«Dini Mundart – Schnabelweid» ist die Sendung für alle, die Mundart lieben. Wir bringen die Mundartvielfalt der deutschen Schweiz zum Klingen. Lesungen von MundartautorInnen, Lieder von MundartsängerInnen, Geschichten und Beiträge zur Mundartkultur von Freiburg bis ins St.Galler Rheintal und von Schaffhausen bis zu den Walsern.
Rückblick aufs Arosa Mundartfestival 2024
Das jährliche Stelldichein der Schweizer Mundartkunst-Szene in Arosa fand heuer zum achten und letzten Mal statt. Wir werfen einen Blick zurück auf die diesjährige Ausgabe und auf die Geschichte des Festivals.
Es ist über die Jahre eine schöne Tradition geworden: Immer Anfang Oktober treffen sich vor Arosas wunderbarer Bergkulisse aktuelle Künstlerinnen und Künstler, die auf Mundart arbeiten, und bieten dem Publikum vielseitige Einblicke in ihre Kunst. Grosse Namen wie Züri West, Sina, Franz Hohler oder Lisa Christ (frisch gebackene Preisträgerin des Salzburger Stiers 2025) treffen auf weniger bekannte Talente, jung trifft auf alt, Schaffhauser Dialekt trifft auf Bern- und Baseldeutsch.
Auch dieses Jahr war in Arosa vier Tage lang ein hochkarätiges Programm zu bestaunen – mit überraschend viel Mut zum Politischen und mit vielen Beiträgen, die die Vielfalt der Mundarten und das Erzählen feierten.
Der grosse Hammer kam jedoch zu allerletzt: Der Aroser Tourismusdirektor Roland Schuler verkündete nach der Abschlussveranstaltung mit Franz Hohler überraschend, die diesjährige Ausgabe des Arosa Mundartfestivals sei die letzte gewesen.
In der Sendung lassen lassen wir einige Höhepunkte der diesjährigen Festivalausgabe revue passieren, und wir nehmen das Ende der achtjährigen Festivalgeschichte in Arosa zum Anlass für eine Rückschau.
Ausserdem erklären wir im Mundartbriefkasten die Ausdrücke «repupieren» und «gwaglet» sowie den Familiennamen Jenzer, und wir stellen den frisch auf Aargauerdeutsch erschienenen Band «Asterix der Aargallier» vor.
Buchhinweis:
* Asterix de Aargallier, übersetzt von Jan SEVEN Dettwyler. Egmont Comic Collection 2024.
17.10.2024 • 56 Protokoll, 59 Sekunden
Gibt's den «Bahnhofbuffet-Olten-Dialekt» wirklich?
Schweizer Mundarten, die wir nicht eindeutig einer Region zuordnen können, titulieren wir häufig als «Bahnhofbuffet-Olten-Dialekt». Doch wo kommt diese Vorstellung her, und was bedeutet sie eigentlich für die Mundartkunst? Franz Hohler und Lisa Christ, beide aus Olten, geben im Gespräch Auskunft.
Ein bisschen von diesem Dialekt hier, ein bisschen von jenem da – aber nichts wirklich. So stellen sich hierzulande viele den «Bahnhofbuffet-Olten-Dialekt» vor. Er ist nicht exakt einer Region zuzuordnen, nicht «rein», sondern ein Gemisch – manche sprechen gar abschätzig von einer dialektalen «Promenadenmischung».
Warum ist die «Reinheit» beim Dialekt für viele so wichtig? Ist «unreiner» Dialekt schlechter? Und was hat eigentlich dieses ominöse Restaurant am Oltner Bahnhof mit alldem zu tun? Diesen Fragen gehen Nadia Zollinger und Markus Gasser aus der SRF-Mundartredaktion nach – zusammen mit zwei Menschen, die es wissen müssen, weil sie selbst aus Olten stammen: mit der Spoken-Wort-Künstlerin und Autorin Lisa Christ und dem Liedermacher, Kabarettist und Schriftsteller Franz Hohler. Das Gespräch fand live vor Publikum am Arosa Mundartfestival 2024 statt.
Familiennamen Candinas, Curschellas, Decrusch, Dedual, Seglias
Familiennamen-Experte This Fetzer vom Schweizerischen Idiotikon erklärt gleich eine ganze Reihe Bündner Familiennamen: Candinas, Curschellas, Decrusch, Dedual, Seglias. Sie alle gehen auf Orts- oder Flurnamen zurück.
10.10.2024 • 57 Protokoll, 24 Sekunden
«DINI MUETTERSPRACH» - Mundart ist weiblich, polyglott und jung
«Dini Mundart» live vom Mundartfestival Arosa. Zu Gast sind drei junge Bühnenkünstlerinnen, die in verschiedenen Sprachen schreiben. Welche Rolle spielt dabei die Mundart? Zu hören sind Kurzauftritte und engagierte Diskussionen. Moderiert wird der Abend von Monika Schärer.
Angefangen haben alle drei eingeladenen Gäste mit Texten in der Sprache ihrer jeweiligen Mütter. Mittlerweile sind sie alle polyglott unterwegs.
Die junge Zürcher Rapperin Lou Kaena begeistert als Sängerin und Songwriterin mit ihrer warmen und charmanten Stimme und den tiefgründigen Texten weit über die Hip-Hop-Szene hinaus. Bisher sang sie vor allem in der Sprache ihrer franko-algerischen Mutter: Französisch. Nun gibt es einen ersten Song mit Zürichdeutschen Textpassagen.
Fine Degen aus Basel ist seit 2017 auf den Slam-Poetry-Bühnen unterwegs. Zunächst ausschliesslich in der Sprache ihrer Berliner Mutter: Hochdeutsch. Seit bereits mehreren Jahren schreibt und performt sie auch Baseldeutsch.
Die Engadinerin Cinzia präsentiert als Singer-Songwriterin eigene Lieder auf Englisch und in ihrer Muttersprache Rätoromanisch - wobei sie differenziert mit den Varianten Vallader (Unterengadin) und Jauer (Münstertal) spielt.
Alle drei Künstlerinnen geben Kostproben ihrer Texte und Songs. Monika Schärer (Moderation) und Markus Gasser (Mundartredaktion) diskutieren mit ihnen die Wahl der Bühnensprache, die Wirkung von Nähe und Distanz, die durch die Wahl der Muttersprache entstehen kann und überhaupt: Wie es ist, als junge Künstlerin heute Texte zu verfassen. In einer Zeit, in der jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird.
Live aus dem Kongresssaal im Sport-und Kongresszentrum Arosa.
3.10.2024 • 57 Protokoll, 51 Sekunden
Ein Wörterbuch für den Glarner Dialekt
Im neuen Glarner Mundartwörterbuch sind etwa 10'000 Dialektwörter versammelt. Freiwillige und Sprachwissenschaftler haben dafür zusammengearbeitet.
Vierhundert Seiten dick ist das Glarner Mundartwörterbuch, das 2024 nach dreijähriger redaktioneller Arbeit und nach deutlich längerer Vorbereitungszeit veröffentlicht wurde.
Darin sind etwa 10'000 Dialektwörter aus dem Kanton Glarus versammelt, darunter auch solche, die heute nicht mehr gebräuchlich sind. Ausserdem bietet das Wörterbuch Informationen über Aussprache und Grammatik des Glarner Dialekts.
In der Sendung erklärt der Glarner Sprachwissenschaftler Kevin Müller, was den Glarner Dialekt ausmacht. Dodo Brunner, Präsidentin des Vereins, der das Wörterbuch herausgibt, erzählt, wie es zustandekam und welche Rolle eine Professorin von der Universität Sorbonne in Paris dabei spielte.
Mundartausdrücke und Familiennamen
Ausserdem in der Sendung: Antworten auf die folgenden Fragen. Wo sagt man «bis so guet» und wo «sig so guet»? Was könnte die Frage «Häsch s Bitzgi usi bätzlät?» bedeuten? Und woher kommt der Familienname Wey?
26.9.2024 • 56 Protokoll, 45 Sekunden
Schimpfwörter spiegeln Geschlechterunterschiede
Es Tüpfi, e Chleechue, e Lauch und e Bräzelibueb. Schimpfwörter sind Glücksache, schrieb Mani Matter einst. Weil man nicht so genau sagen könne, was sie wörtlich bedeuten. Aber mehr noch sind Schimpfwörter ein Spiegel gesellschaftlicher Normen und Werte. Was sagt das über uns?
Aus Wörtersammlungen lässt sich ablesen, dass Beschimpfungen von Frauen oft auf Äusserliches zielen (Vogelschüüchi, Marketussi) oder auf einen widerspänstigen Charakter (Chlöpfschiit, Rääf), während man Männer eher beleidigt, indem man sie als untauglich in praktischen Dingen beschimpft (Pfiiffe, Halbschue).
Spannend wird es, wenn man Beschimpfungen vergleicht, welche auf die sexuelle Aktivität von Männern und Frauen zielen. Wenn eine Frau als «Dorfmatratze» bezeichnet wird und ein Mann als «Casanova», bewertet man sexuelle Promiskuität höchst unterschiedlich. Hier spielt auch heute noch im Wortschatz eine bedenkliche gesellschaftliche Doppelmoral. Wieder einmal diskutieren Markus Gasser und Nadia Zollinger von der SRF-Mundartredaktion über mehr als nur die Sprache!
Familiennamen Vögeli, Vögelin, Vögele
Sprachexperte Hans-Peter Schifferle erläutert den Familiennamen Vögeli und die Varianten Vögelin und Vögele. In allen Schreibvarianten ist der Name im ganzen alemannisch-schwäbischen Raum verbreitet, wobei die heute vor allem im Baselbiet und im Elsass verbreitete Form Vögelin als älteste Basisform gelten kann. Der Name ist als Übername für «einen sangesfrohen, leicht beschwingten, von losen Einfällen übersprudelnden Menschen» entstanden, wie es in einem älteren Namenlexikon heisst, und er ist vielerorts seit dem 13. Jahrhundert bezeugt.
19.9.2024 • 56 Protokoll, 45 Sekunden
Guy Krneta – «Hüener lachen angers»
Vielfalt. Das ist das grosse Thema in Guy Krnetas aktuellem Buch mit Geschichten und Spoken-Word-Texten. Dabei ist die Vielfalt der Arten genauso gemeint wie die der Sprache oder der Menschen.
Guy Krneta ist ein engagierter Schriftsteller. Und ein unterhaltsamer zugleich. So sind auch seine Texte von gesellschaftlichem Anliegen genauso geprägt wie von gekonntem Erzählen. In seinem aktuellen Erzählband «Hüener lachen angers» berichtet der Berner Mundartschriftsteller und Theaterdramaturg vom Leben mit Widersprüchen, von Träumen und Hoffnungen und von gesellschaftlichen Abgründen, von denen ihm der Zustand der Natur am meisten unter den Nägeln brennt. Und ganz nebenbei klärt der Sprachkünstler Guy Krneta auch noch die Frage, ob Hühner, die auf Französisch «cot, cot, codet» sagen, in Frankreich auch anders lachen als ihre deutschsprachigen Schwestern.
Buchangaben:
Guy Krneta. Hüener lachen angers. 168 Seiten. Zytglogge, 2024.
12.9.2024 • 56 Protokoll, 52 Sekunden
Mundartmagazin: Kreative Redensarten
Da chum ich Vögel über! Fixierte Wortkombinationen fallen rasch auf und begleiten uns im Alltag. Um kreative Redewendungen geht es im Dini-Mundart-Magazin.
Hörerinnen und Hörer stellen der SRF-Mundartredaktion Berge von Dialektfragen: «en Vogu übercho», «dure bi root», «e Meise ha». Gerade bei Wendungen, mit denen man jemandem sagen kann, er sei nicht ganz bei Trost, sind wir super-kreativ. Oder wir umschreiben spielerisch ein Durcheinander oder einen Streit: «da hesch de Mais»! Bis wir am Schluss «uf de Stümpe si»!
Mundartredaktor Christian Schmutz ist live bei Adi Küpfer im Studio und beantwortet eine Reihe von Fragen zu Wortkombinationen aus der Hörerschaft.
Im zweiten Teil seziert Gabriela Bart vom Idiotikon den Familiennamen Becher. Und da stellt André Perler das neue Werk des süddeutschen Mundartdichters Markus Manfred Jung vor.
5.9.2024 • 53 Protokoll, 5 Sekunden
«Züritüütsch» - Was ist das eigentlich?
Die Eigenheit von Zürichdeutsch ist, dass es keine Eigenheiten hat. Wenn dieses Bonmot über «Züritüütsch» stimmt, warum erkennt dann die restliche Deutschschweiz so zuverlässig jede «Zürischnure»? Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion gehen dieser Frage intensiv nach.
Sobald man genauer hinhört, erlebt man auch im Kanton Zürich einen vielfältigen und interessanten Schatz an typischen Klängen und Wörtern. Für das grosse Gebiet und die vielen Sprechenden ist Zürichdeutsch allerdings erstaunlich homogen. Regionale Varianten gibt es, aber man muss sie mit der Lupe suchen und am besten bei älteren Semestern. Wörter wie «Söistock», «Anketrindli» oder «Herdöpfeltampf» zum Beispiel.
Und die erwähnte «Zürischnure» gibt es zwar, sie hat aber weniger mit dem in Zürich gesprochenen Dialekt zu tun als mit den Vorurteilen, die man vom Charakter und der Redeweise von Zürcherinnen und Zürchern hat.
Alles Wüteriche? - Die Ursprünge der Familiennamen Deuber und Dober
Der Familienname Deuber erscheint heute in der Schweiz auch in den Schriftformen Teuber und Täuber. Der Name ist zum mittelalterlichen Verb «töuben» gebildet, das zwei völlig unterschiedliche Bedeutungen haben kann: Erstens «taub machen, taub werden» (im Sinne von wütend, zornig machen resp. werden), zweitens «ein Blasinstrument spielen, die Flöte blasen». Deuber kann somit entweder als Übername für einen Wüterich oder als Berufsbezeichnung für einen Musikanten entstanden sein.
Dober geht vom mittelhochdeutschen Verb «toben» mit der Bedeutung «wüten, sich wild und ungeberdig verhalten» aus. Der Familienname Dober ist somit als Übername für einen Wüterich entstanden.
29.8.2024 • 56 Protokoll, 48 Sekunden
Warum schreiben wir «verständlich» und nicht «fêrschdändlîch»?
Andreas Bertschi macht sich in seinem Büchlein «Fêrhêldnismêssig onmessfêrschdändlîch» Gedanken zur Schreibung von Schweizerdeutsch: Es wäre doch möglich, unsere Mundarten genauer und einfacher aufzuschreiben, oder?
«Mit den verbreiteten Schreibkonventionen können wir unsere Mundart nur unpräzise verschriftlichen», bemerkte Künstler und Grafiker Andreas Bertschi beim SMS-Schreiben. Diese Erkenntnis war die Initialzündung, sich intensiv mit der Schreibung von Schweizerdeutsch zu beschäftigen.
Welche Schreibung wird der Mundart gerecht?
In seinem Büchlein «Fêrhêldnismêssig onmessfêrschdändlîch» überlegt er, ob man Laute wie «sch» und «ch» nicht mit einem einzigen Zeichen schreiben könnte. Ob «verschtändlich» oder «verschtäntlich» näher an der gesprochenen Sprache ist. Oder ob feine Unterschiede im Klang wie bei «Schloss» (Schloss) und «Schloss» (Schluss) der Klarheit willen nicht auch schriftlich dargestellt werden müssten.
In der Sendung sprechen wir mit Andreas Bertschi unter anderem darüber, warum Wörtern für ihn eine «richtige» und eine «falsche» Gestalt haben können, wie genau die Niederschrift von Gesprochenem überhaupt sein kann, und ob Schreibkonventionen unser Denken und Handeln beeinflussen.
Kulinarische Redensarten und Taschen in Küchenschürzen
Im zweiten Teil dieser Sendung stellen wir ein neues Büchlein über Redewenungen vor: In «Hier geht es um die Wurst» wird die Herkunft von kulinarischen Redensarten erklärt.
Ausserdem beantworten wir wieder eine Reihe Mundart-Fragen. Diese Woche zu den Wörtern «Saz» für die Fläche direkt vor der Haustüre und «Schöibebumper» für die Tasche vorne an der Küchenschürze sowie zum Familiennamen «Goldiger» bzw. «Goldinger».
Buch-Hinweise:
* Andreas Bertschi: Fêrhêldnismêssig onmessfêrschdändlîch, Der gesunde Menschenversand 2024.
* Julia Floss: Hier geht es um die Wurst. Und andere Redensarten aus der Küche. Mit Illustrationen von Nikolaus Heidelbach, Dumont 2024.
22.8.2024 • 55 Protokoll
«Dittiblache und Hemmliglunggi» – Oberbaselbieter Pflanzennamen
Wie kommen Wildpflanzen zu ihren Mundartbezeichnungen? Dieser Frage geht ein neues, sprachlich-botanisches Nachschlagewerk nach. Es geht um Pflanzennamen im Oberbaselbiet, hat aber auch für Mundart- und Pflanzenbegeisterte ausserhalb dieser Region einiges zu bieten.
Über zehn verschiedene Mundartnamen sind im Oberbaselbiet fürs Busch-Windröschen bekannt – von «Anemoone» über «Gùggerblueme» oder «Litzerli» bis hin zum «Hemmliglunggi», der im Titel dieses neuen Buchs steht. Wie all diese verschiedenen Bezeichnungen zu erklären sind, war der Forschungsgegenstand von Mirjam Kilchmann. Die Linguistin war im Team von Autor Andres Klein zuständig für die Deutung der Mundartnamen.
In der Sendung stellen wir den Band «Dittiblache und Hemmliglunggi» vor, und wir begleiten Mirjam Kilchmann auf eine kleine Exkursion in die Natur. Sie spricht über die Arbeit am Buch und erläutert an einigen Beispielen, wie Mundart-Pflanzennamen typischerweise aufgebaut sind, und was sie uns für Hinweise über Aussehen, Vorkommen und Verwendung der Pflanze geben können.
Ausserdem erklären wir den Bachnamen Gisentella, den Ausdruck «es Tamtam um öppis mache» und den Familiennamen Schweighauser.
Buchhinweis:
* Andres Klein, Mirjam Kilchmann et al.: Dittiblache und Hemmliglunggi – Mundartnamen von Wildpflanzen im Oberbaselbiet. 235 Seiten. Verlag Baselland, 2024.
15.8.2024 • 56 Protokoll, 54 Sekunden
Sommerserie Dialäktatlas – Folge 5: Mensch & Körper
Wie haben sich unsere Dialekte in den letzten Jahrzehnten verändert? Nimmt die Dialektvielfalt wirklich ab? Was hat sich neu entwickelt? Antworten auf diese Fragen gibt es in unserer Sommerserie zum neuen «Dialäktlas». Heutiger Fokus: Mensch und Körper.
Schweizerdeutsch wurde neu vermessen: Ein Forschungsteam der Universität Bern um Linguist Prof. Adrian Leemann hat in den letzten Jahren etwa 1000 Personen aus 125 Orten in der ganzen Deutschschweiz ausführlich zu ihrem Dialekt befragt – jeweils zwei bis drei Stunden lang.
Es ist die wohl umfassendste Untersuchung des Schweizerdeutschen seit dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz», der auf Befragungen aus den 1940/50er-Jahren basiert.
Dialäktatlas zeigt Schweizerdeutsch von heute
Aus den Antworten der Befragungen des Teams von Adrian Leemann ist der «Dialäktlas» entstanden - mit vielen Dialektkarten, auf denen ersichtlich ist, wo man heute wie sagt. Dazu sind zum Vergleich auch die jeweiligen Karten aus dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz» abgebildet. Ab Ende Jahr wird der «Dialäktlas» zu kaufen sein.
SRF hat bereits Einblick in die Karten und Texte erhalten. Während fünf Wochen präsentiert die Mundartredaktion in diesem Sommer die spannendsten Erkenntnisse.
Mensch & Körper
Sagen Sie eher «Chind» oder «Khind»? Kennen Sie den Ausdruck «Laubfläcke» noch, oder sind das für Sie «Summersprosse»? Was die Antworten auf diese Fragen über Ihre Zugehörigkeit zu Altersgruppen und Dialektregionen verraten können, dem gehen wir in dieser Sendung unter anderem nach.
Ausserdem geht es um Veränderungen an unseren Bezeichnungen für Geschwister, Kleinkinder und für den Schluckauf.
8.8.2024 • 55 Protokoll, 15 Sekunden
Sommerserie Dialäktatlas – Folge 4: Unterwegs
Wie haben sich unsere Dialekte in den letzten Jahrzehnten verändert? Nimmt die Dialektvielfalt wirklich ab? Was hat sich neu entwickelt? Antworten auf diese Fragen gibt es in unserer Sommerserie zum neuen «Dialäktlas». Heutiger Fokus: Ausdrücke rund ums Unterwegssein.
Schweizerdeutsch wurde neu vermessen: Ein Forschungsteam der Universität Bern um Linguist Prof. Adrian Leemann hat in den letzten Jahren etwa 1000 Personen aus 125 Orten in der ganzen Deutschschweiz ausführlich zu ihrem Dialekt befragt - jeweils zwei bis drei Stunden lang.
Es ist die wohl umfassendste Untersuchung des Schweizerdeutschen seit dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz», der auf Befragungen aus den 1940/50er-Jahren basiert.
Dialäktatlas zeigt Schweizerdeutsch von heute
Aus den Antworten der Befragungen des Teams von Adrian Leemann ist der «Dialäktlas» entstanden - mit vielen Dialektkarten, auf denen ersichtlich ist, wo man heute wie sagt. Dazu sind zum Vergleich auch die jeweiligen Karten aus dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz» abgebildet. Ab Ende Jahr wird der «Dialäktlas» zu kaufen sein.
SRF hat bereits Einblick in die Karten und Texte erhalten. Während fünf Wochen präsentiert die Mundartredaktion in diesem Sommer die spannendsten Erkenntnisse.
Unterwegs
Ums Unterwegssein in einem weiteren Sinn geht es bei vielen der Ausdrücke, die das Forschungsteam vom «Dialäktatlas» abgefragt hat: Warum zum Beispiel sagen ältere Menschen eher «Ich wohne z Bern» und jüngere immer häufiger auch «Ich wohne in Bern»? Und warum ist «Rugelistäge» kein gängiger Mundartausdruck für eine Rolltreppe?
Ausserdem erfahren Sie in der Sendung Überraschendes über das Mundartwort «schlööfle» für Schlittschuhlaufen, über den Unterschied zwischen «hinauf» und «herauf» sowie über die Aussprache des R, zum Beispiel im Wort «Rad».
1.8.2024 • 54 Protokoll, 53 Sekunden
Sommerserie Dialäktatlas – Folge 3: Speis und Trank
Wie haben sich unsere Dialekte in den letzten Jahrzehnten verändert? Nimmt die Dialektvielfalt wirklich ab? Was hat sich neu entwickelt? Antworten auf diese Fragen gibt es in unserer Sommerserie zum neuen «Dialäktlas». Heutiger Fokus: Kulinarisches.
Schweizerdeutsch ist neu vermessen worden: Ein Forschungsteam der Universität Bern um Linguist Prof. Adrian Leemann hat in den letzten Jahren etwa 1000 Personen aus 125 Orten in der ganzen Deutschschweiz zu ihrem Dialekt befragt - jeweils zwei bis drei Stunden lang.
Es ist die wohl umfassendste Untersuchung des Schweizerdeutschen seit dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz», mit Befragungen aus den 1940/50er-Jahren.
Dialäktatlas zeigt Schweizerdeutsch von heute
Aus den Antworten der Befragungen des Teams von Adrian Leemann ist der «Dialäktlas» entstanden - mit vielen Dialektkarten, auf denen ersichtlich ist, wo man heute wie sagt. Dazu sind zum Vergleich auch die jeweiligen Karten aus dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz» abgebildet. Ab Ende Jahr wird der neue «Dialäktlas» zu kaufen sein.
SRF hat bereits Einblick in die Karten und Texte erhalten. Während fünf Wochen präsentiert die Mundartredaktion in diesem Sommer die spannendsten Erkenntnisse.
Speis und Trank
In der dritten Sendung geht es um kulinarische Begriffe. Stabil präsentieren sich die Lautungen Späck vs. Speck und Chääs vs. Chees. Einen ziemlich linearen Wandel erleben Schoggistängeli und Härdöpfel.
Standarddeutsch-Einfluss ist bei Butter und Zwible zu beobachten. Die Schweizer «Marktwörter» Rösti und Rande setzen sich flächendeckend durch. Für die grösste Überraschung sorgt aber das Wort Grossmutter für die Käsekruste im Fondue-Caquelon.
25.7.2024 • 57 Protokoll, 6 Sekunden
Sommerserie Dialäktatlas - Folge 2: Kommunikation
Wie haben sich unsere Dialekte in den letzten Jahrzehnten verändert? Nimmt die Dialektvielfalt wirklich ab? Was hat sich neu entwickelt? Antworten auf diese Fragen gibt es in unserer Sommerserie zum neuen «Dialäktlas». Heutiger Fokus: Kommunikation.
Schweizerdeutsch wurde neu vermessen: Ein Forschungsteam der Universität Bern um Linguist Prof. Adrian Leemann hat in den letzten Jahren etwa 1000 Personen aus 125 Orten in der ganzen Deutschschweiz ausführlich zu ihrem Dialekt befragt - jeweils zwei bis drei Stunden lang.
Es ist die wohl umfassendste Untersuchung des Schweizerdeutschen seit dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz», der auf Befragungen aus den 1940/50er-Jahren basiert.
Dialäktatlas zeigt Schweizerdeutsch von heute
Aus den Antworten der Befragungen des Teams von Adrian Leemann ist der «Dialäktlas» entstanden - mit vielen Dialektkarten, auf denen ersichtlich ist, wo man heute wie sagt. Dazu sind zum Vergleich auch die jeweiligen Karten aus dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz» abgebildet. Ab Ende Jahr wird der «Dialäktlas» kaufen sein.
SRF hat bereits Einblick in die Karten und Texte erhalten. Während fünf Wochen präsentiert die Mundartredaktion in diesem Sommer die spannendsten Erkenntnisse.
Kommunikation
Wie reden wir eigentlich im Alltag so miteinander? Dieser Frage ist das «Dialäktlas»-Forschungsteam in verschiedenen Aspekten nachgegangen. Zum Beispiel haben sie die verschiedenen Grussformeln abgefragt, die zu unterschiedlichen Tageszeiten angewendet werden. Oder ob wir den Vor- oder den Nachnamen zuerst sagen.
Ausserdem erfahren Sie in dieser Sendung, dass sich die Aussprache von «nichts» in den verschiedenen schweizerdeutschen Dialekten in den letzten Jahrzehnten kaum verändert hat, warum die Laute «p» und «t» im Schweizerdeutschen immer mehr «behaucht» werden (z.B. «Phatrick» statt «Patrick» und «Thee» statt «Tee») sowie die Gründe, warum die Leute beim Aussteigen aus dem Bus manchmal «Ade, merci!» sagen und manchmal nicht.
18.7.2024 • 47 Protokoll, 56 Sekunden
Sommerserie Dialäktatlas - Folge 1: Pflanzen und Tiere
Wie haben sich unsere Dialekte in den letzten Jahrzehnten verändert? Nimmt die Dialektvielfalt wirklich ab? Was hat sich neu entwickelt? Antworten auf diese Fragen gibt es in unserer Sommerserie zum neuen «Dialäktlas». Heutiger Fokus: Pflanzen und Tiere.
Schweizerdeutsch wurde neu vermessen: Ein Forschungsteam der Universität Bern um Linguist Prof. Adrian Leemann hat in den letzten Jahren etwa 1000 Personen aus 125 Orten in der ganzen Deutschschweiz ausführlich zu ihrem Dialekt befragt - jeweils zwei bis drei Stunden lang.
Es ist die wohl umfassendste Untersuchung des Schweizerdeutschen seit dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz», der auf Befragungen aus den 1940/50er-Jahren basiert.
Dialäktatlas zeigt Schweizerdeutsch von heute
Aus den Antworten der Befragungen des Teams von Adrian Leemann ist der «Dialäktlas» entstanden - mit vielen Dialektkarten, auf denen ersichtlich ist, wo man heute wie sagt. Dazu sind zum Vergleich auch die jeweiligen Karten aus dem «Sprachatlas der deutschen Schweiz» abgebildet. Ab Ende Jahr wird der «Dialäktlas» kaufen sein.
SRF hat bereits Einblick in die Karten und Texte erhalten. Während fünf Wochen präsentiert die Mundartredaktion in diesem Sommer die spannendsten Erkenntnisse.
Pflanzen und Tiere
In der ersten Sendung geht es um Pflanzen und Tiere: Etwa, warum und wie stark sich hochdeutsche Wörter wie «Löwenzahn», «Schmetterling» oder «Pfärd» im Schweizerdeutschen ausbreiten und dabei alte mundartliche Varianten verdrängen.
Oder wie beeindruckend stabil der Klang der Dialekte, die Lautung bleibt: Zum Beispiel wird der Laut «ei» wie etwa in «Geiss» in den meisten Regionen der Deutschschweiz immer noch gleich ausgesprochen wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
11.7.2024 • 57 Protokoll, 32 Sekunden
Thomas wartet – Tom Waits auf Wienerisch mit Jakob Semotan
Jakob Semotan ist Sänger an der Wiener Volksoper. Jetzt hat er sich einen Traum erfüllt und mit «Thomas wartet» einen Liederabend mit Tom Waits-Songs erarbeitet. Dass dieser Abend auf Wienerisch stattfinden wird, war ursprünglich gar nicht geplant.
Das «Bronski & Grünberg Theater» in Wien besteht aus einer Kneipe, einem Bühnenraum und einer Küche, die durch eine Durchreiche mit der Kneipe verbunden ist. Ausgerechnet durch diese Durchreiche zwängt sich der Sänger Jakob Semotan während des ersten Songs seines Bühnenprogramms «Thomas wartet» mit Wienerischen Tom-Waits-Übersetzungen, bevor es im Bühnenraum weitergeht.
Inszeniert hat den Abend Regisseurin Edtmeier und sie hat bei der Erarbeitung des Programms zwei Dinge durchgesetzt: Dass es ein Bühnenstück wird und dass die Texte auf Deutsch sind.
Bei der Erarbeitung der Texte, für die Jakob Semotan selbst verantwortlich war, wurde aber rasch klar, dass es gleich Dialekt sein wird. Denn das Wienerische strahlt dieselbe melancholische Abgründigkeit aus wie die englischen Originaltexte.
4.7.2024 • 57 Protokoll, 10 Sekunden
Floskelparade an der Fussball-EM!?
