serpentinen" tatsächlich so gelungen, wie einem die Literaturkritik derzeit beinah einhellig weismachen will? Darüber diskutieren Thomas Andre und Rainer Moritz, wobei wenigstens einer von beiden sich den vielen lobenden Worten ganz und gar nicht anschließen möchte. So oder so ist der Stoff um einen lebensmüden Vater, der mit Sohn und dunklen Absichten die Schwäbische Alb bereist, nichts für schwache Gemüter. Beim neu-alten Erzählungsband Maxim Billers geht es dagegen erst einmal darum, ob es diesen überhaupt braucht. "Sieben Versuche zu lieben" versammelt bis ins Jahr 1990 zurückgehende Kurzgeschichten des 1960 geborenen Autors, die allesamt bereits erschienen sind. In der Neu-Zusammenstellung vergriffener Bände werden sie nun wieder zugänglich gemacht. Eine Art Best-of der Biller-Stories mit Familienbezug. Sie zeigen, finden beide Podcaster, die stärkste Seite des oft polarisierenden Schriftstellers.
17/02/2020 • 35 minutes, 18 secondes
Next Book Please: Das Drama der unbefriedigten Frau
Drei Frauen, drei Leben, eine Sehnsucht: Erkannt, geliebt zu werden. So könnte man ganz grob die Protagonistinnen von Lisa Taddeos Buch „Drei Frauen“ auf einen Nenner bringen. Im englischen Sprachraum war dieses bereits ein Bestseller – klar, es handelt vom weiblichen Begehren, von Sex. Im Literatur-Podcast Next Book Please geht es darum, ob dieses eigenwillig zwischen Reportage und Roman tändelnde Buch gelungen ist und ob es seinen Vorschusslorbeeren gerecht wird.
Ebenfalls Thema der aktuellen Ausgabe ist Hanns-Josef Ortheils neuer Roman „Der von den Löwen träumte“: ein literarisches Biopic über die Venedig-Episode in Ernest Hemingway Biografie. Nach Italien kam der große amerikanische Dichter 1948 inmitten einer heftigen Schreibkrise. In Venedig überwand er die auf kuriose Weise, und Ortheil setzt den Vorgängen von damals nun ein Denkmal – in seinem typischen, gemächlichen Erzählstil, den die beiden Podcaster Rainer Moritz und Thomas Andre auch aus anderen Werken des Autors kennen.
Ebenfalls keine Unbekannte für sie ist die Hamburger Krimiautorin Simone Buchholz. „Hotel Cartagena“ ist der inzwischen achte Teil der Reihe um die Staatsanwältin Chastity Riley. Warum die Buchholz-Krimis einen eigenen Ton haben und aus dem Genre herausstechen? Kann man hier nachhören! Und einen skandinavischen Literaturtipp gibt es obendrauf: Die Kritiker haben sich Kjell Askildsens „Gesamtwerk“ vorgenommen. Im opulenten Zwei-Band-Schuber ist das bei Luchterhand erschienen. Dabei ist der Stil des großen norwegischen Autors, der bislang zumeist nur Eingeweihten bekannt war, übrigens überhaupt nicht opulent: Askildsen ist ein Meister der Verkürzung, der jeglichen Schmuck enthobenen minimalistischen Sätze. Eine Entdeckung.
12/01/2020 • 44 minutes, 59 secondes
Entspann dich, Scarlett – „Vom Winde verweht“ endlich neu übersetzt
„Vom Winde verweht“ heißt jetzt „Vom Wind verweht“: Das klingt prosaischer und weniger pathetisch. Und entspricht dem Geist der Neu-Übersetzung von Andreas Nohl und Liat Himmelheber, sie will die erste und bislang einzige Übertragung der Südstaatensaga von 1937 (das Original erschien ein Jahr vorher) einerseits sprachlich entstauben, andererseits näher ans Original bringen. Das ist, bei allem Herzeleid, eher sachlich und nüchtern geschrieben. Gelingt das? Und wie aktuell ist Margaret Mitchells historische Schwarte eigentlich? Ist „Vom Wind verweht“ im 21. Jahrhundert eine lohnenswerte Lektüre? All das besprechen Thomas Andre und Rainer Moritz in dieser Folge von Next Book Please.
23/12/2019 • 30 minutes, 17 secondes
Next Book Please: Das Weihnachtsspecial
Zum Jahres-Kehraus das Beste vom Besten. Oder weniger superlativ: Die Podcaster Rainer Moritz und Thomas Andre sprechen in dieser Folge von Next Book Please über die aus ihrer Sicht gelungensten Romane des Jahres 2019 – so schwer die Auswahl auch gewesen ist. Unter den Favoriten sind der Buchpreisgewinner Saša Stanišić, der Norweger Jon Fosse, sind Isabel Bogdan, Daniela Krien und Terézia Mora – und ein Klassiker, den jeder gelesen haben sollte.
Auch zwei Sachbücher befinden sich auf der Abendblatt-Literaturhaus-Bestenliste, und eines davon trägt den absoluten Killertitel „Das langweiligste Buch der Welt“. Wie gesagt, fantastischer Titel, aber auch ganz schön großmäulig. Vor allem, weil das Werk im Klappentext von „nie wieder schlaflosen Nächte“ tönt. Next Book Please erklärt, warum das Buch nicht zu viel verspricht – und macht sich überdies den Spaß, geschlechtsspezifisch (und natürlich überhaupt nicht klischeehaft) weitere Buch-Geschenke zu empfehlen...
09/12/2019 • 25 minutes, 9 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Der Brexit treibt auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller um, und manche ganz besonders. Ian McEwan zum Beispiel so sehr, dass er jetzt, so ist zu vermuten, ziemlich fix eine Novelle aus der Hüfte geschossen hat. Sie trägt den Titel „Kakerlaken“ und ist das zweite Buch des englischen Bestsellerautors in diesem Jahr nach dem Roman „Maschinen wie ich“ im Sommer. Ziemlich deutlich zitiert McEwan Kafkas „Verwandlung“, wenn er, natürlich, gleich zu Anfang eine Kakerlake aus dem Houses of Parliaments nach einer folgenschweren Mutation als Premierminister aufwachen lässt – mit rotblondem Haar. Auch andere Regierungsmitglieder, das stellt die verwandelte Kakerlake bei der ersten Kabinettssitzung fest, stammen aus der Kanalisation. Der Premier hängt der Wirtschaftsidee des Reversalismus an, und die klingt reichlich grotesk: Man zahlt für seine Arbeit und wird für seine Einkäufe bezahlt. Die Briten wollen künftig so agieren, weltweit als einzige. Wie gesagt: grotesk. Und fast so irrlichternd, als wolle man die EU verlassen.
Auch „Herbst“ handelt vom Brexit
McEwan hat also eine derbe, die Wirklichkeit maximal zur Kenntlichkeit entstellende Satire geschrieben, in der es etliche uns wohlbekannte Bezüge zur Gegenwart gibt. Ob die gelungen ist, besprechen Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre in der neuen Folge von Next Book Please.
Auch vom Brexit, derweil nur am Rande, handelt Alis Smiths Roman „Herbst“. Dieser ist der erste von vier Teilen eines Jahreszeiten-Zyklus und auch der erste, der auf Deutsch erscheint. Der Brexit taucht in diesem feinen, eleganten und eigenwilligen Werk nur am Rande auf; eigentlich geht es mit den beiden Hauptfiguren Elisabeth, einer jungen Literaturwissenschaftlerin, und Daniel Gluck, einem 101-Jährigen, um den Dialog zwischen den Generationen, über Liebe und Freundschaft, das Vergehen der Zeit und die Unwahrscheinlichkeit von zwischenmenschlichen Verbindungen. Und es geht um die feministische Pop-Art der Sechzigerjahre und die Künstlerin Pauline Boty. Das hier, das ist auch ein Buch über Kunst.
Revisionismus bei Steffen Kopetzky?
Ebenfalls besprochen wird diesmal „Was man sät“, das Romandebüt der Niederländerin Marike Lucas Rijneveld. Als der Sohn einer strenggläubigen Bauernfamilie stirbt, tritt bei allen Familienmitgliedern ein Trauma zutage. Über den Verlust wird kaum gesprochen, und auch die zwölfjährige Jas muss mit der Erfahrung allein fertig werden. Rijneveld schreibt sprachlich dicht über das erschwerte Erwachsenwerden des Mädchens, das seinen Sexualtrieb entdeckt und sich gleichzeitig in dunklen Fantasiewelten verliert. Eine Entdeckung, sind sich die beiden Literatur-Podcaster einig.
Der letzte diesmal behandelte Titel ist Steffen Kopetzkys „Propaganda“, der zur Gattung des Antikriegsromans gehört. Sein Held John Glueck findet sich als deutschstämmiger Amerikaner im Zweiten Weltkrieg im Hürtgenwald wieder. Dort wurde eine der letzten großen, für die Amerikaner enorm verlustreichen Schlachten geschlagen. Der gerechte Kampf der Amerikaner gegen Nazi-Deutschland ist das Gegenstück zum Vietnamkrieg, gegen den John Glueck später zu Felde zieht. „Propaganda“ ist unter anderem eine Hommage an die amerikanische Literatur: Auch, weil Bukowski, Salinger und besonders Hemingway ihre Auftritte haben. Dem Roman wurden Revisionismus und Verherrlichung der Wehrmacht vorgeworfen. Was es damit auf sich hat, wird in dieser Podcastfolge erörtert.
28/11/2019 • 34 minutes, 31 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz besprechen aktuelle Bestseller.