Interviews mit Fussballern direkt nach dem Match haben einen zweifelhaften Ruf. Die einen finden sie peinlich, andere nehmen gerne an den Emotionen der Spieler teil. Aber stimmt der Vorwurf, diese Interviews seien reine Floskelparaden? Die Antwort ist ein entschiedenes «Jein».
Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion analysieren diese spezielle Interviewsituation direkt nach einem Fussballspiel, definieren den Begriff «Floskel» und diskutieren witzige Beispiele, auch von der aktuellen Fussball-EM der Männer. Und sie fragen sich, was am Mythos dran ist, Fussballer würden von Medientrainern auf Floskeln getrimmt.
Zu Wort kommen alle Beteiligten: Profifussballer Fabian Frei (FCB) und David von Ballmoos (YB), Remo Meister, Medienverantwortlicher beim FC Basel, sowie SRF-Sportjournalist Jeff Baltermia. Kleiner Spoiler: Wer diese Episode gehört hat, wird künftig Nachmatchinterviews mit anderen Ohren hören!
Familiennamen Wermelinger, Nebiker und Bremgartner
Gabriela Bart vom Schweizerischen Idiotikon erläutert, warum Ortsnamen zu Familiennamen werden konnten. Denn die Familiennamen Wermelinger, Nebiker und Bremgartner gehen auf die Ortsnamen Wermelingen, Nebikon und Bremgarten zurück. Auch was diese Ortsnamen ursprünglich bedeuteten, wird ausführlich erläutert.
27.6.2024 • 56 Protokoll, 46 Sekunden
Magazin: Belebte Orte mit lebendigen Namen
Flurnamen prägen uns und auch unsere Landschaften. Um kleine, belebte Orte und ihre Namen drehen sich die Mundartfragen im heutigen Magazin.
Der Interlakner Aussichtspunkt «Harder Kulm» zieht enorm. Aber woher hat er seinen Namen? Welche Tiere sind durch die Zürcher «Rössligasse» geritten und welche Pferde durch den «Tiergarte» in Niederlenz? Was könnte hinter dem Schaffhauser «Lieblosental» liegen, was hinter dem Freiburger «Ledeu»?
Zwischen grösseren Siedlungen und unbewohnten Fluren zählt die Schweiz Tausende Einzelhöfe, Weiler und bewohnte Strassen. Sie haben auf ganz unterschiedliche Weise ihren Namen bekommen. Genau um Geschichten hinter solchen Namen drehen sich die Fragen bei Dini-Mundart-Schnabelweid. Viele Hörerinnen und Hörer haben sie eingebracht. Christian Schmutz ist bei Adi Küpfer im SRF1-Studio und beantwortet live Hörerfragen zum Thema.
Im zweiten Teil geht es um den Familiennamen Wallimann. Zum Schnabelweid-Magazin gehört jeweils auch ein aktueller Musiktipp aus der SRF-Musikredaktion, diesmal zu «Sensemaa» von Patent Ochsner.
20.6.2024 • 55 Protokoll, 36 Sekunden
Hanspeter Müller-Drossaart: «Hiäsigs»
Der bekannte Schweizer Schauspieler und Autor legt einen weiteren Band mit Texten aus der und über die Innerschweiz vor. Diesmal quasi dreisprachig: Obwaldner-, Urner- und Hochdeutsch kommen zusammen.
Hanspeter Müller-Drossaart kann an vielen Orten als «hiesig» gelten: In Sarnen (OW), wo er geboren ist, in Erstfeld, wo er aufgewachsen ist, oder in Dietikon, wo er heute lebt. Den Wechsel vom Obwaldner- ins Urnerdeutsche in der Kindheit beschreibt er unironisch als Erlernen einer neuen Sprache: Die beiden Dialekte seien sich zwar ähnlich, aber nur schon in ihrer Tonalität für ihn ziemlich verschieden, sagt er.
Als Schauspieler bewegt Hanspeter Müller-Drossaart sich mühelos zwischen verschiedenen Mundarten und dem Hochdeutschen hin und her – und genau das tut er auch in seinem neusten Buch mit dem ironisch angehauchten Titel «Hiäsigs». Ironisch deshalb, weil die Quintessenz seiner Texte ist: Alles kann «hiesig» sein, man muss es nur auf die richtige Weise anschauen.
Hanspeter Müller-Drossaart vereint längere und kürzere Gedichte in Mundart sowie erzählende oder fast essayistische Texte auf Hochdeutsch in seinem Buch. «Hiäsigs» ist gleichermassen eine Hommage an die Innerschweiz, an die Menschen, die dort Leben und an ihre Sprache. Es sei eine Region, in der man mit ganz wenigen Worten in Mundart viel sagen könne, sagt der Autor.
In der Sendung sprechen wir mit Hanspeter Müller-Drossaart über sein neustes Buch, über sein Verhältnis zu den unterschiedlichen Sprachen, die er dafür benutzt hat, und darüber, warum der Begriff «hiesig» mit Vorsicht zu geniessen ist.
Ausserdem erklären wir die Wörter «Kapare», «Seygemeinde» und «Feuerstattberechtigte» sowie den Familiennamen Stricker.
Buchhinweis:
* Hanspeter Müller-Drossaart: Hiäsigs. Bildfluss 2024.
13.6.2024 • 57 Protokoll
Wie Comics unsere Sprache revolutionierten
«Mampf», «glugglugg» und «jubilier!» Am 9. Juni wird Donald Duck 90 Jahre alt. Zu seinen Ehren vertiefen sich Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion in die Sprache der Comics. Was ist so speziell daran und in welchem Verhältnis steht sie zur Alltagssprache?
Eine zentrale Rolle spielt der sogenannte «Erikativ». Der Begriff erinnert an Erika Fuchs, die jahrzehntelang die Disney-Comic-Hefte ins Deutsche übertragen und damit die deutsche Schriftsprache mit neuen Elementen wie eben dem Erikativ bereichert hat. Damit sind Verbformen wie «seufz» oder «grübel» gemeint.
Ausserdem wird die Geschichte der Comics besprochen mit seinen Vorformen in mittelalterlichen Heiligenbildern und bei Wilhelm Busch. Als bekennender Asterixianer analysiert Markus Gasser ausserdem die Vorzüge von Asterix auf Berndeutsch. Wer Inspiration sucht im Bereich Fluchen, kommt ebenfalls auf seine Kosten: Kapitän Haddock aus Tim und Struppi liefert kreatives Vokabular - «Hunderttausend heulende und jaulende Höllenhunde!»
Familiennamen Baumberger, Bomberger und Bamberger
Baumberger, Bomberger und Bamberger sind regionale Aussprachevarianten ein- und desselben Familiennamens. Es sind sogenannte Wohnstätten- oder Herkunftsnamen zu einem Flurnamen Baumberg.
Baumberg bezeichnete im Spätmittelalter aber nicht einfach einen Ort, wo es Bäume hatte, sondern einen, wo Obstbäume kultiviert wurden, ähnlich wie Baumgarten oder Bangert. Die Variante Bomberger ist in zwei Gemeinden der Ostschweiz alteinheimisch, in Oberhelfenschwil SG und in Oberwangen TG, und entspricht der dortigen Aussprache «Bomm» für Baum. Bamberger ist in der Schweiz nur gerade in der aargauischen Gemeinde Siglistorf alteinheimisch.
6.6.2024 • 57 Protokoll, 8 Sekunden
Andri Beyeler: «Sang von einem Drucker und Siedler»
Der Schaffhauser Autor Andri Beyeler hat auf Mundart eine bewegende, literarische Biografie des sozialistischen Berner Druckers Fritz Jordi geschrieben – in einer besonderen, zweistimmigen Form und aufwändig illustriert.
Auf der Wanderschaft nach seiner Druckerlehre kommt der junge Berner Fritz Jordi Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland in Kontakt mit dem Sozialismus. Zurück in der Schweiz übernimmt er als überzeugter Sozialist die Druckerei des Vaters, gründet eine Genossenschaft und wird zu einem der wichtigeren Herausgeber von sozialistischen Drucksachen. Als solcher gerät er immer wieder ins Visier der Behörden. Später im Leben wendet er sich vom aktiven Sozialismus ab und gründet im Tessin eine Künstlerkommune.
Eine Mischung aus Literatur und Dokumentation
Der Schaffhauser Autor und Schauspieler Andri Beyeler beschäftigt sich schon seit über 10 Jahren mit Fritz Jordi. Zunächst widmete er sich ihm auf der Theaterbühne, nun erzählt er dessen bewegtes Leben anhand von umfassend recherchierten Dokumenten (Zeitungen, Briefe, Flugblätter, Akten) auf Mundart nach – und illustriert es mit zahlreichen Zeichnungen im Stil von Holzschnitten aus der Zeit.
Im Gespräch mit Andri Beyeler erfahren wir, was ihn an der Figur Fritz Jordi besonders beeindruckt hat, warum er sich für eine Mischform aus Literatur und Dokumentation entschieden hat, und was es mit seiner speziellen, mehrstimmigen Erzählform auf sich hat.
Eine Mischung aus Mundart und Hochdeutsch
Später in der Sendung stellen wir Ihnen das besondere Buch «Kruttingen - e Dorfgschicht» von Marianne Erne, Patricia Jäggi, Kathrin Probst und Katharina Wehrli vor. Erste Besonderheit: Die vier Frauen haben die Erzählung gemeinsam geschrieben. Jede war für die Entwicklung einer Hauptfigur zuständig. Zweite Besonderheit: Die Erzählung ist auf Standarddeutsch geschrieben, während die direkte Rede, die Dialoge auf Schweizerdeutsch verfasst sind. Warum sie sich so entschieden haben und welche Herausforderungen sich ihnen beim Schreiben gestellt haben, erzählt eine der Autorinnen, Kathrin Probst in unserer Sendung.
Zum Abschluss der Mundartstunde erwartet Sie der beliebte Briefkasten mit Fragen von Hörerinnen und Hörern zu Dialektwörtern und mit Antworten von unseren Mundartexperten. Diese Woche mit dabei: Der Flurname «Säspel» in Nunningen und der Ausdruck «Möielimuul» sowie der Familienname Reichmuth.
Buchhinweise:
* Andri Beyeler. Sang von einem Drucker und Siedler. Der gesunde Menschenversand, 2024.
* Marianne Erne, Patricia Jäggi, Mathrin Probst & Katharina Werhrli: Kruttingen - e Dorfgschicht. Edition Gaggalaariplatz, Arisverlag, 2023.
30.5.2024 • 57 Protokoll, 30 Sekunden
Genderneutrale Sprache
In der deutschen Sprache enthält praktisch jeder Satz ein Merkmal für «männlich» oder «weiblich». Etwa eine Personenbezeichnung wie «Sänger» oder ein Pronomen wie «ihre». Für eine non-binäre Person ist das ein gröberes Problem. Was tun?
Luca Koch kennt sich hier aus, denn Luca ist non-binär. Markus Gasser und Nadia Zollinger von der SRF-Mundartredaktion diskutieren mit Luca die vielen Möglichkeiten genderneutraler Sprache.
Wie braucht man im Deutschen das englische «they/them» oder sogenannte Neopronomen wie «hen» oder «xier»? Was sagt Luca zu Vorschlägen aus der Hörerschaft wie «äsi» oder «sier»? Soll man für eine Minderheit seine Sprache anpassen und warum fällt das vielen Menschen so schwer?
Klar wird: Was den einen ein stolpersteingepflasterter Weg, ist den anderen eine kreative Spielwiese!
Familiennamen Grossenbacher, Niederberger, Krummenacher und Holenstein
This Fetzer vom Schweizerischen Idiotikon hat aus den unzähligen Anfragen vier Familiennamen herausgepickt, deren gemeinsames Merkmal es ist, dass sie aus Ortsbezeichnungen entstanden sind und Adjektive wie «gross», «krumm» oder «hohl» enthalten.
23.5.2024 • 57 Protokoll, 24 Sekunden
Solothurner Literaturtage: Pedro Lenz trifft Béla Rothenbühler
Der Doyen der Schweizer Mundartliteratur trifft auf den aufstrebenden Luzerner Autor. Sie stellen ihre neusten Bücher vor und debattieren darüber, was für sie «Heimat» und «Kultur» bedeuten.
Pedro Lenz' Theaterstück «Längizyti, oder: furtga isch immer fautsch», welches Ende 2023 in Bern uraufgeführt wurde und jetzt gedruckt als Buch herauskommt, beschäftigt sich mit dem Begriff «Heimat». Ein Herzensthema für den Langenthaler mit spanischer Mutter.
Die Figuren im Stück – alle älteren Semesters – verhandeln den Heimatbegriff aus verschiedenen Perspektiven: Der Rentner, der nach Spanien ausgewandert war und jetzt wieder zurückgekehrt ist, und nun die alte Heimat – nachdem die meisten Beizen zugemacht haben und durch Kebap-Läden und Nailstudios ersetzt wurden – nicht mehr wiedererkennt. Der Dagebliebene, der die heimatlichen Gepflogenheiten romantisch verklärt und nicht hinterfragt. Und der Spanier, der als Kind von Gastarbeitern in die Schweiz kam und dadurch die «alte Heimat» verlor.
Schelmenroman im Kulturkuchen
«Polifon Pervers» ist Béla Rothenbühlers zweiter Roman auf Luzerndeutsch. Ein moderner Schelmenroman, eine Satire auf den Schweizer Kulturbetrieb.
Sabin und Schanti, zwei Germanistik-Studentinnen, gründen einen Verein für Kultur, pardon: für «Unterhaltung», wie sie es nennen, und fangen an, Theaterstücke und weitere kulturelle Anlässe zu veranstalten. Der eigentliche Zweck des Vereins: Von Stiftungen, Kulturförderprogrammen und Firmen so viel Geld wie möglich locker machen – und es in die eigenen Taschen fliessen lassen.
Der Verein «Polifon Pervers» eilt von Erfolg zu Erfolg: Die Produktionen werden immer grösser, die Einnahmen ebenso. Und niemand kommt den Hochstaplerinnen auf die Schliche. Gefährlich wird es erst, als Schanti das Geschäft zu diversifizieren beginnt: Sie wäscht plötzlich das Drogengeld der halben Schweizer Club-Dealerszene. Wie lange kann das nur gutgehen?
Gespräch über Heimat und Kultur
Anlässlich der Solothurner Literaturtage treffen sich Pedro Lenz und Béla Rothenbühler live vor Publikum zum Gespräch: Es geht um ihre beiden Bücher und davon ausgehend um die Begriffe «Heimat» und «Kultur» (oder «Unterhaltung»?). Und natürlich lesen die beiden in dieser einstündigen Sendung auch aus ihren Büchern vor.
Buchhinweise:
* Pedro Lenz: Längizyti. Drama, Cosmos Verlag 2024. 104 Seiten.
* Béla Rothenbühler: Polifon Pervers. Roman, Der gesunde Menschenversand 2024. 220 Seiten.
16.5.2024 • 49 Protokoll, 46 Sekunden
Antworten auf Ihre Mundartfragen!
Haben Sie eine Frage zu Mundartwörtern oder Ausdrücken? Bringen Sie Ihre Frage ein! Unsere Mundartexperten beantworten möglichst viele davon live im Studio.
Woher kommt der Ausdruck «Hans was Heiri»? Wie kommt man darauf, dem Hageln «ziboldere» oder «ziböllele» zu sagen? Warum sind manche alte Mundartwörter in einigen Dialekten verschwunden, in anderen aber noch lebendig? Fragen über Fragen...
Und in dieser Sendung gibt es Antworten! Gabriela Bart und Sandro Bachmann vom schweizerdeutschen Wörterbuch Idiotikon sowie SRF-Mundartredaktor André Perler sind zwei Stunden lang live im Studio, recherchieren und beantworten so viele Fragen wie möglich.
Fragen: live oder per Sprachnachricht
Schicken Sie Ihre Frage vor der Sendung als WhatsApp-Sprachnachricht an die Nummer 079 132 132 1! Oder rufen Sie live in die Sendung an! Wir drücken die Daumen, dass Sie eine Antwort auf Ihre Frage erhalten.
Achtung: Diesmal werden nur Wörter und Wendungen erklärt, keine Orts- oder Familiennamen.
9.5.2024 • 1 Stunde, 52 Protokoll, 13 Sekunden
Magazin: Laute sind die heimlichen Mundartstars
Was unterscheidet Dialekte am meisten: die Wortformen, die Grammatik, die Betonung? Es ist eindeutig die Lautung der Wörter. Um diese drehen sich die heutigen Mundartfragen.
Warum sagt man schweizerdeutsch Staubsuuger und nicht Stuubsauger? Wo sagt man Määl, wo Meel? Kann man statt gwüsst auch gwüsse sagen? Und wie entstehen Formen wie gfinde und gmerke?
Fragen nach der Lautung sind eher untypisch bei Dini-Mundart-Schnabelweid. Die meisten Hörerinnen und Hörer interessieren sich für Worte und Wendungen. Entscheidend fürs Erkennen von Mundarten sind aber Lautvarianten bei der Aussprache. Zu erkennen sind diese auch bei der jeweils regionalen Art hochdeutsch zu sprechen. Christian Schmutz ist bei Dani Fohrler im SRF1-Studio und beantwortet live Hörerfragen zum Thema.
Im zweiten Teil erklärt Idiotikon-Redaktor Martin Graf den Familiennamen Scherz. Und zum Schnabelweid-Magazin gehört jeweils auch ein aktueller Musiktipp aus der SRF-Musikredaktion.
2.5.2024 • 57 Protokoll, 2 Sekunden
Heisst es der, die oder das Joghurt?
Wer Deutsch als Fremdsprache lernen muss, kann an den Artikeln verzweifeln. Oder warum sagt man «DAS Mädchen», obwohl das Wort eine junge Frau bezeichnet? Umgekehrt heisst eine Gruppe von Sport treibenden Männern «DIE Mannschaft». Wo ist da die Logik?
Über diese Frage diskutieren Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF Mundartredaktion.
Die schlechte Nachricht: «Es gibt kein allumfassendes System von Regeln, nach dem man das Genus der Substantive voraussagen kann.» Zitat Duden. Die gute Nachricht: Es stimmt nicht, dass man das grammatische Geschlecht von jedem einzelnen Wort lernen muss. Viele überraschende Faustregeln helfen Muttersprachlern intuitiv, den korrekten Artikel zu benutzen. Schwierig wird es gelegentlich bei eingedeutschten Anglizismen: «Email», «App» und «SMS» schwanken beispielsweise zwischen «die» (eher in Deutschland) und «das» (eher in der Schweiz). Ein tiefer Blick in die deutsche Grammatik, der spannende Wort- und Kulturgeschichten offenbart.
Familiennamen mit weiblichen Rufnamen
Die Familiennamen Agner, Barblan, Item, Eller und Serena sind Mutternamen, d.h. sie sind aus einem weiblichen Rufnamen entstanden sind, nämlich Agnes, Barbara, Juditha, Elisabeth und Serena - wobei die Familiennamen häufig aus Kurzformen dieser Rufnamen gebildet worden sind.
25.4.2024 • 54 Protokoll, 53 Sekunden
Bartli Valär: Geborä zum Heuä
Der Prättigauer Journalist und Autor Conradin Liesch hat ein Buch mit Geschichten und Liedern seiner verschrobenen Kunstfigur Bartli Valär herausgebracht.
Bartli Valär ist ein Bergbauer aus dem Prättigau. Sein Alltag spielt sich zwischen dem Hof, seiner Frau Annädeti, dem Rapid und der Beiz auf der anderen Strassenseite ab. Er jodelt gern, aber nicht gut, er trinkt viel und hat einen eher einfachen Blickwinkel auf die Welt.
Vor allem aber ist Bartli Valär eine Erfindung des Autors Conradin Liesch, der selbst aus dem Prättigau stammt. Bartli, der in breitestem Prättigauer Dialekt seine gern leicht übertriebenen Geschichten erzählt, ist für seinen Autor klar eine Parodie auf das Leben auf seiner «eigenen Scholle» Prättigau – die er sehr liebt, wie er sagt.
Inwiefern der verschrobene Bartli für den Journalisten Conradin Liesch ein Ventil ist, was ihn an der Übertreibung reizt, und was den Prättigauer Dialekt für ihn ausmacht, darüber gibt der Autor im Gespräch Auskunft, er liest auch Geschichten aus dem Buch vor.
Ausserdem erklären wir in der Sendung das Wort «sobänd», den Hofnamen Vitzhuus sowie den Familiennamen Haus, und wir stellen ein Projekt des Wallisers Volmar Schmid vor, der für jede Oberwalliser Gemeinde eine Sage gesammelt hat.
Hinweise:
* Bartli Valär: Geborä zum Heuä. Somedia Buchverlag 2024.
* Projekt «Enkeltauglichkeit» von Volmar Schmid: Link
18.4.2024 • 55 Protokoll, 32 Sekunden
Erinnern und aufschreiben: War früher alles besser?
Doris Walser und Andreas Rindisbacher haben Erinnerungen aus ihrer Kindheit und Jugend in Rehetobel AR aufgeschrieben - im Appenzeller Dialekt und auf Hochdeutsch - und als Buch herausgegeben.
In den erinnerten Geschichten von Doris Walser und Andreas Rindisbacher leben die 1950er- und 60er-Jahre wieder auf. Es geht darin meist um Alltägliches (die vielen Quartierlädeli, der Schulunterricht, die Stickereiarbeit im Dorf).
Das ist durchaus lesenswert, denn im Vergleich mit heute wird man sich der vielen Veränderungen, aber auch der Konstanten bewusst.
Erinnern, aufschreiben und teilen
Im Gespräch mit Mundartredaktor André Perler reden Doris Walser und Andreas Rindisbacher über das Aufwachsen in Rehetobel AR, über das (manchmal fehlerhafte) Erinnern, über den Rückblick zwischen Romantik und Realismus und darüber, wie es ist, diese Erinnerungen mit einem Publikum zu teilen.
Und natürlich kommt die Sprache auch auf den den Appenzeller Dialekt, der in Ausserrhoden heute einen schweren Stand hat.
Mundartwörter und Familiennamen
Im Schnabelweid-Briefkasten gibt es wie immer Antworten auf Mundart- und Sprachfragen aus der Hörerschaft, so etwa zur Herkunft und Bedeutung der Familiennamen Hag und Hager.
Buch-Tipp:
Doris Walser und Andreas Rindisbacher: Loschtegi, schreegi ond himmeltruurigi Gschichte. Im hiesige Dialekt, fö die wos veschtöönd, für alle anderen auf Hochdeutsch. Verlag Druckerei Appenzeller Volksfreund, 2024. 195 Seiten.
11.4.2024 • 57 Protokoll, 3 Sekunden
Sprachliche Ostern
Ostern ist nicht nur kulinarisch ein Spektakel nach der Fastenzeit, sondern auch sprachlich. Ausser über Wortklassiker wie «Ostern», «Karfreitag» und «Äiertütschis» diskutieren Nadia Zollinger und Markus Gasser auch über weniger bekannte Begriffe wie «öschterle» oder «Osterzettel».
Zudem machen die beiden einen Abstecher nach Australien. Dort konkurrenziert seit den 1970er Jahren ein einheimisches Tier den Osterhasen. Das neue Osterpersonal heisst «Bilby», hat zwar auch lange Ohren, hüpft aber wie ein Känguru. Was hat seine steile Karriere ermöglicht? Und wer ausser dem Hasen brachte früher bei uns die Ostereier? Kleiner Spoiler: Eine Variante für «Oschternäscht» war früher «Guggernäscht».
Eine Sendung mit überraschenden Erkenntnissen zu «Osterwörtern».
Wie kommt der Hafer in Familiennamen?
Sprachexperte Hans-Peter Schifferle erläutert die drei Familienamen Habermacher, Haberstich und Wildhaber. Alle drei gehen auf das Getreide «Hafer» in seiner früheren Aussprache «Haber» zurück - allerdings auf sehr unterschiedliche Art.
4.4.2024 • 57 Protokoll, 1 Sekunde
Baseldeutsche Bibelverse
Seit seiner Pensionierung übersetzt der reformierte Pfarrer Hansjakob Schibler Bibelstellen auf Baseldeutsch und in Versform. So sind auch eine Reihe Passions- und Ostergedichte entstanden. Zum Gründonnerstag liest Pfarrer Schilber einige Verse vor, erzählt von der Entstehung und deutet die Inhalte.
Das Dichten hat Hansjakob Schibler immer schon interessiert. Und die baseldeutsche Sprache auch. Schon früh hat er mit «Schnitzelbängg» angefangen. Als Pfarrer hat er bei Trauungen jeweils die Liebesgeschichte seiner Brautleute in Versform erzählt. Und auch seinen Konfirmandinnen und Konfirmanden hat er Bibelwissen auf gereimte Weise vermittelt. Seit seiner Pensionierung vor zehn Jahren wagt er sich nun an zentrale Bibelstellen heran. Dabei geht es ihm nicht nur um einen adäquaten baseldeutschen Ausdruck, sondern auch um eine Interpretation der betreffenden Bibelstellen, die auch im Gottesdienst eine Anwendung findet. Im Gespräch mit Literaturredaktor Michael Luisier berichtet er von der Entstehungsweise und den Inhalten seiner Übersetzungen und entpuppt sich dabei als überaus engagierter Theologe und Lyriker.
28.3.2024 • 55 Protokoll, 37 Sekunden
Stef Stauffer: «Affezang»
Die Berner Autorin Stef Stauffer erzählt ein ganzes Leben in Mundart – über vier Romane hinweg. Der vierte und letzte Teil dieser Lebensgeschichte dreht sich ums Älterwerden der namenlosen Protagonistin und um eine letzte grosse Reise.
Die Erzählerin in Stef Stauffers Romanen (hören Sie hier die Sendungen zum ersten , zweiten und dritten Teil nach) hat keinen Namen, und «Ich» sagt sie auch nie. Sie spricht von sich in der unbestimmten, dritten Person als «me» (auf Hochdeutsch: «man»).
Im vierten und letzten Teil wird «man» alt, lebt in einer Alterssiedlung am Stadtrand, hat die Übergabe des Eigenheims geregelt und regt sich gelegentlich über die anderen Alten in der Umgebung auf. So lange, bis die Protagonistin sich aus einer Laune heraus entschliesst, mit drei jungen Männern auf eine letzte (oder vorletzte, wer weiss) grosse Reise nach Barcelona aufzubrechen.
Die Aufmüpfigkeit und der leise Schalk von Stef Stauffers Protagonistin sind auch im Alter noch nicht verblichen: Ein ebenso heiterer wie einfühlsam geschriebener Roman über den letzten Teil des Lebens.
In der Sendung sprechen wir mir Stef Stauffer über den Abschluss ihres Lebensgeschichte-Projekts, darüber, warum man nicht «man» sagen sollte, und über Mundart als absichtlich umständliche Schreibsprache. Ausserdem erklären wir die Ausdrücke «Chrutwäiemändig», «chögle» und «ziggle» sowie den Familiennamen Diethelm.
Hinweise:
* Stef Stauffer: Affezang. Zytglogge 2024, 166 Seiten.
* Buchvernissage: 5. April 2024, 20:30 Uhr, Bären Münchenbuchsee .
* Den ersten der vier Romane («Hingerhang») hat Stef Stauffer für SRF komplett als Lesung aufgenommen. Die können Sie hier hören.
21.3.2024 • 54 Protokoll, 30 Sekunden
Wie wir Fremdwörter einbürgern
Ungefähr jedes vierte deutsche Wort ist irgendwann aus einer fremden Sprache entlehnt worden. Heutige Fremdwörter stammen zu 80% aus dem Englischen. Wir passen sie allerdings schnell an unser System an und sprechen zum Beispiel vom «crazygschte Bröntsch ever». Das ist Englisch in deutschem Gewand!
Nicht alle Kulturen und Länder sind gleich offen für Fremdwörter. In Deutschland gab es vom 18. Jahrhundert an bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine regelrechte Hetzjagd vor allem auf Romanismen. Frankreich und Island wiederum sind zwei Länder, in denen auch heute Anglizismen aktiv bekämpft werden. In Island etwa kreiert eine Sprachkommission auch für technische Neuerungen isländische Entsprechungen. Der Computer heisst dort «tölva», wörtlich «die Zahlenseherin». Sprachpflege kann poetisch sein!
Vom Übernamen zum Familiennamen: Wyrsch
Der Familienname Wyrsch oder Würsch geht von einem Übernamen aus, der zum Adjektiv wirrisch, wirrsch mit der Bedeutung 'zornig, rappelköpfig, verschroben, verwirrt' gebildet ist. Der Familienname ist in Nidwalden seit dem frühen 14. Jahrhundert bezeugt; von dort aus hat er sich nach Uri und später in den Aargau ausgebreitet. Heute heissen in der Schweiz etwa zweieinhalbtausend Personen Wyrsch oder Würsch, ziemlich genau die eine Hälfte davon schreibt sich mit -y-, mit -ü- die andere.
14.3.2024 • 55 Protokoll, 9 Sekunden
Mundartmagazin: Überraschende Zusammensetzungen
Sprache ist voller Wortzusammensetzungen – Deutsch und Schweizerdeutsch besonders. Rund um Fragen der Hörerinnen und Hörer gibt es tolle Geschichten zu entdecken. Alles eigene Kompositionen.
Was hat der Fuss in der Steuer zu tun, was der Stiefel im Sinn? Jedenfalls sprechen wir von Steuerfuss und stiefelsinnig und kennen den Weg solcher Zusammensetzungen nicht. Oder warum nehmen wir den Boden auf, wenn wir fegen? Auf Deutsch kann man einfach alles zusammenhängen und zum Beispiel die Vierwaldstätterseedampfschifffahrtskapitänsmützenkordel machen (falls das noch jemand lesen kann). Aber was steckt hinter dem Zusammenspiel von Grundwort und Bestimmungswort? Sind sie alle logisch?
Sogenannte Komposita führen durch das heutige Dini-Mundart-Magazin. Mundartredaktor Christian Schmutz ist live bei Mike LaMarr im Studio. Er zeigt anhand der Hörerfragen das Überraschungspotenzial auf.
Im zweiten Teil des Magazins ist Dabu Fanastic zu hören, ein aktueller Musiktipp aus der Mundartwelt, sowie der Familiennamen Gunzinger zu entdecken.
7.3.2024 • 56 Protokoll, 54 Sekunden
«Dialektratis» Appenzell und Toggenburg
Die Region Appenzell-Toggenburg hat eine besondere Mundart. Dort sagt man Sätze wie «Hoptsach de Hond esch gsond» oder Wörter wie «Täghüffeli» für die Hagebutte. Was diese Gegend sprachlich sonst noch speziell macht, entdecken Nadia Zollinger und Markus Gasser in ihrer Serie «Dialektratis».