29/10/2019 • 38 minutes, 15 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Fernsehkommissare sind anscheinend nie ganz ausgelastet. Sie suchen jedenfalls verstärkt nach literarischer Beschäftigung. „Tatort“-Ermittler Ulrich Tukur hat jetzt seinen ersten Roman geschrieben, nach Axel Milberg und Matthias Brandt ist er der dritte buchberufene Schauspieler in diesem Jahr. Aber taugt sein Roman „Der Ursprung der Welt“ etwas? Darüber unterhalten sich Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre in der neuen Folge von Next Book Please.
Auch einem anderen bisweilen heiklen Thema widmet sich das Textleser-Duo diesmal: dem des selbst Prosa schreibenden Literaturkritikers/der selbst Prosa schreibenden Literaturkritikerin. In diesem Fall ist es die „Zeit“-Autorin Ursula März, die mit „Tante Martl“, eine Hommage an die eigene Familie, ihr Romandebüt vorlegt. Spoiler: Über den häufigen Gebrauch des pfälzischen Idioms freuen sich beide Kritiker, haben freilich Bedenken, dass norddeutsche Leser jenen ohne weiteres verstehen.
Das perfekte Buch für den Herbst
Keinerlei Sprachbarriere gibt es im Hinblick auf „Metropol“, den neuen Roman von Eugen Ruge. Der Schriftsteller schöpft auch in diesem Buch aus der eigenen Familiengeschichte. Charlotte und Wilhelm, seine Großeltern, kennen wir bereits aus „In Zeiten des abnehmenden Lichts“, dem Buchpreisgewinner von 2011. Jetzt treffen wir sie in Moskau an, 1936, im Hotel Metropol – sie sind kommunistische Agenten, im Geheimdienst OMS, zugehörig zur Komintern, beschäftigt. Von einem auf den anderen Tag aber nicht mehr: Sie werden, wie nach und vor ihnen so viele andere, suspendiert und harren im Hotel Metropol aus. Charlotte und Wilhelm hatten Kontakt zu sogenannten „Volksfeinden“. Ob und wie es Ruge gelingt, die Atmosphäre aus Misstrauen und Argwohn zu beschreiben, die zurzeit der stalinistischen Säuberungen herrschte, und ob er es schafft, in diesem Tatsachenroman die Kaderakte seiner Großmutter zu literarisieren, darüber wäre zu reden. Und wird es: in Next Book Please.
Dort kommt auch die norwegische Literatur zu ihrem Recht. Immerhin ist Norwegen 2019 Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Thomas Andre und Rainer Moritz widmen sich im Podcast mit Jon Fosse einem der prominentesten Vertreter der nordeuropäischen Literatur überhaupt. Der Meister arbeitet derzeit an einer Heptalogie, einem siebenbändigen Werk also; die ersten beiden Bände sind nun unter dem Titel „Der andere Name“ erschienen. Der Text handelt von zwei Malern, die den gleichen Namen tragen. Sind sie ein und dieselbe Person? Das kann man noch nicht sagen. Gefallen finden darf man jedoch uneingeschränkt am Fosse-Duktus der Wiederholungen; das repetitive Element wird, wie beide Kritiker finden, hier aufs Schönste vor dem Leser ausgebreitet. Vielleicht ist „Der andere Name“, dieses glänzende Beispiel der erden- und schicksalsschweren skandinavischen Literatur, ja das perfekte Herbstbuch.
11/10/2019 • 34 minutes, 52 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Wie sehr darf ein Roman im Reportagenstil geschrieben sein? Darf er das überhaupt? Anlässlich von Robert Osangs dicker Familiensaga „Die Leben der Elena Silber“ lässt sich darüber trefflich streiten. Rainer Moritz und Thomas Andre tun genau das in der aktuellen Folge von Next Book Please, dem Literaturpodcast von Literaturhaus Hamburg und Hamburger Abendblatt. Im Mittelpunkt von „Die Leben der Elena Silber“ steht nämliche Elena Silber, die Tochter eines frühen Kommunisten, der von den Zaristen Anfang des 20, Jahrhunderts gemeuchelt wurde. Elena Silber ist die Großmutter des Erzählers Konstantin „Kostja“ Stein, eines Drehbuchautor in Berlin, dessen Spurensuche in den Familiengeheimnissen wir in diesem Roman folgen. Es gibt viele Zeitsprünge, es geht häufig von der Gegenwart, in der Kostja in der eigenen Familie – Elena hatte vier Töchter (bzw. fünf) – recherchiert, in die Vergangenheit. In immer wieder klar romanhaften Passagen berichtet der Erzähler dann nicht mehr von sich und seiner Suche, sondern von den dramatischen Ereignissen, als wäre er dabei gewesen: im Krieg, bei den stalinistischen Säuberungen, im Deutschland Adolf Hitlers, wohin es Elena Silber nach der Heirat mit einem deutschen Industriellen verschlägt.