Die genannten Beispiele zeigen: Es gibt Erkennungsmerkmale, die für den Kanton Appenzell Ausserrhoden, den Kanton Appenzell Innerrhoden und für das Sanktgallische Toggenburg gemeinsam gelten. Doch beim genaueren Hinhören finden sich fast so viele Unterschiede wie Gemeinsamkeiten.
Allein in den beiden Appenzeller Halbkantonen haben Linguisten neun Sprachschranken eruiert. Wer Innerrhödler von Ausserrhödlerinnen unterscheiden will, muss also ganz genau hinhören. Zudem vermeldet die Hörerin Erika Michel aus Nesslau, dass «ein Toggenburger kein Appenzeller ist»!
Nadia und Markus gehen den Unterschieden auf den Grund und kommen unter anderem bei der «Wedegeente», dem «Töbeli» und dem «Aacheholz» vorbei. Dabei helfen ihnen bekannte und unbekannte Appenzeller und Toggenburger Stimmen.
«Sönd wöllkomm!»
Familiennamen, die aus dem Personennamen Heinrich entstanden sind
Martin Graf vom Schweizerischen Idiotikon erläutert die Familiennamen Heini, Heinzer, Heierli und Heiri. Sie allen gehen in der einen oder anderen Art auf den im Mittelalter besonders häufigen Rufnamen Heinrich zurück. Ihren geografischen Ursprung haben die vier Familiennamen aber jeweils an ganz verschiedenen Orten der Schweiz.
29.2.2024 • 57 Protokoll, 2 Sekunden
Zeedellesung
Neben den berühmten «Schnitzelbängg» hat die Basler Fasnacht noch weitere Ausdrucksmittel. Eines davon sind die sogenannten «Cliquezeedel», auf denen man all das verewigt findet, was die Baselerinnen und Basler seit der letzten Fasnacht bewegt hat.
«Zeedel» sind lange Papierstreifen, die von den Basler Fasnachtscliquen am Strassenrand verteilt werden und auf denen gereimt und in Versform das jeweilige «Sujet» präsentiert wird. Also das Thema, das die einzelnen Cliquen ausspielen. Davon gibt es wie immer genug: Der Klimawandel und die Künstliche Intelligenz, die beiden Hauptthemen der diesjährigen Basler Fasnacht, aber auch Ausgefalleneres oder Leichteres wie der Barbie-Film, der Generationenkonflikt oder das Basler Kulturleben und Beizensterben. Am Tag nach der Basler Fasnacht präsentiert «Dini Mundart» eine Zeedellesung mit den Höhepunkten des aktuellen Jahrgangs. Wie gewohnt mit dem Schauspieler Urs Bihler als Sprecher.
22.2.2024 • 57 Protokoll, 14 Sekunden
«Wie eine Ohrfeige!» Das neue Album von Cruise Ship Misery
Die Schweizer Autorin Sarah Elena Müller produziert zusammen mit der Sängerin Milena Krstic «Spoken Pop» auf Berndeutsch. Von ihnen erscheint das neue Album «Brutto Inland Netto Super Clean» samt illustriertem Textbuch. Ein faszinierender Fiebertraum.
Am Anfang ihrer Produktionen stehen Gedichte, die Sarah Elena Müller (nominiert für den Schweizer Buchpreis 2023) auf Hochdeutsch schreibt. In einem eng verwobenen Probe- und Produktionsprozess stückelt Milena Krstic diese Texte neu zusammen und übersetzt sie spontan ins Berndeutsche, während Sarah Elena Müller Musik und Beats dazu produziert.
So entstehen eindringliche, teils auch absichtlich im Ungeschliffenen belassene Texte über Existenzielles, zum Beispiel übers Verlorensein im Hier und Jetzt: «Was hesch du hie verlore? / Du bisch verlore! Hie! Itz!», heisst es im Titelsong «Brutto». Was sie auszeichnet, ist eine abenteurliche Bildhaftigkeit, die im Buch zum Album noch verstärkt wird durch die Illustrationen des Schweizer Künstlers Luca Schenardi.
Auch sprachlich sind die spontan ins Berndeutsche übersetzten Texte besonders: Anglizismen und Teutonismen beispielsweise sind für Sarah Elena Müller und Milena Krstic kein Tabu. «Ich will kein manieriertes, berndeutsches Lied, das sich um berndeutsche Formalitäten dreht – ich will ein Lied, das einen lyrischen Inhalt hat und mit dem Charme des Berndeutschen spielt», sagt die Autorin Sarah Elena Müller im Interview. Die Mundart ist für Cruise Ship Misery kein Selbstzweck, sondern etwas, das «einfach so passiert» ist, wie die beiden Künstlerinnen sagen.
In der Sendung erklären Sarah Elena Müller und Milena Krstic, wie Cruise Ship Misery zur Mundart kam, sie beschreiben ihre gemeinsame Arbeit und erörtern, wie viel Erklärung das Publikum bei anspruchsvollen Texten braucht.
Ausserdem erklären wir den Mundartausdruck «Guggemusig», die Flurnamen «Iverturst» und «Iverplut» sowie den Familiennamen Ulmann, und wir stellen die neu aufbereitete Website sprachatlas.ch vor.
Anmerkung:
Der Nachname von Milena Krstic müsste korrekterweise mit einem Akutakzent auf dem «c» geschrieben werden. Unsere Online-Plattform lässt dieses Sonderzeichen bedauerlicherweise immer noch nicht zu. Wir bitten um um Entschuldigung dafür.
Hinweise:
* Cruise Ship Misery (Sarah Elena Müller & Milena Krstic): Brutto Inland Netto Super Clean. Der gesunde Menschenversand 2024.
* Sprachatlas der deutschen Schweiz online: www.sprachatlas.ch
15.2.2024 • 55 Protokoll, 1 Sekunde
Wie die Zürcher Orte zu ihren Namen kamen
Orte heissen nicht zufällig so wie sie heissen. Wie sie zu ihren Namen kamen, erforscht die Namenkunde. Zu den Siedlungsnamen im Kanton Zürich gibt es jetzt ein umfangreiches Lesebuch - mit ca. 2'000 Namendeutungen.
Warum heissen Orte so wie sie heissen? Bei erstaunlich vielen Siedlungsnamen lässt sich diese Frage beantworten. Denn die Orte heissen nicht zufällig so. Jeder Name hat eine Geschichte, die in manchen Fällen über tausend Jahre zurückreicht.
2016 bis 2022 hat sich ein Forschungsteam an der Uni Zürich und am Schweizerdeutschen Wörterbuch Idiotikon mit ca. 3'700 Siedlungsnamen im Kanton Zürich beschäftigt. Die Deutungen sowie alte Namenbelege sind auf der Webseite ortsnamen.ch für alle zugänglich.
Gespräch über Siedlungsnamen
Nun hat die Redaktionsleiterin des Forschungsprojekts, Inga Siegfried-Schupp ein Buch veröffentlicht, in dem ca. 2'000 der 3'700 Zürcher Siedlungsnamen erklärt werden. Die Namen werden auch in Motivationskategorien eingeteilt, so können sie sich etwa auf den Gründer, den Besitzer oder die Lage der Siedlung beziehen oder auch auf Bodenbeschaffenheit, Flora oder Fauna vor Ort.
In der Sendung erklärt die Namenforscherin Inga Siegfried einige Zürcher Siedlungsnamen und erzählt auch, wie man der Herkunft der Namen auf die Schliche kam. Ausserdem führt sie aus, was die Siedlungsnamenlandschaft des Kantons Zürich ausmacht und inwiefern sie sich von jener anderer Kantone unterscheidet.
Mundart-Briefkasten: «öppedie» und «Tschife»
Ausserdem in der Sendung: Wie könnte es zum Mundartwort «Tschife» für einen ausgelatschten, schlechten Schuh gekommen sein? Warum sagen wir eigentlich «öppedie» für 'ab und zu'? Und steckt im Familiennamen Diener wirklich ein Untergebener? Die Antworten zu diesen Hörerinnen- und Hörerfragen gibt es im zweiten Teil der Mundartstunde.
Buch-Tipp:
Inga Siegfried-Schupp: Von Angst und Not bis Zumpernaul. Siedlungsnamen im Kanton Zürich. Chronos-Verlag, 2024.
8.2.2024 • 56 Protokoll, 59 Sekunden
Da fehlt uns ein Wort! Lücken im Schweizerdeutschen
«Nach dem Coiffeurbesuch eine miesere Frisur haben als vorher». Für diese frustrierende Situation existiert im Japanischen ein präzises Wort: «age-otori». Auf Deutsch muss man das mit vielen Wörtern umschreiben. Sagt diese Wortschatzlücke etwas über uns aus?
Eher nicht, denn solche Lücken sind meistens zufällig. Ebenso wie die Tatsache, dass Deutsch kein Wort hat für «genug getrunken haben». Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion diskutieren zufällige und systematische Wortschatzlücken.
Die Hörerschaft hat sehr kreative Vorschläge geschickt, wie Leerstellen gefüllt werden könnten. Wer genug getrunken hat, kann zum Beispiel «trinksatt», «entdurstet», «hydriert» oder «glugg» sein. Natürlich darf man auch beim altbewärten «i ha gnue» bleiben.
Familiennamen Gossweiler, Messikommer und Wildberger
Hans-Peter Schifferle, ehemaliger Chefredaktor beim Schweizerdeutschen Wörterbuch, erklärt drei Familienamen, die auf Orte im Zürcher Oberland zurückgehen. Es sind sogenannte Herkunftsnamen.
Personen mit dem Familiennamen Gossweiler haben ihren Namen vom Gehöftnamen Gosswil (mundartlich Goosswiil) in Turbenthal im zürcherischen Tösstal.
Messikommer ist zum Siedlungsnamen Mesikon gebildet. Mesikon (mundartlich Mesikche) liegt auf dem Gemeindegebiet einerseits von Illnau, andererseits von Fehraltdorf.
Wildberger schliesslich geht auf den Siedlungsnamen Wildberg (der in der deutschen Schweiz und in Süddeutschland mehrfach vorkommt) zurück. Am naheliegendsten ist wohl die Herkunft aus dem zürcherischen Dorf Wildberg im Tössbergland.
1.2.2024 • 57 Protokoll, 15 Sekunden
Die Wurzeln von Zürichdeutsch
Woher kommen unsere Wörter? Dieser Frage ist der Autor und Wörterbuchschreiber Viktor Schobinger für die Zürcher Mundart nachgegangen. «züritüütschi wùùrzle» heisst sein «etimologisches wörterbuech». Und er beschreitet damit Neuland!
Etymologische Wörterbücher erzählen von der Herkunft und Entwicklung einzelner Wörter. Das heisst, sie verfolgen ein heutiges Wort zurück bis zu seinen Wurzeln, etwa in der rückerschlossenen Ursprache «Indoeuropäisch», auf die fast alle unsere europäischen Sprachen zurückgehen.
Viktor Schobinger kehrt die Perspektive in seinem Wörterbuch um: Er geht von einer indoeuropäischen Wurzel aus und zeichnet nach, welche Wörter in der heutigen Mundart aus dieser Wurzel entstanden sind - teilweise mit Umwegen über andere Sprachen.
So finden wir im Stammbaum der Wurzel «*uid» Wörter wie «wüsse», «witz», «wiis», «visuell», «provisoorisch», «idool», «Druid» oder «Sowjet». Alle mit ihrer je eigenen sprachlichen Entwicklungslinie. Den «Sprachgwundrigen», wie Viktor Schobinger im Gespräch mit SRF-Mundartredaktor Markus Gasser sagt, erschliessen sich überraschende Zusammenhänge.
Eine sehr spezielle «letzte Reise»
Zugleich mit dem dreibändigen Wörterbuch hat Viktor Schobinger, der in diesem Jahr 90 Jahre alt wird, ein dünnes Bändchen herausgegeben mit dem Titel «d räis uf rütti». Die darin erzählte Geschichte handelt vom historisch realen Graf Friedrich von Toggenburg, der 1436 starb.
Im Text erlebt sein Geist die Überführung seiner sterblichen Überreste von Feldkirch nach Rütti im Zürcher Oberland mit und zieht im Lauf dieser siebentägigen Reise Bilanz über sein Leben. Und mit ihm macht das auch der Autor, dem es nach der Fertigstellung des Textes viel besser ging als davor, wie er im Interview sagt. Weil er feststellte, wie schön es ist zu leben!
Worterklärungen zu «belauschen», «Üedeli» und «Seeholzer»
Simon Leuthold von der SRF-Mundartredaktion hat sich der Frage von Nathalie Zollinger het angenommen, die wissen wollte, ob es ein schweizerdeutsches Wort für hochdeutsch «belauschen» gibt. Die überraschende Antwort ist: Nein! Aber interessante Varianten hat er trotzdem gefunden.
Ausserdem erklärt er den Flurnamen «Üedeli» in Münchenbuchsee im Kanton Bern, nach dem Johanna Siegentaler fragt. Und Sandro Bachmann, Redaktor beim Schweierdeutschen Wörterbuch, hat zum Familiennamen «Seeholzer» recherchiert und herausgefunden, dass er auf einen Wald beim Türlersee im Zürcher Knonaueramt zurückgeht.
Buchtipps
* züritüütschi wùùrzle. etimologisches wörterbuech. en versuech vom Viktor Schobinger. züri - 2023 - schobinger-verlaag. 3 Bände, 1500 Seiten, inkl. Registerband. Preis auf Anfrage
* d räis uf rütti. vom viktor schobinger. züri - 2024 - schobinger-verlaag. 51 Seiten.
Buchbestellungen über www.zuerituetsch.ch oder direkt bei der Buchhandlung blex in Zürich (www.blex.ch )
25.1.2024 • 56 Protokoll, 44 Sekunden
Rasser – Die Basler Theater- und Kabarettdynastie
«Viel mehr als Läppli». So könnte man das Buch, das eben über die Basler Familiendynastie Rasser erschienen ist, am besten zusammenfassen. Beschreibt es doch nicht nur drei Generationen einer Basler Künstlerfamilie, sondern auch beinahe hundert Jahre Schweizer Kabarettgeschichte.
Am Anfang steht natürlich mit Alfred Rasser, Kabarettist und Schauspieler, Mitglied des legendären Cabaret Cornichon in Zürich und Gründer des Cabaret Kaktus in Basel, der vor allem mit seinem HD Läppli Schweizer Film- und Kabarettgeschichte geschrieben hat. Doch ist das nur ein Drittel der Geschichte, die dieses wunderbar gestaltete und minutiös recherchierte Buch von René Lüchinger und Brigitta Willmann erzählt. Auf Alfred folgt nämlich sein Sohn Roland Rasser, der Gründer der Theater «Fauteuil» und «Tabourettli» am Basler Spalenberg, wo Künstler wie Franz Hohler, Dimitri, Hans Dieter Hüsch und Georg Kreisler ein- und ausgingen. Und auf ihn dann seine Kinder Caroline und Claude Rasser, die mit Gast- und Lustspielen, Märchen und dem «Pfyfferli» das Unternehmen erfolgreich ins 21. Jahrhundert geführt haben. «Dini Mundart» erzählt die Geschichte der Rassers und streift dadurch auch fast hundert Jahre Schweizer Kabarettgeschichte. Angereichert mit vielen Trouvaillen aus dem SRF-Radioarchiv.
Buchangaben:
René Lüchinger, Brigitta Willmann. Rasser - Kabarett Schweiz. 376 Seiten, 268 teils farbige Abbildungen. Christoph Merian Verlag, 2023.
18.1.2024 • 57 Protokoll, 18 Sekunden
Alfred Wüger: D Aleböck chraaied
Der Schaffhauser Autor Alfred Wüger ist in Steckborn (TG) aufgewachsen und hat im Dialekt seiner Jugend einen Band mit Gedichten veröffentlicht. «D Aleböck chraaied» ist ein Buch, das zeigt, was entstehen kann, wenn man Erinnerungen aufleben lässt – und eine Hommage an den Bodensee.
Der leicht melancholische Grundton von Alfred Wügers Gedichten trügt: Seinen Texten haftet nichts Deprimierendes an, auch wenn Dunkelheit und Kälte wiederkehrende Motive sind. Vielmehr seien die Gedichte Ausdruck eines «elektrischen» Gefühls- und Körperzustands von ihm, der sich nur in einer ganz bestimmten Stimmung einstelle, sagt der Autor im Interview.
Ausgehend von Erinnerungen an seinen Vater und dessen Sprache beschreibt er in seinen kurzen, geschliffenen Texten Stimmungen am Bodensee (für Alfred Wüger ein Sehnsuchtsort), Erinnerungen an Begegnungen oder Gedanken, die ihm als jetzt Fremder beim Gang durchs Örtchen Steckborn kommen.
In der Sendung stellen wir alfred Wügers Gedichtband genauer vor, hören Beispiele daraus und sprechen mit dem Autor über seinen Bezug zum Thurgauerdeutschen, obwohl er seit Jahren in Schaffhausen lebt.
Ausserdem erklären wir den Flurnamen Sonder, den Unterschied in der Aussprache zwischen «Bereich» und «Beriich» sowie die Familiennamen Bet(t)schen und Beetschen.
Buchhinweis:
Alfred Wüger: D Aleböck chraaied. Loco Verlag 2022.
11.1.2024 • 57 Protokoll, 29 Sekunden
Walliser Sagen als Metal-Songs und Hörspiele
Die Walliser Band Tylangir verarbeitet alte Walliser Sagen zu Songs - und zwar zu Metal-Songs. Daraus ergibt sich eine spannende Symbiose von düsteren Geschichten und dunkler Musik.
Die sieben Mitglieder der 2018 gegründeten Walliser Band Tylangir sind fasziniert von den alten Walliser Sagen, den oft düsteren Geschichten über Geister und Dämonen. Sie interessieren sich auch sonst für die vorchristlichen Wurzeln der Walliser Kultur.
Ihre Musik ist eine Mischung aus sanften traditionellen Elementen wie Harfe, Jodel oder Hackbrett einerseits und hartem Metal mit Gitarrenriffs, Schlagzeuggewitter und dem typischen gutturalen Gesang.
Nicht nur Metal-Songs, sondern auch Hörspiele
Als die Band während der Corona-Pandemie nicht proben konnte, setzten sie sich noch vertiefter mit den alten Walliser Sagen auseinander und entwickelten zu dreien davon je ein Hörspiel.
Mit diesen Hörspielen hofft Tylangir, ein neues Publikum zu erreichen - Leute, die sich zwar für Walliser Sagen interessieren, die aber nie im Leben auf die Idee gekommen wären, an ein Metal-Konzert zu gehen.
Familienname und Spoken-Word-Album
Ausserdem in der Sendung: Im Mundartbriefkasten liegt dieses Mal eine Frage zum Familiennamen Streich. Woher dieser Name kommt und was er ursprünglich bedeutet, erklärt Hans Bickel vom Schweizerischen Idiotikon in der Sendung.
Die Baselbieter Spoken-Word-Combo Dill & Kraut hat mit «Gegen den Glanz» ihr erstes Studioalbum veröffentlicht: Darin nehmen sie die kleinbürgerliche Schweiz und ihre floskelhafte Mundart so richtig auseinander. Wir stellen das Album vor.
Album-Tipps:
- Tylangir: «Ur-Chraft»
- Dill & Kraut: «Gegen den Glanz»
4.1.2024 • 56 Protokoll, 57 Sekunden
Mundartmagazin: Wenn Wörter zu Wendungen wachsen
Da hesch de Salat! Fixierte Wortkombinationen fallen uns rasch auf und sind uns wichtig. Um Redewendungen geht es im Dini-Mundart-Magazin.
Hörerinnen und Hörer stellen der SRF-Mundartredaktion Berge von Dialektfragen. Was kann man sagen zu wind und weh, machet vo Läder, d Chappe wäsche oder Schluss am Änd? Häufig geht es um Redewendungen, Sprichwörter und stehende Begriffe. Manchmal verschmelzen sie regelrecht, und man erkennt kaum die Wortgrenzen. Und der Sinn hüpft durch die Welt der Sprache.
Mundartredaktor Christian Schmutz ist beim letzten Dini-Mundart-Magazin des Jahres live bei Mike LaMarr im Studio und beantwortet eine Reihe von Fragen zu Wortkombinationen aus der Hörerschaft.
Im zweiten Teil seziert Sandro Bachmann vom Idiotikon die Familiennamen Rusch, Rüesch usw. Auch gibt es einen aktuellen Musiktipps aus dem Mundartwelt mit Claudio Landolts Frage: Müsste man Mani Matters Eskimo und Sidi eigentlich aus heutiger Sicht zensurieren? Musiker Stephan Eicher hat eine Antwort darauf.
28.12.2023 • 55 Protokoll, 27 Sekunden
Das Christkind kommt nicht allein!
Weihnachten steht vor der Tür und bringt viel heiliges Personal mit. Im Zentrum steht zweifellos das Christkind. Doch wer ist das? Jesus, der Engel Gabriel oder gar ein Geist? Und wie unterscheidet sich das «Wienechts-Chindli» vom «Chrischtchindli»? Nadia Zollinger und Markus Gasser klären auf.
Viele können mit Weihnachtsromantik nichts anfangen. Deshalb diskutieren die beiden auch über ungewöhnliche Bräuche und Weihnachtsfiguren. Zum Beispiel über den katalanischen «Caganer», eine Krippenfigur, die etwas abseits des Geschehens ihr Geschäft verrichtet. Oder über den Lärmbrauch der «Nüünichlingler» im Oberbaselbiet. Was hat es mit alle dem auf sich? Falls Sie also noch Gesprächsstoff der etwas anderen Art fürs Weihnachtessen brauchen – hier werden Sie fündig.
21.12.2023 • 56 Protokoll, 37 Sekunden
Sebastian Steffen: I wett, i chönnt Französisch
Im neuen Mundartbuch des Berner Autors Sebastian Steffen will einer den Mord an seiner Jugendliebe klären – und droht, im Wahnsinn zu versinken.
Er war es, der als Jugendlicher seine Freundin Astrid erwürgt in einem Maisfeld fand – durch Zufall: Eigentlich war er auf der Suche nach einem Fussball, der übers Ziel hinausgeschossen war.
Seitdem lässt dieser ungeklärte Mordfall dem namenlosen Protagonisten in Sebastian Steffens Buch keine Ruhe mehr, obwohl er rund 20 Jahre zurückliegt. Steffens Protagonist ist eine tragische Figur: Als Kind einer drogenabhängigen Mutter kommt er bereits süchtig zur Welt; seine Eltern sterben sehr früh, und trotz einigermassen behüteten Aufwachsens bei «Frau Dokter» hat er es schwer im Leben.
Der Ich-Erzähler lebt vor allem in seinen Gedanken, und die sind ziemlich ungeordnet, sprunghaft und häufig nah am Wahnsinn. und als ob das nicht genug wäre, erscheint ihm immer wieder Astrid vor dem geistigen Auge und weist ihn an, Dinge zu tun, die sein Leben noch schwieriger machen als es ohnehin schon ist. Mit diesem Buch ist Sebastian Steffen ein eindrückliches Protrait gelungen über einen Loser, der am vielen Lärm in seinem Kopf zu zerbrechen droht.
In der Sendung gibt Sebastian Steffen Auskunft über die Hintergründe dieser Geschichte, über das zwingend Berndeutsche daran und über die Frage, wie er zu seinem charakteristisch sprunghaften Stil gefunden hat.
Ausserdem erklären wir das Mundartwort «Tarrli» und den Familiennamen Gnehm und wir stellen den Solothurner Mundartverein vor.
Hinweise:
* Sebastian Steffen: I wett, i chönnt Französisch. Der gesunde Menschenversand 2023.
* 15.12.23, 19:30 Uhr: Buchvernissage im Eldorado , Biel.
14.12.2023 • 56 Protokoll, 59 Sekunden
Wiederentdeckt! «ter fögi ische souhung» von Martin Frank
Er war ein Skandal und ein Erfolg zugleich: Martin Franks Erstlingsroman «ter fögi ische souhung» ist der erste queere Mundartroman aus der Schweiz und hat durch seine Radikalität gleichzeitig schockiert und erfreut. Jetzt kommt der Roman neu heraus.
«Fögi» gibt es tatsächlich. Hinter diesem Namen steckt der Schweizer Rocksänger Ernst «Fögi» Vögeli, einer der ersten Rockmusiker überhaupt, die offen zu ihrem Schwulsein standen. Dieser echte Fögi diente dem Autor Martin Frank als Vorbild für die Hauptfigur in seinem Erstlingsroman aus dem Jahr 1979, obwohl abgesehen vom Namen und der sexuellen Orientierung alles andere erfunden ist. Nichtsdestotrotz lebt Martin Franks Roman «ter fögi ische souhung» von einer Offenheit, Direktheit und Unverblümtheit, wie man sie vor allem auch von der Rockmusik kennt. Und ist trotzdem - oder gerade deswegen - grosse Literatur. Auch heute noch. 44 Jahre nach seinem Erscheinen.
Buchangaben:
Martin Frank. Ter fögi ische souhung. Mit einem Nachwort von Donat Blum. 103 Seiten. Der gesunde Menschenversand, 2023.
7.12.2023 • 56 Protokoll, 56 Sekunden
Die unglaubliche Vielfalt der Mundartkonjunktive
«Wäär s Wätter schön, gieng i use, giengt i use, gääng i use, gengeni usi, geech i uuse, gungt i use, güengt i use, guuch i use, göj i use, würd i use gaa, täät i uuse goo.» Es scheint zu stimmen, dass wir in der Deutschschweiz Weltmeister im Konjunktiv sind! Aber warum?
Nadia Zollinger und Markus Gasser diskutieren sich durch den Deutschschweizer Konjunktivdschungel. Das Thema ist nur scheinbar furztrocken. Denn der Kreativität sind in den Mundarten fast keine Grenzen gesetzt. «Dämm schruub ig e Brief!», schreibt der Berner Autor Achim Parterre in einer Geschichte. Das Verrückte: Obwohl diese Form erfunden ist, verstehen wir sie zweifelsfrei. «Wes ne nid guub, me müesst dr Konjunktiv glatt erfinde.»
Familiennamen Dannacher, Laubacher und Rothacher
Idiotikon-Redaktor Sandro Bachmann erklärt drei Familiennamen, die trotz ihrer Ähnlichkeit nicht alle dieselbe Wurzel haben! Dannacher und Laubacher sind Wohnstättennamen, d.h. die ersten Namensträger haben bei einem Acker gewohnt, der direkt neben Tannengehölz (Dannacher) steht oder von Laubbäumen umgeben ist (Laubacher).
Rothacher dagegen geht nicht auf das Grundwort «Acker» zurück, sondern auf den Namen des Weiler Rotachen in der Gegend von Thun. Dieser wiederum bezieht sich auf die Rotache, einen Zufluss zur Aare. Eine Person mit dem Namen Rothacher kommt also ursprünglich aus dem Ort Rotachen.
30.11.2023 • 56 Protokoll, 50 Sekunden
Christoph A. Schwengeler: «Vom Breitsch i Löie z Worb u zrügg»
Im Jahr 1902 fahren die ersten Autos durch Bern, und auf einem sitzt sein Urgrossvater, der Baumeister Antonio Perello: Der Berner Autor Christoph A. Schwengeler erweckt ein Stück Berner Stadt- und Industriegeschichte zu neuem Leben.
Um die Jahrhundertwende ist Antonio Perello bereits ein gemachter Mann. Der ursprünglich mausarme Sohn aus dem italienischen Aostatal, der nach einem Umweg über Frankreich als Bauarbeiter in Bern landet, etabliert sich durch harte Arbeit und geschickte Geschäfte nach und nach als einer der grössten Bauherren der Stadt. 1902 kann er es sich darum als einer der ersten Berner überhaupt leisten, ein Auto zu kaufen – einen BERNA Ideal, hergestellt in der Werkstatt seines Freundes Joseph Wyss, der eigentlich Kunstschlosser ist.
Über seinen Urgrossvater Antonio Perello hat der Berner Autor Christoph A. Schwengeler einen Zugang zu einer für ihn besonders spannenden Periode der Berner Stadt- und Industriegeschichte gefunden. Ausgehend vom Leben seines Vorfahren erzählt er anekdotenreich, wie es überhaupt dazu kam, dass Joseph Wyss in Bern begann, Autos zu bauen, und wie Antonio Perello sich nach und nach auf den Autokauf einlässt.
Christoph Schwengelers Buch ist auf Berndeutsch geschrieben, und er hat die Fakten zur Geschichte ausführlich recherchiert: Sein Buch ist gespickt mit Illustrationen, Abbildungen aus der Zeit und aus Prospekten. Überall, wo es in den mündlich überlieferten Erzählungen aus seiner Familie zu Perello und Wyss Lücken gab, wurde er selbst als Erzähler aktiv. So ist ein unterhaltsames, anekdotisches Sachbuch entstanden.
Ausserdem stellen wir in der Sendung das neue Bühnenprogramm «J-U-R-C-Z-O-K» des Spoken-Word-Künstlers und Beatboxers Jurczok 1001 vor, wir werfen ein Schlaglicht auf einige mundartliche «Wörter des Jahres» aus Deutschland, und wir erklären den Familiennamen Keusen.
Buch- und Veranstaltungshinweise:
* Christoph A. Schwengeler: Vom Breitsch i Löie z Worb u zrügg. Vo mym Urgrossvater u sym BERNA Ideal. 264 Seiten. Zytglogge 2023
* «J-U-R-C-Z-O-K» im sogar theater Zürich. Vorstellungen am 27.11.2023 und 29.1.2024, jeweils um 19 Uhr.
23.11.2023 • 57 Protokoll, 15 Sekunden
Andreas Neeser – «Solangs no goht, chunnts guet»
Der Aargauer Schriftsteller Andreas Neeser schreibt Hochdeutsch und Mundart. Beides auf beachtlich hohem Niveau. Mit seinem neuen Erzählband «Solangs no goht, chunnts guet» ist nun wieder ein Mundartwerk an der Reihe, eins, womit er seine Mundartliteratur nochmals ein Stück weiterentwickelt.
Früher, so sagt Andreas Neeser im Gespräch, habe er die Mundart der 60er- und 70erjahre benutzt. Also die, mit der er aufgewachsen ist. Seit der Arbeit an seinem Dialektroman «Alpefisch», der 2020 herausgekommen ist, hat sich das geändert. Seither sucht er bewusst nach einer heutigen Sprache. Dies hat sich mit seinem neuen Erzählband «Solangs no goht chunnts guet» nochmals verstärkte. Heute greift der ehemalige Mundartpurist selbst auf englische Wörter zurück oder auf welche, die rein umgangssprachlich sind. Dass dies weder mit einer Verneigung vor dem Zeitgeist noch mit einer Abkehr von seiner gewohnt akribischen Arbeitsweise an Rhythmus und Sprache zu tun hat, zeigt sich nicht nur in den Geschichten selbst, sondern ist auch Quintessenz des Gesprächs in «Dini Mundart».
16.11.2023 • 56 Protokoll, 40 Sekunden
Bauernregeln zwischen Scherz und Ernst
«Hängt das Laub bis November hinein, wird der Winter lange sein.» Eine Bauernregel wie gemacht für den November 2023! Schon immer haben Menschen die Umwelt beobachtet und aus ihren Erfahrungen Regeln abgeleitet, besonders für den bäuerlichen Alltag. Nur: Welche Bauernregeln stimmen und warum?
Markus Gasser und Nadia Zollinger von der SRF-Mundartredaktion diskutieren die Vielzahl und die Herkunft der Bauernregeln. Ausserdem testen sie zusammen mit SRF Meteo Bauernregeln auf ihren Wahrheitsgehalt und fragen einen Bauern, wie wichtig diese Regeln für ihn sind. Kleiner Spoiler: Es gibt Regeln, die immer stimmen, zum Beispiel: «Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert das Wetter oder es bleibt, wie es ist.» Hier sind wir bei den zahlreichen Scherzregeln angelangt.
Familienname Fasel
Fasel ist ein ganz typischer Freiburger Name. Angesichts der ältesten Belege, so Idiotikonredaktor Martin Graf, muss es sich um einen patronymisch gebildeten Namen handeln. Also um einen auf den Sohn und die Familie übertragenen Vaternamen, der auf dem Rufnamen Fasolt beruht. Fasolt ist Name eines Riesen in der mittelalterlichen Literatur, der offenbar populär genug war, um in der Namengebung wirken zu können.
9.11.2023 • 56 Protokoll, 58 Sekunden
«Chäferfüdletroche»: Neue Wortgeschichten von Christian Schmid
Was haben «hanebüchen» und «hagebuechig» gemeinsam? Kann man auf dem Amtsschimmel reiten? Und was bedeutet eigentlich «Social Distancing» und «Lockdown»? Ein Gespräch über Wörter, Sprache und unser komplexes Verhältnis dazu.
In seinem neuen Buch «Chäferfüdletroche» nimmt der langjährige SRF-Mundartredaktor Christian Schmid 60 weitere Redensarten und Ausdrücke unter die Lupe. Es ist bereits sein neuntes Buch dieser Art.
Schmid erzählt in «Chäferfüdletroche» auf gewohnt unterhaltsame Weise die Geschichten hinter Redewendungen und Wörtern: wie sie entstanden sind und wie sie im lauf der Zeit ihre Form oder ihre Bedeutung verändert haben. Er äussert sich aber im Vergleich mit früheren Büchern auch pointierter sprachkritisch, etwa zu Anglizismen oder «falschen» Bezeichnungen.
In der Sendung erzählt Christian Schmid von Wörtern und Redewendungen, vom Recherchieren im grossen, weiten Internet und von seiner Motivation, dem Publikum immer neue Wortgeschichten vorzulegen. Ausserdem spricht er darüber, warum ihn zu viele Anglizismen stören und warum der Begriff «Ökosphäre» für ihn passender ist als «Umwelt».
Umfassende Gotthelf-Neuausgabe
Der Zürcher Literaturwissenschaftsprofessor Philipp Theisohn gibt die wichtigsten Romane und Erzählungen von Jeremias Gotthelf im Lauf der nächsten Jahre neu heraus. Von den insgesamt 15 geplanten Bänden sind nun die ersten drei erschienen: «Die schwarze Spinne», «Uli der Knecht» und «Uli der Pächter».
Wir fragen bei Theisohn nach, was an dieser Zürcher Ausgabe neu ist, was es mit dem Mythos auf sich hat, dass Gotthelf der erste Schweizer Mundartautor sei, und wie viel Mundart wirklich in seinen Texten steckt.
Bärenfallen und unterschiedliche Dienstage
Ausserdem in der Sendung: Erklärungen zum verbreiteten Flurnamen «Bärefalle», zur unterschiedlichen und doch gemeinsamen Herkunft der Tagesnamen «Ziischtig» und «Dienstag» sowie zum Familiennamen Laube.
Buch-Tipps:
* Christian Schmid: Chäferfüdletroche. Redensarten- und Wortgeschichten. Cosmos-Verlag 2023.
* Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne und andere Erzählungen. Zürcher Ausgabe. Herausgegeben von Philipp Theisohn. Mit einem Nachwort von Nora Gomringer. Diogenes-Verlag 2023.
* Jeremias Gotthelf: Uli der Knecht. Eine Gabe für Dienstboten und Meisterleute. Zürcher Ausgabe. Herausgegeben von Philipp Theisohn. Mit einem Nachwort von Peter von Matt. Diogenes-Verlag 2023.
* Jeremias Gotthelf: Uli der Pächter. Zürcher Ausgabe. Herausgegeben von Philipp Theisohn. Mit einem Nachwort von Monika Helfer. Diogenes-Verlag 2023.
2.11.2023 • 57 Protokoll, 14 Sekunden
Mundartmagazin: Alte Werkzeuge sterben doppelt aus
Wird ein Werkzeug abgelöst, verliert es neben seiner Bedeutung im Alltag auch seinen Namen. Um aussterbende Werkzeuge, Instrumente, Tätigkeiten geht es im Dini-Mundart-Magazin.
Hörerinnen und Hörer stellen der SRF-Mundartredaktion Berge von Dialektfragen. Häufig sind Werkzeuge, Hilfsmittel oder Arbeiten im Fokus, die früher gang und gäbe waren, aber vom Zeitgeist überholt worden sind. Immer weniger Leute brauchen im Alltag einen «Fluumer» oder einen «Blocher». Wer kennt noch den «Schweib» für die Schnur oder wer kann noch «schalte» mit einem Wagen, beim Licht oder im offenen Feuer?
Mundartredaktor Christian Schmutz ist live bei Dani Fohrler im Studio und beantwortet eine Reihe von Fragen aus der Hörerschaft.
Im zweiten Teil seziert Gerni Jörgler von der SRF-Musikredaktion das neue Bligg-Lied «Mosaik», zusammengestellt aus über 40 Schweizer Songtiteln. Auch gibt es aktuelle Mundarttipps und die Erklärung der Familiennamen Enderli und Andres.
26.10.2023 • 57 Protokoll, 1 Sekunde
Dialektvielfalt in Graubünden
Aus welcher Region im Kanton Graubünden jemand kommt, hört man am Dialekt. Die Unterschiede zwischen Churer Rheintal, Walserdörfern und Samnaun sind immens! Ein Gespräch über die Vielfalt des Bündnerdeutschen mit Gast Leonie Barandun-Alig aus Obersaxen.
«I khuma varuggt!» - «Khasch tengga, miar bliibend patschiifig». So klingt für viele der typische Bündner Dialekt. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn zu Graubünden gehören auch Walserdialekte. Und das ist eine ganze andere Sprachwelt!
«I ha Fraud a mine Biivelker und bi mier dräät schi vill um Hind*». Das sagt die Obersaxerin Leonie Barandun-Alig. Sie ist Präsidentin der Walservereinigung Graubünden und Gast in dieser Sendung, die am Arosa Mundartfestival vor Publikum aufgenommen wurde. Ihr Dialekt klingt wie Walliserdeutsch, was kein Zufall ist. Denn die Bündner Walser sind vor rund 750 Jahren eingewanderte Walliser.
Deshalb gibt es zwei grosse Dialektgruppen in Graubünden: Die weit verstreuten Walser in den Bündner Tälern und die Churer Rheintaler. Wie es dazu kam, ist eine spannende Geschichte und eine Lektion in mittelalterlichen Wanderbewegungen. Dazu erzählt Leonie Barandun-Alig, die mit ihrer Familie in der Nähe von Chur lebt, anekdotenreich und witzig vom Leben mit und in zwei Dialekten. Und auch das dialektal völlig exotische Samnaun geht nicht vergessen.
Familiennamen mit der Endung -mann
Gabriela Bart vom Schweizerischen Idiotikon hat zu einer Handvoll Familiennamen recherchiert, die alle auf einen Flurnamen zurückgehen und mit der Endung -mann «Mann, Mensch» gebildet werden. Es sind also sogenannte Wohnstättennamen für Menschen, die an einer bestimmten Örtlichkeit wohnten.
Der erste Mattmann zum Beispiel wohnte auf oder bei einer Matte, was «Grasfläche, Wiese» bedeutet. Der erste Niedermann war in einem tiefer gelegenen Siedlungsteil wohnhaft. Portmann ist zusammengesetzt aus schweizerdeutsch Bort, Port für «begrenzender Rand, Böschung» und -mann. Reimann und die graphischen Varianten Reymann, Raimann, Raymann sowie Reinmann gehen zurück auf mittelhochdeutsch rein «Bodenerhöhung, Grenze». Und Eggimann, Eggmann, Eggemann sind Wohnstättennamen aus mittelhochdeutsch ecke, egge für «Scheide, Spitze, Ecke, Rand», bezeichneten also ursprünglich jemanden, der an einem solchen Ort Eggi, Egg oder Egge wohnhaft war.
*Ich habe Freude an meinen Bienenvölkern und bei mir dreht sich viel um Hunde.
19.10.2023 • 57 Protokoll, 15 Sekunden
Querschnitt Arosa Mundartfestival 2023
Vom 5. bis am 8. Oktober fand in Arosa das siebte Arosa Mundartfestival statt, das alljährliche Klassentreffen der Schweizer Mundartszene. Wir schauen zurück auf die Höhepunkte und kommentieren vier intensive Tage voller Mundartkunst.
Generationen-, genre- und regionenübergreifend konnte man beim Arosa Mundartfestival heuer schon zum siebten Mal das aktuelle Schaffen der Schweizer Mundartszene erleben.
Klar scheint, dass die Mundartkunst endlich aus der Baisse der Corona-Pandemie gefunden hat. Lustvoll haben sich sowohl etablierte als auch weniger bekannte Stimmen den verschiedensten Themen gewidmet: Der Basler Satiriker Stefan Uehlinger blickte durch eine rabenschwarze Brille auf die aktuellen Entwicklungen in der katholischen Kirche, die Zürcher Kabarettistin Jane Mumford sezierte per Xylophon die Schweizer Bunkermentalität, der vielfach ausgezeichnete Slampoet und Kabarettist Dominik Muheim trug heimliche Gesprächsnotizen aus dem öffentlichen Raum vor, und die Musikerin Fatima Dunn spielte Lieder von Franz Hohler, wie man sie bisher noch nie gehört hat.
Besonders eindrücklich waren bei dieser Ausgabe des Festivals der neu erwachte Fokus aufs Politische und die Lust an der kurzen Form. In der Querschnittsendung schauen wir zurück auf dieses Stelldichein der Schweizer Mundartszene, wir kommentieren und lassen die Höhepunkte am Weisshorn noch einmal aufleben.
Ausserdem erklären wir in der Briefkastenrubrik die Flurnamen Pfy, Gauchete und Roggete, das Wort «gibenedeie» und den Familiennamen Brüngger.
12.10.2023 • 57 Protokoll, 29 Sekunden
«Mir wäi luege...» Mundartkultur im Baselbiet
Was haben Roger Federer, Beni Huggel und Murat Yakin gemeinsam? Sie sind Baselbieter, keine Basler! Der Kanton wird gerne unterschätzt. «Dini Mundart» ergründet seine kulturelle und sprachliche Vielfalt in einer zweistündigen Live-Sendung voller Lieder, Slamtexte, Literaturlesungen und Gespräche.
«Dini Mundart Schnabelweid» ist zu Gast am 7. Arosa Mundartfestival. Der Eröffnungsabend am Donnerstag, 5. Oktober, ist dem Baselbiet gewidmet und wird live auf SRF 1 übertragen.
Die auftretenden Künstlerinnen und Künstler spiegeln die Vielfalt des Kantons wider: Aus dem Oberbaselbiet kommen der Sänger und frühere Musicalstar Florian Schneider mit seinem Trio, die Autorin Rebekka Salm und der Kabarettist Dominik Muheim. Aus dem Raum Liestal stammt die Spoken Word-Künstlerin und Kulturvermittlerin Daniela Dill. Der Kabarettist und Fasnächtler Stefan Uehlinger schliesslich kommt aus dem unteren Baselbiet, dem stadtnahen sogenannten Birseck.
Sie alle bringen Mundarttexte und -lieder mit und diskutieren über das Wesen dieses so heterogenen Halbkantons, über seine schwierige Beziehung zur Stadt Basel und natürlich über die Eigenheiten der Baselbieter Mundart.
Man sagt, Baselbieter und Baselbieterinnen können nicht richtig «joo» sagen, sondern halten sich mit dem ausweichenden «mir wäi luege...» zurück. Nach der Sendung wissen wir mehr.
Moderatorin ist die Oberbaselbieterin Seraina Degen, bekannt als Sportredaktorin bei SRF. Die sprachliche Fachexpertise bringt SRF-Mundartredaktor Markus Gasser ein, kein Baselbieter zwar, aber als Schwarzbube in der unmittelbaren Nachbarschaft aufgewachsen.
5.10.2023 • 1 Stunde, 53 Protokoll, 29 Sekunden
«Mir wäi luege...» Mundartkultur im Baselbiet
Was haben Roger Federer, Beni Huggel und Murat Yakin gemeinsam? Sie sind Baselbieter, keine Basler! Der Kanton wird gerne unterschätzt. «Dini Mundart» ergründet seine kulturelle und sprachliche Vielfalt in einer zweistündigen Live-Sendung voller Lieder, Slamtexte, Literaturlesungen und Gespräche.
«Dini Mundart Schnabelweid» ist zu Gast am 7. Arosa Mundartfestival. Der Eröffnungsabend am Donnerstag, 5. Oktober, ist dem Baselbiet gewidmet und wird live auf SRF 1 übertragen.
Die auftretenden Künstlerinnen und Künstler spiegeln die Vielfalt des Kantons wider: Aus dem Oberbaselbiet kommen der Sänger und frühere Musicalstar Florian Schneider mit seinem Trio, die Autorin Rebekka Salm und der Kabarettist Dominik Muheim. Aus dem Raum Liestal stammt die Spoken Word-Künstlerin und Kulturvermittlerin Daniela Dill. Der Kabarettist und Fasnächtler Stefan Uehlinger schliesslich kommt aus dem unteren Baselbiet, dem stadtnahen sogenannten Birseck.
Sie alle bringen Mundarttexte und -lieder mit und diskutieren über das Wesen dieses so heterogenen Halbkantons, über seine schwierige Beziehung zur Stadt Basel und natürlich über die Eigenheiten der Baselbieter Mundart.
Man sagt, Baselbieter und Baselbieterinnen können nicht richtig «joo» sagen, sondern halten sich mit dem ausweichenden «mir wäi luege...» zurück. Nach der Sendung wissen wir mehr.
Moderatorin ist die Oberbaselbieterin Seraina Degen, bekannt als Sportredaktorin bei SRF. Die sprachliche Fachexpertise bringt SRF-Mundartredaktor Markus Gasser ein, kein Baselbieter zwar, aber als Schwarzbube in der unmittelbaren Nachbarschaft aufgewachsen.
5.10.2023 • 1 Stunde, 50 Protokoll, 57 Sekunden
Kevin ist mehr als ein Name!
Viele Namen lösen ganz bestimmte Assoziationen aus. Zum Beispiel das Vorurteil, Kevins seien unterdurchschnittlich intelligent. Ein bedauerliches Missverständnis. Aber wie ist es dazu gekommen? Und welche Vorstellungen existieren von Menschen, die Heidi heissen oder Reto oder Chantal?
Gewisse Assoziationen werden allein durch den Klang eines Namens ausgelöst. Dass wir eine «Mia» tendenziell sympathisch und lustig finden, einen «Patrick» dagegen eher laut und dominant, liegt an unserer Bewertung von «weichen» und «harten» Konsonanten. «Kevin» dagegen hat den schlechten Ruf vom Boom dieses Namens in den 90er Jahren. Aber ist Kevin wirklich ein Name aus der Unterschicht? Und was macht der Ruf eines Namens mit seinem Träger? Markus Gasser und Nadia Zollinger von der SRF-Mundartredaktion nehmen Vorurteile gegenüber Vornamen genauer unter die Lupe und entdecken Schubladen im eigenen Kopf. Vom «Söiniggel» bis zum «huere Michi».
Familiennamen, die an Geld erinnern
Gabriela Bart vom Schweizerischen Idiotikon fasst in ihrem Beitrag die Namen Pfenninger, Schatzmann und Guldimann zusammen, weil alle drei Namen ihren Ursprung in Geldangelegenheiten haben. Pfenninger und Pfenniger sind Berufsnamen. Die ersten Pfenni(n)ger waren Beamte, die Geld einkassierten. Schatzmann ist ein Berufsname für einen Steuereinzieher oder Schätzer. Aber auch ein Übername für eine reiche oder liebenswürdige Person ist denkbar. Guldimann und die Variante Guldenmann ist entweder ein Berufsname für einen Goldschmied oder Vergolder oder ein Übername für eine reiche Person.
28.9.2023 • 56 Protokoll, 48 Sekunden
Theater-Klassiker Antigone auf Schweizerdeutsch
Durch die Übersetzung ins Basel- und Berndeutsche wird die alte Tragödie topaktuell. Die moderne Mundart wirkt unmittelbarer auf das Publikum als gestelztes Bühnendeutsch.
Am Theater Basel wird aktuell das fast 2500 Jahre alte Stück «Antigone» von Sophokles aufgeführt. Allerdings nicht auf Hochdeutsch, wie das an Deutschschweizer Theatern üblich ist, sondern im Dialekt.
Konkret hat Lucien Haug die klassische Tragödie ins Baseldeutsche und ins Berndeutsche übersetzt. Die beiden Dialekte verteilen sich auf die beiden Fraktionen, die in «Antigone» die zentrale Frage verhandeln: Was ist wichtiger? Weltliches Recht und Disziplin oder göttliches Recht und die Familie?
Antigone spricht Berndeutsch, Kreon Baseldeutsch
Während Kreon, der König von Theben und seine Leute Baseldeutsch sprechen, reden Antigone und ihre Unterstützer Berndeutsch. Das Stück spielt gleichzeitig im antiken Griechenland und in der heutigen Deutschschweiz.
Durch popkulturelle Bezüge, nicht zuletzt die Rivalität zwischen FC Basel und Young Boys Bern, bringt der Text das Publikum immer wieder zum Schmunzeln – aber auch zum Nachdenken.
Warum sich Regisseur Antú Romero Nunes und Übersetzer Lucien Haug ausgerechnet diesen alten Stoff vorgenommen haben und wie das Resultat tönt, hören Sie im Beitrag von André Perler.
Schöne Schimpfwörter
Später in dieser Sendung stellt Markus Gasser ein kleines, feines Büchlein mit vielen dialektalen Schimpfwörtern aus dem ganzen deutschen Sprachraum vor: Da finden sich der «Breznsoiza», der «Bullerballer» oder der «Halbdackel».
Ausserdem in der Sendung: Erklärungen zum Mundartwort «verquante» und zum Walliserdeutschen Ausdruck «vellig a Schuppu» sowie zum Familiennamen Kissling.
Hinweise:
* Antigone. Eine Tragödie nach Sophokles in einer Fassung auf Schweizerdeutsch von Lucien Haug, Schauspielhaus Basel (Vorstellungen noch bis Ende 2023: https://www.theater-basel.ch/de/antigone )
* Andrea Schomburg: Schimpfwörter, die es nicht auf Hochdeutsch gibt. Dumont-Verlag 2023.
21.9.2023 • 57 Protokoll, 20 Sekunden
«Sprachenland Schweiz» im Landesmuseum
Das Landesmuseum Zürich widmet der vier- und vielsprachigen Schweiz eine innovativ gestaltete Ausstellung.
«Eine sinnliche und unterhaltsame Reise durch die Schweizer Sprachenlandschaft» verspricht das Landesmuseum im Pressetext – und dieses Versprechen wird schon nach wenigen Minuten in dieser Ausstellung eingelöst.
Eine besondere Sinneserfahrung ist sie, weil der grösste Teil der Inhalte akustisch und als Audiodialog über einen Kopfhörer vermittelt wird, den alle Besuchenden am Eingang aufgesetzt bekommen. Hat man ihn auf, wandelt in einer Klang- und Dialogwolke durch die Ausstellung: ein innovatives Konzept, das nur mit einem höchst aufwendigen System zur Bewegungsverfolgung aller einzelnen Besuchenden möglich ist. je nachdem, wo man im Raum steht, hört man unterschiedliche Klänge, Kommentare zu den Exponaten, oder man kann in einer virtuellen Bahnhofshalle die Gespräche anderer belauschen.
In drei Teilen thematisiert die Ausstellung die Schweiz und ihre Sprachen: Von den einzelnen Mundarten über die Entstehung der offiziell viersprachigen Schweiz zur Politisierung der Sprachregionen (Stichwort «Röstigraben») und zur modernen, viel- statt nur viersprachigen Schweiz, in der auch zahlreiche migrantische Sprachen nebeneinander vorkommen und sich vermischen.
In der Sendung begeben wir uns auf einen Rundgang durch die Ausstellung und sprechen mit den Verantwortlichen beim Landesmuseum. Ausserdem erklären wir das Mundartwort «gällig», den Flurnamen Büffelberg und den Familiennamen Wangeler.
Veranstaltungshinweis:
* Ab 15.9.: Ausstellung «Sprachenland Schweiz » im Landesmuseum.
14.9.2023 • 57 Protokoll, 11 Sekunden
Vornamenmoden: Noah ist der neue Hans
In der Vornamenhitparade 2022 stehen bei den Buben Noah, Liam und Leon, bei den Mädchen Emma, Mia und Sofia zuoberst auf dem Treppchen. Seit rund 20 Jahren werden immer wieder die gleichen Vornamen am häufigsten vergeben. Und trotzdem ist die Namenvielfalt bei Neugeborenen so hoch wie noch nie!
Denn Individualität und Exklusivität sind heute wichtige Kriterien bei der Namenwahl. Vor 100 Jahren war das noch fundamental anders. Damals prägten verschiedene Traditionen die Namengebung bei Neugeborenen. Beispielsweise die Nachbenennung, also dass ein Mädchen nach der Mutter, der Grossmutter oder der Gotte benannt wurde. Solche Traditionen führten noch früher, zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert, zu einer Verarmung der Namenvielfalt - was wiederum interessante Folgen für die Vornamengebung hatte.
Markus Gasser und Nadia Zollinger aus der SRF-Mundartredaktion blicken in Geschichte und Gegenwart der Vornamenmoden. Dass ihre Namen «Markus» und «Nadia» auf den heutigen Beliebtheitsskalen «unter ferner liefen» rangieren, stört die beiden nicht. Denn «Emma» beweist: Es gibt grosse Revivals!
Was hat der Familienname «Bärtschi» mit einem Bären zu tun?
Nichts, weiss Idiotikonredaktor Sandro Bachmann! Denn «Bärtschi». «Bärtsch», «Bertsch» und «Bätschi» sind Vaternamen und gehen auf den Rufnamen «Berchthold» bzw. «Berthold» zurück. Dieser ist zusammengesetzt aus althochdeutsch «beraht» ('hell, glänzend', vgl. engl. «bright») und «walt» (von «waltan» 'walten, herschen'). Es handelt sich um Koseformen mit einer Endung «tsch», teilweise mit einer weiteren Endung «-i», die wiederum Koseformen bildet. Die Namen sind in Graubünden und St. Gallen altverbürgert.
7.9.2023 • 56 Protokoll, 55 Sekunden
Maria Lauber zum Vierten
In diesen Tagen erscheint der vierte Band der Erweiterten Neuausgabe des Gesamtwerks von Maria Lauber mit den Gedichten in Frutiger Mundart. Darin zeigt sich eine hochsensible und zerbrechliche Autorin zwischen Fernweh und Heimatverbundenheit, deren Sprachmächtigkeit ihresgleichen sucht.
Maria Lauber wächst in einfachen bäuerlichen Verhältnissen auf. Ihre Erziehung ist streng religiös, was sie ein Leben lang nie ganz freilässt. Ängste, nicht zu genügen oder sich versündigt zu haben, quälen sie zeitlebens. Gleichzeitig aber schafft sie ein Werk, das zum Bedeutendsten gehört, was es an Schweizer Mundartliteratur im 20. Jahrhundert gibt. Und einen ganz besonderen Platz nehmen dabei die Gedichte ein. Die Kulturstiftung Frutigland und der Zytglogge-Verlag ermöglichen nun die Wiederentdeckung eines einzigartigen lyrischen Werks.
31.8.2023 • 55 Protokoll, 13 Sekunden
Magazin: Wir verhunzen, beschimpfen oder kosen
Bezeichnungen für Männer und Frauen sind selten neutral. Öfter überdrehen wir Namen, machen daraus Schimpf- oder Kosenamen. Rund um Fragen der Hörerinnen und Hörer gibt es eine Reihe toller Geschichten zu entdecken.
Berner sagen einer Cornelia «Conne» oder einem Michael «Michu». Eine Person kann als Gröggel, als Hanöögg oder als Gröibeli bezeichnet werden. Wie ist es dazu gekommen und was bedeuten sie? Sind die richtigen Personennamen zu langweilig, werden Emotionen beigefügt und Übernamen entstehen – positive wie negative.
Kose-, Über- und Schimpfnamen führen durch das heutige Dini-Mundart-Magazin. Mundartredaktor Christian Schmutz ist live bei Mike LaMarr im Studio. Er zeigt anhand der Hörerfragen auf: Namen und ihre Anpassungen prägen unsere Sprache.
Im zweiten Teil des Magazins geht Musikredaktor Claudio Landolt einem rätoromanischen Ad-hoc-Lied von Stefanie Heinzmann auf den Grund. Der Familienname Dicht wird ausgedeutscht und die uralte Kunst des Erzählens folgt als aktueller Mundart-Tipp.
24.8.2023 • 56 Protokoll, 48 Sekunden
Sommerserie exotische Flurnamen 6 - Afrika
In der Schweiz gibt es über 30 «Amerikas», 23 «Bethlehems», fünf «Sibirien» und sogar eine «Mandschurei». Die Schweizer Flurnamenlandschaft ist voll von exotischen Namen. Aber wie ist die weite Welt in die Namen von Schweizer Feldern, Wäldern und Siedlungen gekommen? Heute: Afrika.
Während der Sommerwochen reist die SRF-Mundartredaktion durch die Welt der exotischen Flurnamen in der Schweiz und macht dabei auf allen fünf Kontinenten halt.
In der sechsten und letzten Folge erklären Markus Gasser und Christian Schmutz Schweizer Orts- und Flurnamen, die Bezug zu Afrika nehmen. Dabei spielt, ausser dem Kontinentnamen «Afrika» selber, insbesondere Nordafrika eine Rolle mit Flurnamen wie «Ägypte», «Tripolis», «Algier», «Tunis» oder «Dschibuti».
Solche exotisch anmutenden Orts- und Flurnamen haben äussere Gründe (Temperaturen oder geografische Lage), beruhen auf Wortspielen und Sprachwitz oder sie verweisen auf einen tatsächlichen Bezug zu dem Ort. Hören Sie die Geschichten hinter den Namen in der Sendung!
17.8.2023 • 56 Protokoll, 41 Sekunden
Sommerserie exotische Flurnamen 5 - Norden und Osten
In der Schweiz gibt es über 30 «Amerikas», 23 «Bethlehems», fünf «Sibirien» und sogar eine «Mandschurei». Die Schweizer Flurnamenlandschaft ist voll von exotischen Namen. Aber wie ist die weite Welt in die Namen von Schweizer Feldern, Wäldern und Siedlungen gekommen? Heute: Norden und Osten.
Während der Sommerwochen reist die SRF-Mundartredaktion durch die Welt der exotischen Flurnamen in der Schweiz und macht dabei auf allen fünf Kontinenten halt.
In der fünften Folge erklären André Perler und Markus Gasser Schweizer Orts- und Flurnamen, die auf den Hohen Norden, auf Russland, Asien oder Ozeanien verweisen. Darunter finden sich «Nordpol», «Sibirie», «Moskau», «Himalaia» oder «Neuseeland». Auch die «Chinesische Mauer» und die «Mandschurei» finden sich in der Schweiz.
Diese exotisch anmutenden Orts- und Flurnamen haben äussere Gründe (Temperaturen, geografische Lage, Formähnlichkeit), beruhen auf Wortspielen oder verweisen auf einen tatsächlichen Bezug ins Ausland. Hören Sie die Geschichten hinter den Namen in der Sendung!
In der Schweiz gibt es über 30 «Amerikas», 23 «Bethlehems», fünf «Sibirien» und sogar eine «Mandschurei». Die Schweizer Flurnamenlandschaft ist voll von exotischen Namen. Aber wie ist die weite Welt in die Namen von Schweizer Feldern, Wäldern und Siedlungen gekommen?
Während der Sommerwochen reist die SRF-Mundartredaktion durch die Welt der exotischen Flurnamen in der Schweiz und macht dabei auf allen fünf Kontinenten halt.
In dieser Sendung geht es um Flurnamen wie das «Dänental» im Kanton Thurgau, die scheinbar mit den Staatsangehörigen fremder Länder zu tun haben. Wir fragen: Gab es wirklich Dänen im «Dänental»? Wo sind die Italienerinnen in «Les Italiennes» (FR)? Warum gibt es im Kanton Baselland «Schwedenlöcher»? Und welche historischen Übrigbleibsel finden wir in Namen wie «Russenschanze» oder «Polewägli»?
Den vielseitigen Ursprüngen dieser Namen, die viel Historisches und einiges an Kuriosem zutage fördern, gehen wir in der Sendung nach.
3.8.2023 • 56 Protokoll, 55 Sekunden
Sommerserie exotische Flurnamen 3 – Naher Osten
In der Schweiz gibt es über 30 «Amerikas», 23 «Bethlehems», fünf «Sibirien» und sogar eine «Mandschurei». Die Schweizer Flurnamenlandschaft ist voll von exotischen Namen. Aber wie ist die weite Welt in die Namen von Schweizer Feldern, Wäldern und Siedlungen gekommen? Heute: Naher Osten.
Während der Sommerwochen reist die SRF-Mundartredaktion durch die Welt der exotischen Flurnamen in der Schweiz und macht dabei auf allen fünf Kontinenten halt.
Christi Geburt in Bern? Sarazenen in Pontresina?
In der dritten Folge erklären Christian Schmutz, André Perler und Simon Leuthold Namen, die wirklich oder vermeintlich aus dem Nahen Osten stammen. Hinter Türkei und Türkegrund steht entweder die nichtchristliche Distanz zur einheimischen Welt oder «Türgg» als Mais.