Außerdem geht es im Podcast um Jan Peter Bremers literarische Komödie „Der junge Doktorand“. In dem schmalen Büchlein lernen die Leserinnen und Leser ein lange verheiratetes, zänkisches Ehepaar kennen: den alternden Maler Günter Greilach, der mal kurze Zeit fast bedeutend war, und seine Gattin Natascha. Sie sind recht genervt voneinander, aber Rettung naht in Gestalt des titelgebenden jungen Doktoranden, der dem Anschein nach eine große Studie über das Werk des Malers schreiben möchte. Er ist die Projektionsfläche für alle Wünsche und Streitigkeiten der Greilachs, und er entlockt durch seine bloße Anwesenheit dem Künstler die aufgeblasensten Aussagen, die man sich denken kann. Ein Roman, wie Kritiker ihn mögen, oder nicht?
Besprochen werden auch die beiden Debüts der 1988 geborenen Französin Pauline Delabroy-Allard, „Es ist Sarah“, und der 1991 geborenen Irin Sally Rooney, „Gespräche mit Freunden“. Pauline Delabroy-Alard gelingt es dabei, einen beinah atemlosen Roman über die leidenschaftliche Liebe zweier Frauen zu schreiben: Eine ist Geigerin, die andere Lehrerin, und erstere „tut vieles so, als hinge ihr Leben davon ab“ – am Ende drohen beide im Feuer ihrer Obsession zu verbrennen.
Um Obsessionen, aber ganz anders, geht es auch in Sally Rooneys eigenwilligem Roman „Gespräche mit Freunden“. Der Roman der international gefeierten Autorin besteht zu einem Großteil aus Dialogen, die sich zwischen den vier Hauptpersonen Frances, Bobbi, Melissa und Nick abspielen. Erste beiden sind Anfang 20, letztere beiden in ihren Dreißigern, und spätestens als die Liebe für intensive Unordnung in den Paarbeziehungen sorgt, denkt manch einer, er habe hier mit einer Adolszenzsoapopera zu tun. Warum man das auch anders sehen kann, verrät Next Book Please.
26/09/2019 • 32 minutes, 20 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Günter Grass und Marcel Reich-Ranicki waren über Jahrzehnte Zentralgestalten der deutschen Literatur. „Ein Stück deutscher Geschichte“ nennt der Literaturjournalist und Buchautor Volker Weidermann die jahrzehntelange Beziehung zwischen dem Literaturnobelpreisträger und dem „Literaturpapst“ genannten obersten Literaturkritiker des Landes. In der Erinnerung ist es eine Fehde mit vielen Verletzungen gewesen (Verletzungen sind allerdings auch schnell beigebracht in jenem eitlen Betrieb...). Aber es gab auch Momente der tiefen Verbundenheit, bei aller Rivalität gegenseitige Hochachtung. Weidermann erzählt in seinem Buch „Das Duell“, das auch von längst vergangenen Zeiten berichtet, in denen seine Helden lebten, die Biografien Reich-Ranickis und Grass’ und was passierte, als sich ihre Bahnen kreuzten. Ist das langweilig wie Grass’ schlechtere Bücher oder spannend wie ein Roman? Das erörtern Thomas Andre und Rainer Moritz in der neuen Folge von Next Book Please, dem gemeinsamen Literatur-Podcast von Literaturhaus Hamburg und Hamburger Abendblatt.
In dem geht es auch um den neuen Roman der 1985 geborenen Schweizer Autorin Simone Lappert. In „Der Sprung“ entblättert sie einen Kleinstadtkosmos, der es mit einem unerhörten Ereignis zu tun bekommt. Eine junge Frau steht auf dem Dach eines Wohnhauses und droht sich herunterzustürzen. Aus der Perspektive von fast einem Dutzend Personen wird nun davon erzählt, was sich auf dem Dach zuträgt. Aber dieses Geschehen ist lediglich der erzählerische Fluchtpunkt. Viel mehr noch geht es um die Schicksale jener Personen, die ja nicht mal alle in einer Beziehung zu der Frau auf dem Dach stehen. Dafür stehen sie selbst an Wendepunkten in ihrem Leben.
Nora Bossongs neuer Roman „Schutzzone“ ist, wenn man so will, das Gegenteil: Er ist ein Ausbund an Weltläufigkeit mit wechselnden Schauplätzen. Das muss er insofern, als seine Heldin Mira bei den Vereinten Nationen arbeitet. Früher in New York City und Afrika, jetzt vorübergehend in Genf. Bossong porträtiert ihre Protagonistin und die Flüchtigkeit der Begegnungen auf verschiedenen Erzählebenen. Ein politischer Roman, der die Frage nach den Werten des Westens stellt. Und der Roman über eine Frau, die sich im UN-Jetset zu verlieren droht. „Schutzzone“ handelt von der Instabilität – der persönlichen und der der ganzen Welt.