Weit entfernt und ärmlich könnte das Motiv für Bethlehem gewesen sein, auch durch die lautliche Nähe von «Bethlehem» mit «Bettelheim». Und nein, die Sarazenen waren nicht in Pontresina. Erklärungen gibt es auch zu Libanon im Luzernischen sowie Totmeer, Rotmeer und Schwarzmeerli, alle in der Deutschschweiz vorkommend.
27.7.2023 • 56 Protokoll, 41 Sekunden
Sommerserie exotische Flurnamen 2 - Europa
In der Schweiz gibt es über 30 «Amerikas», 23 «Bethlehems», fünf «Sibirien» und sogar eine «Mandschurei». Die Schweizer Flurnamenlandschaft ist voll von exotischen Namen. Aber wie ist die weite Welt in die Namen von Schweizer Feldern, Wäldern und Siedlungen gekommen? Heute: Europa.
Während der Sommerwochen reist die SRF-Mundartredaktion durch die Welt der exotischen Flurnamen in der Schweiz und macht dabei auf allen fünf Kontinenten halt.
In der zweiten Folge erklären André Perler, Simon Leuthold und Christian Schmutz Namen aus Europa, darunter etliche «Frankriich(li)» und «Paris», das «Elsässli» (Derendingen SO), den «Vesuv» (Heiligenschwendi BE) den «Rombach» (Amden SG) und «Venedig» (Sursee LU), Dazu kommen die beiden Inselnamen «Helgoland» (Nesslau SG) und «Elba» (Wald ZH).
Diese Fluren kamen aus ganz unterschiedlichen Gründen zu ihren Namen, zum Beispiel wegen einer äusseren Ähnlichkeit, wegen ihrer Lage, wegen ihrer Bewohnerinnen und Bewohner (Elsässli) oder wegen bestimmten Assoziationen (z.B. Frankreich als Land des Überflusses).
20.7.2023 • 56 Protokoll, 40 Sekunden
Sommerserie exotische Flurnamen 1 - Amerika
In der Schweiz gibt es über 30 «Amerikas», 23 «Bethlehems», fünf «Sibirien» und sogar eine «Mandschurei». Die Schweizer Flurnamenlandschaft ist voll von exotischen Namen. Aber wie ist die weite Welt in die Namen von Schweizer Feldern, Wäldern und Siedlungen gekommen? Heute: Nord- und Südamerika.
Während der Sommerwochen reist die SRF-Mundartredaktion durch die Welt der exotischen Flurnamen in der Schweiz und macht dabei auf allen fünf Kontinenten halt.
In der ersten Folge erklären Markus Gasser und André Perler Namen aus Nord- oder Südamerika, beginnend mit «Amerika» selbst und speziellen Erweiterungen wie «Amerikanerblätz» oder «Amerika-Egge».
Auch ein Schweizer «le brésil» finden wir, ein «Kanada» und ein «Buenosaires». Warum? Und was hat es mit den Bezeichnungen «Neuwelt» und «Neufundland» genau auf sich? Interessant auch der Quartiername «Surinam», den es in Basel und in Genf gibt. Beide entstanden aus einem ganz ähnlichen Grund, der tief in die Kolonialgeschichte zurückgeht.
13.7.2023 • 57 Protokoll, 16 Sekunden
Ob vegan oder mit Fleisch: Es geht um die Wurst!
Immer mehr vegane Alternativen zu tierischen Produkten stehen in den Läden. Sie heissen «planted chicken breast» oder «Veganaise». Soll ein Tiername draufstehen, wo kein Fleisch drin ist? Was soll man sich umgekehrt unter einem «Pfannenquader» vorstellen? Und welche Namen sind überhaupt erlaubt?
Bei den Namen für vegane Fleischersatzprodukte herrscht derzeit noch Wildwuchs, trotz Richtlinien des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Markus Gasser und Nadia Zollinger von der SRF-Mundartredaktion diskutieren die Überlegungen von Herstellern und Interessengruppen. Die Grundfrage ist: Wie viel Tier darf oder soll im Produktenamen stecken?
Darüber hinaus werfen die beiden einen Blick auf Redewendungen wie «guet gmetzged», «es Hüendli rupfe» oder «mit dr Wurscht e Hamme abeschlaa». Warum und seit wann sind die Nutztierhaltung, das Schlachten von Tieren und das Essen von Fleisch in unserer Alltagssprache so tief verankert? Und wie gehen eigentlich Veganerinnen und Veganer mit dieser fleischlastigen Sprache um? Es geht in der Sendung also in vielerlei Hinsicht um die Wurst!
Familienname Gautschi - Schreihals oder Geldhändler?
Der Familienname Gautschi geht wohl auf das entsprechende schweizerdeutsche Wort Gautschi zurück, eine Bezeichnung für einen Schreier, einen gedankenlosen Schwätzer. Dass Übernamen, die eine Äusserungsweise von Personen bezeichnen, zu Familiennamen wurden, ist relativ verbreitet. Eine zweit Option ist, dass dem Namen das Wort Kawertsche zugrunde liegt, was im Spätmittelalter einen Geldhändler aus Südfrankreich bezeichnete und als Begriff in der Deutschschweiz gut belegt ist. Welche der beiden Möglichkeiten die historisch zutreffende ist, lässt sich nicht sicher sagen.
6.7.2023 • 56 Protokoll, 55 Sekunden
Ben Vatter: Gäggele
Der Berner Autor und Mundartkünstler Ben Vatter präsentiert in seinem neuen Buch Kolumnen und Lieder auf und über den Berner Dialekt.
Das Verb «gäggele» bezeichnet im Berndeutschen die pedantische, kleinliche Auseinandersetzung mit etwas. Und genau das tut Ben Vatter laut eigener Aussage mit seinem Berner Dialekt: Er schaut ganz genau hin, deckt scheinbare Absurditäten auf und wühlt freudig im Wörterbuch. Der Dialekt war stets das Thema seiner Kolumnen in der Berner Zeitung «Der Bund», die bis 2021 erschienen.
«Gäggele» ist nicht nur der Titel dieses Buchs, sondern auch von Ben Vatters letztem Bühnenprogramm, in dem er sowohl einige Kolumnentexte las als auch seine eigenen Mundartlieder spielte. Beides zusammen ist nun in diesem Buch versammelt, und auf der beiligenden CD kann man sämtliche Lieder und einen Teil der Kolumnen auch hören.
In der Sendung gibt Ben Vatter Auskunft über den Dialekt als Spielzeug, über das Wörtchen «wi» als Unsitte – und auch darüber, wie man heutzutage noch einen kreativen Umgang mit Grössen wie Mani Matter finden kann.
Ausserdem erklären wir die Orts- und Flurnamen «Brotheiteri» und «Fühler» sowie den Familiennamen Fausch, und wir stellen das Buch «Ein Quantum Toast» der Zuger Autorin Judith Stadlin vor.
Buchhinweise:
* Ben Vatter: Gäggele. Vatter und Vatter 2023.
* Judith Stadlin: Ein Quantum Toast. Zytglogge 2023.
29.6.2023 • 56 Protokoll, 29 Sekunden
Die letzte Mundartnacht!
«Gägäwärt» ist allen Kennern der Mundartkultur zum Begriff geworden. Immer im Frühling treffen sich Mundartkünstlerinnen und Mundartkünstler aus allen erdenklichen Sparten zu einem gemeinsamen Abend in der Kulturfabrik Kofmehl in Solothurn. Die diesjährige, zwanzigste Ausgabe war die letzte.
Noch einmal vereinen sich junge Slammerinnen, erfahrende Kabarettisten und Spoken-Word-Künstlerinnen sowie ein Schriftsteller und ein Musiker zu einem gemeinsamen Abend der Mundartwortkunst.
Der zwanzigste und letzte Jahrgang hat es in sich: Dem mittlerweile älter gewordenen und nicht mehr ganz so zahlreich wie früher erscheinenden Publikum werden ungeschminkt Weltpolitik und Gesellschaftskritik zugemutet: Verschwörungserzählungen, Mutterschafts- und Vaterschaftsbürden, Erinnerungen an den toten Vater und wie jemand das Weinen besiegen lernte. Die Lage ist auch auf der Bühne des Kofmehl ernst, bleibt aber erträglich - dem Humor seis gedankt.
Zu hören sind in der Sendung Simon Chen, Bänz Friedli, Stefanie Grob, Remo Zumstein, Julia Steiner und Fine Degen mit Ausschnitten aus ihrem jeweiligen Auftritt.
«Die Frau isch sones Tuech!»
Woher kommt das Schimpfwort «Tuech» für eine Frau? Und warum sprechen Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer Anglizismen falsch aus, Stichwort «Lohndömping» und «Nau Hau»? Diesen Fragen an den SRF-Briefkasten geht Mundartredaktor Markus Gasser nach.
Familiennamen Weder, Werder, Gwerder
Die Familiennamen Werder, Gwerder und Weder sind Wohnstättennamen und stammen vom heute ausgestorbenen Wort Werd, das «Insel (zwischen zwei Flussarmen)» bedeutet. Solche Inseln gab es vor den Flusskorrektionen vielerorts. In der Form Gwerder geht der Name zurück auf die Kollektivbezeichnung Gwerd «Ort mit mehreren Inseln». Der Name Weder stammt aus dem St. Galler Rheintal, in dessen Dialekten das R vor den Konsonanten D, T regelmässig ausfällt.
22.6.2023 • 53 Protokoll, 3 Sekunden
Lieber ein «Eopeotöotli» oder ein «Bio a de Bao»?
In der Serie «Dialektratis» analysieren Markus Gasser und Nadia Zollinger von der Mundartredaktion diesmal die Dialekte der Nordostschweiz, also der Kantone Schaffhausen, Thurgau und teilweise Sankt Gallen und Zürich.
Ihre Leitfragen: Woran erkenne ich jemanden aus dieser Region? Wie kann ich innerhalb der Region unterscheiden?
Unverkennbar für diesen Sprachraum ist die Mischung aus «hellen» Vokalen und dem Zäpfchen-r, das typischerweise auf dem Zungenrücken gebildet wird. Stichwort «Eopeotöotli» oder «es Bio a de Bao».
Nicht ganz so leicht ist es, Menschen aus Schaffhausen, dem Thurgau und Sankt Gallen sprachlich auseinanderzuhalten. Zwar wird die Nordostschweiz von einer Nord-Süd- und einer Ost-West-Grenze sprachlich gevierteilt – aber nicht entlang der Kantonsgrenzen. Dennoch gibt es Anhaltspunkte: Wenn Beat Breu vom «Lengger» spricht, muss er von östlich der sogenannten «Beggeli-Grenze» kommen. Und die Sänger der Mundartbands «Min King» und «Stahlberger» verraten etwas über ihre Herkunft, wenn der eine in einem Song «nid» singt, der andere «nöd».
Mit auf die Reise kommen viele musikalische «Zückerli» und Beispiele für typische Dialektwörter der Region, die Hörerinnen und Hörer geschickt haben. «Enart supo!»
Familiennamen mit dem Motiv «Baum»
Matthias Friedli vom Schweizerischen Idiotikon erläutert gleich mehrere Familiennamen, die ihr Herkunftsmotiv von einem Baumnamen teilen. Alle sind Wohnstättennamen, also ursprünglich nach dem Wohnort des ersten Namenträgers bei einem entsprechenden Baum benannt. Erklärt werden «Tanner», «Wyden» (wie auch «Wyder», «Wydler», «Wiedler», «Widler»), «Buchs» resp. «Buchser», «Hasler», auch «Hassler» geschrieben und «Lerch».
15.6.2023 • 56 Protokoll, 56 Sekunden
Der (Mundart-) Schauspieler Ueli Jäggi
Ueli Jäggi gehört zu den besten Schauspielern der Schweiz. Und auch zu den gefragtesten Mundartschauspielern. Der Zonser Darstellerpreis, den er gerade für die Darstellung der Hauptrolle im SRF-Mundarthörspiel «Herrgottsbetong» erhalten hat, zeigt Ueli Jäggis Stellenwert und Qualität.
Ueli Jäggi schaut auf eine lange und erfolgreiche Theaterkarriere zurück. Als Teil der Gruppe um den Theaterregisseur Christoph Marthaler geniesst er seit Jahrzehnten grösstes internationales Renommee. Nicht anders ist das im Hörspielbereich, der in der Schweiz einem grossen Teil im Mundartbereich stattfindet. Auch dort zählt Ueli Jäggi zu den festen Grössen und ist auch insofern ausserordentlich gefragt, als dass es kaum einen Dialekt gibt, den er nicht kann. Was steckt hinter dieser Begabung? Und wie eignet man sich einen neuen Dialekt an? Im Gespräch mit Literaturredaktor Michael Luisier erzählt Ueli Jäggi von seiner Arbeit als Schauspieler im Mundartbereich und davon, dass diese nichts mit Imitation zu tun hat, sondern mit dem Ergründen der Seele einer Sprache.
8.6.2023 • 57 Protokoll, 11 Sekunden
Berta Thurnherr und Anna Frey an den Solothurner Literaturtagen
Die Diepoldsauer Mundartdichterin Berta Thurnherr und die Zürcher Musikerin und Spoken-Word-Künstlerin Anna Frey trafen sich anlässlich der Solothurner Literaturtage zum Mundart-Generationentalk.
Berta Thurnherr (*1946) ist im Rheintal eine bekannte Dialektgrösse: Die Autorin hat schon zahlreiche Bücher mit Geschichten und Gedichten auf Diepoldsauer Mundart veröffentlicht, zuletzt den Band «Rundum Rii» (2023). Neben der Spielerei mit der Sprache interessiert sie vor allem auch der Klang ihrer speziellen Mundart.
Anna Frey (*1987) tritt seit 20 Jahren als Mundart-Rapperin auf, vor allem im Duo «Anna&Stoffner», im Spoken-Word-Anthologieband «Wortknall» wurden zwei Mundarttexte von ihr veröffentlicht, und nun erscheint ein erster Gedichtband von ihr mit Texten auf Hochdeutsch.
Anlässlich der Solothurner Literaturtage trafen sich Berta Thurnherr und Anna Frey live vor Publikum zum Gespräch darüber, wie sie Mundart für ihre Kunst nutzen, über die Musik im Wort und darüber, wie das Politische in ihre Kunst einfliesst. Beide bringen auch aktuelle Textbeispiele aus ihrem Werk mit.
Buchhinweise:
* Berta Thurnherr: Rundumm Rii. Der gesunde Menschenversand 2023.
* Anna Frey: So eine ist sie. Verlag die Brotsuppe 2023.
* Wortknall (Anthologie). Der gesunde Menschenversand 2021.
1.6.2023 • 57 Protokoll, 8 Sekunden
«Fremdwörter sind nicht mein Rechaud!»
Manchmal sind Wörter nicht das, was sie zu sein scheinen. Das Wetterleuchten zum Beispiel hat etymologisch gar nichts mit «leuchten» zu tun. Aber unser allgemeines Sprachempfinden knüpft gern Verbindungen, wo historisch betrachtet keine existieren. Das Phänomen nennt sich Volksetymologie.
Volksetymologie ist wie die Verballhornung und der Malapropismus eine Art, absichtlich oder unabsichtlich Wörter zu verwenden, die zwar korrekt tönen, mit denen man aber knapp daneben liegt. Besonders mit Fremdwörtern kann man sich leicht plombieren! Diese Falschverwendung eines Wortes heisst Malapropismus. «Afflikat» dagegen, wie man früher im Dialekt für Advokat sagte, zählt zu den Verballhornungen. Ein Thema wie geschaffen für Nadia Zollinger und Markus Gasser von der Mundartredaktion. Hinter den Fachbegriffen stecken nämlich oftmals schöne Wortgeschichten! Das Wetterleuchten, in der alten Mundart «wätterläichne» ausgesprochen, ist nämlich ursprünglich und wörtlich ein «Wettertanz»!
Familienname Gabi
Idiotikonredaktor Matthias Friedli erläutert, warum der Familienname Gabi nicht auf den weiblichen Vornamen Gabriela, sondern auf eine männliche Kurzform von Gabriel zurück geht. Der Familienname ist einzig in Niederbipp BE altverbürgert, aber in Quellen des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit weiter verbreitet.
25.5.2023 • 53 Protokoll, 15 Sekunden
Magazin: Stellen Sie Ihre Mundartfrage!
Viele Leute haben Fragen zu Wörtern und Wendungen der schweizerdeutschen Dialekte. Bringen Sie Ihre Frage ein! Unsere Mundartexperten sind im Studio und beantworten möglichst viele der eingegangenen Erkundigungen.
Von wo kommt der Ausdruck «henusode»? Warum nennt man den Lehrling auch «Stift»? Wieviel fasste früher das Mass «es Mütt»? Es gibt kaum etwas, was man nicht fragen kann.
Solche Mundartfragen können Sie am 18.5. auf den Anrufbeantworter sprechen – und schon gibts zwei Stunden lang live aus dem Studio Antwort. Die SRF-Mundartspezialisten André Perler und Christian Schmutz zeigen auch auf, wie sie zu richtigen oder zu möglichst wahrscheinlichen Antworten kommen.
Anrufbeantworter für Fragen: 0848 33 99 33. Einzige Auflage: Diesmal werden nur Wörter und Wendungen und keine Namen erklärt.
18.5.2023 • 55 Protokoll, 33 Sekunden
Magazin: Stellen Sie Ihre Mundartfrage!
Viele Leute haben Fragen zu Wörtern und Wendungen der schweizerdeutschen Dialekte. Bringen Sie Ihre Frage ein! Unsere Mundartexperten sind im Studio und beantworten möglichst viele der eingegangenen Erkundigungen.
Von wo kommt der Ausdruck «henusode»? Warum nennt man den Lehrling auch «Stift»? Wieviel fasste früher das Mass «es Mütt»? Es gibt kaum etwas, was man nicht fragen kann.
Solche Mundartfragen können Sie am 18.5. auf den Anrufbeantworter sprechen – und schon gibts zwei Stunden lang live aus dem Studio Antwort. Die SRF-Mundartspezialisten André Perler und Christian Schmutz zeigen auch auf, wie sie zu richtigen oder zu möglichst wahrscheinlichen Antworten kommen.
Anrufbeantworter für Fragen: 0848 33 99 33. Einzige Auflage: Diesmal werden nur Wörter und Wendungen und keine Namen erklärt.
18.5.2023 • 1 Stunde, 50 Protokoll, 38 Sekunden
Felix Stöckli: «Siripili» oder «ärdige Wii»?
Der Nidwaldner Mundartdichter Felix Stöckli war in den 70er Jahren federführend bei der Stanser Kabarettgruppe «Scharihiender», hat Lieder, Gedichte, Geschichten und sogar eine Ländlermesse auf Mundart geschrieben. Nun wird ihm in Stans eine szenisch-musikalische Hommage gewidmet.
Seine deutsche Mutter hatte es dem Rest der Familie jeweils verboten, zu Hause Dialekt zu sprechen: Zu rau sei ihr die die Sprache gewesen oder, wie Felix Stöckli sagt, «puirätiitsch» – bauerndeutsch. Zur Mundart als Kunstsprache hat der ausgebildete Mittelstufenlehrer, Katechet und kirchliche Gemeindeleiter erst viel später, in den 70er Jahren durch das Kabarett «Scharihiender». Das politische Kabarett war ihm ein willkommener Ausgleich zu seinem sonst sehr ernsthaften Berufsalltag.
Nach und nach schuf er aber neben kabarettistischen auch lyrische Texte, schrieb Mundargeschichten und 2007 sogar den Text für eine Ländlermesse – die letztes Jahr im Petersdom in Rom aufgeführt wurde und eine kleine Kontroverse auslöste.
Im Chäslager Stans entsteht unter der Regie von Buschi Luginbühl eine szenische und musikalische Hommage an Felix Stöckli mit dem Titel «Siripili oder ärdige Wii?» – eine Anspielung auf ein Zitat von Stöckli, nach dem Menschen, denen die Stanser Mundart zu grobschlächtig sei, eben auch solche seien, die im Restaurant statt einem «ärdige Wii» ein «Siripili» bestellen.
In der Sendung hören wir in eine Probe von «Siripili oder ärdige Wii» hinein und Felix Stöckli erzählt, wie er diese Hommage an ihn selbst wahrnimmt. Ausserdem erklären wir die Mundartausdrücke «verlächnet» und «Mäusi» sowie den Unterschied zwischen «ab und zu» und «ab und an» und den Familiennamen Waser.
Veranstaltungshinweis:
* «Siripili» oder «ärdige Wii»? Hommage an den Stanser Mundartdichter Felix Stöckli. Aufführungen am 19., 20. und 21. Mai im Chäslager Stans .
11.5.2023 • 57 Protokoll, 12 Sekunden
«Deppenleerschlag» und «Deppenapostroph»
«Abo's an der Kino Kasse». Abos mit Apostroph und Kinokasse in zwei Wörtern. Beides ist laut Duden falsch. Beide Phänomene erobern seit Jahren die deutsche Schriftsprache. Sie werden gerne abschätzig als «Deppenapostroph» und «Deppenleerschlag» bezeichnet. Zurecht?
Darüber diskutieren Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion. Geht die Rechtschreibwelt bald unter oder ist das alles halb so schlimm? Klar ist, dass die unmotivierte Wortlücke und das unscheinbare Hochkomma Emotionen wecken. Viele regen sich über Packungsbeschriftungen wie «Apfel Saft» oder «Kicher Erbsen» auf, genauso wie über Menütafeln, auf denen «Pizzas» und sogar «Salats» angeboten werden. Und bei Extremfällen wie «Mamis», «Ananas» und «Mandeln» gerät sogar Markus Gasser ins Grübeln, der ansonsten die aktuellen Sprachphänomene eher gelassen einordnet. Woher kommen diese Fehler plötzlich? Und wie lauten eigentlich die Regeln für das Apostroph und bei zusammengesetzten Wörtern? Wer zu den vielen Verunsicherten gehört: In dieser Episode werden «Bildungs Lücken» gefüllt.
Familiennamen Bühler, Büchler, Ebneter und Engeloch
This Fetzer, Redaktor beim Schweizerdeutschen Wörterbuch, erklärt eine Reihe von Familiennamen, die auf Geländeformen zurückgehen.
Die Namen Bühler und Büchler sind Wohnstättennamen für eine Familie, die an einem Bühl, das heisst einem «Hügel», lebte. Das mittelhochdeutsche Wort bühel wurde in manchen Dialekten zu Büel, in anderen zu Büchel. Weil es Hügel fast überall gibt, kommt auch der Familienname Bühler an vielen Orten vor, Büchler ist etwas seltener.
Ebneter und die Nebenform Ebnöther gehen zurück auf das Dialektwort Äbnet, das «Ebene» bedeutet. Höfe an ebenen Stellen wurden verschiedenenorts zu Familiennamen.
Der Familienname Engeloch ist in Wattenwil im Gürbetal einheimisch, geht aber zurück auf den Hof Engiloch in der Gemeinde Wald BE. Engiloch bedeutet «enger Graben» oder «Vertiefung bei einer Enge», und tatsächlich liegt dieser Hof über einem engen Graben.
4.5.2023 • 57 Protokoll, 2 Sekunden
Dominic Oppliger: giftland
Im neuen Mundartroman des Zürcher Autors merkt ein junger Schweizer Musiker auf US-Tournee, dass das Musikerleben «on the road» bei weitem nicht so glamourös ist, wie er sich das ausgemalt hatte.
Für Sämi geht ein Traum in Erfüllung – meint er zunächst. Der junge Schlagzeuger, die Hauptfigur in Dominic Oppligers Roman, wird von einer befreundeten Band spontan angefragt, ob er sie auf der Tournee durch die USA begleitet. Doch was sich Sämi romantisch als Rockstarleben vorstellt – Konzerte, Groupies, Feiern bis spät in die Nacht –, entpuppt sich hauptsächlich als dröge, repetitive Autofahrerei durch die US-amerikanische Provinz: «chunt en see, chunt e böschig, en boozschtäg, e böschig, schilf, zägg böschig, en graureier flüügt uuf, böschig, e weid, zägg böschig »
Die Flucht vor seinem langweiligen Schweizer Leben gelingt ihm nicht: Sämi wirkt in den Staaten genau so verloren, wie in seinen Erinnerungen an das Leben daheim. Zumindest so lange, bis ihm die zündende Idee kommt: Wenn alles Repetition ist «wienen Loop», warum dann nicht einmal versuchen, das Leben rückwärts zu leben?
Dominic Oppliger, der früher selbst als Musiker aktiv und mit verschiedenen Bands auf Tour war, entzaubert in einer jungen, frischen Mundart den Mythos vom rauschenden Musikerleben. In der Sendung sprechen wir mit Dominic Oppliger über seinen Roman, über die Musik in der Mundart und darüber, wo Sämis Verlorenheit eigentlich herkommt.
Ausserdem erklären wir in der Sendung die Mundartausdrücke «goppeletti», «Weiss de Schinder» und den Familiennamen Schraner.
Buchhinweis:
* Dominic Oppliger: giftland. Der gesunde Menschenversand 2023, 250 Seiten.
27.4.2023 • 55 Protokoll, 12 Sekunden
tüet nid z wüescht: eine «gymerliebi» in den 60ern
In seinem Mundartroman erzählt Hans Jürg Zingg eine Geschichte des Erwachsenwerdens in einer Schweizer Kleinstadt in den 1960er-Jahren. Besonders die Liebesgeschichte zwischen zwei Jugendlichen zieht die Leserin und den Leser in ihren Bann.
Mit knapp 80 Jahren hat der pensionierte Berner Gymnasiallehrer, Liedermacher, Kabarettist und Poetry-Slammer Hans Jürg Zingg seinen ersten Mundartroman veröffentlicht. In «tüet nid z wüescht» erzählt er die Geschichte des Gymnasiasten Schwander Schül.
Der «spouken wöörd roman» spielt Anfang der 1960er-Jahre «z gäbige am thunersee». Es geht ums Erwachsenwerden mit allem, was dazugehört: Schule, Liebe, Sexualität, Berufswünsche, Beziehung zu den Eltern und so weiter.
Eine «gymerliebi» mit Hochs und Tiefs
Viel Platz im Roman nimmt die Liebesgeschichte zwischen dem unsicheren Schül und Änni, einer aufgeschlossenen und selbstbestimmten Bergbauerntochter aus dem Frutigtal, ein. Sehr authentisch erzählt Hans Jürg Zingg die «gymerliebi» zwischen den beiden, mit guten und weniger guten Zeiten.
Der Autor macht keinen Hehl daraus, dass es sich bei «gäbige am thunersee» um seine Heimatstadt Thun handelt und dass sein Roman viele autobiografische Züge aufweist. Dennoch sei die Geschichte zu 50 Prozent erfunden.
Mundartredaktor André Perler hat sich mit Hans Jürg Zingg an drei Schauplätze des Romans in Thun begeben, sich Ausschnitte aus dem Roman vorlesen lassen und mit dem Autor über das Buch und seine Jugend gesprochen.
Woher kommt das Wort «chääre»?
Ausserdem in der Sendung: Warum sagt man eigentlich «chääre» für 'streiten'? Was hat es mit dem Flurnamen Hutzle auf sich? Und was bedeutet der Familiennamen Brunner? Die Antworten gibt es im Schnabelweid-Briefkasten im zweiten Teil der Sendung.
Buch-Tipp:
Hans Jürg Zingg: tüet nid z wüescht. e gymerliebei vo synerzyt z gäbige am thunersee. spouken wöörd roman. Neptun-Verlag 2023.
20.4.2023 • 55 Protokoll, 32 Sekunden
Woran erkenne ich Walliserdeutsch?
Der Dialekt des Deutschwallis ist so exotisch, dass die Krimi-Serie «Tschugger» sogar in der Schweiz untertitelt werden musste. Dabei erkennt man diesen Dialekt leicht an seinem typischen Klang. Viel schwieriger ist für «Üsserschwizer» aber, Walliserinnen und Walliser tatsächlich zu verstehen.
Schaut man genauer hin, was typisch fürs Walliserdeutsch ist, dann sind es Wörter wie «dü» statt «du», «iischi Miisch» statt «üüsi Müüs» oder «Hopschul» für Frosch. Und wer findet, die Frage, ob das überhaupt noch Deutsch sei, ist übertrieben, der ziehe sich diesen Satz rein: «Der Güego aner Welbi mottot schich». Hochdeutsch wäre das «Der Käfer an der Decke bewegt sich». Die zwei Sätze sind so weit voneinander entfernt, als kämen sie aus zwei unterschiedlichen Sprachen!
Deshalb nehmen sich Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion in ihrer Serie «Dialektratis» diesmal Walliserdeutsch vor. Schaut man genauer hin, was typisch dafür ist, dann sind es Wörter wie «dü» statt «du», «iischi Miisch» statt «üüsi Müüs» oder «Hopschul» für Frosch.
Ziel der Episode ist herauszufinden, woran genau man jemanden aus dem Wallis erkennt und welche sprachlichen Unterschiede es innerhalb des Deutschwallis gibt. In diesem Fall hilft die Sendung aber vielleicht auch, kommunikative Hindernisse zwischen Wallisern und «dä hüere Grüezini» - das wären alle Nicht-Walliser - abzubauen.
Familienname Struchen
Struchen ist ein Vatername mit schwacher Genitivendung zum Namen Struch, bedeutet also «Sohn des Struch». Struch ist seinerseits als Übername zu interpretieren und kommt ebenfalls als Familienname vor. Für Struch gibt es zwei mögliche Benennungsmotive: Er ist entweder zum schweizerdeutschen Adjektiv struch «raue Zähne habend» oder zum schweizerdeutschen Verb struchen «streiten, kämpfen» gebildet. Die erste Person mit dem Namen Struch hatte also entweder auffällige Zähne oder hatte ein streitsüchtiges, zänkisches Naturell.
13.4.2023 • 56 Protokoll, 55 Sekunden
Sage uf d Ohre - Baselbieter Sagen
Eine neue Audioproduktion des «Verlag Baselland», die als CD wie auch zum Downloaden zu haben ist, präsentiert 80 Baselbieter Sagen. Dabei geht es den Macherinnen und Macher von «Sage uf d Ohre» weniger um die Pflege alten Volksguts als um die Weiterführung einer Erzähltradition mit neuen Mitteln.
Und diese Macherinnen und Macher sind der Schauspieler und Sprecher Daniel Buser, die Journalistin und Autorin Barbara Saladin und der Audiotechniker und Sounddesigner Michael Studer, alle drei hörbar Baselbieter.