Das vierte Buch, das in dieser Next-Book-Please-Ausgabe besprochen wird, ist der Abschluss einer Trilogie: Terézia Mora bringt in „Auf dem Seil“ ihre Erzählung aus dem Leben des IT-Mannes Darius Kopp zu einem Ende. Die Büchnerpreisträgerin und Deutscher-Buch-Gewinnerin lässt ihren Darius, der seinen Job und seine Frau verloren hat, erst in Sizilien stranden, wo er als Pizzabäcker arbeitet. Dann schickt sie ihn nach Berlin, also dorthin, von wo er einst aufbrach. Seine bürgerliche Existenz liegt in Trümmern, die Freunde, die er zurückließ, sind sauer. In seiner noch nicht abbezahlten Eigentumswohnung leben mittlerweile andere Menschen, er ist quasi pleite. Vor allem aber muss damit zurechtkommen, dass er nach dem Tod der Frau erstmals wieder gefühlsmäßig verstrickt ist. Er erklärt sich selbst zum Aufpasser seiner minderjährigen Nichte, die den schönen Namen Lorelei trägt und überdies schwanger ist.
Wo am Anfang also ein Tod stand, geht es jetzt um das Leben; und wie aus alldem ein ganz eigener Familienroman werden kann, darüber sprechen Rainer Moritz und Thomas Andre im Literatur-Podcast.
05/09/2019 • 45 minutes, 1 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Im Oktober erscheint ein neuer Roman von Ulrich Tukur. Es ist so gar nichts Besonderes, wenn Künstler, die wir als Schauspieler kennengelernt haben, Romane schreiben, sich also in der Schriftstellerei versuchen. Bei Tukur darf man, was das angeht, auf vorhandenes Talent setzen. Das gilt auch für Matthias Brandt, dessen zweites Buch bereits jetzt vorliegt. „Blackbird“ ist Brandts erster Roman. Er handelt von dem Schüler Morten „Motte“ Schumacher, der in den Siebzigerjahren aufwächst. Letzteres ist allerdings nur für die Kulisse wichtig, das Zeitkolorit; Jungsein ist in gewissem Maße in jeder Epoche gleich. Und für Motte aber erschwert: Neben erster Liebe und Trennung der Eltern muss er mit der schweren Erkrankung des besten Freundes fertig werden. Ein Jugendroman für Erwachsene - kriegt Matthias Brandt das ähnlich gut hin wie Wolfgang Herrndorf, dessen „Tschick“ ein Superbestseller wurde? Darüber sprechen Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre in der neuen Folge von Next Book Please.
Zur Namenlosigkeit verdammt
Dort geht es auch um Karen Köhlers Debütroman „Miroloi“. Die Hamburger Schriftstellerin entwirft in ihrem zweiten Buch das Bild einer albtraumhaften, archaischen Welt, in der Frauen Gemeinschaftswesen zweiter Klasse sind und nicht einmal schreiben und lesen dürfen. In jener rückständigen Gesellschaft auf einer Insel muss die zur Namenlosigkeit verdammte Erzählerin ihr Dasein fristen. In die Rolle der „Unglücksbringerin“ gedrängt, ist sie dem Hass und der Aggressivität der anderen Dorfbewohner ausgesetzt. Irgendwann beginnt sie, sich von ihren Lebensumständen zu emanzipieren. Dabei ficht sie gleichzeitig den Kampf ihrer Geschlechtsgenossinnen aus. Was wiederum Köhlers Stoff eine große Aktualität gibt.
Noch vertrauter ist das Thema in Kathy Pages „All unsere Jahre“: Wir haben es mit einem lupenreinen Eheroman zu tun, also einer der nicht tot zu kriegenden Spielarten der realistischen Literatur. Die Britin Kathy Page hat bereits acht Romane geschrieben, dieser ist der erste, der auf Deutsch erscheint. Eine Entdeckung – die Handlung umfasst mehr als sechs Jahrzehnte und das Eheleben des Londoner Paares Harry und Evelyn. Geburt, Krieg, Kinder, der Tod der Eltern: In diesem biografischen Spannungsfeld situiert die Erzählerin Page das Geschehen. Dessen Mittelpunkt sind die beiden Hauptfiguren selbst. Weil sie unterschiedlich sind, befindet sich die Beziehung stets in einer Art Schieflage. Er – gesegnet mit einer nach Ausgleich strebenden Wesensart – bewundert sie für ihre Forschheit und Willensstärke, leidet aber auch zeit seines Lebens unter ihr. Gegensätze ziehen sich an, so sagt man doch, aber sie stoßen sich mitunter auch ab.
Ein grandioses Debüt aus Amerika
Von einer literarischen Altmeisterin zu einem gerade erst aufgehenden Stern: Der in Vietnam geborene US-Amerikaner Ocean Vuong hat mit seinem Romandebüt „On Earth We’re Briefly Gorgeous“ im angloamerikanischen Raum massiv für Aufsehen gesorgt. Nur einige Wochen nach dem Original erscheint der Roman nun auf Deutsch und heißt „Auf Erden sind wir kurz grandios“. Grandios ist dieses Buch, das stark autobiografisch ist und von den Kämpfen eines jungen Einwanderers handelt, ganz unbedingt. „Little Dog“ wird der schmächtige Junge von seiner Großmutter genannt, er muss auch mit anderem klarkommen. Zum Beispiel damit, dass Großmutter und Mutter ihre Kriegstraumata mit nach Amerika gebracht haben, dass er gemobbt wird und dass seine erste Liebe im Drogensumpf versinkt.