In langer Recherche- und Produktionsarbeit haben sie alte Sagen und Geschichten zusammengetragen und in einer aufwändig gestalteten Produktion mit insgesamt 30 Mittarbeiterinnen und Mitarbeitern (und einem Hund) zum Klingen gebracht. 90 ausserordentlich dichte und unterhaltsame Minuten sind so zusammengekommen.
Als Quellen dienten ihnen bestehende Sagensammlungen wie «Baselbieter Sagen» von Paul Suter und Eduard Strübin und «Brauchtum, Sagen, Legenden, Spuk- und Geistergeschichten im Laufental» von Léon Segginger, aber auch – und das ist das Neue und Reizvolle daran – aktuelle und tatsächlich erlebte Geschichten, die an das Produktionsteam herangetragen wurden und das Potential haben, später einmal selbst zu Sagen zu werden.
Ein Werkstattgespräch im Tonstudio «Blauer Wolf» mit den Macherinnen und Machern von «Sage uf d Ohre – Baselbieter Sagen als Hörerlebnis».
6.4.2023 • 54 Protokoll, 47 Sekunden
Andreas Bossard: Bigoscht
Der ehemalige Zuger Lehrer und Politiker Andreas Bossard hat eine Sammlung von geschichtsträchtigen Anekdoten aus dem Zugerland veröffentlicht – selbstverständlich in Zuger Mundart.
Andreas Bossard kann man wohl als einen Chronisten der Stadt Zug bezeichnen. Er machte auf der Zuger Stadtverwaltung die Lehre, liess sich anschliessend zum Lehrer ausbilden und unterrichtete fast ein Vierteljahrhundert lang im Vorort Oberwil am Zugersee. Als Politiker war er zunächst im Zuger Kantons- und dann auch noch für 12 Jahre im Stadtrat aktiv. Anders gesagt: Wenn in den letzten rund 60 Jahren etwas die Stadt Zug bewegte, war Andreas Bossard mit grosser Wahrscheinlichkeit dabei und kann sich daran erinnern.
Er habe schon früh damit begonnen, seine Erinnerungen aufzuschreiben, erzält er. Sei es an eine Episode, wie er sich als findiger junger Ministrant für eine spezielle Messe eintragen liess, nach denen es traditionell «es guets Zmorge mit fäine Züpfe» gab, oder sei es an den Abstimmungskampf um das «Guggi», ein grünes Naherholungsgebiet mitten in der Stadt Zug, das 1979 überbaut werden sollte.
Seit Andreas Bossards Pensionierung erscheinen seine Erinnerungsgeschichten auf Mundart regelmässig in der «Zuger Zeitung». Eine Auswahl davon ist nun als Buch erschienen. In der Sendung sprechen wir mit Andreas Bossard über seinen Kampf gegen das Vergessen – gegen das Vergessen der Geschichten von früher und gegen das Vergessen alter Zuger Mundartwörter.
Ausserdem erklären wir in der Sendung das Wort «Tschägel», den Ortsnamen Laad und den Familiennamen Oetiker.
Buchhinweis:
* Andreas Bossard: Bigoscht – Geschichten in Zuger Mundart. Kalt Medien AG 2022.
30.3.2023 • 54 Protokoll, 9 Sekunden
Das isch s Zähni! - Wie Zahlen unsere Sprache bereichern
Wenn es ums Rechnen geht, machen viele «es Zwänzg-ab-Achti-Gsicht». Dabei ist unsere Mundart voll der schönsten Ausdrücke mit Zahlen! Von «Nullkommanüt» bis «nid ganz Hundert». Wie konnten sich die Zahlen so in der Alltagssprache ausbreiten? Und was machen wir sprachlich alles mit Zahlen?
In der Diskussion finden Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion heraus, dass man kein «Sibesiech» sein muss, um sprachlich mit Zahlen zu jonglieren. Denn spätestens, wenn etwas «elfezwänzg zwölfedrissg» kostet, oder wenn wir um «viertelabhalbizwänzgvor» nachhause kommen, ist es vorbei mit der mathematischen Genauigkeit der Zahlen. «Da hesch denn de Dräck und s Äinevierzgi!» Und wie man sieht: Zahlen in der Mundart sind alles andere als trockene Kost! Drum drei, zwei, eins und los!
Der Familienname Stucki
Nimmt man alle Varianten wie Stuck, Stucky, Stücklin und Stücky zusammen, ist der Familienname Stucki in der ganzen Deutschschweiz verbreitet. Er hat vermutlich nicht eine einzige, fest umrissene ursprüngliche Bedeutung, sondern die Benennung hob als Beiname je nach Kontext und Situation das je Besondere an einer Person hervor, zum Beispiel wenn jemand besonders lustig oder leichtfertig oder faul war. Denkbar ist auch, dass mit Stucki ein besonders schwerer, grosser Mensch benannt wurde.
23.3.2023 • 57 Protokoll, 20 Sekunden
Magazin: Wörter von und mit Kindern
Gegenüber Kindern verändern wir oft unsere Art zu sprechen. Und auch was Kinder sagen, kann Sprachen und Dialekte beeinflussen. Rund um Wortfragen der Hörerinnen und Hörer gibt es eine Reihe Geschichten zu entdecken.
Kindersprachliche Verniedlichungen haben zu Bäbi und Titti geführt. Bei Büsi oder Gitzi kommen Lockrufe für Katze/Ziege, kindliche Begriffe für sie und Bezeichnungen für die junge Katzen/Ziegen zusammen. Jahrelang hat man Kinder vor zu viel Umelöitsche gewarnt, vor allem nachts käme ja sonst der Böölimaa oder Bölemääggi. Und nach einer Reihe Kinderversen, die bis nach Wallisellen reicht, ist plötzlich «bam-bam», also Schluss.
Mundartredaktor Christian Schmutz ist live bei Tama Vakeesan im Studio. Er zeigt anhand der Hörerfragen auf: Viel prägt unsere Sprache, auch der Umgang mit Kindern und die Art, mit ihnen zu reden.
Im zweiten Teil des Magazins bringt Claudio Landolt den Musiktipp «Celsius» von Troubas Kater ein. Wie schwierig ist es, einen Mundartsong über den Klimawandel zu machen? Entdecken lässt sich auch der Familiennamen Binkert.
16.3.2023 • 53 Protokoll, 35 Sekunden
Vom Nutzen und Ärger der Füllwörter
«Äh, aso, irgendwie, wäisch...» Wer kennt das nicht, dass Leute um den heissen Brei reden und ihre Denkpausen mit nervigem Wortmaterial füllen? Dabei haben Füllwörter als sogenannte Modalwörter oder Diskurspartikel wichtige Funktionen in der gesprochenen Sprache!
Sie sind häufiger als Schnee im Winter: Füllwörter wie «eigentlich», «irgendwie», «relativ», «ähm» oder «genau» bevölkern unsere gesprochene Sprache. Und sie werden inbrünstig gehasst.
Füllwörter sind viel mehr als sinnlose Lückenfüller. Sie wirken als Signale und Gesprächslenker. Sie geben Aussagen eine Haltung oder Wertung, können sie abschwächen, verstärken oder anders färben. Werden Füllwörter aber zum Tick und inflationär gebraucht, behindern sie das Verständnis. Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion diskutieren leidenschaftlich über die wohl emotionalste aller Wortgruppen. Und entdecken, dass sie selbst nicht ganz ohne Füllwörter auskommen. Genau!
Wenn der Beruf zum Namen wird
Mit Fässler, Gerber, Pfister und Reber erläutert Idiotikon-Redaktorin Gabriela Bart gleich vier verschiedene Familiennamen und ausserdem die Schreibvarianten Fessler, Gerwer, Pfisterer und Räber. Das Verbindende dieser Namen ist ihre Herkunft aus Berufsbezeichnungen.
Fässler/Fessler ist ein Berufsname zu mittelhochdeutsch vezzeler, was «Fassmacher, Küfer» bedeutet. Gerber/Gerwer geht zurück auf den «Gerber, Handwerker, der aus rohen Tierhäuten Leder herstellt». Der häufige Familienname Pfister/Pfisterer geht auf das lateinische Lehnwort pistor zurück und bezeichnet den «Müller, Bäcker». Und Reber/Räber ist ein Berufsname zu mittelhochdeutsch rëbe «Rebe, Weingarten» und bezeichnet den Weinhersteller, den Weinverkäufer oder den Wirt.
9.3.2023 • 57 Protokoll, 34 Sekunden
«Zämme im Taggt» – Die besten «Cliquezeedel» der Basler Fasnacht
Nach vier Jahren gibt es erstmals wieder eine «richtige Fasnacht» ohne Einschränkungen. Höchste Zeit also für die Baslerinnen und Basler, nicht nur die Fasnacht in vollen Zügen zu geniessen, sondern auch das, was sich an Unmut angesammelt hat, in Versform und Reimen gekonnt von sich zu geben.
Und das sind in diesem Jahr gleich einige heftige Themen. Vom Ukrainekrieg bis zur Energiekrise, von der Inflation bis zur steigenden Armut, von den Diskussionen rund um kulturelle Aneignung bis zu den üblichen kleinen Ärgernissen wie Baustellen in der Stadt, Drämmli, die nicht kommen, oder die leutschenbachsche Entwicklung vom Bestatter hin zum Beschatter. Der langjährige Fasnachtsberichterstatter Michael Luisier von der SRF-Literaturredaktion präsentiert in «Dini Mundart» die besten «Cliquezeedel» des Jahrgangs 2023. Zum 20. Mal mit dem genauso langjährigen Zeedelleser Urs Bihler.
2.3.2023 • 57 Protokoll, 10 Sekunden
80 Jahre Franz Hohler - eine Mundart-Hommage
Franz Hohlers Wegbegleiter und Nachfolgerinnen aus Kabarett und Spoken Word verraten, welche seiner Mundart-Texte sie am liebsten haben. Neben Ausschnitten aus den Texten kommt auch Hohler selbst zu Wort.
Sie sind mit Franz und René (Spielhaus) und dem Totemügerli aufgewachsen - und stiegen in Franz Hohlers Fusstapfen auf der Bühne: Bänz Friedli, Frölein da Capo, Pedro Lenz, Stefanie Grob, Gerhard Polt, Manuel Stahlberger, Dominik Muheim und Michael Elsener erweisen ihm zum 80. Geburtstag die Ehre.
In der Sendung sind ihre liebsten Mundarttexte von Franz Hohler zu hören – vom Lied vom «Dienschtverweigerer» über das Gedicht «Schnäll i Chäller» bis zur Figur des «Theaterdonnerers». Und auch Franz Hohler kommt in der Sendung zu Wort: Unter anderem verrät er, warum er nie einen Mundartroman geschrieben hat und was er über die Veränderung der Mundart denkt.
Ausserdem in der Sendung: Was bedeutet der Familienname Strupler? Gabriela Bart vom Schweizerischen Idiotikon erklärt es im zweiten Teil der Sendung.
Buchtipp:
Franz Hohler: Schnäll i Chäller. edition spoken script 9. Der gesunde Menschenversand, 2012.
23.2.2023 • 55 Protokoll, 17 Sekunden
Hate-Speech auf Mundart erkennen? zu schwierig für den Computer?
Der Umgangston auf Social Media-Plattformen und in Kommentarspalten ist oft rau und gelegentlich auch jenseits des Unanständigen. Die grossen Tech-Firmen setzen Software ein, um sogenannte Hassrede präventiv zu erkennen. Allerdings scheitern sie an Posts auf Mundart. Woran liegt's? Eine Spurensuche.
Ende 2022 nimmt Facebook den Post einer Basler Dialektgruppe vom Netz, in dem das Wort «Niggi Näggi» vorkommt. Grund: Der Post enthalte Inhalte, die die Richtlinien der Plattform bezüglich Hassrede verletzen. Der Übername «Niggi Näggi» für den Samichlaus wurde vom automatischen Erkennungssystem fälschlicherweise als Variante des rassistischen N-Worts interpretiert und sogleich gesperrt.
Das ist nur ein Beispiel. Auf Nachfrage bei den Plattformen selbst und bei Expertinnen und Experten auf dem Gebiet zeigt sich: Solche automatisierten Systeme haben in der Tat ein Problem damit, Mundart zu interpretieren. In der Sendung gehen wir der Frage nach, wie solche Systeme funktionieren, und woran ihre Mühe mit der Mundart liegt.
Ausserdem erklären wir, was es mit der Fasnachtsfigur «Felbala» auf sich hat, die Bezeichnungen «Lamaaschi» und «Glübiee» und den Familiennamen Hässig.
16.2.2023 • 56 Protokoll, 18 Sekunden
«Dialektratis» Aargau
«Bräusi» statt «Rösti» oder «en Frau» statt «e Frau» – woran können wir erkennen, dass jemand Aargauerdeutsch spricht? Und wo aus dem Aargau stammt diese Person?
Böse Zungen behaupten ja, es gäbe gar keinen Aargauer Dialekt. Das ist nicht ganz falsch. Denn der Aargau ist in vier ziemlich unterschiedliche Sprachregionen unterteilt.
Warum das so ist und wie man die vier Regionen sprachlich auseinanderhalten kann, schaut sich Nadia Zollinger mit Mundartredaktor Markus Gasser genauer an. Sie hören dafür ein paar berühmten Aargauern wie DJ Bobo, Peach Weber, Patti Basler oder Adrian Stern zu. Ausserdem diskutieren sie über hartnäckige Vorurteile gegenüber dem Kanton Aargau. Wer den «Durchfahrtskanton» neu entdecken und wissen will, warum man ihn «Rüeblikanton» nennt, ist hier goldrichtig.
In der Sendung erklären wir zudem noch die Familiennamen Gröflin, Kaiser, König und Küng.
9.2.2023 • 57 Protokoll, 7 Sekunden
Auf Schangis Spuren: Florian Schneiders Mundarttexte
In seinem Buch «Chröt im Haber und Chrähien im Chorn» lässt Florian Schneider das Baselbiet aufleben: Mal verträumt, mal melancholisch, mal frech, aber immer genau auf dem Punkt und ohne ein Wort zu viel.
Der Baselbieter Musiker und Autor Florian Schneider wagt in seinem neuen Buch einen interessanten Spagat: zwischen Songtexten und literarischen Kolumnen. Beides schreibt er in Oberbaselbieter Mundart, und die beiden Textsorten ergänzen sich überraschend stimmig: Kindheitserinnerungen stehen neben Erlebnissen aus dem Alltag, und auf die Ballade einer Toilettendame folgt der Bericht über einen versuchten Kreditkartenbetrug.
Was Florian Schneiders Texte auszeichnet, Lieder wie Prosa, ist die sprachliche Präzision, die sich nicht zuletzt in der knappen Wortwahl spiegelt. In Schneiders Texten ist kein Wort zu wenig, aber auch keines zu viel.
Warum ihm so viel an der kurzen Form liegt und was seine Mundart mit dem «Schang» aus dem Nachbardorf zu tun hat, das erzählt Florian Schneider im Gespräch. Zu hören sind auch Geschichten und Lieder aus «Chröt im Haber, Chrähien im Chorn».
Ausserdem erklären wir in der Sendung das Mundartwort «Mätz», den Ortsnamen Böltschi sowie den Familiennamen Truttmann, und wir stellen eine Liebeserklärung an die deutsche Sprache in Buchform vor.
Hinweise:
* Florian Schneider: Chröt im Haber & Chrähien im Chorn. Schaub Medien AG 2022. Erhältlich direkt beim Autor .
* Florian Schneider: Schangsongs 1-4 (CDs), ab 2015.
* Roland Kaehlbrandt: Deutsch – Eine Liebeserklärung. Piper 2022.
2.2.2023 • 57 Protokoll, 7 Sekunden
Mundartmagazin: Flurnamen erzählen Geschichten von früher
Unsere Welt ist voller Namen. Neben Vor- und Nachnamen für Personen bezeichnen wir auch Siedlungen und Strassen, Wiesen und Wälder, Berge und Gewässer. Flurnamen und ihre Geschichten stehen im Fokus der heutigen Mundartsendung.
Gibt es speziell gutes Brot auf der «Brotegg», blökt es laut im «Lamm» und jodelt man laut im «St. Jodel»? Wir benutzen in der Schweiz Berge von Namen, die Fragen aufwerfen.
Flurnamen tragen zur Orientierung und Identifizierung einer Gegend bei, aber sie zeigen auch die Geschichte und die Entwicklung einer Gegend auf.
Mundartexperte Christian Schmutz ist bei Mike La Marr im Studio und erläutert Beispiele anhand der Fragen der Hörerinnen und Hörer. Eine Sendung mit Aha-Effekt – das ist die Idee des Dini-Mundart-Magazins. Drum seis schon mal gesagt: Lamm und St. Jodel bedeuten nicht das, was man auf den ersten Blick meint. Aber die Brotegg hat tatsächlich mit dem Nahrungsmittel Brot zu tun.
Appenzeller Poplied von Riana
Im zweiten Teil des Magazins gibt es auch aktuelle Mundarttipps zu hören. So schaut Musikredaktor Gerni Jörgler, wie das neue Dialektlied «So luut» von Riana entstanden ist. Wir stellen das neue Schweizer Mundartkorpus des Idiotikons vor. Und auch die Erklärung des Familiennamens Bangerter steht auf dem Programm.
26.1.2023 • 57 Protokoll, 38 Sekunden
Schweizerdeutsch - Spiegel unserer Seele!?
Was ist eigentlich typisch Schweizerisch am Schweizerdeutschen? Und was sagt das über unsere Mentalität aus? Und beschränkt die Muttersprache vielleicht sogar unser Denken? Spannende Fragen, die wir mit dem Philosophen Yves Bossart diskutieren und zu unterhaltsamen Antworten führen.
Typisch schweizerisch ist vielleicht der übertriebene Bedürfniskonjunktiv: «Mir numte no es Bier, wes kener Umschtänd miech». Höflichkeit bis zur Unkenntlichkeit. Oder dass wir überdurchschnittlich viele Diminutive benutzen: «Es Päuseli» machen und «es Käfeli» trinken und «es Heftli» lesen. Oder sind es doch Wörter wie «gäbig» oder «vorzue nää», die unser Wesen am Besten spiegeln?
Die Sprachforschung räumt mit vielen alten Meinungen auf: Man kann in jeder Sprache alles sagen. Wenn man will und sich Wörter aus anderen Sprachen zuhilfe nimmt. Wie Mentalität und Sprache zusammenhängen, ist aber nicht nur aus linguistischer Perspektive spannend, sondern auch aus philosophischer. Über die Möglichkeiten und Grenzen unserer Sprache diskutieren Markus Gasser und Nadia Zollinger von der Mundartredaktion mit dem Philosophen Yves Bossart, bekannt von den «Sternstunden Philosophie» und dem Videoformat «Bleisch & Bossart».
Familiennamen Tschan, Tschannen und Tschanz
Alle drei Namen haben denselben Ursprung. Der Familienname «Tschan» geht auf die Eindeutschung des französischen Rufnamens Jean zurück, der seinerseits auf dem Namen Johannes beruht. Es ist ein Vatername. «Tschannen» ist eine Genitivform davon: 'Sohn oder Tochter des Tschan'. Tschanz wiederum ist eine Koseform von Tschan mit z-Endung.
Buchtipp
* Guy Deutscher: Im Spiegel der Sprache. Warum die Welt in anderen Sprachen anders aussieht. C.H.Beck-Verlag.
19.1.2023 • 57 Protokoll, 31 Sekunden
Ein Elsässer im Algerienkrieg
«Ich wàrt uf de Theo». So heisst das neuste Buch des Autors Pierre Kretz aus Schlettstadt im Elsass. Es ist der Monolog des achtzigjährigen Sepp, der wartend sein Leben Revue passieren lässt. Bis in seinen Kriegsdienst in Algerien nimmt er uns mit. Und ins Trauma, das in ihm bis heute nachwirkt.
Hunderttausende junger Franzosen zogen zwischen 1954 und 1962 nach Algerien in den Krieg. Tausende kamen nicht zurück. Darunter viele Elsässer. Auch der achtzigährige Sepp diente drei Jahre in der Armee. Die Erinnerungen an seine Erlebnisse, seine eigenen Taten suchen ihn noch heute heim. Wir treffen ihn auf einer Bank vor dem Supermarkt, irgendwo im Elsass, wo er auf seinen Grossneffen Theo wartet, der ihn mit seinen Einkäufen heimfährt. Der ihm auch sonst durch die komplizierte moderne Welt hilft. Aber Theo kommt nicht.
Menschen, die vorbeigehen, lösen bei ihm Erinnerungen aus: Das Dorf in den 50er Jahren. Sein Freund Robbes, der im «Doodebaum» aus Algerien zurückkam. Er selbst, der in die Wüste und in den Kampf geschickt wurde. Auch der Schaal Jean-Georges wurde damals eingezogen. Aber dessen Vater war der Besitzer der Möbelfabrik im Dorf. Der hatte einen langen Arm, erzählt Sepp. Sein Sohn durfte einen Colonel in Alger herumkutschieren und war weit weg von der Front. Eine Ungerechtigkeit, die Sepp noch heute nicht erträgt und die ihn damals zum Kriminellen machte, ohne dass es je ans Tageslicht gekommen wäre. Uns erzählt er es!
«Ich wàrt uf de Theo» ist der Lebensbericht eines alten, abgehängten Mannes, rührend und in einem wunderschön klangreichen Elsässisch voller altertümlicher Wörter erzählt. In der Sendung ist ein Gespräch von Mundartredaktor Markus Gasser mit Pierre Kretz zu hören sowie längere Ausschnitte aus dem Text, gelesen vom Autor selbst.
«Fidimagoiggi», «Melli» und der Familienname «Trümpy»
«Fidimagoiggi» ist ein kurliges Wort, mit dem man etwas abwertend bezeichnen kann. «Melli» ist ein Ortsname aus dem Berner Oberland. Beide Wörter werden in der Sendung ausführlich erläutert.
Dazu «Trümpi» oder «Trümpy», ein typischer Glarner Familienname, hinter dem das gleichlautende, in der Innerschweiz verbreitete Wort mit der Bedeutung «Maultrommel» steckt. Am Ursprung dieser Familien stand also jemand, der mit diesen Instrumenten musizierte.
«S Säuli vom Säuliamt» von Raffael Ullmann
Welche Gams hat dem St. Galler Ort «Gams» den Namen gegeben? Und welcher Hund war für den Namen «Hundwil» in Appenzell Ausserrhoden verantwortlich? Diese Fragen seriös zu beantworten, braucht viel namenkundliches Wissen. Raffael Ullmann hat seine eigenen Erklärungen gefunden: Zu rund zwanzig Ortsnamen, in denen vermutlich ein Tiername steckt, hat er kurze Gedichte verfasst. Wie eben zum Säuli im Säuliamt. Ein sprachspielerisches Vergnügen.
Buchtipps
* Pierre Kretz: «Ich wàrt uf de Theo. En attendant Théo». Photographies de Jean-Louis Hess. Verlag Le Verger.
* «S'Säuli vom Säuliamt». Poesie von Raffi Ullmann. Zeichnungen von Bettina Truninger. RaffiVerlag. Bestellung bei [email protected]
Verantstaltungstipp
* Kaleidoskop in der Arena: Pierre Kretz liest "Ich wart uf de Theo". Donnerstag, 19. Januar 2023, 20.00 Uhr im Kellertheater, Haus der Vereine, Erlensträsschen 3, Riehen. www.arena-riehen.ch
12.1.2023 • 57 Protokoll, 11 Sekunden
Experten erklären Ihren Familiennamen live
Zum Jahresanfang erklären Martin Graf und Sandro Bachmann vom Schweizerdeutschen Wörterbuch Idiotikon live Familiennamen aus dem SRF1-Publikum. Machen Sie mit!
Das Idiotikon hat eine neue Plattform zu Familiennamen geschaffen: familiennamen.ch. Die Webseite versammelt das ganze Wissen über alle alteingesessenen und einigen weiteren Familiennamen aus der Deutschschweiz. Dazu gehören etwa die Heimatorte, Namensbelege in alten Dokumenten, bekannte Namensträger und - falls vorhanden - auch die Bedeutung des Namens.
Familiennamen-Experten live im Studio
In «Dini Mundart» stellen die Idiotikon-Redaktoren Martin Graf und Sandro Bachman die Plattform familiennamen.ch vor. Und bei dieser Gelegenheit erklären sie auch gleich live die Familiennamen aus dem SRF1-Publikum.
Machen Sie mit per Telefon oder Mail ins Studio! Die Kontaktdaten werden Anfang Sendung kommuniziert.
5.1.2023 • 56 Protokoll, 25 Sekunden
Das waren die Mundart-Highlights 2022
Besonders eindrückliche, überraschende oder wissenswerte Momente: Zum Jahresende präsentieren wir Höhepunkte aus einem bewegten Mundartjahr 2022.
Von A wie (Endo) Anaconda bis Z wie «ziisele» lassen wir das Mundartjahr 2022 revue passieren. Wir greifen einige besonders spannende oder informative Momente aus den diesjährigen «Dini Mundart»-Sendungen und Podcasts heraus:
* «Potzheiterefahne» – wie wir in Mundart Erstaunen ausdrücken. Zum ganzen Podcast von Nadia Zollinger und Markus Gasser geht es hier .
* Eine ganze Welt voller Schweizen – Nepal gilt als «Schweiz des Orients», in den USA gibt es gleich mehrere «Little Switzerlands». Den verschiedenen «Schweizen» weltweit haben wir eine ganze Sommerserie gewidmet. Einen Teil davon können Sie hier nachhören.
* Zum Tod von Endo Anaconda – Der Schweizer Schriftsteller Pedro Lenz blickt auf Endo Anacondas bewegtes Leben und sein künstlerisches Schaffen zurück. Die ganze Sendung können Sie hier nachhören.
* Zum 50. Todestag von Mani Matter – Am Mundartfestival Arosa widmeten wir dem «Värslischmied» eine doppelstündige Sondersendung mit Stargast Stephan Eicher. Die Ganze Sendung können Sie hier nachhören.
Ausserdem erklären wir in der Sendung die Mundartwörter «pänig» und «ziisele» sowie den Familiennamen Haudenschild, und wir stellen das Buch «Wüeschti Hüng» der Berner Autorin Stefanie Christ vor.
Buchhinweis:
* Stefanie Christ: Wüeschti Hüng. Weber Verlag 2022.
29.12.2022 • 54 Protokoll, 44 Sekunden
Schlottergotte, Hobbyschwager und Chläbvetter
Bei Verwandtschaftsbezeichnungen tobt sich die Sprache gerne aus. Kein Wunder, denn Familienverhältnisse sind bekanntlich nicht nur sprachlich oft kompliziert. War die «Mueme» dasselbe wie die «Base»? Wer genau ist «das Elter» und was ist ein «Gegenschwer»?
Verwandtschaftsbegriffe sagen auch viel über die sozialen Verhältnisse in einer Gesellschaft aus. Faustregel: Je differenzierter die Bezeichnungen, desto hierarchischer ist eine Gesellschaft. Was das wohl bedeutet für das sogenannte «hawaiianische System»? Dort heissen alle Onkel einfach «Vater» und alle Tanten sind «Mütter». Warum? Und was gibt es in anderen Kulturen für Benennungssysteme? Nadia Zollinger und Markus Gasser vom SRF-Mundartteam besprechen alte und junge Verwandtschaftsbezeichnungen und vergleichen weltweite Verwandtschaftssysteme.
Grädel - ein Übername wird zum Familienname
Der Familienname Grädel ist einzig im bernischen Huttwil vor dem Jahr 1800 belegt. In ihm steckt ein Übername: Ein Grädel ist laut dem Schweizerischen Idiotikon die Bezeichnung für ein Mädchen. In der Verkleinerungsform Grädeli bedeutet es Schwächling, für Mensch oder Tier. Und als Grädeler wird ein kindlicher Mann bezeichnet. Der erste Namenträger war daher wohl ein schmächtiger Mensch.
22.12.2022 • 57 Protokoll, 39 Sekunden
Ernst Burrens Figuren sitzen «nume no vor em Färnseh»
Ernst Burren ist unglaublich. Auch als 78-Jähriger bringt er im Zweijahres-Rhythmus Bücher mit Mundartgeschichten heraus. Burren betrachtet weiter den sich ändernden Alltag, ganz ohne Moralkeule.
Bei «Nume no vor em Färnseh» sind Ernst Burrens Betrachtungen wieder kürzer geworden: Es sind eher Gedichte. Manchmal schon wieder in Modern-Mundart-Manier der frühen 70er-Jahre.
Seine Welt ist nicht schwarz-weiss. Sie beginnt mit alltäglichen Sätzen, Gedanken, Begegnungen, die sich überraschend entwickeln können. Aus der Gewohnheit wird ein Ereignis, aus Gemütlichkeit ein Chaos. Aus einem Unglück wird Glück und aus Verzweiflung reine Freude.
Das Altwerden und den Tod lässt der Solothurner Autor ebensowenig aus wie das fehlende Hier und Jetzt vieler Leute. Allzu oft verklären wir nostalgisch die Vergangenheit oder hoffen nur auf eine bessere Zukunft, statt etwas dafür zu tun.
Im zweiten Teil der Sendung gibt es Hintergrundinfos zum Familiennamen Mahnig, zum Ort Bigstatt und zum Wort Baueledämpfer. Und schliesslich hat noch ein Tipp aus der Mundartwelt Platz: Sagen aus dem Baselbiet als Audioproduktion («Sage uf d Ohre»).
TIPPS:
Ernst Burren: Nume no vor em Färnseh. Cosmos 2022.
Sage uf d Ohre; Baselbieter Sagen. Hörbuch. Verlag Baselland 2022.
15.12.2022 • 55 Protokoll, 37 Sekunden
«Was ich schon lange fragen wollte...»
Heisst es «e Chrott» oder «en Chrott»? Wie antwortet man korrekt auf die Frage «Hesch du kei Chind?» - wenn man tatsächlich keine Kinder hat? Mit «Ja» oder mit «Nein»? Vermeintlich einfache Fragen öffnen manchmal Abgründe der Sprachlogik.
Hörerinnen und Hörer von «Dini Mundart» schicken haufenweise gute Fragen. Der digitale Briefkasten überquillt! Markus Gasser und Nadia Zollinger vom SRF-Mundartteam pflücken ein paar dieser Fragen heraus und entdecken spannende Geschichten. Manchmal erstaunen die Antworten sogar den Sprachwissenschaftler! Das ist für ihn dann schöner wie Weihnachten – oder heisst es doch schöner als Weihnachten?