16/08/2019 • 37 minutes, 43 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Die Epoche des Bergbaus ist vorbei. Der französische Schriftsteller Sorj Chalandon setzt ihm in seinem aktuellen Roman „Am Tag davor“ ein Denkmal. Aber eines, von dem keinerlei Glanz ausgeht: Im Zentrum der Handlung steht das Grubenunglück am 27. Dezember 1974 in Nordfrankreich, in der Nähe von Lens, in der Zeche Saint-Amé. Damals starben 42 Kumpel. Der Erzähler des Romans war 14 Jahre alt, als sein Bruder zu Tode kam. „Räche uns an der Zeche“ lautet der Auftrag des Vaters im Abschiedsbrief an den überlebenden Sohn: Dieser Vater bringt sich infolge des Sohnestodes um. Ehe es zu überraschenden Wendungen kommt, ist der Roman ein eindringliches, trauriges Stück Bewältigungstherapie. 40 Jahre nach dem Unglück landet der nun längst erwachsene Erzähler im Gefängnis und vor Gericht. Dabei war er ja sein ganzes Leben schon im Gefängnis, aber wie tief die Schuldproblematik ist, in der er gefangen ist, offenbart sich erst jetzt.
Ein erstaunliches, fesselndes Buch, da sind sich Literaturhaus-Chef Rainer Moritz und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre in der neuen Folge des Literatur-Podcasts Next Book Please einig.
In jener besprechen die beiden Kritiker auch den ersten Roman der Waliserin Carys Davies. „West“ ist eine Beschwörung des uramerikanischen Mythos vom Zug nach Westen, in die Freiheit. Zugleich erinnert der schmale und dichte Roman an die Ursünde des kolonisierten Kontinents, der seine Ureinwohner entwurzelte. Der Farmer und Maultierzüchter Bellman, verwitwet, eine zehnjährige Tochter, bricht im Jahr 1815 in Pennsylvania auf, um zu Pferde tausende Meilen weit nach Westen zu ziehen. Er hat etwas gelesen: In Kentucky seien die Überreste von mythischen Wesen gefunden worden, von Urtieren, Riesenungetümen. Das lässt ihn nicht los. Er muss los, diese Wesen finden. „West“ ist das überzeugende Werk einer bislang als Shortstory-Erzählerin in Erscheinung getretenen Autorin, das erzählökonomisch und sprachlich reduziert eine im Grunde gewaltige Geschichte erzählt: Diejenige von der Suche als Lebensantrieb, dem Getriebensein, dem Brennen für eine Idee, dem Aussteigen aus dem alltäglichen Leben, der Sehnsucht nach etwas anderem. Dieser Roman, ein Stück klassisches Literatur-Americana, handelt von den Legenden und Ursprungsgeschichten jenes Kontinents.
Die Amerikanerin Rachel Kushner erzählt in ihrem neuen Roman „Ich bin ein Schicksal“ von der verurteilten Mörderin Romy Hall. Weite Strecken des Buchs spielen im Gefängnis, in dem es rau zugeht und, die meisten sitzen lebenslängliche Haftstrafen ab, eine Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit herrscht. Etliche originelle Figuren bevölkern die Story, in der sich in vielen Rückblenden das Leben Romys entblättert. Das Gefängnismilieu wird in grellen Farben gezeichnet, am Ende jedoch franst die Geschichte etwas aus - was das angeht, unterscheidet sich das Urteil der beiden Kritiker nicht.
Ebenfalls kürzlich erschienen ist ein weiterer Titel des Rowohlt-Verlags: „Langsame Jahre“ von Fernando Aramburu. Dessen großes Spanien-Panorama „Patria“ war auch in Deutschland ein Bestseller. „Langsame Jahre“ ist im Original bereits 2012 erschienen. Der Roman ist leichter, heller als „Patria“ – und doch klingen in ihm die gleichen Themen an. Es geht um die Epoche der ETA, um den bewaffneten Kampf der baskischen Separatisten, um die Loyalitätsfalle, in die jeder Baske damals zu tappen drohte. Der Ich-Erzähler wird nach der Scheidung der Eltern als Achtjähriger zur Verwandtschaft nach San Sebastian geschickt. Dort erlebt er, wie sein Cousin Julen für die ETA rekrutiert wird und wie seine Cousine für eine ganz andere Form von (persönlicher) Freiheit kämpft. Ein kleines, skizzenhaftes Sittengemälde der ausgehenden 1960er-Jahre.
04/07/2019 • 38 minutes, 55 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Es gibt sie noch, die literarischen Schätze, die erst nach Jahrzehnten gehoben werden. Im französischen Original erschien „Der Schmerz“ im Jahr 1930, das Debüt eines gerade mal 23-Jährigen – André de Richaud. Es wurde mit einigen Geburtsschwierigkeiten und skandalumtost veröffentlicht. Warum? Weil es die Geschichte eines Verrats erzählt. Eine Kriegswitwe lässt sich in der Zeit des Ersten Weltkriegs in einem provenzalischen Kaff auf eine Affäre mit einem deutschen Kriegsgefangenen ein. Das war in der Zwischenkriegszeit, ein schwerwiegendes Thema. Außerdem ist „Der Schmerz“ ein Roman über weibliche Lust. Auch das empfanden viele als Provokation. Jetzt bringt der Dörlemann-Verlag den Roman erstmals in deutscher Übersetzung heraus. Was ihn wiederum zu einem der besprochenen Bücher in der dritten Folge des Literatur-Podcasts Next Book Please macht.
Überdies besprechen Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz diesmal Alina Bronskys neuen Roman „Der Zopf meiner Großmutter“. In diesem Roman geht es um eine Einwandererfamilie, um russische Kontingentflüchtlinge, zu denen die Autorin Alina Bronsky einst selbst zählte, die 1978 in Jekaterinburg im Ural geboren wurde. „Der Zopf meiner Großmutter“ ist eine literarische Komödie mit ernstem Hintergrund. Es geht um das Ankommen in Deutschland. Der Ich-Erzähler Max ist ein Heranwachsender, der mehr oder weniger staunend beobachtet, was denn in der Welt der Erwachsenen so passiert. Immer an seiner Seite, wohl oder übel, ist die titelgebende Großmutter - eine fulminante, erstaunliche Frau. Der Enkel wird Omahelikopternd überbemuttert, und mitunter nennt sie ihn „Mein Idiot“. Sie ist eine wehrhafte Frau. Aber gegen die Kapriolen ihres untreuen Ehemanns kommt sie am Ende nicht an.
Nächste Novität: „Die Nickel Boys“ von Colson Whitehead. Der Pulitzer- und National-Book-Award-Gewinner wurde vor einiger Zeit mit seinem Roman „Underground Railroad“ auch hierzulande bekannt. Um geknechtete Afroamerikaner geht es auch in dem aktuellen Roman "Die Nickel Boys". Der reale Skandal um die „Dozier School of Boys“ stand für die Geschichte der fiktiven Nickel Boys Pate. Der Teenager Elwood kommt in eine Besserungsanstalt für delinquente Jugendliche: eine Hölle auf Erden. Die Weißen leiden auch unter dem Gewaltmonopol der Wächter, aber es sind die schwarzen Leben, die nichts wert sind. Sie werden zu Tode geprügelt oder bei Fluchtversuchen erschossen. Es ist das Amerika der Segregation, das hier noch in voller Blüte steht. Elwood wird beinah auch zum Zombie, der nur noch über das Gelände wankt und jedem Willkürakt der Anstaltsgewaltigen aus dem Weg gehen will, bis er einen folgenschweren Entschluss fast. Ein Thriller beinah, hochspannend erzählt, temporeich, akkurat recherchiert.
Das vierte und letzte Buch dieser Episode von „Next Book Please“ ist Ian McEwans neuer Bestseller „Maschinen wie ich". Ein Zeitgeistbuch, es geht um das Großthema „Künstliche Intelligenz“ . Bisweilen wird es essayistisch behandelt, vor allem aber mithilfe einer Dreierbeziehung: zwei Menschen, ein Android. Charlie, ein Slacker und verurteilter Steueranwalt, der Kleinstgewinne mit Aktien macht, kauft sich von einem kleinen Erbe eine der ersten 25 Mensch-Maschinen, „Adam“ hat irgendwann auch Sex (was ihn laut seinem wütenden Besitzer zum „Vibrator auf zwei Beinen“ macht) mit Miranda, Charlies Angebeteter. Ist er ein Mensch und zu Gefühlen fähig? Scheint so. Er schreibt Tausende gefühlige Liebes-Haikus für Miranda, nachdem die ihn abserviert hat. „Maschinen wie ich“ spielt in einer Vergangenheit, die es so nie gab. Im Jahr 1982, in dem England den Falklandkrieg verloren hat, Thatcher zurücktritt und außerdem Alan Turing, der legendäre Computerpionier, noch lebt. Ist diese Idee der alternativen Vergangenheit mehr als eine kuriose historische Tapete? Darüber wird in Next Book Please diskutiert, dem gemeinsamen Podcast von Hamburger Abendblatt und Literaturhaus Hamburg.