Die Familiennamen Mülli, Mühle und Mühlemann haben dieselbe Wurzel
Der Name «Mülli» hat nichts mit Müll im Sinn von Kehricht zu tun, sondern ist ein Wohnstättenname aus dem Grenzgebiet der Kantone Aargau und Zürich für jemanden, der in oder bei einer Mühle gewohnt hat. Es ist eine Schreibvariante des identischen Familiennamens «Mühle». Auch der Name «Mühlemann» ist ein solcher Wohnstättenname. Mühlemann ist vor allem ein Berner Geschlecht; die heutige Verbreitung im Kanton Thurgau ist auf Berner Zuwanderung zurückzuführen.
8.12.2022 • 56 Protokoll, 36 Sekunden
Magazin: Noch richtig, schon richtig oder alles falsch?
Viele Hörerinnen und Hörer sind in ihrer Mundart sprachlich verunsichert. Sie geben Rückmeldungen von «weiss nicht, was jetzt richtig ist» bis zu «es lüpft mer eifach de Huet!». Das Magazin macht sich auf die Suche nach richtig und falsch in Mundartfragen.
«Gilt das jetzt neu? Darf man das noch?», fragen Hörerinnen und Hörer oder stellen manchmal enttäuscht fest: «Solche Wörter werden immer häufiger gebraucht.» Das Dini-Mundart-Magazin versucht zu entwirren, an was sich Mundartsprechende gewöhnen müssen und was eher noch nicht akzeptiert wird.
Ein Problem ist das standardsprachliche Normendenken nach Duden, das für Mundarten nicht gilt. Da sind viel mehr Varianten geläufig. Und Neuerungen, Anpassungen und Entlehungen aus anderen Sprachen gehören halt auch zu unseren Dialekten. Mundartredaktor Christian Schmutz ist live bei Adi Küpfer im Studio.
Im zweiten Teil gibt es Mundarttipps. Claudio Landolt spricht über aktuelle Versuche, Mani Matters Zündhölzli zu covern. Ein Akteur ist dabei der junge Rapper «Nativ». Dazu erklärt This Fetzer den Familiennamen Furger.
1.12.2022 • 52 Protokoll, 43 Sekunden
Lidija Burcak: Nöd us Zucker
Die Winterthurer Autorin Lidija Burcak beweist mit ihrem Buch, dass Tagebuchtexte keineswegs nur fürs stille Kämmerlein taugen. Einträge aus 17 Jahren sind darin: Eine Achterbahnfahrt von den Ängsten und Nöten der Teenagerzeit bis zu Krisen Anfang 30. Selbstverständlich auf Mundart.
Tagebücher werden in der Regel nur von denjenigen gelesen, die sie selbst geschrieben haben. Zu privat ist der Inhalt, zu peinlich könnte er sein, kitschig, oder auch schlicht zu langweilig für jemanden, der das beschriebene Leben nicht selbst gelebt hat.
Dass das Gegenteil der Fall ist, beweist Lidija Burcak mit ihrem Band «Nöd us Zucker». Zwar nimmt sie in ihren Tagebucheinträgen kein Blatt vor den Mund und beschreibt in ungeschöntem «Winti-Dialäkt» alles, was sie gerade umtreibt – von den Eltern («die elände Penner») über ihr erstes Mal mit Rio bis zu Wutausbrüchen über den allgemeinen Zustand der Welt («Eusi Wält isch chrank. Mir Mänsche verchotzed si»). Peinlich ist daran aber herzlich wenig. Sie gibt durchaus Privates preis, doch auf eine Art und Weise, in der sich wohl viele, die dieses Buch lesen, wiedererkennen werden.
Auch Lidija Burcaks Tagebücher waren nicht von Anfang an für die Öffentlichkeit bestimmt. Eher aus der Not heraus fing sie an, Auszüge vor Publikum vorzutragen. Von der Live-Performance leben viele ihrer Texte noch immer: Wenn Lidija Burcak Auszüge aus ihrem Tagebuch auf der Bühne vorträgt, fühlt man sich unmittelbar in ihr Erleben hineinversetzt und nimmt Teil an der Achterbahnfahrt der Gefühle, auf die sie sich gerade begibt.
In der Sendung stellen wir Lidija Burcaks Tagebuchband näher vor, die Autorin gibt Auskunft darüber, was Tagebuchschreiben für sie bedeutet, und was für ein Verhältnis sie zur Mundart hat. Denn obwohl sie als Seconda in einem Haushalt aufwuchs, wo Serbokroatisch gesprochen wurde, war Mundart fast immer ihre Tagebuchsprache schlechthin.
Ausserdem präsentieren wir in der Sendung das «unverzichtbare» illustrierte Schweizerdeutsch-Wörterbuch von Nicole Egger, und in der Briefkastenrubrik erklären wir den Familiennamen Zingg, sowie die Ausdrücke «kand» und «sauft» und den Ortsnamen «Wystäge».
Buchhinweise
* Lidija Burcak: Nöd us Zucker. Der gesunde Menschenversand 2022.
* Nicole Egger/Sergio Lievano: Das unverzichtbare illustrierte Schweizerdeutsch-Wörterbuch. Bergli Books 2022.
(Anmerkung: Unser Web-Interface lässt leider nicht zu, dass wir Lidija Burcaks Nachnamen korrekt mit einem Hatschek auf dem C schreiben. Dafür bitten wir um Entschuldigung, wir arbeiten daran.)
24.11.2022 • 56 Protokoll, 19 Sekunden
«Tschäderibumm» – Neue Mundartgedichte für Kinder
Knapp 200 Mundartgedichte für Kinder von 45 Autorinnen und Autoren. Das bietet das Mundartgedichtebuch «Tschäderibumm», hinter dem sowohl der auf Spoken Word spezialisierte Verlag «Der gesunde Menschenversand» als auch der Lektor und Kinderbuchspezialist Hans ten Doornkaat stehen.
Dabei orientiert sich der Herausgeber Hans ten Doornkaat an einem grossen Vorbild. An der Kindervers- und Geschichtensammlung «En Elefant vo Äntehuse» der Herausgeberin Anna Katharina Ulrich aus dem Jahr 1975. Schon damals ging es darum, das Kindergedicht an eine neue Zeit anzupassen. War es damals noch die Zeit nach 1968, so ist es heute die nach der Digitalisierung und der Entwicklung neuer Sprachformen. So orientiert sich Hans ten Doornkaat in seiner Anthologie denn auch an der hiesigen Spoken Word Szene, kombiniert diese mit Dichterinnen und Dichtern herkömmlicher Lyrik wie Franz Hohler, Jürg Schubiger und Kurt Marti und findet so einen neuen, aktuellen Ausdruck.
Ein Gespräch mit Hans ten Doornkaat über Hintergründe und Entstehung von «Tschäderibumm». Dazu viele Gedichte und Verse aus dem Buch gelesen von den Autorinnen und Autoren selbst.
Buchangaben:
Tschäderibumm. Mundartgedichte für Kinder von 45 Autor:innen. Herausgegeben von Hans ten Doornkaat & illustriert von Elena Knecht. 186 Seiten. Der gesunde Menschenversand, 2022.
Pedro Lenz. Chöit ders eso näh. Cosmos Verlag, 2022.
17.11.2022 • 57 Protokoll, 24 Sekunden
«Käppelet» oder «pladay»? Die Vielfalt der Trunkenheitswörter
Der Podcast «Dini Mundart» feiert seine bereits fünfzigste Episode. Zu diesem Anlass stossen Gastgeberin Nadia Zollinger und Mundartexperte Markus Gasser an und diskutieren über Wörter, die Alkoholkonsum umschreiben. Als Gast begrüssen sie ihren Arbeitskollegen André Perler.
André Perler ist ein besonderer Experte für das Thema, hat er doch seine Masterarbeit über Trunkenheitsbegriffe in seinem Senslerdeutsch geschrieben.
Ob «e Bränte ha», «pladay sii» oder «d Feschtplatte risette (mit Dateverluscht)» - am Ende hat man einfach «es Gschtürm underem Huet». Woher stammen die unzähligen Begriffe für (zu viel) Alkoholkonsum? Unterscheidet sich der entsprechende Wortschatz zwischen den Generationen? Welches gesellschaftliche Verhältnis zu Alkohol spiegelt sich in diesen Ausdrücken? Diesen Fragen gehen die drei im munteren Gespräch auf den Grund. Viva!
Familienname Hauenstein
Hauenstein ist ein alteingesessenes Geschlecht in Tegerfelden und Unterendingen im aargauischen Surbtal sowie im zürcherischen Dietikon. Mit grosser Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Herkunftsname zu einem Siedlungs- oder Burgnamen Hauenstein. Eine zweite sprachliche Bildungsoption für den Familiennamen Hauenstein kommt ein sogenannter Satzname (Haue den Stein!) für einen Steinmetz in Frage.
10.11.2022 • 56 Protokoll, 28 Sekunden
Spoken Word Festival woerdz 2022: Der Querschnitt
Ende Oktober fand in Luzern zum 5. Mal das internationale Spoken Word Festival woerdz statt. Wir blicken zurück auf vier vielseitige, vielsprachige und vielversprechende Festivalabende.
Das woerdz-Festival ist mittlerweile fast schon eine Schweizer Institution in Sachen Spoken Word-Kunst. Alle zwei Jahre bieten Wortkünstlerinnen und -Künstler aus der Schweiz und aus dem Ausland auf der woerdz-Bühne Einblicke in ihr Schaffen. Prominente Gäste aus der Schweiz waren dieses Jahr unter anderen die Salzburger Stier-Preisträgerin Lara Stoll, der St. Galler Mundartkünstler Manuel Stahlberger, Slampoet Christoph Simon, die Bündner Autorin Romana Ganzoni oder das Duo Fitzgerald & Rimini.
Heuer war das Programm besonders auf das Thema Vielsprachigkeit ausgelegt: Es gab Beiträge auf Rätoromanisch, Arabisch, Albanisch, Französisch, Italienisch, Hochdeutsch, Englisch – und natürlich auch viel Mundart zu hören.
Bei fremdsprachigen Texten ist es, je nach Sprache, schwierig bis unmöglich, sie zu verstehen. Dafür rückten diese Performances andere Faktoren in den Vordergrund, die gerade bei Sprechtexten gern in Vergessenheit geraten: den Sprachklang, den Rhythmus und nicht zuletzt auch die Körpersprache des oder der Vortragenden.
In der Sendung zu hören sind vielseitige Höhepunkte aus dem diesjährigen woerdz-Programm. Wir ordnen das Gesehene und Gehörte ein und wagen auch den Blick in die Zukunft der Spoken Word-Szene.
Im Mundart-Briefkasten erklären wir die Ausdrücke «Pfiffelampenöl» und «a Tscholla Hampf», sowie den Familiennamen Rohrhirs.
3.11.2022 • 57 Protokoll, 17 Sekunden
Strääze, chutte und strubuusse: So viele Wörter fürs Wetter
Beim Wetter feiert sich die Sprache selbst! Gerade noch «Wanderwetter», ist die Luft schon «tuusem», der Himmel «gschlargig». Der «Wätterwind» «flüderlet» erst, dann «chuttets» und bald beginnt es zu «strääzen», «strubuussen» oder «guxen».
Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion durchsteigen zusammen eine sprachliche Wetterwand.
Vom Wetter als Lebensthema
Dieser immense Wortreichtum bestätigt den Muotathaler Wetterschmöcker Martin Horat. Für ihn ist das Wetter nämlich eines der wichtigsten Lebensthemen, besonders von Männern. Darüber lässt sich füglich streiten. Schliesslich hat das Reden übers Wetter auch einen schlechten Ruf. Aber warum bloss? All diese Aspekte kommen in der Sendung zur Sprache. Mit dieser Episode im Ohr wird das nächste Wettergespräch jedenfalls garantiert zum Partyrenner!
Die Familiennamen Bläsi und Blesi
Der Familienname Bläsi resp. Blesi ist ein sogenanntes Patronym, ein Vatername, mit dem ein Nachkomme eines Blesi benannt wurde. Blesi und Bläsi sind die häufigsten mundartlichen Rufformen für den Taufnamen Blasius. Hans-Peter Schifferle vom Schweizerischen Idiotikon erläutert in der Sendung auch, dass die Schreibunterschiede Blesi und Bläsi auch Unterschiede in der Konfession und der regionalen Herkunft der Namenträger anzeigen.
27.10.2022 • 56 Protokoll, 6 Sekunden
Grosse Namen und neue Entdeckungen am Arosa Mundartfestival
Wir blicken zurück auf das 6. Arosa Mundartfestival - mit Ausschnitten aus den besten Auftritten.
Am 6. Arosa Mundartfestival, das vom 6. bis 9. Oktober stattfand, traten 25 Mundartkünstlerinnen und -künstler aus den Sparten Musik, Spoken Word, Stand-up-Comedy und Kabarett auf. Wie immer gaben sich grosse Namen die Klinke in die Hand: Stephan Eicher, Heidi Happy, Frölein Da Capo, Kilian Ziegler oder Stefanie Grob.
Neuentdeckungen
Neben den grossen Namen gab es aber auch Neuentdeckungen: Zum Beispiel die Winterthurer Künstlerin Lidija Burcak, die aus ihren Tagebüchern vorlas. Die authentischen Mundarttexte, die intime Einblicke ins Erwachsenwerden einer Frau um die Jahrtausendwende gaben, gingen unter die Haut. Und das typisch teenagerhafte Denken, das die Texte formte, liess das Publikum oft lachen – wohl nicht zuletzt, weil sich so manche(r) darin wiedererkannte.
Auch Thomas Widmer war eine Entdeckung am Arosa Mundartfestival. Er hat zwar schon mehrere Bücher über Wörter und Flurnamen herausgegeben und schreibt seit vielen Jahren Wander-Kolumnen – unter anderem in der «Schweizer Familie». Aber seine «Wörterpraxis», in der er während der ganzen Festivaldauer mit den Festivalbesucherinnen und Mitkünstlern über gspässige Wörter diskutierte, war etwas erfrischend Neues.
Rückblick auf die Höhepunkte
Und nicht zuletzt fiel auch Andri Perl auf: Der Bündner Schriftsteller gewann das Festival-Publikum mit leisen, herzerwärmenden, aber auch absurd-komischen Mundartgeschichten.
Wir blicken im ersten Teil der Sendung zurück auf das 6. Arosa Mundartfestival – mit Ausschnitten aus den Auftritten der obengenannten Entdeckungen, aber auch von einigen altbekannten Namen aus der Mundartkunst.
Was bedeutet «gottmerchind»?
Ausserdem in der Sendung: Der beliebte Mundart-Briefkasten – dieses Mal mit Erklärungen zum Ausruf «gottmerchind», zum Ortsnamen Lanzenhäusern im Kanton Bern und zum Familiennamen Schultheiss/Schulthess.
Buch-Tipps:
• Lidija Burcak: Nöd us Zucker. Tagebuchtexte. Der gesunde Menschenversand, 2022.
• Thomas Widmer: Mein Wortschatz. Von Aare über Schneekompetenz bis zwäg. Echtzeit-Verlag, 2021.
20.10.2022 • 57 Protokoll, 29 Sekunden
Englisch oder Mundart? - Heidi Happy über ihre Songtexte
Lieder auf Schweizerdeutsch gehen direkt ins Herz. Oder lenkt ein Songtext in der Muttersprache bloss von der Musik ab? Besteht Kitschgefahr und Peinlichkeitsalarm? Diese Fragen diskutieren Gastgeberin Nadia Zollinger und Mundartexperte Markus Gasser mit der Sängerin Heidi Happy.
Sie muss es wissen, denn auf ihrem neuen Album singt sie neben Hochdeutsch, Englisch und Französisch erstmals auch auf Schweizerdeutsch.
Sprungbretter für die Diskussion über Mundart oder Englisch als Singsprache sind Thesen bekannter Schweizer Musiker wie Marc Sway, Seven und Black Tiger. Heidi Happy gibt einen Blick hinter die Kulissen des Songwritings. Markus Gasser ordnet die teils steilen Thesen sachlich ein. Aufgenommen wurde das Gespräch am 6. Mundartfestival Arosa, vor Publikum in der Dampfbar des Kursaals.
Familienname Buschor
Der seit dem 14. Jahrhundert in Altstätten (SG) bezeugte Familienname Buschor ist im Bodenseeraum weiter verbreitet. Buschor ist ein sogenannter Wohnstättenname und zu einem Flur- oder Hofnamen «Buechschoore» gebildet. «Buechschoore» ist zusammengesetzt aus «Buech» und «Schoore» und hat die Bedeutung «mit Buchen bewachsene Bergkuppe».
13.10.2022 • 57 Protokoll, 26 Sekunden
Mani Matter live in Arosa!
Das 6. Mundartfestival Arosa startet furios mit einem Gedenkabend an Mani Matter. Live auf SRF 1 performen und diskutieren das Jazz-Trio Roman Nowka's Hot 3 & Stepan Eicher, die Sängerin Any Sabadi, die Autorin Stef Stauffer und der Germanist Nicolas von Passavant. Es moderiert Monika Schärer.
Vor 50 Jahren kam der Liedermacher und Jurist Mani Matter bei einem Autounfall ums Leben. Seine Lieder sind geblieben, einige davon sogar zu Volksgut geworden. Sie wirken weiter. Das 6. Mundartfestival Arosa wird mit einem prominent und vielfältig besetzten Gedenkabend an den begnadeten «Värslischmiid» eröffnet. Radio SRF 1 ist mit der Sendung «Dini Mundart» live dabei.
Roman Nowka's Hot 3 & Stephan Eicher
Stephan Eicher ist bekannt als Interpret von Matter-Liedern wie «Hemmige» oder «Alpeflug». Das Jazz-Trio Roman Nowka's Hot 3 arbeitet seit Jahren intensiv mit dem musikalischen Erbe der Matter'schen «Liedli». Anlässlich dieses Gedenkabends treten sie gemeinsam auf. Ein Ereignis!
«Warum syt dir so truurig?»
Die Bündner Sängerin Any Sabadi ist zwei Generationen jünger als Mani Matter. Auf der Bühne singt sie ihre Interpretation von Matters «Warum syt dir so truurig?». Und sie gibt Auskunft, wo und wie auch die heutige Jugend mit Matter in Berührung kommt. Und was er ihr zu sagen hat.
Der politische Matter
Der Germanist Nicolas von Passavant hat soeben ein Buch über «das Politische» bei Mani Matter veröffentlicht. Darin klopft er Matters politische Artikel und seine unveröffentlichte juristische Habilitationsschrift auf Matters politische Haltungen und Positionen ab. Spannend ist natürlich, und darüber gibt der beredte von Passavant im Live-Gespräch Auskunft: Welche neuen Perspektiven ermöglichen die Erkenntnisse auf Lieder wie «Dynamit», «Sy hei dr Wilhälm Täll ufgfüert» oder «Nei säget sölle mir»?
Der «Verslischmied»
Was macht Matters Texte so genial und zeitlos? Warum funktionieren sie noch heute für jung und alt? Welche Rolle spielten sie in der Mundartlyrik der frühen Sechzigerjahre? Aber auch: Welche seiner Texte sind heute in die Jahre gekommen - und warum? Darüber diskutiert Moderatorin Monika Schärer abschliessend mit der Berner Schriftstellerin Stef Stauffer und mit SRF-Mundartexperte Markus Gasser.
Literaturtipp
* Nicolas von Passavant: Hemmungen und Dynamit. Über das Politische bei Mani Matter. Mit drei politischen Artikeln von Mani Matter. Zytglogge 2022
6.10.2022 • 1 Stunde, 57 Protokoll, 22 Sekunden
«Gott zum Gruss» oder «Hallo»?
Grussformeln sind Spiegel der Gesellschaft und dem Sprachwandel unterworfen. 1656 grüsste man sich mit «Gott gebe euch einen gutten Tag Gevatterin». Das heute übliche «Hallo» ist ein dagegen furztrocken. Wie konnten sich die Grussformeln so extrem verändern? Und wieso grüssen wir uns überhaupt?
Täglich begrüssen und verabschieden wir uns vielfach. Wir grüssen im Vorbeigehen, wir grüssen zur Eröffnung eines Gesprächs, wir verabschieden uns mal flüchtig, mal innig. Was uns so selbstverständlich über die Lippen läuft, ist ein komplexes soziales System, in dem man schnell etwas falsch machen kann.
Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion machen eine Reise durch die Grussgeschichte und entdecken ein paar überraschende ursprüngliche Bedeutungen von geläufigen Grussformeln wie «Grüezi», «Sali» oder «Tschau».
Familiennamen, die verraten, wo eine Person herkam
Wer «Thuner» heisst, hatte irgendwann Vorfahren in Thun. Dasselbe beim Namen «Elsässer». Das ist leicht durchschaubar. Aber warum wird jemand nach einem Ort wie Thun benannt, jemand anderes aber nach einer Grossregion wie das Elsass? Wie adlig ist die Vergangenheit des Namens «Vonarburg»? Was haben «Soltermann» oder «Patzen» mit einem Herkunftsnamen zu tun? This Fetzer vom Schweizerischen Idiotikon hat die Antworten - auch zu den Familiennamen «Häfelfinger» und «Rohrbach».
29.9.2022 • 56 Protokoll, 57 Sekunden
Hemingway am Zürichsee
Heinz Wegmann hat die berühmteste Erzählung Ernest Hemingways auf Züritüütsch übersetzt. «Der alt Maa und s Meer» ist ein wunderbares Beispiel für eine gelungene Übersetzung von Weltliteratur in Mundart.
Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom alten Fischer, der wider Erwarten einen Speerfisch am Haken hat, der so gross und so stark ist, dass es ganze vier Tage dauert, bis der Kampf entschieden ist? Diese so einfache wie eindrückliche Geschichte vom Kampf zwischen Natur und Mensch, vom Verhältnis zwischen Jung und Alt und von dem zwischen Sieg und Niederlage hat dem amerikanischen Journalisten und Schriftsteller den Pulitzerpreis und später sogar den Nobelpreis eingebracht.
Dass dieser Text auch auf «Züritüütsch» funktioniert, hängt vor allem daran, dass der Übersetzer und «Reisende in Sachen Sprache», wie sich Heinz Wegmann selbst nennt, sehr genau und sorgfältig gearbeitet hat. Er übernimmt die Einfachheit und Schönheit der Hemingway'schen Sprache, findet ein passendes, persönliches und heutiges Pendant dazu und wagt Eingriffe dort - und nur dort - wo sie nötig sind und der Geschichte dienen.
Literaturredaktor Michael Luisier stellt «Der alt Maa und s Meer» vor und unterhält sich mit Heinz Wegmann.
22.9.2022 • 56 Protokoll, 55 Sekunden
Mundart in der Werbung
Schon im ersten Werbeblock, der 1965 über die Schweizer Bildschirme flimmerte, wurde teilweise Mundart gesprochen. Heute ist Dialekt aus der Werbung nicht mehr wegzudenken, ob im TV, am Radio, in Zeitschriften oder auf Plakaten.
«I wett i hett es Happy-Bett für e tüüfä gsundä Schlaaf in Adelbode Länk Dänk und zwar nacheme zümftige FIGUGEGL. Zum Zmorge gits denn en Ovi, will mit dere chan is zwar nid besser, aber länger...»
Nadia Zollinger und Markus Gasser von der SRF-Mundartredaktion machen eine Reise durch die Werbegeschichte der Schweiz und kommen dabei an einigen Klassikern vorbei. Warum sind gewisse Solgans Kult geworden? Welche Vorteile hat Mundart in der Werbung? Wo braucht es dagegen zwingend Hochdeutsch? Welcher Dialekt eignet sich für ein bestimmtes Produkt?
Die beiden analysieren gelungene Beispiele, zerpflücken aber auch ein paar Werbesprüche, bei denen Mundartliebhaberinnen und Mundartliebhabern die Tränen kommen (siehe Bild).
Familiennamen Durrer und Turner
Der Ob- und Nidwaldner Familienname Durrer bezeichnete ursprünglich jemanden, der in oder bei einem Turm gewohnt hat. Welche sprachlich interessanten Wege der Name ging, bis er die heutige Form hatte, zeichnet Hanspeter Schifferle vom Schweizerischen Idiotikon präzise nach. Danach wird auch klar, warum der Familienname Turner exakt denselben Ursprung und dieselbe Bedeutung hat.
15.9.2022 • 56 Protokoll, 39 Sekunden
Sollen Deutsche Mundart lernen?
310'000 Deutsche leben derzeit in der Schweiz. Ihre sprachliche Ausgangslage hier ist anders als diejenige anderer Ausländer und Ausländerinnen. Denn weil Hochdeutsch hier problemlos verstanden wird, müssen sie nicht Mundart lernen, um sich verständigen zu können. Viele lassen es deshalb bleiben.
Was meinen die Einheimischen: Sollen Deutsche Mundart lernen? Ja und nein. Die Frage löst bei vielen grosse Emotionen aus. Hörerinnen und Hörer sind sich einig: Mundart verstehen: Ja klar! Mundart sprechen lernen – eher nicht.
Seltsame Doppelmoral gegenüber Deutschen
Viele Schweizerinnen und Schweizer möchten zwar, dass sich Deutsche anpassen, reagieren aber empfindlich, wenn die versuchen Mundart zu sprechen. Warum eigentlich sind wir bei Deutschen so viel kritischer als bei anderen Ausländern?
Nadia Zollinger und Markus Gasser von der Mundartredaktion loten die Gründe aus, die hinter dieser Doppelmoral stecken. Sie kommen dabei ums Aufwärmen gewisser Stereotype leider nicht ganz herum. Aber sie suchen Kompromisse. Schliesslich gehören der grosse und der kleine Bruder zur selben Familie!
Der schwierig zu erklärende Familienname Ruckli
Eine Knacknuss sei der Familienname Ruckli, meint Sprachexperte Hans Bickel vom Schweizerischen Idiotikon. Es könnte sich um die Verkürzung und anschliessende Verkleinerung des Familiennamens Ruckstuhl handeln. Wahrscheinlicher aber geht Ruckli auf das Verb «rucken, rücken» zurück, in der Befehlsform «ruck!», die zum Namen und später verkleinert wurde. Ein vergleichbarer Familiennamen in Befehlsform ist Haudenschild.
1.9.2022 • 56 Protokoll, 19 Sekunden
Yor Milano, Kämpfer für die Tessiner Dialekte
Er will kein Schattenwesen sein: Portrait des 85-jährigen Tessiner Dialekt-Schauspielers Yor Milano.
Wie in der Deutschschweiz gibt es auch in der Südschweiz viele verschiedene Dialekte. Anders als in der Deutschschweiz sprechen im Tessin immer mehr italienisch, zuhause spricht noch rund ein Viertel der Bevölkerung Dialekt. Es sind vor allem ältere Menschen, die Dialekt sprechen. Viele Eltern geben ihr Dialektwissen nicht an die jüngere Generation weiter.
Für den 85-jährigen Dialekt-Schauspieler Yor Milano bedeutet der Dialekt Farbe. Der Verlust des Dialekts bedeutet für ihn folgerichtig Ödnis. Der Mann, der jahrzehntelang für das öffentliche Radio- und Fernsehen Dialektkomödien produzierte und ein Dialekttheater gründete, hat darum dieses Jahr eine neue Offensive für den Erhalt des Tessiner Dialekts lanciert.
Bemerkenswerterweise hat der Kämpfer für den Tessiner Dialekt seine Wurzeln auf der anderen Seite des Gotthards. Er wurde in Delsberg geboren, in einem Hotelzimmer. Milanos Eltern waren Musiker. Letztlich ist es auch die Liebe zur Musik, die seine Hinwendung zum Dialekt erklärt. Nebst Farbe ist Dialekt für ihn auch Musik.
Von einheimischen und ausgewanderten Wörtern
Im zweiten Teil der Sendung werden Wörter und ein Familienname erklärt. Was hat es mit dem «Elend» im Glarner Ausdruck «eländ schön» auf sich? Woher genau kommt der Ausdruck «Landei»? Und was bedeutet der Familienname Melliger?
Ausserdem wird ein neues Buch vorgestellt mit deutschen Wörtern, die es in Sprachen aus aller Welt geschafft haben. Dass es im Englischen «Kindergarden» heisst, ist allgemein bekannt. Aber dass nauruisch «amar» auf deutsch Hammer zurückgeht, wohl weniger. Der pazifische Inselstaat Nauru gehörte einst zum deutschen Kolonialreich. «Amar» ist ein Relikt aus dieser Zeit. Von Wortgeschichten dieser Art ist das Buch von A bis Z beseelt.
Buchtipp
* Matthias Heine: Ausgewanderte Wörter. Von Deutschland in die ganze Welt. Dumont 2022.
25.8.2022 • 56 Protokoll, 6 Sekunden
«Dialektratis» Nordwestschweiz
«Saage Sii Epfel oder sääge Sii Öpfel?». So begann vor ein paar Jahren eine Vorfasnachtsnummer in Basel. Was wie ein dadaistisches Sprachspiel tönt, erfasst korrekt einige der grossen dialektalen Unterschiede in der Region Basel.
Wer von «Epfel» spricht und von «sääge», wenn «Holz zerkleinern» gemeint ist, kommt aus der Stadt Basel oder der unmittelbar angrenzenden Agglomeration. «Öpfel» und «saage» heissts im Oberbaselbiet, im Laufental und im Solothurnischen Schwarzbubenland.
Zwar haben alle Nordwestschweizer Dialekte durchaus erkennbare Gemeinsamkeiten. Lange Vokale wie «uf Baasel aabe» zum Beispiel oder Wörter wie «tiëf» oder «Spiessli» verraten die Region zwischen Jura und Rhein. Aber die Unterschiede innerhalb der Region sind fast grösser: In Basel erhält man im Laden «e Gugge». Oberbaselbieterinnen «gönge» in die Stadt. Schwarzbuben und Laufentalerinnen kommen «vo hinge füüre», weil «dr Hung em Ching i d Hang bisst».
Wieso gibt es in dieser relativ kleinen Region so viele dialektale Unterschiede? Wie kann man die einzelnen Gebiete sprachliche auseinanderhalten? Nadia Zollinger und Markus Gasser, beide tief verwurzelt in der Region, gehen diesen Fragen nach.
Familiennamen Güntert, Günthart usw.
Sieben Varianten desselben Ursprungsnamens hat Idiotikon-Redaktor Martin Graf gefunden: Güntert, Günthart, Gündhart, Gündhard, Günthardt, Gunthert und Günthert. Sie alle gehen auf den altgermanischen Rufnamen «Günter» zurück, einen zweigliedrigen Namen mit der ursprünglichen Form «Guntheeri», der aus den Elementen «gunda» (Kampf) und «heeri» (Streitmacht, Schar, Heer) zusammengesetzt ist. Ein Vatername also. Das «t» am Schluss sei eine Spezialität des Deutschen, sagt Graf und bringt viele Parallelbeispiele wie Obst, Papst, niemand oder in der Mundart «anderscht» oder «öppert».
18.8.2022 • 56 Protokoll, 49 Sekunden
Neue Flurnamenbücher aus Solothurn und Luzern
Dieses Frühjahr sind gleich zwei neue Nachschlagewerke über Schweizer Flurnamen erschienen: eines über die Stadt Solothurn samt Umland, eines über die Region Pilatus. Beide tragen regionale Besonderheiten in sich – wir stellen sie vor.
Flurnamen sind ein wichtiges immaterielles Kulturgut. Auch wenn sie heute nicht mehr den gleichen Stellenwert haben, bilden sie doch noch immer für viele eine wichtige Möglichkeit, sich mit einer Region zu identifizieren. Und auch im Zeitalter von Google Maps und GPS tauchen sie immer wieder ganz unverhofft auf: als Namen von Schulhäusern, Kinos oder Supkermärkten zum Beispiel.
Band 5 des Solothurnischen Namenbuchs beinhaltet neben de, Bezirk Lebern auch die Stadt Solothurn selbst. Mitherausgeberin Jacqueline Reber erklärt, wie sich das in der Namenlandschaft widerspiegelt, wie vielseitig-detektivisch die Arbeit an so einem Namenbuch ist, und warum ihrem Team manchmal die Zeit davonläuft.
Das neue Luzerner Namenbuch (Band 4) zeigt die Herkunft und Deutung von Orts- und Flurnamen rund um den Pilatus auf. Herausgeberin Erika Waser hat sowohl für den Pilatus selbst als auch für die «Fräckmünd» überzeugende Erklärungen gefunden und gibt Auskunft über die besonderen Namen in der Region.
In der Briefkastenrubrik erklären wir den Begriff «bchüfere», den Flurnamen «Chrisser» und die Familiennamen Kobel, Kobelt und Kobler.
Ausserdem stellen wir in der Sendung das Debütalbum «Mir trüled im Chreis» der Band AHH WA! vor.
Hinweise:
* Solothurnisches Namenbuch 5: Die Flur- und Siedlungsnamen der Amtei Solothurn-Lebern. Hgg. v. Beatrice Hofmann-Wiggenhauser, Jacqueline Reber und Rebekka Schifferle. Schwabe Verlag 2022.
* Luzerner Namenbuch 4: Pilatus. Hg. v. Erika Waser. Entlebucher Medienhaus 2022.
* AHH WA!: Mir trülled im Chreis. 2022. Hier erhältlich.
11.8.2022 • 57 Protokoll, 28 Sekunden
Schweizen im Ausland: Auswanderersiedlungen
Mit den «Schweizen im Ausland» begleitet die Mundartredaktion das Publikum durch den Sommer. Im fünften und letzten Teil gehts um Auswanderersiedlung zwischen Argentinien, den USA, der Krim und Australien.
Viele Schweizerinnen und Schweizer sind aktuell ferienhalber unterwegs auf der Welt. Vielleicht geht die Reise nach «New Bern» oder «New Glarus» in den USA, nach «Nova Friburgo» in Brasilien oder nach «Romang» in Argentinien? All diese Orte verbindet, dass sie Auswanderersiedlungen aus dem 19. Jahrhundert sind, die ihren Namen aus der Schweiz mitgebracht haben.
4.8.2022 • 57 Protokoll, 1 Sekunde
Schweizen rund um die Welt
Was haben Argentinien, Neuseeland, die USA, Nepal, Uruguay und die Mongolei gemeinsam? Sie alle besitzen eine «Schweiz» in ihrem Staatsgebiet. Und dies aus ganz unterschiedlichen Gründen!
«Little Switzerland»
Weltweit gibt es rund 540 «Schweizen». Oft sind das Landschaften, die an die Schweiz erinnern. Aber nicht nur! In den USA gibt es über ein Dutzend Gegenden, die «Switzerland» oder «Little Switzerland» heissen; sei es, weil sie gebirgig sind, weil die ersten Siedler aus der Schweiz stammten oder einfach aus Marketingründen, zum Beispiel bei Skigebieten.
Die Schweiz des Ostens
Nepal wurde im 19. Jh. von den Engländern «Switzerland of the East» genannt. Vielleicht ein bisschen, weil der Himalayastaat an die Alpenrepublik Schweiz erinnerte. Hauptsächlich aber, weil Nepal ringsum das letzte Gebiet war, das noch nicht vom britischen Empire erobert worden war. Schon um 1850 also wurde die Schweiz als Insel wahrgenommen!
Berge, Berge, Berge
Klassischerweise werden gebirgige Landschaften mit der Schweiz verglichen. So ist es bei der Argentinischen Schweiz um Bariloche, bei der Neuseeländischen Schweiz und auch bei der Mongolischen Schweiz - obwohl diese mehr wie eine Juralandschaft aussieht, nicht wie ein Hochgebirge. Sowieso wurde «Schweiz» im 19. Jahrhundert weltweit zum Synonym für «schöne Landschaft». So erhielten auch Gegenden diese Bezeichnung, die gar nicht ans Original erinnern, weder an den Jura, noch ans Mittelland oder die Alpen.
28.7.2022 • 56 Protokoll, 55 Sekunden
Schweizen in Europa
Nicht nur in Deutschland, sondern im ganzen europäischen Umland gibt es «Schweiz»-Bezeichnungen zuhauf. Viele von ihnen tragen ihren Namen, weil es dort landschaftlich besonders schön ist, doch bei manchen spielte auch die Phantasie eine wichtigere Rolle.
Auffällig viele der «Schweizen» in Europa sind im 18. und 19. Jahrhundert zu ihren Namen gekommen – von zahlreichen «Little Switzerlands» in Grossbritannien über die «Suisse Normande» in Frankreich bis zur «kleinen Luxemburger Schweiz».
Die Alpen, die Flüsse
In dieser Zeit der Romantik genoss die Landschaft der Schweiz ein besonders hohes Ansehen, sie wurde geradezu idealisiert: die Alpen waren der Inbegriff einer gewaltigen Berglandschaft, und der Jura mit seinen Felsen, Wäldern und Flusstälern sah so aus, wie man sich die unberührte, wildromantische Natur schlechthin vorstellte.
Das schwappte immer weiter über die Landesgrenzen hinaus: Was im Ausland landschaftlich zum Teil auch nur entfernt an die idyllische Schweiz erinnerte, wurde flugs zur «Schweiz von...» erklärt, mit der Folge, dass diese Regionen auch touristisch stärker frequentiert wurden – was wiederum die «Schweiz»-Bezeichnungen noch tiefer im Sprachgebrauch verankerte.
Mythos Walter Tell
Eine Ausnahme bildet zum Beispiel die «kleine Schweiz» in Spanien, von der die Netflix-Komödie «Pequeña Suiza» erzählt. Dort entdeckt eine kleine Ortschaft im Baskenland, dass in ihrer Kirchengruft die sterblichen Überreste von Walterli Tell (Wilhelm Tells Sohn) ruhen, und beschliesst kurzerhand die eigene Umbenennung und den Anschluss an die Schweiz.
Um diese «Schweizen» geht es in der Sendung:
Die «kleine Schweiz» in Spanien, die «Suisse Normande», die «kleine Luxemburgische Schweiz», mehrere «Little Switzerlands» in Grossbritannien – und um drei Schweizen im Baltikum.
21.7.2022 • 56 Protokoll, 57 Sekunden
Zahlreiche Schweizen in Deutschland
Über hundert Gebiete in Deutschland tragen den Namen «Schweiz». Warum sind es so viele und wie sind sie zu ihrem Namen gekommen?
In dieser Sendung stellen wir insgesamt fünf Schweizen in Deutschland vor: Die zwei bekanntesten sind wohl die Sächsische und die Fränkische Schweiz. Wir nehmen Sie aber auch mit in die Holsteinische Schweiz im Norden, in die Märkische Schweiz bei Berlin und in die Neuffener Schweiz auf der Schwäbischen Alb.
Um letztere war 1929 ein ziemlicher Streit entbrannt. Nationalisten wollten den Namen «Schweiz» tilgen, konnten sich schlussendlich aber nicht durchsetzen. Die Details zur Geschichte gibts in der Sendung.
Warum so viele Schweizen?
Ausserdem gehen wir den Fragen nach, warum es gerade in Deutschland so viele Schweizen gibt und warum diese Regionen überhaupt den Namen Schweiz erhalten haben.
So viel sei verraten: Im Zentrum stand immer der Vergleich mit der Schweizer Landschaft – allerdings bezog man sich nicht bei allen Schweizen auf dieselben Landschaftsmerkmale. Einmal wurde auf waldige und felsige Gebiete im Jura Bezug genommen, ein anderes Mal waren die Seen und Hügel der Voralpen für die Namensgebung verantwortlich.
Kommen Sie mit auf eine unterhaltsame und lehrreiche Reise durch die Schweizen Deutschlands!
Buchtipp
* Philippe Frei: Transferprozesse der Moderne. Die Nachbenennungen «Alpen» und «Schweiz» im 18. bis 20. Jahrhundert. Peter Lang Verlag 2017.
14.7.2022 • 56 Protokoll, 42 Sekunden
Die vielen Schweizen im Ausland
Es gibt nur eine Schweiz? Mitnichten! Weltweit sind mindestens 540 Landschaften nach dem Original benannt worden. Fränkische Schweiz, Little Switzerland, La Petite Suisse, Nueva Helvecia: Kaum ein Land, wo nicht auch eine Region als Schweiz bezeichnet wird.
Woher kommt dieser Philhelvetismus, diese Schweizbegeisterung? Wann begann sie und warum? Wie entstand der global wirksame Mythos Schweiz? Ist das für die Schweiz eine Ehre oder schlecht fürs Image? Pünktlich zur Ferien- und Reisezeit entdecken Markus Gasser und Nadia Zollinger spannende Geschichten rund um die Welt. Denn es geht oft um mehr als nur schöne Landschaften. Und nicht zuletzt wird die Frage geklärt, ob es überhaupt eine Pluralform für die Schweiz gibt!
Familienname Rutschmann
Rutschmanns sind alteingesessen im Zürcher Unterland und im Bernischen Oberaargau. Hans Bickel vom Schweizerischen Idiotikon vermutet, dass alle heutigen Namenträger auf ein- und denselben Stammvater zurückgehen. Mit «rutschen» hat der Name aber nichts zu tun. Vielmehr geht er auf eine Koseform «Ruetsch» des Rufnamens «Rudolf» zurück. Auch was es mit der Endung «-mann» auf sich hat, erklärt Hans Bickel im Beitrag.
7.7.2022 • 57 Protokoll, 14 Sekunden
«Wurstfragen» - Antonio Fians siebter Band mit Kurztheaterstücken
Antonio Fian schreibt Dramolette. Minidramen, kurze Theaterstücke von einer bis zwei Buchseiten Länge. Mit «Wurstfragen» erscheint gerade der siebte. Ein stilistisches Feuerwerk in Hochsprache und Dialekt.
«Auch», sagt der österreichische Schriftsteller Antonio Fian, wenn man ihn fragt, ob er ein Dialektschriftsteller sei. Und das mit gutem Grund, denn derzeit hat die Dialektliteratur in Österreich einen schweren Stand. Anders als in der Schweiz, wo es im Unterschied zu Österreich Verlage gibt, die Dialektliteratur vertreiben, und anders als in Österreich noch in den 60er- und 70er Jahren, als der Dialekt Bestandteil experimenteller Literatur war. Trotzdem braucht Antonio Fian den Dialekt, denn seine Dramolette, die er seit Jahrzehnten verfasst und in der Tageszeitung «Der Standard» publiziert, beschreiben oft auch Menschen, die kein lupenreines Hochdeutsch sprechen.
Eine Begegnung mit dem Schriftsteller Antonio Fian in einem Wiener Kaffeehaus.
Literaturangaben:
* Antonio Fian. Wurstfragen. Dramolette VII. 192 Seiten. Droschl, 2022
30.6.2022 • 54 Protokoll, 31 Sekunden
Wie wir in der Mundart staunen!
«Läck Bobby! Wenn wir richtig baff sind, kommen uns zuerst nur kurze Laute über die Lippen wie «Äuä» oder «wau». Mit etwas mehr Distanz zur Sache werden wir gerne kreativ bei diesen Ausrufen des Erstaunens: «Potz wüeschti Wulche, do lauft mir grad dr Schue ins Elsass».
In der Sendung nehmen Markus Gasser und Nadia Zollinger von der SRF-Mundartredaktion diese sogenannten Interjektionen genauer unter die Lupe. Was ist ihre Funktion? Wie entstehen die oft so schrägen Sprachbilder? Und wie lautet das Rezept, mit dem man selber kreativ werden und Ausrufe des Erstaunens erfinden kann? Die Hörerinnen und Hörer kennen dieses Rezept offenbar schon, denn sie haben unzählige gute Beispiele beigesteuert. Potz Blitz!
Familienname Heutschi
Heutschi ist ein Familienname, der eindeutig schweizerisch klingt, von dem man aber trotzdem auf den ersten Blick nicht sagen kann, woher er sprachlich kommt. So ging es auch Sprach- und Namenexperte Martin Graf vom Schweizerdeutschen Wörterbuch. Recherchen und die Kenntnis von Sprachwandelphänomenen brachten ihm dann aber die Lösung: Zugrunde liegt dem Namen das Verb «hautsche» mit der Bedeutung «etwas allzu hastig und flüchtig verrichten». Der erste Heutschi muss also ein eher schludrig arbeitender Mensch gewesen sein. Alteingesessen ist der Name im solothurnischen Balsthal.
23.6.2022 • 56 Protokoll, 26 Sekunden
Magazin: Alte Wörter blicken auf vergangene Lebenswelten
Hörerfragen nach Dialektwörtern, die aus unserem Leben verschwunden sind, bilden den Rahmen des SRF1-Mundart-Magazins. Da sind einige alte Perlen zu entdecken.
Wer zahlt im 21. Jahrhundert noch «Tälle», wer ist heute «struppiert», wer kommt da noch «bös in Runzival»? SRF1-Hörerinnen und Hörer haben viele Fragen aus Büchern oder aus dem Mund von Eltern und Grosseltern. Mit einigen Wörtern können sie heute nichts mehr anfangen. Logisch, die Welt hat sich verändert und viele Gegenstände und Tätigkeiten sind nicht mehr gefragt. Lustig und lehrreich ist ein Blick auf solche Begriffe aber allemal.
Christian Schmutz ist bei Monika Buser im Studio und beantwortet live eine Reihe derartiger Fragen. Übrigens: Tälle sind «Gebühren», struppiert heisst «deformiert» und wer bös in Runzifall gerät, sitzt ziemlich «in der Klemme».
Musiktipp: Vertonte berndeutsche Ausdrücke
Im zweiten Teil des Magazins gehts um den Familiennamen Omlin und um Tipps. Für den Musiktipp interviewt Claudio Landolt den Schlagzeuger Julian Sartorius. Dieser singt zwar nicht, aber schlägt über die Liedtitel die Brücke zur Mundart. Und die Eröffnung des neuen Schweizer Mundartarchivs steht vor der Tür.
TIPP:
Julian Sartorius: Mux. Musik-Album im Label Marionette, 2022.
16.6.2022 • 57 Protokoll, 5 Sekunden
Im Négligé auf dem Fauteuil
Schweizerdeutsch ist voll von sogenannten Gallizismen, also Lehnwörtern aus dem Französischen. Im allgemeindeutschen Wortschatz stecken mehr als doppelt so viele Gallizismen wie Anglizismen. In der Schweiz noch viel mehr. Aber sie «ampetieren» (stören) uns nicht. Weshalb ist das so?
Darüber parlieren Nadia Zollinger und Markus Gasser in dieser Sendung. Wann und auf welchen Wegen sind all die französischen Wörter ins Schweizerdeutsche gelangt? Das Glacé, das Pöteterli, der Santelöri, das Kanapee? Eine Reise in die Blütezeit der französischen Sprache, als in den Deutschschweizer Städten «noblesse oblige» galt und Paris das Mass aller Dinge war. Allez!
Familienname Klinger
Der seltene Familienname Klinger ist alt eingebürgert in Embrach (Zürich) und in einigen nordwestschweizerischen Gemeinden an der Grenze zu Frankreich. Mit der Klinge eines Messers hat der Name eher nichts zu tun, weiss Gabriela Bart vom Schweizerdeutschen Wörterbuch. Wahrscheinlich handle es sich um einen Herkunftsnamen, der auf einen der vielen Flurnamen «Chlinge» zurückgeht. Der Name bezeichnet eine Schlucht oder einen rauschenden Bach, eine Sandbank oder einen Hügel zwischen Schluchten. Davon gibt es in den bewaldeten Tälern zwischen Laufental und Porrentruy eine Menge!
9.6.2022 • 55 Protokoll, 5 Sekunden
Ungehobelt oder ausgefeilt? Amina Abdulkadir und King Pepe
An den Solothurner Literaturtagen diskutieren wir live vor Publikum mit der Poetry Slammerin und Spoken Word-Künstlerin Amina Abdulkadir und dem Musiker Simon Hari (Alias King Pepe) über ihre Kunst und darüber, was die Sprache damit zu tun hat.
Amina Abdulkadir ist seit vielen Jahren in der Slam- und Spoken Word-Szene aktiv. Die ausgebildete Ergotherapeutin aus dem Aargau stand 2014 im Finale der Slam-Schweizermeisterschaft und ist seither auch als selbständige Autorin und Bühnenkünstlerin mit Soloprogrammen aktiv, 2019 erhielt sie den Kulturförderpreis der Stadt Zürich. In ihrem letzten Programm «Entscholdigong, Globuli?» hinterfragte sie auf Mundart typische Schweizer Wohlstandsgewohnheiten, zu denen nicht zuletzt auch unser Umgang mit der Sprache gehört.
King Pepe ist die Kunstfigur des Berner Musikers Simon Hari. In seiner Musik zelebriert er einen lustvollen Dilettantismus, den er aber in seinen Texten längst wieder wettmacht. In der Schweiz litten viele Kunstschaffende an ihrer «Schicksalslosigkeit», sagt er: Es gebe nicht viel, gegen das man überhaupt ansingen könne. Er selbst hat das Problem auch – und macht genau das zum Zentrum seines Schaffens: Seine Alben (zuletzt «To Hell with Ewigkeit») zwischen rumpeliger Musik, Schabernack und Poesie sind ein echter Hinhörer.
Zusammen mit Mundartredaktor Simon Leuthold und Moderatorin Britta Spichiger diskutieren die beiden über Sinn und Unsinn in der Mundartkunst und über den Reiz des vermeintlich Ungehobelten. Ausserdem sind Proben aus dem künstlerischen Schaffen von Amina Abdulkadir und King Pepe zu hören.
Im Handel:
* King Pepe: To Hell with Ewigkeit. Der gesunde Menschenversand/Irascible, 2022.
* Wortknall. Spoken Word in der Schweiz (u.a. mit Amina Abdulkadir). Der gesunde Menschenversand, 2021.
2.6.2022 • 55 Protokoll, 5 Sekunden
Freiburg bitte, nicht Fribourg!
Wie man den Namen einer Stadt schreibt oder ausspricht, kann Emotionen auslösen. Die Minderheit der Deutschfreiburger zum Beispiel reagiert empfindlich, wenn ihre Heimatstadt in deutschen Texten Französisch «Fribourg» geschrieben wird.
Seit Februar 2022 kennen wir die Diskussion auch in Bezug auf ukrainische Städte. Was ist richtig: «Kiew» oder «Kyjiw»?
Beide Schreibvarianten können eine politische Haltung zum Ausdruck bringen. Selbst wenn man das gar nicht will! Denn «Kiew» ist russisch und «Kyjiw» ist ukrainisch. Gerade bei Städtenamen ist Sprache oft nicht neutral. Das ist nicht nur im aktuellen Krieg so. Revolutionen wollen ihre Führer in Stadtnamen verewigen, wie bei Washington oder Leningrad. Im Kolonialismus wurden alte Stadtnamen durch neue ersetzt wie bei Mumbai, das zu Bombay wurde.
In ihrem Gespräch reisen Gastgeberin Nadia Zollinger und Mundartredaktor Markus Gasser, ausgehend von der Frage «Kiew» oder «Kyjiw», durch die Zeit und rund um die Welt und spüren den Mächten nach, welche die Sprache in ihren Dienst nehmen. Soviel sei schon verraten: Eine einfache Lösung gibt es oft nicht und Sprache trägt nie die Schuld!
Familiennamen Müllhaupt und Mühlhaupt
Trotz unterschiedlicher Schreibung: Sowohl in der Schweizer Variante Müllhaupt, wie in der deutschen Variante Mühlhaupt geht es im ersten Teil des Namens um eine «Mühle». Der zweite Namenteil, so Martin Graf vom Schweizerischen Idiotikon, ist sehr viel schwieriger zu deuten. Es handelt sich wohl um eine alte Flurbezeichnung für eine vorspringende oder in den Spitz laufende Parzelle. Der Familienname geht also auf einen Flurnamen «Mühlhaupt» zurück.
26.5.2022 • 54 Protokoll, 23 Sekunden
«Gägäwärt» war gewaltig!
Nach zwei Jahren Coronapause fand sich die Mundartkulturszene Anfang Mai wieder in der Kulturfabrik Kofmehl in Solothurn zur legendären Mundartnacht zusammen. Auffallend viele Texte brachten Stress, Aggression und Gewalt zum Ausdruck.
Auch in ihrer 19. Ausgabe kamen Literatur, Poetry Slam, Comedy und Musik auf die Bühne des Kofmehl. Geprägt war der Jahrgang allerdings von Künstlern und Künstlerinnen aus der jungen Gattung der Slam Poetry. Aufgefallen ist Mundartredaktor Markus Gasser, wie viel Ungeduld und wie viel latente oder manifeste Aggression in den Texten zum Ausdruck kommen. Ein Zeichen der Zeit oder die Energie der Jugend? Der Beitrag wagt eine persönlich gefärbte und kommentierte Blütenlese.
Das «Totemügerli» als Bilderbuch
Vor 55 Jahren schrieb Franz Hohler sein berühmtes «bärndütsches Gschichtli». Wie ein «Totemügerli» oder ein «Blindeli» aussieht oder in welcher Landschaft der Schöppelimunggi und der Houderebäseler schimpfend durch die Nacht ziehen - davon hat jede und jeder eine eigene Vorstellung. Nun hat der junge Künstler Patrick Huber seine persönlichen inneren Bilder zu Papier gebracht und als Bilderbuch veröffentlicht, im Einverständnis mit dem Autor Franz Hohler. In düstergrauer Atmosphäre torkeln zwei traurige Gestalten durch neblig-kahle Hügellandschaften und begegnen furchteinflössenden Wesen mit leuchtendgelben Augen und Zähnen. Eine veritable Geistergeschichte!
Gibt es ein Mundartwort für «genesen»?
In den «Briefkasten» der Mundartredaktion gelangen Fragen von Hörerinnen und Hörern: Wie ist es zum Schimpfnamen «Zwätschgelisi» für eine Frau gekommen? Gibt es im Schweizerdeutschen Wörter für «genesen», also «gesund werden»? Auf beide Fragen hat Mundartredaktor André Perler überraschende Antworten gefunden. Soviel sei verraten: Statt dem hochdeutschen «genesen» kann man auf Mundart «zwääge», «gsunde» oder «nuefere» sagen.
Familiennamen Häcki
Mundartexperte Hans Bickel vom Schweizerischen Idiotikon verortet den Familiennamen Häcki in Engelberg. Nur dort ist er alteingesessen. Seine Motivation hat der Name vom Tätigkeitswort «hacken». Damit können verschiedene konkrete oder übertragene Bedeutungen gemeint sein.
Buchtipp
* Ds Totemügerli. Es bärndütsches Gschichtli vom Franz Hohler. Illustriert vom Patrick Huber. Zytglogge Verlag Basel.
19.5.2022 • 53 Protokoll, 1 Sekunde
«Dialektratis» Zentralschweiz
«Huus», «Hüüs», «Huis» oder «Höis»? Je nachdem, wie jemand «Haus» ausspricht, erkennt man die Herkunft einer Person. Und das will man ja wissen! Denn «Dialektratis» ist der heimliche Schweizer Nationalsport.
Nadia Zollinger und Markus Gasser machen in ihren Mundartgesprächen dazu eine kleine Serie und beginnen mit der Zentralschweiz.
Tipps für den nächsten Smalltalk
Wie verrät sich ein Zentralschweizer oder eine Zentralschweizerin sprachlich? Und wie unterscheidet man innerhalb dieses Gebiets Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Zug und Luzern? Klar: Urner, Obwaldnerinnen oder gar Engelberger erkennt man schnell. Aber was macht Luzern sprachlich aus oder gar Zug? Die beiden haben ein paar Tipps und Tricks auf Lager fürs nächste «Dialektratis» beim Smalltalk! Und eine Art «Zentralschweizer Mentalitätskunde» sind ihre Erkenntnisse obendrauf auch.
Familienname Grätzer oder Gräzer
Der Familienname Grätzer, auch Gräzer geschrieben, kommt ursprünglich aus dem Raum Einsiedeln im Kanton Schwyz. Er gehört zu den Namen, die nicht eindeutig erklärbar sind. Gabriela Barth vom Schweizerischen Idiotikon stellt eine mögliche Verbindung zum Kosenamen «Grätz» her, der auf den Heiligennamen «Pankratius» zurückgeht. Eine zweite Verbindung führt zum mittelalterlichen Wort «grätzen», das «Reisig schneiden, Reisig sammeln» bedeutet. «Grätzer» könnte also ein Vatername oder ein Tätigkeitsname sein.
12.5.2022 • 55 Protokoll, 10 Sekunden
Mundart-Megaprojekt: das Lötschentaler Wörterbuch
Band 1 des Lötschentaler Wörterbuchs ist da - nach jahrelanger Freiwilligenarbeit. Ein Besuch bei Mit-Autor Werner Bellwald im Lötschental.
Zehn Jahre hat die Arbeit gedauert. Nun ist zumindest mal der Buchstabe A fertig - als Band 1 des Lötschentaler Wörterbuchs. Allein dieser umfasst schon über 300 Seiten und 220 Ausdrücke wie «aaländ imbruif» (sanft ansteigend), «Aichn» (Butter) oder «ärgoichä» (verblöden).
Hinter dem Wörterbuch-Projekt stehen die drei Lötschentaler Ignaz Bellwald, Hans Kalbermatten und Werner Bellwald. Es ist kein sprachwissenschaftliches Wörterbuch, sondern eine Sammlung von Geschichten und Fotos rund um Lötschentaler Dialektwörter.
Besuch bei Mit-Autor Werner Bellwald
Wir besuchen Werner Bellwald im Lötschentaler Weiler Ried. Bei einem Blick ins Wörterbuch erklärt er, was den Lötschentaler Dialekt ausmacht und warum er sich so stark vom restlichen Walliserdeutschen unterscheidet.
Werner Bellwald erzählt auch von seiner Sisyphus-Arbeit am Wörterbuchprojekt und verrät, wann mit den Buchstaben B bis Z gerechnet werden kann.
Mundart-Geschichten und Wort-Erklärungen
Ausserdem in der Sendung: Die Berner Historikerin und Mundartautorin Verena Blum-Bruni hat neue Familiengeschichten auf Lager: Dieses Mal von ihren Eltern aus der Zeit vor und während dem Zweiten Weltkrieg. Wir stellen das Buch «Zwüsche Fröid u Fäudgrau» vor.
Auch der Briefkasten darf nicht fehlen: Wir beantworten Dialekt-Fragen von Hörerinnen und Hörern - unter anderem zur abschätzigen Bezeichnung «Tränebläch» für Frauen und zum Familiennamen Schmed.
Buch-Tipps:
* Dikki Suppa: Buchstabe A. 220 Wörter. Ein Dialektwörterbuch aus dem Lötschental (Wallis). Eigenverlag 2020.
* Verena Blum-Bruni: Zwüsche Froid u Fäudgrau. Jungsy währet em Zwöite Wäutchrieg. Zytglogge 2022.
5.5.2022 • 56 Protokoll, 29 Sekunden
Erwin Messmer: «Passirrt isch passirrt»
Der Autor und Organist Erwin Messmer aus Staad (SG) präsentiert ein neues Buch mit Mundartgedichten und Kürzesttexten. Besonders daran ist die spezielle Variante des St. Galler Dialekts aus dem unteren Rheintal – und der spitzbübische Schalk, der in den Texten steckt.
Erwin Messmer ist zu Gast in der Sendung, wir sprechen mit ihm über seine Mundarttexte, von denen er auch einige vorlesen wird.
Ausserdem erklären wir in der Briefkastenrubrik die Flurnamen «Brüstli» und «Erdbrust», das Wort «Gschüüch» und den Familiennamen Weisstanner.
Als Mundart-Tipp stellen wir den Band «Himu Hämu, Lüthi Sämu!» von Günter Struchen und Alexandra Treskman vor, ein illustriertes Buch, das aus «kuurligen» Ausdrücken und dazuerfundenen Geschichten auf Mundart und Hochdeutsch besteht.
Buchhinweise:
* Erwin Messmer: Passirrt isch passirrt. Der gesunde Menschenversand 2022.
* Günter Struchen & Alexandra Treskman: Humi Hämu, Lüthi Sämu! Schlafwandler 2021.
28.4.2022 • 57 Protokoll, 35 Sekunden
Spargeln - kulinarisch und sprachlich
Zwei Experten erzählen interessante und verblüffende Geschichten rund um die beliebte Frühlingsdelikatesse - LIVE in «Dini Mundart».
Es ist wieder Spargelsaison! Die grünen und weissen Stängel landen in diesen Tagen besonders oft auf unseren Tellern.
Spargeln aus kulinarischer...
Da tun sich so manche Fragen auf: Warum gelten Spargeln eigentlich als Delikatesse und seit wann? Und warum isst man sie gerade mit Sauce Hollandaise, Mayonnaise oder Schinken zusammen? Der Kulinarik-Historiker Rudolf Trefzer nimmt das Publikum mit auf eine unterhaltsame Reise quer durch die Jahrhunderte, in die einfachen und in die Sterne-Küchen.
...und aus sprachlicher Perspektive
Natürlich darf in der Sendung "Dini Mundart" auch der sprachliche Aspekt nicht fehlen. Woher haben Spargeln, Sauce Hollandaise, Mayonnaise und Schinken ihre Namen? Warum sagt man in Deutschland «ein Kilo Spargel» und in der Schweiz «ein Kilo Spargeln»? Und woher kommen Dialektbezeichnungen wie Sparse, Sparz oder Schwammwurz für die Spargel?
Diese und weitere Sprachfragen rund um Spargeln, Mayonnaise & Co. beantwortet Mundart-Redaktor André Perler in einer Live-Sendung, die alles andere als bitter ist.