14/06/2019 • 35 minutes, 6 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Wie entschieden multimedial Sibylle Berg das Kulturformat „Lesung“ angeht, bewies die Wahlschweizerin unlängst bei ihrer Lesung auf Kampnagel. Ihr neuer Roman „GRM. Brainfuck“, der derzeit auf der „Spiegel“-Bestsellerliste steht, wurde dort in einer Art szenischen Lesung vorgestellt. Die Hauptrolle spielte allerdings ein erst 14-jähriger Grime-Künstler. Ein Rapper, der seinen Text so rücksichtslos rausrotzte wie die Schriftstellerin ihre Romansätze: „GRM“ ist ein schmutziger, kühler, radikaler Roman vom Ende der Welt. Abendblatt-Redakteur Thomas Andre und Rainer Moritz, der Leiter des Hamburger Literaturhauses, sprechen in der zweiten Folge des Podcasts „Next Book Please“ über ihn.
„GRM“ ist eine von vier literarischen Neuerscheinungen, derer sich das Duo diesmal annimmt. Mit Anselm Nefts „Die bessere Geschichte“ und Leïla Slimanis „All das zu verlieren“ stehen gleich zwei Titel auf ihrer Liste, die im weitesten Sinne von sexuellen Obsessionen handeln. Anselm Neft greift in seinem Roman die Missbrauchsskandale von reformpädagogischen Einrichtungen auf. Für seinen Romanhelden stellt sich die im Verlaufe der eindringlichen und auf zwei Erzählebenen spielenden Handlung die Frage, ob er selbst zum Täter wird. Die französische Erfolgsautorin Slimani behandelt in ihrem Debüt, das erst jetzt auf Deutsch erscheint, ebenfalls im Sexuellen gründende Dämonen. Ihre Protagonistin ist das, was man früher eine Nymphomanin nannte. Heute sagt man vielleicht ganz nüchtern „Sexsucht“, so oder so ist die Romanfigur Adèle eine tragische Gestalt, die ihre gesamte Existenz aufs Spiel setzt, um dem Trieb genüge zu tun.
Was den guten Ruf angeht, den ein anerkannter und erfolgreicher Schauspieler derzeit unter Umständen aufs Spiel setzt, muss derzeit dringend über Axel Milberg geredet werden. Der „Tatort“-Darsteller legt dieser Tage mit „Düsternbrook“ sein erstes Buch vor, den Roman seiner Kindheit quasi. Ob dieser gelungen ist und ob Schauspieler überhaupt zwingend unter die Schriftsteller gehen sollten - darum geht es in der aktuellen Folge von Next Book Please.
28/05/2019 • 39 minutes, 18 secondes
Next Book Please: Die wichtigsten Neuerscheinungen
Gar keine schlechte Literatursaison bislang. Mit diesem speziellen, vor Sprachlust vibrierenden Memoir von Saša Stanišić zum Beispiel. Was für ein Buch! Die Geschichte eines Mannes, der als Teenager nach Deutschland kommt, als Flüchtling. In dem, was einmal Jugoslawien war, tobt ein Krieg. Der junge Saša kann kein Wort Deutsch, aber er wird einmal einer der besten Erzähler deutscher Sprache sein. Wie er zu dem wurde, der er ist: Das erzählt der Hamburger Schriftsteller in „Herkunft“.
Der Titel ist einer von vieren, die Abendblatt-Kulturredakteur Thomas Andre und Literaturhaus-Chef Rainer Moritz in der ersten Folge des neuen Podcasts „Next Book Please“ vorstellen. Außerdem diskutieren die beiden leidenschaftlichen Leser über den Bestseller „Die Liebe im Ernstfall“, in dem die Autorin Daniela Krien das Lieben und Leiden von fünf Protagonistinnen nachspürt. Ein Buch, das ein Dauerbrenner werden könnte wie Dörte Hansens Romane – da ist sich Rainer Moritz sicher.
Eher ein Geheimtipp ist die französische Schriftstellerin Annie Ernaux, die in Frankreich schon lange bekannt ist für ihre Bücher, in denen sie ihre Biografie und die ihrer Vorfahren einbettet in die französische Gesellschaftsgeschichte. Damit wurde sie zum Vorbild der derzeit besonders in Deutschland viel gelesenenen und hoch gepriesenen Sozioliteraten Didier Eribon und Édouard Louis. Jetzt erschienen ist eine Neuübersetzung ihres im Original im Jahr 1983 veröffentlichten Buches „Der Platz“. Eine hochinteressante Lektüre.
Das gilt auch für Gary Shteyngarts Roman „Willkommen in Lake Success“, indem der amerikanische Schriftsteller, der in der Sowjetunion geboren wurde, das Amerika des Trump-Zeitalters porträtiert. Und die Lebenskrise eines Helden beschreibt, auf den man so erst einmal nicht gekommen wäre: Shteyngarts Figur Barry Cohen ist Hedgefonds-Manager. Tatsache. Er gehört also einem Menschenschlag an, den man nicht unbedingt mögen muss. Dass dabei ein zwar nicht immer wirklich witziger – Shteyngart war schon einmal besser in Form –, aber doch ganz brauchbarer Roman herauskommt, erklärt dieser Podcast, der künftig einmal im Monat erscheinen soll.